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Polyamorphie in Biomineralien DOI: 10.1002/ange.201203125 Die Polyamorphie von Calciumcarbonat und ihre Bedeutung fɒr die Biomineralisation: Wie viele amorphe Calciumcarbonat-Phasen gibt es? Julyan H. E. Cartwright,* Antonio G. Checa, Julian D. Gale, Denis Gebauer* und C. Ignacio Sainz-Dȷaz A ngewandte Chemi e Stichwçrter: Amorphe Materialien · Biomineralisation · Calciumcarbonat · Festkçrperstruktu- ren · Polyamorphie . Angewandte Aufsätze J. H. E. Cartwright, D. Gebauer et al. 12126 www.angewandte.de # 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2012, 124, 12126 – 12137

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  • Polyamorphie in BiomineralienDOI: 10.1002/ange.201203125

    Die Polyamorphie von Calciumcarbonat und ihreBedeutung f�r die Biomineralisation: Wie viele amorpheCalciumcarbonat-Phasen gibt es?Julyan H. E. Cartwright,* Antonio G. Checa, Julian D. Gale, Denis Gebauer* undC. Ignacio Sainz-D�az

    AngewandteChemie

    Stichwçrter:Amorphe Materialien ·Biomineralisation ·Calciumcarbonat ·Festkçrperstruktu-ren ·Polyamorphie

    .AngewandteAufs�tze J. H. E. Cartwright, D. Gebauer et al.

    12126 www.angewandte.de � 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2012, 124, 12126 – 12137

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  • 1. Einleitung

    Calciumcarbonat ist eine der Verbindungen, f�r die mehrals ein amorpher Zustand gefunden wurde, ein Ph�nomen,das als amorphe Polymorphie oder Polyamorphie bezeichnetwird.[1–4] W�hrend die Polymorphie – also das Auftreten mehrals einer kristallinen Phase derselben Verbindung – schonlange Gegenstand der Forschung ist, sind Beispiele von Po-lyamorphie erst k�rzlich bekannt geworden. Der Begriffselbst wurde 1980 von ukrainischen Wissenschaftlern um LeoSamoylovich Palatnik eingef�hrt, die feststellten: „In Ana-logie zum Ph�nomen Polymorphie, wohlbekannt f�r kristal-line Verbindungen, werden wir das Ph�nomen des Auftretensverschiedener Arten von amorphen Zust�nden der gleichenVerbindung als Polyamorphie bezeichnen.“[5, 6]

    Der Großteil der aktuellen Forschung, die sich mit Poly-amorphie besch�ftigt, befasst sich mit Wasser, das im festenAggregatzustand in einer von drei polyamorphen Formen vonEis vorliegen kann: LDA, HDA und VHDA („low-densityamorphous“, amorph mit niedriger Dichte; „high-densityamorphous“, amorph mit hoher Dichte; „very-high-densityamorphous“, amorph mit sehr hoher Dichte) (Abbil-dung 1).[7–9] Neben Eis ist Silicium ein weiteres bekanntesBeispiel, an dem das Ph�nomen Polyamorphie untersuchtwerden kann.[10] Die Mehrheit der Systeme, die Polyamorphiezeigen, weist gerichtete Wechselwirkungen auf, wie kovalenteBindungen oder Wasserstoffbr�cken, jedoch kann Poly-amorphie auch in metallischen Legierungen auftreten.[11]

    Selbst Materialen, die im Wesentlichen von Van-der-Waals-Wechselwirkungen zusammengehalten werden (wie Fullere-ne (C60), die mit kleinen Molek�len oder inerten Gasen do-tiert sind), bilden orientierte Gl�ser, die polyamorphe �ber-g�nge aufweisen.[12] Dar�ber hinaus kann Polyamorphie auchim fl�ssigen Aggregatzustand auftreten, wobei die Fl�ssigkeiteine dynamische Variante des amorphen festen Zustands ist;

    Polyamorphie von Fl�ssigkeiten kann im Fall von Phosphor[13]

    und Triphenylphosphit[14] beobachtet werden.Tats�chlich ist die Polyamorphie von Fl�ssigkeiten das

    Ideal, w�hrend die Polyamorphie von Festkçrpern nur eined�rftige Entsprechung ist; denn Fl�ssigkeiten befinden sichim thermodynamischen Gleichgewicht, wohingegen Gl�ser,oder amorphe Phasen, keine Gleichgewichtszust�nde repr�-sentieren und metastabil in Bezug auf kristalline Modifika-tionen sind. Aus diesem Grund kann strenggenommen nur dieFl�ssig-fl�ssig-Polyamorphie mithilfe eines traditionellenPhasendiagramms dargestellt werden, ganz im Gegensatz zuAbbildung 1. Wenn wir das thermodynamische Ideal derPolyamorphie betrachten, dann ist die beste Entsprechungdie Koexistenz zweier stabiler Fl�ssigkeiten (z.B. Phos-phor),[13] und wir kçnnen uns sukzessive von diesem Idealfall

    W�hrend die Polymorphie des Calciumcarbonats gut erforscht istund seine kristallinen Modifikationen – Calcit, Aragonit und Vaterit –oft insbesondere im Zusammenhang mit der Biomineralisation un-tersucht wurden, ist das Ph�nomen der Polyamorphie noch nicht langebekannt. Auch die Existenz von mehr als einer amorphen Calcium-carbonatphase ist erst vor Kurzem klar geworden. In diesem Aufsatzfassen wir zusammen, was �ber die Polyamorphie des Calciumcar-bonats auf der einen Seite und �ber die Rolle des amorphen Calci-umcarbonats in der Biomineralisation auf der anderen Seite bekanntist. Unsere Betrachtungen ermçglichen uns aufzuzeigen, dass die Be-handlung amorphen Calciumcarbonats im Rahmen des physikali-schen Verst�ndnisses der Polyamorphie zu neuartigen Einblickenf�hrt, wie unterschiedliche Polymorphe �berhaupt aus ihren Vorstufenentstehen kçnnen. Dies ist von großer Bedeutung f�r unser Ver-st�ndnis der Prinzipien der Biomineralisation sowie der Mittel undWege, wie Kristallisation in medizinischen, pharmazeutischen oderindustriellen Zusammenh�ngen gesteuert werden kann.

    Aus dem Inhalt

    1. Einleitung 12127

    2. Amorphes Calciumcarbonat inder Biomineralisation 12129

    3. Protokristalline amorpheVarianten – oder Polyamorphe –von Calciumcarbonat 12130

    4. Simulation der amorphenPhasen und protokristallinerStrukturen 12132

    5. Schlussfolgerungen undAusblick 12132

    [*] Dr. J. H. E. Cartwright,[+] Dr. C. I. Sainz-D�az[+]

    Instituto Andaluz de Ciencias de la TierraCSIC-Universidad de GranadaE-18100 Armilla, Granada (Spanien)E-Mail: [email protected]: http://www.lec.csic.es/~ julyanProf. A. G. Checa[+]

    Departamento de Estratigraf�a y Paleontolog�aUniversidad de GranadaE-18071 Granada (Spanien)

    Prof. J. D. Gale[+]

    Nanochemistry Research InstituteDepartment of Chemistry, Curtin UniversityP.O. Box U1987, WA 6845 Perth (Australien)

    Dr. D. Gebauer[+]

    Fachbereich Chemie, Physikalische ChemieUniversit�t Konstanz78457 Konstanz (Deutschland)E-Mail: [email protected]: http://cms.uni-konstanz.de/gebauer

    [+] Alle Autoren haben gleichermaßen zu dieser Arbeit beigetragen undsind in alphabetischer Reihenfolge aufgef�hrt.

