Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine...

26
30.7.2017 DJI - Auf einen Blick https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 1/26 Druckansicht Zeitpunkt: 30.07.2017, 15:41 Uhr Auf einen Blick Die Heimerziehung ist eine der ältesten Formen gesellschaftlich organisierter Hilfe für Kinder und Jugendliche. Zurückzuverfolgen sind die Wurzeln mindestens bis zu den Findel- und Waisenhäusern des Mittelalters. Heimerziehung am Anfang des 21. Jahrhunderts ist eine rechtlich im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) Kinder- und Jugendhilfe festgelegte und beschriebene Form der Hilfen zur Erziehung (siehe insbesondere §§27, 34 SGB VIII). Sie gehört zu den so genannten familienersetzenden oder auch stationären Leistungen. Das Spektrum der damit einhergehenden Wohn- und Lebensformen ist dabei beträchtlich. Dies ist so in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht wirklich angekommen. Hier wird mit dem Begriff der Heimerziehung noch häufig eine verordnete anstaltsähnliche Unterbringung in großen Institutionen unter strenger Aufsicht des Personals verbunden.

Transcript of Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine...

Page 1: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 1/26

DruckansichtZeitpunkt: 30.07.2017, 15:41 Uhr

Auf einen BlickDie Heimerziehung ist eine der ältestenFormen gesellschaftlich organisierterHilfe für Kinder und Jugendliche.Zurückzuverfolgen sind die Wurzelnmindestens bis zu den Findel- undWaisenhäusern des Mittelalters.Heimerziehung am Anfang des 21.Jahrhunderts ist eine rechtlich im AchtenSozialgesetzbuch (SGB VIII) Kinder- undJugendhilfe festgelegte und beschriebeneForm der Hilfen zur Erziehung (sieheinsbesondere §§27, 34 SGB VIII). Siegehört zu den so genanntenfamilienersetzenden oder auchstationären Leistungen. Das Spektrum derdamit einhergehenden Wohn- undLebensformen ist dabei beträchtlich. Diesist so in der öffentlichen Wahrnehmungnoch nicht wirklich angekommen. Hierwird mit dem Begriff der Heimerziehungnoch häufig eine verordneteanstaltsähnliche Unterbringung in großenInstitutionen unter strenger Aufsicht desPersonals verbunden.

Page 2: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 2/26

Insbesondere seit den „Heimkampagnen“’Ende der 1960er und in den 1970erJahren hat sich jedoch das Profil derHeimerziehung grundlegend gewandelt.Heute sind diese Hilfen weitaus mehr alsdie dauerhafte Unterbringung vonKindern und Jugendlichen inMehrgruppeneinrichtungen imSchichtdienstbetrieb. Vielmehr ist derBegriff zu einem Synonym für eindifferenziertes Spektrum öffentlichorganisierter und finanzierter sowiepädagogisch gestalteter und professionellstrukturierter Orte des Aufwachsens fürjunge Menschen bis zum 21. – inAusnahmefällen bis zum 27. Lebensjahr –außerhalb der Herkunftsfamiliegeworden. Dazu gehören beispielsweiseneben den Mehrgruppeneinrichtungendezentrale Wohngruppenformen,Kleinstheime, Kinderhäuser,Jugendwohngemeinschaften, aber auchErziehungsstellen oder vielfältige Formenbetreuten Wohnens. Es besteht also einausdifferenziertes Angebot an Wohn- undBetreuungsformen, in denen Kinder undJugendliche ihren Alltag zumindest ineinem höheren Maße als in vergangenenZeiten selbst mit gestalten können.

Trotz allem bleibt die Entscheidung, einenJugendlichen oder ein Kind in einemHeim unterzubringen, von erheblicherTragweite. Auch wenn die Zeiten, alsHeime noch als „Verwahranstalten“

Page 3: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 3/26

dienten, längst vorbei sind, muss in jedemEinzelfall sehr genau geprüft werden,welche Vor- und Nachteile mit einerstationären Unterbringung für denjungen Menschen verbunden sind. Diebiografischen Konsequenzen können impositiven wie im negativen Sinneerheblich sein.

