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Asbestrichtlinie und TRGS 519 Regelwerke sicher interpretieren und Widersprüche erkennen. Uwe Schubert, Dipl.-Ing.Chem. ö.b.u.v. Sachverständiger, ib-Prüf- und Überwachungsbeauftragter Bei der FHH amtl.akkr. für Asbestmessungen ( 1,2 ) Leiter des BZR – Institutes Bonn 53229 Bonn, Siebenmorgenweg 2-4 Tel.0228 / 469589 Fax: 0228/471497 www. bzr-institut.de

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Asbestrichtlinie und TRGS 519 Regelwerke sicher interpretieren und Widersprüche erkennen.

Uwe Schubert, Dipl.-Ing.Chem.ö.b.u.v. Sachverständiger,

ib-Prüf- und Überwachungsbeauftragter

Bei der FHH amtl.akkr. für Asbestmessungen ( 1,2 )

Leiter des BZR – Institutes Bonn53229 Bonn, Siebenmorgenweg 2-4

Tel.0228 / 469589

Fax: 0228/471497

www. bzr-institut.de

Asbestrichtlinie und TRGS 519 Regelwerke sicher interpretieren und Widersprüche erkennen

1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

• Der Begriff der Beschichtung hat im Zusammenhang mit Asbest ausschließlich

den Bezug zur Asbestrichtlinie.

• Die Asbestrichtlinie ist ein Instrument der BauO - Beurteilung einer konkreten

Gefahr und zwar bei Nutzung der baulichen Anlage – auf der Grundlage der §§ 3,

16, 56 und 58 – unverzüglich Handeln d.h. handeln ohne schuldhafte Verzögerung. § 3 „Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. Die der Wahrung dieser Belange dienenden allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zu beachten. Von diesen Regeln kann abgewichen werden, wenn eine andere Lösung in gleicher Weise die allgemeinen Anforderungen des Satzes 1 erfüllt.“

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§16 „Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche oder tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Baugrundstücke müssen für bauliche Anlagen entsprechend geeignet sein.“

§ 52 „Bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung von Anlagen sind die Bauherrin oder der Bauherr und im Rahmen ihres Aufgabenbereiches die anderen am Bau Beteiligten dafür verantwortlich, dass die öffentlich - rechtlichen Vorschriften und die Anordnungen der Bauauf-sichtsbehörde eingehalten werden.“

§ 56 „(2) Die Bauleiterin oder der Bauleiter muss über die für ihre oder seine Aufgabe erforderliche Sach-kunde und Erfahrung verfügen!“

1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

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Bewertungsgrundlage der Asbestrichtlinie ist die Rohdichte, insbesondere solcher Produkte mit einer Rohdichte von < 1000 kg / m3 (schwach gebunden), denn :

das Vorhandensein schwach gebundener Asbestprodukte in Innenräumen bedeutet nach einheitlicher Einschätzung eine konkrete Gesundheitsgefahr für die Nutzer der Räume, wenn entweder

-permanent hohe Asbestfaserkonzentrationen der kritischen Geometrien (L ≥ 5µm, D < 3µm; L/D > 3:1)

-oder eine Spitzenkonzentration, auch kurzzeitig, auftritt oder auftreten kann.

1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

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1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

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1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

Der Begriff der Sanierung, zu der auch das Beschichten gehört, ist gem. 2.2 der TRGS

519 eine Maßnahme um die Gefahr des ungewollten (relevanten) Faserfreisetzens zu

beseitigen. Diese Maßnahme muss objektiv geboten sein. ( Dies entspricht im

Formblattverfahren einer ermittelten Punktezahl von 80 und mehr Punkten.) Dies

entspricht einem SANIERUNGSGEBOT

Bei Putzen, Spachtelmassen, Farben und Platten die nicht Asbestzement sind, aber

zugleich die Kriterien einer erhöhten Faserfreisetzungsrate erfüllen d.h. „zerbröckelbar,

zerbröselbar“ sind, fallen ebenfalls unter die Bewertungskriterien der Asbestrichtlinie, so

dass das Beschichten auch an diesen Produkten zulässig ist.