    Amorphes CalciumcarbonatAngewandte

    Chemie

    12127Angew. Chem. 2012, 124, 12126 – 12137 � 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

  • entfernen. Die unterschiedlichen Charakteristika der Pha-sen�berg�nge gen�gen hierbei dem Konzept idealer Poly-amorphie im weiteren Sinne: Ein Phasen�bergang ersterOrdnung zwischen zwei metastabilen Fl�ssigkeiten (z.B. Si-licium),[10] ein Glas�bergang einer metastabilen Fl�ssigkeit(z. B. Triphenylphosphit),[14] ein diskontinuierlicher, abrupter�bergang zwischen zwei amorphen festen Phasen (z. B.Eis)[7–9] und nicht zuletzt ein kontinuierlicher �bergang zwi-schen zwei amorphen Festkçrpern. Es bleibt noch offen, wogenau die Polyamorphie des Calciumcarbonats innerhalbdieser Reihenfolge eingeordnet werden kann.

    Ein einfacher physikalischer Mechanismus wurde als all-gemeine Erkl�rung f�r das Ph�nomen der Polyamorphie inFl�ssigkeiten und Festkçrpern vorgeschlagen: Die Existenzeines Doppeltopfpotentials – oder noch allgemeiner, zweiercharakteristischer L�ngenskalen – in der intermolekularenPotentialhyperfl�che einer Verbindung, die Polyamorphieaufweist.[20–23]

    Julyan Cartwright ist Physiker und an Struk-tur- und Musterentstehungen in der Naturinteressiert. Er studiert Mechanismen undProzesse der Musterentstehung und Selbstor-ganisation – sowohl am Beispiel Eis als auchim Hinblick auf die Biomineralisation – undhat festgestellt, dass sich die unterschiedli-chen Fragestellungen bei der Polyamorphiedes Calciumcarbonats �berschneiden.

    Antonio Checa promovierte 1984 in Geolo-gie an der Universit�t Granada. Dort ist erseit 2000 ordentlicher Professor f�r Pal�on-tologie. Sein haupts�chliches Forschungsin-teresse gilt der konstruktiven Morphologieund der Biomineralisation von Weichtier-schalen. Seine Forschungen umfassen dieNanostruktur und Kristallographie biologi-scher Kristalle, die Verteilung von organi-schen Bestandteilen inner- und außerhalbdieser Kristalle sowie die Evolution verschie-dener Exoskelett-Typen seit dem Auftauchender Weichtiere vor etwa 540 MillionenJahren.

    Julian Gale erhielt seinen Bachelor of Artsvon der University of Oxford. Nach seinerPromotion ebenda war er Postdoktorand ander Royal Institution of Great Britain in Zu-sammenarbeit mit ICI Chemicals and Poly-mers. Nachdem er ein universit�res For-schungsstipendium der Royal Society erhal-ten hatte, ging er an das Imperial CollegeLondon. 2003 zog er nach Westaustralienund ist derzeit ARC Professorial Fellow undJohn Curtin Distinguished Professor an derCurtin University. Sein Forschungsinteressegilt der Entwicklung und Anwendung von

    computergest�tzten Verfahren im Zusammenhang mit der Materialche-mie, Geochemie und Mineralogie.

    Denis Gebauer promovierte in physikalischerChemie an der Universit�t Potsdam und amMax-Planck-Institut f�r Kolloid- und Grenz-fl�chenforschung. Nach einem zweij�hrigemAufenthalt als Postdoktorand an der Univer-sit�t Stockholm (Schweden) kam er zur�cknach Deutschland und begann 2011 seineHabilitation an der Universit�t Konstanz.Sein Forschungsinteresse gilt Konzepten derNukleation und Kristallisation sowie der Bio-mineralisation und Materialchemie im Allge-meinen. Denis Gebauer ist einer der Preis-tr�ger des Heinz Maier-Leibnitz Preises2012.

    Ignacio Sainz-D�az promovierte an der Uni-versit�t Alcal� de Henares (Madrid, Spani-en). Nach mehreren Jahren an Forschungs-zentren der Industrie und europ�ischen For-schungszentren ging er an das CSIC-Institut(Hoher Rat f�r wissenschaftliche Forschung)nach Granada (Spanien). Seit 2004 ist erForschungsleiter am Instituto Andaluz deCiencias de la Tierra (CSIC-UGR). SeineForschungsinteressen umfassen zwischenato-mare organisch-anorganische Wechselwir-kungen in Kristallen sowie Kristallwachstum,Biomineralisation und Spektroskopie.

    Abbildung 1. Skizze des „Phasendiagramms“ von Wasser mit Poly-amorphie. Gestrichelte Linien: oben: minimale Temperatur als Funkti-on des Drucks, bei der die Kristallisation von (unterk�hltem) Wassereintritt; unten: die entsprechende maximale Temperatur, bei der dieamorphen Formen von Eis kristallisieren.[15] Grauer Punkt: vorgeschla-gener zweiter kritischer Punkt des Wassers und (darunter, Strichpunkt-linie) die vorgeschlagene Grenzlinie f�r �bergange erster Ordnung in(unzug�nglichem) Wasser,[15, 16] die sich in einem gesch�tzten Verlaufder Phasengrenzlinie zwischen LDA und HDA fortsetzt.[17, 18] Die Pfeilezeigen die beobachteten �berg�nge von niedriger zu hoher Dichte bei0.35 GPa und den umgekehrten �bergang zu LDA bei 130–140 K zwi-schen den aufw�rts und abw�rts gerichteten Grenzlinien (d�nn gestri-chelt), die von Mishima beschrieben wurden.[17] (Bei Komprimierungbleibt LDA metastabil bis zur aufw�rts gestrichenen Linie, und bei De-komprimierung bleibt HDA metastabil bis zur abw�rts gestrichenenLinie). Dick gestrichelte Linie: ungef�hre Lage der P-T-Grenzlinie f�rdie Bildung von VHDA. Wiedergabe mit Genehmigung aus Lit. [19].Copyright 2006 Macmillan Publishers.

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  • In diesem Aufsatz diskutieren wir die Polyamorphie vonCalciumcarbonat, einem Mineral, das sowohl f�r seine Poly-morphie als auch f�r seine Bedeutung in der Biomineralisa-tion bekannt ist (d. h., es wird von Lebewesen als Struktur-komponente beispielsweise in Muschelschalen verwendet).Wir glauben, dass eine Betrachtung der Polyamorphie vonCalciumcarbonat aus dem Blickwinkel der Biomineralisationgerade zur rechten Zeit kommt, da auf der einen Seite immerklarer wird, dass amorphes Calciumcarbonat (ACC) einewichtige Rolle in der Biomineralisation spielt (Abschnitt 2),und sich auf der anderen Seite gezeigt hat, dass es nicht nurein einziges ACC gibt, sondern dass Polyamorphe existieren(Abschnitt 3). Dar�ber hinaus lieferten Molek�ldynamiksi-mulationen neuartige Einblicke sowohl in ACC als auch inhochgradig amorphe Vorstufen (Abschnitt 4). Abschließendheben wir verschiedene Aspekte hervor, die unserer Meinungnach in der Forschung aufgegriffen werden sollten (Ab-schnitt 5).

    2. Amorphes Calciumcarbonat in der Biomineralisa-tion

    Die Vorstellung, dass viele Lebewesen amorphe Minera-lien wie Siliciumdioxid, Calciumphosphat oder Calciumcar-bonat (ACC) produzieren, hat eine lange Geschichte, jedochwurde erst in den sp�ten 1960ern die erste kurzlebige amor-phe Mineralphase in den Z�hnen der K�ferschnecke nach-gewiesen.[24] Seitdem gibt es immer mehr Belege daf�r, dasssich Biomineralien, sowohl in Wirbeltieren als auch in Wir-bellosen, aus entsprechenden amorphen Vorstufen bilden(siehe Aufs�tze in Lit. [25–27]). Calciumcarbonat ist in Wir-bellosen das mit Abstand am weitesten verbreitete Materialund dient dort zur Bildung fester Strukturen. Dies sind Gra-nula, Sklerite, Schalen und andere Strukturen, die zumeist auseinem der beiden haupts�chlich in Biomineralien auftreten-den Polymorphe, Calcit oder Aragonit, wie auch in seltenenF�llen aus Vaterit aufgebaut sind.