Bei aller Vielfalt und Ausdifferenzierungder stationären Angebote der Kinder- undJugendhilfe gehört die „geschlosseneUnterbringung“ nach wie vor zu denvielen Facetten der Heimerziehung.Ausgelöst durch Medienberichte übergravierende Fälle von Gewaltausübungeinzelner Jugendlicher wird immerwieder der Ruf nach mehr „geschlossenerUnterbringung“ für diese jungenMenschen laut. In der Folge hat sichtatsächlich in den vergangenen Jahren dieAnzahl dieser Plätze wieder erhöht.

Dennoch sind in den 1970er und in den1980er Jahren Kinder und Jugendlicheinsgesamt häufiger in ein Heim gegebenworden als dies heute der Fall ist. Das hatsicherlich auch damit zu tun, dass dasSpektrum an ambulanten undteilstationären, anfamilienunterstützenden und –ergänzenden Leistungen der Hilfen zurErziehung heute sehr vielausdifferenzierter ist. DieReaktionsmöglichkeiten des Hilfesystemsfür Familien mit

Page 4: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 4/26

Erziehungsschwierigkeiten haben sichbeträchtlich erweitert. Gleichwohl habendie letzten 20 Jahre gezeigt, dass eshierüber nicht möglich sein wird, Heimeals Orte des Aufwachsens für jungeMenschen überflüssig zu machen. Sie sindvielmehr aus heutiger Sicht ein für dieKinder- und Jugendhilfe unersetzbaresInstrument innerhalb desausdifferenzierten Spektrums der Hilfenzur Erziehung. Auch wenn– anders alsnoch zu Zeiten desJugendwohlfahrtsgesetzes – Leistungender Heimerziehung keineZwangsmaßnahmen sind, sondern vomAnspruch her Hilfen für junge Menschenund deren Familien, so kann im Fall einerKindeswohlgefährdung (§1666 BGB) eineHeimerziehung auch gegen den Willender Eltern verfügt werden.

Die folgenden Datenanalysen desForschungsverbundes DJI – TU Dortmundauf der Basis der amtlichen Kinder- undJugendhilfestatistik geben näherenAufschluss über die Bedeutung derHeimerziehung im Spektrum desLeistungskanons der Hilfen zurErziehung, über die Klientel dieserfamilienersetzenden Hilfen, die Gründefür eine Inanspruchnahme sowie dieLebenslagen der Familien, aber auch überdie Strukturen der Heimunterbringungund regionale Unterschiede bei derInanspruchnahme.

Page 5: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 5/26

 Erziehung im Heim: Definition nachdem Sozialgesetzbuch

SGB VIII §34 Heimerziehung, sonstigebetreute Wohnform

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtungüber Tag und Nacht (Heimerziehung)oder in einer sonstigen betreutenWohnform soll Kinder und Jugendlichedurch eine Verbindung vonAlltagserleben mit pädagogischen undtherapeutischen Angeboten in ihrerEntwicklung fördern. Sie sollentsprechend dem Alter undEntwicklungsstand des Kindes oder desJugendlichen sowie den Möglichkeitender Verbesserung derErziehungsbedingungen in derHerkunftsfamilie

eine Rückkehr in die Familie zuerreichen versuchen oderdie Erziehung in einer anderenFamilie vorbereiten odereine auf längere Zeit angelegteLebensform bieten und auf einselbstständiges Leben vorbereiten.

 Jugendliche sollen in Fragen derAusbildung und Beschäftigung sowie derallgemeinen Lebensführung beraten undunterstützt werden.

