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Aus dem Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg Lehrstuhl für Anatomie II Vorstand: Professor Dr. med. D. Drenckhahn Reaktive Veränderungen von Rückenmark und Nervenwurzeln nach dorsaler Rhizotomie sowie Ausriss und Replantation der Vorderwurzel im Segment C7 mit Applikation neurotropher Faktoren CNTF und BDNF Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg vorgelegt von Nicolas Schlegel aus Donaueschingen Würzburg, Oktober 2006

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Aus dem Institut für Anatomie und Zellbiologie

der Universität Würzburg

Lehrstuhl für Anatomie II

Vorstand: Professor Dr. med. D. Drenckhahn

Reaktive Veränderungen von Rückenmark und Nervenwurzeln nach dorsaler

Rhizotomie sowie Ausriss und Replantation der Vorderwurzel im Segment C7 mit

Applikation neurotropher Faktoren CNTF und BDNF

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

der Medizinischen Fakultät

der

Bayerischen Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg

vorgelegt von

Nicolas Schlegel

aus

Donaueschingen

Würzburg, Oktober 2006

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Referent: Prof. Dr. med. Esther Asan

Koreferent: Prof. Dr. med. Cordula Matthies

Dekan: Prof. Dr. med. Georg Ertl

Tag der mündlichen Prüfung: 11.12.2007

Der Promovend ist Arzt

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V

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ..................................................................................................... 1

Einführung zum Thema; allgemeine Problematik........................................................ 1

Klinik und Diagnostik von Verletzungen des Plexus brachialis .................................. 2

Definitionen.............................................................................................................. 2

Unfallmechanismus und Folgen ............................................................................... 2

Diagnostik von Nervenwurzelverletzungen des Plexus brachialis........................... 4

Überblick über die Anatomie des Nervensystems........................................................ 6

Bedeutung der Myelinscheide .................................................................................. 7

Anatomie des peripheren Nerven ............................................................................. 8

Anatomie des Rückenmarks ..................................................................................... 9

Schichtenbau und Zytoarchitektonik des Rückenmarks und des Vorderhorns ...... 11

Pathophysiologie von Nervenläsionen ................................................................... 12

Degeneration und Regeneration von Nerven nach Verletzung .................................. 13

Peripheres Nervensystem und Waller-Degeneration.............................................. 13

Reaktion im distalen Stumpf nach Axotomie..................................................... 13

Reaktion im proximalen Anteil der Nervenzelle................................................ 15

Prozesse der Myelinisierung............................................................................... 16

Regeneration im zentralen Nervensystem .............................................................. 18

Therapieansätze zur Behandlung von Nervenwurzelausrissen .................................. 21

Allgemeine Therapieansätze für Nervenverletzungen ........................................... 21

Therapieansätze für Nervenwurzelausrisse ............................................................ 21

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VI

Historische Entwicklung .................................................................................... 21

Technik des Nerventransfers .............................................................................. 22

Replantationstechnik von Nervenwurzeln.......................................................... 22

Operationtechnik nach Thomas Carlstedt........................................................... 23

Voraussetzungen für eine Verbesserung der Therapieansätze der Vorderwurzel .. 24

Voruntersuchungen zur vorliegenden Arbeit ............................................................. 25

Neurotrophe Faktoren................................................................................................. 25

Neurotrophine der NGF- Familie ........................................................................... 26

BDNF (brain derived neurotrophic factor)......................................................... 28

Familie der Neurokine ............................................................................................ 29

CNTF (ciliary neurotrophic factor) .................................................................... 29

Familie der Transforming Growth Factors............................................................. 31

Fragestellung der Untersuchungen ............................................................................. 31

Material und Methoden............................................................................32

Untersuchungsmaterial ............................................................................................... 32

Operatives Vorgehen .............................................................................................. 32

Bildung verschiedener Versuchsgruppen ............................................................... 34

Postoperative Beobachtung der Tiere..................................................................... 34

Perfusion und Überlebenszeiträume....................................................................... 34

Behandlung der proximalen Gewebeanteile............................................................... 35

Behandlung der distalen Gewebeanteile..................................................................... 37

Markscheidenfärbung ................................................................................................. 39

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VII

Modifizierte Färbung nach Klüver-Barrera (Luxol-Fast Blue Färbung).................... 39

Morphologische und quantitative Auswertung der Gewebeschnitte.......................... 40

Zählung der Vorderhornneurone ............................................................................ 41

Bestimmung der Axondurchmesser ....................................................................... 42

Auswertung der Semidünnschnitte......................................................................... 42

Bestimmung der Myelinisierung ............................................................................ 44

Analyse von Anzahl und Flächen myelinisierter Axone innerhalb des Spinalganglions ...................................................................................................... 45

Messung von Flächen sensorischer Neurone in den Semidünnschnitten ............... 46

Messung der Dichte sensorischer Neurone ............................................................ 46

Ergebnisse ..................................................................................................47

Morphologie des Rückenmarks und der Axonverläufe.............................................. 47

Morphologie des Rückenmarks der unverletzten Seiten ........................................ 47

Morphologie der replantierten Seiten ..................................................................... 49

Replantationstelle und Verletzungsausmaß am Rückenmark ............................ 49

Allgemeine morphologische Beobachtungen an der grauen Substanz............... 52

Intraspinale Narbenausdehnung um die Replantationsstelle im Segment C7 .... 53

Anzahl überlebender Motoneurone nach 6 Monaten ............................................. 53

Allgemeine morphologische Beobachtungen an den Regenerationswegen auswachsender Axone ........................................................................................ 54

Morphologische Unterschiede zwischen ventral und lateral austretenden Axonen............................................................................................................................ 59

Morphologie der Vorderwurzel C7 ............................................................................ 60

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Gesunde, nicht replantierte Seiten .......................................................................... 60

Vergleich zwischen den Gruppen; Besonderheiten............................................ 60

Replantierte Seiten.................................................................................................. 62

Quantitative Analysen ................................................................................................ 62

Gesamtflächen der Vorderwurzeln......................................................................... 62

Axonzahlen der Vorderwurzeln.............................................................................. 63

Analyse von Axonflächen der Vorderwurzel ......................................................... 64

Axon-Myelinverhältnis........................................................................................... 65

Veränderungen in der rhizotomierten Hinterwurzel und im Spinalganglion ............. 69

Veränderungen im zentralen Rest der C7 Hinterwurzel......................................... 69

Morphologie des C7 Spinalganglions ........................................................................ 72

Axone in den Spinalganglien.............................................................................. 74

Verlauf der zentralen sensorischen Fortsätze ..................................................... 77

Morphologie des Nervus radialis................................................................................ 80

Gesunde, nicht replantierte Seiten .......................................................................... 80

Replantierte Seiten.................................................................................................. 81

Diskussion ..................................................................................................83

Das verwendete Tiermodell ist der klinischen Situation eher vergleichbar als frühere Modelle....................................................................................................................... 84

Interindividuelle Abweichungen des Verletzungsausmaßes: mögliche Ursachen ..... 84

Kein deutlicher Einfluß auf Motoneuronüberleben nach einmaliger Applikation neurotropher Faktoren ................................................................................................ 86

Regenerierende Axone wachsen lateral und ventral aus ............................................ 87

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Ventrale Replantation könnte günstige Effekte haben ............................................... 88

Deutliche Regeneration von myelinisierten Axonen in der Vorderwurzel auf Höhe des Spinalganglions .................................................................................................... 90

Regenerierte Vorderwurzelaxone sind kleinflächig ................................................... 92

Neurotrophe Faktoren wirken positiv auf die Remyelinisierung ............................... 93

Morphologie des Nervus radialis zeigt regenerative Prozesse ................................... 95

Verletzungsauswirkungen auch auf den unverletzten Seiten? ................................... 96

Beobachtungen zur durchtrennten Hinterwurzel vervollständigen das Bild der komplexen Veränderungen im Segment C7............................................................... 96

Reaktion der Spinalganglienneurone auf Axotomie des zentralen Fortsatzes ist minimal....................................................................................................................... 99

Wege der regenerierten Hinterwurzelaxone zeigen möglicherweise Einfluss auf die regenerierende Vorderwurzel ................................................................................... 102

Zusammenfassung...................................................................................104

Literatur ...................................................................................................106

Danksagung..............................................................................................120

Lebenslauf ................................................................................................121

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Einleitung

Einführung zum Thema; allgemeine Problematik

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Untersuchungen zu

Regenerationsphänomenen in Rückenmark und Nervenwurzeln sowie zum Einfluss

neurotropher Faktoren CNTF (ciliary neurotrophic factor) und BDNF (brain derived

neurotrophic factor) auf diese Phänomene in einem Plexus brachialis-Läsions- und

Therapiemodell (dorsale Rhizotomie, Ausriss und Replantation der Vorderwurzel im

Segment C7) nach einer Regenerationszeit von sechs Monaten.

Durch extreme Zugbelastung an Nervenfasern des Plexus brachialis kann es zu

vielfältigen Verletzungsmustern kommen. Für die meisten dieser Verletzungen

existieren chirurgische Therapieverfahren, die seit einiger Zeit zu wachsenden Erfolgen

in der Wiederherstellung der Funktion der verletzten peripheren Nervenstränge führen.

Eine der gravierendsten Verletzungen des Plexus brachialis ist der Ausriss von

Nervenwurzeln aus dem Rückenmark, da an diesen Verletzungen nicht nur das

periphere Nervensystem, sondern durch die Beschädigung des Rückenmarks auch das

zentrale Nervensystem mitbeteiligt ist. Nervenwurzelausrisse sind Folge extremer

Zugbelastungen und daher immer traumatisch bedingt. Bis vor wenigen Jahren wurden

solche Verletzungen als nicht therapierbar angesehen und die chirurgische Intervention

war auf Maßnahmen begrenzt, die mit einem Nerventransfer zumindest eine partielle

Wiederherstellung der verlorengegangenen Funktionen erlaubte.

Die bisher unbefriedigenden Therapieergebnisse und die relativ geringen Kenntnisse

über die komplexen Schädigungsfolgen auf zellulärer Ebene lassen einen weiten Raum

für die experimentelle Erforschung neuer Therapieansätze. Um diese Herausforderung

erfolgreich angehen zu können, ist es sinnvoll, dass verschiedene Disziplinen der

Medizin eng zusammenarbeiten. Grundlage der vorliegenden Arbeit ist daher eine enge

Verknüpfung zwischen chirurgisch-experimenteller Arbeit und histologisch-

morphologischer Analyse der Ergebnisse. Die Zusammenarbeit erfolgte zwischen Frau

Dr. Eva Lang, Oberärztin für Plastische- und Handchirurgie des Universitätsklinikums

in Freiburg im Breisgau und dem Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität

Würzburg.

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Klinik und Diagnostik von Verletzungen des Plexus brachialis

Definitionen

Verletzungen des Plexus brachialis können in Penetrationsverletzungen,

Kompressionsverletzungen und Zug- bzw. Traktionsverletzungen eingeteilt werden. Die

bei weitestem häufigste Verletzung des Plexus brachialis ist dabei die

Traktionsverletzung. Für die Behandlungsweise und Prognose ist die weitere

Unterscheidung zwischen zwischen prä- und postganglionärer Verletzung wichtig.

Postganglionäre Verletzungen sind definiert als Verletzungen, die distal des

Spinalganglions liegen. Entsprechend befindet sich eine präganglionäre Läsion

proximal des Spinalganglion. Bei den bereits intradural liegenden präganglionären

Läsionen ist entscheidend, ob sie sich zentral oder peripher der Transitionszone

zwischen zentralem und peripherem Nervensystem befinden. Im Falle, dass sich die

Läsion peripher dieser Übergangszone befindet, kann man bei der operativen

Exploration Nervenstümpfe unterschiedlicher Länge erkennen. Daher hat man diese

diese Art der Verletzung als periphere intradurale Ruptur bezeichnet. Im anderen Fall

der zentralen intraduralen Ruptur findet sich der Ausriss der Nervenwurzel

einhergehend mit einer oberflächlichen Verletzung des Rückenmarks. Wird in der

vorliegenden Arbeit von Nervenwurzelausrissen gesprochen, ist damit die zentrale

intradurale Ruptur gemeint (Tavakkolizadeh et al., 2001; Birch, 1998; Schenker and

Birch, 2000).

Unfallmechanismus und Folgen

Nervenwurzelausrisse kommen am häufigsten bei Motorradunfällen, Verkehrsunfällen

und komplizierten Geburten vor. Es handelt sich dabei um Schädigungen, die durch

extreme Zugbelastung auf die Nervenwurzeln ausgelöst werden (Bae et al., 2003;

Dunham, 2003; El Gammal and Fathi, 2002; Kim et al., 2003; Terzis et al., 1999). In

Abbildung 1 sind typische Positionen dargestellt, die zu Ausrissen von Nervenwurzeln

führen.

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Oft betreffen diese Verletzungen nicht nur ein Segment, sondern mehrere

Nervenwurzeln, die an der Bildung des Plexus brachialis beteiligt sind. Dies führt meist

zum kompletten Ausfall der motorischen und sensorischen Qualitäten, was funktionell

einer Amputation des betroffenen Armes gleichkommt. Da es sich überwiegend um

Folgen von Motorradunfällen handelt, sind vorwiegend jüngere Menschen von solchen

Verletzungen betroffen. Der obere Teil des Plexus brachialis ist häufiger betroffen als

der untere. Häufigste Lokalisation von Nervenwurzelausrissen aus dem Rückenmark ist

das Segment C7. Eine Erklärung für diese Lokalisation ist wohl die stärkere Fixierung

an den äußeren Rand der Foramina intervertebralia der Spinalnerven C5-C7 und die

vergleichsweise ungeschützte Lage im Halsbereich (Drenckhahn D., 2004b).

Fast immer werden beide Nervenwurzeln, also sowohl Vorder- als auch Hinterwurzel,

ausgerissen bzw. verletzt. Ein isolierter Vorderwurzel- bzw. Hinterwurzelausriss kommt

sehr selten vor. Häufig sind Patienten mit einer solchen Verletzung polytraumatisiert, so

dass sich der Nervenwurzelausriss erst später diagnostiziert wird oder aufgrund vitaler

Bedrohung durch andere Verletzungen als nachrangig eingestuft wird. Dies hat

ungünstige Auswirkungen auf die Prognose. Die Gründe werden unten näher erläutert.

Abbildung 1: Typische Positionen nach Unfall mit Motorrädern, die durch starke mechanische Zugbelastung zum Ausriss von Nerven-wurzeln aus dem Rückenmark führen (zur Verfügung gestellt von Frau Dr. Eva Lang).

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Diagnostik von Nervenwurzelverletzungen des Plexus brachialis

Das Ergebnis der klinischen Untersuchung des Patienten wird üblicherweise nach der

Narakas-Klassifikation dokumentiert (Verfahren am Royal National Orthopaedic

Hospital, Stanmore, England):

- Grad I: Ausfall von C5, C6 und C7

- Grad II: Ausfall von C5, C6, C7 und C8

- Grad III: Ausfall von C5-Th1; also gesamter Plexus brachialis

- Grad IV: Ausfall von C5-Th1 mit Hornersyndrom (Ptosis, Miosis, Enophtalmus)

Im klinisch unrealistischen Falle eines isolierten Nervenwurzelausrisses (wie im

Tiermodell der vorliegenden Arbeit; siehe unten) würde sich dem Untersucher beim

Menschen folgendes Bild bieten: Da die Nervenwurzel C7 einen starken Anteil des

Nervus radialis bildet, sind Streckdefizite in Ober- und Unterarm und somit eine

„Fallhand“ zu erwarten. Kennmuskel für dieses Segment ist der M. triceps brachii. In

der Regel ist spätestens nach acht Wochen eine deutliche Atrophie der betroffenen

Muskelpartien zu sehen. Im entsprechenden Dermatom findet sich entsprechend einer

gleichzeitigen Verletzung der Hinterwurzel auch ein Sensibilitätsverlust.

Durch die klinische Untersuchung ist es normalerweise nicht möglich zwischen präg-

und postganglionären Läsionen zu unterscheiden. Auch elekrophysiologische Verfahren

bringen üblicherweise nicht die nötige Sicherheit für eine Diagnose, so dass der

behandelte Arzt zur optimalen Diagnostik auf bildgebende Verfahren angewiesen ist.

Hierfür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.

