Aufklärung und Prävention pun in Jugendverbänden · bereits im Jugendalter sexuell deviante...

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4/05 Landesjugendring Hamburg e.V. Sexualisierte Gewalt Aufklärung und Prävention in Jugendverbänden punktum.

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Landesjugendring Hamburg e.V.

Sexualisierte GewaltAufklärung und Prävention in Jugendverbänden

punktum.

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punktum ist die vierteljährliche Publikation des Landesjugendringes

Hamburg e.V. Die Redaktion behält es sich vor, Beiträge zu kürzen.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors,

aber nicht unbedingt die Meinung des Vorstandes wieder.

Redaktion: Jürgen Garbers Layout und Gestaltung: Raul Roßmann

Photos: (soweit nicht namentlich gekennzeichnet): Jürgen Garbers

(LJR). V.i.S.d.P.: Anne Fritzler c/o LJR, Güntherstraße 34, 22087

Hamburg. Preis im Mitgliedsbeitrag inbegriffen.

Verlag: Landesjugendring Hamburg e.V.; Güntherstr. 34,

22087 Hamburg; Tel.: 31 79 61 14; Fax: 31 79 61 80; [email protected];

www.ljr-hh.de. Auflage: 2.100 Exemplare

Druck: Nehr & Co. GmbH, Antonie-Möbis-Weg 3, 22523 Hamburg;

gedruckt auf umweltfreundlichem Papier.

ueller Gewalt in Jugendverbänden; in der punk-tum-Ausgabe von 2002 wurde sexueller Miss-brauch aus psychoanalytischer Sicht themati-siert. Der damalige Titelbeitrag von Dr. ChristianFoth, praktizierender Psychoanalytiker in Ham-burg, beschreibt die Dimensionen kindlicher undjugendlicher Sexualität, deren Missbrauch unddie traumatischen Folgen sexueller Gewalt – undhat daher nichts an seiner Aktualität verloren.Wer – in Ergänzung zu dieser Ausgabe – diesengrundlegenden Aufsatz nachlesen möchte, findetihn auf der LJR-website unter www.ljr-hh.de impunktum-Archiv.

ren. Nach Ausflügen in's Fußball- und Basketball-Metier ist nunmehr Karate der Sport seiner Wahl.Sein Vorgänger auf der LJR-Zivistelle war be-kanntlich Boxer. »Nicht zwingend« will derLandesjugendring nun diese Linie der Kampf-sportler in seinen Reihen fortschreiben (auchwenn es sein Schaden nicht ist), gewiß aber dieBesetzung der Zivildienststelle. Für die Zeit abMai oder Juni 2006 freut sich der LJR aufBewerbungen.

Danke, HASPA. Eine Spende der HASPA, demLandesjugendring überreicht in der Form einesSparbuches, wurde jetzt »materialisiert«: ImHaus für Jugendverbände in der Güntherstr. 34entstand eine multifunktionale Schrankwand fürMedien, die von den Elbewerkstätten als Einzel-anfertigung realisiert worden ist. (jg)

Lesehinweis. Der Schwerpunkt diesesHeftes »Sexualisierte Ge-walt« war bereits inpunktum 2-02 Thema.Allein mit anderer Ge-wichtung: diesmal fokus-sieren die Beiträge vonFuchs, Sachs und Stein-bach die Prävention sex-

Neuer Zivi.Danach kommt was Tech-nisches, sagt Qing Zhou(21 Jahre), der neueZivildienstleistende beimL a n d e s j u g e n d r i n g .Entweder Maschinenbauoder Elektrotechnik willer nach Ende seiner Zivi-Zeit im Mai 2006 studie-

HausTickerKommentar

Kampf dem Papiertieger!Anne Fritzler, LJR-Vorsitzende

Titelthema: Sexualisierte Gewalt – Aufklärung undPrävention in Jugendverbänden

Sexualisierte GewaltEin Thema auf Kinder- und JugendfreizeitenKai Sachs, Deutsche Gesellschaft gegenKindesmisshndlung und -vernachlässigung,und Heinz Fuchs, EvangelischerEntwicklungsdienst

Ein Netz für mehr Sicherheit knüpfenDas Projekt PräTect zur Prävention sexuellerGewalt des Bayerischen JugendringsBeate Steinbach, Bayerischer Jugendring

KICK – Jugendverbände zwischenFormalismus und ChanceDas Kinder- undJugendhilfeweiterentwicklungsgesetz undseine Auswirkungen für dieJugendverbandsarbeitChristian Weis, Deutscher Bundesjugendring

Sexualisierte Gewalt als Thema inJugendverbändenAufklärung – Prävention – Gegenstrategien 25. u. 26.11.2005 Haus der Jugend »Stintfang«

KICK and Rush in Hamburg Oder: Irritationen im Spielverlauf bei der Einführung des neuen GesetzesMarc Buttler, LJR Hamburg

Vorsicht, Vielfalt!

Neuaufstellung des LJR-Vorstandes: Abschied, Neu- und Wiederwahl plus InterregnumBericht von der LJR-Vollversammlung am20. Oktober 2005Jürgen Garbers, LJR Hamburg

Viva Hamburg – León ! Der Jugendaustausch der Partnerstädte im15. JahrRebecca Liepert, Arbeitsgemeinschaft freier Jugendverbände

Nachrichten ...

Never Ending Story? Zum Stand der Dinge im Rechtsstreit um den Jugendhilfeausschuss in HarburgMarc Buttler, LJR Hamburg

Alternative Stadtrundfahrten –Mitteilungen

TerminTicker

Inhalt

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Impressum

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Weitere Papiertiger werden nicht benötigt! Sondern ehrenamtlich enga-gierte Jugendliche brauchen einen Nachweis über ihr Engagement, dereinen konkreten Nutzen enthält!

Ehrenamtliches Engagement spielt in vielen Bereichen unserer Gesell-schaft eine wesentliche Rolle. Das Engagement der Jugendlichen kann nichthinweggedacht werden, wenn es darum geht, gesellschaftliche Institu-tionen mit Leben zu füllen. Zudem wird das DemokratieverständnisJugendlicher durch die Übernahme von Verantwortung und die Beteiligungan gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen gestärkt.So erhalten die Jugendlichen durch die Tätigkeitspraxis und die Aus- undFortbildung neben fachspezifischem Wissen gerade Kompetenzen in denvon Unternehmen immer stärker gefragten Schlüsselqualifikationen wiesoziale Kompetenz, Selbständigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist,Kooperationsfähigkeit etc.

Bisher kann sich ein ehrenamtlich engagierter Jugendlicher bereits jeder-zeit ein Zeugnis über seine Tätigkeit bei dem Verband, in dem er sich enga-giert, ausstellen lassen. Insofern besteht kein Bedarf an einem weiterenPapier, auch wenn es als Zertifikat überschrieben ist, das keine weitereWirkung entfaltet als die eines normalen Zeugnisses. Vielmehr ist es dasAnliegen des LJR, die Position der ehrenamtlich engagierten Jugendlicheninsofern zu verstärken und zu fördern, dass den Jugendlichen aufgrundihres Engagements Vorteile bei der Ausbildungsplatzsuche, ihrer Situationauf dem Arbeitsmarkt oder im Bereich des Studiums erwachsen. Denn wert-lose Zertifikate suggerieren jungen Menschen einen Nutzen, der MangelsAkzeptanz und Bekanntheit nicht eingehalten werden kann. An einer solchen Politik will sich der LJR nicht beteiligen! Sondern wir wol-len zuerst den Nutzen und die Erfolgschancen eines Zertifizierungssystemsausloten, damit die Akzeptanz dann auch bei dem Adressaten, dem Jugend-lichen, feststeht! Denn unbekannte, nicht akzeptierte oder wirkungsloseZertifikate sind nicht nur wertlos und irreführend für alle Beteiligten, viel-mehr können sie zu einer Frustration bei den jungen Menschen führen.

Wege zur Anerkennung. Uns ist es wichtig, zusammen mit großen Ham-burger Unternehmen, den Universitäten und Fachhochschulen in einen ver-trauensvollen Dialog zu treten und dieses Problem anzugehen! Die erstenSchritte auf diesem Weg wurden bereits in Bezug auf das Hochschulamt er-folgreich getätigt. Bei diesen Gesprächen will der LJR sondieren, inwiefern eine ehrenamtlicheTätigkeit von Jugendlichen insbesondere Berücksichtigung finden kann • bei der Lehrstellenvergabe,• bei der Personalauswahl,• bei der Studienplatzvergabe durch die Universitäten

(nicht nur bei pädagogischen Fächern),• bei der Berechnung von Studiengebühren,• bei Überschreitung der Regelstudienzeit.

Wir sind uns dabei unserer Position bewusst und wissen, dass dieser Prozessauch für uns mit einem höheren Grad der Standardisierung und Normierungvon Bildungsprozessen einhergehen kann. Diese Herausforderung nehmenwir aber im Gegenzug zu einem akzeptierten und nutzvollen Zertifikat gerne an!

Alternativlos. Solange allerdings ein klarer Nutzen eines Zertifikats nichtklar erkennbar ist, wird sich der LJR an einer Schaffung eines weiteren Pa-piertigers nicht beteiligen!

Anne Fritzler, LJR-Vorsitzende

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Kampf dem Papiertiger!

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von Kai Sachs, Deutsche Gesellschaft gegenKindesmisshndlung und -vernachlässigung, undHeinz Fuchs, Evangelischer Entwicklungsdienst

Auch wenn es in manchen Bereichen noch im-mer ein Tabu ist und viele es nicht wahr habenwollen: Für viele Mädchen und Jungen gehörtsexualisierte Gewalt zum Alltag. Sie kommt sohäufig vor, dass man davon ausgehen kann,dass in jeder Kindergartengruppe, in jeder Ju-gendgruppe, in jeder Nachbarschaft oder Ver-wandtschaft Kinder zu finden sind, die sexua-lisierte Gewalt erleben oder erlebt haben. DieOpfer sind überwiegend Mädchen, aber auchJungen werden sexuell missbraucht. Nicht sel-ten sind schon sehr kleine Kinder betroffen.Das Ausmaß sexueller Gewalt reicht von klei-nen Grenzüberschreitungen bis hin zu massi-ver Gewaltausübung.

Was ist also sexualisierte Gewalt?

• Sexuelle Gewalt ist immer dann gegeben,wenn Erwachsene oder Jugendliche Mädchenoder Jungen dazu benutzen, ihre Bedürfnissegegenüber anderen zumeist jüngeren oderschwächeren mittels sexualisierter Handlungendurchzusetzen.• Sexuelle Gewalt geschieht in einem Macht-und Abhängigkeitsverhältnis zwischenErwachsenen oder auch älteren Jugendlichenund Kindern. Dabei nutzen die Älteren oderStärkeren ihre Macht über die Jüngeren für dasAusleben eigener Bedürfnisse aus.• Sexuelle Gewalt geht eher von Bekanntenoder Freunden (Sportkameraden, Schulfreundenetc.) des Kindes als von gänzlich Unbekanntenaus.

Ein Thema auf Kinder- und JugendfreizeitenSexualisierte Gewalt

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• Sexuelle Gewalt ist eine durch die Täterin oderden Täter (in der Mehrzahl Männer) geplante,gut vorbereitete und bewusste Tat und keinVersehen oder Ausrutscher.• Sexuelle Gewalt passiert selten einmalig, son-dern wiederholt sich fast immer.

Nach wie vor glauben viele immer noch, dasssexuelle Gewalt nur von Erwachsenen gegenüberKindern und Jugendlichen geschieht. Aus derneueren Forschung und der Praxis wissen wirjedoch, dass Taten sexualisierter Gewalt vielfachauch von Kindern und Jugendlichen unter 21Jahren begangen werden.

Was sind die Hintergründe und wiekommt es zu sexualisiertenGewalttaten?

Ein wesentliches Merkmal sexualisierter Gewaltan Mädchen und Jungen ist die Ausnutzung einesbestehenden Vertrauensverhältnisses und diesystematische Planung der Taten durch die Täter.Jede sexuelle oder sexualisierte Handlung (auchin Form von Worten oder Blicken) unter Aus-nutzung einer Macht-, Autoritäts- oder Vertrau-ensposition ist als sexualisierte Gewalt einzustu-fen. Sie reduziert die Persönlichkeit von Mädchenund Jungen zum Sexualobjekt mit dem Ziel derBefriedigung eigener Bedürfnisse der Täter. DieGrenzen zwischen Pflegehandlungen, Zärtlichkei-ten und angemessenem Umgang mit kindlicherSexualität hin zu Grenzüberschreitungen sindfließend, werden individuell sehr unterschiedlicherlebt bzw. erlitten. Sexualisierte Gewalt gegenMädchen und Jungen ist kein aggressiverAusdruck von Sexualität, sondern der sexuelleAusdruck von Aggression, Feindseligkeit und

Macht auf Grundlagen der hierarchischen – in derRegel patriarchalen – Verhältnisse zwischen denGeschlechtern.Wir sprechen in diesem Zusammenhang von sexu-alisierter Gewalt, da der Hauptaspekt der Tatenim Bereich der Gewalt liegt. Es wird Gewaltgegenüber Schwächeren oder Abhängigen ausge-übt und dies durch sexualisierte Handlungen. Esbetrifft als Opfer besonders Mädchen und Jungenvon Geburt an und Frauen unabhängig vom Alter.Demgegenüber sind die meisten Täter Männer.Dafür sind bestehende gesellschaftliche Macht-strukturen und die nach wie vor traditionellemännliche Sozialisation als ein wesentlicherBedingungsfaktor zu nennen. Diese Tatsachenbegründet auch, warum im folgenden Text fürTäter grundsätzlich die männliche Schreibformgewählt wird.

Wichtig ist die Feststellung, dass es sich beisexualisierter Gewalt nicht um eine Spontantathandelt, sondern immer um eine geplante bzw.gesteuerte Handlung. Die sexualisierte Gewaltwird zumeist über einen längeren Zeitraum aus-geübt (häufig über Jahre) und oft vergeht sichder Täter an mehreren Kindern oder Frauen. Op-fer und Täter kennen sich in den meisten Fällen,

»Sexualisierte Gewalt gegen Mädchenund Jungen ist kein aggressiverAusdruck von Sexualität, sondern dersexuelle Ausdruck von Aggression,Feindseligkeit und Macht aufGrundlagen der hierarchischen - in der Regel patriarchalen - Verhältnissezwischen den Geschlechtern.«

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oder leben sogar im gleichen familiären/sozialenNahraum. Bei Kindern spielt bis zu einem be-stimmten Alter das Geschlecht eine untergeord-nete Rolle, das heißt, es trifft sowohl Jungen alsauch Mädchen, auch wenn mehr Mädchen betrof-fen sind.

Da Orte des Missbrauchs bzw. der Gewalt in derüberwiegenden Anzahl der Fälle die des sozialenNahraums sind, spielen die Fremdtäter eine sehruntergeordnete Rolle. Familie bzw. familialeStrukturen und deren Umgebung können daherauch als besonders gefährdeter Raum – Umge-bung, die besondere Beachtung braucht – be-zeichnet werden. Dies insbesondere unter demAspekt, dass in Familien am meisten Machtmiss-brauch, Gewalttaten und Ausbeutung stattfinden. Die Täter kommen aus allen sozialen Schichten,unabhängig von kulturellem Hintergrund, Haut-farbe oder Bildungsstand.

Wie notwendig jedoch auch die Auseinander-setzung mit kindlichen und jugendlichen Täternist, wird schon durch die Tatsache unterstrichen,dass etwa ein Drittel aller Delikte gegen die sexu-elle Selbstbestimmung von kindlichen und ju-gendlichen Tätern verübt wird, die meist mehrereOpfer haben. Viele erwachsene Missbrauchstäterhatten schon vor ihrem zehnten Lebensjahr aufKinder bezogene deviante sexuelle Fantasien undbereits im Jugendalter sexuell deviante In-teressen oder Handlungen getätigt.

Hierbei zeigt sich, dass viele Erwachsene – auchPädagogen und Erziehungsverantwortliche – da-zu neigen, sexuell übergriffige Verhaltensweisenzu bagatellisieren. Wenn Jungen Mädchen an dieBrüste oder anderen Jungen an die Hoden grei-fen, ist das nicht pubertäres Gehabe. Es machtdie Betroffenen zu Opfern und demütigt sie. Auchsexistische Sprüche gegenüber anderen sind tiefverletzend und haben Folgen. Das bedeutet, dassGegenmaßnahmen schon sehr früh einsetzenmüssen. Dabei sind reine Strafmaßnahmen keinegeeigneten Instrumente. Wirkungsvoller undnotwendiger gerade bei jüngeren Tätern ist diegezielte Ansprache, das Grenzen setzen und diepädagogische und /oder therapeutische Betreu-ung zur Entwicklung von Verantwortungsüber-nahme und anderer sozialer Umgangsweisen.

