ASC Formblatt W 0002 Sauerstofflöslichkeit

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Die Temperaturabhängigkeit der Sauerstofflöslichkeit in Wasser wird häufig zitiert und nährt die weit verbreitete Ansicht, dass Schwimmteiche bei höheren Wassertemperaturen künstlich belüftet werden müssten. Die Praxis scheint diese Theorie zu bestätigen: Sauerstoffmangel tritt in stärker belasteten Teichen (Schlamm) gehäuft in den Sommermonaten auf. Genauer betrachtet ist die Abnahme der O2- Löslichkeit bei Temperaturerhöhung gering, der O2- Mangel ist keine Folge der verringerten Sauerstofflöslichkeit, sondern der erhöhten Aktivität der Biologie und der damit verbundenen Atmungsrate. Weiters kann man beobachten, dass eine Belüftung an heißenSommertagen sogar Sauerstoff aus dem Teich austreibt! Warum das so ist zeigen die Gesetze von Henry und Dalton. Algen, welche durch Photosynthese reinen Sauerstoff produzieren, erhöhen den Sauerstoffgehalt im Wasser oft weit über die Sättigungsgrenze von Luftsauerstoff. Dieser Artikel erklärt die physikalischen Grundlagen, die man kennen sollte, bevor man Maßnahmen setzt.

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Die unabhängige Interessensvertretung der Schwimmteich- Besitzer und Betreiber.

www.asceuropa.org

DI Mag. W. WesnerDr. H. JakschDr. A. Fuchs

Ausgabedatum: 31.12.2011

Formblatt ASC-T-0002

SauerstofflöslichkeitAbhängigkeit von Temperatur, Druck und Sauerstoffkonzentration in der Gasphase

AbstractDie Temperaturabhängigkeit der Sauerstofflöslichkeit in Wasser wird häufig zitiert und nährt die weit verbreitete Ansicht, dass Schwimmteiche bei höheren Wassertempera-turen künstlich belüftet werden müssten. Die Praxis scheint diese Theorie zu bestäti-gen: Sauerstoffmangel tritt in stärker belasteten Teichen (Schlamm) gehäuft in den Sommermonaten auf. Genauer betrachtet ist die Abnahme der O2-Löslichkeit bei Temperaturerhöhung gering, der O2-Mangel ist keine Folge der verringerten Sauer-stofflöslichkeit, sondern der erhöhten Aktivität der Biologie und der damit verbunde-nen Atmungsrate. Weiters kann man beobachten, dass eine Belüftung an heißen Sommertagen sogar Sauerstoff aus dem Teich austreibt! Warum das so ist zeigen die Gesetze von Henry und Dalton. Algen, welche durch Photosynthese reinen Sauerstoff produzieren, erhöhen den Sauerstoffgehalt im Wasser oft weit über die Sättigungs-grenze von Luftsauerstoff. Dieser Artikel erklärt die physikalischen Grundlagen, die man kennen sollte, bevor man Maßnahmen setzt.

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Das Gesetz von Henry besagt, dass der Partialdruck eines Gases über einer Flüssigkeit proportional zur Menge des im Gleichgewicht in der Flüssigkeit ge-lösten Gases ist. Durch Belüften wird nur die Geschwindigkeit der Gleichge-wichtseinstellung erhöht, die Lage des Gleichgewichts kann dadurch nicht ver-schoben werden. Im Gleichgewicht mit der Atmosphäre lösen sich bei 20 °C ca. 9 mg/l O2. Nur wenn im Wasser weniger als 9 mg/l Sauerstoff gelöst sind, kann durch Belüften der Sauerstoffgehalt er-höht werden. Sind 9 mg/l in Lösung ge-bracht, so bringt weiteres Belüften keine Änderung mehr. Sind hingegen vor der Belüftung mehr als 9 mg/l Sauerstoff im Wasser gelöst, so wird durch die Belüf-tung so lange Sauerstoff ausgetrieben, bis die 9 mg/l wieder erreicht sind. Die Lage dieses Gleichgewichts ist tempera-turabhängig (gestrichelte Linie im Dia-gramm). Während sich bei 10 °C 11 mg/l O2 im Gleichgewicht lösen, sind es bei 30°C nur noch 7,5 mg/l. Diese Gleichge-wichte lassen sich, wie gesagt, durch Belüften nicht verschieben!

Eine Veränderung der Sauerstofflöslich-keit kann nach Henry ebenso durch Druckerhöhung erfolgen. Würde man den Luftdruck über dem Teich verdop-peln, so könnte man auch die doppelte Menge an Sauerstoff lösen. Eine Druck-erhöhung über dem Teich ist jedoch kaum realisierbar. Eine Möglichkeit der Druckerhöhung wäre, die Luft in größe-rer Tiefe einzublasen (z.B. bei tiefen Seen). In 10 Meter Tiefe herscht ein Druck von 2 bar, und somit auch eine doppelt so hohe Sauerstofflöslichkeit.