Ein Verfahren stellt die Bildgebung mit dem MRT dar (Abbildung 2). Den

limitierenden Faktor bei der Bildgebung durch das MRT stellt die Schichtdicke von 4-5

mm für axiale Sequenzen dar. Menschliche Nervenwurzeln haben einen Durchmesser

von 1-3 mm. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass das MRT nur in

Ausnahmefällen eine klare Diagnostik der Nervenwurzelausrisse erlaubt. Einen

einigermassen sicheren Hinweis auf den zentralen Ausriss der Nervenwurzel gibt das

durch die Verletzung entstehende Ödem (Tavakkolizadeh et al., 2001).

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Abbildung 2: MRT- Bild in T1-Wichtung eines Patienten mit Nervenwurzelausriss rechts (A) und ein Bild eines unverletzten Rückenmarkssegments im Vergleich (B). Man sieht, wie die Kontinuität zwischen Rückenmark und Vorderwurzel bzw. Rückenmark und Hinterwurzel aufgehoben ist (A). Abbildung 2 und 3 modifiziert nach „Preoperative Assessment of Stretch/ Contusive Injuries to the Brachial Plexus der Homepage Aruna Ganju, MD und David G. Kline, MD“.

Das hochauflösende CTM (Computerised Tomographic Myelography) ist derzeit am

ehesten in der Lage zwischen zentraler und peripherer Ruptur zu unterscheiden. Die

Myelographie bzw. die CTM stellt daher das Verfahren der Wahl zur Darstellung von

Nervenwurzelausrissen dar. Bei dieser Untersuchung wird der Dura mater-Sack mit

einem Kontrastmittel gefüllt. Im Röntgenbild zeigt sich ein Nervenwurzelausriss dann

als Aussackung des Dura mater-Sackes. Auch im CT-Bild ist die Aussackung der Dura

Mater gut zu erkennen und gilt als eindeutiges diagnostisches Merkmal

(Tavakkolizadeh et al., 2001);(Abbildung 3).

Abbildung 3: (folgende Seite) Myelographische Darstellung von Nervenwurzelausrissen: links ein Röntgenbild nach Kontrastmittelapplikation in den Dura mater Sack a.p; die Pfeile zeigen die Aussackung des Dura Mater Sackes welche als diagnostisches Merkmal eines Nervenwurzelausriss gilt; A-D CTM Bilder eines Patienten nach Kontrastmittelapplikation in den Dura Matersack (Quelle siehe oben).

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Überblick über die Anatomie des Nervensystems

Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden, welcher auch Laien bzw. Betroffenen

das Verständnis der vorliegenden Arbeit ermöglichen soll. Es handelt sich dabei um die

Darstellung von zusammengefasstem Lehrbuchwissen:

Das Nervengewebe ist strukturelle Grundlage des Nervensystems. Es stellt eine

funktionelle Einheit dar, die zur Reizaufnahme, Erregungsbildung,

Erregungsweiterleitung, Verarbeitung und Beantwortung von Reizen aus der Umwelt

und dem Körperinneren dient. Das Nervensystem setzt sich aus dem zentralen

Nervensystem (ZNS) und dem peripheren Nervensystem (PNS) zusammen.

Das Neuron ist die spezifische Zelle des Nervengewebes, die hochspezialisiert und nicht

mehr teilungsfähig ist. Die Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper (Soma) und seinen

Fortsätzen, den Dendriten und Axonen. Es existieren mehrere Typen von Neuronen, die

nach Anzahl ihrer Fortsätze unterschieden werden: Man unterscheidet multipolare,

unipolare, pseudounipolare und bipolare Neuronen, deren Lokalisation für verschiedene

Regionen des Nervensystems typisch ist. So sind die Motoneurone in den

Vorderhörnern des Rückenmarks, Körnerzellen, Sternzellen, Korbzellen des Kleinhirns

und Pyramidenzellen des Neocortex multipolare Nervenzellen, die Zellen in den Spinal-

und Hirnnervenganglien sowie im mesenzephalen Trigeminuskern sind pseudounipolar;

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bipolare Nervenzellen findet man typischerweise in der Retina, im Ganglion spirale, im

Ganglion vestibulare und im olfaktorischen System.

Der Zellkörper (Soma) enthält den Zellkern und dessen zytoplasmatische Umgebung,

das Perikaryon. Die Größe des Zellkörpers variiert zwischen 6 und 100 µm im

Durchmesser und ist mit seiner Vielzahl von Mitochondrien, dem endoplasmatischem

Retikulum (ER) und Golgi-Apparat Ort der Proteinsynthese. Der Proteingehalt einer

Nervenzelle wird in 14 Tagen durchschnittlich einmal umgesetzt. Für den Umsatz

und Nachschub von Proteinen in die Fortsätze der Zellen existieren verschiedene

Transportmechanismen, die z.B. durch ATP-abhängige Transportmoleküle entlang der

Mikrotubuli vermittelt werden.

Das endoplasmatische Retikulum wird in der Nervenzelle auch als Nissl-Substanz

bezeichnet. Ihre biochemischen Eigenschaften macht man sich in der Nissl-Färbung zur

Anfärbung von Neuronen in histologischen Schnitten zu Nutze. Feine Verästelungen,

die vom Zellkörper ausgehen, werden Dendriten genannt. Sie unterscheiden sich,

abhängig vom Typ der Nervenzelle, in Länge und Grad der Verzweigung. Sie sind

anhand ihrer Morphologie und über Oberflächenantigene immunhistochemisch von

Axonen zu unterscheiden. Das Axon einer Nervenzelle entspringt aus dem Soma.

Gelegentlich können Axone ihren Ursprung auch aus großen Dendriten haben

(Drenckhahn D, 2004a; Drenckhahn D., 2004b).

Bedeutung der Myelinscheide

Neuronale Fortsätze werden von Zellen umhüllt, welche die sogenannte Markscheide

bzw. Myelinscheide bilden. Die Myelinscheide von markhaltigen Axonen erhöht den

Membranwiderstand erheblich und wird im ZNS von Oligodendrozyten, im PNS von

Schwann-Zellen gebildet. Die durch die Umhüllung entstandene Isolierschicht um die

Nervenfortsätze ist in ihrem Verlauf nicht kontinuierlich, sondern durch reguläre

Intervalle unterbrochen, die kein Myelin enthalten und als Ranvier`sche Schnürringe

bezeichnet werden. Sie ermöglichen eine sprunghafte (saltatorische) Weiterleitung von

Aktionspotentialen von einem Schnürring zum nächsten. Auf diese Weise kann die

Geschwindigkeit der Reizleitung gegenüber unmyelinisierten Axonen um einen

erheblichen Faktor gesteigert, metabolische Energie für die Entstehung von

Aktionspotentialen gemindert und durch Reduktion des Axondurchmessers Platz im

Nervensystem eingespart werden. Die Leitungsgeschwindigkeit myelinisierter

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Nervenfasern beträgt 5-120 m/s. Es werden nach Durchmesser und

Leitungsgeschwindigkeit verschiedene Gruppen von Nervenfasern unterschieden, die in

Tabelle 1 kurz charakterisiert sind.

Es besteht eine proportionale Beziehung zwischen der Dicke der Myelinscheide und der

Dicke des Axons, die als g-ratio bezeichnet wird (Adhami et al., 1976; Orgel, 1982;

Fraher and O`Sullivan 2000; Nave and Salzer, 2006). Diese Beziehung beeinflusst

wesentlich die Funktion des Axons und damit der gesamten Nervenzelle. Die

Geschwindigkeit der Erregungsleitung ist von diesen beiden kritischen Größen der

Nervenfaser abhängig. Bei Vergrößerung des Durchmessers eines Axons und

entsprechend dickerer Myelinscheide wird die Reizleitung als Folge größeren

Stromflusses erhöht.

Anatomie des peripheren Nerven

Periphere Nerven enthalten somato und viszeromotorische, und -sensorische Fasern.

Die Zellkörper der motorischen Fasern sind Vorderhornzellen im Rückenmark, die

Zellkörper der sensorischen Fasern sind die pseudounipolaren Zellen im

Spinalganglion. Das Nervenfaserbündel wird von drei Schutzschichten umgeben:

Tabelle 1: Schematische Übersicht über Fasertypen, Durchmesser, Leitgeschwindigkeit und Funktion der verschiedenen Nervenfasern; modifiziert nach Silbernagl/Despopoulos (Taschenatlas der Physiologie).

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- Epineurium: Umhüllt den peripheren Nerven als Ganzes und besteht aus dichtem

Bindegewebe. Netzwerke von Lymph- und Blutgefäßen sind im Epineurium enthalten.

- Perineurium: Epithelartig, mehrschichtig angeordnete Zellen, die untereinander mit

Tight Junctions verbunden sind und damit für die meisten Makromoleküle eine

Diffusionsbarriere bilden und den intrafunikulären Druck erzeugen.

- Endoneurium: Lockeres Bindegewebe, das sich an die Basallamina der Schwann-

Zellen anschließt und jede Nervenfaser als schmalen Saum aus kollagenen Fibrillen

umhüllt. Im Endoneurium kommen freie Zellen und Kapillaren vor. Innerhalb des

Endoneuriums bedindet sich eine liquorähnliche Flüssigkeit.

Anatomie des Rückenmarks

Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems. Es befindet sich im

Wirbelkanal, der durch die Wirbelkörper und deren Wirbelbögen gebildet wird. Das

Rückenmark ist ein weißlicher, zylindrischer Strang, der einen kreisrunden bis ovalen

Querschnitt zeigt. Sein Gewicht beträgt beim erwachsenen Menschen etwa 36g und ist -

abhängig von der individuellen Rumpflänge des erwachsenen mitteleuropäischen

Menschen - durchschnittlich 40-45 cm lang. Der kraniale Beginn des Rückenmark ist

auf Höhe der Kreuzung der Pyramidenbahn im unteren Bereich der Medulla oblongata

etwa auf Höhe des Foramen magnum des Os occipitale und es erstreckt etwa bis auf die

Höhe des zweiten Lendenwirbels. Nach kaudal verjüngt sich das Rückenmark zum

Conus medullaris. Das Rückenmark gibt insgesamt 31-33 Spinalnerven ab, deren

genaue Zusammensetzung unten genauer beschrieben wird. Entsprechend seiner

Projektion auf die Körperabschnitte wird das Rückenmark in folgende Abschnitte

unterteilt:

- Pars cervicalis mit den Nervenwurzeln für 8 Zervikalnerven

- Pars thoracalis mit den Nervenwurzeln für 12 Thorakalnerven

- Pars lumbalis mit den Nervenwurzeln für 5 Lumbalnerven

- Pars sacralis mit den Nervenwurzeln für 5 Sakralnerven

- Pars coccygea mit den Nervenwurzeln für 1-3 Kokzygealnerven.

Die Dicke des Rückenmarks ist in verschiedenen Abschnitten unterschiedlich.

Diejenigen Abschnitte, welche für die neuronale Versorgung der Extremitäten zuständig

sind, sind wesentlich dicker und werden daher als Intumescentia cervicalis im Bereich

zwischen viertem Halswirbel und zweitem Thorakalsegment und als Intumescentia

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lumbosacralis im Bereich zwischen erstem Lumbalsegment und drittem Sakralsegment

bezeichnet.

Die Oberfläche des Rückenmarks ist durch mehrere Längsfurchen in einzelne

Abschnitte unterteilt. In der Mitte ventral schneidet die tiefe Fissura mediana anterior

ein, dorsal der seichte Sulcus medianus posterior. Beiderseits des Sulcus medianus

posterior befindet sich je ein Sulcus posterolateralis, in dem die Hinterwurzeln in das

Rückenmark eintreten. Zwischen diesen beiden Sulci liegt der Hinterstrang, der im

Halsbereich durch den Sulcus intermedius posterior in den medialen Fasciculus gracilis

und den lateralen Fasciculus cuneatus unterteilt wird. Die Vorderwurzeln verlassen das

Rückenmark in einem beidseits der Fissura mediana gelegenen Längsstreifen, dem

Sulcus anterolateralis.

Im mikroskopischen Querschnitt kann man erkennen, dass das Rückenmark

grundsätzlich aus zwei verschiedenen Substanzen besteht. In der Mitte kann man eine

graue, nervenzellreiche schmetterlingsförmige Struktur erkennen, die als Substantia

grisea bezeichnet wird. Umgeben wird diese von einer fetthaltigen, weißlichen

Substanz, die als Substantia alba bezeichnet wird.

Die graue Substanz kann grob in ein Vorderhorn und ein Hinterhorn untergliedert

werden. Während das Hinterhorn Neurone beinhaltet, welche die Verarbeitung der

sensorischen Impulse aus der Peripherie ermöglichen, sind im Vorderhorn

unterschiedlich große Neuronenpopulationen zu sehen, die in ihrer Gesamtheit auch als

Wurzelzellen bezeichnet werden. Die größten Zellen des Rückenmarks sind die α-

Motoneurone. Sie haben beim Menschen einen Durchmesser von 30-80µm. Die Axone

der Motoneurone geben noch in der grauen Substanz 1-5 Kollateralen ab, die sich zum

Teil mit Interneuronen verbinden. Extramedullär haben die menschlichen

Motoneuronaxone einen Durchmesser zwischen 12 und 20 µm und ziehen zu

bestimmten Muskelgruppen des Bewegungsapparates, um dann dort in den motorischen

Endplatten zu enden. Die γ-Motoneurone sind mit einem Durchmesser von 15-20 µm

kleiner als die α-Motoneurone, versorgen die intrafusalen Muskelfasern und regulieren

deren Spannung. γ-Motoneuronaxone haben extramedullär einen Durchmesser von 2-15

µm. Im thorakalen und lumbalen Bereich (C8-L2) liegen im Seitenhorn multipolare

sympathische Neurone, die Axone zu vegetativen Ganglien senden und

viszeromotorische Funktionen erfüllen. Im Sakralbereich befinden sich im Bereich des

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Seitenhorns multipolare Nervenzellen mittlerer Größe, die dem Parasympathikus

angehören. Auch diese Zellen entsenden Axone zu vegetativen Ganglien. In der grauen

Substanz finden sich diffus verteilte Interneurone, die auch als Binnenzellen bezeichnet

werden. Innerhalb der grauen Substanz sind außerdem Strangneurone zu sehen, die sich

hauptsächlich in den dorsalen Anteilen der Zona intermedia oder im Hinterhorn

befinden. Ihre Neuriten verlaufen in der Regel in der weißen Substanz und über weite

Strecken (Drenckhahn D, 2004a; Drenckhahn D., 2004b; Schiebler T et al., 1996).

Schichtenbau und Zytoarchitektonik des Rückenmarks und des Vorderhorns

Die graue Substanz gliedert sich in 9 Laminae die von dorsal nach ventral

durchnummeriert werden (Lamina I-IX). Hinzu kommt noch die Lamina X, das Gebiet

um den Zentralkanal. Die Laminae VIII – IX bilden das Vorderhorn. Dabei überwiegen

in der Lamina VIII die Interneurone für die motorischen Systeme. Die Lamina IX

enthält dagegen die Motoneurone, die somatotopisch gegliederte Zellgruppen bilden.

Das Vorderhorn enthält zwei Arten von Nervenzellen, nämlich die Wurzelzellen, deren

Axone über die Vorderwurzel das Rückenmark verlassen und die Strangzellen, deren

Axone komplett im Zentralorgan liegen. Alle im Vorderhorn entsprungenen

markhaltigen bzw. myelinisierten Axone der Vorderwurzeln enden auf typische Weise

im quergestreiften Muskelgewebe. Um die Funktion der Innervation des quergestreiften

Muskelgewebes präziser zu beschreiben, wurden diese Zellen von Massaza 1924 auch

myorhabdotische Zellen genannt. Die myorhabdotischen Zellen liegen nicht

gleichmäßig verteilt im Vorderhorn, sondern sind in mehr oder weniger abgrenzbaren

Untergruppen angeordnet, deren Anzahl und Form in den verschiedenen Segmenten und

sogar oft in den verschiedenen Niveaus der Segmente variieren. Erkenntnisse aus vielen

Untersuchungen machen es wahrscheinlich, dass ein Zusammenhang zwischen dieser

variierten Gruppierung der myorhabdotischen Zellen und dem Formenreichtum des von

ihnen innervierten quergestreiften Muskelgewebes besteht. Diese Untersuchungen

zeigen, dass jeder bestimmte quergestreifte Muskel seine Innervation aus Zellen

empfängt, die nebeneinander und niemals diffus verstreut zwischen anderen

myorhabdotischen Zellen der übrigen Muskeln liegen. Die Peripherie ist also streng im

Vorderhorn repräsentiert und erstaunlicherweise ist die Lokalisation recht konstant, so

dass einzelne Neuronengruppen in verwandten Tieren an ähnlichen Stellen im

Vorderhorn wieder gefunden werden können. Jede myorhabdotische Zelle liegt im

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selben Segment und in derselben Körperhälfte, in welchem ihr Axon durch eine

Vorderwurzel austritt. Alle Zellen liegen also in denjenigen Segmenten, deren

Vorderwurzeln motorische Fasern für jenen Muskel enthalten. Da die meisten Muskeln

polysegmental innerviert werden, haben ihre Zellfelder die Form einer longitudinal

gelegenen Zellsäule.