Ein wesentlicher Teil der Täterstrategie ist es,dass das Opfer schweigt. Um das sicherzustel-len, wenden die Täter mannigfaltige Erpressungs-methoden an, zum Beispiel: »Wenn Du es deinenEltern erzählst, werden sie ganz böse werden,dass du das mit mir machst«. Dabei spekulierendie Täter auf die besondere Abhängigkeit desKindes von seinen Eltern und die Angst davor,diese zu verlieren oder von ihnen bestraft zuwerden.

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gang mit Männern und Frauen. Dazu gehört auch,öffentliche Auseinandersetzungen mit anderenMännern über die Fragen der Grenzziehung undVerantwortungsübernahme im Bereich desUmgangs mit Kindern zu führen. Männer sollenpositive Vorbilder für Jungen werden und andereVerhaltensweisen vorleben. Sie sollen lebens-weltbezogen dort ansetzen, wo Männer undJungen Defizite für sich erkennen und benennensowie ihnen helfen, diese nach ihren Mög-lichkeiten zu vermindern. Pädagogen/innen undLehrer/innen können Jungen helfen, andere alsdie herkömmlichen Sozialisationsziele zu ver-wirklichen. Sie können Stärken der Jungen posi-tiv benennen und bewerten und verantwortungs-volles Umgehen mit Abhängigkeit und Macht ver-mitteln.Im Rahmen der Täterinnenprävention gilt fürFrauen in diesem Falle das Gleiche.Allgemein müssen Sexualpädagogik und dasöffentliche Gespräch über Sexualität in einememanzipatorischen Sinne gefördert werden.Konkret vorgelebte, positive, sich gegenseitigachtende Sexualität ist auch als Täterpräventionzu sehen. Sie dient der Enttabuisierung und bie-tet die Möglichkeit, Fragen zu stellen undGespräche zu führen. Situationen der Hilflosig-keit können zwar nicht vermieden, aber derUmgang damit doch erleichtert werden.

In dieser Zweigleisigkeit liegt neben vielenChancen auch ein großes Problem begründet.Während Opferprävention überwiegend auf Stär-kung und Selbstbehauptung ausgerichtet ist,wird bei Täterprävention das Augenmerk mehrauf den Umgang mit anderen gerichtet. Es sollensoziale Kompetenzen wie Empathie, Fürsorge undsoziales Handeln geübt und erweitert werden.Dies darf jedoch nicht heißen, dass die Bereiche›Selbstvertrauen stärken‹ und ›Selbstbewusst-sein entwickeln‹ gänzlich fallen gelassen werden.Auch der Zugang auf Jungen nur unter demAspekt der eventuellen späteren Täterschaft lässtkeinen positiv zu gestaltenden Umgang zu undwird bei den Teilnehmern eher auf Ablehnungstoßen. Dennoch ist gerade der Umgang mitschon auftretenden Täterverhaltensweisen einegute Möglichkeit zu thematisieren, warum Prä-vention geschehen sollte und welche Alterna-tiven vorhanden sind.

Schwierig ist hier die Gratwanderung zwischen›Verstehen-wollen‹ und ›Begreifen-wollen‹ derHintergründe und der klaren moralischen Posi-tion der Verurteilung von Handlungen und Taten,die grenzüberschreitend sind. Diese Sanktionie-rungen bzw. Verurteilungen von grenzüberschrei-tenden Handlungen und moralisch zu verurtei-lenden Haltungen sind wichtig, auch wenn derjugendliche Mann oder der Junge nicht schon alsTäter zu bezeichnen ist. Er zeigt jedoch Verhal-

Sie vermitteln den Kindern Schuldgefühle undschieben ihnen die Verantwortung für den Miss-brauch zu. Aus diesen Verstrickungen könnenbesonders kindliche Opfer schwer ausbrechen.

In dieser Situation stehen Kinder- und Jugend-organisationen ebenso wie Jugendreiseveran-stalter und Feriendienste vor herausforderndenAufgaben im präventiven Bereich. Auch wenn siezunächst »nur« mit erhöhter Sensibilität für dieProblematik und keinesfalls als Therapeutenagieren sollten, sind wichtige präventive Beiträ-ge der freien Jugendverbände und -organisatio-nen möglich und gefordert.

Prävention ist wichtig, möglich und nötig und muss immer auf zweiEbenen geschehen

a) Es soll verhindert werden, dass Jungen oderMädchen Opfer sexualisierter Gewalt werden(Opferprävention).b) Jungen und Männer (auch Mädchen undFrauen) sollen keine Täter werden.

Opferprävention bedeutet: Stärken betonen undausbauen, Selbstbewusstsein stärken und klar-machen, dass insbesondere Mädchen ein Rechtauf ihren eigenen Körper und die Selbstbestim-mung darüber haben, auch wenn dies manchmalden gesellschaftlichen Bedingungen nicht ent-spricht. Für Jungen soll Prävention auch beinhal-ten, dass neben den Angeboten, wie sie für Mäd-chen erforderlich sind, altersspezifische Ange-bote und Programme angeboten werden, dieHilfestellungen geben, den eigenen Emotionenzu vertrauen und die Stärken der Jungen zu för-dern. Ihre Probleme und Sorgen sollen ernst ge-nommen werden. Es muss anerkannt werden,dass Jungen auch Opfer sind und – bezogen aufjunge erwachsene Männer – dass sie bereitsOpfererfahrungen haben können und diese ak-zeptierend in ihre Persönlichkeit integrieren kön-nen sollen.Täterprävention zielt auf die Erkenntnis, dassMänner (und Frauen) internalisierte, kulturellvermittelte Sperren gegen ihre eigene Gewalt-tätigkeit haben. Solche Sperren können in Übun-gen den Männern (und Frauen) sichtbar gemachtwerden. Diese gilt es positiv zu bewerten undauszubauen. Sollten Männer oder Frauen jedochbereits Opfer sexualisierter Gewalt gewesen sein,so muss dies zu allererst aufgearbeitet werden.Hierzu ist professionelle Unterstützung dringenderforderlich. Bei Männern ist es z.B. notwendig, frauenfeindli-ches Verhalten zu sanktionieren. Weitere Zielesind: Klare Abgrenzungen zu und Verurteilungvon gewalttätigem und sexistischem Verhalten zu etablieren und zu festigen, der Aufbau von gegenseitig achtenden Verhaltensweisen im Um-

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Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

tensweisen oder Haltungen, die in Täterstruk-turen wieder zu finden bzw. bei Tätern zu findensind. Diesen gilt es möglichst früh Einhalt zugebieten. Hier sind besonders Erzieher/innen ausTagesstätten, Jugendleiter/innen, Kursleiter-/innen in Einrichtungen der Familienbildung undähnlichen Institutionen gefragt Haltung undKonsequenz zu zeigen.

Dennoch müssen beide Ansätze der Präventionsich in der alltäglichen Praxis widerspiegeln.Opferprävention mit den unterschiedlichstenAngeboten auf unterschiedlichsten Ebenen wieElternarbeit, Angebote der Weiterbildung fürMitarbeiter/innen und Angebote für Kinder. Hiersollte ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischenallen Bereichen vorherrschen.

Daneben sollte in Institutionen konkrete Täter-prävention stattfinden. Dieser Ansatz geschiehtbeispielsweise über die Etablierung klarer mora-lischer Vorgaben und Haltungen, die besagen,dass übergriffiges Verhalten nicht geduldet odertoleriert werden darf. Diese Haltung bzw. diesesHandeln bezieht sich bereits auf Verhalten vonkleinen Kindern. Hier sind schon frühzeitig Re-aktionen der Erwachsenen gefragt. Sie müssenStellung beziehen und helfend eingreifen. Damitwird nicht jeder Übergriff als sexueller Miss-brauch bezeichnet, aber Grundhaltungen undFormen des Umgangs werden auch in diesemAlter schon nachhaltig geprägt.

Beiden Ebenen gemeinsam ist jedoch, dass dieErwachsenen immer die volle Verantwortunghaben. Hiermit wird auch deutlich, wie wichtig imSinne lebensweltbezogener Verhältnispräventiondie Zielgruppe der Erwachsenen ist. Diese habenin der Regel die Machtposition zu gestalten unddie Verantwortung für die Inhalte und Formendes Umgangs.In der Prävention gibt es sowohl identische alsauch unterschiedliche Inhalte für Frauen undMänner.Für die präventive Arbeit mit Männern ergebensich aus den Vorüberlegungen folgende inhaltli-che Zielrichtungen:

• Problembewusstsein schaffenMännern muss klar werden, dass die Gewalt in derRegel von Männern ausgeht. Männer sind damitnicht per se Täter. Aber Männern müssen Um-fang, Auswirkungen, Folgen, strukturelle Beding-ungen und einzelne Elemente (Wie sehen die ein-zelnen Schritte und Handlungsweisen aus?) sexu-alisierter Gewalt deutlich und sachlich richtigdargestellt werden. Außerdem sollten Männerwissen, dass sie im Bereich allgemeiner Gewaltdie größte Zahl der Opfer stellen. Männer habendamit im alltäglichen Leben (insbesondere Ju-gendliche und junge Männer) ein deutlich höhe-res Risiko, Opfer einer Gewalttat zu werden alsjunge Frauen oder weibliche Jugendliche.• Anreize zur Veränderung gebenDurch Klarstellung der Problemlage soll Männernein Impuls gegeben werden, sich verändern zuwollen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dassMänner ihre eigenen Defizite und Widersprücheklarer sehen und benennen bzw. für sich und vorandern formulieren, wo sie für sich und eventuellMänner allgemein Veränderungsbedarf sehen undneue Verhaltensweisen entwickeln möchten.• Alternative Handlungsweisen vermittelnGemeinsam neue Möglichkeiten des Umgangs mitsich und anderen entwickeln und erproben. Ins-besondere Konfliktlösungsmöglichkeiten und ver-änderte zwischengeschlechtliche Umgangswei-sen sind wichtig. Formen besseren Umgangs mitsich selbst sind von zentraler Bedeutung.• Verantwortung positiv besetzen und stärkenEs muss deutlich werden, dass Männer im zwi-schenmenschlichen Bereich Verantwortung über-nehmen müssen und dass dies zu einer Berei-cherung werden kann. Es werden damit andereMöglichkeiten des Umgangs und der individuel-len Erfahrung geschaffen. Davon ausgehend, daßTäterschaft vielfach bedeutet Defizite zu haben,müssen andere (im Sinne verantwortungsbewus-ster Umgehensweise) männliche Vorbilder aktivwerden. Jungen haben damit die Möglichkeit,verschiedene Verhaltensweisen und Umgangsfor-men zu erlernen und damit auch Auswahlmög-lichkeiten zu bekommen.• Angebote zur Hilfe kennenDie bestehenden Fachangebote müssen den Ver-antwortlichen bzw. Tätigen in der Jugendarbeitbekannt sein. Hierzu bietet es sich an, die regio-nalen Einrichtungen auch aufzusuchen bzw.deren Adressen und Ansprechmöglichkeiten paratzu haben. Dies auch besonders auf dem Hinter-grund, dass Interventionen bei sexueller Gewaltimmer in Zusammenarbeit mit beratenden undunterstützenden Einrichtungen stattfinden soll-ten.Für Frauen sind einige Punkte übertragbar, aller-dings ergeben sich eher andere Schwerpunkte:• Frauen müssen lernen Grenzen zu setzen undnicht zu viel Verantwortung zu übernehmen. Inder Zuweisung, die Mütter seien an allem schuld,

liegt auch eine Übertragung von ›unendlicher‹Verantwortung für alles, was dann Kinder zuallen Zeiten ihres Lebens tun. Frauen müssen hier auch offiziell Verantwortungablehnen. Hierin liegt eine schwierige Gratwan-derung, da es einerseits um die Verantwortungs-übernahme für die Erziehung und die Kinder um-gebenden Lebensumstände etc. geht, aber ande-rerseits klar werden muss, wo die Grenzen derVerantwortlichkeit liegen. Hier kann es beispiels-weise ein Ziel sein zu verdeutlichen, wie größereAnteile der Verantwortung an Väter bzw. Männerübertragen werden können. Dies wäre dann aucheine Übernahme von Verantwortung, jedochmehr im Sinne von Abgabe derselben. • Für Mädchen bedeutet dies zuzulassen, dasssie selbstbewusst werden und sein dürfen. Es müssen Gegenbilder bzw. erweiterte Bilder zurbisher herkömmlichen Vorstellung von Weiblich-keit und Frausein entstehen und praktiziert wer-den.• Für den Umgang mit Sexualität bedeutet es,mehr dem eigenen Gefühl trauen, wenn etwasnicht stimmt, und danach zu handeln.Bezogen auf die zwischengeschlechtlichen Um-gangsformen …• sollten Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Beziehungen akzeptierend, den und die anderenachtend und gleichberechtigt gestaltet werdenkönnen,

Kai Sachs ist Geschäftsführer der DeutschenGesellschaft gegen Kindesmisshandlung und -vernachlässigung e.V. (DGgVK). Er ist Mitbegrün-der von WIDERSPRUCH für kritisch-solidarischeJungen- und Männerarbeit, einer Beratungs-und Fortbildungseinrichtung zu den Themen-bereichen männliche Opfer von Gewalttaten undOpfer- und Täterprävention

Heinz Fuchs ist Entwicklungspolitischer Refe-rent des Evangelischen Entwicklungsdienstese.V. (EED) und leitet die Arbeitsstelle TOURISMWATCH. Er vertritt den EED bei ECPAT-Deutsch-land e.V. – Arbeitsgemeinschaft zum Schutz vonKindern vor sexueller Ausbeutung, gehört demECPAT-Vorstand an und ist Sprecher der AGTourismus.

Zur Person

»Schwierig ist hier die Gratwanderungzwischen ›Verstehen-wollen‹ und›Begreifen-wollen‹ der Hintergründeund der klaren moralischen Positionder Verurteilung von Handlungen undTaten, die grenzüberschreitend sind.Diese Sanktionierungen bzw. Verurtei-lungen von grenzüberschreitendenHandlungen und moralisch zu verurtei-lenden Haltungen sind wichtig, auchwenn der jugendliche Mann oder der Junge nicht schon als Täter zubezeichnen ist.«

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• sollte der Austausch über Bedürfnisse, Wünscheund Ängste zwischen den Geschlechtern geför-dert werden,• sollte vermittelt werden, wie gute Sexualer-ziehung aussehen könnte, auf deren Basis weite-re präventive Arbeit stattfinden kann,• müsste mehr Wissen über Körper und Seelevermittelt werden, da Männer besonders den Teilder rationalen, wenig emotionalen Verhaltens-weisen im Alltag verstärkt nutzen, und es damitnicht zu einer Integration aller Anteile desMannes kommt.

Diejenigen, die Prävention in dem beschriebenenSinn durchführen oder dazu beitragen wollen,müssen …• sich selbst ihres Vorbildverhaltens bewusstsein,• im Sinne eines positiven Ansatzes präventiverArbeit Veränderungen bewirken wollen,• Freude an der Arbeit mit geschlechtsgetrenn-ten Gruppen und• Freude an der Arbeit mit Heranwachsendenund Erwachsenen haben.

Gemäß dem lebensweltbezogenen, verhältnisprä-ventiven Ansatz ist es notwendig, in allen Berei-chen anzusetzen bzw. selbige als Chance zu nut-zen. Dies schließt sowohl den allgemein politi-schen (bisher durch überwiegend männlicheStrukturen bestimmten) als auch den institutio-nellen (welche Rahmenbedingungen und Hand-lungsspielräume bietet die Institution) sowie denpersönlich-individuellen Bereich (wie kann Täter-oder Opferwerden verhindert werden) mit ein.Als Motivation für den Einstieg bietet sich dieindividuelle Ebene an. Gerade im Bereich sexua-lisierter Gewalt erleben Männer einen Dissenszwischen kognitiven und emotionalen Situa-tionen. Kognitives Wissen (also das Denken überdie männliche Selbsteinschätzung) und Erleben(wie »Mann« fühlt und erlebt, wie er ist und waser möchte) werden als widersprüchlich empfun-den. Aus diesem Empfinden entsteht bei einigenein Wunsch nach Erklärung bzw. Auflösung diesesWiderspruchs. Dies bietet dann die Möglichkeit,eine Motivation für eine weitere Auseinander-setzung zu schaffen. Für Frauen ist es oft derAnsatz über alltägliche Erfahrungen im Umgang

mit dem anderen Geschlecht oder der Nicht-realisierung von eigenen Zielen und Wünschen anZukunft und beruflichen Perspektiven. Dies ge-koppelt mit der alltäglichen Erziehungspraxissind vielfach Ansatzpunkte für Prävention. Wie können nun Kinder- und Jugendreiseveran-stalter sowie Jugendorganisationen dieses Enga-gement und präventive Ansätze in konkreten Ar-beitszusammenhängen verankern und kommuni-zieren? Am besten scheint dies durch eine klarePositionierung nach innen und außen möglich.

