Aufenthaltsrechtliche Situation afghanischer...

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Aufenthaltsrechtliche Situation afghanischer Geflüchteter Rechtlicher Input Regensburg 20.01.2017 Rechtsanwältin Petra Haubner Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

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Aufenthaltsrechtliche Situation

afghanischer Geflüchteter

Rechtlicher Input

Regensburg 20.01.2017

Rechtsanwältin Petra Haubner

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Überblick

• Anerkannte und Personen im laufenden Asylverfahren

• Bescheidpraxis BAMF und Rechtsprechung zu Afghanistan

• Hilfe während des Asylverfahrens zur Erlangung eines positiven Bescheides

• Verfahren nach Ablehnung

• Aufenthaltssicherung nach rechtskräftiger Ablehnung

• Aktueller Stand: Abschiebungen ohne Pass?

• Empfehlungen für rechtskräftig abgelehnte Afghanen

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Anerkannte und Personen im laufenden Verfahren

Keine Abschiebung befürchten müssen• Anerkannte Flüchtlinge, 3 Jahre Aufenthalt, wird verlängert,

unbefristete AE nach 3 oder 5 Jahren möglich• Subsidiär Schutzberechtigte, 1 Jahr Aufenthalt, dann 2 Jahre, dann

nochmal 2 Jahre, dann unbefristete AE möglich• Personen mit Abschiebungsverbot, 1 Jahr Aufenthalt, dann 2 Jahre,

dann nochmal 2 Jahre, dann unbefristete AE möglich• Familien und Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern (egal

welcher Status)• Personen mit anderen Aufenthaltserlaubnissen• Personen im laufenden Asylgerichtsverfahren mit

Aufenthaltsgestattung• Unbegleitete Minderjährige (egal welcher Status)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Bescheidpraxis BAMF und Rechtsprechung zu Afghanistan

• Alleinstehende Frauen: in der Regel mindestens Abschiebungsverbot, § 60 Abs. 5 AufenthG

• Alleinerziehende und Familien mit minderjährigen Kindern: in der Regel mindestens Abschiebungsverbot, § 60 Abs. 5 AufenthG

• Besonders Schutzbedürftige (Schwerkranke, Alte, Menschen mit Behinderungen): in der Regel mindestens Abschiebungsverbot, § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG

• Unbegleitete Minderjährige ohne Familie in Afghanistan: subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbot

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Bescheidpraxis BAMF und Rechtsprechung zur Afghanistan

• junge, gesunde, alleinstehende Männer: ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof: Versorgungs- und Sicherheitssituation in Kabul und einigen anderen Städten ist gerade noch ok (auch wenn keine unterstützenden Familienangehörigen mehr da sind), Leben „am Rande des Existenzminimums“ möglich und zumutbar

• Keine Abschiebungen bei unbegleiteten minderjährigen Afghanen, aber evtl. Problem nach Eintritt Volljährigkeit

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Hilfe während des Asylverfahrens

• Ausführliche und gründliche Anhörungsvorbereitung und evtl. - begleitung(§14 VwVfG) organisieren (Glaubwürdigkeit!), möglichst früh, nicht erst nach Erhalt der Ladung

• Beweismittel nachfragen und beschaffen• Nachbereitung der Anhörung, Überprüfung

Protokoll, Beweismittel nachreichen• Bei Erkrankungen medizinische Behandlung und

verwertbare Atteste organisieren, möglichst früh• Adressänderungen BAMF immer sofort mitteilen

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Anforderungen an ärztliche Atteste

• Facharzt,-ärztin oder

psychologische*r Psychotherapeut*in

• Dauer und Termine der Behandlung

• Schwere der Erkrankung, Behandlungsbedürftigkeit, Behandlungsverlauf (Medikation, Therapie)

• PTBS: Feststellungen zum trauma-auslösenden Ereignis (Abgleich mit Verfolgungsgeschichte)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Anforderungen an ärztliche Atteste

• Ist die Erkrankung im Herkunftsland behandelbar (Medikamente und Therapie erhältlich und finanzierbar)?