Aus dem Rückenmark entspringen insgesamt 31-33 Spinalnervenpaare, die sich jeweils

aus der Vorder- und Hinterwurzel zusammensetzen. Die Zusammensetzung der

Vorderwurzeln aus Axonen, welche dem Vorderhorn und ggf. dem Seitenhorn

entstammen ergibt sich aus den oben erwähnten Erklärungen über den zellulären Inhalt

der grauen Substanz. Das Gesetz von Magendie besagt, dass in Vorderwurzeln

ausschließlich motorische Fasern verlaufen bzw. in Hinterwurzeln nur sensible Fasern

zu finden sind.

Dieses neuroanatomische Dogma hat bis heute Gültigkeit, obwohl es seit seiner

Postulierung im Jahre 1822 in Frage gestellt wird. Zahlreiche Studien zeigten nämlich,

dass Vorderwurzeln außer den Motoneuronaxonen noch Populationen dünner

myelinisierter und unmyelinisierter Axone enthalten, deren Somata in sensorischen oder

sympathischen Ganglien liegen (z.B. Hildebrand et al., 1997; Schenker and Birch,

2000; Coggeshall et al., 1973; Coggeshall et al., 1974; Coggeshall et al., 1977). Die

Anzahl solcher Axone in der Vorderwurzel wurde auf 3,9% angegeben (Loeb, 1976).

Ursprung und Ziel dieser Fasern sind noch umstritten (Hildebrand et al., 1997). Es gibt

Hinweise dafür, dass diese Fasern nicht über die Vorderwurzel in das ZNS einwachsen,

sondern dort blind enden, die Pia mater erreichen, dort drehen und anschließend zurück

in die Peripherie laufen bzw. das ZNS über die Hinterwurzel erreichen (Hildebrand et

al., 1997). Andere Arbeiten zeigten, dass wenige primäre senorische Neurone Axone

haben, die direkt über die Vorderwurzeln zum ZNS gelangen (Maynard et al., 1977;

Yamamoto et al., 1977). Die Hinterwurzel besteht im Wesentlichen aus den axonalen

Fortsätzen der pseudounipolaren Nervenzellen des Spinalganglion und leitet, wie bereits

erwähnt, dem Rückenmark somatosensorische und viszerosensorische Informationen zu

(Scharf JH, 1958)

Pathophysiologie von Nervenläsionen

Die Prognose einer funktionellen Nervenregeneration hängt vom Grad der

Nervenverletzung ab. Sunderland (Sunderland S, 1951) definierte anhand von

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histologischen Veränderungen 5 Stadien der Nervenschädigung. Drei Schweregrade der

Nervenunterbrechung wurden von Seddon vorgeschlagen und sind heute im

allgemeinen klinischen Gebrauch (Seddon HJ, 1943):

1. Neurapraxia: Es handelt sich dabei um die leichteste Form der, mit Funktionsverlust

einhergehenden, traumatischen Nervenschädigung, bei welcher die Myelinscheide

beschädigt ist. Die Wiederherstellung des vollständig reversiblen Funktionsausfalls ist

spätestens nach zwei Monaten abgeschlossen.

2. Axonotmesis: Die Kontinuitätsunterbrechung endoneuraler Strukturen und Axone

bei erhaltener Hülle. Distal tritt eine Wallersche Degeneration (s.u.) auf. Dabei sind die

erhaltenen Hüllstrukturen für eine Regeneration sehr günstig.

3. Neurotmesis: Nervenschädigung mit kompletter Durchtrennung der Fasern und der

Hülle. Eine spontane Reinnervation ist in diesem Stadium nicht möglich. Die

Ausrissverletzung, welche in der vorliegenden Arbeit untersucht wird entspricht diesem

Ausmaß der Verletzung.

Degeneration und Regeneration von Nerven nach Verletzung

Eine Nervenzelle geht üblicherweise zugrunde, wenn die Verletzung ihren Zellkörper

oder den proximalen Teil des Axons betrifft. Wenn die Verletzung im distalen Teil des

Axons stattfindet, kann die Nervenzelle überleben und es treten zunächst verschiedene

degenerative Veränderungen auf, die im peripheren Nervensystem letztendlich zu einer

Regeneration der durchtrennten Nerven führen können.

Peripheres Nervensystem und Waller-Degeneration

Reaktion im distalen Stumpf nach Axotomie

Unmittelbar nach Unterbrechung des Nervs folgt die anterograde Degeneration der

Nervenfasern distal der Läsion, die nach ihrem Entdecker August Waller (Waller A.,

1850), Wallersche Degeneration genannt wird. Die Wallersche Degeneration umfasst

den Untergang des Axons und die Entfernung der Myelinscheide vom distalen Stumpf

durchtrennter Nervenfasern. Die Fragmentierung der Axone beginnt am Ort der

Faserdurchtrennung und setzt sich nach distal mit einer Geschwindigkeit fort, die der

Dicke und der Internodallänge der betroffenen Fasern proportional ist. Die Latenzzeit

bis zum Beginn der Wallerschen Degeneration ist abhängig vom Fasertyp, sie beträgt

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bei dünnen Markfasern 25 Stunden, bei dicken Markfasern 45 Stunden. Beim Menschen

wurde als Geschwindigkeit des distalen Fortschreitens für dünne Axone 2,5 mm pro

Tag und für dicke Fasern 4,6 mm pro Tag ermittelt. Bereits 10 bis 21 Tage nach der

Durchtrennung erstreckt sich die Wallersche Degeneration bis zum Endorgan, z.B. der

motorischen Endplatte, und die Muskelfasern im Zielgebiet atrophieren infolge der

Denervierung (Mumenthaler M, 1998). Ein entscheidender Prozess in der Wallerschen

Degeneration ist die granuläre Desintegration des Zytoskeletts. Hierbei werden die

Elemente des axonalen Zytoskeletts, Neurofilamente und Mikrotubuli zu Granula und

Trümmern abgebaut. Die granuläre Desintegration ist die Folge der Aktivierung

ionensensitiver Proteasen im distalen Nervenstumpf. Der Anstieg von intraaxonalem

Kalzium auf ein kritisches Niveau initiiert die Proteolyse des Axoplasmas. Assoziiert ist

die granuläre Desintegration des Zytoskeletts mit dem Verlust des Axolemms und des

Axoplasmas, so dass die Myelinscheide einen leeren Zylinder umhüllt, der zuvor vom

Axon ausgefüllt war. Anschließend kommt es zum Zerfall der Myelinscheide in kurze

Fragmente, die so genannten Ovoide. Das Myelin fällt in sich zusammen und verliert

seine Periodizität (Griffin JW, 1992). Innerhalb von zwei Tagen hat sich die

Ovoidbildung vollzogen. Die Schwann-Zellen phagozytieren die Myelintrümmer und

bilden Lipidtröpfchen noch bevor Makrophagen einwandern. Bereits zwei bis vier Tage

nach Faserdurchtrennung findet man Schwann-Zell-Mitosen. Die Schwann-Zellen teilen

sich am stärksten am dritten Tag nach der Durchtrennung und bilden mit ihrer

Basallamina Röhren, die Büngner-Bänder, welche später als Führung für regenerierende

Nervenfasern dienen. Neben den vorhandenen ortständigen Makrophagen treten ab dem

zweiten Tag, mit einem Maximum zwischen dem vierten und dem siebten Tag,

hämatogene Makrophagen in den distalen Stumpf ein und migrieren zu den Ovoiden

(Stoll and Müller, 1999). Die Myelindegeneration stellt für die Makrophageninvasion

einen stärkeren Stimulus dar, als die Axoplasmadegeneration. Die rekrutierten

Makrophagen wandern zu den degenerierenden Fasern, in die sie nach Passage der

Basalmembran eintreten. In den degenerierenden Nervenfasern werden die

hämatogenen Makrophagen zu intratubalen Phagozyten. Mit steigender

Phagozytoseaktivität werden die Phagozyten zu Schaumzellen, die Fetttropfen

enthalten. Der größte Teil der Myelintrümmer wird von Makrophagen beseitigt.

Innerhalb von zwei Wochen verschwinden die Myelintrümmer und zurück bleiben die

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Schaumzellen, die nicht nur von Makrophagen, sondern auch von Schwann-Zellen,

Endothelzellen, Fibroblasten und perineuralen Zellen abstammen.

Eine T-Zell Antwort fehlt während der Wallerschen Degeneration, d.h. es kommt nicht

zu einer Entzündung (Griffin JW, 1992; Mumenthaler M, 1998; Stoll and Müller,

1999). Auf die nach distal fortschreitende Wallersche Degeneration folgt mit der Zeit

die Verödung der intramuskulären Nervenscheiden im denervierten Zielgebiet, was

dazu führt, dass regenerierende Axone nur schwer Anschluss an die Muskulatur finden.

Außerdem nimmt die Anzahl reinnervations-bereiter Muskelfasern durch degenerative

Prozesse ab (Fu and Gordon, 1995).

Die Axotomie eines peripheren Nervs führt auch zu molekularen Veränderungen. Es

entsteht ein Milieu, das die axonale Regeneration im peripheren Nervensystem

erheblich fördert. Zuvor myelinisierende Schwann-Zellen dedifferenzieren und werden

phänotypisch zu Zellen vor der Myelinisierung. Als Antwort auf den Axonverlust

kommt es zur Schwann-Zellteilung und Hypertrophie. Die Läsion eines peripheren

Nervs führt zu einer vermehrten Produktion neurotropher Faktoren in den

degenerierenden Nervensegmenten. Nerve Growth Factor (NGF) und Brain Derived

Neurotrophic Factor (BDNF) sind bereits in den ersten Tagen nach der Verletzung

vermehrt vorhanden. Ferner kommt es zu einer Hochregulation von pro- und

antiinflammatorischen Zytokinen, die eine T-Zell-Entzündungsreaktion verhindern

(Stoll and Müller, 1999).

Reaktion im proximalen Anteil der Nervenzelle

Innerhalb weniger Tage nach der Läsion stirbt das äußerste Ende des proximalen Teils

des Axons ab. Durch Anstau von Zellmaterial, dass mit dem axoplasmatischen Fluß

antransportiert wird, schwillt das Axon an und es bildet sich aus dieser Anschwellung

ein Wachstumskolben. Zunächst findet durch Phagozytose von Makrophagen eine

Abräumreaktion von Zelltrümmern und Schwannzellen statt. Es können zystische

Defekte, Bindewebsnarben oder Glianarben entstehen.

Aus dem Wachstumskolben wachsen in der Folgezeit viele feine Sprossen aus

(Abbildung 4), die eine Verbindung mit den Resten des ehemaligen distalen Axonende

bekommen sollen. Im distalen Stumpf wird eine Reihe von Molekülen vermehrt

gebildet, die das Auswachsen von Neuriten nach distal fördern sollen. So unterstützt

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eine Chemotaxis durch im distalen Stumpf freigesetzte Zytokine, wie Tumor Necrosis

Factor Alpha (TNF-α), verschiedene Interferone und Neurotrophe Faktoren, wie Ciliary

Neurotrophic Factor (CNTF) und NGF, das Auswachsen der Axone nach distal.

Zusätzlich verhindern die genannten Stoffe das Absterben der axotomierten Perikarya

im proximalen Nerven. Die Geschwindigkeit des Auswachsens neuer Axone liegt, je

nach Literaturangabe, zwischen 1-3mm pro Tag. Bei Ausbleiben von

Wachstumsfaktoren, findet keine Axonaussprossung statt. Man nimmt daher an, dass

durch eine zusätzliche externe Applikation von neurotrophen Faktoren das

Axonwachstum und die Regeneration gefördert und beschleunigt werden können (siehe

unten).

Bei vollständiger Axotomie und fehlender Reanastomosierung, können die von

proximal auswachsenden Axone den distalen Stumpf nicht erreichen. Durch die Bildung

von Narbengewebe durch Schwann-Zell- und Fibroblastenwucherung kann es ebenfalls

zum Fehlen einer Anschlussmöglichkeit des proximalen und des distalen Stumpfes

kommen. Fehlt der Kontakt zu den leitenden Büngner-Bändern verlieren die

nachwachsenden Axone bald ihre proximodistale Ausrichtung und wachsen aberrierend

und knäuelartig durcheinander. Zusammen mit einem Narbenbindegewebe bildet sich in

diesem Fall in Narbenneurom. Histologisch liegen in Neuromen zahlreiche, in

verschiedenen Richtungen wachsende, kleine Nervenfaserbündel. Diese Bündel

besitzen nur wenige Nervenfasern und sind von einer mehrschichtigen perineuralen

Hülle umgeben. Die Nervenfaserbündel liegen in einem zunehmend derber werdenden,

kollagenen Bindegewebe, welches eine unterschiedlich starke Vaskularisierung aufweist

(Schiebler T et al., 1996).

Prozesse der Myelinisierung

Untersuchungen zur Entwicklung von Myelinscheiden deuten daraufhin, dass es einen

initialen Anstoß zur Myelinisierung geben könnte. Dieses Signal bestimmt auch die

Dicke der Myelinscheide, die dann gleichmäßig aufrechterhalten wird, ohne dass dafür

zusätzliche Informationen notwendig sind (Fraher and Dockery, 1998). Vor kurzem

wurde entdeckt, ein einzelner Wachstumsfaktor, das Neuregulin-1 ein solch ein Signal

für Schwann-Zell Proliferation und Myelinisierung ist (Review: Nave and Salzer,

2006). Die Neuregulin-1 Familie beinhaltet mehr als 15 membranassoziierte und freie

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Proteine, deren Expression nicht spezifisch für das Nervensystem ist (Esper et al.,

2006). Innerhalb des Nervensystems werden häufig NRG-1 Typ I und III insbesondere

durch Motoneuronen und Spinalganglienneuronen exprimiert. NRG-1 Proteine

vermitteln ihre Effekte durch die Interaktion mit ErbB-Rezeptoren, welche zur EGF-

Rezeptor Superfamilie gehören (Citri et al., 2003). Während der Entwicklung des

Nervensystems initiiert das Signal durch NRG-1 Typ III der Neurone auf den Erb-

Rezeptorkomplex der Schwann-Zellen die Myelinisierung. Es ist jedoch nicht nur der

Beginn der Myelinisierung, sondern auch deren Ausmaß für die entsprechende Funktion

des myelinisierten Axons von maßgeblicher Bedeutung. Michailov et al. zeigten, dass

dieses zumindest teilweise durch die Menge von Membran-assoziiertem NRG-1 Typ III

auf der Axonoberfläche abhängig ist. Eine Veränderung dieser Menge bedeutet eine

Veränderung der g-ratio. Das Ausmaß der Expression des ErbB2/ErbB3-Rezeptors auf

der Schwann Zelle spielt nicht die gleiche entscheidende Rolle, weil dieser

Rezeptorkomplex normalerweise in großen Mengen vorhanden ist . Zusammenfassend

ist die frühere Meinung, dass Myelinisierung von der Axongröße abhängig ist nicht

falsch, sondern stimmt mit der Beobachtung überein, dass größere Axone auf ihrer

Oberfläche den Schwann-Zellen quantitativ mehr NRG-1 Typ III zur Interaktion zur

Verfügung stellen, was zur besseren Myelinisierung führt.

Dieser Mechanismus spielt auch in der Regeneration peripherer Nerven eine Rolle. Es

wurde gezeigt, dass NRG-1 während der Waller-Degeneration die Proliferation von

Schwann-Zellen stimuliert. Dazu kommt, dass ErbB2 innerhalb Minuten nach einer

Nervenverletzung durch Phosphorylierung aktiviert wird, gefolgt von einer

Hochregulation der ErbB2-Rezeptoren.