Ein Beispiel für eine Leitbilderklä-rung oder Qualitätsbeschreibungkönnte folgendermaßen aussehen:

»Als (christliche/werteorientierte) Jugendorga-nisation engagieren wir uns für die Rechte vonKindern und Minderjährigen – hier bei uns undweltweit. Dabei ist für uns auch die Problematiksexueller Übergriffe und sexualisierter Gewalt anKindern und Jugendlichen kein Tabuthema. Wirwählen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnensorgfältig aus und – neben dem notwendigenHandwerkszeug, das ein Kinder- und Jugendrei-seleiter braucht – schulen wir sie auch in diesemBereich. Besonders tragen wir Sorge, dass Kinderund Jugendliche vor Formen sexualisierterGewalt geschützt sind. Gleichzeitig setzen wir uns weltweit für Kinder-und Menschenrechte ein und engagieren uns fürden Schutz von Kindern vor allen Formen sexuel-ler Ausbeutung; gegen den Handel mit Kindernund ihre Ausbeutung durch Prostitution und Por-nografie.Als längerer Zeitabschnitt ohne Anwesenheitheimischer Erziehungsinstitutionen bildet dieKinder- und Jugendreise eine gute Basis für dasEinüben der eigenen Geschlechterrolle und füreinen neuen, gleichberechtigten und partner-schaftlichen Umgang von Männern und Frauen inder Gesellschaft.«Seitens der Sozialgesetzgebung und des Kinder-und Jugendhilfegesetzes (KJHG) werden Trägerder öffentlichen Jugendhilfe unter dem Gesichts-punkt »Persönlicher Eignung« immer stärker

gefordert und müssen sicherstellen, dass sie kei-ne Personen – ob haupt- oder ehrenamtlich –beschäftigen oder vermitteln, die wegen einerGewalt- oder Sexualstraftat verurteilt wordensind. Eine Qualitätsbeschreibung im Sinne »UnsereMitarbeiter sind persönlich und fachlich geeig-net« ist die eine Seite, dies auch zu gewährleis-ten und bereits bei der Mitarbeitendenauswahl zuberücksichtigen und entsprechende Verfahren zuentwickeln die andere.Vor diesem Hintergrund und darauf aufbau-end könnte eine verbindliche Vereinbarung mithaupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden vonKinder- und Jugendreiseveranstaltern zumSchutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuel-ler Gewalt z.B. so aussehen:»Als Veranstalter von Kinder- und Jugendreisenhaben wir eine Fürsorgepflicht gegenüber Kin-dern und Jugendlichen und ihren Erziehungsbe-rechtigten. Wir sind verantwortlich, dass unsereTeilnehmer und Teilnehmerinnen in ihren Rech-ten respektiert und ihren Bedürfnissen entspre-chend behandelt werden.Wir gewährleisten, dass im Umfeld unserer ReisenBedingungen geschaffen werden, die der sexuel-len Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorbeu-gen. Daher gelten für alle Mitarbeiter und Mitarbei-terinnen folgende verbindliche Regeln:1. Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichenwird als grobes Fehlverhalten verurteilt.2. Sexuelle Handlungen mit Personen unter 18Jahren sind verboten. 3. Sexuelle Verhältnisse zwischen Mitarbeiten-den des Veranstalters und Zielgruppenange-hörigen sind nicht erlaubt.4. Bei begründeten Verdachtsfällen von sexuel-ler Gewalt sind die Verantwortlichen unverzüg-lich zu informieren.5. Hinweise auf Fälle von sexueller Gewaltgegen teilnehmende Kinder und Jugendlichewerden geprüft und ggf. zur Anzeige gebracht.6. Betroffenen Kindern und Jugendlichen sowieihren Angehörigen wird beigestanden.7. Täter/Täterinnen werden unmittelbar von

»Als längerer Zeitabschnitt ohneAnwesenheit heimischer Erziehungs-institutionen, bildet die Kinder- und Jugendreise eine gute Basis fürdas Einüben der eigenen Geschlechter-rolle und für einen neuen, gleich-berechtigten und partnerschaftlichenUmgang von Männern und Frauen in der Gesellschaft.«

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Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

ihren Aufgaben entbunden und auf entspre-chende Hilfeeinrichtungen hingewiesen.«

Die vorgeschlagenen Vertragsvereinbarungenwären ggf. auf die jeweiligen Veranstalter undseine Programme anzupassen und können erwei-tert werden.

Umsetzungsmaßnahmen desVerhaltenskodexes

Um Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewaltzu schützen, sind verschiedene Maßnahmen er-forderlich. Auf Freizeiten und Reisen sind Bedin-gungen und eine »Atmosphäre« zu schaffen, dieden Kindern und Jugendlichen Schutz vor sexuel-ler Gewalt bieten. Indem ein Veranstalter von Kinder- und Jugend-reisen öffentlich Stellung bezieht, dass sexuelleGewalt gegen Kinder und Jugendliche in seinemArbeitsbereich nicht toleriert wird, gibt er poten-tiellen Tätern ein deutliches Signal der Ab-schreckung. Denn ein Täter wird sicherlich einenanderen Veranstalter als Arbeitgeber vorziehen,der sich diesbezüglich nicht äußert. Generell ist eine umfassende und offene Dis-kussion der Problematik der einzige Weg, sexuel-le Gewalt zu bekämpfen. Denn das Wegschauenbietet für Täter den besten Schutz!Das Ziel, Kinder und Jugendliche vor sexuellerGewalt zu schützen, sollte Bestandteil der Leit-linien der Veranstalter werden. Als Teil von Quali-tätskriterien signalisiert die Anwendung einesVerhaltenskodexes u. a. auch Eltern und Erzieh-ungsberechtigten, dass sich der Veranstalter derProblematik der sexuellen Gewalt bewusst unddagegen aktiv ist und erkennbar Verantwortungübernimmt. Elemente des Kodexes für Jugend-reiseveranstalter wären z.B. :

1. Alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiten-den akzeptieren die o. g. Vereinbarungen durchihre Unterschrift.2. Der Veranstalter wird bereits bei der Auswahlder Mitarbeitenden die Motivation der Bewer-ber/innen für ihre Arbeit mit Kindern und Ju-gendlichen sorgfältig prüfen. Denn nachweislichwählen Pädosexuelle oft v. a. Arbeitsbereiche, indenen sie mit Minderjährigen einen engen Kon-takt aufbauen können.3. Der Veranstalter verpflichtet sich, seine Mit-arbeitenden durch Information und Schulungenzu sensibilisieren und zu qualifizieren (Wie er-

kennt man sexuelle Gewalt und wie geht mandamit um?). Dabei ist es besonders wichtig, dar-über aufzuklären, dass auch von den Jugendli-chen selbst sexuelle Gewalt ausgeübt wird. Aus-serdem werden die Mitarbeitenden über dierechtliche Situation sowie über Hintergründeaufgeklärt.4. In der Zusammenarbeit mit Partnergruppenund -organisationen im In- und Ausland und ent-sprechenden Dachorganisationen und Netzwer-ken sollte die Problematik angesprochen und ge-meinsame Handlungsrichtlinien vereinbart wer-den.5. Der Veranstalter reflektiert die durchgeführ-ten Maßnahmen und berichtet regelmäßig überdaraus resultierende Erfahrungen und Schluss-folgerungen.6. Darüber hinaus ist die Sensibilisierung derMitarbeitenden und ggf. der teilnehmenden Kin-der und Jugendlichen über die sexuelle Aus-beutung von Kindern weltweit (z. B. Kinderpros-titution im Tourismus) als eine gesamtgesell-schaftliche Aufgabe zu übernehmen (»Gegen dasWegsehen!«). Jugendliche sind nicht nur Täterund Opfer; sie können selbstbewusste Akteure fürden Schutz von Minderjährigen vor sexueller Ge-walt sein. 7. Prävention zum Schutz vor sexueller Gewalt istin Ziel- und Aufgabenbeschreibung von Jugend-reisen und Ferienprogrammen zu formulieren. Dadie Konfrontation von Kindern mit diesem Themazur einer (Re-)Traumatisierung führen kann, dür-fen nur qualifizierte, einfühlsame und sensibleMitarbeiter/innen eingesetzt werden. BetroffeneKinder oder Jugendliche bzw. ihre Erziehungsbe-rechtigen müssen auf entsprechende Hilfeein-richtungen hingewiesen werden.

Ganzheitliche Prävention in Institutionen/Einrichtungen

Will Prävention sexualisierter Gewalt erfolgreichsein, so sollten neben kognitiven und emotiona-len Fortschritten weitergehende Veränderungensozialer, politischer und struktureller Rahmenbe-dingungen angestrebt werden, als da z.B. wären: • die Gleichstellung von Männern und Frauen inallen Bereichen,• die soziale Ächtung sexualisierter Gewalt,• die Vermittlung von mehr emotionalerBezogenheit der Männer auf sich selbst,• Ermutigung von Männern, ihr Karrierestrebenund ihre Lebensentwürfe zu reflektieren,• Männer animieren, mehr Zeit verbindlich inFamilie, Clique und Freundeskreis zu verbringen,damit sie dort Versorgungs- und andere sozialeFunktionen übernehmen und dabei mehrEmotionalität erleben,• mehr Aufklärung für Männer über ihren Körperund über die Sexualität von Frauen,• Förderung von Empathiefähigkeit.

Es mag so aussehen, als ob unter den oben be-schriebenen Zielvorstellungen und Zustandsbe-schreibungen Prävention im Umfeld der Kinder-und Jugendreisen kaum erfolgreich sein kann.Die oben genannten Ziele sind jedoch in Teil-schritten auf konkreten Ebenen erfüllbar undmüssen für jede einzelne Zielgruppe individuelljeweils in Form und Inhalt abgestimmt werden.Während beispielsweise für Kinder die Stärkungin das eigene Vertrauen und in Gefühle im Vor-dergrund steht, geht es bei Erwachsenen mehrum Fragen der Verantwortungsübernahme undSensibilität für die Wünsche und Bedürfnisse vonKindern. »Kinder stark machen – zu stark für...«– Aber welche Eltern können dann mit den star-ken Kindern umgehen? Dieses Beispiel aus derSuchtprävention macht deutlich, welche Prob-leme in einem einseitig auf Kinder und Jugend-liche ausgerichteten Präventionsansatz liegen.Die Kampagnen in diesem Zusammenhang habendaher auch immer die Erwachsenen und Erzieh-ungsverantwortlichen mit im Blickpunkt derBemühungen.Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichenHerangehensweisen hat deutlich gemacht, dassrein verhaltensorientierte Maßnahmen zu kurzgreifen. Verhalten ist, wie oben erwähnt, viel-schichtig determiniert. Neben kognitiven spielenbesonders emotionale Einflüsse eine Rolle.Selbstwertgefühl und Selbsteinschätzung kom-men nur in Verbindung mit anderen zustande. Daaber Missbrauch keine Spontanhandlung ist,müssen in der Prävention alle Bereiche ange-sprochen werden.

Begreifen wir sexuellen Missbrauch als Formsexualisierter Gewalt, so muss davon ausgegan-gen werden, dass die sexuelle Handlung nur Mit-tel zum Zweck ist. Sie dient der Erniedrigung undDemütigung des Opfers und der eigenen Macht-erhaltung. Darüber hinaus ist davon auszugehen,dass es nicht zu einer erfüllenden »sexuellen Be-friedigung« kommt. Hier zeigen sich dann häufigParallelen zu süchtigem Verhalten. Unbefriedi-gende Lebensbedingungen, fehlende Möglichkei-ten des Verhaltens (Handlungsalternativen),Unbefriedigtsein nach der Missbrauchssituation,die Notwendigkeit der Verdrängung (hier be-sonders das Abtrainieren eines Unrechtsbewusst-seins für die Tat) führen häufig zu zwanghaftenVerhaltenswiederholungen. Die Beschreibung ist

»Die Auseinandersetzung mit unter-schiedlichen Herangehensweisen hatdeutlich gemacht, dass rein verhal-tensorientierte Maßnahmen zu kurzgreifen. Verhalten ist, wie obenerwähnt, vielschichtig determiniert.Neben kognitiven spielen besondersemotionale Einflüsse eine Rolle.«

»Indem ein Veranstalter von Kinder-und Jugendreisen öffentlich Stellungbezieht, dass sexuelle Gewalt gegenKinder und Jugendliche in seinemArbeitsbereich nicht toleriert wird, gibter potentiellen Tätern ein deutlichesSignal der Abschreckung.«

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2. siehe: Kavemann, Barbara/Lohstöter, Ingrid 1991 | Wyre, Ray;

Swift/Anthony 1991 | Elliott, Michelle 1995 | Bange, Dirk/Deegner,

Günther 1996

3. siehe: Barbara Fischer 1999; Bundesministerium für Familie,

Senioren, Frauen und Jugend 1998

4. Lebensweltbezogene Verhältnisprävention meint, die Inhalte der

Arbeit an den Lebenswelten der Betroffenen auszurichten und gemäß

der Verhältnisse in denen sie leben und des entsprechenden Alters-

und sozialen, emotionalen und intellektuellen Standes Angebote zu

gestalten.

5. vgl.: Oelemann, Burkhard 1993

geschlechtsspezifischen Ansätzen an Mädchenund Jungen. Diese Ansprache kann z.B. gesche-hen auf Mitarbeiter/innenbesprechungen, (päda-gogischen) Konferenzen, Elternabenden, undähnlichen Zusammenkünften, auf denen Perso-nen zusammenkommen, die eine Offenheit ha-ben, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.Da sexualisierte Gewalt in allen Bereichen desLebens vorkommt, muss auch für alle Bereicheein Ansatz zur Prävention und Intervention ge-schaffen werden. Missbrauch in Institutionenbzw. professionellen Bezügen bedarf eines sensi-blen Umgangs und eines sehr differenziertenBlicks. Hier müssen auch Kinder- und Jugend-reiseveranstalter Regeln für den Umgang mit demThema für ihre Einrichtung bzw. Organisationschaffen. Allerdings würde es wenig nützen, ei-nen Verhaltenskodex festzuschreiben, der nichtausführlich diskutiert, in den Strukturen der Or-ganisation verankert und von Verantwortlichenaktiv getragen wird und auch mit Sanktionsmög-lichkeiten bei Nichteinhaltung verbunden ist.

Anmerkungen:

1. Im Folgenden wird von sexualisierter Gewalt oder sexueller Gewalt

gesprochen, da Missbrauch suggerieren könnte, dass es auch einen

legitimen Gebrauch gäbe. Auch wird überwiegend von Tätern gespro-

chen, auch wenn es Täterinnen bei ca. 10 – 15 % aller Fälle im Er-

wachsenenbereich gibt. Sind spezielle Frauen oder Mädchen gemeint

wird dies auch explizit so benannt.

Bange, Dirk/Enders, Ursula:

Auch Indianer kennen Schmerz. Sexuelle Gewalt gegen

Jungen. Köln 1995.

Bange, Dirk und Körner, Wilhelm:

Handwörterbuch Sexueller Missbrauch; Göttingen,

Bern, Toronto, Seattle, Hogrefe, 2000

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen

und Jugend (BMFSFJ):

Mutig fragen – Besonnen handeln, Berlin 2003

ECPAT-Deutschland e.V.:

Gegen das Wegsehen, Freiburg 2004

ECPAT- Deutschland e.V.:

Aktiv zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung

– Schulungsmaterialien für die Reisebranche,

Freiburg 2000

Ev. Jugend im Rheinland (Hrsg.):

Hose zu & Finger weg! – Aktiv sein gegen

Kinderprostitution und kommerzielle sexuelle

Ausbeutung von Kindern. Ein Handbuch zum

Mitdenken, Mitreden, Mitmachen, Düsseldorf 2004

Petze, Schulische Prävention von sexualisierter Gewalt

gegen Mädchen und Jungen (Hg.):

Nur keine Panik. Schulische Prävention von sexualisier-

ter Gewalt gegen Mädchen und Jungen. Beiträge zur

Lehrer/innenfortbildung. Kiel 1996.