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Da Asbestzement nicht unter die Asbestrichtlinie fällt, kann auch kein

Sanierungsgebot abgeleitet werden. Dies bedeutet, dass Tätigkeiten an Asbest-

zementprodukten im Regelfall nur im Rahmen von Abbruch -/ Demontagearbeiten

vorgenommen werden dürfen. Ein Beschichten von Asbestzementprodukten ist

daher nur unter den Definitionsbedingungen einer Instandsetzung zulässig. Aus

diesem Grunde findet sich in der TRGS 519 Pkt. 2.3 die normative Definition der

Instandsetzung .

Instandhaltungsarbeiten umfassen alle Maßnahmen zur Bewahrung des Soll-

Zustandes (Wartung), zur Feststellung des Ist-Zustandes (Inspektion) und zur

Wiederherstellung des Soll-Zustandes (Instandsetzung).

Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

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1. Warum darf ich Spritzasbest beschichten und Asbestzement nicht ?

Wiederherstellung des Sollzustandes einer auf einem Asbestzementprodukt vorhan-

denen Beschichtung, die ausschließlich der Dichtigkeit, des Witterungs- oder Korro-

sionsschutzes der Matrix diente. Beschichtungen die lediglich verkaufsfördernden

Zwecken diente (bunte Fassaden), dürfen im Rahmen einer Instandsetzung nicht

erneut oder überbeschichtet werden. Das Reinigen und das Beschichten von

unbeschichteten Asbestzement – Dach- und Wandflächen ist über die GefStoffV Anh.

II Nr. 1 (Fassung 24.04.2013) verboten.

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

Das Verhalten schwach gebundener asbesthaltiger Produkte wird in den USA mit

crumbling oder friable, d.h. zerbröckelbar/zerbröselbar beschrieben und scheint

für das Verständnis um die Eigenschaft solcher Produkte sehr viel besser geeignet

zu sein. Demnach sollte der Zustand „schwach gebunden“ nicht zwingend an die

Rohdichteschranke geknüpft sein.

Die Bedeutung einer Gefahrenbewertung ist verantwortlich verbunden mit

! der Nachvollziehbarkeit / Plausibilität der Bewertungspunkte

! den Konsequenzen aus der resultierenden Gesamtpunktzahl

! und ggf. einer juristischen Verteidigung

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

# Interpretationsschwierigkeiten der Rohdichte Rohdichte > 1000 kg/m³ dennoch „schwach gebunden“ Beispiel „Pappen“

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

# Zu den problematischen Bauprodukten gehören u.a.

- Putze ( vgl. Gruppe III Asbestrichtlinie )

- Spachtelmassen als Boden- Wand und Deckenspachtel auch Dünnbettkleber

- Farben und Beschichtungen

- plattenartige Baustoffe

# Die Anwendung des Formblattverfahrens erfordert auch Kenntnisse über Trag-

konstruktionen. Auf Gipskarton – Untergründen z.B. sind asbesthaltige Gips-

spachtel auch einem Pumpeffekt ausgesetzt. Zumeist sind diese asbesthaltigen

Spachtel über den Plattenstößen gerissen.

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

! Die Rohdichten liegen zumeist zwischen etwa 1250 kg/m3 bis etwa 1650 kg/m3

! In Zeile 3 des Formblattes werden asbesthaltige Putze ausdrücklich benannt!

! Die Asbestrichtlinie ist also juristisch auf Putze / Beschichtungen anzuwenden.

! Unzweifelhaft sind die meisten Putze auch „zerbröselbar“

! Spachtelmassen werden in Anlage 1 der Asbestrichtlinie ausdrücklich benannt.

! Spachtelmassen sind mit wenigen Ausnahmen (s.u.) auch „zerbröselbar“

! Farben sind Beschichtungen und fallen auch unter die Asbestrichtlinie (vgl.

Asbesthandbuch, Bossenmayer, Schumm, Tepasse, Rdn.1070 Erläuterungen zur

Richtlinie, Erich Schmidt Verlag )

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Mineralischer Kleber für die KMF Dämmung unter vorgehängten Wasch-betonfassadenplatten an einer Schule.Asbestgehalt ca. 3 M%Rohdichte ca. 1680 kg/m³Nicht zerbröselbar d.h. Faserfreisetzungs-potential niedrig.