Interessanterweise wurde in weiteren Arbeiten gezeigt, dass neurotrophe Faktoren

(NGF, GDNF) zu einer raschen Freisetzung von NRG-1 durch kultivierte Motoneurone

und Spinalganglienneurone führte. Diese Freisetzung ist dosisabhängig und geschieht

innerhalb von Minuten. Gemeinsam mit der Tatsache betrachtet, dass NRG-1 die

GDNF-Expression von Schwann-Zellen fördert, scheint es eine Regulationsschleife

zwischen glia-axo-glialen Signalen durch Wachstumsfaktoren zu geben, welche das

Überleben von Nervenzellen und die Proliferation bzw. die Differenzierung von

Schwann-Zellen bedingen (Nave and Salzer, 2006).

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Regeneration im zentralen Nervensystem

Es ist bekannt, dass das zentrale Nervensystem eine viel schlechtere

Regenerationskapazität als das periphere Nervensystem hat. Es existieren vier

anerkannte Theorien, die versuchen diese geringe Regenerationskapazität des zentralen

Abbildung 4: Schematische Darstellung der wichtigsten Veränderungen nach Axotomie.A: Normal myelinisierte Nervenfaser mit Neuron und intakter Verbindung zum Skelettmuskel;B: Nach Axotomie verlagert sich der Nucleus in die Peripherie des vergrößerten Neurons. Im distalem Abschnitt kommt es zur Wallerschen Degeneration. Die endogene Produktion der Wachstumsfaktoren gesteigert, Abäumraktionen von Zelltrümmern und Schwann-Zellen findet statt; C: Proliferierende Schwann-Zellen bilden im distalen Abschnitt das Büngnersche Band, das dem auswachsenden Axon als Leitschiene dient. Der Muskel ist atrophisch; D: Nach erfolgreicher Regeneration wird der Skelettmuskel reinnerviert. Die Remyelinisierung findet anschließend statt (Abbildung nach Schiebler, Histologie)

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Nervensystems zu erklären. Diese vier Modelle wurden jeweils entwickelt, um daraus

entsprechend therapeutische Ansätze zur Behandlung von zentralen Nervenläsionen zu

entwickeln:

Periphere Nerven scheinen eine günstigere Mikroumgebung als zentrale Axone zu

haben. Das liegt daran, dass Schwann-Zellen in der Lage sind, wachstumsfödernde

Faktoren an der Läsionsstelle zu produzieren, die normalerweise im ZNS nicht

vorkommen. Zahlreiche Studien des letzten Jahrhunderts haben gezeigt, dass einige

Bestandteile des peripheren Nerven und der Schwann-Zellen potente Förderer für

axonales Wachstum sind. Dazu gehören Komponenten der Schwann-Zell Basallamina,

wie Laminin, Zelladhäsionsmoleküle der Immunglobulinsuperfamilie wie NgCAM/L1.

Dazu kommt, dass denervierte distale Axonstümpfe die Produktion von Neurotrophinen

oder anderen trophischen Molekülen erhöhen. Zentrale Gliazellen sind dagegen kaum

Quelle für derartige Moleküle. Sie enthalten beispielsweise wenig Laminin und

produzieren typischerweise nur kleine Mengen trophischer Moleküle. In der

Embyonalentwicklung findet sich dagegen sowohl im peripheren als auch im zentralen

Nervensystem eine wachstumspermissive Umgebung. Wahrscheinlich ist es so, dass

lediglich das periphere Nervensystem in der Lage ist nach einer Verletzung diese

Umgebung wieder zu entwickeln.

Die Umsetzung dieser Theorie ist der Versuch mit der Applikation neurotropher

Faktoren oder anderer Moleküle wie Laminin eine erhöhte Regenerationskapazität im

ZNS zu erreichen. In anderen Fällen wurden Schwann-Zellen selbst in das ZNS

eingebracht, um eine Umgebung zu erreichen, die der wachstumspermissiven des PNS

gleicht.

In den 1980er Jahren wurde eine vollkommen andere Theorie entwickelt: Nach dieser

haben beide Teile des Nervensystems eine ausreichende Regenerationskapazität. Der

zentrale Teil des Nervensystems enthält jedoch auch Elemente, die hemmend auf die

Regeneration wirken. Tatsächlich ist die zentrale Myelinscheide, bestehend aus

Oligodendrozyten ein potenter Inhibitor des axonalen Wachstums. Dies erklärt

vielleicht warum die Myelinisierung in der Entwicklung sehr spät stattfindet - nämlich

nachdem die Nervenbahnen bereits gebildet sind. Es wurden zwei Elemente entdeckt,

die für diese inhibitorische Funktion der Oligodendrozyten verantwortlich sind: Eines

ist das Myelin-Associated-Glykoprotein (MAG), ein struktureller Bestandteil des

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Myelin, der in der Lage ist das Auswachsen von Axonen bei bestimmten Neuronen zu

fördern oder aber im Gegenteil das Auswachsen anderer Neurone zu hemmen. Das

zweite Element ist ein Protein, das Neurite inhibitor of 35 kDa (NI-35) genannt wird.

In Zellkulturen konnte gezeigt werden, dass mit einer Ausschaltung dieser Proteine

durch Antikörper ein Auswachsen von Axonen zentraler Neurone auf einem Rasen von

Oligodendrozyten stattfindet, ohne deren Hemmung jedoch nicht. Eine andere

Möglichkeit ist, die inhibitorische Signalkaskade, die durch Proteine ausgelöst wird,

durch die Blockade von second-messenger Systemen zu unterbrechen.

Ein drittes Modell betont nicht die Unterschiede der Umgebung des Nervs, sondern die

Unterschiede zwischen peripheren und zentralen Neuronen. Einige Experimente haben

gezeigt, dass die Regenerationsfähigkeit eines zentralen Neurons mit fortschreitendem

Alter sinkt, wohingegen die Regenerationsfähigkeit eines peripheren Neurons bei

geeigneter Umgebung erhalten bleibt. Eine Erklärung für diesen Unterschied liegt in der

Expression eines Proteins, von dem man annimmt, dass es für das Auswachsen von

Axonen von entscheidender Bedeutung sei. Es handelt sich dabei um das Growth-

associated-Protein-43 (GAP 43), das während der embryonalen Phase der Entwicklung

in beiden Teilen des Nervensystems in hohen Konzentrationen exprimiert wird. Im

peripheren Nervensystem bleibt die Konzentration des GAP 43 auch im

Erwachsenenalter hoch und wird nach Axotomie erhöht, während es im zentralen

Nervensystem nach Abschluß der Entwicklung kaum zu finden ist und auch nach

Axotomie nicht nennenswert vermehrt exprimiert wird. Zur Umsetzung dieses Ansatzes

wurden fetale Neurone in das ZNS eingebracht.

Das vierte Modell schließlich konzentriert sich auf die sekundären Veränderungen, die

nach Axotomie stattfinden: Durch die Verletzung von Gewebe des zentralen

Nervensystems kommt es zur Astrozytenproliferation, Aktivierung von Mikroglia,

Narbenbildung und Invasion von Zellen des Immunsystems. Diese Vorgänge wirken

sich inhibierend auf ein mögliches Axonwachstum aus. Es konnte gezeigt werden, dass

durch Vermeidung eines großen Verletzungsausmaßes und der darauf folgenden

Narbenbildung weit mehr Regeneration im ZNS stattfindet, als bei riesigem

Verletzungsausmaß.

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Um die Narbenbildung und Immunreaktion zu verhindern wurden Immunsupressiva,

antiinflammatorische Substanzen und Enzyme appliziert. Tatsächlich wird

Methylprednisolon heute routinemäßig bei Rückenmarkverletzungen appliziert. Ein

positiver Effekt dieser therapeutischen Intervention ist mehrfach nachgewiesen worden

(Kandel E et al., 2000).

Therapieansätze zur Behandlung von Nervenwurzelausrissen

Allgemeine Therapieansätze für Nervenverletzungen

Seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gibt es in der Humanmedizin zahlreiche

Ansätze, um Nerven- und Muskelfunktion nach unterschiedlichsten Verletzungen des

peripheren Nervensystems wiederherzustellen. Hierzu zählen der Einsatz von

Nerveninterponaten, die autolog (z.B. N. suralis) oder auch artifiziell (z.B.

schwammähnliche Materialien oder Röhren) sein können. Hinzu kommt der Versuch,

artifizielle Nerveninterponate mit helfenden Zellen (z.B. Schwann-Zellen) zu versehen

oder aber auch exogene, lösliche neurotrophe Faktoren in die Regenerationszone

einzubringen. Nach einer Nervendurchtrennung weist die primäre, mikrochirurgische

Nervennaht unter Berücksichtigung der intraneuralen Topographie die besten

Regenerationsergebnisse auf (Schmidt and Leach, 2003; Frostick et al., 1998).

Therapieansätze für Nervenwurzelausrisse

Historische Entwicklung

Die erste Beschreibung einer Nervenwurzelverletzung mit Beteiligung des Plexus

brachialis stammt aus einem „Case report“, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts

veröffentlicht wurde (Flaubert G., 1827). 1911 wurde die erste intradurale Exploration

einer solchen Plexus brachialis Verletzung vorgenommen. Bereits in dieser Arbeit

wurde eine frühestmögliche chirurgische Behandlung der Verletzung empfohlen

(Frazier CH and Skillern PG, 1911). Die erste chirurgische Behandlung einer

intraspinalen Plexusverletzung erfolgte erst 1979 (Bonney G and Jamieson A, 1979;

Carlstedt et al., 2000).

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Technik des Nerventransfers

Ein chirurgischer Therapieansatz zur Wiederherstellung der ausgefallenen Funktionen

bei Nervenwurzelausrissen ist der Transfer der geschädigten Nervenfasern des Plexus

auf intakte Nerven (Terzis J.K., 1999; Fantis and Slezk, 1967). Ein häufig angewandtes

Verfahren ist der Nerventransfer des N. accessorius auf den N. suprascapularis bei

Schädigung C5 und C6. Das funktionelle Ergebnis solcher Nerventransfers erlaubt eine

Wiederherstellung der Funktion - zumindest der wirbelsäulennahen und der

Oberarmmuskulatur. Die Reinnervation von Unterarm oder Handmuskulatur kann nicht

stattfinden.

Replantationstechnik von Nervenwurzeln

In den letzten Jahren ist durch Thomas Carlstedt und seine Mitarbeiter ein neuer

chirurgischer Therapieansatz entwickelt worden (Carlstedt et al., 1993a; Carlstedt et al.,

2000; Carlstedt et al., 1995; Carlstedt, 2000; Carlstedt et al., 1988; Carlstedt, 1991;

Carlstedt, 1983; Carlstedt et al., 1993b; Cullheim et al., 1989). Grundlage ist die

Wiederherstellung der Kontinuität zwischen ausgerissenen Nervenwurzeln und

Rückenmark durch Replantation direkt im Bereich des verletzten

Rückenmarkssegments. Mit dieser Technik konnte gezeigt werden, dass ein

Auswachsen von Vorderwurzelaxonen in die replantierte Vorderwurzel möglich ist

(Carlstedt et al., 1995; Cullheim et al., 1989; Hallin et al., 1999).

Im Gegensatz dazu zeigte sich, dass die Axone der Hinterwurzel nicht in der Lage sind,

nach einer chirurgischen Replantation spontan in das Rückenmark einzuwachsen. Die

beiden vermuteten Hauptursachen dafür sind erstens die Narbenbildung durch

Astrozyten an der Übergangszone zwischen dem peripheren und zentralen

Nervensystem (Fernaud-Espinosa et al., 1993; Tang et al., 2004) und zweitens das

wachstumsrestriktive Milieu des zentralen Nervensystems (Bandtlow et al., 1990;

Pesheva et al., 1989; Schnell and Schwab, 1990). Zahlreiche Studien der vergangenen

Jahre versuchten diese Bedingungen zu verändern. Vielversprechende erste Ergebnisse

zeigte die Applikation neurotropher Faktoren oder die „Neurotrophin Gentherapie“

(Oudega and Hagg, 1996; Ramer et al., 2000; Ramer et al., 2001; Romero et al., 2001;

Deng et al., 2000). Ein weiterer experimenteller Ansatz zur Verbesserung der

Regeneration der Hinterwurzel ist das Einbringen von olfaktorischen Hüllzellen

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(OECs=olfactory ensheathing cells) (Ramn-Cueto and Nieto-Sampedro, 1994) oder

neuronalen Stammzellen (Ohta et al., 2004) direkt an die Übergangszone zwischen

peripherem und zentralen Nervensystem.

Unter klinischen Bedingungen ist es derzeit jedoch nicht möglich, eine funktionelle

Verbindung zwischen Hinterwurzelaxonen und Rückenmark herzustellen. Aus diesem

Grund werden die verletzten Hinterwurzeln nicht behandelt, wohingegen die

Vorderwurzeln chirurgisch replantiert werden. Erstaunlicherweise wurde bei Patienten,

bei denen eine Replantation der Vorderwurzel durchgeführt worden war, festgestellt,

dass sie neben der Wiederherstellung einiger motorischer Funktionen auch sensorische

Qualitäten wie z.B. Propriozeption, Temperatur- und Schmerzempfindung

wiedererlangten (Carlstedt, 2000). Eine Erklärung für dieses Phänomen gibt es derzeit

nicht. Es wurde spekuliert, dass dies durch intraspinale Sprossung zuvor „stummer”

Fasern über angrenzende Nervenwurzeln (Darian-Smith, 2004), oder durch Sprossung

aus Hinterhornneuronen entlang der replantierten Vorderwurzel zustande gekommen

sein könnte (Carlstedt, 2000). Vorderwurzeln enthalten eine Population dünner

myelinisierter und unmyelinisierter Axone aus dem Spinalganglion, die ebenfalls für

derartige Phänomene verantwortlich sein könnten (s.o.) (Hildebrand et al., 1997;

Schenker and Birch, 2000) .

Operationtechnik nach Thomas Carlstedt

Die ausgerissene Vorderwurzel wird in diesem neuen chirurgischen Verfahren in einem

Areal zwischen den physiologischen Austrittsstellen von Vorder- und Hinterwurzel

ventrolateral replantiert (Abbildung 5). Durch eine kleine Inzision in die Pia mater wird

erreicht, dass die ausgerissene Vorderwurzel in direkten Kontakt mit dem Rückenmark

kommt. Durch die Narbe, die dabei entsteht, werden neurotrophe Faktoren gebildet, die

das Überleben von Neuronen begünstigen sollen (Carlstedt et al., 1993a; Hallin et al.,

1999). Somit soll durch eine ausreichende Anzahl an überlebenden Motoneuronen die

Grundlage für eine Regeneration geschaffen werden.

Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass einige Zeit nach Replantation Axone von

überlebenden Motoneuronen ausgewachsen sind und Anschluss an die replantierte

Vorderwurzel gefunden haben. Funktionell konnte eine Wiederherstellung der

paravertebralen und der proximalen Schultermuskulatur und gelegentlich auch der

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Oberarmmuskulatur erreicht werden (Carlstedt et al., 1993a; Carlstedt et al., 2000;

Carlstedt et al., 1995). Mit diesem Ergebnis hat sich dieses neue Verfahren im

Vergleich zu früheren Therapieansätzen wie dem Nerventransfer als nicht überlegen

erwiesen. Eine adäquate Therapie mit einem befriedigenden funktionellen Ergebnis für

Nervenwurzelausrisse existiert daher bis heute nicht (Holtzer et al., 2002; Lang et al.,

2005a).

Abbildung 5: Schematische Darstellung der Technik der Vorderwurzelreplantation nach Thomas Carlstedt. Links: Rückenmarkssegment mit ausgerissener Vorderwurzel; Rechts: Ventrolaterale Replantation der Vorderwurzel; Modifizierte Abbildung nach Carlstedt et al., 1993b; Carlstedt et al., 1993a.

Voraussetzungen für eine Verbesserung der Therapieansätze der Vorderwurzel

Die Suche nach einer Verbesserung der bisherigen Therapieansätze zur funktionellen

Wiederherstellung der zunächst der motorischen Innervation wirft die Frage auf, welche

grundsätzlichen Vorraussetzungen zu erfüllen sind. Zunächst erscheint es sinnvoll eine

Replantation der Voderwurzel dem Nerventransfer vorzuziehen, da der Nerventransfer

immer den Ausfall anderer Innervationsgebiete zur Folge hat. Zur Verbesserung der

Replantationstechnik der Vorderwurzel sind vor allen anderen Gesichtspunkten

insgesamt drei wesentliche Punkte zu erfüllen (Lang et al., 2005b):

1. Eine ausreichende Anzahl an Motoneuronen muss das Trauma überleben und die

Fähigkeit haben, neue Axone in die Peripherie auswachsen zu lassen.