    Laut Addadi et al.[30] wurde biogenes ACC erstmals imfr�hen 20. Jahrhundert erw�hnt; allerdings gab es detaillierteStudien, bei denen auch experimentelle Techniken mit hin-reichend hohem Auflçsungsvermçgen herangezogen wurden,erst ab den 1990er Jahren. Seitdem wurde ACC in vielenSt�mmen von Lebewesen nachgewiesen (siehe den Aufsatzvon Addadi et al.).[30] Bei manchen Lebewesen fungiert dasACC als struktureller Bestandteil (z. B. Zystolithe bei Pflan-zen,[31] calcitische Sklerite bei Schw�mmen[32–34] und See-scheiden)[33–35] oder als Reservoir f�r zuk�nftigen Bedarf anCalciumcarbonat (bei Regenw�rmern[36–38] und Gliederf�-ßern).[39–43] In anderen St�mmen (z. B. Weichtieren[29,44–49] undStachelh�utern)[28, 50–57] ist ACC eine Vorstufe f�r kristallinesCalciumcarbonat. Untersuchungen an den beiden letztge-nannten St�mmen sind wegen des allgemeinen Interesses anden Prozessen, die der Kristallisation von ACC zugrundeliegen, besonders popul�r.

    Eine wichtige Frage ist, wie die metastabile ACC-Phase�berhaupt vor�bergehend (oder auch permanent) stabilisiertwerden kann. In der Literatur wird vorgeschlagen, dass Ma-kromolek�le, Wasser, Membranen und ionische Bestandteile

    eine stabilisierende Funktion haben kçnnten.[58] Aizenberget al.[32, 33, 35] fanden bedeutende Unterschiede bei den Ver-unreinigungen durch Aminos�uren in Calcit und ACC (auscalcitischen Skleriten von Schw�mmen und Seescheiden) undschlugen vor, dass Makromolek�le, zusammen mit Mg2+-Ionen, f�r die Stabilisierung von ACC verantwortlich seien.Diese Sichtweise wurde sp�ter von anderen Autoren aufge-griffen, um die Stabilisierung von ACC in Krebstieren,[40] inden Stacheln von Seeigellarven,[53] in den Stacheln adulterSeeigel[50,57] und in Regenw�rmern[36,37] zu erkl�ren. Erst vorKurzem wurde eine Rolle von Metaboliten mit geringemMolekulargewicht (anorganisches Phosphat, Phosphoenol-pyruvat, Citrat, …) bei der Stabilisierung von ACC in Krebs-tieren aufgezeigt.[43, 59]

    Beniash et al.[51] schlugen erstmals die direkte Umwand-lung von ACC in eine andere kristalline Phase vor (in diesemFall die Bildung von magnesiumreichem Calcit in larvalenSeeigelstacheln). Diese Interpretation wurde sp�ter durch dieBeobachtung von ACC in Granula von Zellen best�rkt, diemit der Entstehung der Stacheln in Zusammenhang stehen,[50]

    da diese Granula in der Folge zum sich bildenden Stacheltransportiert werden kçnnten. In �hnlicher Weise wurde einedirekte Umwandlung von ACC in Aragonit von Hasseet al.[44] und Marxen et al.[46] im Fall der Schnecke Biompha-laria, von Weiss et al.[45] bei larvalen Muscheln (obwohl Kudoet al.[60] kein ACC in der larvalen Schale von Crassostreafinden konnten) und von Jacob et al.[48] bei S�ßwasserkul-turperlen angenommen. Alle diese Autoren beobachteten,dass w�hrend des Wachstums der kristallinen Strukturen dasVerh�ltnis von kristallinem Calciumcarbonat zu ACC zuge-nommen hatte, jedoch bedeutet dies allein noch nicht, dasssich ACC direkt in kristallines Calciumcarbonat umgewan-delt hat. Die direkte Bildung von kristallinem Calciumcar-bonat, ohne dass ACC eine Rolle spielen w�rde, kçnnten�mlich in fortgeschrittenen Wachtumsphasen erfolgen.

    Der erste direkte Nachweis gelang gleichzeitig am Bei-spiel zweier taxonomisch weit entfernter St�mme der Wir-bellosen. Politi et al.[28] zeigten durch differentielles Auflçsen,dass das ACC eines sich regenerierenden Seeigelstachels in-nerhalb einer etwa 100–200 nm dicken �ußeren Schicht lo-kalisiert ist (Abbildung 2A) und sich vornehmlich an derSpitze des Stachels befindet, wo die Wachstumsgeschwindig-keit am hçchsten ist (siehe auch Seto et al.[57]). Dar�berhinaus bildeten Politi et al. die Umwandlung von ACC inCalcit ab, ausgelçst durch Bestrahlung im Transmissions-elektronenmikroskop (TEM). Gleichzeitig wiesen Nassifet al.[47] eine 3–5 nm dicke ACC-Schicht im Perlmutt nach, diedie Oberfl�che der vollentwickelten Aragonitpl�ttchen be-deckt. Eine �hnliche, allerdings dickere und kontinuierlicheamorphe Schicht wurde in der prismatischen calcitischenSchicht der Schale der Perlmuschel gefunden (Abbil-dung 2B).[29] Da sich all diese Strukturen durch das Hinzu-f�gen von Material an der Wachstumsfront entwickeln, be-steht nur die Mçglichkeit, dass sich der ACC-Kortex w�hrenddes Wachstums direkt in die entsprechende kristalline Phaseumwandelt. Die offensichtlich stattfindende direkte Um-wandlung von ACC in kristallines Calciumcarbonat wirft diehochinteressante Frage auf, wie dieser �bergang genau von-stattengeht. Bei der Untersuchung der Stachelbildung in

    Amorphes CalciumcarbonatAngewandte

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  • Seeigelembryonen fanden Beniash et al. ,[50] dass das ACCsignifikante Mengen Wasser enthielt, das w�hrend der Kris-tallisation freigesetzt wurde. Sp�tere Arbeiten, die sich miteben diesen Strukturen besch�ftigten (mit Seeigelsta-cheln[28,53, 55] und -z�hnen),[56] zeigten auf, dass stabilisiertesbiogenes ACC typischerweise strukturelles Wasser enth�lt,w�hrend vor�bergehend beobachtete ACC-Phasen im All-gemeinen kein Wasser enthielten (siehe Abschnitt 4). DieBiomineralisation erfolgt hier in drei wesentlichen Schritten:a) Bildung von hydratisiertem ACC, das sich schnell inb) eine kurzlebige, nichthydratisierte ACC-Phase und

    schließlich in c) Calcit umwandelt (siehe den Aufsatz vonAddadi et al.[30]). Laut experimentellen Daten verl�uft dieseSequenz exergonisch.[61]

    Nudelman et al.[62] schlugen vor, dass die calcitischenPrismen in Muschelschalen durch ACC-Partikel (Durchmes-ser 50–100 nm) wachsen, die in der Folge der F�llung epi-taktisch bei Kontakt mit der Kristalloberfl�che kristallisieren.Politi et al.[55] postulierten, dass sich kurzlebiges, wasserfreiesACC in Seeigellarven �ber sekund�re Nukleation in Calcitumwandelt, wobei durch die Kristallisation des ACC dieUmwandlung benachbarter Dom�nen gefçrdert wird. W�h-rend dieses Prozesses liegen beide Phasen (sowohl die ge-ordnete als auch die ungeordnete) im festen Aggregatzustandvor und stehen miteinander in Kontakt. Damit handelt es sichbei der Umwandlung um eine Festphasentransformation.[63]