Die Kenntnis des Dalton´schen Geset-zes der Partialdrücke eröffnet aber noch ganz andere Möglichkeiten. Die Luft ent-hält neben anderen Gasen 21 % Sauer-stoff. Nach Dalton setzt sich der Ge-samtdruck aus der Summe der Drücke der einzelnen Gase zusammen. Dem-nach kann dem Sauerstoff nur 21 % des Gesamtdruckes zugeschrieben werden. Das entspricht bei 1 bar Atmosphären-druck 0,21 bar, also nur rund ein Fünftel

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des Gesamtdruckes. Wäre am Gewäs-ser nur reiner Sauerstoff vorhanden, Hat man reinen Sauerstoff zur Verfügung, könnte sich auch die 5-fache Menge an Sauerstoff lösen. Im Diagramm ist die Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit von Reinsauerstoff (durchgezogene Li-nie) im Vergleich zur Löslichkeit von Luftsauerstoff (gestrichelte Linie) darge-stellt. Ein Belüften mit reinem Sauerstoff aus handelsüblichen Gasflaschen oder aus elektrolytischer Herstellung (Was-serspaltung) ist wäre möglich ist aber nicht nötig. Reiner Sauerstoff entsteht auch als Abfallprodukt der Photosyn-these im Teich:

6CO2 + 6H2O + Licht → C6H12O6 + 6O2

Photosynthese betreiben alle grünen Pflanzen, wenn die Sonne scheint. Da-mit sich der Photosynthese-Sauerstoff auch im Wasser löst, muss er unter Wasser freigesetzt werden. Das ist nur bei Unterwasserpflanzen und Algen der Fall. Sumpfpflanzen geben den Sauer-stoff über dem Wasserspiegel ab, so dass sie keinen nennenswerten Beitrag zur Sauerstoffanreicherung im Teich leisten. Berichte von einer Sauerstoffab-gabe über die Wurzeln der Sumpfpflan-zen haben mehr wissenschaftlichen Wert als praktische Relevanz. Die Men-gen sind minimal und dienen lediglich zur Versorgung der Wurzeln und der auf der Wurzeloberfläche lebenden, symbio-tischen Bakterien. Substrate oder Po-renwasser werden dabei nicht mit Sau-erstoff versorgt. Es kann in einem Teich durchaus eine Sauerstoffsättigung von bis zu 140 % gemessen werden. Dies ist kein Messfehler sein, sondern ein Zeichen für die Aktivität von Unterwas-serpflanzen oder Algen. Diese wiederum wachsen gut, wenn der Nährstoffgehalt hoch ist. Ein hoher Nährstoffgehalt ver-ursacht eine hohe Aktivität der Biologie, also auch eine hohe Atmungsrate. Da-her beobachtet man in Teichen mit ho-her Trophie (hoher Nährstoffgehalt) aus-geprägte Tagesgänge es Sauerstoffge-haltes mit einem Maximum am frühen Nachmittag und einem Minimum in den

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frühen Morgenstunden. Daraus folgt auch, wie die Belüftung eines nährstoff-belasteten Teiches erfolgen sollte: Tagsüber sollte auf keinen Fall belüftet werden, es würde nur der Photosynthe-sesauerstoff ausgetrieben werden. Eine Belüftung ergibt, wenn überhaupt, nur in der zweiten Nachthälfte, und auch nur bei einer so starken Sauerstoffzehrung, dass der Sauerstoffgehalt unter den Gleichgewichtswert mit der Atmosphäre sinkt, einen Sinn.

Man sollte jedoch auch nicht überse-hen, dass das eigentliche Problem des Teiches, die hohe Nährstoffbelastung, durch die Belüftung nicht gelöst wird. Langfristig hilft nur ein Nährstoffentzug, also die Senkung der Trophie.

Nährstoffarme Gewässer zeigen prak-tisch keinen Tagesgang der Sauerstoff-konzentration, sie zeigen stets die für die Temperatur spezifische Gleichge-wichtskonzentration. Es erfolgt kaum Zehrung und auch keine Sauerstoff-übersättigung durch Algen oder Unter-wasserpflanzen, weil diese auf Grund der Nährstofflimitierung nicht gedeihen.

So gesehen ist die Belüftung ein nützli-ches Instrument für intensive Fisch-zucht oder für Belebtschlammbecken in Kläranlagen, in Schwimmteichen hat sie in der Regel keinen Einfluss auf die Qualität. Hier sind Maßnahmen wie Schlammabsaugen oder Nährstoffe zu binden nachhaltiger. Eine Ausnahme stellt die Belüftung von stehendem Wasser in Kiesschüttungen, in Tanks oder hinter Verkleidungen (z.B. zwi-schen Folie und Stein) dar. Auch bei Becken, welche auf Grund einer schwimmenden Abdeckung einen ein-geschränkten Gasaustausch mit der At-mosphäre aufweisen, kann eine Belüf-tung des Wassers sinnvoll sein.

Grundsätzlich sollte jedoch bevor eine Belüftungsmaßnahme empfohlen wird, der Sauerstoffgehalt im Wasser gemes-sen werden, um die Wirksamkeit ab-schätzen zu können und um uner-wünschte Wirkungen auszuschließen.

Impressum: Allgemeiner Schwimmteich Club (ASC) Währingerstr. 56/11, 1090 Wien [email protected] Tel.: 0043 69919252223