2. Die Verbindung zwischen Rückenmark und ausgerissener Vorderwurzel muss

wiederhergestellt werden.

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25

3. Die regenerierenden Axone müssen qualitativ hochwertig sein.

Voruntersuchungen zur vorliegenden Arbeit

In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass es bereits in der ersten Woche bzw.

innerhalb von drei Wochen nach einem Vorderwurzelausriss zu einem Verlust von bis

zu 80% der Motoneuronen im betroffenen Segment kommt (Carlstedt, 1997; Carlstedt

T., 1997b; Cullheim et al., 1989; Koliatsos et al., 1994). Voruntersuchungen zur

vorliegenden Arbeit zeigten, dass allein durch Replantation der Vorderwurzel mehr

Motoneurone die Verletzung überleben (Verlust von 33,5 ± 7,1%). Es wurde weiter

gezeigt, dass mit Applikation neurotropher Faktoren (ohne Replantation) ein erheblicher

Anteil von Motoneuronen vor dem Zelluntergang bewahrt werden kann. In einem

Plexus brachialis Läsionsmodell, wurden nach Ausriss der Vorderwurzeln, neurotrophe

Faktoren auf die Ausrisstelle appliziert. Es wurden in verschiedenen Versuchsgruppen

CNTF (ciliary neurotrophic factor), BDNF (brain derived neurotrophic factor) und eine

Kombination aus beiden Faktoren verwendet. Nach einer Überlebenszeit von einer

Woche konnte gezeigt werden, dass diejenigen Tiere, die neurotrophe Faktoren erhalten

hatten, einen deutlich niedrigeren Verlust von 16,9 ±14.3 % (CNTF-Gruppe ) bzw. 28,0

± 11.4 % (BDNF-Gruppe) Motoneuronen zeigten als die Kontrollen mit 54,4 ± 12.1 %,

die keine Faktoren erhalten hatten. Dieser positive Effekt neurotropher Faktoren konnte

auch nach drei Wochen nach gleicher Behandlung gezeigt werden (Lang et al., 2005a).

Auch andere Arbeiten zeigten in verschiedenen Modellen vergleichbare Effekte

neurotropher Faktoren auf das Überleben von Motoneuronen z.B (Ma J., 2001; Novikov

et al., 2000; Novikov et al., 1995; Novikov et al., 1997).

Neurotrophe Faktoren

Neurotrophe (trophisch, griechisch: fördernd, ernährend) Faktoren sind eine Guppe von

Polypeptiden, die das Überleben von neuronalen Populationen fördern und eine Rolle

bei der Entwicklung und Differenzierung von Neuronen spielen. Die Entdeckung des

ersten neurotrophen Faktors Nerve Growth Factor (NGF) durch Cohen und Levi-

Montalcini (1951) gilt als Meilenstein in der Untersuchung von Wachstumsfaktoren und

löste die Suche nach weiteren Faktoren aus. Heutzutage weiß man, dass NGF nur einer

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unter vielen neurotrophen Faktoren ist, der für die oben genannten Effekte

verantwortlich sein kann.

Ursprünglich hatte man angenommen, dass neurotrophe Faktoren das Überleben von

Neuronen fördert, indem die Faktoren den Metabolismus der Zellen in einer positiven

Weise beeinflussen. Heute nimmt man an, dass die Faktoren u.a. das

Apoptoseprogramm der Zellen unterdrücken.

Neurotrophe Faktoren werden nach ihren Eigenschaften und Rezeptoren in drei

verschiedene Hauptfamilien eingeteilt (Drenckhahn D, 2004a):

Die Neurotrophine der NGF Familie; dazu gehören:

NGF (Nerve growth factor)

BDNF (Brain derived neurotrophic factor)

NT-3 (Neurotrophin-3)

NT-4/5 (Neurotrhophin 3/4)

Die Familie der Neurokine (Interleukin-6-Familie); dazu gehören

CNTF (Ciliary neurotrophic Factor)

LIF (Leukaemia inhibitory factor)

Cardiotrophin

Die Familie der Transforming growth factors

TGF-β1 (Transforming growth factors)

TGF-β2 (Transforming growth factors)

TGF-β3 (Transforming growth factors)

GDNF (Glial derived neurotrophic factor)

FGF (Fibroblast growth factor)

Persephin

Neurturin

Artemin

Andere Quellen (Kandel E et al., 2000) ordnen den FGF in eine eigene Familie ein.

Neurotrophine der NGF- Familie

Die Familie der Neurotrophine gilt als die am besten untersuchte Gruppe der

neurotrophen Faktoren. Die Mitglieder dieser Familie BDNF (Brain derived

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neurotrophic factor), NT-3 (Neurotrophin-3), NT-4/5 (Neurotrophin 4/5) zeigen eine

hohe strukturelle Ähnlichkeit zu NGF (Nerve growth factor).

Neurotrophine interagieren mit zwei Rezeptorhauptklassen: Die transmembranösen, als

Dimer vorliegenden Tyrosinkinaserezeptoren mit dem Namen trk-A, trk-B, trk-C.

Dabei interagiert NGF hauptsächlich mit trk-A, BDNF und Neurotrophin 4/5 mit trk-B

und Neurotrophin-3 mit trk-C, aber ferner auch mit trk-B. Die Aktivierung der trk-

Rezeptoren durch Bindung des Liganden führt zunächst zur Dimerisierung. Die

anschließende Phosphorylierung der zytoplasmatischen Domäne führt zur Aktivierung

spezifischer intraneuronaler Signalmoleküle, von denen viele auch durch andere

Tyrosinkinaserezeptoren aktiviert werden können.

Neurotrophine binden auch an den p75NTR (NTR=Neurotrophinrezeptor). Im Gegensatz

zu den trk-Rezeptoren bindet jedes Neurotrophin mit gleicher Affinität an den p75NTR.

Dem p75NTR werden verschiedene Funktionen zugeschrieben: Eine Rolle ist, dem trk-A-

Abbildung 6: Schematische Darstellung derNeurotrophinrezeptoren, ihrer Liganden und der intrazellulären Wirkung (modifizierte Abbildung nach Principles of Neural Science)

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Rezeptor NGF zu präsentieren. Die zweite Rolle ist die Übertragung intrazellulärer

Signale direkt durch Aktivierung von Transduktionswegen, die durch Signale ausgelöst

wurden, die von Membranlipiden getriggert werden. An Zellen, denen trk-Rezeptoren

fehlen konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung von p75NTR den Tod dieser Zellen

fördert, statt das Absterben zu verhindern.

BDNF (brain derived neurotrophic factor)

BDNF gehört zur Familie der Neurotrophine. Nach Verletzung der Nervenzelle

unterliegt BDNF unter anderem einem retrograden Transport. Es konnte in vitro und in

vivo gezeigt werden, dass das Überleben und die Differenzierung von Motoneuronen

durch BDNF gefördert wird (Novikov et al., 1997). Auch wird die Regulation der

entwickelnden neuromuskulären Synapse u.a. durch BDNF beeinflußt. Dieser

Sachverhalt erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß BDNF zur Verbesserung der

Nervenregeneration erfolgreich genutzt werden könnte. In einer Studie von Utley et al.

wurde gezeigt, daß Tiere, die nach einer peripheren Nervenverletzung mit BDNF

gemeinsam mit „Collagen Tubulisation“ behandelt wurden, die größte

Wiederherstellung der Funktion und durchschnittlich den größten Axondurchmesser

aufweisen (Utley et al., 1996). Jüngere Studien fanden dagegen keinen Hinweis darauf,

daß BDNF einen fördernden Effekt auf die axonale Regeneration hat. Die

unterschiedlichen Ergebnisse könnten durch eine unterschiedliche Dosierung und

andere Art der Bewertung zustande gekommen sein.

Vor kurzem wurde gezeigt, dass die Bindung von BNDF an den p75NTR in frühen

Abschnitten der postnatalen Entwicklung unter anderem für die Myelinisierung von

Axonen durch Schwann-Zellen verantwortlich ist (Cosgaya et al., 2002) (Abbildung 6).

Es konnte weiter gezeigt werden, dass die Applikation von exogenem BDNF die

Myelinisierung von Axonen fördert. Die BDNF Applikation hatte neben der erhöhten

Produktion von Myelin durch Schwann Zellen direkten Einfluss auf die Dicke der

Myelinscheide. Cosgaya et al. konnten durch Versuche beweisen, dass die Bindung von

BDNF an den p75NTR Rezeptor der Schlüsselprozess für die Produktion von Myelin

durch Schwann Zellen war.

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurde ein Modell für die Aktivität von

Neurotrophinen und deren Wechselwirkungen mit ihren Rezeptoren im peripheren

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Nervensystem in Bezug auf die Myelinisierung vorgeschlagen. Danach spielt sich die

Myelinisierung in verschiedenen Stadien ab, die sich aus Proliferation und

Einwanderung von Schwann-Zellen gefolgt von Verlängerung und Einhüllung der

Axone und schließlich aus der Formation des Internodiums zusammensetzen. Während

dieser Stadien spielt die Verfügbarkeit von Neurotrophinen und deren Rezeptoren eine

entscheidende Rolle. Wichtig sind NT-3 und sein Rezeptor trk-C sowie BDNF und sein

Rezeptor p75NTR, die alle im prämyelinisierten Nerven exprimiert werden. Trk-C und

NT-3 verhindern zunächst die Myelinisierung und halten die Schwann-Zellen im

Proliferationsstadium. Wenn die Schwann- Zellen Verbindung mit dem Axon

aufgenommen haben, erfolgt eine Herunterregulation von trk-C und NT-3, während

p75NTR und BDNF vermehrt exprimiert werden. Ist die Myelinscheide gebildet, werden

beide Neurotrophine und deren Rezeptoren herunterreguliert (Notterpek, 2003;

Hempstead and Salzer, 2002).

Familie der Neurokine

Zur Familie der Neurokine gehören CNTF (ciliary neurotrophic factor) und LIF

(leukemia inhibitory factor). Ferner werden auch Cardiotrophin-1 und andere IL-6

ähnliche Faktoren zu dieser Familie gerechnet.

Neurokine entfalten ihre Wirkung über einen heterodimeren Rezeptor, bestehend aus

den Untereinheiten gp130 und LIFR-β. Die Wirkung von CNTF wird ermöglicht durch

eine weitere hochaffine Untereinheit, genannt CNTFR-α, die nur im ZNS exprimiert

wird und mit einem Lipidanker in der Zellmembran verankert ist.

CNTF (ciliary neurotrophic factor)

Der ciliary neurotrophic factor (CNTF) ist ein Protein mit einem Molekulargewicht von

22-24 kDa. Es wurde erstmals in embryonalem Hühneraugengewebe entdeckt. In

anschließenden Untersuchungen wurde CNTF im Nervus ischiadicus von erwachsenen

Kaninchen und Ratten nachgewiesen. CNTF besitzt eine ähnliche Struktur wie andere

hämatopoetische Zytokine, insbesondere bestehen große Ähnlichkeiten mit Leukemia

inhibitory Factor (LIF). Sie teilen die Eigenschaft in vitro noradrenerge Neurone im

Phänotyp in cholinerge Neurone umzuwandeln (Terenghi, 1999).

CNTF war der erste neurotrophe Faktor, bei dem nachgewiesen wurde, dass er das

Überleben von α-Motoneuronen sowohl in vivo als auch in vitro fördert (Masu et al.,

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1993). Der Faktor wird im PNS von Schwann- Zellen exprimiert und im ZNS von

Astrozyten.

Nach Axotomie fällt der Anteil an CNTF m-RNA dramatisch im distalen Stumpf und

erhöht sich erst nach der axonalen Regeneration wieder. Man nimmt an, dass exogenes

CNTF die periphere Nervenregeneration verbessern könnte.

Funktionell fördert CNTF das Auswachsen von Axonen sensibler und sympathischer

Neurone, fördert das Überleben von Motoneuronen, verhindert über bereits erläuterte

Mechanismen die Apoptose, rettet entwickelnde Rattenmotoneurone vor dem Zelltod

nach Axotomie und verhindert die Degeneration von Axonen und Somata der

Motoneuronen (Sendtner, 1995; Sendtner et al., 1994). Auch für Prozesse der

Myelinisierung ist der Einfluß von CNTF von Bedeutung. Einige Arbeiten konnten in

der Vergangenheit zeigen, dass CNTF einen Einfluß auf Oligodendrozyten und damit

auf die Myelinisierung im ZNS nimmt, was von großem Interesse für Therapieansätze

zentral demyelinisierender Erkrankungen ist (Stankoff B., 2002; Barres et al., 1996;

Mayer M., 1994). Ein erster Hinweis, dass CNTF auch Einfluß auf Schwann-Zellen und

Myelinisierung im PNS nimmt existiert seit kurzem. Allerdings fehlt ein quantitativer

Nachweis dieser Beobachtung (Zhang et al 2004).

Abbildung 7: Schematische Darstellung des CNTF-Rezeptors und seines intrazellulären Wirkmechanismus. Nach Bindung von CNTF an seinen heterodimeren Rezeptor und der Untereinheit CNTF-α erfolgt intrazellulär eine Autophosphorylierung über Januskinasen mit anschließender Aktivierung von Statinen. Dieser Mechanismus führt letztendlich zur Verhinderung von Zelltod und begünstigt Auswachsen neuer Axone (modifizierte Abbildung nach Principles of Neural Science

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Familie der Transforming Growth Factors

Die Familie der Transforming growth factors ist sehr groß. Zahlreiche sehr bekannte

und wichtige Faktoren gehören ihr an. Dazu gehören TGF-β1, TGF-β2, TGF-β, GDNF

(Glial cell-line Derived Neurotrophic Factor), das in der Entwicklung sehr wichtige

Bone morphogenetic protein, sowie Neuturin, Persephin, Artemin.

Die Signaltransduktion dieser Faktoren findet über die Rezeptoruntereinheit c-ret statt.

Jeder Ligand bindet an eine spezifische Rezeptoruntereinheit, die als Lipidanker in der

Membran befestigt ist (Kandel E et al., 2000; Drenckhahn D, 2004a; Drenckhahn D.,

2004b).

Fragestellung der Untersuchungen

Aus den bisherigen Erkenntnissen aus den Voruntersuchungen gehen folgende

Fragestellungen hervor:

1. Kann in einem Tiermodell für Plexus brachialisläsion und –therapie durch

Kombination aus Replantation ausgerissener Vorderwurzeln und Applikation

neurotropher Faktoren auf die Replantationsstelle das Überleben der Motoneuronen

nach einem Vorderwurzelausriss langfristig erhöht werden, so dass eine ausreichende

Anzahl Motoneuronen für eine hochwertige Regeneration zur Verfügung stehen?

2. In welchem Ausmass und über welche Wege findet ein Auswachsen regenerierender

Axone in die ventrolateral replantierte Vorderwurzel statt?

3. Hat die Applikation neurotropher Faktoren Einfluss auf Quantität (Anzahl) und

Qualität (Dicke und Myelinisierung ) der regenerierten Axone?

4. Welche Veränderungen ergeben sich im Spinalganglion und den Hinterwurzelresten

durch die Durchtrennung der Hinterwurzel und reicht der Einfluß neurotropher Faktoren

bis dorthin?

5. Welche morphologischen Veränderungen sind im peripheren Nerven sichtbar?

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine detaillierte morphologische und

morphometrische Analyse von Rückenmark, Nervenwurzeln, Spinalganglien und

peripherem Nerven nach einer Überlebenszeit der Versuchstiere von 3 Wochen bzw. 6

Monaten durchgeführt.

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Material und Methoden

Untersuchungsmaterial

Die Untersuchungen wurden an C7 Segmenten des Rückenmarks adulter New Zealand

Kaninchen durchgeführt. Die operative Behandlung, die postoperative Versorgung und

Beobachtung der Tiere, die anschließende Perfusion und Präparation des Rückenmarks

(s.u.) wurden von Frau Dr. med. Eva Lang (Plastische- und Handchirurgie)

durchgeführt. Herstellung und Analyse der Schnittpräparate waren Gegenstand der

vorliegenden Dissertation.

Operatives Vorgehen

Nach Einleitung der Narkose erfolgte zunächst eine Tracheotomie zum Einlegen eines

Beatmungstubus. Die anschließende Operation der Versuchstiere wurde über einen

dorsalen operativen Zugangsweg durchgeführt. Dieser Zugangsweg hat sich in der

Vergangenheit für die Durchführung von ventrolateraler Replantation ausgerissener

Vorderwurzeln bewährt, da die Komplikationsraten während der Operation im

Vergleich zum ventralen Zugang deutlich niedriger sind.