    Die kristallographische Ausrichtung ist dabei durch denersten Hauptkristallkeim des larvalen Skeletts festgelegt. DieHypothese einer sekund�ren Nukleation im Festkçrper be-st�tigt sich in Experimenten, bei denen Langmuir-Monolagenals Modellsystem dienten und die Festphasentransformationvon ACC-Vaterit direkt beobachtet wurde.[64]

    Bei der Untersuchung der biogenen Vorstufen-ACCswurden unterschiedliche Nahordnungen beobachtet. Dererste Beleg wurde f�r das ACC der Aragonit-bildendenS�ßwasserschnecke Biomphalaria glabrata erbracht, das inseiner Nahordnung Aragonit selbst �hnelt.[44, 46] AndereNahordnungen, die mit Aragonit[30] und Calcit[30, 53, 58] ver-wandt sind, wurden in larvalen Weichtieren, die Aragonitbilden, beziehungsweise in calcitischen Strukturen von See-igeln gefunden. Von ACC, das in diesem Sinne Monohydro-calcit �hnelt, wurde außerdem im Fall einer Reihe von Or-ganismen berichtet.[65] Vor diesem Hintergrund erscheint dieFeststellung von Addadi et al.[30] sinnvoll, dass biogenes ACCstrukturell betrachtet nicht eine einzelne Mineralphase ist,sondern dass eine ganze ACC-Familie existiert, die offen-sichtlich einer genetischen Kontrolle in unterschiedlichenSpezies und St�mmen unterliegt. Belcher et al.[66] und Faliniet al.[67] konnten gleichzeitig zeigen, dass die Abscheidungvon Polymorphen durch Makromolek�le kontrolliert wird,die entweder mit der calcitischen oder mit der aragonitischenSchicht von Muschelschalen in Verbindung gebracht werdenkçnnen. Die gleichen Makromolek�le kçnnten die unter-schiedlichen Nahordnungen in ACC kontrollieren, wenn wirdie oben angedeutete Strukturverwandtschaft zwischen Po-lymorphen und Polyamorphen in Betracht ziehen.

    3. Protokristalline amorphe Varianten – oder Poly-amorphe – von Calciumcarbonat

    Außer biogenen Proben kçnnen auch synthetisch herge-stellte ACCs unterschiedliche Nahordnungen aufweisen. InGegenwart von Polyasparagins�ure und Magnesiumionenkçnnen Nahordnungen in synthetischem ACC erhaltenwerden, die mit Vaterit bzw. Aragonit verwandt sind.[69] Ver-schiedene Arten von Additiven kçnnen ACC stabilisieren,das unter Umgebungsbedingungen instabil w�re, jedoch kannstabilisiertes ACC auch ohne die Hilfe von Zus�tzen erhaltenwerden, wenn es bei hoher �bers�ttigung gef�llt wird.[70–73]

    Abbildung 2. Anzeichen f�r ACC, das einen sich erneuernden Seeigel-stachel (A) und ein wachsendes calcitisches Prisma in der Schale einerMuschel (B) umgibt. A) Sich erneuernder Stachel des Seeigels Paracen-trotus lividus. Unten links ist ein frisch gebildeter Mikrostachel (etwa4 Tage alt) gezeigt. Unten rechts ist ein �hnlicher Mikrostachel abgebil-det, der in Wasser angelçst wurde; das ACC in der �ußeren Schichthat sich aufgelçst. Wiedergabe mit Genehmigung aus Lit. [28]. Copy-right 2004 AAAS. B) Wachstumsfront eines Prismas aus der �ußerencalcitischen Schicht der Schale der Muschel Pinctada margaritifera, dieeinen Kontakt zwischen dem kristallinen Inneren und dem amorphenKortex aufzeigt. Wiedergabe aus Lit. [29] mit Genehmigung der Mine-ralogical Society. Copyright 2008 GeoScienceWorld.

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  • Solche ACCs zeigen aber allgemein keine klare Nahord-nung.[74,75] Diese Beobachtung kçnnte implizieren, dass Ad-ditive unterschiedliche Nahordnungen induzieren und diesedamit extrinsische Eigenschaften von ACC w�ren. DieseVorstellung ist konform mit der Beobachtung unterschiedli-cher Strukturierungen in biogenem ACC, da dieses immerBio(makro)molek�le enth�lt, und die unterschiedlichenStrukturierungen kçnnten entsprechend Addadi et al.[30] ge-netischer Kontrolle unterliegen. Jetzt aber ist klar, dass un-terschiedliche Nahordnungen eine intrinsische Eigenschaftvon ACC sind, wenn es bei einer moderaten �bers�ttigunggef�llt wird. Der fr�heste Beleg einer klaren Strukturierungin der Nahordnung von synthetischem ACC wurde dabei vonG�nther et al.[76] erbracht, die mit Calcit verwandte Nahord-nungen in ACC fanden, das bei 0 8C synthetisiert wurde.

    ACC, das frei von Zus�tzen ist und aus �quilibrierten,leicht �bers�ttigten (metastabilen) w�ssrigen Calciumcarbo-natlçsungen mithilfe eines plçtzlichen Wechsels in einschlechtes Lçsungsmittel f�r Calciumcarbonat ausgef�lltwurde (z.B. durch „Abschrecken“ in Ethanol), weist ein-deutig unterschiedliche Nahordnungen auf.[68] Die Art derStrukturierung h�ngt vom pH-Wert der w�ssrigen Lçsung ab:Bei pH� 8.75 und pH� 9.80 werden ACCs mit Nahordnun-gen erhalten, die mit Calcit bzw. Vaterit verwandt sind (Ab-bildung 3). Die pH-Abh�ngigkeit unterschiedlicher Struktu-rierungen in ACC wurde bereits in einer fr�heren Studievorgeschlagen, in der zwei verschiedene Lçslichkeiten f�rACC gefunden wurden, das in den entsprechenden, unter-schiedlichen pH-Bereichen gef�llt wurde (ACCI undACCII).[77] Lçslichkeiten korrelieren direkt mit der thermo-dynamischen Stabilit�t der jeweiligen Phasen (variierendeLçslichkeiten kçnnen aber auch Grçßenver�nderungen wi-derspiegeln, weil Gibbs-Thomson-Effekte auf der Nanoskalazum Tragen kommen, oder auf Verunreinigungen zur�ckzu-f�hren sein). Die Nahordnung des stabileren ACCI ist ver-wandt mit Calcit, das auch die stabile kristalline Modifikationist, w�hrend das weniger stabile ACCII mit dem am wenigs-ten stabilen wasserfreien Polymorph Vaterit strukturell ver-wandt ist.[68] Infolgedessen wurde der Begriff protokristallinerStrukturierung in ACC eingef�hrt, d.h., dass ACCI undACCII jeweils proto-Calcit-ACC (pc-ACC) und proto-Vate-rit-ACC (pv-ACC) repr�sentieren.[68]