Weder aus bauordnungsrechtlichen noch aus Gründen des Arbeitsschutzes muss dieser Kleber (Spachtel) entfernt werden. Bei Tätigkeiten an diesem Produkt gelten jedoch Schutzmaß-nahmen nach TRGS 519.

2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

Kunstharzputze weisen zumeist eine ≈1300 δkg/m³ auf. In etwa 30 % aller Fälle waren diese Putze asbesthaltig. Auch diese Putze fallen unter die Asbestrichtlinie. Das Faserfreisetzungspotential ist jedoch niedrig.

Nach dem Formblattver-Fahren werden in aller Regel nur zwischen 50 und 60 Punkte ermittelt.

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2. Wo liegen die Risiken und Grenzen des Formblattverfahrens ?

Andere Beurteilungsmöglichen bergen Probleme können aber eine Hilfe sein,

# z.B. Staubkontaktproben VDI 3877 (Messen von abgelagerten Faserstäuben

auf Oberflächen) lassen keinen Rückschluss auf den Zustand des zu be-

wertenden Produktes zu.

# Luftmessungen nach VDI 3492 (Messen anorganischer faserförmiger Partikel

Rasterelektronenmikroskopisches Verfahren) beschreiben nur einen momen-

tanen Zustand und werden von der Asbestrichtlinie zur Beurteilung einer

Gefahr ausgeschlossen.

# Fehlende Rechtssicherheit ? ( 2.13 TRGS 519 Faserfreisetzungspotenzial ver-

gleichend bewerten.)

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

# Freigabemessung und Erfolgskontrollmessung - Wozu eigentlich?

Derzeitige Vorgehensweise in Planung und Ausführung einer Asbestsanierung :

" Lediglich eine Freigabemessung im abgeschotteten Bereich. Das Messergebnis wird

dem Auftraggeber oder Planer überreicht. Die Rechnung geht an den Auftraggeber

der Asbestsanierung.

" Verzicht auf eine Erfolgskontrollmessung weil man der Auffassung sei, die Asbest-

richtlinie sei nicht mehr gültig (dieser Irrtum wurde durch das IFA vertreten)

" Weil die TRGS 519 (Fassung März 2007) in Pkt. 14.4 letzter Satz, dies ausdrücklich

bestätigt.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

o Welchen Sinn hat eine Freigabemessung ?

• Grundlage TRGS 519 Pkt. 14.4 (Fassung März 2007) Aufhebung der

Schutzmaßnahmen (Freigabe )

! Diese Messung steht im Zusammenhang mit der Sanierung an „schwach

gebundenen“ asbesthaltigen Produkten und richtet sich an den Arbeitgeber d.h.

an die Asbestsanierungsfirma und nicht an den Auftraggeber einer Sanierung.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

Diese Messung dient dem Schutz des Arbeitnehmers ( dem Mann im Schwarz-

bereich ) und zwar auf der Grundlage der Grundsätze der Gefahrenverhütung,

hier i.B. „die PSA ist erst dann einzusetzen, wenn alle kollektiven technischen

Schutzmaßnahmen und arbeitsorganisatorischen Schutzmaßnahmen zur

Vermeidung von Gefahren ausgeschöpft sind und noch immer Restgefahren

bestehen“. Diesen Sachverhalt hat der Arbeitgeber ständig zu überprüfen. Mit

der Freigabemessung wird also der frühestmögliche Zeitpunkt festgestellt, an

dem auf PSA verzichtet werden kann

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

So beschreibt die TRGS 519 in Pkt. 14.4 „Der Arbeitgeber darf die festgelegten

Schutzmaßnahmen erst dann aufheben, wenn die Tätigkeiten mit Asbest und

anderen asbesthaltigen Gefahrstoffen einschließlich der Reinigung abgeschlossen

sind.“ Nur bei „umfangreichen Maßnahmen“ wird der Verzicht von Schutzmaß-

nahmen im Arbeitsbereich, nach einer erfolgten Asbestsanierung, u.a. von dem

Messergebnis einer Raumluftmessung abhängig gemacht.

Bei der Freigabemessung handelt es sich also um eine Arbeitsschutzmessung im

Sinne des Pkt. 2.10 (6) der TRGS 519. (Aufbewahrungspflicht gem. §7 (7)

GefStoffV) Vergleichbare Verpflichtungen an den Arbeitgeber ergeben sich aus den

§ 3 und § 5 des Arbeitsschutzgesetzes.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

o Kann man auf Freigabemessungen verzichten, wenn ja wann und warum ?