Page 6: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 6/26

Zahlen und Fakten

1.   Heimunterbringung im Spektrumder Hilfen zur Erziehung

2.   Trägerstruktur 3.   Differenzierung nach Geschlecht

und Alter 4.   Gründe für die

Fremdunterbringung 5.   Entwicklung der Fallzahlen seit

Ende der 1960er Jahre 6.   Regionale Unterschiede und deren

Ursachen 7.   Prekäre Lebenslagen /

Familienstruktur 8.   Migrationshintergrund

1. Heimunterbringung im Spektrumder Hilfen zur Erziehung

Jeder vierte Euro für Leistungen undStrukturen der Kinder- und Jugendhilfewird für die Finanzierung von Hilfen zurErziehung ausgegeben. Mit etwa 5,5 Mrd.Euro pro Jahr (Stand 2007) ist dieserPosten nach der Kindertagesbetreuungder ausgabenstärkste. Und innerhalb derHilfen zur Erziehung entfällt wiederummit Abstand das höchsteAusgabenvolumen auf dieHeimerziehung. Das waren zuletztimmerhin 2,5 Mrd. Euro. Dank neuerErhebungsverfahren im Kontext der

Page 7: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 7/26

amtlichen Kinder- undJugendhilfestatistiken ist es nun erstmalignicht nur möglich, das Spektrum der inAnspruch genommenen Hilfen zurErziehung vollständig, sondern auch mitBlick auf einzelne Hilfeformen, wie z.B.die Heimerziehung, detaillierterabzubilden als bisher.

Die amtliche Kinder- undJugendhilfestatistik für das Jahr 2007zählt insgesamt rund 725.000 Hilfen zurErziehung. Etwa 810.000 überwiegend inihren Familien lebende junge Menschenwerden hierüber erreicht. Bezogen aufdie gesamte Altersgruppe der unter 21-Jährigen in Deutschland sind das –statistisch betrachtet – etwa 5 Prozent derjungen Menschen. In Heimen undbetreuten Wohnformen lebten imbenannten Jahr dauerhaft odervorübergehend nach der Gewährungeiner Jugendhilfeleistung insbesonderegem. §34 SGB VIII rund 79.200 jungeMenschen – also weniger als 1 Prozent.

Das Leistungsspektrum der Hilfen zurErziehung setzt sich aus ganzunterschiedlichen Settings zusammen.Anders formuliert: Hilfe ist nicht gleichHilfe. So entfallen 58 Prozent der inAnspruch genommenen Leistungen aufdie Erziehungsberatung sowie 42 Prozentauf andere Formen der Hilfen zurErziehung – beispielsweise dieErziehungsbeistandschaften, die

Page 8: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 8/26

sozialpädagogische Familienhilfe oderauch die Vollzeitpflege und eben dieHeimerziehung. Allerdings sind dieRahmenbedingungen und die Regularienfür die Erziehungsberatung genauso wiedie Zusammensetzung der Klientel kaumvergleichbar mit anderen Hilfen zurErziehung.

Rechtlich kodifiziert sind die Hilfen zurErziehung im „SGB VIII Kinder- undJugendhilfe“. Zu den Leistungen derHilfen zur Erziehung gehören neben derHeimerziehung oder sonstigenbetreuten Wohnformen (§34)verschiedene Maßnahmen wie §28Erziehungsberatung, §29 SozialeGruppenarbeit, §30Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer,§31 Sozialpädagogische Familienhilfe,§32 Erziehung in einer Tagesgruppe,§33 Vollzeitpflege sowie §35 Intensivesozialpädagogische Einzelbetreuung.

Die amtliche Kinder- undJugendhilfestatistik erfasst 2007 jenseitsder Erziehungsberatung 302.979 zumeisthilfeplangestützte und vom AllgemeinenSozialen Dienst mit initiierte Leistungender Hilfen zur Erziehung. Von diesenentfallen zusammen genommen 54Prozent auf ambulante und teilstationäre,also eher familienunterstützende und -ergänzende Hilfenformen, also: z.B.Erziehungsbeistand, sozialpädagogischeFamilienhilfe oder auch Erziehung in