    Interessanterweise reflektieren die unterschiedlichenStabilit�ten der protokristallinen ACCs die pH-abh�ngigeStabilit�t von Pr�nukleationsclustern.[77] Stabilere Pr�nu-kleationscluster bilden entsprechend bei Nukleation das sta-bilere pc-ACC. Die Tatsache, dass die Nukleation von ACCoffensichtlich �ber eine Aggregation der Pr�nukleations-cluster vonstattengeht,[77–80] l�sst darauf schließen, dass be-reits in den Pr�nukleationsclustern unterschiedliche Struk-turen vorliegen.[81] Zusammengenommen zeigt sich, dass dieunterschiedlichen Strukturen in der Nahordnung von ACCintrinsisch sind und von intensiven Parametern w�hrend derFr�hphasen der Kristallisation abh�ngen. Dar�ber hinausmag der oben angedeutete Mechanismus erkl�ren, warumkeine klare Strukturierung der Nahordnung in ACC erhaltenwerden kann, wenn es ausgehend von hoher �bers�ttigunggef�llt wurde; in diesem Fall wird das ACC praktisch unmit-telbar ausgef�llt, und die Strukturierung in den Pr�nuklea-

    tionscluster (und damit in ACC, wenn es aus den Clustern�ber Aggregation gebildet wird) kann sich nicht entsprechendden intensiven Systemvariablen einstellen. Auf der anderenSeite kçnnen Wechselwirkungen zwischen ACC und Kristal-lisationszus�tzen bestimmte Protostrukturierungen in ACCstabilisieren, die sich in der Folge bilden. Computersimula-tionen zufolge kçnnte das Auftreten kettenfçrmiger undhochdynamischer Strukturen in Pr�nukleationsclustern daszugrunde liegende Prinzip der Protostrukturierung in ACCsein (siehe Abschnitt 4).[82]

    Dessen ungeachtet bestimmt die protokristalline Strukturder amorphen Zwischenformen nicht zwingend das Ergebnisder Phasenumwandlung von amorph zu kristallin – proto-Calcit-ACC wandelt sich nicht notwendigerweise in Calcitum,[68] wenngleich auch eindeutige entsprechende Phasen-umwandlungen beobachtet wurden.[76] Da sich die biogenenACCs, die immer Additive enthalten, wenn sie klare Nah-ordnungen aufweisen, in eindeutiger Art und Weise in dasjeweilige kristalline Polymorph umwandeln kçnnen, scheintes, dass eben diese Additive spezifisch mit den Protostruk-turen w�hrend des Phasen�bergangs wechselwirken und so

    Abbildung 3. Spektren von Calcit, Vaterit, proto-Calcit-ACC (pc-ACC)und proto-Vaterit-ACC (pv-ACC). a) 13C Festkçrper-NMR-Spektren, diemithilfe einzelner Pulse bei einer magnetischen Feldst�rke von 8.4 Tund einer MAS-Rotationsgeschwindigkeit (MAS= Rotation um denmagischen Winkel von 8.0 kHz aufgezeichnet wurden. b) Fourier-Trans-formierte der Calcium-K-Kanten-EXAFS, aufgetragen als Funktion desAbstandes R ; die zu erwartenden Koordinationsarten innerhalb derersten Schalen sind angedeutet. Der schwarze Pfeil kennzeichnet einSignal, das mçglicherweise der Koordination strukturellen Wassers zu-geordnet werden kann. Die vertikalen Linien sollen eine Hilfe f�rsAuge sein. Die Daten zeigen, dass die durchschnittlichen Nahordnun-gen in pc-ACC und pv-ACC jeweils mit Calcit und Vaterit strukturellverwandt sind. Adaptiert aus Lit. [68].

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  • letztlich die Polymorphie kontrollieren kçnnen.[83] Auch hiergibt es jedoch Ausnahmen von der Regel; z. B. kann sich das„aragonitische“ ACC der S�ßwasserschnecke Biomphalariaglabrata bei adulten Tieren offensichtlich teilweise in kleineMengen Vaterit umwandeln.[44] Die genauen Mechanismen,die den Additiv-Mineral-Wechselwirkungen �ber die unter-schiedlichen Kristallisationsphasen hinweg zugrunde liegen(Pr�nukleation, Nukleation, Postnukleation), sind jedochnoch nicht verstanden (siehe Abschnitt 5).

    4. Simulation der amorphen Phasen und „protokris-talliner Strukturen“

    Die Erarbeitung von Strukturmodellen f�r amorphesCalciumcarbonat ist experimentell anspruchsvoll. VorKurzem konnten zwei unterschiedliche atomare Strukturenauf der Grundlage von umgekehrter Monte-Carlo-Modellie-rung (Reverse Monte Carlo (RMC) Simulation) experimen-teller Paarverteilungsfunktionen von ACC vorgeschlagenwerden.[72] Hierbei ist wichtig anzumerken, dass das unter-suchte ACC bei sehr hoher �bers�ttigung ausgef�llt wurdeund deshalb keine klare atomare Nahordnung oder proto-strukturellen Charakteristika aufwies (siehe Abschnitt 3).Die Ergebnisse lassen zwar darauf schließen, dass bei einerStçchiometrie entsprechend der des Monohydrocalcits dieVerteilung von Wasser in ACC heterogen ist, allerdings bleibtungewiss, inwiefern diese Strukturmodelle repr�sentativ sind.In der Tat zeigen neuere Befunde aus 43Ca-Festkçrper-NMR-Spektroskopie in Kombination mit Molek�ldynamiksimula-tionen,[84] dass sich die RMC-basierte Struktur von Goodwinet al.[72] w�hrend der Simulation ver�ndert, was zu einer ver-ringerten Heterogenit�t f�hren kçnnte.

    Ein alternativer Ansatz zur Erg�nzung experimentellerUntersuchungen sind atomistische Simulationsverfahren,dabei insbesondere Molek�ldynamik, die Einblicke in dieStruktur von ACC geben. Quigley und Rodger[85] habenMetadynamik angewendet, um die relative Gibbs-Energieamorpher und kristalliner Calciumcarbonat-Nanopartikelabzusch�tzen. Zwar kann das zugrunde liegende Kraftfeld dierelative Stabilit�t der kristallinen Polymorphe nicht korrekterfassen, jedoch veranschaulicht diese Arbeit, dass es mçglichist, die eingeschr�nkten Zeitskalen der Molek�ldynamik zu�berwinden, die normalerweise die Beobachtung von Pha-sen�berg�ngen verhindern.

    Raiteri und Gale[86] verfolgten einen anderen Ansatz zurUntersuchung amorpher Nanopartikel, indem sie Clusterabschreckten, die in vacuo geschmolzen und nachfolgend inw�ssriger Umgebung getempert wurden. Auf diese Weisewurde eine Reihe von Clustergrçßen untersucht, von Ionen-paaren bis hin zu Clustern mit Durchmessern von 4 nm, wobeiauch der Wassergehalt variiert wurde. Zwar wurden keineklaren Belege f�r Polyamorphie gefunden, allerdings gibt esHinweise auf eine grçßenabh�ngige strukturelle Inhomoge-nit�t. Im Besonderen wurde festgestellt, dass der thermody-namisch bevorzugte Wassergehalt mit wachsender Partikel-grçße zunimmt. Zusammen mit der eingeschr�nkten Diffu-sion der Wassermolek�le innerhalb der Struktur von ACCl�sst diese Beobachtung darauf schließen, dass es radiale

    Schwankungen in der Zusammensetzung gibt und die H�lleder Nanopartikel mehr Wasser enth�lt als der innere Kern.Weiterhin kann die Gibbs-Energie eines ACC-Nanopartikelsdurch Optimierung des Wassergehalts bei geringen Partikel-grçßen kleiner bleiben als die eines kristallinen Calcitnano-partikels, sodass ACC dieser Grçße stabil und nicht meta-stabil w�re. Jedoch werden die ACC-Nanopartikel, sobald sieagglomerieren oder wachsen, schnell metastabil bez�glichCalcit und Aragonit.