Sachs, Kai:

Gewalt gegen Kinder - Gründe und Abgründe,

In: Tagungsdokumentation Bad Boll 2002

Sachs, Kai; Lipp, Angela:

GEGENWIND; Prävention sexualisierter Gewalt; Bonn /

Elmshorn 2000 1. Auflage; AGEF Elmshorn

Literatur zum Thema

keine Entschuldigung, sondern ein möglicher Er-klärungsansatz für die Wiederholungen der straf-baren und verletzenden Handlungen, obwohl einUnrechtsbewusstsein vorhanden ist. Dies ist eindurch Tätertherapeuten beschriebenes Phäno-men, welches eine Art Zwangscharakter derHandlungen darstellt, ohne jedoch eine Abgabevon Verantwortung für die einzelnen Schritte undHandlungen zu beinhalten. Beim Täter sind kaumHandlungsalternativen zu sehen. Er hat keineweiteren Kompetenzen im Umgang mit Mitmen-schen und mit seinen Bedürfnissen. Für den Be-reich der Täterprävention heißt dies besondersfür Jungen und junge Männer, dass sie vielfältigeHandlungsalternativen erarbeiten und erprobenmüssen.

Prävention sexualisierter Gewalt muss vielschich-tig realisiert werden und auf allen gesellschaft-lichen Ebenen (Schulen, Gesetzgebung, Institu-tionen der Jugendarbeit, Kirchen usw.) ansetzen,um wirksam zu sein. Hier kann es nicht darumgehen, moralische Vorhaltungen zu machen.Vielmehr geht es darum, sachliche Hintergründeund Zusammenhänge zu verdeutlichen. Auf demHintergrund dieser Sachlagen sollen dann ge-meinsam Zielsetzungen und Handlungsmöglich-keiten erarbeitet werden.Sie richtet sich in erster Linie an verantwortlicheFrauen und Männer und dann erst mit alters- und

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»Prävention sexualisierter Gewalt mussvielschichtig realisiert werden und auf allen gesellschaftlichen Ebenen(Schulen, Gesetzgebung, Institutionender Jugendarbeit, Kirchen usw.) an-setzen, um wirksam zu sein. Hier kannes nicht darum gehen, moralischeVorhaltungen zu machen. Vielmehrgeht es darum, sachliche Hintergrün-de und Zusammenhänge zu verdeut-lichen.Auf dem Hintergrund dieser Sachlagensollen dann gemeinsam Zielset-zungen und Handlungsmöglichkeitenerarbeitet werden.«

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Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

Das Projekt PräTect zur Prävention sexueller Gewalt desBayerischen Jugendrings

Ein Netz für mehr Sicherheit knüpfen

von Beate Steinbach, Bayerischer Jugendring

Die Prävention sexueller Gewalt ist eineaktuelle und wichtige Anforderung an »gute«Kinder- und Jugendarbeit, und die Frage, wiesich sexuelle Übergriffe wirksam verhindernlassen, wird inzwischen immer häufiger auchöffentlich gestellt.

Was ist mit sexueller Gewalt gemeint?

Sexuelle Gewalt bedeutet, dass eine Person dieUnwissenheit, das Vertrauen oder die Abhängig-keit eines Kindes zur Befriedigung der eigenensexuellen Bedürfnisse benutzt. Sexuelle Gewaltist jede sexuelle Handlung unter Ausnutzungeiner Macht-, Autoritäts- und/oder Vertrauens-position, wodurch die Persönlichkeit des Kindesverletzt oder missachtet wird.

Sexuelle Gewalt kommt in erschreckenderHäufigkeit vor. Die Polizeiliche Kriminalstatistik,die das so genannte »Hellfeld«, also die bekanntgewordenen Fälle erfasst, belegt für 2004 15.255Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern . Un-tersuchungen zufolge erscheint es realistisch,dass die Dunkelziffer in diesem Bereich ca. 10 bis20-fach höher liegt. Das bedeutet, dass inDeutschland etwa jedes vierte bis fünfte Mäd-chen und jeder zehnte bis zwölfte Junge sexuel-le Gewalt erlebt. Der überwiegende Teil der Tätersind Männer, zunehmend wird aber deutlich, dasses auch weibliche Täterinnen gibt (derzeit wirdvon einem Prozentsatz von ca. 10 - 15 % ausge-gangen). Der Anteil von Jugendlichen und Heran-wachsenden unter den Tatverdächtigen ist mit ca.30 % außerordentlich hoch.

Sexueller Missbrauch durch Fremde ist verhältnis-mäßig selten. Kinder und Jugendliche erlebensexuelle Übergriffe sehr häufig in ihrem sozialenNahraum und von Menschen, denen sie vertrauenund von denen sie Unterstützung, positive Zu-

wendung und emotionale und soziale Fürsorgeerwarten. Dies können Familienmitglieder, Be-kannte oder Freunde, aber auch Nachbar/innen,Lehrer/innen, Jugendleiter/innen, Pfarrer/in-nen, Ärzte/Ärztinnen, Erzieher/innen usw. sein.

Mädchen und Jungen jeden Alters und jeder Her-kunft können von sexueller Gewalt betroffensein. Angesichts der erschreckenden Fallzahlenist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich auch in»unseren« Jugendgruppen bereits betroffeneKinder und Jugendliche befinden.Gleichzeitig wissen wir, dass Täter und Täterinnenmeist planvoll vorgehen und sich bevorzugtBerufsfelder und Arbeitsbereiche suchen, in de-nen sie Kontakt zu Mädchen und Jungen aufbau-en können. Deshalb muss die Prävention sexueller Gewaltauch ein Thema in der Kinder- und Jugendarbeitsein. Denn: Wir haben sowohl Betroffene als auchTäter unter uns.

Das Präventionskonzept desBayerischen Jugendrings

Im Juli 2003 startete »PräTect«, das Projekt desBayerischer Jugendring (BJR) zur Präventionsexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit.Die entscheidende Vorarbeit, die dies ermöglich-te, wurde von der 1999 eingesetzten Landesvor-stands-Arbeitsgruppe »Prävention vor sexuellerGewalt« geleistet. Dem engagierten Einsatz derArbeitsgruppen-Mitglieder und des Landesvor-stands ist es zu verdanken, dass der Verein»Power-Child e.V.« und die Stiftung »Bündnis fürKinder – gegen Gewalt« als Förderpartner/innenfür dieses Projekt gewonnen werden konnten.

Angetreten ist PräTect mit dem Ziel, ein »Netz derSicherheit« aufzubauen, das Mädchen und Jun-gen in der Kinder- und Jugendarbeit möglichstwirksam vor sexueller Gewalt schützt.

Dazu wurden in der Konzeption folgende vierAufgabenbereiche formuliert:• Vermittlung von Grundinformationen zumThema und daraus folgend Sensibilisierung der Kinder- und Jugendarbeit in Bayern,• Entwicklung und Verbreitung von Schulungs-und Informationsmaterialien,• Entwicklung und Implementierung vonMethoden der Prävention,• Öffentlichkeitsarbeit, Beratung, Vernetzung.In allen vier Aufgabenfeldern konnten von

PräTect erfolgreich Maßnahmen initiiert und An-gebote für die Kinder- und Jugendarbeit geschaf-fen bzw. ausgebaut werden.

Dazu gehören z.B.:• Informationen, Arbeitsmaterialien und Praxis-hilfen z.B. die Reihe »Prävention vor sexuellerGewalt in der Kinder – und Jugendarbeit«, in der gerade der vierte Baustein »Ausbildungs-leitfaden zur Schulung von Jugendleiter/innen«erstellt wird,• Ein bayernweiter »Pool« kompetenter Fach-referent/innen zum Thema, die für Schulungund Fortbildung gebucht bzw. von PräTect ver-mittelt werden können,• Vernetzung und Kooperation von PräTect mitFachberatungsstellen in ganz Bayern,• Regelmäßige Infoveranstaltungen undTagungen zum Thema,• Individuelle Beratung zu möglichenPräventionsmaßnahmen für Jugendverbändeund Jugendringe.

Zwei Ebenen der Prävention:Pädagogische Arbeit und strukturelleVerankerung

Vorbeugend zu handeln fängt im pädagogischenAlltag an. Grundlegend ist hierbei eine Erzieh-ungshaltung, die von Wertschätzung und Auf-merksamkeit dem einzelnen Kind oder Jugend-lichen gegenüber geprägt ist.

Ein wichtiger Schritt zur Prävention sexueller Ge-walt ist getan, wenn wir den Gedanken zulassen,dass auch in unserem Umfeld Kinder und Jugend-liche von sexueller Gewalt betroffen sein können. Ehrenamtliche und hauptberufliche Mitarbeiter-innen sollten für dieses Thema sensibilisiert sein,durch Aus- und Fortbildung über das nötigeGrundwissen verfügen sowie Beratungsstellenund Ansprechpartner/innen kennen, an die siesich wenden können. Dieses Wissen kann helfen,aufmerksam zu sein, die Wahrnehmung zu schär-fen und aufkommendes Misstrauen oderVerdachtsmomente nicht einfach zu übergehen.Nur wenn Erwachsene sich ihrer Verantwortungstellen und durch aktives Handeln sicher stellen,dass Grenzverletzungen nicht geduldet werden,können die inhaltlichen Ansprüche einer täter-präventiven Arbeit eingelöst werden.Täterprävention erfordert jedoch auch dieSchaffung präventiver institutioneller Struktu-

»Sexueller Missbrauch durch Fremde istverhältnismäßig selten. Kinder undJugendliche erleben sexuelle Übergrif-fe sehr häufig in ihrem sozialenNahraum und von Menschen, denen sie vertrauen und von denen sie Unter-stützung, positive Zuwendung undemotionale und soziale Fürsorgeerwarten.«

»Ein wichtiger Schritt zur Präventionsexueller Gewalt ist getan, wenn wirden Gedanken zulassen, dass auch inunserem Umfeld Kinder und Jugend-liche von sexueller Gewalt betroffensein können.«

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ren: Maßnahmen, die Institutionen ergreifenkönnen, um präventive Arbeit gegen sexuelle Ge-walt in das Konzept einzubinden, sind z.B. ver-bindliche Leitlinien, die das Recht von Mädchenund Jungen auf sexuelle Selbstbestimmung for-mulieren, klar definierte Konsequenzen bei Re-gelverstößen, regionale Ansprechpartner/innenzur Fragen der Prävention von sexueller Gewaltetc..

Ein wichtiger Schritt zur strukturellen Absiche-rung des Themas in der bayerischen Jugendarbeitwar die Diskussion und Beschlussfassung desHauptausschusses im März 2005. Die Delegiertenverabschiedeten einen Katalog von konkretenAufgaben und Maßnahmen des Bayerischen Ju-gendringes, seiner Verbände und Gliederungen,um die Prävention von sexueller Gewalt auf allenEbenen und in allen Formen der Kinder- undJugendarbeit zu verankern. So stellte sich zum Beispiel die Frage nach demEinsetzen eines flächendeckenden Netzes von so-genannten »Vertrauenspersonen« in allen Ein-richtungen und Gliederungen des BJR. Des weite-ren wurde beraten, wie das Thema »Präventionsexueller Gewalt« in die Multiplikator/innen-Aus-bildung aufgenommen bzw. wie flächendeckendentsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildungsan-gebote für ehren- und hauptamtliche Mitarbei-ter/innen in der Jugendarbeit angeboten werdenkönnen. Aufgabe von Prätect ist es dabei, die Organisa-tionen bei der Umsetzung der Maßnahmen fach-lich zu beraten und Anregungen für Entschei-dungsträger in der Jugendarbeit zu geben.

Was bringt PräTect? Einige Erfahr-ungen aus der Projektarbeit

Nach gut zwei Dritteln der geplanten Projekt-laufzeit lassen sich einige Tendenzen und Ergeb-nisse zusammenfassen: Der Bedarf an wirksamen Maßnahmen zur Prä-vention sexueller Gewalt in der Kinder- undJugendarbeit hat sich bestätigt. Ein großer Teilder Organisationen der Kinder- und Jugendarbeitberichtete in Gesprächen davon, bereits mit Vor-fällen konfrontiert gewesen zu sein. Trotz dieser– angesichts der statistischen Aussagen wenigüberraschenden – Tatsache lässt sich beobach-

ten, dass die Prävention sexueller Gewalt ein»sperriges« Thema in der Kinder und Jugend-arbeit ist, das noch immer tabuisiert wird.

Die steigende Anzahl an Nachfragen aus undAktivitäten in den Mitgliedsorganisationen lässtjedoch auch darauf schließen, dass die Arbeitihre Zielgruppen erreicht und dass die Angebotevon PräTect weitgehend dem Bedarf entsprechen.Die persönliche Kontaktaufnahme mit Vertre-ter/innen von Jugendverbänden und Jugendrin-gen hat sich dabei als wichtiges Instrument derArbeit erwiesen. Aus den bisherigen Erfahrungenwurde deutlich, dass direkte Kontakte und Ge-spräche mit den verschiedenen Trägern unerläss-lich sind, um die Hemmschwelle gegenüber die-sem sensiblen Thema zu überwinden.

Untersuchungen zur Wirksamkeit von präventivenMaßnahmen gegen sexuelle Gewalt bestätigendie Konzeption von PräTect. Gleichermaßen istdeutlich, dass es zum Erreichen des Zieles, ein»Netz der Sicherheit« zum Schutz von Mädchenund Jungen zu knüpfen und aufrecht zu erhalten,einer Fülle von Ansatzpunkten und Aktivitätenbedarf. Dabei darf nicht übersehen werden, dass dieMöglichkeiten des Projektes durch die zur Ver-fügung stehenden finanziellen und personellenRessourcen begrenzt sind. Auch deshalb ist eswichtig, Verantwortlichkeiten und Aufgaben»nach unten« weiterzugeben, d.h. (regionale)Strukturen zur Prävention sexueller Gewalt zubefördern, die auch ohne die Mitwirkung desProjektes »funktionieren«. Die Kooperation mit der Landesvorstands-AGnimmt in diesem Zusammenhang eine bedeuten-de Funktion ein, da deren Mitglieder die Ver-netzung der Organisationen und die Verbreitungdes PräTect-Ansatzes in besonderer Weise un-terstützen können.

Vom 03. – 05. April 2006 veranstaltet PräTecteine Fachtagung mit dem Titel »Sexuelle Gewaltverhindern – Ergebnisse und Perspektiven zurPrävention in der Kinder- und Jugendarbeit«, beider wir uns damit auseinander setzen werden,welche spezifischen Aufgaben sich der Jugend-

arbeit angesichts des Problems sexuelle Gewaltstellen, welche realistischen Möglichkeiten be-stehen, dieser Gefahr zu begegnen, und welcheRessourcen und Schwierigkeiten benannt werdenkönnen. Weiterhin sollen Ergebnisse des Projek-tes präsentiert und in Hinblick auf eine Über-tragbarkeit auf andere Felder und Bereiche derJugendarbeit überprüft werden.

Anmerkungen:

1. Diese Zahl bezieht sich auf die §§ 176, 176a, 176 b StGB. Nicht

eingeschlossen sind hier andere Delikte gegen die sexuelle Selbst-

bestimmung wie z.B. sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung.

Weitere Informationen unter www.praetect.bjr.de

oder bei der Projektmitarbeiterin Beate Steinbach

Email: [email protected]| Tel.:(089) 514 58 63

Fax: (089)514 58 77

Beate Steinbach, geboren 1965, Dipl.-Päda-gogin mit Zusatzqualifikation Sozialbetriebswir-tin. Seit 2003 Projektreferentin im Projekt»PräTect – Prävention sexueller Gewalt in derKinder- und Jugendarbeit« des Bayerischen Ju-gendrings. Zuvor arbeitete sie 8 Jahre in deroffenen Jugendarbeit in Würzburg mit denSchwerpunkten geschlechtsspezifische Jugend-arbeit, insbesondere Arbeit mit Mädchen, Ju-gendbildung und -beratung, Vernetzung. Lang-jährige ehrenamtliche Tätigkeit mit sozial be-nachteiligten Kindern und Jugendlichen und imThemenbereich Frauen in Forschung und Praxis.

Zur Person

»Der Bedarf an wirksamen Maßnah-men zur Prävention sexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit hat sich bestätigt. Ein großer Teil derOrganisationen der Kinder- undJugendarbeit berichtete in Gesprächendavon, bereits mit Vorfällen konfron-tiert gewesen zu sein«

Die persönliche Kontaktaufnahme mitVertreter/innen von Jugendverbän-den und Jugendringen hat sich dabeials wichtiges Instrument der Arbeiterwiesen. Aus den bisherigen Erfah-rungen wurde deutlich, dass direkteKontakte und Gespräche mit den verschiedenen Trägern unerlässlichsind, um die Hemmschwelle gegen-über diesem sensiblen Thema zu über-winden.

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Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

Das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz undseine Auswirkungen für die Jugendverbandsarbeit

KICK – Jugendverbände zwischenFormalismus und Chance

von Christian Weis, Deutscher Bundesjugendring

Als der Bundesrat am 8. Juli 2005 dem»Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder-und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfewei-terentwicklungsgesetz – KICK)« ohne Anru-fung des Vermittlungsausschusses die Zustim-mung erteilte, herrschte unter jenen, die denEntstehungsprozess von Anfang an verfolgthatten, Überraschung und Erleichterung:Überraschung, dass die Länderkammer uner-wartet ihre Zustimmung gab ohne den Ver-such, Änderungen zu Gunsten der Länderdurchzusetzen, und Erleichterung, dass damitnach fast zwei Jahren ein langwieriger, schwernachvollziehbarer Gesetzgebungsprozess miteiner fachlichen Weiterentwicklung desKinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) undunter – zumindest derzeitiger – Vermeidungfinanziell motivierter Einschnitte – wie im»Gesetz zur Entlastung der Kommunen imsozialen Bereich (KEG)« vorgesehen – beendetwurde.

