Atelierbesuch bei Barbara Baumann

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Zerknülltes Zeitungspapier in verschiedenen Größen und Formen sind auf dem Arbeitstisch von Barbara Baumann ausgelegt. Ein neues Papierprojekt? Barbara Baumann schmunzelt zufrieden: «Ja, ich packe mein zweites Buchkonzept an. Dieses Mal geht es um Zeitungspapier. An einem Buch zu arbeiten macht einfach Spaß», verrät die Baarer Papierkünstlerin. Dies muss wohl so sein, denn kaum ist ihr erstes Buch Papierschmuck im Buchhandel, sprudeln die Ideen für ihr zweites Buch zum Thema Zeitungspapier. Nicht nur ihr Atelier ist ganz dem Zeitungspapier verschrieben, auch ihr Kopf ist davon belegt. Ob beim täglichen Einkauf, der Hausarbeit oder während der Arbeit in der Mediathek, alles dreht sich ums neue Projekt. Aktuell beschäf- tigt sie sich mit dem Papierknüllen und Papierschnüren. Wie kann ich das Papier von Hand so bearbeiten, dass es wie industriell hergestellte Papier- schnüre aussieht? Schon x-Versuche hat sie unternommen, auch das Spinn- rad, das im Atelier steht, kam zum Einsatz. Mit dem Resultat ist sie aber noch nicht zufrieden. «Selten finde ich beim ersten Anlauf die perfekte Form», verrät Barbara Baumann. Im Papierschmuck-Buch gibt es ein Projekt, den Bier- deckel-Reif, an dem sie gerne noch weiter gearbeitet hätte. «Da hätte ich mir mehr Zeit gewünscht, weitere Formen auszuprobieren. Bei einem Buchprojekt gibt es jedoch Fristen, die einzuhalten sind», was Barbara Baumann auch gut findet. «Ich habe bei Papierschmuck gelernt, meinen Ehrgeiz zu zügeln.» Atelierbesuch bei Barbara Baumann Von Andrea Baumann «Es gibt praktisch nichts, was man nicht aus Papier machen könnte.»

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Die Papierkünstlerin gewährt einen Einblick in ihr Atelier.

Transcript of Atelierbesuch bei Barbara Baumann

Zerknülltes Zeitungspapier in verschiedenen Größen und Formen sind auf dem Arbeitstisch

von Barbara Baumann ausgelegt. Ein neues Papierprojekt? Barbara Baumann schmunzelt zufrieden:

«Ja, ich packe mein zweites Buchkonzept an. Dieses Mal geht es um Zeitungspapier.

An einem Buch zu arbeiten macht einfach Spaß», verrät die Baarer Papierkünstlerin.

Dies muss wohl so sein, denn kaum ist ihr erstes Buch Papierschmuck im Buchhandel,

sprudeln die Ideen für ihr zweites Buch zum Thema Zeitungspapier.

Nicht nur ihr Atelier ist ganz dem Zeitungspapier verschrieben, auch ihr Kopf

ist davon belegt. Ob beim täglichen Einkauf, der Hausarbeit oder während der

Arbeit in der Mediathek, alles dreht sich ums neue Projekt. Aktuell beschäf-

tigt sie sich mit dem Papierknüllen und Papierschnüren. Wie kann ich das

Papier von Hand so bearbeiten, dass es wie industriell hergestellte Papier-

schnüre aussieht? Schon x-Versuche hat sie unternommen, auch das Spinn-

rad, das im Atelier steht, kam zum Einsatz. Mit dem Resultat ist sie aber noch

nicht zufrieden. «Selten finde ich beim ersten Anlauf die perfekte Form»,

verrät Barbara Baumann. Im Papierschmuck-Buch gibt es ein Projekt, den Bier-

deckel-Reif, an dem sie gerne noch weiter gearbeitet hätte. «Da hätte ich mir

mehr Zeit gewünscht, weitere Formen auszuprobieren. Bei einem Buchprojekt

gibt es jedoch Fristen, die einzuhalten sind», was Barbara Baumann auch gut

findet. «Ich habe bei Papierschmuck gelernt, meinen Ehrgeiz zu zügeln.»

Atelierbesuch bei Barbara Baumann

Von Andrea Baumann

«Es gibt praktisch nichts, was man nicht aus Papier machen könnte.»

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So stellt man sich eine leidenschaftliche Künstlerin vor. Da wehrt Barbara

Baumann ab. «Ich bin viel zu kleinkariert, als dass ich mich als Künstlerin sehe.

Ich muss ständig alles ordnen, strukturieren, einreihen oder ablegen.» Barbara

Baumann sucht nach einem Beispiel einer Mini-Fotoserie, die sie letztes Jahr in

Venedig machte. «Ich war fasziniert von der Trennlinie zwischen Häusern und

Wasserspiel und konnte mich nicht mehr bremsen beim Fotografieren.» Ob sie

die Fotoserie einmal in eine Papierarbeit einfließen lässt, ist noch offen.