    Außer der Untersuchung der ACC-Struktur kçnnen auchMolek�ldynamiksimulationen dazu beitragen, die Natur derexperimentell gefundenen Pr�nukleationsspezies zu verste-hen. So haben Demichelis et al.[82] vor Kurzem gezeigt, dassCalcium- und Carbonat-Ionen in Lçsung rasch assoziierenund stabile Cluster bilden. Diese Vorstufen weisen eine un-gewçhnliche, hochdynamische Struktur auf, die aus Kettenabwechselnder Kationen und Anionen besteht. Bemerkens-werterweise kçnnen die Ionen Ringe sowie verzweigte undlineare Ketten bilden, die allesamt eine Gibbs-Energie haben,die jeweils innerhalb des Betrags der thermischen Energiepraktisch gleich ist. Diese neuartige Spezies wurde als dyna-misch geordnetes, fl�ssigkeits�hnliches Oxoanionenpolymerbezeichnet (dynamically ordered liquid-like oxyanion poly-mer, DOLLOP; engl. f�r Klecks, Klumpen), und es wurdevorgeschlagen, dass die Pr�nukleationscluster strukturelldieser Spezies entsprechen.[82] Obschon das Verhalten vonDOLLOP formal keine Polyamorphie ist (da es keine Pha-sengrenze gibt), verkçrpern diese Strukturen doch ungeord-nete, aber r�umlich unterschiedlich strukturierte Cluster, diesich ineinander umwandeln kçnnen (Abbildung 4). DieseSpezies befinden sich im Gleichgewicht mit der Lçsung, undwenn sie eine kritische Grçße erreichen, scheint es, dass sieeine subtile Strukturver�nderung durchmachen, die dazuf�hrt, dass die grçßeren Cluster stabiler sind als die anf�ng-lichen DOLLOPs. Unklar ist jedoch, was genau bei der Nu-kleation passiert, d.h., wie DOLLOPs eine kritische Grçßeerreichen; dieser Prozess kçnnte prinzipiell �ber das Wachs-tum durch Anlagerung einzelner Ionen oder �ber die Ag-gregation individueller DOLLOPs vonstattengehen. Experi-mentelle Beobachtungen sprechen f�r die zweite Mçglich-keit.[77–80] Demnach kçnnte die Strukturumwandlung großerDOLLOPs (die unterschiedliche, sich ineinander umwan-delnde r�umliche Strukturen bei kleineren Grçßen aufwei-sen) mit den experimentell beobachteten protokristallinenStrukturen in Beziehung stehen und damit die Grundlage f�rdie Polyamorphie von ACC bilden.

    5. Schlussfolgerungen und Ausblick

    Unser Wissen �ber die Polyamorphie des Calciumcarbo-nats hat viele L�cken, besonders was unser Verst�ndnis derZusammenh�nge auf atomarer Ebene betrifft. Die starkenelektrostatischen Wechselwirkungen zwischen den Carbo-natanionen und Calciumkationen sowie Wasserstoffbr�cken(die hier ob des strukturellen Wasser eine Rolle spielen)m�ssen der Schl�ssel zur Aufkl�rung der Phasen�berg�ngezwischen den unterschiedlichen Glaszust�nden, aber auchzwischen den amorphen und kristallinen Formen sein. Es

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  • wurden �hnliche Beispiele untersucht, etwa im Zusammen-hang mit der Polyamorphie von Eis[87] oder bei der Transfor-mation von Carbonat in Kohlens�ure,[88] wo verschiedenePolyamorphe gefunden werden konnten. Oft wird angenom-men, dass jede amorphe Phase ein spezielles kristallinesCalciumcarbonatpolymorph liefert, jedoch ist dies nicht not-wendigerweise der Fall, sondern h�ngt von den jeweiligenNukleations- und Kristallisationsbedingungen ab. Eines derhaupts�chlichen Probleme im Zusammenhang mit der Poly-amorphie von Calciumcarbonat ist das Fehlen eines Struk-turmodells, das diese Glaszust�nde beschreibt. Ein solchesModell w�rde es uns ermçglichen, das atomare Gef�ge kris-tallographischer Strukturen mit Fernordnung oder verschie-dener ungeordneter Strukturen zu erforschen und dar�berhinaus zu verstehen, welche Rolle Wasser und/oder Proteinebei der Beeinflussung des Phasen�berganges von amorph zukristallin spielen. Die Kenntnis eines Strukturmodells, das dieunterschiedlichen amorphen Phasen beschreibt, w�rde alsohelfen, den Einfluss verschiedener Zus�tze in biologischenKristallisationsprozessen und die w�hrend der Phasenum-wandlung auftretenden Wechselwirkungen zu verstehen. Di-verse experimentelle Verfahren, die auch zur Charakterisie-rung kristallinen Calciumcarbonats verwendet wurden,kçnnen dazu dienen, die unterschiedlichen amorphen Zu-st�nde zu identifizieren, z.B. Infrarotspektroskopie, Rçnt-gendiffraktometrie, erweiterte Rçntgenabsorptionsfeinstruk-turanalyse (extended X-ray absorption fine structure,EXAFS) und Synchrotron-basierte Totalstreumethoden. Al-lerdings konnten bislang nur indirekte Informationen �berdie atomaren Strukturen erhalten werden.[72]

    EXAFS-Untersuchungen an amorphem Calciumcarbonathaben Koordinationszahlen f�r die Calciumkationen erge-ben, die niedriger als in den kristallinen Modifikationen sind(6 f�r Calcit und Vaterit, 9 f�r Aragonit).[74] Mithilfe vonCalcium-K-Kanten-EXAFS-Analyse in Kombination mitRMC-Simulationen wurden verschiedene Calciumverteilun-gen und auf der Basis von NMR- und IR-Spektroskopie un-terschiedliche Wasserumgebungen in der Struktur des amor-phen Calciumcarbonats gefunden.[72] Allerdings wurden bis-lang keine eindeutigen Unterschiede in der atomaren Struk-tur der mçglichen amorphen Phasen detektiert. In der Tatbleibt ungewiss, wie homogen die Zusammensetzung unddamit die Struktur partiell hydratisierter ACCs tats�chlichsind.

    Unter Ber�cksichtigung aller oben diskutierten Punktekçnnen wir folgern, dass die Polyamorphie des Calciumcar-bonats recht umfangreich ist (Abbildung 5). Zun�chst gibt eswasserhaltige und wasserfreie ACCs, die in biogenen Probenbeobachtet wurden und dort stabilisiertem bzw. kurzlebigemACC entsprechen.[30] Der Wassergehalt von ACC kann vari-ieren, wobei �berwiegend eine Stçchiometrie naheCaCO3·H2O beobachtet wird.

    [26] Unter dem Gesichtspunktder Polyamorphie entsprechen verschiedene amorpheFormen mit unterschiedlichem Wassergehalt Pseudopoly-amorphen (vgl. Pseudopolymorphie im Fall kristalliner Ver-bindungen). Eine erschçpfende Diskussion gestaltet sich

    Abbildung 4. Unterschiedliche Strukturen eines Pr�nukleationsclustersaus vier CaCO3-Formeleinheiten. Die gezeigten Strukturen repr�sentie-ren die Konfiguration von vier getrennten Clustern nach 1 ns Simulati-on unter Bedingungen, die dem eigentlichen Experiment entsprechen([Ca]= 0.4 mm, [HCO3

    �] =10 mm, pH 10); Ca gr�n, C blau, O rot; um-gebende Wassermolek�le sind nicht gezeigt. Wiedergabe aus Lit. [82]mit Genehmigung. Copyright 2011 Macmillan Publishers.

    Abbildung 5. Polyamorphie und Polymorphie (Kasten) von Calciumcar-bonat. Erl�uterungen siehe Text.