Als damaliges Ziel zahlreicher Spekulationen überein Änderungsgesetz zum KJHG trat im April2004 der Referentenentwurf eines »Gesetz zumqualitätsorientierten und bedarfsgerechtenAusbau der Tagesbetreuung und zur Weiterent-wicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Tagesbe-treuungsausbaugesetz - TAG)« in das Licht der(Fach-)Welt. Entgegen der verkürzenden Bezeich-nung »Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG« be-fasste sich der Gesetzesentwurf neben demAusbau der Kinderbetreuung durchaus noch mitanderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe.So waren Ergänzungen und Änderungen zumKJHG u.a. zum besseren Schutz des Kindeswohls,zur Stärkung der fachlichen und wirtschaftlichen

Steuerungskompetenz des Jugendamtes, zur Re-alisierung des Nachranges der Jugendhilfe undzur Verwaltungsvereinfachung und Deregulierungzu finden. In den meisten Fällen sollte dabei ak-tuelle Praxis umgesetzt oder bekannte Rege-lungslücken geschlossen werden.Zur schnellen Umsetzung des Ausbaues derKinderbetreuung wurde der Gesetzentwurf baldin einen durch den Bundesrat nicht zustim-mungspflichtigen Teil mit dem alten Namen undeinen zustimmungspflichtigen Teil - dem KICK -getrennt. Während der erste Teil zügig beschlos-sen wurde und am 1. Januar 2005 in Kraft tretenkonnte, schickte die Länderkammer auf InitiativeBayerns im Herbst 2004 das KEG in das Rennen.Im weiteren parlamentarischen Prozess wurdendann KICK und KEG zusammen behandelt – mit be-kanntem Ergebnis. Wer die genauen Vorgän-ge nachvollziehen will, kann dies unterwww.bundestag.de im Sach- und SprechregisterDIP tun.

Nachdem das beschlossene KICK sich im Sommer2005 in der Fachwelt verbreitet hatte und derTermin des Inkrafttretens – der 1. Oktober 2005– kurz bevor stand, wich bei denen, die mit derUmsetzung in der Jugendarbeit befasst waren,die Erleichterung einer zunehmenden Verwirrungund Verunsicherung.

Die berechtigte Verwirrung kam daher, dass sichder Gesetzestext zwischen der Zustimmung desBundesrates und der Veröffentlichung im Bun-desgesetzblatt »redaktionell« u.a. an einer fürdie Jugendverbände entscheidenden Stelle ver-ändert hatte. Hieß es in der Bundesratsfassungim neuen §8a noch »In Vereinbarungen mit denTrägern und Einrichtungen, die Leistungen nachdiesem Buche erbringen ...«, so heißt es in derausgefertigten und im Bundesgesetzblatt veröf-fentlichten Fassung »In Vereinbarungen mit denTrägern von Einrichtungen und Diensten, die Leis-tungen nach diesem Buch erbringen ...« – ein fürdie Jugendverbandsarbeit wesentlicher Unter-schied.

Die Verunsicherung kam mit der Frage, was heißtdas Gesetz für die Praxis der Freien Träger in derJugendarbeit und speziell für Jugendverbände.Die beiden neuen Paragraphen 8a und 72a desKJHG mit besonderer Bedeutung für die Jugend-verbände, auf die im Weiteren detaillierter einge-gangen wird, finden sich am Ende des Beitrages.

§ 72a Persönliche Eignung vonFachkräften Der §72a steht ganz bewusst als Einschub direkthinter dem §72 (Mitarbeiter, Fortbildung), des-sen erster Absatz lautet: »Die Träger der öffent-lichen Jugendhilfe sollen bei den Jugendämternund Landesjugendämtern hauptberuflich nur Per-sonen beschäftigen, die sich für die jeweiligeAufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen undeine dieser Aufgabe entsprechende Ausbildungerhalten haben (Fachkräfte) ...«, denn er präzi-siert diesen hinsichtlich der Aussagen »die sich... nach ihrer Persönlichkeit eignen«.

Es geht darum, dass Träger der öffentlichen Ju-gendhilfe hinsichtlich der persönlichen Eignungder hauptberuflich Beschäftigten »insbesonderesicherstellen sollen, dass sie keine Personen be-schäftigen oder vermitteln«, die wegen einer ein-schlägigen Straftat rechtskräftig verurteilt wur-den. Dazu sind im Gesetz die konkreteren Para-graphen des Strafgesetzbuches (StGB) benannt.Für den öffentlichen Träger präzisiert das KICKweiter, wie dies sicherzustellen ist, nämlich mitder Hilfe von Führungszeugnissen, die er sich beiEinstellung und in regelmäßigen Abständen vor-legen lassen muss. Auch wenn man den Erkennt-nisgewinn dieser Maßnahme ebenso hinterfragenkann wie die Auswahl der betreffenden Para-graphen des StGB – Körperverletzung (§223StGB) ist z.B. nicht dabei –, sollte man auch se-hen, dass bei Einstellungen in den ÖffentlichenDienst die Vorlage der Führungszeugnisse aufGrund einer engen Grundrechtsbindung in vielenFällen bereits Praxis ist und damit in der Realitätvermutlich nicht viel Neues zu erwarten ist.Anders sieht es für die geforderten Vereinba-rungen mit den Freien Trägern von Diensten undEinrichtungen aus. Darin soll geregelt werden,dass sie ebenfalls keine Personen nach dem 1.Satz des §72a KICK beschäftigen.

Wohlweislich hat der Gesetzgeber hier keine Aus-sagen dazu gemacht, mit welchen Mitteln dies zuverhindern ist, und damit die Souveränität unddas Selbstbestimmungsrecht der Freien Trägergeachtet. Auch wenn es – wie bereits jetzt Fälleaus der Praxis zeigen – manche Jugendämternicht wahr haben wollen: Ein Zwang für Freie Trä-ger, sich von seinen Beschäftigten Führungs-zeugnisse vorlegen zu lassen, kann aus dem KICKbzw. dem KJHG nicht abgeleitet werden. Dagegenspricht auch, dass eine solche Praxis bei nicht-staatlichen Stellen arbeitsrechtlich nicht unkri-tisch wäre .Eine Abgrenzung des Anwendungsbereiches er-gibt sich aus der Formulierung »Durch Verein-barungen mit den Trägern von Einrichtungen undDiensten sollen die Träger der öffentlichen Ju-gendhilfe auch sicherstellen, dass diese keinePersonen nach Satz 1 beschäftigen.« Diese wen-

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det sich nicht pauschal an alle Freien Träger, son-dern nur an die Träger von Diensten und Ein-richtungen. Der klassische Jugendverband in sei-ner normalen Verbandsarbeit ist damit nicht er-fasst. Anders sieht es dagegen aus, wenn er oderandere Freie Träger, z.B. Träger von Einrich-tungen der Offenen Jugendarbeit oder Jugend-bildungsstätten sind.Die zweite Abgrenzung des Anwendungsbereichesergibt sich aus dem Personenkreis, auf den sichdie Regelung bezieht. Da der §72a einer Prä-zisierung des §72 dient und dieser regelt, welchePersonen hauptberuflich beschäftigt werden sol-len, bezieht sich der §72a entgegen anfangsanders lautenden Diskussionen nur auf »haupt-beruflich« beschäftigte Personen. Nicht unterdiese Voraussetzungen fallen ehrenamtliche Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Honorar-kräfte, da bei ihnen das Kriterium der vollberuf-lichen Beschäftigung nicht erfüllt ist. Hier ist deutlich zu sagen, dass eine andere Aus-legung nicht gesetzeskonform ist .Zusammengefasst heißt dies:1. §72a trifft nur auf hauptamtlicheMitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Trägernvon Diensten und Einrichtungen zu.2. Wie der Freie Träger sicherstellt, keine ein-schlägig vorbestraften Personen zu beschäfti-gen, ist durch das Gesetz nicht geregelt.

Mit welchen Mittel betroffene Jugendverbändebzw. andere Freie Träger den letzten Satz des§72a umsetzen, die einerseits den jeweiligenöffentlichen Träger zufrieden stellen und ande-rerseits praktikabel und (arbeits-)rechtskonformsind, dazu es noch keine Erfahrungen. Hier sinddie Jugendämter und Träger vor Ort gefragt. Einerster Ansatz könnte sein, dass sich der FreieTräger als Arbeitgeber im Rahmen des Frage-rechts bei der Einstellung von Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern die Unvorhandenheit einschlä-giger Verurteilungen bestätigen lässt – dies istarbeitsrechtlich zulässig. Darüber, das er dies tut,kann eine Vereinbarung mit dem Träger der öf-fentlichen Jugendhilfe geschlossen werden.

Paragraph 8a - Schutzauftrag beiKindeswohlgefährdungMit §8a enthält das KJHG nun einen eigenständi-gen Paragraphen zum Schutzauftrag bei Kindes-wohlgefährdung. Dies ist inhaltlich absolut zubegrüßen, ist es doch die Intention des Paragra-phen, Kinder noch besser vor Missbrauch, Ver-nachlässigung oder anderer Kindeswohlgefähr-dung zu schützen. Der Absatz 1 verpflichtet den öffentlichen Trägerzu einer Einschätzung des Gefährdungsrisikos desWohls eines Kindes oder Jugendlichen »in Zu-sammenwirken mehrerer Fachkräfte«, sobald»gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung«auftreten. Als Erfolg für die Forderungen und

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Positionen der Jugendverbände und -ringe ist andieser Stelle zu werten, dass bei der Abschätzungdes Gefährdungsrisikos ausdrücklich das Kindoder der Jugendliche mit einzubeziehen ist unddamit dessen Subjektstellung und der Gedankeder Partizipation gestärkt wird. Es bleibt aberabzuwarten und kritisch zu begleiten, wie sichdieses Recht von Kindern und Jugendlichen aufBeteiligung in der Praxis hoffentlich durchsetzt.

Absatz 2 fordert den öffentlichen Träger auf, »inVereinbarungen mit den Trägern von Einrich-tungen und Diensten […] sicherzustellen, dassderen Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz1 in entsprechender Weise wahrnehmen«. Damitbleibt diese gesetzliche Regelung zum Schutzauf-trag nicht beim Jugendamt, sondern erhält eineneue Bedeutung für Freie Träger.

An dieser Stelle soll auf einen Diskurs über diemöglichen konkreten inhaltlichen Füllungen undDefinitionen von Worten wie »gewichtige An-haltspunkte«, »Gefährdungsrisiko« oder auch»Wohl von Kindern und Jugendlichen« verzichtetwerden. Denn der Gesetzgeber regelt vor allemdas Verfahren, wie z.B. den Abschluss von Verein-barungen oder die Hinzuziehung einer »insoweiterfahrene[n] Fachkraft« bei der Abschätzung desGefährdungsrisikos.

Auswirkungen hat der §8a für JugendverbändeEs ist – ähnlich wie bei §72a – zunächst festzu-halten, dass von den Verfahrensregelungen des§8a normativ die verbandliche Kinder- und Ju-gendarbeit und die anderen Freien Träger aus-schließlich dort betroffen sind, wo sie »Trägervon Einrichtungen und Diensten« sind. Die Ar-beit der Jugendverbände »an sich« ist normativnicht erfasst.Die Jugendverbandsarbeit wäre jedoch schlechtberaten, wenn sie mit dieser Feststellung dieDebatte beendet. Hat der §8a doch die positiveWirkung, dass das Thema der Kindeswohlgefähr-dung ganz aktuell in den Diskussionen aufge-nommen und mit Blick auf die Praxis der Arbeitverstärkt betrachtet wird. Die Jugendverbands-arbeit sollte dies auch als Chance sehen, dieinhaltliche Intention des Schutzauftrags der Kin-deswohlgefährdung in der Arbeit stärker aufzu-nehmen und umzusetzen.Daraus können sich zahlreiche Herausforde-rungen ergeben. So ist jetzt der Zeitpunkt, dieStandards des Kindeswohlschutzes für die ArbeitJugendverbände selbst zu gestalten, anstatt siedurch mögliche zukünftige Rechtsprechungensetzen zu lassen. Einige – meist implizite –Standards gibt es in vielen Jugendorganisationenschon – ebenso wie viele sehr positive Beispielevon Projekten und Regelungen in der praktischenArbeit.

Klar gesagt werden muss auch, dass Ehrenamt-liche nicht automatisch aus der Verantwortungnach §8 genommen sind, sofern sie inEinrichtungen und Diensten von Jugendver-bänden tätig sind. Denn die Definition des ver-wendeten Wortes »Fachkraft« ist nicht von derArt der Beschäftigung (hauptberuflich, ehren-amtlich, nebenberuflich) abhängig. Sie definiertsich allein dadurch, dass sich die Personen »fürdie jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeiteignen und eine dieser Aufgabe entsprecheAusbildung erhalten haben« (vgl. SGB VIII, §72(1)). Hier müssen die neuen Kommentare zumKJHG, wie die von Wiesner, Münder oder Meysen,abgewartet werden. Es sei aber an dieser Stelledarauf verwiesen, dass die Jugendverbände fürihre Ehrenamtlichen, die über eine Juleica undvielleicht noch verbandsspezifische Ausbil-dungen darüber hinaus verfügen, schon oft dieEinstufung als Fachkraft reklamiert haben.Der Deutsche Bundesjugendring hatte im Anhö-rungsverfahren des Gesetzes deshalb gefordert,zur Klarheit dieses Paragraphen »hauptamtlich«vor den Begriff »Fachkraft« zu setzen . Diese Än-derung fand jedoch leider keinen Eingang.

Vereinbarungen mit dem öffentlichenTräger – ja oder nein?Die Frage stellt sich nicht für den Fall, dassJugendverbände Träger von Einrichtungen undDiensten sind, da ist das Gesetz eindeutig.Schwieriger ist der große Bereich der Jugendver-bandsarbeit, der normativ nicht dazu verpflichtetist. Warum sollte dann aber eine Vereinbarung inErwägung gezogen werden? Das Jugendamt alsöffentlicher Träger wird oftmals durch politischenoder öffentlichen Druck zu Vereinbarungen ange-halten – obwohl dies formal nicht erforderlichist. Es soll und will sicherstellen, dass auch in derjugendverbandlichen Arbeit die Erkennung derGefährdung einer Kindeswohlgefährdung ernstgenommen wird.Der Deutsche Bundesjugendring hat in seinerStellungnahme vom 30.04.2004 bezweifelt,»daß der […] gewählte Verfahrensweg, dies überVereinbarungen zu regeln, im Hinblick auf dendamit verbundenen Aufwand, sinnvoll ist«, undhat sich klar gegen Vereinbarungen mit rechts-verbindlichem Charakter ausgesprochen.Wenn aber Jugendämter – wie zunehmend zu er-leben – aufgrund des oben dargelegten DrucksVereinbarungen abschließen wollen, sollte derJugendverband im Einzelfall überlegen, ob essinnvoll ist, eine freiwillige Vereinbarung abzu-schließen. Im bejahenden Falle darf sich einesolche Vereinbarung ausdrücklich nicht auf dieVerpflichtung in §8a beziehen. Sie sollte viel-mehr eine für beide Seiten gewinnbringende Ko-operationsvereinbarung sein, bei der unter an-derem folgendes zu beachten ist:

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Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

• »Es muss sich um freiwillige Vereinbarungenhandeln, d.h. sie dürfen zum Beispiel keine ne-gativen Auswirkungen auf die finanzielle Gestal-tung der Verbandsarbeit haben; es darf keineAufnahme in Bewilligungen, Förder- oder Aner-kennungsrichtlinien geben.• Motivation des öffentlichen Trägers darf esnicht sein (und dies kann sich dann auch nichtdurch die Formulierungen ziehen), den aus sei-nem staatlichen Wächteramt abgeleitetenSchutzauftrag des Jugendamtes auf die Jugend-verbände zu übertragen, um sich selbst damitfür eventuelle »spektakuläre Fälle vonKindeswohlgefährdung« abzusichern. Die Ver-einbarungen dürfen nicht dazu führen, dass dieEhrenamtlichen am Ende der formalen Kette(Gesetzgeber – Öffentlicher Träger – FreierTräger – Ehrenamtliche) zur Rechenschaft ge-zogen werden können – sei es formal odermoralisch. [...]• Auch die Serviceleistungen des Jugendamtesfür den Träger müssen festgeschrieben werden,so dass es sich um eine für beide Seiten ge-winnbringende Vereinbarung handelt, so z.B.die Benennung der »erfahrenen Fachkraft« mitkonkreten Erreichbarkeitsmodalitäten oder dieMitarbeit und Förderung von spezifischenFortbildungen, die Einbringung derFachkompetenz in die Strukturen der Kinder-und Jugendarbeit, etc.• Die Erarbeitung gemeinsamer Standards fürVerfahrensabläufe, zum Beispiel wer muss bei was angerufen werden, sollte festgehaltenwerden.Diese Punkte können auch an den Stellen An-haltspunkte bieten, wo Vereinbarungen abge-schlossen werden müssen, weil der Verband zumBeispiel Träger eines Jugendhauses oder einerBildungsstätte ist.«

Umsetzung der Intention des §8a inJugendverbändenBei der Umsetzung der Ziele des §8a müssen dieStrukturmaximen wie Ehrenamtlichkeit, Freiwil-ligkeit, Selbstorganisation und die Vielfalt derAngebots- und Zeitformen beachtet werden. Diejugendverbandliche Arbeit lebt durch das vielfäl-tige ehrenamtliche Engagement junger Menschenund diese sind in der Regel keine ausdrücklichenExpertinnen und Experten für die Erkennung derGefährdung des Kindeswohls, wie es zum Beispieldie Fachkräfte des Allgemeinen Sozialdienst(ASD) der Jugendämter sind. Die Jugendver-bände können und wollen sie auch nicht dazumachen.Anderseits sind auch diese Ehrenamtlichen beigewichtigen Anhaltspunkten auf Kindeswohlge-fährdung, die sie z.B. bei der Gruppenleitungoder auf Freizeitmaßnahmen wahrnehmen, auf-gerufen, zu informieren und sich fachlichen Ratzu holen. Die Intention des §8a und die eigenen

Ansprüche der Jugendverbandsarbeit forderndiese daher heraus, die Ehrenamtlichen dabei zuunterstützen.