Page 9: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 9/26

einer Tagesgruppe. Etwa 20 Prozent sindMaßnahmen der Vollzeitpflege. 26Prozent können der Kategorie„Heimerziehung/betreute Wohnformen“zugeordnet werden (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Leistungen der Hilfen zurErziehung* nach Hilfearten

(Deutschland; 2007; Aufsummierungandauernder und beendeter Hilfen;Anteile in %)

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; N = 302.979; in der Kategorie„Heimerziehung/betreute Wohnformen“werden die stationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’ mit berücksichtigt.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

2. Trägerstruktur

Ein für die Kinder- und Jugendhilfetypisches Charakteristikum ist ihreTrägervielfalt. Über die amtliche Statistik

Page 10: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 10/26

konnte diese bislang lediglich alle vierJahre bei der Vollerhebung zu denEinrichtungen und tätigen Personen inder Kinder- und Jugendhilfe untersuchtwerden. Seit den vorliegenden 2007er-Erhebungsergebnissen zurInanspruchnahme von Hilfen zurErziehung ist dies jährlich möglich.

Für die Heimerziehung zeigen dieErgebnisse, dass zwar 38 Prozent derMaßnahmen von einem anerkanntenTräger der Kinder- und Jugendhilfe, aberkeineswegs etwa von denWohlfahrtsverbänden durchgeführtwerden. Auf diese entfallen rund 45Prozent, davon jeweils 15 Prozent aufCaritas und Diakonie. In Einrichtungenprivatgewerblicher Träger lebten 2007etwa vier Prozent aller „Heimkinder“ (vgl.Abb. 2).

Abb. 2: Maßnahmen derHeimerziehung* nach Art des Trägers

(Deutschland; 2007; Aufsummierungandauernder und beendeter Hilfen;Anteile in %)

Page 11: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 11/26

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; mit berücksichtigt werden diestationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’; N =79.204

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

3. Differenzierung nach Geschlecht undAlter

Wer lebt eigentlich in Einrichtungen derHeimerziehung? Wie viel Jungen und wieviele Mädchen sind es? Und wie alt sinddie jungen Menschen?

Die Mehrzahl der in Heimen undbetreuten Wohnformen lebenden jungenMenschen ist männlich. 56 Prozent sindJungen und junge Männer, 44 ProzentMädchen und junge Frauen.

Die in den Heimen lebenden jungenMenschen sind in Deutschland imDurchschnitt zwischen 14 und 15 Jahrealt. Die am stärksten vertretenenAltersgruppen sind die 16- und 17-Jährigen. Wenn junge Menschen in einerstationären Einrichtung der Kinder- undJugendhilfe leben, so sind es vor allemJugendliche (vgl. Abb. 3). Ab derVolljährigkeit wird deutlich, dassvonseiten der Kinder- und Jugendhilfeeine Beendigung der Maßnahmeangestrebt werden muss. Während dieZahl der 18-Jährigen noch

Page 12: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 12/26

vergleichsweise hoch ist, sind jungeVolljährige im Alter von 19 Jahren undälter eher die Ausnahme.

Abb. 3: Inanspruchnahme von derHeimerziehungsmaßnahmen* nachAlter der jungen Menschen

(Deutschland; 2007; Aufsummierungandauernder und beendeter Hilfen;Angaben pro 10.000 deraltersentsprechenden Bevölkerung)

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; mit berücksichtigt werden diestationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

4. Gründe für eineFremdunterbringung

Seit 2007 wird bei der Erhebung in denJugendämtern auch nach den Gründenfür die Unterbringung von jungenMenschen in einem Heim oder einerbetreuten Wohnform gefragt. Dabeikönnen neben einem Hauptgrund bis zu

Page 13: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 13/26

zwei weitere Gründe für dieNotwendigkeit einer erzieherischen Hilfeangegeben werden.