• Was passiert bei einem Abbruch der Behandlung und ist mit einer wesentlichen (lebensbedrohlichen, zumindest schwerwiegenden) Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei einer Abschiebung zu rechnen (Lebensgefahr, Suizidgefahr)?

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Verfahren nach Ablehnunggerichtliches Verfahren

• Erfolgsaussichten Klageverfahren prüfen lassen (während des Klageverfahrens wird der Bescheid nicht bestandskräftig und man ist nicht vollziehbar ausreisepflichtig)

• Klagefrist in der Regel 2 Wochen ab Zustellung

• Kein Anwaltszwang

• Klageverfahren kann 6 bis 12 Monate, manchmal auch länger dauern

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Verfahren nach Ablehnungbehördliches Verfahren

• Zuständigkeit für weiteres Verfahren nun bei der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) der Regierung

(nicht mehr Stadt bzw. Landratsamt)

• Aufforderung, Aufenthaltsgestattung abzugeben

• Aufforderung, Antrag auf Duldung abzugeben, meist gleichzeitig mit PEP-Antrag: Antrag auf Beschaffung eines Passersatzpapieres

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Verfahren nach Ablehnungbehördliches Verfahren

• Ausstellung einer Duldung in der Regel nur für 1 Monat

• Bei Weigerung, PEP-Antrag oder Passantrag abzugeben, wird oft auch keine Duldung ausgestellt

• Aufforderung, den afghanischen Pass zu beantragen und vorzulegen

• Mitteilung eines Termins beim afghanischen Konsulat oder der Botschaft zur Passbeantragung

• Druck zur freiwillige Ausreise, Rückkehrberatung

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Verfahren nach Ablehnungbehördliches Verfahren

Bei mangelnder Mitwirkung drohen:

• polizeiliche Zwangsvorführung bei der Botschaft

• Nichterteilung bzw. Entzug der Arbeitserlaubnis

• Kürzung der Sozialleistungen ( dagegen besteht eine Klagemöglichkeit)

• Strafanzeige und Strafverfahren wegen unerlaubten Aufenthaltes ohne Pass

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Aufenthaltssicherung nach rechtskräftiger Ablehnung

Übersicht:• Folgeantrag• Duldung• Ausbildungsduldung• Familiäre Aufenthaltserlaubnisse• § 25a oder § 25b AufenthG (Integration)• § 18a AufenthG (Ausbildung)• § 25a AufenthG

(dauerhafte Nicht-Reisefähigkeit)• § 23a AufenthG (Härtefallkommission)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Folgeantrag

Folgeantrag (d.h. zweiter Asylantrag) macht nur Sinn, wenn es etwas Neues gibt, z.B.:

• Änderungen im Herkunftsland (Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan reicht noch nicht aus)

• Persönliche Veränderungen (schwerwiegende Erkrankungen, Konversion zum Christentum)

• Neue Beweise (Taliban-Drohbriefe usw.)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Duldung

• Keine Aufenthaltserlaubnis, nur vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, wenn diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, z.B. weil kein Pass da ist, weil eine Erkrankung besteht, weil ein Kind geboren wurde, das einen Aufenthalt vermitteln kann

• Mitwirkungspflicht (zur Passbeschaffung) bleibt bestehen

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

AusbildungsduldungIst zu erteilen (also Anspruch auf Duldung) bei

• Qualifizierter Berufsausbildung in staatlich anerkanntem bzw. vergleichbarem Ausbildungsberuf (mindestens 2 Jahre, BBiG, HWO)

• Bevorstehender oder bereits erfolgter Aufnahme der Ausbildung (abgeschlossener Ausbildungsvertrag)

• Keine bevorstehende Aufenthaltsbeendigung (Bay. Innenministerium versteht darunter aber bereits die erste Einladung nach Ablehnung zur Identitätsklärung bzw. Passbeschaffung )

• Keine Straffälligkeit über 50 TS (allg. Strafrecht) bzw. 90 TS (Ausländerstrafrecht)