Für die konkrete Umsetzung in der jugendver-bandlichen Arbeit hat die Geschäftsführerin desDeutschen Bundesjugendring, Gunda Voigts inder Zeitschrift »Jugendpolitik« des DeutschenBundesjugendring erste Anregungen formuliert.Dazu gehören (verbesserte) Schulungen mit Blickauf die Erkennung von Kindeswohlgefährdung,Entwicklung und Einsatz von Handreichungen,verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, klare innerver-bandliche Regelungen und Kooperationsverein-barungen mit Fachdiensten.

FazitMit den §§ 8a und 72a werden Details, wie z.B.das Verfahren zur Erreichung eines Zieles bzw.eines Auftrages geregelt, die nicht neu sind: derSchutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung.Neu ist, dass damit bestimmte Verfahren (auch)für die Jugendverbandsarbeit festgeschriebensind. Hier konnte leider nicht erreicht werden,dass die Spezifika und die Strukturmaxime derJugendverbände mit ihrer überwiegend ehren-amtlichen Arbeit berücksichtigt wurden.Daher muss der oberste Grundsatz jetzt für beideSeiten – öffentlicher und Freier Träger – sein, dieFolgerungen aus dem Gesetz mit der notwendi-gen Ruhe und Gründlichkeit zu durchdenken undentsprechende Lösungen und Verfahren zu ent-wickeln. Die Ergebnisse müssen dann so umge-setzt werden, dass die speziellen Gegebenhei-ten in den jeweiligen Feldern der Jugendhilfe be-rücksichtigt werden.Dazu ist Kooperation gefragt. »Schnellschüsse«oder Zwang aus politischen oder öffentlichenDruck helfen genauso wenig weiter, wie einemögliche »Verweigerungshaltung« bei Freien Trä-gern.

Das Gesetz hat es geschafft, die fachliche Dis-kussion um den Schutzauftrag bei Kindeswohlge-fährdung verstärkt in Gang zu setzen und dieFachöffentlichkeit für die Thematik zu sensibili-sieren. Nun muss es darum gehen, die Intentionder Paragraphen umzusetzen – dem Wohl vonKindern und Jugendlichen zu dienen – und nichteinen neuen abschreckenden Formalismus zuschaffen.

Anmerkungen:

1. vgl. Dr. Th. Meysen / Gila Schindler:

Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung: Hilfreiches Recht beim

Helfen in Jugendamt 10/2004 S. 463ff

2. vgl. Wiesner, Mörsberger u.a.: SGB VIII, §72 Rn. 3. München 2000.

3. Vgl. Deutscher Bundesjugendring: Stellungnahme zu den vorlie-

genden Gesetzesentwürfen anlässlich der öffentlichen Anhörung

des Bundestagsauschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

am 13.04.2005. Berlin 2005

4. Deutscher Bundesjugendring: Stellungnahme zum Referentenent-

wurf für das »Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarsfgerechten

Ausbau der Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder-

und Jugendhilfe (TAG)« . Berlin 2004.

5. Gunda Voigts: Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung im

Kinder- und Jugendhilfeerweiterungsgesetz (KICK) und deren

Bedeutung für die Angebote der verbandlichen Kinder- und

Jugendarbeit veröffentlicht in »Jugendpolitik«, Herausgeber

Deutscher Bundesjugendring Ausgabe 3/2005

6. Siehe Gesetzesbegründung zum TAG

7. siehe 5.

§ 8a - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhalts-punkte für die Gefährdung des Wohls einesKindes oder Jugendlichen bekannt, so hat esdas Gefährdungsrisiko im Zusammenwirkenmehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sinddie Personensorgeberechtigten sowie das Kindoder der Jugendliche einzubeziehen, soweithierdurch der wirksame Schutz des Kindes oderdes Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefähr-dung die Gewährung von Hilfen für geeignetund notwendig, so hat es diese den Personen-sorgeberechtigten oder den Erziehungsberech-tigten anzubieten.

(2) In Vereinbarungen mit den Trägern vonEinrichtungen und Diensten, die Leistungennach diesem Buch erbringen, ist sicherzu-stellen, dass deren Fachkräfte den Schutz-auftrag nach Absatz 1 in entsprechenderWeise wahrnehmen und bei der Abschätzungdes Gefährdungsrisikos eine insoweit erfah-rene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere istdie Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fach-kräfte bei den Personensorgeberechtigten oderden Erziehungsberechtigten auf die Inan-spruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn siediese für erforderlich halten und das Jugendamtinformieren, falls die angenommenen Hilfennicht ausreichend erscheinen, um die Gefähr-dung abzuwenden.

Kinder- und Jugendhilfe-weiterentwicklungsgesetz –KICK Auszug

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Seminar des LJR Hamburg und der in ihmzusammengeschlossenen Jugendverbände

Die ProblematikJugendverbände sind ihrer Struktur offen undwenig transparent zugleich: – offen einerseits,da die aktive Mitarbeit im Verband jedem offensteht und so der Weg zur Leitung einer Jugend-gruppe schnell vollzogen sein kann; – und wenigtransparent andererseits, da die Leitung einerJugendgruppe nicht selten allein in einer Handliegt und so innerhalb des Jugendverbandes we-nig Transparenz und Kontrolle geschaffen werdenkann, wie der einzelne Jugendleiter mit den ihmanvertrauten Jugendlichen umgeht.Diese ambivalente Struktur – offen im Zugang zuJugendlichen, aber häufig undurchsichtig in derFrage »Was geschieht alles in der Jugendgruppeund auf der Ferienfahrt?« – macht Jugendver-bände auch interessant für Menschen, die pädo-philen Neigungen erliegen. In den letzten Jahrensind Fälle von sexuellem Missbrauch zur Anzeigegebracht worden.

Teilnahme: kostenlosOrt: Haus der Jugend auf dem Stintfang Alfred-Wegener-Weg 5 | 20459 HamburgInfo: Landesjugendring Hamburg Güntherstr. 34 | 22087 Hamburg [email protected] Tel.: (040) 31 79 61 14 | Fax: (040) 31 79 61 80

Das Seminarprogramm

Freitag, 25.11., 18.30 – 20.30 hVortrag von Kai Sachs, Geschäftsführer derDeutschen Gesellschaft gegen Kindesmisshand-lung und -vernachlässigung e.V. (DGgKV):Einführung in die Thematik: Statistik – SexuellerMissbrauch in Zahlen, allgemeine Relevanz fürJugendverbände, Rechtsfragen (KICK), Täterstra-tegienSamstag, 26.11., 9.30 – 16.15 h • 9.30 – 10.15 h Beate Steinbach (PräTect,Bayerischer Jugendring): Seit Sommer 2003 besteht im Bayerischen Ju-gendring das Projekt »PräTect – Prävention sexu-eller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit«.Zur Vorstellung dieses Projektes wird die Pro-jektreferentin Beate Steinbach das Präventions-konzept des BJR erläutern und einen Überblicküber die konkreten Maßnahmen und Angebotezur Umsetzung dieses Vorhabens geben.

• 10.15 – 12.15 h Workshop A mit Kai Sachs,Deutsche Gesellschaft gegen Kindesmisshndlungund -vernachlässigung: »Wie können und sollten Institutionen/Jugend-verbände reagieren, um sexuelle Übergriffe zuvermeiden?« Die Verantwortung für eine sichereUmgebung für Kinder liegt bei den Erwachsenen.In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche isteine besondere Aufmerksamkeit erforderlich.Anhand von Vorschlägen für Verhaltenscodicesund Strategien des Umgangs für die Leitung sol-len konkrete Umsetzungsmöglichkeiten erarbei-tet und diskutiert werden. Beispiele für Mo-nitoringverfahren geben die Möglichkeit, für dieUmsetzung in die eigene Praxis Anregungen zubekommen. Auch die Möglichkeiten der Um-setzung in die Juleica-Ausbildung wird diskutiertwerden.

• 10.15 – 12.15 h Workshop B mit CarmenKerger, Dunkelziffer e.V.: Dieser Workshop hat das Thema »Wie kann ich inmeiner Gruppe spielerisch und stärkenorientiertzur Prävention von sexualisierter Gewalt beitra-gen?«. Selbstbewusste Kinder und Jugendliche,die ihre Gefühle wahrnehmen und ihre Grenzendeutlich machen, können sich besser vor sexuali-sierter Gewalt schützen. Das Kennlernen vonMethoden und Materialien, die das Selbstbe-wusstsein, die Autonomie und die Wahrnehmungder Grenzen von Kindern und Jugendlichen för-dern, bilden daher den Schwerpunkt des Work-shops. Die Übungen und Spiele werden im Work-shop selbst durchgeführt.

• 12.15 – 13.15 h Mittagspause• 13.15 – 15.15 h Workshop A und B • 15.15 – 16.15 h Auswertung undAbschlussdebatte »Wie kann ein Problembe-wusstsein entwickelt und ein dauerhafterLernprozess in Gang gebracht werden?«

Extra: 26.11., 19 h (frei für Seminarteilnehmer/-innen) Theater: »Ich werde es sagen« – Ein dramatisierter Mo-nolog des gleichnamigen Romans von KristianDitlev Jensen. Eine Produktion von Dunkelziffere.V. und der Theaterpädagogischen Werkstatt inder Lagerhalle Osnabrück. Buch und Regie: JensPallas. Gespielt von Reinhard Gesse.

Veröffentlichungen rund umKICK (§§8a und 72a)

§ 72a - Persönliche EignungDie Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollenhin sichtlich der persönlichen Eignung im Sinndes § 72 Abs. 1 insbesondere sicherstellen, dasssie keine Personen beschäftigen oder vermit-teln, die rechtskräftig wegen einer Straftatnach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 181a,182 bis 184e oder 225 des Strafgesetzbuchesverurteilt worden sind. Zu diesem Zweck sollensie sich bei der Einstellung und in regelmäßigenAbständen von den zu beschäftigenden Perso-nen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 desBundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.Durch Vereinbarungen mit den Trägern von Ein-richtungen und Diensten sollen die Träger deröffentlichen Jugendhilfe auch sicherstellen,daß diese keine Personen nach Satz 1 beschäf-tigen.

• Prof. Dr. Dr. hc. Reinhard Wiesner | Das Wächteramt des Staates

und die Garantenstellung der Sozialarbeiterin / des Sozial-

arbeiters zur Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl

veröffentlicht im Zentralblatt für Jugendrecht vom 91. Jahrgang

Heft 5/2004 | Seiten 161-200

• Deutscher Städtetag | Strafrechtliche Relevanz sozialarbeiteri-

schen Handelns - Empfehlungen zur Festlegung fachlicher

Verfahrensstandards in den Jugendämtern bei akut schwerwie-

gender Gefährdung des Kindeswohls | Stand: 1. April 2003

• Holger Gläss / Albrecht Etzel | Auf Fachlichkeit im ASD behar-

ren - Wegen und trotz der strafrechtlichen Risiken

Veröffentlicht in Jugendhilfe 38 5/2000

• Prof. Dr. Dr. hc. Reinhard Wiesner | Das Gesetz zur Weiterent-

wicklung der Kinder und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfe-

weiterentwicklungsgesetz – KICK)

Veröffentlicht im Forum Erziehungshilfe 11. Jahrgang 2005, Heft 4

• Dr. Thomas Meysen, Heidelberg / Gila Schindler | Schutzauftrag

bei Kindeswohlgefährdung: Hilfreiches Recht beim Helfen

Veröffentlicht in Jugendamt (JAmt) Heft 10/2004

• Deutscher Bundesjugendring | Stellungnahme zur öffentlichen

Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und

Jugend des Deutschen Bundestages am 13. April 2005 zum

Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und

Jugendhilfe, zur Entlastung der Kommunen im sozialen Bereich

(KEG), zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch

Drucksachen 15/3676, 15/3986, 15/4045, 15/4532, 15/4158 vom

13.04.2005 | www.dbjr.de

• Deutscher Bundesjugendring | Stellungnahme des Deutschen

Bundesjugendring zum Referentenentwurf für das »Gesetz zum

qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der

Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und

Jugendhilfe (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG)«

vom 30.04.2004 | www.dbjr.de

• Gunda Voigts | Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

im Kinder- und Jugendhilfeerweiterungsgesetz (KICK) und

deren Bedeutung für die Angebote der verbandlichen Kinder-

und Jugendarbeit | Veröffentlicht in der Zeitschrift »Jugendpoli-

tik« | Herausgeber Deutscher Bundesjugendring Ausgabe 3/2005

Aufklärung – Prävention – Gegenstrategien 25. u. 26.11.2005 Haus der Jugend »Stintfang«

Sexualisierte Gewalt als Thema inJugendverbänden

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hielt die Version, über die der Bundesrat ent-schieden hatte noch die Formulierung »Vereinba-rungen mit den Trägern und Einrichtungen« undließ damit genau die Klarstellung vermissen,dass Jugendverbände gar nicht gemeint seien, solautete die veröffentlichte Fassung des Textes»Vereinbarungen mit den Trägern von Einrich-tungen und Diensten« (Bundesgesetzblatt I Nr.57/2005 S. 2729 ff.). Die vermisste und von derBundespolitik immer angekündigte Klarstellungwar plötzlich aufgetaucht.

Abpfiff. Der LJR-Vorstand reagierte auf diese»Textänderung« unverzüglich. Er beschloss am20.10.2005, dass er keine eigene Vereinbarungim Sinne der §§ 8a, 72a abschließen wolle undeiner solchen Vereinbarung auch nicht beitretenwerde und widersprach damit auch der Mitteilungdes Senats an die Bürgerschaft (Drs. 18/2926,3.2.1.), mit der dieser über begonnene Verhand-lungen über Vereinbarungen über die erweitertenErmächtigungsnormen des SGB VIII informierte.

Nachspiel. Diese Vorgehensweise sollte nicht soverstanden werden, dass das Thema für dieJugendverbände erledigt ist. Auch wenn der LJRsich von Anfang an gegen die »Zwangsbe-glückung« mit »freiwilligen Vereinbarungen« ge-wehrt hat, so einig ist er sich doch mit derBehörde, dass z.B. die Ausbildung von Jugend-leitern um entsprechende Inhalte erweitert wer-den muss und auch Jugendverbände mit Sorgfaltauf die fachliche Eignung und Qualifikation ihresPersonals achten müssen – sowohl bei Hauptamt-lichen wie auch bei Ehrenamtlichen. Mit einerInfoveranstaltung am 21. September, an der auchDr. Wolfgang Hammer (BSF) und Christian Weis(DBJR) teilgenommen haben, ist hierzu der ersteSchritt getan. Nach Abschluss der Vereinba-rungen zwischen BSF/Jugendämtern und freienTrägern werden weitere folgen.

Jugendverbände, die Träger von »Einrichtungenund Diensten« sind, sind auch formal weiterhinvom Wortlaut des Gesetzes betroffen. Der LJRwird diesen zur Seite stehen.