Die eingeschränkte Erziehungskompetenzder Eltern war mit 45 Prozent der amhäufigsten genannte Grund dafür, dassjunge Menschen in einem Heimuntergebracht werden. In 37 Prozent derFälle wurden Auffälligkeiten im sozialenVerhalten und in 25 Prozent schulischebzw. berufliche Probleme der jungenMenschen als Gründe angegeben. Mitjeweils 23 Prozent spielen die Gefährdungdes Kindeswohls oder die unzureichendeFörderung und Betreuung der Kinderebenfalls eine große Rolle.

Weitere Differenzierungen dieserAngaben verdeutlichen, dass dieNotwendigkeit einer Heimerziehung jenach Alter der jungen Menschen ganzunterschiedliche Gründe haben kann.Entfallen bei den unter 12-Jährigen diehäufigsten Nennungen neben dereingeschränkten Erziehungskompetenznoch auf eine unzureichende Förderungsowie die Gefährdung des Kindeswohls,so sind es bei den 12- bis unter 18-Jährigen neben den fehlendenErziehungskompetenzen der Eltern dieVerhaltensauffälligkeiten des jungenMenschen, aber auch Belastungen desKindes oder Jugendlichen durch familiäreKonflikte bzw. Krisen (vgl. Abb. 4). Bei derGruppe der 18-Jährigen und Älteren

Page 14: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 14/26

schließlich werden neben denVerhaltensauffälligkeiten des jungenVolljährigen, Entwicklungsauffälligkeiten,aber auch schulische bzw. beruflicheProbleme als Grund für eineHeimerziehung bzw. häufig auch einebetreute Wohngruppe genannt.

Abb. 4: Gründe für die Heimerziehung*nach ausgewählten Altersgruppen

(Deutschland; 2007; begonnene Hilfen;Angaben in % bezogen auf die Zahl derjungen Menschen einer Altersgruppe)

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; Angaben ohne die stationärdurchgeführten ‚27er-Hilfen’;Mehrfachnennungen.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

5. Entwicklung der Fallzahlen seit Endeder 1960er Jahre

Eingangs ist das Fallzahlenvolumen in derHeimerziehung für die heutigeBundesrepublik insgesamt auf rund

Page 15: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 15/26

79.200 Hilfen pro Jahr (Stand 2007)beziffert worden. Hierin enthalten sindauch die stationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’. Zählt man noch die rund 60.100jungen Menschen in Pflegefamilien dazu,ergibt sich eine Zahl von etwa 139.300Kindern, Jugendlichen und jungenVolljährigen, die im Rahmen der Hilfenzur Erziehung in einer Pflegefamilie,einer Heimeinrichtung oder einerbetreuten Wohnform leben. Wie ist diesesaktuelle Fallzahlenvolumen im Verhältniszu Ergebnissen aus vergangenenJahrzehnten einzuordnen?

Betrachtet man zur Beantwortung dieserFrage eingehender die Zahlen der inPflegefamilien und Heimen lebendenMinderjährigen Westdeutschlands seitdem Ende der 1960er Jahre, so zeigt sich,dass die derzeit ausgewiesenenGesamtzahlen in etwa noch denen ausden 1990er Jahren entsprechen,gleichwohl aber deutlich niedrigerausfallen als noch in den 1980er und1970er Jahren (vgl. Abb. 5).

Speziell für die Heimerziehung ist zukonstatieren, dass seit Ende der 1960er,Anfang der 1970er Jahre – also seit der„Heimkampagne“ – die Zahl derstationären Unterbringungenzurückgegangen ist. Wurden im Jahre1969 über die damaligeJugendwohlfahrtsstatistik noch 58 pro10.000 der unter 18-Jährigen im früheren

Page 16: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 16/26

Bundesgebiet gezählt, so hat sich dieInanspruchnahmequote bis 1991, alsokurz nach dem Inkrafttreten des Kinder-und Jugendhilfegesetzes auf 34Maßnahmen reduziert. Seither ist derUmfang der Inanspruchnahme vonMaßnahmen der Heimerziehung nahezuunverändert geblieben (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Fallzahlenentwicklung fürVollzeitpflege und Heimerziehung*

(Westdeutschland einschl. Berlin; 1969-2007; Angaben pro 10.000 der unter 18-Jährigen am 31.12. des jeweiligenJahres)**

* Die Angaben zu den Fallzahlenrekurrieren auf die Bestandserhebung zum01.01.1991, die Bevölkerungsdaten auf den31.12.1991.