Nach Hautschnitt und Präparation der paravertebralen Muskulatur erfolgte zunächst

eine Hemilaminektomie des Wirbels C6 und anschließend die Darstellung des

Rückenmarksegments C7. Nach Inzision und Auftrennung der Dura mater wurde die

Hinterwurzel dargestellt und durchtrennt. Damit wurde die Sicht auf die Vorderwurzel

möglich. Diese wurde nun mit einem Haken aus dem Rückenmark herausgerissen und

anschließend ventrolateral replantiert. Dabei wurde darauf geachtet, dass die zur

Vorderwurzel gehörigen gebündelten Fila radicularia vollständig ausgerissen und

replantiert wurden (Carlstedt et al., 1993a; Carlstedt et al., 2000). Nach Inzision der Pia

mater an der geplanten Replantationsstelle erfolgte die Replantation der Vorderwurzel

an dieser Stelle. Die primäre Fixation der Vorderwurzel wurde mit 0,2 ml Fibrinkleber

bei allen Tieren erreicht (Abbildung 8).

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Abbildung 8: Dokumentation des operativen Vorgehens. Zunächst erfolgte die Hemilaminektomie über dem Wirbelkörper C6 (siehe Text). Nach Eröffnung der Dura mater konnte die Hinterwurzel dargestellt werden (a).Zur Darstellung der Vorderwurzel wurde die Hinterwurzel durchtrennt (b). Die Vorderwurzel wurde mit einem Haken entsprechend eines hiermit simulierten Ausrisstraumas herausgerissen (c); (d) zeigt die herausgerissene Vorderwurzel. Anschließend erfolgte die ventrolaterale Replantation der Vorderwurzel nach dem Prinzip von Thomas Carlstedt im Bereich zwischen Ausrissstelle der Vorderwurzel und Eintrittsstelle der Hinterwurzel (e). Die primäre Fixation erfolgte mit Fibrinklebe (siehe Text) (f). Die Bilder wurden zur Illustration von Frau Dr. Eva Lang zur Verfügung gestellt.

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Bildung verschiedener Versuchsgruppen

Bei insgesamt 10 Tieren, nachfolgend als Kontrollgruppe bezeichnet, wurde die

Vorderwurzel wie oben beschrieben mit 0,2 ml Fibrinkleber (Tissuecol Duo S ®,

Baxter, Stadt, Österreich) fixiert. Bei den anderen Gruppen, jeweils bestehend aus 7

Tieren wurden 10 µl rekombinantes Ratten-CNTF (0.78 bzw. 1 mg/ml in PBS) oder 10

µl rekombinantes Menschen-BDNF (1mg/ml) in den Fibrinkleber gemischt und die

Vorderwurzel auf gleiche Weise ventrolateral replantiert und fixiert. Bei der vierten

Versuchsgruppe, ebenfalls bestehend aus 7 Tieren wurden je 10 µl beider neurotropher

Faktoren CNTF und BDNF in den Fibrinkleber gemischt.

Diese Gruppen sind nachfolgend entsprechend der Beigabe neurotropher Faktoren in

den Fibrinkleber als CNTF-Gruppe, BDNF-Gruppe oder CNTF+BDNF-Gruppe

bezeichnet.

Postoperative Beobachtung der Tiere

Zwei Tiere mussten getötet werden, weil sie anhaltend an Gleichgewichtsproblemen

litten, die wahrscheinlich auf einer Verletzung der Tractus spinocerebellares anterior

und posterior beruhte. Alle weiteren Tiere, außer einem Tier der BDNF-Gruppe, das

eine Woche nach der Operation starb, überstanden die Operation komplikationslos. Sie

zeigten einen partiellen Verlust der Funktionen der Extensoren des Vorderlaufs, was

durch Hinken deutlich wurde. Diese Symptomatik war für einige Wochen

offensichtlich, wurde im Laufe der Zeit geringer, war aber nach sechs Monaten immer

noch vorhanden. Offensichtliche Unterschiede in der Wiederherstellung der

Muskelfunktionen in den einzelnen Gruppen wurden nicht beobachtet.

Perfusion und Überlebenszeiträume

Nach einer Überlebenszeit von 3 Wochen (n=3 Tiere der Kontrollgruppe) bzw. einer

Überlebenszeit von 6 Monaten (n=25 Tiere aller Versuchsgruppen) erhielten die Tiere

erneut eine Narkose mit Beatmung über Tracheotomie und wurden transcardial

perfundiert. Die verwendete Fixationslösung bestand aus 4% Paraformaldehyd und

0,2% Glutaraldehyd in 0,1M Phosphat Puffer bei PH 7,4.

Die Segmente C6-C8 wurden nach der Perfusion aus dem Wirbelkanal zusammen mit

Hinterwurzel, Spinalganglien, Vorderwurzeln und dem proximalen Spinalnervenanteil

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herauspräpariert. Das Spinalganglion und die Vorderwurzeln wurden auf beiden Seiten

durch einen Transversalschnitt in einen proximalen und distalen Abschnitt geteilt

(Abbildung 9). Auf die proximale Schnittfläche von Spinalganglion und Vorderwurzel

wurde der Fluroeszenfarbstoff DiI (1,1´dioctadecyl-3,3,3´3´-tetramethylindo-

carbocyaninperchlorat) in einer 2%igen Agar Lösung in Form von Kristallen appliziert

und bei 37°C für die Dauer mindestens eines Jahres in Fixans inkubiert. Bei DiI handelt

es sich um einen fluoreszierenden Farbstoff, der durch seine lipophilen Eigenschaften in

der Lage ist, retrograd entlang von neuronalen Membranen zu wandern. Bei einer

Inkubationszeit von 12-15 Wochen und einer Inkubationstemperatur von 37°C wandert

DiI nach Literaturangaben 28,9 ±2,2 mm (Lukas et al., 1998).

Behandlung der proximalen Gewebeanteile

Nach der Inkubationszeit wurde das Segment C7 in PBS gewaschen in 10% und 20%

Saccharoselösung in PBS gebracht, über Isopentan in Stickstoff eingefroren und mit

Tissue Tek auf Korken geklebt. Die so behandelten Gewebe wurden bei -80°C gelagert.

Durch das gesamte Segment C7 wurden im Cryostat Transversalserienschnitte

angefertigt, die eine Dicke von 30µm haben. Diese Schnitte wurden auf Objekträger

SuperfrostTM (Menzel, Braunschweig) aufgezogen, um eine anschließende

mikroskopische Beobachtung der Schnitte durchführen zu können. Es wurden jeweils

Abbildung 9: Methodenschema; durch Transversalschnitte auf der Höhe, an der die Vorderwurzel dem Spinalganglion anliegt erfolgte die Aufteilung des Gewebeblocks bestehend aus Segment C7 in zwei distale und einen proximalen Gewebeanteil (siehe Text). Diese beiden Gewebeanteile wurden zur Beurteilung verschiedener Aspekte unterschiedlich histologisch aufbereitet.

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Serien aus vier Objektträgern gebildet, auf die jeweils sechs Rückenmarkschnitte

aufgezogen wurden. Die Reihenfolge der Schnitte ist aus folgendem Schema ersichtlich

(Abbildung 10).

Abbildung 10: Die Transversalserienschnitte wurden in Serien à je vier Objektträgern aufgezogen. Die Nummerierung der Schnitte im Schema zeigt die Reihenfolge, in der die Schnitte aufgezogen wurden. Bei einer Schnittdicke von 30 µm ist der Abstand dieser Schnitte auf einem der Objekträger 120 µm bis zum nächsten Schnitt auf dem gleichen Objektträger. Der jeweils erste Schnitt einer solchen Serie wurde mit einer Klüver-Barrera Färbung (KBF; siehe unten im Text) die drei anderen mit einer Markscheidenfärbung MSF (siehe unten im Text) gefärbt.

Die anschließende fluoreszenzmikroskopische Beobachtung der

Transversalserienschnitte erfolgte mit einem Olympus Mikroskop (Olympus GmbH,

Deutschland). Fotografien von wichtigen Schnitten wurden mit einer Olympus Kamera

und Kodak TMAX- 400 Schwarzweißfilmen (Kodak GmbH, Stuttgart) angefertigt.

Zwei Fragestellungen sollte die anschließende lichtmikroskopische Analyse der

Transversalserienschnitte beantworten:

1. Ist eine ausreichende Anzahl von Motoneuronen vorhanden und gibt es Unterschiede

in der Anzahl der überlebenden Motoneurone in den verschiedenen Gruppen?

2. Welche Wege nehmen regenierende Axone beim Wiederauswachsen aus den

Neuronen durch das Rückenmark in die replantierte Vorderwurzel?

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Diese Fragestellungen machten die Auswahl geeigneter Gewebefärbungstechniken

notwendig. Zur Darstellung neuronaler Strukturen insbesondere des Perikaryons eignet

sich die Kresylviolettfärbung nach Nissl, die die basophilen Strukturen der Zellen (Nissl

Schollen) selektiv darstellt. Mit einer modifizierten Färbung nach Klüver Barrera, die

eine Kresylviolettfärbung einschließt und gleichzeitig Markscheiden schwach darstellt

wurde jeder erste Objekträger einer Viererserie gefärbt. Dies sollte später bei der

Zählung der Neurone ermöglichen, dass jedes Neuron im definierten Zählbereich erfasst

wird.

Die intensive Darstellung der Markscheiden zur Erfassung regenerierter myelinisierter

Axone erfolgte mit einer spezifischen Markscheidenfärbung, welche Markscheiden

schwarz und Zellkörper rot anfärbt.

Behandlung der distalen Gewebeanteile

Für die Beurteilung der Morphologie und zur späteren quantitativen Analyse der

Vorderwurzeln und der anliegenden Spinalganglien wurde der distale Gewebeanteil

zunächst in Kunstharz eingebettet.

Das zur Fixierung des Gewebes verwendete Formaldehyd wurde zunächst 3x 10

Minuten mit 0,15 M Phosphatpuffer ausgewaschen. 0,15M Phosphatpuffer besteht aus

405ml Di-Natriumhydrogenphosphat und 95 ml Natriumdihydrogenphosphat (Firma

Merck, Darmstadt) gelöst in 900 ml Aqua dest. Die Lösung wurde mit

Natriumdihydrogenphosphat auf pH 7,4 eingestellt und auf 1l mit Aqua dest. aufgefüllt.

Mit einer 1:1 Verdünnung aus 4% Osmiumtetroxyd und Daltonpuffer wurde das

Gewebe für 90 Minuten nachfixiert und anschließend wieder 3x15 Minuten mit 0,15 M

Phosphatpuffer ausgewaschen und über Nacht im Puffer belassen.

Der Daltonpuffer besteht aus zu gleichen Teilen gemischter 4% Kaliumdichromatlösung

und 3,4% NaCl-Lösung (Firma Merck, Darmstadt), die mit Kalilauge auf pH 7,4

eingestellt wurde.

Für die Herstellung des 4%igen Osmiumtetroxyd (Firma Chempur, Karlsruhe) werden 2

Ampullen Osmiumtetroxyd à 1g aufgebrochen, in 50 ml Aqua dest gegeben und über

Nacht auf dem Rührer zur Lösung belassen.

Mit einer aufsteigenden Acetonreihe erfolgte am nächsten Tag für jeweils 15 Minuten

am nächsten Tag die Dehydrierung des Gewebes (30% Aceton, dann 40% Aceton, 50%

Aceton und 60% Aceton). Nach einer Vorkontrastierung in 70% Aceton mit

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Phosphorwolframsäure und Uranylacetat für 2x30 Minuten wurde das Gewebe für je 15

Minuten in 80% und 90 % Aceton, anschließend für 3x 10 Minuten in 100% Aceton

weiter dehydriert.

Die Mischung zur Vorkontrastierung besteht aus 1% Phosphorwolframsäure (Firma

Chroma, Münster) und 0,5g Uranylacetat (Firma Merck, Darmstadt) auf 100 ml 70%

Aceton. Die Mischung wurde gelöst und anschließend filtriert.

Danach folgte der Übergang in das Einbettgemisch: Das Gewebe wurde zunächst für

2x30 Minuten in einer 1:1 Mischung aus dem Einbettgemisch und 100% Aceton

belassen, anschließend für die gleiche Zeit in einer Mischung dieser beiden Stoffe im

Verhältnis 3:1 und dann in reinem Einbettgemisch belassen.

Für das Einbettgemisch wurde „Spurr Mixture“ verwendet. Es handelt sich dabei um

eine Kunstharzeinbettung mit ERL 4221-D, welches folgendermaßen hergestellt wurde:

- ERL 4221-D 15ml (Vinylcyclohexendioxid)

- D.E.R. 736 7,5ml (Weichmacher; Dioxid)

- NASA 37,5 ml (Nonensuccinic anhydride, Härter)

- DMAE (S-1) 1,5 ml (Dimethylaminoethanol; Beschleuniger) (alle hier genannten

Firma Serva, Heidelberg).

Das Gemisch wurde für 20-30 Minuten unter Vermeidung von Luftblasenbildung gut

gerührt bis sich das Gemisch von gelb nach orange-braun verfärbte.

Über Nacht wurde das Gewebe bei 4°C im Kühlschrank gelagert, bevor am nächsten

Morgen das Einbettgemisch erneut einmal gewechselt wurde.

Danach folgte das Ausgießen in geeignete Formen, das Gewebe wurde eingelegt und

ausgerichtet und dann luftblasenfrei mit ERL- Medium aufgefüllt.

Nach der Einbettung wurden aus dem Gewebe Semidünnschnitte von 1µm Dicke mit

einem Ultracut (Firma Reichert und Jung, Wien) angefertigt.

Für die Anfärbung der Semidünnschnitte wurde der Farbstoff Touluidinblau verwendet.

Die meisten anderen Färbungen dringen nicht genügend in Epoxidharz ein.

Touluidinblau führt zu einer differenzierten Anfärbung biologischer Bestandteile in

unterschiedlichen Blautönen.

Die angefertigten Schnitte wurden mit folgender Lösung gefärbt: Je ein Gramm

Toluidinblau, Azur II und Borax in 100 ml Aqua bidest. wurden auf dem Rührer

durchmischt und gelöst. Anschließend wurde die Färbelösung für 1 min auf

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Semidünnschnitte aufgetropft, abgegossen, die Schnitte wurden kurz in Aqua bidest

gewaschen, getrocknet und mit Entellan eingedeckt.

Markscheidenfärbung

Für die Markscheidenfärbung wurden zunächst folgende Lösungen hergestellt:

Sudanschwarz B:

1. 0,1g Sudanschwarz werden in 100 ml 70% Alkohol im Wasserbad gelöst und bis zum

Kochen erhitzt (76°C).

2. Kernechtrot: 0,1g Kernechtrot in 100 ml 5% Aluminiumsulfat (wässrig) heiß lösen

und nach Erkalten filtrieren.

3. Alkohol: Ausgangspunkt ist 96%iger Alkohol

500 ml 96% Alkohol und 960 ml Aqua Dest. => für 50% Alkohol

750 ml 96% Alkohol und 960 ml Aqua Dest. => für 70% Alkohol

Färbevorgang:

Alle Objektträger wurden zunächst 1 Minute in 50% Alkohol belassen, bevor sie für

eine Stunde in frisch filtriertes Sudanschwarz B überführt wurden. Danach wurde die

überschüssige Färbelösung durch Waschung der Objektträger mit 50% Alkohol entfernt

und es wurde in Aqua dest. gespült. Anschließend wurden die Schnitte für 10 Minuten

in Kernechtrot gestellt und danach wieder mit Aqua dest. gespült. Die Eindeckung der

Schnitte erfolgte mit Glyceringelatine. Die Ränder der Deckgläschen wurden mit

Entellan zur Abdichtung umrahmt. Der gesamte Färbevorgang wurde bei

Raumtemperatur durchgeführt.

Modifizierte Färbung nach Klüver-Barrera (Luxol-Fast Blue Färbung)

Zunächst wurden folgende Lösungen hergestellt:

1. Luxol Fast Blue Färbelösung (0,1%): 0,1g Luxol Fast Blue (LFBMS, Lösung 38

Sigma) wurden in 100 ml 96%igem Ethanol aufgelöst und anschließend 0,5 ml 10%ige

Essigsäure zugefügt.