Es ist zu hoffen, dass die BSF und die Jugend-ämter den freien Trägern ausreichend Zeit geben,um entsprechende Vereinbarungen zu schließenund nicht versuchen, diesen z.B. über Zuwen-dungsbescheide entsprechende Inhalte zu diktie-ren. Die freien Träger werden etwas Zeit benöti-gen, um die notwendigen Schlussfolgerungen ausdem KICK zu diskutieren. Auch wenn die »öffent-liche Meinung« nach dem Fall Jessica schnellesHandeln einfordert, sollte man ihnen diese Zeiteinräumen.

Oder: Irritationen im Spielverlauf bei der Einführung des neuen Gesetzes

KICK and Rush in Hamburg

von Marc Buttler, Landesjugendring Hamburg

Anstoß. Nachdem der Bundesrat am 8. Juli 2005dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder-und Jugendhilfe, besser bekannt unter der ein-prägsamen Abkürzung KICK, zugestimmt hatte,begann in Hamburg die Behörde für Soziales undFamilie (BSF) unverzüglich und schneller als dieanderen Bundesländer Verhandlungen mit denfreien Trägern über die in den §§ 8a, 72a SGB VIIIn.F. in die Wege zu leiten. Der »Fall Jessica«, einbesonders tragisches, weil tödlich endendes Bei-spiel von Kindeswohlgefährdung hatte die Stadtnachhaltig erschüttert und bestimmte die politi-sche Agenda.

KICK … Der Vorstand des Landesjugendringesbegrüßte die Intention des Gesetzes, verwiesaber auch auf Unstimmigkeiten in der Systematikdes Gesetzes. Waren sich LJR und BSF imHandlungsbedarf auch für die Jugendverbändefrüh einig, so konnte diese in der Bewertung derkonkreten Auswirkung des Gesetzes nicht erzieltwerden. Für Verunsicherung bei den Jugendver-

»Vereinbarung« zu unterzeichnen, müsse dieAnerkennung als freier Träger entzogen werden,da dann eine »ordnungsgemäße Geschäftsfüh-rung« des Trägers nicht mehr gewährleistet sei.Es bedurfte hier der Klarstellung durch dasBundesministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend (BMFSFJ), dass der neue § 72a nurden Personenkreis erfasst, der schon von denRegelungen des alten § 72 SGB VIII betroffenwar, mithin also nicht die Jugendleiter.

… and Rush. Für Ratlosigkeit sorgte zunächst dieFormulierung des neuen § 8a, mit dem die Um-setzung des staatlichen Schutzauftrags bei Kin-deswohlgefährdung mittels Vereinbarungen auffreie Träger übertragen werden sollte. GleichesProblem: auch hier ist es eine schlichte Selbst-verständlichkeit, dass freie Träger auf Hinweiseneiner vorliegenden Kindeswohlgefährdung rea-gieren. Der Gesetzestext wurde jedoch so inter-pretiert, dass die strafrechtlich relevante Garan-tenstellung des Jugendamtes und seiner Mitar-beiter, auf freie Träger übertragen wird. Dies magund soll für einen Träger im Bereich der Hilfen zur

bänden sorgte die Behauptung der BSF, auchehrenamtliche »Mitarbeiter« von Jugendverbän-den also Jugendleiter hätten polizeiliche Füh-rungszeugnisse vorzulegen, bevor sie in einemJugendverband auch nur einen »Thekendienst«übernehmen könnten. Hinweise des LJR, dasssolche Maßnahmen weder geeignet seien, nochim Gesetz vorgesehen und schon gar nicht zuläs-sig sind, konterte die Behörde kühl. Einem Trä-ger, der nicht bereit sei, eine entsprechende

KICK in Hamburg: Marc Buttler (LJR), Dr. Wolfgang Hammer (BSF) und Carlo Klett (LJR) debattieren …

Erziehung (HzE) angehen, überfordert jedoch je-den Jugendverband mit einer weitgehend ehren-amtlichen Struktur. Jugendleiter werden durch die Jugendverbändeausgebildet und verfügen über eine Qualifika-tion, die im Non-Profit-Bereich ihres Gleichensucht. Sie können jedoch nicht studierte (Sozial-)Pädagogen ersetzten, erfüllen also gar nicht dieFachkräfte-Definition des § 8a SGB VIII. Hinzukam eine kuriose Änderung im Gesetzestext. Ent-

Sexualisierte Gewalt – Aufklärung und Prävention in JugendverbändenTitelthema

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Aufstehen und Hinsetzen: Marc Buttler und Steffan Karrasch proben das Interregnum

Neugewählt: Eike Schwede Wiedergewählt: Anne Fritzler Wiedergewählt: Hans-Jürgen Plate

Vorsicht, Vielfalt!

Neuaufstellung des LJR-Vorstandes: Abschied, Neu- und Wiederwahl plus InterregnumBericht von der LJR-Vollversammlung am 20. Oktober 2005von Jürgen Garbers, Landesjugendring HamburgAbschied. »Die Konstante in der verbandlichenJugendarbeit ist vor allem der Wandel«, so AnneFritzler, wiedergewählte LJR-Vorsitzende, zurVerabschiedung der ausscheidenden Vorsitzen-den Marc Buttler (AGfJ u. BDP) und StefanKarrasch (Sportjugend) auf der Vollversammlungder Hamburger Jugendverbände. »Wenn aberzwei Vorsitzende ausscheiden, die über neunbzw. sieben Jahre so kompetent wie tatkräftig imLandesjugendring gearbeitet haben, dann istdies ein Zeichen dafür, dass ihr ehrenamtlichesEngagement fruchtbar war und den Landes-jugendring nach vorn gebracht hat.« Der Lan-desjugendring ist heute »der fachkompetentePartner für politische Gremien und Behörden inallen Fragen der Jugendverbandsarbeit und deraußerschulischen Jugendbildung. Seine Stimmehat über die Fachöffentlichkeit hinaus Gewicht«,so Hans-Jürgen Plate (Evangelische Jugend), derebenfalls wiedergewählte Vorsitzende. Der neugewählte und verjüngte LJR-Vorstand werde aufdieser Basis die Interessensvertretung für Kinder,Jugendliche und junge Menschen in Hamburgerfolgreich fortsetzen und ausbauen können.

Neu- und Wiederwahl. Hans-Jürgen Plate (31J., Evangelische Jugend) und Anne Fritzler (28J., Jugendrotkreuz) sind auf der Vollversamm-lung wieder- und Eike Schwede (22 J., Sport-jugend) ist neu gewählt worden. Alle drei erziel-ten eine Wahl mit jeweils überwältigender Mehr-heit.

Interregnum. Mangels eines weiteren Kandi-daten blieb jedoch der vierte Sitz im Vorstandunbesetzt. Da die LJR-Satzung jedoch vierPersonen (ggf. mehr aber nicht weniger) vor-schreibt, ist bis zur erneut einberufenen Voll-versammlung eine Übergangssituation entstan-den: es gibt drei neu gewählte Vorstandsmit-glieder und zugleich einen weiterhin amtieren-den alten Vorstand, der bis zur satzungsgemäßenAufstellung des neuen Vorstandes verantwortlichbleibt. Um dieses Interregnum zu beenden, mussdie Vollversammlung den vakanten Sitz im Vor-stand besetzen. Für den Fall, dass dies nicht ge-lingt, hat der amtierende Vorstand außerdem ei-nen Antrag auf Satzungsänderung vorgelegt,welcher der Vollversammlung die Möglichkeitgeben soll, im Ausnahmefall einen nur dreiköpfi-gen Vorstand mit den Geschäften zu beauftra-gen. Die außerordentliche LJR-Vollversammlung

findet am 20.12.2005 um 19 Uhr im Dorothee-Sölle-Haus der Evangelische Jugend Hamburg,Königstr. 54, 22767 Hamburg statt.

Rahmenvereinbarung Jugendhilfe und Schule.Die Vollversammlung beschloss einen gemeinsa-men Antrag der DGB-Jugend und Sportjugend zurPositionierung des Landesjugendringes bei denfortdauernden Verhandlungen um eine Koopera-tionsvereinbarung im Bereich der außerschuli-schen Jugendbildung. Zentral sei die Anerken-nung der außerschulischen Jugendbildung als»ein zentrales Zukunftsthema« und als eine»gesetzliche Aufgabe auf Basis des KJHG«.Folglich: »Eine Unterzeichnung und Umsetzungder Rahmenvereinbarung zwischen freien Trägernund der Behörde für Bildung und Sport (BBS),sowie der Behörde für Soziales und Familie (BSF),muss … dem übergeordneten gesellschaftlichenStellenwert dieses für junge Menschen elementa-ren Lebensbereichs Rechnung tragen.«»Der Vorstand des Landesjugendrings e.V. wird,vor diesem Hintergrund im Zuge der Verhand-lungen mit den o.g. Behörden von der Vollver-sammlung in seinen Verhandlungen dahingehendunterstützt, folgende Ziele vor einer Unterzeich-nung mit den o.g. Behörden zu erreichen:1. Einrichtung einer ständigen Planungsgruppeunter Leitung der BSF und Beteiligung von Jugendverbänden zum Themenbereich»Zusammenführung von schulischer und außer-schulischer Bildung in Hamburg«, sowie die2. zeitliche Synchronisierung der Unterzeich-nung von Rahmenvereinbarungen mit allenfreien Trägern und3. die Garantieerklärung der Behörde fürBildung und Sport für:• die Priorität von Bildungsangeboten freierTräger bei der Durchführung von ergänzendenAngeboten im Rahmen von Ganztagsschulen in Hamburg und

• Kündigung bzw. nicht Weiterführung vonergänzenden Bildungsangeboten von Privat-personen im Rahmen von Ganztagsschulen inHamburg.«

Wider Demokratieabbau an beruflichen Schulen.Die LJR-Vollversammlung folgte des weiteren ei-nem Antrag der DGB-Jugend und lehnt diegeplante Abschaffung der Mitentscheidungsrech-te der SchülerInnen an den hamburger beruf-lichen Schulen ab: »Die Aufhebung der Drittel-parität in den Schulkonferenzen und die Abschaf-fung aller Mitentscheidungsrechte der Schüler-Innen stellt einen nicht hinnehmbaren Rück-schritt in den Mitwirkungsrechten und Gestal-tungsmöglichkeiten der Jugendlichen dar. Beruf-liche Schulen dürfen für die SchülerInnen nichtzu demokratiefreien Zonen werden.« Denn dieMöglichkeit für junge Menschen, sich unabhängigvon Parlamentswahlen in den eigenen Lebensbe-reichen zu engagieren, ist ein wesentlicher Pfei-ler der demokratischen Grundordnung und derdemokratischen Erziehung junger Menschen.Davon dürfen Schulen nicht ausgenommen wer-den. Der Landesjugendring Hamburg wird daher »ge-meinsam mit der SchülerInnenkammer Hamburgund der DGB-Jugend Hamburg im Rahmen derpolitischen Lobbyarbeit für die Mitentschei-dungsrechte der SchülerInnen eintreten, sich indieser Angelegenheit mit einem Schreiben an dieSenatorin für Bildung und Sport wenden und sichfür eine politische Verurteilung durch den Deut-schen Bundesjugendring einsetzen. Anlässlichder Beratung in der Deputation und in der Bür-gerschaft im Januar/Februar 2006 wird derLandesjugendring eine eigene Stellungnahme zuden Möglichkeiten und Chancen der Beteiligungjunger Menschen verfassen, in der die Bedeutungder Mitentscheidungs- und Beteiligungsrechteder SchülerInnen hervorgehoben werden.«

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Vorsicht, Vielfalt! Nachrichten

von Marc Buttler, LJR Hamburg

Pattsituation. Landesjugendring und BezirkHarburg sind sich im Streitfall um die rechts-konforme Zusammensetzung des bezirklichenJugendhilfeausschusses noch immer nicht ei-nig; jedenfalls führen sie weiterhin einenRechtsstreit gegeneinander. Mit dem Abschlussdes einstweiligen Rechtsweges steht es quasiunentschieden.Auf der einen Seite gaben das Verwaltungs-gericht und das Oberverwaltungsgericht Ham-burg dem Landesjugendring in den inhaltlichenFragen im Wesentlichen Recht. Die Gerichtestellten gleich mehrere Versäumnisse undRechtsbrüche von Bezirksamt und schwarz-grü-ner Koalition in Harburg fest .

Alles, was Recht ist. Die BezirksversammlungHarburg hat rechtswidrig gehandelt, da sie mitihrem Beschluss vom 27.04.2004 das gesetzli-che Gebot der angemessenen Berücksichtigungder Jugendverbände (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIIIund § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des HamburgischenGesetzes zur Ausführung des SGB VIII) verletzthat. Der Vorschlag des Landesjugendringes fürden Jugendhilfeausschuss war zudem der einzigkorrekte aus der Vorschlagsgruppe der Jugend-verbände; die Bezirksversammlung hätte ihmfolgen müssen. Willi Netzler hingegen, derPräsident des Volksmusikverbandes, den dieCDU und GAL aufgrund seiner Nähe zur CDU inden JHA wählten und als Jugendverbandsver-treter deklarierten, nannte das Gericht »den zuUnrecht gewählte(n) Vertreter der Jugendver-bände«. Die Forderung des CDU-FraktionsvorsitzendenRalf-Dieter Fischer, nach Auswahl zwischenanderen als dem vorgeschlagenen Kandidaten,handelten die Gerichte kurz ab: sie wiesen denJuristen Fischer darauf hin, dass seine For-derung keine Rechtsgrundlage im Gesetz findet.Schon vor der Entscheidung des Verwaltungs-gerichtes hatte das Rechtsamt Harburg einge-räumt, dass nur die (landesweit) anerkanntenJugendverbände vorschlagsberechtigt sind undsomit der Wahlvorschlag, den das Bezirksamtder Bezirksversammlung vorgelegt hatte,rechtswidrig war.

Hamburger Besonderheiten. Obwohl der Aus-schuss somit rechtswidrig zusammengesetzt istund allein diese Tatsache anderen Bezirken,namentlich Wandsbek und Hamburg-Nord, voreiniger Zeit in einem vergleichbaren Fall ge-reicht hatte, die Wahl zu wiederholen, weiger-

Never Ending Story?Zum Stand der Dinge im Rechtsstreit um den Jugendhilfeausschuss inHarburg

ne, Besuche in benachbarte Städten und andereSehenswürdigkeiten stehen ebenso auf demProgramm wie die Besichtigung zahlreicherMuseen, Kathedralen, historischer und politi-scher Schauplätze.

Alles ist perfekt organisiert, was nicht zuletzt ander persönlichen Unterstützung des Bürgermeis-ters Tránsito Téllez liegt, der sich sogar persön-lich vom Wohlergehen der Deutschen vergewis-sert und uns das Gefühl vermittelt, willkommenerGast in seiner Stadt zu sein. Neben all diesenzahlreichen Aktivitäten ist das Zusammenlebenvon großer Bedeutung, das genau organisiertsein will. Die Aufgaben sind fest verteilt, vomtäglichen Haus-& und Kochdienst bis zum Pro-jektleiter. Die Wohngemeinschaft, die etwa 40Mitbewohner zählt, will verwaltet und organisiertsein und jeder einzelne trägt (gemäß seinerFähigkeiten) seinen Teil dazu bei. Es ist zwarnicht immer leicht, mit so vielen Leuten zusam-menzuleben, doch haben wir Teilnehmer gelernt,tolerant zu sein und Konflikte durch regelmäßigeSitzungen zu vermeiden und zu lösen. Neben derArbeit am Projekt und allen Ausflügen bleibtdann noch genug Zeit, um gemeinsam zu feiern,sich in Seminaren über kulturelle Themen auszu-tauschen und Freundschaften aufzubauen. EinGlück, dass wir unsere neuen Freunde schonnächstes Jahr wieder sehen, wenn diese sich auf-machen, Hamburg kennen zu lernen und einenweiteren Teil zur Freundschaft der Jugend Ham-burgs und Leons beitragen.

Venga, venga, el autobus está esperando! Nungeht es also auf zum Flughafen. Ein erlebnisrei-cher, spannender und interessanter Monat neigtsich dem Ende zu. Und obgleich wir uns von un-seren neuen Freunden verabschieden müssen,sind wir glücklich über die unvergesslichenEindrücke, die wir in diesem Land gewonnen ha-ben. Auf weitere 15 Jahre des JugendaustauschsHamburg León!