** Die vertikalen Linien in der Grafiksignalisieren eine Umstellung derstatistischen Erfassung.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Hilfen zur Erziehung, versch. Jahrgänge

6. Regionale Unterschiede und derenUrsachen

Page 17: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 17/26

Insgesamt werden für das Jahr 2007 –ohne die stationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’ – knapp 76.700 Maßnahmen derHeimerziehung ausgewiesen. Das sind 45pro 10.000 der unter 21-Jährigen. DieseInanspruchnahmequote variiertallerdings regional in einem erheblichenMaße. Dazu nur ein Blick in dieBundesländer: Während auf der einenSeite für Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg pro10.000 der unter 21-Jährigen mit etwa 80Hilfen und mehr die meisten Maßnahmenausgewiesen werden, liegt die Quote fürSchleswig-Holstein, Baden-Württembergund Bayern in etwa nur halb so hoch.

Abb. 6: Inanspruchnahme vonMaßnahmen der Heimerziehung nachBundesländern

(2007; Aufsummierung andauernder undbeendeter Hilfen; Angaben pro 10.000 derunter 21-Jährigen)

Page 18: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 18/26

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

Diese Unterschiede setzen sich auf derlokalen Ebene zwischen denJugendämtern weiter fort. So variierenbeispielsweise die Zahlen der auf derGrundlage des §34 SGB VIII in Heimenund betreuten Wohnformen lebendenjungen Menschen 2005 – aktuellereverlässliche Daten liegen hierzu derzeitnicht vor – bundesweit zwischen nichteinmal 5 in einigen bayerischen bzw.baden-württembergischen Landkreisenund weit über 170 pro 10.000 der unter21-Jährigen in einigen kreisfreien Städtender Republik.

Ein Grund für diese Differenzen sind dieBelastungen der sozioökonomischenLebenslagen in einer Region. Jeausgeprägter die Armutslagen in einerKommune sind, desto höher ist in derRegel auch der Bedarf an stationärenUnterbringungen im Kontext der Kinder-und Jugendhilfe. Am Beispiel Nordrhein-Westfalens heißt dies: Je höher die ALG-II-Quote in einer Kommune, desto höher istauch die Inanspruchnahme vonMaßnahmen der Heimerziehung – dieDatenreihen korrelieren mit einemstatistisch relevanten Wert von r = .500.

Page 19: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 19/26

Auch wenn sich hier also nachweisbar einZusammenhang zeigt, so sind dieprekären Lebenslagen in einer Kommunenur einer der bestimmenden Faktoren fürden Bedarf an stationärenUnterbringungen. Weitere sind nacheinem theoretischen Modell von UlrichBürger die zu erwartendendemografischen Entwicklungen, möglicheVeränderungen in den Rechtsgrundlagender Kinder- und Jugendhilfe, die politisch-fiskalischen Rahmenbedingungen fürkommunale Kinder- und Jugendhilfe, dieInfrastruktur und Angebote des örtlichenErziehungs-, Sozial- und Bildungswesenssowie nicht zuletzt die Wahrnehmungs-,Definitions- und Entscheidungsprozesseder am Prozess der Hilfegewährungbeteiligten Akteure, und hier nicht zuletztder Fachkräfte des Allgemeinen SozialenDienstes.

7. Prekäre Lebenslagen /Familienstruktur

Das Wissen über die Hilfen zur Erziehungin Deutschland wies bislang anentscheidenden Stellen Lücken über dieLebenslagen der AdressatenInnen auf.Über die familiäre Situation, über diesozialen Rahmenbedingungen für dieKinder und ihre Familien fehlten imRahmen einer empirischenDauerbeobachtung zentraleInformationen. Dabei haben Studien

Page 20: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 20/26

wiederholt gezeigt, dass prekäreLebenslagen von Familien auchfolgenreich für das Aufwachsen jungerMenschen sind. Mit der überarbeitetenamtlichen Kinder- undJugendhilfestatistik stehen nunmehrregelmäßig Informationen zu denLebenslagen von jungen Menschen undderen Familien, die einefamilienersetzende Hilfe zur Erziehung inAnspruch nehmen, zur Verfügung.