! Im Zusammenhang mit Abbruch- und Sanierungsarbeiten nur, wenn nach

einem Verfahren mit geringer Exposition gearbeitet worden ist, und die

Voraussetzungen nach 14.3 der TRGS 519 gewahrt wurden.

! Bei Instandhaltungsarbeiten kann auf eine Freigabemessung nur verzichtet

werden, wenn die Voraussetzungen für Arbeiten mit geringer Exposition

(<10.000 F/m³ ) oder die Voraussetzungen nach Pkt. 14.3 gesichert vorliegen.

! Bei Arbeiten geringen Umfangs wird bei Wahrung der Voraussetzungen nach

14.2 der TRGS 519 in der Regel auf Freigabemessungen verzichtet.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

o Welchen Sinn hat eine Erfolgskontrollmessung ?

Die Erfolgskontrollmessung steht ausschließlich im Zusammenhang mit der

Sanierung von schwach gebundenen Produkten.

Bei der Erfolgskontrollmessung handelt es sich um eine Messung, die in der

Asbestrichtlinie ausdrücklich gefordert wird, und somit dem Bauordnungsrecht

geschuldet ist. Es handelt sich insoweit um eine Messung, die den Nutzer eines

Gebäudes schützen soll.

Der Eigentümer einer baulichen Anlage wird vor dem Hintergrund einer

vollständigen Asbestsanierung in die Pflicht genommen, den Erfolg der von ihm

beauftragten Asbestsanierung zu belegen, d.h. im Gebäude sind auch nach einer

Asbestsanierung und nach dem Entfernen der Abschottungen keine

Asbestemissionsquellen mehr vorhanden.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

Diese Messung erfolgt vor der erneuten Nutzung des Gebäudes oder der Räume

und ist wie z.B. in Hamburg praktiziert, der Bauordnungsbehörde geschuldet.

Erfolgskontrollmessungen stehen ausschließlich im Zusammenhang mit dem

Bauordnungsrecht im Sinne einer Gefahrenabwehr.

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3. Wann ist eine Freigabemessung zugleich eine Erfolgskontrollmessung

„Das Messergebnis kann ggf. zur Erfolgskontrolle nach den Asbestrichtlinien verwendet werden“

So lautet der letzte Satz in Pkt. 14.4 der TRGS 519 „Freigabemessung“, aber was

bedeutet dieser Satz ?

Da die Freigabemessung und die Erfolgskontrollmessung zwei verschiedene

Rechtsgüter betreffen, kann die Gültigkeit des o.g. Satzes nur bei einer

übereinstimmenden rechtlichen Voraussetzungen Bestand haben.

Solche Voraussetzungen treffen nur für Arbeitsverfahren mit geringer Exposition

zu. Der letzte Satz in Pkt. 14.4 der TRGS 519 (03.2007) ist demzufolge

ausschließlich den Tätigkeiten mit geringer Exposition geschuldet. Beide

Messungen sind Bestandteil bei der Erarbeitung des jeweiligen Verfahrens.

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4. Wie beurteile ich das Faserfreisetzungspotential gem. TRGS 519

Das Verhalten schwach gebundener asbesthaltiger Produkte wird in den

USA mit crumbling oder friable, d.h. zerbröckelbar/zerbröselbar beschrieben

und scheint für das Verständnis um die Eigenschaft solcher Produkte sehr

viel besser geeignet.

Das Faserfreisetzungspotential ist ein Begriff der TRGS 519 und nicht aus

der BauO. Die Anwendbarkeit dieses Begriffes bezieht sich daher vorder-

gründig zunächst einmal auf den Arbeitsschutz. Die Angabe einer

„vergleichenden Bewertung“ lässt sich nur auf Instandhaltungsarbeiten und

auf Arbeitsverfahren mit geringer Exposition anwenden, z.B. Beläge von

Kettenaufzügen und KFZ – Bremsbeläge. (vgl. Allgemeine Vorbemerkung zur

BGI 664)

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5. Arbeiten geringer Exposition- ein Widerspruch zum Arbeitsschutzgesetz

Arbeitsschutzgesetz

§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des

Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und

Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen

auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden

Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und

Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

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5. Arbeiten geringer Exposition- ein Widerspruch zum Arbeitsschutzgesetz

Das Grundprinzip des Arbeitsschutzgesetzes wurde in Folie 18 bereits angedeutet.