• Pass oder zumindest Identitätsklärung, Passantrag gestellt

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Keine Ausbildungsduldung

• im noch laufenden Asylverfahren / Asylgerichtsverfahren (da noch keine vollziehbare Ausreisepflicht, weiterhin Aufenthaltsgestattung)

• bei Rücknahme des Asylantrages• bei sog. Visa-Overstayern• bei illegal Aufhältigen• bei Geduldeten aus sicheren Herkunftsstaaten und

Antrag nach dem 31.08.2015• bei Abbruch der Ausbildung (Duldung erlischt, wenn

innerhalb von 6 Monaten keine neue Ausbildungsstelle gefunden wird)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Aufenthaltserlaubnisseaus familiären Gründen

• Geplante Eheschließung / Verpartnerung mit Deutscher*m bzw. Unionsbürger*in bzw. Person mit Aufenthaltserlaubnis: Vorbereitungen reichen nicht, Eheschließungstermin muss feststehen

• Erfolgte Heirat / Verpartnerung mit Deutscher*m bzw. Unionsbürger*in bzw. Person mit Aufenthaltserlaubnis

• Geburt eines deutschen Kindes oder eines Kindes mit Aufenthaltserlaubnis

• Adoption von Minderjährigen

(kein Aufenthalt dadurch für Volljährige)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

§ 25a AufenthG

Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche undHeranwachsende mit Duldung, wenn

• seit 4 Jahren in Deutschland

• 4 Jahre Schulbesuch oder Schulabschluss

• Pass, Identität geklärt

• Antrag muss zwischen 14 und 21 Jahren gestellt werden

• Aufenthalt damit evtl. auch für Eltern und minderjährige Geschwister

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

§ 25b AufenthG

Bleiberecht für gut integrierte Erwachsene

• Seit 8 Jahren in Deutschland, seit 6 Jahren, wenn Kind in häuslicher Gemeinschaft

• Möglichst keine Straftaten

• Mündliche Deutschkenntnisse A2

• Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit gesichert

• Pass

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

§ 18a AufenthG

• abgeschlossene berufliche Ausbildung

• Arbeit in diesem Bereich, konkretes Arbeitsangebot reicht

• Wohnraum

• Sprachkenntnisse B1

• Keine größeren Straftaten (50 TS/90 TS)

• Pass

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

§ 25 Abs. 5 AufenthG

Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis z.B. bei dauerhafter Reiseunfähigkeit

• Qualifizierte ärztliche Bescheinigung

• Unverzügliche Vorlage

• Meistens amtsärztliche Untersuchung

• Pass

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

§ 23a AufenthG

Aufenthaltserlaubnis durch den Innenminister bei Zustimmung der Härtefallkommission

• längerer Aufenthalt, gute Integration, gute Deutschkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung

• Ausschlussgründe u.a.: Vorstrafen, ungeklärte Identität u.a.

• Verfahren auf der Internetseite des Bayerischen Innenministeriums

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Abschiebungen ohne Pass?

• waren bis 14.12.2016 nicht erfolgt

• aber zuletzt Vereinbarungen der EU und Deutschlands mit Afghanistan: Abschiebungen sollen in Zukunft auch mit „EU travelling paperfor return“ oder „Laissez-Passer“ erfolgen können

• Abschiebungen am 14.12.2016 angeblich teilweise auch ohne Pass erfolgt

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau

Empfehlungen für rechtskräftig abgelehnte Afghanen

• weiter Deutsch lernen

• Ausbildungsstelle, Arbeitsplatz suchen

• Bei Arbeitsverbot: ehrenamtliche Tätigkeit suchen

• Hobby im Verein (Musik, Sport, Wasserwacht, Feuerwehr, Naturschutz)

• Beratung in asylrechtlich spezialisierter Kanzlei und ggfls. Vertretung

• Rückkehrberatung für „freiwillige Ausreise“ (???)

Rechtsanwältin Petra Haubner, Passau