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  • jedoch schwierig, da sie von einem Verst�ndnis der tats�ch-lichen strukturellen Rolle der Wassermolek�le abh�ngt (sieheAbschnitt 4). Zum Beispiel kçnnten in polyamorphem ACCBereiche mit derselben Zusammensetzung auftreten, diedurch andere Bereiche mit unterschiedlichem Wassergehaltvoneinander getrennt sind. Die Dehydratation von wasser-haltigem ACC zu wasserfreiem ACC und die nachfolgendeKristallisation verlaufen exergonisch,[61] zumindest im Fallrelativ großer Partikel. Das kçnnte ein Hinweis darauf sein,dass kurzlebige biogene ACCs aus stabilisierten hydratisier-ten Vorstufen im Laufe biologisch herbeigef�hrter Kristalli-sation entstehen. Außer einem variierenden Wassergehaltkçnnen biogene ACCs auch unterschiedliche Nahordnungenaufweisen, die mit Calcit[30,53, 58] (calcitisches ACC), Arago-nit[30,44, 46] (aragonitisches ACC) oder Monohydrocalcit[65]

    (MHC-�hnliches ACC) verwandt sind. Biogenes vateritischesACC konnte jedoch bis jetzt nicht mit Sicherheit gefundenwerden (Abbildung 5). Das ACC in Ablagerungen desBrustpanzers von Porcellio scaber kçnnte mit Vaterit – oderaber Monohydrocalcit – verwandt sein, wenn man den mit-hilfe von EXAFS-Analyse bestimmten Sauerstoff-Calcium-Abstand innerhalb der ersten Koordinationsschale zugrundelegt; allerdings lassen IR-spektroskopische Daten auf eineVerwandtschaft mit Aragonit schließen.[89] Im Zusammen-hang mit vateritischem ACC ist außerdem wichtig zu be-denken, dass es nur wenige Beispiele von biogenem Vateritgibt (siehe Abschnitt 2) und dass in den wenigen bekanntenF�llen der Bildungsmechanismus nicht im Detail untersuchtworden ist. Zuk�nftige Studien werden mçglicherweise zurzweifelsfreien Identifikation einer Vaterit-�hnlichen ACC-Zwischenstufe f�hren. Unseren obigen Betrachtungen fol-gend kçnnten die unterschiedlich strukturierten biogenenACCs entsprechend ihrer biologischen Funktion auch unter-schiedliche Wassergehalte aufweisen, wenn sie also z.B. inhydratisierter Form als Calciumcarbonat-Speicher fungierenoder als wasserfreie ACCs nur transient auftreten und in derFolge kristallisieren.

    Es ist unklar, inwiefern vom Blickpunkt der Polyamorphieaus gesehen die „vorstrukturierten“ biogenen ACCs mit densynthetischen protostrukturierten ACCs in Beziehung stehen(proto-Calcit-ACC, proto-Vaterit-ACC[68] und mçglicherwei-se proto-Aragonit-ACC (pa-ACC), das ohne die Hilfe vonAdditiven bis jetzt noch nicht erhalten werden konnte (Ab-bildung 5)). Auf der einen Seite mag der Ursprung unter-schiedlicher Nahordnungen im biogenen Fall ebenfalls aufPr�nukleationscluster und DOLLOP zur�ckzuf�hren sein,wie in den Abschnitten 3 und 4 ausgef�hrt. Auf der anderenSeite haben EXAFS-Strukturuntersuchungen gezeigt, dassbiogene ACCs Koordinationszahlen aufweisen kçnnen, diemit denen kristalliner Spezies �bereinstimmen.[90] Diese Be-funde sind nur schwer mit den niedrigen Koordinationszahlenzu vereinbaren, die in den synthetischen protostrukturiertenACCs gefunden wurden (N = 2).[68] �hnlich niedrige Koor-dinationszahlen kçnnen zwar auch in biogenen ACCs ge-funden werden,[65] jedoch mag diese Beobachtung mit derrecht hohen Unsicherheit von Koordinationszahlen zusam-menh�ngen, die auf der Basis von EXAFS-Untersuchungenbestimmt wurden.[91] Calcium-Sauerstoff-Abst�nde, die mit-hilfe von EXAFS-Analysen erhalten werden, kçnnen ebenso

    als diagnostisches Kriterium zur Unterscheidung amorpherStrukturen dienen, da sie sich mit dieser Methode wesentlichgenauer bestimmen lassen als die Koordinationszahlen. Al-lerdings sind in diesem Fall zus�tzliche experimentelle Cha-rakterisierungen erforderlich. Unterschiedliche Methodenkçnnen widerspr�chliche Anhaltspunkte liefern, wie im Fallder ACC-Ablagerungen im Brustpanzer von Porcellioscaber ;[89] Grund hierf�r ist, dass die Strukturunterschiede nurgeringe Effekte auf die analytischen Befunde haben kçnnen,die innerhalb des experimentellen Fehlers liegen. Diese Be-obachtung unterstreicht, dass verschiedene Methoden zurStrukturcharakterisierung von ACC kombiniert werden soll-ten. Eine alternative Erkl�rung der unterschiedlichen Koor-dinationszahlen kçnnte sein, dass Bio(makro)molek�le, die inden biogenen ACC-Phasen enthalten sind, amorphe Zust�n-de stabilisieren, die schon viel n�her am kristallinen Zustandsind, aber aus weniger geordneten protostrukturierten ACCsmit niedrigen Koordinationszahlen hervorgegangen sind.Dies kçnnte auch bei den ACCs der Fall sein, die in vitromithilfe von Additiven synthetisiert wurden und unter-schiedliche Strukturen aufweisen.[69]

    ACCs, die Zus�tze enthalten und nicht mit kristallinenModifikationen verwandt sind, kçnnen in vitro erhaltenwerden. Besonders interessant sind so genannte Polymer-in-duzierte fl�ssige Vorstufen (polymer-induced liquid precur-sors, PILPs)[26, 92] und fl�ssiges ACC,[93] das auch in Abwe-senheit von Additiven stabilisiert werden kann, wenn derKontakt mit extrinsischen Oberfl�chen (und damit hetero-gene Nukleation) durch freies Schweben in Trçpfchen ver-ringert wird.[94] Diese Phasen unterscheiden sich von denACCs, die wir bis jetzt besprochen haben, da es sich umfl�ssige und nicht um feste Formen von Calciumcarbonathandelt – die gar Mikrometer große Trçpfchen bildenkçnnen. Tiefergehende Strukturdetails dieser Phasen bleibenunklar, Wolf et al.[93, 94] folgern allerdings, dass geringeMengen bestimmter Polymere diese fl�ssigen Zwischenfor-men stabilisieren und nicht „induzieren“ und sich diese Spe-zies zuerst �ber eine Fl�ssig/fl�ssig-Phasentrennung bilden.Diese Phasen sind daher offensichtlich Vorstufen der weiteroben diskutierten festen ACCs und kçnnen strenggenommennicht als Polyamorphe von Calciumcarbonat betrachtetwerden. Neuere Befunde weisen darauf hin, dass neutralepH-Werte, bei denen Hydrogencarbonat-Ionen das Carbo-natpuffergleichgewicht dominieren, entscheidend daf�r sind,dass diese fl�ssigen Formen von Calciumcarbonat in Abwe-senheit von Polymeren beobachtet werden kçnnen.[95]

    Zu guter Letzt kçnnen bei hoher �bers�ttigung additiv-freie ACCs erhalten werden, die mit keinem kristallinen Po-lymorph verwandt sind (in Abbildung 5 als „unstrukturiert“bezeichnet)[70–75] und die auch in Abwesenheit von Additivenstabilisiert sein kçnnen. Hier mag man spekulieren, dass einhohes Maß an struktureller Unordnung dieser metastabilenPhase dazu f�hrt, dass sie in intrinsischer Weise kinetischgegen eine Kristallisation stabilisiert ist.