„die PSA ist erst dann einzusetzen, wenn alle kollektiven technischen und arbeits-

organisatorischen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Gefahren ausgeschöpft

sind und noch immer Restgefahren bestehen“. Dies ist gleichbedeutend damit, dass

Tätigkeiten unter erschwerten Bedingungen keine ständige Maßnahme sein sollen.

Die eigentliche Arbeitsschutzregel TRGS 519 beinhaltet auf der Grundlage des

Wissens aus der alten TRGS 517 (bis 06/1996) auch solche Arbeitsabläufe, bei

denen eine asbestbedingte Gefährdung des Arbeitnehmers nicht abzuleiten ist.

Dies ist der Grund dafür dass die TRGS 519 ab der Fassung 1995 erstmals solche

„Arbeitsverfahren“ (Arbeiten/Tätigkeiten mit geringer Exposition) aufgennommen

hat. Arbeiten mit geringer Exposition stellen den Geist des Arbeitsschutzgesetztes

dar.

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5. Arbeiten geringer Exposition- ein Widerspruch zum Arbeitsschutzgesetz

Dies ist gleichbedeutend damit, dass Tätigkeiten mit geringer Exposition anzuwenden

sind, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Tätigkeiten / Arbeiten mit geringer

Exposition stehen eigentlich nicht im Widerspruch zum Arbeitsschutzgesetz.

Für den Fachmann ergeben sich auffällige Widersprüche zwischen den Festlegungen

der GefStoffV und speziellen Arbeitsverfahren, wie z.B. das Arbeitsverfahren BT 22

Reinigen und Beschichten von AZ – Lüftungskanälen mit den MEKON – Verfahren,

oder BT 19 Reinigen und Beschichten von Asbestzementplatten, oder BT 16

Asbestzementrohrleitungen Berstliningverfahren.

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5. Welchen grundlegenden Anspruch hat die TRGS 519 ?

Die TRGS 519 ist eine „Technische Regel“ die die Anforderungen aus der

GefStoffV konkretisiert. In der Beschreibung des Anwendungsbereiches der

TRGS 519 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Abweichungen von den

Regelungen der GefStoffV nicht obligat ausgeschlossen werden, wenn sicher-

gestellt ist dass das andere Schutzmaßnahmen gleichwertig sind! Insbesondere

bezieht sich die derzeitige Fassung der TRGS 519 auf die „Ergänzenden

Vorschriften zum Schutz gegen Gefährdungen durch Asbest“ (Anhang II Pkt.

2.4 GefStoffV 2013). Hierbei wird der Hinweis unter 2.1 der GefStoffV zumeist

übersehen, wonach Abweichungen der ergänzenden Vorschriften der GefStoffV

nach 2.4.2 – 2.4.5 möglich sind, sofern es sich um Tätigkeiten handelt die nur

zu einer geringen Exposition führen. Achtung: Sachkunde auf 6 Jahre begrenzt.

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5. Welchen grundlegenden Anspruch hat die TRGS 519 ?

Dies betrifft die Pkt‘e

•14.3 der TRGS 519, jedoch nur für Abbruch- und Sanierungsarbeiten an

schwach gebundenen Produkten, nicht für Instandhaltung!

•15.3 (6) der TRGS 519, für AZ in Innenräumen

•16 (2) Bei Durchführung von Instandhaltungsarbeiten sind Arbeitsverfahr-en

nach BGI 664 pflichtgemäß anzuwenden.

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5. Welchen grundlegenden Anspruch hat die TRGS 519 ?

Die unter 2.1 der GefStoffV in Aussicht gestellten Möglichkeiten von Abweich-

ungen können sich demzufolge nur auf die Pkt‘e der GefStoffV beziehen.

•2.4.5 (7) Arbeitsmedizinische Vorsorge

•2.4.4 Beschreibung des Arbeitsverfahrens

•2.4.3 (2)-(6) Schleusen und Luftführung

•2.4.2 (2) Anzeige

Inhaltlich sind diese Abweichungen auch mit den Grundsätzen des Arbeits-

schutzgesetzes i.B. §4 (5) „individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu

anderen Schutzmaßnahmen“ kompatibel.