Der Jugendaustausch der Partnerstädte im 15. JahrViva Hamburg – León !

von Rebecca Liepert, Arbeitsgemeinschaft freier Jugendverbände

Vamonos, vamonos! schallt es vom Eingang desIntercambiohauses. Es ist der letzte Tag des Auf-enthalts der hamburger Jugendlichen in Leon imRahmen des von der AGfJ organisierten Jugend-austausches León-Hamburg. Die Gruppe derDeutschen und der Nicaraguaner sollen zusam-mengetrommelt sein, was sich nicht immer alsleichte Aufgabe herausstellt. Denn der Besuchder Hamburger ist gespickt mit einen Programmaus Arbeit und Ausflügen in Kultur, Sport und Na-tur. Die Zeit wird also voll ausgenutzt, um das(für die meisten Teilnehmer bis dato) unbekann-te Land zu erkunden. Die nicaraguanische StadtLeón, welche schon seit nunmehr 15 Jahren ei-nen Jugendaustausch mit Hamburg unterhält,will erkundet sein.

17 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 sind diesesJahr nach einer sechsmonatigen Vorbereitungs-zeit nach Nicaragua aufgebrochen, um den kultu-rellen Austausch beider Partnerstädte zu verwirk-lichen. Neben den zahlreichen Aktivitäten undAusflügen, die die Gruppe der über 20 Nicara-guaner mit ihren Gästen unternimmt, steht dieArbeit an dem bereits vor 2 Jahren begonnenenProjekt der Errichtung eines Intercambiohausesfür die Nicaraguaner im Vordergrund, welches alsTreffpunkt der Nicaraguanergruppe und zukünfti-ge Unterkunft der deutschen Gruppe dienen soll.Vormittags wird also mit Hilfe von Architektenund Bauarbeiten gearbeitet und nach einemgemeinsamen Mittagessen wird am Nachmittagdas Land erkundet. Dabei wird auf den Besuchvon Projekten besonderen Wert gelegt. Straßen-kinder-, Frauen-, Naturschutz-, Sport- sowiezahlreiche andere Projekte gucken wir uns an, umuns ein Bild von dem Leben in dem uns fremdenLand zu machen und die Interessen der Nicara-guaner vor Ort kennen zu lernen. Ausflüge an diePazifikküste, das Besteigen umliegender Vulka-

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ten sich die Mehrheitsfraktionen CDU und GAL,dies zu veranlassen. Diese, aus rechtsstaatlicherSicht mehr als fragwürdig Vorgehensweise,sicherten Verwaltungsgericht und Oberverwal-tungsgericht inzwischen ab, wenn auch nur ausformalen Gründen.

Das Oberverwaltungsgericht stellte in seiner Be-gründung darauf ab, dass keine Rechtsgrund-lage für ein Wahlanfechtungsverfahren vorhan-den sei. Die Geschäftsordnung der Bezirksver-sammlung, die im Gegensatz zu den Kommunal-parlamenten anderer Bundesländer ein bloßesVerwaltungsgremium sei und nicht etwa ein Par-lament, kennt kein entsprechendes Verfahren.Im Klartext bedeutet dies: da die Bezirksver-sammlungen keine Parlamente sind, sind sieauch nicht an den demokratischen Standardeines Parlamentes gebunden.

Die einzige Möglichkeit, die Wahl des Jugend-hilfeausschusses anzufechten, sei das Bean-standungsrecht oder besser Beanstandungs-pflicht des Bezirksamtsleiters. Das Beanstan-dungsrecht sieht in § 18 Bezirksverwaltungs-gesetz (BezVG) vor, dass die Bezirksamtsleiterinbzw. der Bezirksamtsleiter die Beschlüsse derBezirksversammlung binnen zwei Wochen beidem vorsitzenden Mitglied zu beanstanden hat,wenn sie gegen die Gesetze verstoßen. DerBezirksamtsleiter hat die Rüge pflichtwidrig ver-säumt. Der LJR war seinerseits nicht in derLage, ihn auf die rechtswidrige Vorgehensweisehinzuweisen, da das Bezirksamt es zusätzlichversäumt hatte, das Ergebnis der Wahl auch nurirgendjemandem mitzuteilen. Und auch imVorwege war nicht durchgesickert, dass derBezirk den Begriff der »regionalen Jugendver-bände« erfunden und damit eine nicht aner-kannte Jugendorganisation für wählbar erklärthatte.

Im Ergebnis werden die Beschlüsse des Jugend-hilfeausschusses trotz seiner rechtswidrigen Zu-sammensetzung einstweilig Bestand haben. Trä-te jedoch der Fall ein, dass ein von einer Ein-zelentscheidung nachteilig betroffener Trägersich der rechtswidrigen Zusammensetzung er-innert und dahingehend argumentiert, dieseZusammensetzung sei mitursächlich für den inseinen Augen »falschen« JHA-Beschluss gewe-sen, dann könnte der ganze JHA-Fall erneut insRollen kommen. Gleiches gilt für den Fall derNachwahl eines Mitgliedes. Der Bezirksamts-leiter müsste dann womöglich einen Beschlussder Bezirksversammlung rügen. Diesmal wird eres nicht vergessen, die Jugendverbände werdenihn daran erinnern. Anmerkung:

1. VG Hamburg, Beschluss vom 13.6.05, Az. 13E1531/05;

OVG Hamburg, Beschluss vom 3.8.05, Az. 4Bs201/05

LJR-Seminar: »Sexualisierte Gewalt«25. u. 26.11.2005 | 18.30 – 20.30 h 9.30 – 16.15 h | Haus der Jugend Stintfang Alfred-Wegener-Weg 5 | 20459 HamburgJugendhilfeausschuss Eimsbüttel28.11.2005 | 17.30 h | Bezirksamt EimsbüttelGrindelberg 66 (12. Stock) | 20144 HamburgJugendhilfeausschuss Altona5.12.2005 | 17.30 h | Bürgertreff Altona-NordGefionstr. 3| 22769 HamburgFamilien-, Kinder- und Jugendausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft14.12.2005 | 17 h | Alte Post | Poststr. 11(Raum 122) | 20345 Hamburg Jugendhilfeausschuss Wandsbek14.12.2005 | 18 h | Bezirksamt Wandsbek Landesjugendhilfeausschuss19.12.2005 | 15 h Behörde für Soziales und FamilieJugendhilfeausschuss Eimsbüttel19.12.2005 | 17.30 h | Bezirksamt EimsbüttelGrindelberg 66 (12. Stock) | 20144 HamburgLJR-Vollversammlung (mit Vorstandswahlen)20.12.2005 | 19 h | Dorothee-Sölle-Haus derEvangelischen Jugend | Königstr. 54 22767 HamburgJugendhilfeausschuss Bergedorf20.12.2005 | 17.30 h | Bergedorfer RathausWentorfer Straße 38 | 21029 Hamburg

Schulfahrten »ausverkauft« – aber es geht auch anders ...Für Hamburger Schulklassen, die an einer Alter-nativen Stadtrundfahrt teilnehmen, übernimmtdie Kulturbehörde i.d.R. fast 60% der anfallen-den Kosten. Nur so ist es möglich, dass derLandesjugendring Hamburg Alternative Schul-fahrten für einen Preis von 117,80 € anbietenkann. Für das Jahr 2005 hatte die Kulturbehördezunächst die Unterstützung von 25 Schulfahrtenzugesagt und ihr Förderbudget Ende Oktobernoch mal um fünf Fahrten aufgestockt, da dieNachfrage – wie erwartet – groß war. Trotz desgeänderten Zuwendungsbescheids der Kulturbe-hörde sind nun jedoch alle Fördermittel aufge-braucht. Schulklassen, die noch in diesem Jahr eineAlternative Stadtrundfahrt zum Thema »Ham-burg im Nationalsozialismus« machen möchten,müssen also entweder 290 € pro Tour zahlenoder stattdessen einen geführten Rundgang ma-chen. Viele unserer Fahrten sind – leicht abge-wandelt – auch als Rundgang durchführbar undkosten dann nur 67 €.Erinnerungspädagogik – Gemeinsame Fortbildung in NürnbergWie können wir mit unseren Alternativen Stadt-rundfahrten und Rundgängen zur Geschichte desNationalsozialismus in Zukunft Haupt- und Son-derschüler besser ansprechen? Dies war dieAusgangsfrage der gemeinsamen Fortbildung desArbeitskreises »Alternative Stadtrundfahrten«vom 21. – 23. Oktober 2005 in Nürnberg, an derauch Kollegen des Stadtjugendrings Stuttgartund des Landesjugendrings Berlin teilgenommenhaben. Neben einer allgemeinen ErkundungNürnbergs standen ein geführter Rundgang überdas ehemalige Reichsparteitagsgelände sowieder Besuch des Dokumentationszentrums »Faszi-nation und Gewalt« auf dem Programm, welchesder Geschichte des Geländes seit 2001 eine aus-führliche Ausstellung widmet. Anregungen undpraktische Tipps zur pädagogischen Arbeit mitleistungsschwächeren Schüler/innen erhieltenwir dabei von Mitarbeitern des Vereins »Ge-schichte für alle« und den Kolleginnen des Kreis-jugendrings Nürnberg, die seit mehreren Jahrenim Projekt »Pädagogik rund ums Dokuzentrum«vielfältige Ideen und Erfahrungen zur Erinne-rungsarbeit sammeln.Seminartag in Neuengamme – Am 28. Oktoberfand zum Thema »Wessen Erinnerung? WelchesGedenken? Erinnerungspädagogik in der Migra-tionsgesellschaft« ein Seminartag in Neuen-gamme statt, der von »umdenken«, dem Bil-dungswerk der Heirich-Böll-Stifung, und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme organisiert wordenwar. An eine zweitägige Veranstaltung des Vor-

jahres anknüpfend wurden dabei Ergebnisse undErfahrungen vorgestellt und diskutiert. NebenMatthias Proske vom Institut für Allgemeine Er-ziehungswissenschaft der Johann WolfgangGoethe-Universität in Frankfurt am Main hieltdabei Ulla Kux von Aktion Sühnezeichen Frie-densdienste e.V. in Berlin einen interessantenVortrag.

Alternative Stadtrundfahrten–Mitteilungen

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TerminTicker

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Allerleirauh e.V.Menckesallee 13 | 22089 Hamburg | Tel.: (040) 29 83 44 83 | www.allerleirauh.deDie Beratungsstelle Allerleirauh berät miss-brauchte Mädchen und junge Frauen sowieMütter, deren Kinder Opfer sexueller Gewaltgeworden sind.

Dolle Deerns e.V.Niendorfer Marktplatz 6 | 22459 Hamburg Tel.: (040) 439 41 50 | www.dolledeerns.deDie »Dollen Deerns« beraten sexuell miss-brauchte Mädchen und Frauen und deren weibliche Bezugs- und Vertrauenspersonen.

Mädchenhaus Hamburg Tel.: (040) 428 49 2 65 (Tag und Nacht) Beratungsstelle Tel.: (040) 428 49 2 35Das Mädchenhaus bietet eine vorübergehendeWohnmöglichkeit für Mädchen im Alter von 13-17 Jahren, die Schutz vor seelischer, körper-licher und/oder sexueller Gewalt suchen.Die angeschlossene Beratungsstelle berätMädchen und Frauen, deren Vertrauenspersonenund Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatorentelefonisch und persönlich zu den Themen seelische, körperliche und sexuelle Gewalt.

Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V.Beethovenstr. 60 | 22083 Hamburg Tel.: (040) 25 55 66 www.frauennotruf-hamburg.de Der Verein bietet für Mädchen und Frauen Bera-tung nach sexueller Gewalt. Außerdem bestehtdie Möglichkeit einer Begleitung während desStrafverfahrens und der Herstellung eines Kon-taktes zu Anwältinnen und Ärztinnen.

Kinder- und JugendnotdienstFeuerbergstraße 43 | 22337 Hamburg Tel.: (040) 42 84 90Der Kinder- und Jugendnotdienst ist abends,nachts sowie an Sonn- und Feiertagen erreich-bar und leistet in Krisensituationen »ErsteHilfe«. Er bietet Minderjährigen, wenn es keineanderen Möglichkeiten gibt, vorübergehendauch Unterkunft.

Kinder- und JugendtelefonHellkamp 68 | 20255 Hamburg Tel.: 0 800 111 0 333Das Kinder- und Jugendtelefon der Arbeitsge-meinschaft Kinder- und Jugendschutz, Landes-arbeitsstelle Hamburg, bietet Beratung fürKinder, Jugendliche und Eltern.

Kinderschutzzentrum HamburgEmilienstraße 78 | 20259 Hamburg Tel.: 4 91 00 07 | www.kinderschutz-zentren.org/ksz_hamb.html

Kinderschutzzentrum HarburgEißendorfer Pferdeweg 40a | 21075 Hamburg Tel.: 7 90 10 40Die Kinderschutzzentren bieten Beratung undHilfe bei familiären Gewaltproblemen, d.h. auchbei (vermuteter) sexueller Gewalt gegen Kinder.Bitte vereinbaren Sie telefonisch einenBeratungstermin.

Zornrot e.V.Vierlandenstraße 38 | 21029 Hamburg Tel.: (040) 7 21 73 63Die Bergedorfer Beratungsstelle des VereinsZornrot e.V. berät von sexuellem Missbrauchbetroffene Kinder und Jugendliche sowie derenAngehörige.

Zündfunke e.V.Kieler Straße 188 | 22525 Hamburg Tel.: (040) 8 90 12 15 | www.zuendfunke.comDer Verein Zündfunke e.V. berät Mädchen undJungen nach sexuellem Missbrauch sowieFamilienmitglieder und andere Bezugspersonen.

Pro Familia – BeratungszentrumKohlhöfen 21 | 20355 Hamburg Tel.: (040) 34 11 10 | www.profamilia.dePro Familia berät bei allen Fragen, die mitSexualität zusammenhängen. Sie bietet Rat und Hilfe für männliche und weibliche Jugend-liche ab 16 Jahren, die von sexueller Gewaltbetroffen sind.

Opferhilfe Hamburg e.V.Paul-Nevermann-Platz 2 - 4 | 22765 HamburgTel.: (040) 38 19 93 www.opferhilfe-hamburg.deDie Beratungsstelle berät Opfer von Gewalt undderen Angehörige.

Beratungsstellen für Frauenund Mädchen

Männer gegen Männer-GewaltLindenstraße 27 | 20099 Hamburg Tel.: 2 20 12 77 www.gewaltberatung-hamburg.orgDer Verein »Männer gegen Männer-Gewalt«arbeitet mit Männern, die gegen ihreFamilienmitglieder gewalttätig geworden sind.

Sexualberatungsstelle der Universität HamburgPoppenhusenstraße 12 | 22305 Hamburg Tel.: (040) 4 28 32 - 24 98 www.uke.uni-hamburg.de/institute/sexualforschungBeratungsstelle der Universität Hamburg

Kinderschutzzentrum HamburgEmilienstraße 78 | 20255 Hamburg Tel.: (040) 4 91 00 07 | Mo., Di., Do., Fr. 9.00 - 11.00 Uhr, Mo., Di., Do. 13:00 - 15.00 Uhr, Mi. 15.00 - 17.00 Uhr Das Kinderschutzzentrum Hamburg arbeitetauch mit Erwachsenen/Jugendlichen, die einKind körperlich oder sexuell misshandelt habenoder befürchten dies zu tun.

Angebote für Täter

Landeskriminalamt (LKA 42)Bruno-Georges-Platz 1 | 22297 Hamburg Tel.: (040) 4 28 67 - 42 00Das Fachkommissariat LKA 42 ist zuständig füralle Sexualstrafverfahren.

ZeugenbetreuungszimmerSievekingsplatz 3 | Strafjustizgebäude Tel.: (040) 4 28 43 - 38 99Auf Wunsch ist hier eine Vorbereitung auf, undUnterstützung während der Gerichtsverhandlungmöglich.

Polizei und Gericht

Weisser RingEiffestraße 38, II. OG | 20537 Hamburg Tel.: (040) 2 51 76 80Der »Weisse Ring« berät Opfer von Straftaten,insbesondere in Fragen finanzieller Unter-stützung, die ggf. auch durch den »WeissenRing« gewährt werden kann (z.B. Anwalts- oder Therapiekosten).

ÖRA – Öffentliche Rechtsauskunfts- undVergleichsstelle der Freien und HansestadtHamburgHolstenwall 6 | 20355 Hamburg Tel.: (040) 4 28 43 30 - 72 / - 71Die ÖRA bietet Rechtsberatung und praktischejuristische Hilfe für Ratsuchende mit geringemEinkommen.

Hanseatische RechtsanwaltskammerBleichenbrücke 9 | 20354 Hamburg Tel.: (040) 34 53 98 www.anwaltssuche-kammer-hamburg.deHier können Anwältinnen und Anwälte erfragtwerden, die mit der Problematik des sexuellenMissbrauchs vertraut sind und Erfahrungen mitentsprechenden Strafverfahren haben.

Rechtliche Beratung und finanzielle Unterstützung

Beratungsstellen für Kinder undJugendliche beiderlei Geschlechts

Hilfe und Beratung bei sexuellem Missbrauch