    Eine andere offene Frage im Zusammenhang mit ACCund Carbonatkristallisation betrifft den Einfluss von Mg2+-Kationen auf die Bildung von Calciumcarbonat und Dolo-mitmineralien. Nat�rliches Dolomit (Calciummagnesium-carbonat) wurde bei tiefen Temperaturen gebildet, aber es ist

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  • bislang nicht gelungen, es auch im Labor bei tiefen Tempe-raturen herzustellen. Dove et al. schlugen vor, dass alterna-tive Wege der Kristallisation �ber amorphe Zwischenstufendas Auftreten von Dolomit erkl�ren kçnnten,[96, 97] wobei al-lerdings der genaue Mechanismus der Bildung von Dolo-mitablagerungen immer noch ein R�tsel ist; unter Ber�ck-sichtigung aller oben genannten Punkte mag man spekulie-ren, dass Dolomit aus Biomineralien hervorgegangen ist. Dasamorphe Calciummagnesiumcarbonat kann mithilfe anorga-nischer oder organischer Zus�tze stabilisiert werden, diewiederum die Entstehung verschiedener Polyamorphe mo-dulieren kçnnen. Die Gegenwart von Mg2+ kann Milieus mithohem Wassergehalt oder mit Kationen niedriger Koordina-tionszahl beg�nstigen[72] und so atomare Anordnungen sta-bilisieren, die als amorphe Phasen betrachtet werden kçnnen.Die Aufkl�rung der Rolle amorpher Carbonate bei der Do-lomitbildung kçnnte vorausgegangene Interpretationen desUrsprunges vieler Dolomitmineralien ver�ndern.[98] Es istbekannt, dass die Gegenwart von Mg2+ die Bildung vonAragonit induzieren kann, wobei das Mg2+-Kation nicht imKristallgitter eingebaut wird. Wahrscheinlich beg�nstigt dieGegenwart von Mg2+ die Entstehung einer proto-Aragonit-ACC-Phase.[69] Auch die Gegenwart organischer Molek�lebei Biomineralisationsprozessen muss ber�cksichtigt werden;diese organischen Zus�tze kçnnen Carboxylatgruppen ent-halten, die das biogene ACC in bestimmter Weise veranlassenkçnnen, eine spezifische amorphe Nahordnung zu bilden(siehe oben). Die organische Materie mit Carboxylatgruppenkann ebenso das Ordnen der Ionen in ACC unterst�tzen,sodass zielgerichtet ein bestimmtes kristallines Polymorphentstehen kann. Dieser Effekt kann mit Mg2+-Kationenkombiniert werden, was mit einer Ver�nderung der amor-phen Vorstufenphasen und letztlich der daraus gebildetenkristallinen Modifikation einhergehen kann.

    Von Polyamorphie wurde auch im Fall von Titandioxidberichtet, als nanopartikul�rer Anatas[99, 100] oder TiO2-B-Nanob�nder[101] unter Druck in amorphe Formen umgewan-delt wurden. Die Natur der Polyamorphie ist in diesem Fallalles andere als klar, doch scheint es offensichtlich, dass hiereine kritische Dimension im Nanometerbereich f�r das Auf-treten des Ph�nomens ausschlaggebend ist. Da vorgeschlagenwurde, dass sich grçßere Calciumcarbonatpartikel �ber dieAgglomeration von ACC-Nanopartikeln bilden, bleibt eineandere offene Frage, und zwar inwiefern Nanometerdimen-sionen wichtig im Zusammenhang mit der Polyamorphie imAllgemeinen sein kçnnen.

    Vielleicht ist es nicht sonderlich �berraschend, dass dieBestimmung von Strukturmodellen f�r polyamorphes Calci-umcarbonat schwierig ist, wenn sogar die Struktur der kris-tallinen (Abbildung 5, Kasten), aber ungeordneten PhaseVaterit noch immer diskutiert wird. Als gesichert gilt, dassVaterit im Durchschnitt eine hexagonale Symmetrie aufweist,allerdings wird gerade die Anordnung der Carbonatgruppenin der Struktur diskutiert. W�hrend oft davon ausgegangenwird, dass die Unordnung der Carbonat-Ionen auf Rotatio-nen um die kristallographische c-Achse der hexagonalenElementarzelle zur�ckzuf�hren ist, zeigen neuere Ab-initio-Rechnungen,[102] dass die meisten Strukturmodelle dynamischinstabil sind und dass die Carbonat-Ionen auch subtile Ro-

    tationen ausf�hren kçnnen, die in der kristallographischenab-Ebene liegen. Dies zeigt, dass es sogar f�r Vaterit Me-chanismen f�r Unordnung auf zwei unterschiedlichen L�n-genskalen gibt, was die Hypothese st�tzt, die letztlich Poly-amorphiemodellen zugrunde liegt. Tats�chlich kçnnten sichim Fall von ACC eher mehrere Minima in mehreren Beckender Potentialhyperfl�che auf einer ausgedehnten L�ngen-skala finden als ein einfaches Doppeltopfpotential; denn beiACC ist die Unordnung nicht auf die Carbonationen be-schr�nkt, sondern ist zus�tzlich mit der Unordnung der Cal-ciumionen und Wassermolek�le vermischt, was zur mçgli-chen Existenz von mehreren charakteristischen L�ngenska-len in diesem Material f�hrt.

    Wir hoffen, dass dieser Aufsatz dazu beitr�gt, Arbeitenauf dem Gebiet von biogenem und synthetischem poly-amorphem ACC n�her zusammenzubringen, in der Hoff-nung, dass ein zuk�nftiger Aufsatz eine Skizze analog zuAbbildung 1 f�r Calciumcarbonat zu zeigen vermag. DieBetrachtung der Polyamorphie von Calciumcarbonat ausunterschiedlichen Blickwinkeln wird dazu beitragen, Struk-turen jenseits der Kristallform an einer Schnittstelle vonKristallographie, Materialwissenschaft und Biologie besser zuverstehen.[103]

    J.H.E.C., A.G.C. und C.I.S.D. danken f�r finanzielle Unter-st�tzung im Rahmen der Projekte CGL2010-20748-CO2-01und FIS2010-22322-C02-02 des spanischen Ministerio deCiencia e Innovaci�n, und J.H.E.C., A.G.C., D.G. und C.I.S.D.danken der europ�ischen COST-Aktion TD0903. J.D.G. danktdem Australian Research Council f�r ein Professorial Fel-lowship und dem Discovery Program f�r finanzielle Unter-st�tzung. D.G. dankt Helmut Cçlfen f�r seine Unterst�tzungund Matthias Kellermeier f�r das hilfreiche Kommentieren derdeutschen �bersetzung.

    Eingegangen am 23. April 2012,ver�nderte Fassung am 8. Juni 2012Online verçffentlicht am 4. November 2012

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    http://dx.doi.org/10.1016/0927-0256(95)00044-9http://dx.doi.org/10.1088/0953-8984/19/41/415101http://dx.doi.org/10.1088/0953-8984/19/41/415101http://dx.doi.org/10.1002/9780470508602.ch2http://dx.doi.org/10.1002/9780470508602.ch2http://dx.doi.org/10.1039/b517775hhttp://dx.doi.org/10.1039/b517775hhttp://dx.doi.org/10.1103/RevModPhys.84.885http://dx.doi.org/10.1103/RevModPhys.84.885http://dx.doi.org/10.2183/pjab.86.165http://dx.doi.org/10.1088/0953-8984/18/50/R01http://dx.doi.org/10.1088/0953-8984/18/50/R01http://www.angewandte.de

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