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Asbestkataster – Gefahrstoffkataster, wo liegt der Unterschied ?

Der Begriff „Asbestkataster“ ist weder in der Asbestrichtlinie noch in der

GefStoffV erwähnt oder definiert.

Der Begriff „Schadstoffkataster“ ist in der VDI 6202 „Sanierung schadstoffbel-

asteter Gebäude“ in Pkt. 7.2.3 definiert.

Den Grundsätzen der GefStoffV zufolge sind Gefahrstoffe solche Stoffe, die den

Menschen und die Umwelt stoffbedingt „schädigen“ können. In den §§ 2 und 3

werden diese Stoffe weiter konkretisiert.

Die Asbestrichtlinie als Instrument einer Gefahrenabwehr, ist als eine bau-

ordnungsrechtliche Verpflichtung für die Führung eines Kataster, jedoch nur

für die besonders gefährlichen „schwach gebundenen Produkte“ anzusehen.

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Asbestkataster – Gefahrstoffkataster, wo liegt der Unterschied ?

Neben der Asbestrichtlinie werden in der Bauordnung noch weitere

Gefahrstoffe erfasst, die es im Rahmen der Gefahrenabwehr zu berücksichtigen

gilt. Dazu gehören die Stoffe PCB (polychlorierte Biphenyle); PAK

( Polyzyklische aroma-tische Kohlenwasserstoffe) und PCP (Pentachlorphenol).

Auch wenn andere Stoffe wie z.B. KMF (künstliche Mineralfaser) nicht explizit

Bestandteil der BauO sind, so gelten unter dem Aspekt einer Gefahrenabwehr,

alle Produkte die den Menschen oder die Umwelt stoffbedingt schädigen

können als Gefahrstoff, von denen der Eigentümer oder dem

Verfügungsberechtigten einer baulichen Anlage bezogen auf die §§ 3 und 16

wissen muss wo diese sind und in welchem Zustand sich diese befinden.

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Beispiele

Erst Bohren, dann Fragen ???Brandschutzertüchtigung in einer Grund- und Real- schule im August 2011 (Sommerferien). Ein Gefahr-stoffkataster oder eine Gefährdungsabschätzung zu schwach gebundenem Asbest lag nicht vor. Ausrede:

„Wir sind doch selbst Genehmigungsbehörde!“

Ein Gefahrstoffkataster oder eine Gefährdungsab-schätzung zu schwach gebundenem Asbest lag nicht vor.Ausrede des Eigentümers der baulichen Anlage

„Wo steht dat, dat man dat han muss?“

Verkaufsraum

Asbestrichtlinie und TRGS 519 Regelwerke sicher interpretieren und Widersprüche erkennen

Energetische ErtüchtigungGrundschule im Oberbergischen Land

Ausrede des Verfügungsberechtigen der baulichen Anlage:„Ich bin Betriebswirtin, ich muss das nicht wissen. Wozu habe ich einen Architekten?“

Kreisverwaltungsgebäude (1000 Räume)Promabest in allen Innenräumen, der Kantine, den Büros, den Versammlungsräumen und den Fluren.

Es lag weder ein Gefahrstoffkataster noch eine Gefährungsabschätzung für schwach gebundenen

Asbest vor.Hinweis:„Der Baudirektor und der Leiter des Gesundheitsamtes sitzen doch selbst in einem solchen Büro!“

2011

2008

Asbestrichtlinie und TRGS 519 Regelwerke sicher interpretieren und Widersprüche erkennen

Kleine Schlussbetrachtung zum Angstthema Asbest

Im April 2009 berichtete der Spiegel über ein deutsches Babypuder der Firma Mapa welches in China verkauft wird. In diesem Babypuder wurde Asbest festgestellt. Asbest ist häufiges Begleitmineral in Talkum.

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Kleine Schlussbetrachtung zum Angstthema Asbest

In einem Raum von 10 m x 10 m Grundfläche und einer Raumhöhe von 3 m dürfen nach einer erfolgreichen Sanierung, 500 F/m3 x 300 m3 = 150.000 Asbestfasern mit den typischen kanzerogenen Geometrien enthal-ten sein !