2. Lithiumcarbonatlösung (0,05%): 0,5g Lithiumcarbonat (Brüssel, r.c.b. 85.078)

wurden in einem Liter Aqua dest. aufgelöst.

3. Acetatpuffer (20mM): 1,2g Essigsäure wurden in 1000 ml Aqua bidest gelöst und der

pH-Wert wurde auf 4,0 mit etwa 3,5 ml 1 M NaOH Lösung eingestellt.

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4. Cresyl violett (0,2%, pH 4,0): 1g Cresylviolettacetat (Sigma; C-5042) wurde in 500

ml 20 mM Acetatpuffer mit pH 4,0 gelöst. Anschließend wurde der pH neu auf 4,0

eingestellt. Diese Lösung wurde unmittelbar vor jedem Gebrauch filtriert.

Folgende Vorgehensweise zur Färbung der Schnitte:

Die Schnitte auf den Objektträgern wurden zunächst für 10 min in PBS gestellt.

Anschließend erfolgte eine Überführung der Gewebeschnitte in 70% Ethanol, dieses

wurde gewechselt und anschließend wurden die Objektträger für 24h bei 20°C

Raumtemperatur in 70% Ethanol belassen. Am nächsten Tag wurden die Objektträger

in die vorgewärmte Luxol Fast Blue Lösung überführt und über Nacht bei 56°C im

Wärmeschrank inkubiert. Danach wurden die Schnitte 3 min in PBS gewaschen und für

weitere drei Minuten in die Lithiumcarbonatlösung gestellt. Anschließend wurden die

Objektträger für drei Minuten in 70% Ethanol eingestellt und zweimal für je 5 Minuten

in PBS gewaschen. Nach einer Waschung der Schnitte in Aqua dest. für zwei Minuten

wurden sie bei Raumtemperatur für 30 Minuten in der Cresylviolettlösung belassen und

dann wieder für zwei Minuten in Aqua dest. gewaschen. Danach folgte die Dehydration

der Gewebe mit einer aufsteigenden Alkoholreihe: 1 Minute in 70% Ethanol, 2 Minuten

in 80% Ethanol, 5 Minuten in 96% Ethanol und zum Schluss zweimal für je 5 Minuten

in 100% Ethanol. Vor der Eindeckung in Entellan wurde das Gewebe noch zweimal für

je 5 Minuten in Xylol gestellt (Geisler et al., 2002).

Morphologische und quantitative Auswertung der Gewebeschnitte

Die morphologische Auswertung der Transversalschnitte durch das Rückenmark wurde

mittels eines Lichtmikroskops der Firma Zeiss (Jena) vorgenommen. Die

lichtmikrospischen Bilder wurden mit einer Spot Camera (Visitron, Puchheim)

aufgenommen. Morphometrische Analysen dieser Schnitte wurden mit der

Morphometriesoftware Spot advanced der gleichen Firma vorgenommen. Die aus den

digitalen Aufnahmen gewonnenen morphometrischen Daten wurden auf

Normalverteilung und statisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen

Gruppen überprüft. Dafür wurden Sigma Stat 2.0 und Sigma Plot 8.0 verwendet. Die

Auswertungen wurden von einem Statistiker überprüft.

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Zählung der Vorderhornneurone

Die Zählung der Motoneurone im Segment C7 wurde am Lichtmikroskop

vorgenommen.

Um diese Bestimmung durchführen zu können wurden bei verschiedenen Tieren (n=6)

zunächst die Durchmesser der Zellkerne der Neurone (n=30) ermittelt. Die Durchmesser

der Zellkerne lagen in einem Bereich zwischen 9-17µm der Mittelwert liegt bei 12,8 µm

±1,9 (Mittelwert ± Standardabweichung).

Bei jedem Tier wurde ein Bereich von 4 mm innerhalb des Segment C7 ausgezählt. Um

einen vergleichbaren Bereich zwischen den einzelnen Tieren zu erhalten, wurde der

Beginn der Zählung 2 mm oberhalb der Mitte der durch die Replantation entstandenen

Narbe gewählt. Entsprechend war der Endpunkt der Zählung 2 mm unterhalb der Mitte

der Narbe. Da die größte Narbenausdehnung 3,5 mm beträgt, kann damit davon

ausgegangen werden, dass bei allen Tieren Neurone in dem Bereich gezählt wurden, in

dem eine Wirkung der neurotrophen Faktoren am ehesten erwartet werden kann.

Gezählt wurde jeder vierte Schnitt, bei einer Schnittdicke von 30 µm also in einem

Abstand von 120 µm. Gezählt wurden lediglich Neurone, bei denen der Zellkern zu

sehen war und die im Bereich des Vorderhorn vor einer gedachten Linie durch

Zentralkanal und Taille der Schmetterlingsfigur der grauen Substanz lokalisiert waren.

Da sich im Vorderhorn des Rückenmarks nicht nur Motoneurone befinden, soll hier

noch erwähnt werden, dass diejenigen Zellen als Motoneurone gezählt wurden, welche

nach allgemeinem Kenntnisstand der Morphologie Motoneuronen entsprechen (siehe

oben).

Mit der Formel nach Abercrombie wurden anschließend die Absolutzahlen der Neurone

in diesem Abschnitt berechnet.

Formel nach Abercrombie: Absolutzahl Neurone = gezählte Zahl*Zahl der Schnitte, die

zur Serie gehören*(Schnittdicke/Schnittdicke+Kerndurchmesser)

Beispiel für die in der vorliegenden Arbeit durchgeführte Berechnung: Absolutzahl

Neurone= 260*4*(30µm/30µm+12µm). (Clarke and Oppenheim, 1995; Abercrombie M

and Johnson M L, 1946; Abercrombie M, 2004) Eine Auswertung war möglich bei

insgesamt 18 Tieren aller experimentellen Gruppen (Kontrolle n=5, CNTF n=3, BDNF

n=5, CNTF+BDNF n=5).

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Bestimmung der Axondurchmesser

In Markscheidenfärbungen wurde der Axondurchmesser von Axonen mit Hilfe der Spot

Advanced Software (Visotron Systems, Puchheim) ausgeführt. Um vergleichbare und

möglichst genaue Daten gewinnen zu können musste folgendes beachtet werden: Die

Messungen erfolgten immer im gleichen Schnitt auf gesunden und verletzten Seiten.

Ausgemessen wurden jeweils alle Axone, deren Durchmesser klar von anderen Axonen

abgrenzbar waren. Dies ergab eine besondere Schwierigkeit, da auf den unverletzten

Seiten die Axone in den relativ dicken Schnitten (30 µm) häufig übereinander lagen und

damit nicht voneinander abgrenzbar waren. Aus diesem Grunde sind diese Messungen

nicht bei allen Tieren möglich gewesen. Bestimmung der Axondurchmesser für die

Vorderwurzelaxone war möglich bei 9 Tieren (Kontrolle n=3, CNTF n=2, BDNF n=2,

CNTF+BDNF n=2). Es wurde dabei darauf geachtet, dass lediglich Schnitte von Tieren

ausgemessen wurden, bei denen die Herkunft der Axone durch direkten Nachweis der

Kontinuität in der Markscheidenfärbung zu sehen war. Die Messungen wurden an der

Stelle vorgenommen, an der die Axone aus dem Rückenmark austreten, distal von der

Transitionszone.

Für die Hinterwurzelaxone war diese Auswertung bei insgesamt 8 Tieren (Kontrolle

n=2, CNTF n=2, BDNF n=3, CNTF+BDNF n=2) möglich und wurde nach den gleichen

Kriterien vorgenommen. Die statistische Auswertung erfolgte bei diesen Messungen mit

dem „Tukey-Test“.

Auswertung der Semidünnschnitte

Zur morphologischen und morphometrischen Analyse fand eine Digitalisierung der

histologischen Gewebeschnitte statt. Die lichtmikroskopische Beobachtung der

Semidünnschnitte wurde mit einem Zeiss-Axioplan 2 Mikroskop (Carl Zeiss Jena, Jena)

durchgeführt. Die zur quantitativen Analyse benötigten digitalen Fotografien wurden

mit einer Axiocam Digitalkamera in höchstmöglicher Auflösung (3090x3600 Pixel)

angefertigt.

Die Vorderwurzeln aller Tiere sowohl von unverletzter Seite, als auch von replantierter

Seite jeden Tieres wurden zunächst lichtmikroskopisch beobachtet und anhand der

Morphologie beurteilt. Sodann wurden digitale Fotographien in verschiedenen

Vergrößerungen angefertigt (5x für Übersichten, 10x für Auswertungen). Alle Schnitte,

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die eine klare Abgrenzung der Vorderwurzel vom anliegenden Spinalganglion

erlaubten, wurden in die weiteren Auswertungen einbezogen (Kontrolle

unverletzte/replantierte Seiten n= 6/9; CNTF n=5/4, BDNF 6/6 und CNTF+BDNF

n=6/6). Vorderwurzeln bei denen ein Einwachsen von Hinterwurzelaxonen nicht

ausgeschlossen werden konnte (siehe Ergebnisse) wurden ebenfalls von den weiteren

Analysen ausgeschlossen. Mit Hilfe eines digitalen Morphometrieprogramms Scion

Image (Scion Corporation, Maryland USA) wurden alle in den Vorderwurzeln

befindlichen Axone ausgezählt. Anschließend wurden alle Vorderwurzelflächen

ausgemessen.

Für alle in dieser Arbeit analysierten Daten wurde SigmaStat®Software (Systat

Software GmbH Erkrath, Deutschland) verwendet. Die statistische Analyse der

Axonzahlen zwischen verletzten und unverletzten Seiten erfolgte mit einem einer „one

way repeated measures analysis of variance” gefolgt von einem „Tukey Test“.

Statistische Unterschiede der Axonzahlen zwischen verschiedenen experimentellen

Gruppen wurden mit einer „Kruskal-Wallis One Way Analysis of Variance on Ranks“

ermittelt. Die Analyse der Vorderwurzelflächen erfolgte auf die gleiche Weise.

Zur Beurteilung der Axone innerhalb der Vorderwurzeln wurden in Anlehnung an

frühere Studien (Geuna et al., 2001; Vögelin et al., 2006; Novikov et al., 1997) in jeder

Vorderwurzel drei zufällig gewählte Regionen (Region of interest, ROI) mit einer

Fläche von jeweils 900 µm² bestimmt. Für alle darin befindlichen Axone wurden deren

Axonflächen und die Flächen deren Myelinscheiden mit Hilfe des digitalen

Morphometrieprogramms Scion Image ausgemessen (Abbildung 11). Die so gewonnen

Daten für die weitere statistische Analyse der Vorderwurzelaxone verwendet.

Zur Analyse der Flächenverteilung wurden für jedes Einzeltier Histogramme mit einer

Skalierung im Abstand von 5 µm² angefertigt. Diese Flächenverteilung wurde für jedes

Tier in Prozent der Gesamtaxonzahl pro Vorderwurzel umgerechnet, damit die

Größenverteilung der Axonflächen bei einzelnen Tieren mit unterschiedlichen

Axonzahlen in den ROIs in einer gemeinsamen Darstellung vergleichbar wurde. Der

Gruppenvergleich erfolgte durch Mittelwertbildung dieser Prozentwerte der Einzeltiere.

Die Ergebnisse dieser Berechnungen wurden in Histogrammen aufgetragen, jeweils

unverletzte Seiten aller Gruppen gegen die replantierten Seiten der einzelnen

experimentellen Gruppen

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Bestimmung der Myelinisierung

Um den Grad der Myelinisierung der regenerierten Axone zu bestimmen wurden die

Flächen der Myelinscheiden im Verhälntis zur Axonfläche bei unverletzten und

regenerierten Axonen in den verschiedenen Versuchsgruppen miteinander verglichen.

Zunächst wurde ein Vergleich individueller Axone vorgenommen. Hierfür wurden die

Ergebnisse von Messungen aus den ROIs sowie die Messungen 30 zusätzlich

ausgewählter Axone in den unverletzten Seiten in einem Streuungsdiagramm

aufgetragen. Die Axonflächen wurden dabei auf der Abszisse und die jeweils

zughörigen Flächen der Myelinscheiden auf der Ordinate aufgetragen, so dass ein Punkt

im Diagramm das Axon-Myelinverhältnis eines Axons darstellt. Mit Hilfe statistischer

Software (Sigma Plot 8.0) wurden Regressionsgeraden für jede Versuchsgruppe

bestimmt.

Abbildung 11: Bildung von Regions of interest (ROIs): Zufällig ausgewählte Regionen einer Größe von 900 µm² wurden aus jedem der drei Abschnitte der Vorderwurzel genommen. Die Abbildung zeigt dies exemplarisch an der Histologie einer unverletzten Vorderwurzel.

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Für die statistische Analyse wurden ausschließlich Axone aus den ROIs verwendet. Da

sich die Fläche der Myelinscheide in Abhängigkeit von der Axongröße ebenfalls

verändert (Orgel, 1982; Friede and Samorajski, 1968; Schroder, 1972), wurden nur

Myelinflächen von Axonen gleicher Fläche verglichen. Hierfür wurden die Axone

zunächst in Größenklassen eingeteilt, in denen sich die Axonflächen weder zwischen

individuellen Tieren, noch zwischen den experimentellen Gruppen, noch zwischen

verletzten und unverletzten Seiten statistisch signifikant voneinander unterschieden.

Anschließend wurden für jedes Tier in diesen Bereichen die zugehörigen Mittelwerte

der Myelinscheiden berechnet. Diese Mittelwerte wurden dann zu Mittelwerten der

einzelnen experimentellen Gruppen zusammengefaßt und statistisch miteinander

verglichen. Die statistische Analyse erfolgte mit einer „One way Anova“ gefolgt von

einem „Tukey Test“.

Analyse von Anzahl und Flächen myelinisierter Axone innerhalb des

Spinalganglions

Innerhalb des Spinalganglions wurden für jedes Tier je zwei „Regions of interest“

(Größe 2500 µm2) zufällig aus denjenigen Regionen des Spinalganglions, die

ausschließlich Axone beinhalten, ausgewählt um damit zunächst die Axondichte

vergleichen zu können. Die Flächen der in den ROIs befindlichen Axone wurden

ausgemessen. Daraus wurden für jedes Einzeltier Histogramme der Flächenverteilung

mit einer Skalierung im Abstand von 5 µm² angefertigt (analog zum Vorgehen für die

Vorderwurzelaxone; siehe oben). Abschließend erfolgte die Überprüfung auf

Abbildung 12: Quergetroffene myelinisierte Axone (mit Tolouidinblau gefärbt). Die roten Markierungen sollen die Art der Messungen von Axonfläche (innerer Kreis) und Myelinfläche (Fläche zwischen äußerem und innerem Kreis) verdeutlichen.

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Normalverteilung (p= 0,121) danach ein „Equal Variance Test“ (p = 0,423), um

signikante Unterschiede zu überprüfen.

Messung von Flächen sensorischer Neurone in den Semidünnschnitten

Neuronflächen wurden in Querschnitten von Spinalganglien gemessen. Zunächst wurde

der Gesamtquerschnitt bei 1,25x-facher Vergrößerung mikroskopisch beobachtet. Bei

dieser Vergrößerung sind morphologische Details innerhalb des Spinalganglions nicht

sichtbar. Es wurden jeweils zwei nicht überlappende zufällig lokalisierte Areale (20x

Vergrößerung) aus dem Gesamtquerschnitt eines Spinalganglions fotografiert und alle

darin befindlichen Neurone gemessen, bei denen Zellkerne sichtbar waren. Analog zur

Analyse der Axonflächen wurden nach dem gleichen Prinzip Histogramme der

Flächenverteilung der Neurone angefertigt. Für die Histogramme der

Neuronflächenverteilung wurden die Berechnungen mit einer Skalierung im Abstand

von 500 µm² angefertigt.

Die Ergebnisse der Berechnungen wurden in Histogrammen aufgetragen, jeweils

unverletzte Seiten aller Gruppen gegen alle verletzten Seiten bzw. gegen die einzelnen

experimentellen Gruppen. Anschließend erfolgte die Überprüfung auf Normalverteilung

(p= 0,121) danach ein „Tukey-Test“ zur Überprüfung auf statistisch signifikante

Unterschiede.

Messung der Dichte sensorischer Neurone

Es wurden dafür in den Klüver-Barrera gefärbten Längsschnitten des proximalen

Abschnitts der Spinalganglien vier „Regions of interest“ innerhalb der

Neuronengruppen ohne dazwischenliegende Axone oder Bindegewebsanteile gebildet

(Größe je 30000 µm²) und die darin befindlichen kernhaltigen Neurone bestimmt.