Und wie wird man Papierkünstlerin und Buchautorin? «Auf Umwegen und mit

etwas Glück», meint Barbara Baumann. «Meine Erstausbildung führte mich

ans Handarbeitsseminar. Nicht weil ich gerne Lehrerin werden wollte, Gott nein,

das Pädagogische interessierte mich damals nicht.» Dies ist auch der Grund,

weshalb sie nach ihrer Ausbildung nur kurze Zeit an einer Schule unterrichtete.

So ganz von der Vermittlungstätigkeit konnte sich Barbara Baumann jedoch

Barbara Baumann ist Lehrerin für textiles Werken. Nach vielen Jahren in der Erwachsenenbildung arbeitet sie heute als Schulmediothekarin in einer Oberstufenschule in der Schweiz.Im Frühling 2013 erscheint ihre erste Publikation im Haupt Verlag, «Papierschmuck». Derzeit konzipiert sie ihr zweites Buch, das sie dem Zeitungspapier widmet.

Am 4. April 2013 findet um 19.00 Uhr die Vernissage von Papierschmuck in der Buchhandlung Haupt in Bern statt. Eintritt frei

nie ganz lösen. Längere Zeit arbeitete sie im interkulturellen Bereich, wo sie als

Erwachsenenbildnerin verschiedene Kurse leitete. Auch als Mediothekarin und

Buchautorin steht das Ziel Inhalte zu vermitteln an oberster Stelle.

«Bevor ich mit Papier zu experimentieren begann, durchlebte ich eine zwei-

jährige Jeansphase.» Barbara Baumann holt eine Kiste hervor, die randvoll

mit Jeansobjekten ist. «Ich konnte nicht genug kriegen von Jeans», erinnert

sie sich. Sobald eine Jeans meiner Kinder ausgewachsen war, hatte ich eine

Idee, was ich aus dem Stoff nähen wollte.» So entstanden Jeanstaschen,

Handschuhe, Decken und vieles mehr. «Es gab eine Zeit, da habe ich im

stillen Kämmerchen meine Ideen umgesetzt. Meine Kinder fragten mich

schon gar nicht mehr, was ich mache.» Auf die Jeansphase folgte die

Reclambuchphase. Zurückblickend auf diese Zeit blitzt der Enthusiasmus

wieder voll auf. «Ach, was habe ich alles aus Reclambüchern gemacht, da

konnte ich so richtig aus dem Vollen schöpfen.» Es entstand eine wöchent-

liche Serie mit Titel «Was macht die Bibliothekarin», die der Reclam Verlag

später vorstellte. Ein Auswahlkriterium war beispielsweise der Titel. Für die Aus-

gabe «Der eingebildete Kranke» strickte Barbara Baumann einen Schlafsack.

Papier als Werkstoff hat Barbara Baumann schon während der Ausbil-

dung eingenommen. Es gibt praktisch nichts, was man nicht aus Papier

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Papierschmuck – das Buch zum Artikel

NEU In «Papierschmuck» werden 55 Projekte aus ganz unterschiedlichen Papiersorten vorgestellt: die Auswahl reicht von literarischen Perlen über die Pralinenstola bis zum Armband aus Spielkarten. Barbara Baumann gibt Anregungen, wie sich jedes Stück weiterentwickeln, anders gestalten oder durch weitere Schmuckstücke zu einer Kollektion oder einem Ensemble ergänzen lässt.

Barbara Baumann Papierschmuck 55 Projekte aus verschiedenen Papiersorten176 S., Klappenbroschur € 24.90 / ca. sFr. 32.90978-3-258-60054-3

Atelierbesuch bei Barbara Baumann

machen könnte: Kleider, Möbel, Teppiche oder eben Schmuck. Im Gegensatz

zu klassischem Schmuck ist Papierschmuck vergänglich. Ein Hindernis? «Über-

haupt nicht. Mit Falttechniken, Abnähern und Lackschichten wird Papier sehr

stabil. Reizvoll an Papierschmuck ist jedoch die Leichtigkeit des Materials. Man

kann viel üppigere Formen kreieren», schwärmt die Schmuckgestalterin.

Langsam fasste Barbara Baumann Mut, ihre Papierkünste einem Publikum zu

zeigen. Die Reaktionen waren gewaltig, so dass die Papierkünstlerin der Buch-

handlung Haupt eine Mappe sandte. «Ich dachte dabei, vielleicht kann ich ein-

mal meine Werke ausstellen oder einen Workshop leiten». Adela Haupt und

die Lektorin Heidi Müller waren begeistert von den Arbeiten und überzeugt,

damit ein tolles Buch über Papierschmuck herausgeben zu können. Ein Buch?

«Ich kann mich gut an diesen Tag erinnern; nach der Unterhaltung in der Buch-

handlung ging ich auf die Uniterrasse und rief eine Freundin an. Ich teilte ihr

ein wenig benommen mit: Die wollen ein Buch mit mir machen!» Ein Buch

publizieren ist eine grandiose Herausforderung. Bücher bedeuten Barbara

Baumann alles. Für Reisen und Bücher gibt sie am meisten Geld aus, wobei

die Reisen meistens zu auserwählten Buchhandlungen führen. Bücher sind

auch ihre wichtigste Inspirationsquelle. Was kann einer bibliophilen Künstlerin

Besseres passieren, als zur Buchautorin zu avancieren.