Mit Blick auf die im Jahre 2007begonnenen Maßnahmen derHeimerziehung zeigt sich: Etwa die Hälfteder jungen Menschen mit einer 2007begonnenen Heimerziehungsmaßnahmekommt aus einerAlleinerziehendenfamilie. Hinzu kommennoch weitere 28 Prozent, bei denen derjeweilige Elternteil – zumeist die Mutter –mit einem neuen Partner zusammen lebt.Lediglich in 20 Prozent der neuen Fällelebten die beiden Elternteile nochzusammen (vgl. Abb. 7). Zum Vergleich:Der Anteil der Alleinerziehenden an allenFamilienformen mit Kindern liegt lautAngaben des Mikrozensus 2007 bei 18Prozent.

Abb. 7: Begonnene Maßnahmen derHeimerziehung* nach Familienstatus

(Deutschland; 2007; begonnene Hilfen;Anteile in %)

Page 21: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 21/26

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; Angaben ohne die stationärdurchgeführten ‚27er-Hilfen’; N = 28.706.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

Der Anteil der Familien, denen eine Hilfezur Erziehung (ohne Erziehungsberatung)gewährt wird und die zugleichTransferleistungen beziehen, liegt beiknapp 59 Prozent. (Transferleistungensind hier: Arbeitslosengeld II auch inVerbindung mit dem Sozialgeld, diebedarfsorientierte Grundsicherung imAlter und bei Erwerbsminderung imRahmen der Sozialhilfe oder auch derKinderzuschlag.) Je nach Hilfeartschwankt dieser Wert zwischen 48Prozent (Erziehungsbeistandschaft) aufder einen und 73 Prozent (Vollzeitpflege)auf der anderen Seite. Für dieHeimerziehung liegt dieser Wert bei 58

Page 22: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 22/26

Prozent. Demgegenüber liegt der Anteilder Familien mit Bezug vonTransferleistungen in derErziehungsberatung bei lediglich knapp17 Prozent.

Die bereits genannte Durchschnittszahlvon 59 Prozent, die einenTransfergeldbezug aufweisen und denengleichzeitig eine Hilfe zur Erziehunggewährt wird (ohne Erziehungsberatung),erhöht sich noch einmal deutlich bei derGruppe der Alleinerziehenden. Insgesamtsind über alle Hilfen betrachtet 70Prozent der Alleinerziehenden, die eineentsprechende Leistung in Anspruchnehmen, gleichzeitigTransfergeldempfänger. Je nach Hilfeartschwankt dieser Anteil zwischen 58Prozent bei denErziehungsbeistandschaften und 78Prozent bei der Vollzeitpflege. Für dieHeimerziehung liegt dieser Wert bei 70Prozent.

Verdeutlicht wird hiermit, dassinsbesondere Alleinerziehende durchzusätzliche Belastungen in Form vonfehlenden materiellen Ressourcen stärkerunter Druck geraten. DieWahrscheinlichkeit negativerAuswirkungen auf dasErziehungsgeschehen steigt dadurch. Fürdie Heimerziehung heißt das: Währendbei zusammen lebenden Eltern der Anteilder Maßnahmen der Heimerziehung in

Page 23: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 23/26

Anspruch nehmenden Familien miteinem Transfergeldbezug bei 49 Prozentliegt, so ist die vergleichbare Quote für dieAlleinerziehendenfamilien von 70Prozent erheblich höher (vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Anteil der Familien mit einemBezug von Transferleistungen* nachFamilienstatus bei der Gewährung vonMaßnahmen der Heimerziehung**

(Deutschland; 2007; in %)

* Mit Transferleistungen sind gemeint: ALGII, Grundsicherung (Alter o.Erwerbsminderung), Sozialhilfe,Kinderzuschlag.

** Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; Angaben ohne die stationärdurchgeführten ‚27er-Hilfen’; N = 28.706.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

Es zeigt sich also, dass die Hilfen zurErziehung im Allgemeinen sowie dieHeimerziehung im Besonderen ganzoffenkundig notwendigeUnterstützungsleistungen für Familien inschwierigen Lebenskonstellationen sind.Der Ausfall eines oder beider Elternteile,

Page 24: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 24/26

die Trennung und Scheidung, aber auchdie Folgen von fehlenden materiellenRessourcen sowie damit verbundeneAusgrenzungsprozesse stellenLebenslagen dar, in denen eine Hilfe zurErziehung überproportional häufig diefamiliäre Erziehung unterstützt, nichtselten aber auch – wie im Falle derHeimerziehung – ersetzt.

8. Migrationshintergrund

Allein die Tatsache, dass jemand einenMigrationshintergrund aufweist, ist fürsich betrachtet sicherlich keinhinreichendes Merkmal für eine prekäreLebenslage, die womöglich noch für dasAufwachsen von jungen Menschen mitbesonderen Risiken behaftet sein soll.Gleichwohl zeigen die Daten diverserSozialstatistiken, dass derMigrationsstatus nach wie vor einediskriminierende Einflussvariable für dasAufwachsen von Kindern undJugendlichen sein kann.

Somit stellt sich die Frage, inwiefernHilfen der Heimerziehung besondershäufig von Eltern mit einer ausländischenHerkunft in Anspruch genommenwerden. Allerdings wird mit Blick auf dieZahlen schnell deutlich, dass dies nichtder Fall ist. Während insgesamt der Anteilder Minderjährigen mit einemMigrationshintergrund – laut

Page 25: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 25/26

Mikrozensus 2006 – bei etwa 27 Prozentliegt, haben von den rund 28.700 neuenFällen von Heimerziehung knapp 6.700Eltern mit einer ausländischen Herkunft.Das entspricht einem Anteil von nur rund23 Prozent.

Abb. 9: Junge Menschen in derHeimerziehung* mit einemMigrationshintergrund**

(Deutschland; 2007; begonnene Hilfen)

* Einschließlich der Hilfen für jungeVolljährige; Angaben ohne die stationärdurchgeführten ‚27er-Hilfen’; N = 28.706.

** Der Migrationshintergrund wird hiererfasst über das Herkunftsland der Eltern.Zum Vergleich: Laut Mikrozensus 2006 lagbei den Minderjährigen der Anteil derPersonen mit einemMigrationshintergrund bei 27 Prozent.

Quelle: Statistisches Bundesamt:Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe –Erzieherische Hilfen, 2007

Bewertungen zu diesen Befunden müssensicherlich noch sehr vorsichtig ausfallen.Hierzu werden weitere Analysennotwendig sein, um so die Befunde besserin den fachlichen Diskurs um

Page 26: Auf einen Blick - · PDF filefamilienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die ... die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der

30.7.2017 DJI - Auf einen Blick

https://www.dji.de/nc/themen/dji-top-themen/dji-online-oktober-2009hilflos-und-ueberfordert-wenn-erziehung-scheitert-und-kinder-ins-heim-kom… 26/26

URL: ###URL###

###LINKS###

© 2017 DJI

interkulturelle Kompetenzen oder auchmigrationssensibles Handeln der Kinder-und Jugendhilfe einzubinden. Allerdingszeigt sich schon jetzt, dass mit demverfügbaren Datenmaterial weitausverlässlicher die Inanspruchnahmeerzieherischer Hilfen durch Familien mitMigrationshintergrund beobachtetwerden kann als zuvor mit dem MerkmalStaatsangehörigkeit.

DJI Online / Stand: 1.Oktober 2009