Anschließend erfolgte die Überprüfung auf Normalverteilung (p>0,200) danach ein

„Equal Variance Test“ (p=0,220).

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Ergebnisse

Morphologie des Rückenmarks und der Axonverläufe

Morphologie des Rückenmarks der unverletzten Seiten

Die graue Substanz der unverletzten Seiten erschien bei allen Tieren ohne

Beeinträchtigung. Die Laminierung von Hinter- und Vorderhörnern war morphologisch

unverändert gegenüber dem Normalzustand (Abbildung 13a-c). Innerhalb der

unverletzten Vorderhörner zeigten sich verschiedene Populationen von großen und

mittelgroßen Neuronen.

Alle Regionen der weißen Substanz waren bei allen Tieren ebenfalls unverletzt und

zeigten zahlreiche quergetroffene myelinisierte Axone, die in der Markscheidenfärbung

gut identifizierbar waren (Abbildung 13a-c). Im ventrolateralen Bereich konnte man

beobachten, wie dichte Bündel myelinisierter Axone ausgehend von den Vorderhörnern

die weiße Substanz durchliefen, die Außenfläche des Rückenmarks erreichten, wo sie in

der sogenannten ventralen Austrittszone das Rückenmark verließen um die Fila

radicularia der Vorderwurzeln zu bilden. Diese Bündel von Axonen entsprechen den

„intramedullary bundles“ IMBs, den intramedullären Bündeln, die von Fraher

beschrieben wurden (Fraher J.P., 1997). Die Fila radicularia vereinigten sich und

verliefen gebündelt als kompakte Vorderwurzel in Richtung Spinalganglion. Auf Höhe

des Spinalganglions bestand die Vorderwurzel aus einem kompakten Bündel von

Axonen, das in Bindegewebe eingehüllt war und damit deutlich vom Spinalganglion

abgegrenzt war. Nervenfasern, die Vorderwurzel und Spinalganglion verbinden wurden

in keinem Fall beobachtet. Die Hinterwurzel trat aus dem Spinalganglion aus und zog

nach dorsal, um im Bereich der dorsalen Eintrittszone in das Rückenmark einzutreten.

Fluoreszenzuntersuchungen auf der unverletzten Seite zeigten, dass der fluoreszierende

Tracer zwar in hoher Konzentration in peripheren Abschnitten der Motoneurone und

deren Axonen zu sehen war, aber am Übergang zwischen peripherem und zentralen

Nervensystem, an der sogenannten Transitionszone trotz ausreichend langer Inkubation

nicht in großen Mengen in intramedulläre Axone übergegangen war. Aus diesem Grund

war die Fluoreszenzmarkierung von Motoneuronen nur in wenigen Fällen zu sehen

(Abbildung 14, Abbildung 17c).

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Abbildung 13: Unterschiedliche morphologische Erhaltungszustände des RM in Markscheidenfärbung; Die Tiere entsprechen nach unserer Klassifikation einem Grad 1 (a), Grad 3 (b) und Grad 4 (c); Maßstab: 500 µm

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Morphologie der replantierten Seiten

Replantationstelle und Verletzungsausmaß am Rückenmark

Der erste Schwerpunkt der lichtmikroskopischen Beobachtung der Morphologie der

verletzten Seiten galt der Beurteilung des Verletzungsausmaßes, der Narbenbildung und

der Identifikation der Replantationsstelle.

Als Stelle der Replantation wurde etwa in der Bereich des Rückenmarks identifiziert, an

der das Auswachsen von lateral austretenden Axonen besonders deutlich zu sehen war

und die Art der Rückenmarksbeschädigung (Kerbe) auf einen Replantationsvorgang

rückschließen lies (Abbildung 13a-c). Während der Replantation waren drei

verschiedene kleinere Wurzelanteile getrennt replantiert worden. Diese

unterschiedlichen Anteile waren nach sechs Monaten nicht mehr zu identifizieren.

Stattdessen bekam man bei einigen Tieren den Eindruck schräger, uneinheitlicher

Replantationsstellen. Abbildung 15 gibt diese Eindrücke schematisch für alle

Versuchstiere wieder. Replantationsstellen waren in jedem Tier in ventrolateraler

Position zu finden. Diese Position zeigte jedoch von Tier zu Tier leichte Abweichungen

nach ventral oder dorsal.

Das Ausmaß der Narbe, die innerhalb und außerhalb des Rückenmarks durch die

Replantation entstanden war, lag zwischen 1,4 und 3,5 mm. Morphologische

Abbildung 14: DiI-Fluoreszenz gesunder Seiten in der Übersicht (a) und in höherer Vergrößerung (b). Der fluoreszierende Tracer ist in hoher Konzentration in peripheren Abschnitten der beiden Nervenwurzeln bzw. des Spinalganglion zu sehen. Am Übergang zwischen peripherem und zentralem Nervensystem, an der sogenannten Transitionszone (b) ist der Tracer trotz ausreichend langer Inkubation nicht in großen Mengen in intramedulläre Axone übergegangen. Maßstab (a) 500 µm; (b) 50 µm.

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Veränderungen innerhalb des Rückenmarks waren in der Mitte des Segments am

deutlichsten zu sehen (Abbildung 13, Abbildung 15). Das Ausmaß der Veränderungen

war interindividuell sehr unterschiedlich, deutliche Unterschiede zwischen den

verschiedenen Gruppen waren nicht vorhanden. Um die Unterschiede der

Narbenbildung und vor allem deren Ausmass innerhalb des Rückenmarks deutlicher

machen zu können, wurde die Morphologie der verletzten Seiten nach folgender

Klassifizierung eingeteilt:

Grad 1: Leichte Veränderungen mit wenig Narbenbildung (Abbildung 13a)

Grad 2: Degeneration der weißen Substanz in Umgebung der Replantationsstelle ohne

bemerkenswerte Narbenbildung innerhalb der grauen Substanz (Abbildung 14b)

Grad 3: Deutliche Degeneration der weißen Substanz mit bemerkenswerter Narbe der

grauen Substanz (Abbildung 13b)

Grad 4: Großer Schaden der grauen und weißen Substanz (Abbildung 13c)

Interessanterweise war bei allen Tieren, der ventrale Teil der weißen Substanz, der

durch den Vorderwurzelausriss ebenfalls zerstört sein sollte, relativ gut erhalten und

zeigte fast keine Narbenbildung. Im Gegenteil waren die intramedullären Strassen,

welche für das Auswachsen regenerierender Axone wegweisend sein könnten in allen

Fällen erhalten (Abbildung 17a-c)

Abbildung 15: Schematische Darstellung der Replantantationsstellen, der lateral ausgemessenen Narbenbildung, sowie der morphologischen Veränderungen innerhalb des Rückenmarks (Querschnitte auf Höhe der Mitte des Segments); römische Zahlen geben den Grad der Veränderung an.(siehe folgende Seite)

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Allgemeine morphologische Beobachtungen an der grauen Substanz

Die morphologische Analyse der Vorderhörner der replantierten Seiten ergab große

interindividuelle Unterschiede bezüglich des Grads der Veränderung. In den meisten

Fällen korrelierte der Grad der Veränderung der grauen Substanz mit dem Ausmass der

intraspinalen Narbenbildung. Die Laminierung der grauen Substanz war bei einigen

Tieren fast schadlos erhalten, bei anderen war ein mittleres Ausmaß der Beschädigung

und bei anderen eine komplette Disorganisation und Degeneration der grauen Substanz

zu beobachten. Die interindividuellen Unterschiede bezüglich der Anzahl überlebender

Motoneurone waren nach rein morphologischer Beurteilung groß. Vor allem auf Höhe

der geschätzten Replantationsstelle fanden sich im Allgemeinen sehr wenig Neurone,

wohingegen oberhalb und unterhalb dieser Stelle mehr Neurone vorhanden waren. Die

graue Substanz schien in fast allen Versuchstieren deutlich atrophiert. Gelegentlich war

von der grauen Substanz nur noch ein kleiner Rand zu sehen. Dieser lag ventral am

Übergang zur weißen Substanz und enthielt wenige Neurone. Der Rest der grauen

Substanz war bei diesem hohen Schädigungsgrad ausgefüllt mit Narbengewebe,

welches sich in einigen Fällen beim Anfertigen der Schnitte herausgelöst hatte und

daher im mikroskopischen Bild als Loch erschien (Abbildung 13c). Die Morphologie

der überlebenden Motoneurone erschien in den Klüver-Barrera Färbung normal im

Vergleich zu Motoneuronen der Gegenseite.

Verletzungsbedingte morphologische Veränderungen im Hinterhorn sind in Abbildung

28 beispielhaft dargestellt. Wie für die Veränderung im Vorderhorn zeigten sich im

Hinterhorn der verletzten Seiten extrem unterschiedliche morphologische

Veränderungen. Diese reichten von nahezu normaler Anordnung der Laminae und

moderaten Veränderungen des posterioren, posterolateralen und lateralen Trakts

(Abbildung 28a, b, 29) bis hin zu völliger Zerstörung mit Bildung von Zysten innerhalb

des Hinterhorns und der Hinterhornaustrittszone (Abbildung 28c). Diese

unterschiedlichen Grade der Veränderungen waren wieder in allen experimentellen

Gruppen zu beobachten. Vergleichweise gut erhaltene Hinterhornstrukturen waren in 3

von 7 Tieren der Kontrollgruppe, in 3 von 5 der CNTF-Gruppe, in 4 von 6 der BDNF-

Gruppe und in 5 von 7 der CNTF+BDNF-Gruppe zu finden.

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Außerhalb des Rückenmarks befand sich an der Replantationsstelle lockeres

Bindegewebe, das sich nach dorsal bis hin zur ursprünglichen Hinterwurzeleintrittszone

erstreckte. Beobachtungen zu dieser extraspinalen Narbenbildung werden bei den

Analysen der Reaktion der durchtrennten Hinterwurzeln beschrieben (siehe unten).

Intraspinale Narbenausdehnung um die Replantationsstelle im Segment C7

Die Ausdehnung der Narbe, die durch die ventrolaterale Replantation entstanden war,

konnte in den Querschnitten gut abgegrenzt werden und damit errechnet werden. Das

Ausmaß der Narbe lag im Bereich zwischen 1,4 mm (Tier 81; Kombinationsgruppe)

und 3,5 mm (Tier 65; CNTF-Gruppe). Die mittlere Ausdehnung der Narbe betrug

2,4±0,5 mm. Es waren wieder deutliche interindividuelle Unterschiede vorhanden.

Gruppenspezifische Unterschiede bezüglich der Narbenbildung waren nicht zu

beobachten.

Anzahl überlebender Motoneurone nach 6 Monaten

Der Mittelwert der Anzahl von Neuronen im gezählten Bereich lag auf den gesunden

Seiten zwischen 690 (BDNF-Gruppe) und 789 (CNTF-Gruppe) und zeigte im

interindividuellen Vergleich und im Vergleich zwischen den einzelnen

Versuchsgruppen keine großen Schwankungen. Ein Tier der BDNF-Gruppe mit sehr

starkem Verletzungsausmaß kontralateral hatte mit 481 Neuronen eine reduzierte

Anzahl Nervenzellen. Die Auswertung anderer Tiere mit ähnlichem kontralateralem

Verletzungsausmaß zeigte jedoch, dass eine Reduktion von Neuronen nicht mit dem

Ausmaß der kontralateralen Verletzung korreliert.

Abbildung 16: Regressionsanalyse des Zu-sammenhangs zwischen Verletzungsausmaß und Überlebensrate (Grad 1-4) der Motoneurone des verletzten Segments C7 in den einzelnen experimentellen Gruppen. Es zeigt sich tendenziell, dass bei höherem Verletzungsausmass weniger Neurone überleben.

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Die mittlere Anzahl der Neuronen auf den verletzten Seiten zeigte ebenfalls wenig

interindividuelle Unterschiede und fast keine Unterschiede zwischen den einzelnen

Versuchsgruppen. Die Mittelwerte der Anzahl der Nervenzellen lagen im Bereich

zwischen 191± 90 (Kombinationsgruppe) und 235 ± 106 (Kontrollgruppe). Die

Überlebensrate der Neuronen im Vorderhorn lag nach sechs Monaten im Bereich von

30%±11 (Kontrollgruppe), 29%±10 (CNTF-Gruppe), 33%±11 (BDNF-Gruppe),

27%±12 (CNTF+BDNF-Gruppe). Es existierten keine statistisch signifikanten

Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen (Tabelle 4). Ein Vorteil für das Überleben

von Motoneuronen, der durch die Applikation neurotropher Faktoren entstanden sein

könnte war daher nicht erkennbar.

Allgemeine morphologische Beobachtungen an den Regenerationswegen auswachsender Axone

Die Kontinuität von Axonen zwischen Rückenmark und Vorderwurzelquerschnitt in

Höhe des Spinalganglions konnte in der fluoreszenzmikroskopischen Analyse

nachgewiesen werden. DiI diffundierte in den meisten Fällen auf verschiedenen Wegen

durch die replantierte und die durchtrennte Hinterwurzel (Abbidung 17, gesunde Seite

Abbildung 14). Bei sechs Tieren konnte keine Diffusion von DiI beobachtet werden.

Tabelle 4: Mittelwerte ± SEM von Anzahl der Neurone im gezählten Bereich mit dem prozentualen Anteil überlebender Neurone in den verschiedenen Versuchgruppen. Die Anzahl der Neurone ist auf den replantierten Seiten reduziert. Zwischen den experimentellen Gruppen existieren keine signifikanten Untschiede

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Dies war wahrscheinlich durch fehlerhafte Lage der DiI Kristalle während der

Inkubationszeit bedingt.

Die genaue Analyse der Regenerationswege erfolgte durch lichtmikroskopische Analyse

der Markscheidenfärbung. Die myelinisierten Axone benutzen im Allgemeinen zwei

Wege, um vom Vorderhorn zur replantierten Vorderwurzel zu gelangen. Auf der Höhe

des Segments, auf der zahlreiche Motoneurone zu sehen waren, konnte man feststellen,

dass Axone ventral ausgewachsen waren und damit die replantierte Vorderwurzel über

die physiologische Austrittszone erreichen (Abbildung 17a-c). Bei diesem

Regenerationsweg benutzen Axone zum Teil die erhaltenen intramedullären Straßen. Es

konnten regelmäßig Motoneurone in der Nähe des Beginns der intramedullären Straßen

beobachtet werden. Diese Motoneurone waren in einigen Fällen mit DiI gefärbt, was die

direkte Kontinuität zwischen regeneriertem Axon und Motoneuron beweist. In den

meisten Fällen konnte- analog zur unverletzten Seite- nur sehr schwache Fluoreszenz

intramedullär gefunden werden. In Fällen, in denen die Vorderwurzel ventral nahe der

physiologischen Austrittsstelle zu liegen kam zeigte sich in den Markscheidenfärbungen

die direkte Kontinuität ventral austretender, oft großkalibriger Axone in die replantierte

Abbildung 17: Austritte regenerierter Axone über die ventrale physiologische Austrittszone. (a) Die Markscheidenfärbung zeigt, wie zahlreiche Axone großen Kalibers das Rückenmark verlassen. In der Vergrößerung ist die Transitionszone zwischen zentralem und peripherem Nervensystem zu sehen. (b) DiI-Fluoreszenz zeigt, wie die intramedullären Straßen einen Weg für ventral austretetende Axone bilden und in (c) kann man ebenfalls in DiI- Fluoreszenz die Kontinuität eines Axons vom Neuron in die Peripherie verfolgen; Maßstab: (a) 50 µm; (b) 10 µm, (c) 100 µm.

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Vorderwurzel. Eine Gruppe ventral austretender Axone schien nach ihrem Austritt nach

rostral oder kaudal entlang der Pia mater zu verlaufen. Diese Axone fanden schließlich

nahe der lateralen Replantationsstelle Anschluß an die replantierte Vorderwurzel und

zogen dann in dieser in Richtung des Spinalnerven (Abbildung 19). Es konnten

großkalibrige und kleinkalibrige Axone beobachtet werden, die innerhalb der

replantierten Vorderwurzeln 180°-Wendungen zeigten (Pfeilspitzen in Abbildung 19).

Analyse der Serienschnitte vermittelte den Eindruck, dass diese Axone direkt aus der

ventralen Austrittszone in die daran anliegende replantierte Vorderwurzel in Richtung

der lateralen Replantationsstelle gewachsen waren und dann einen scharfen

Richtungswechsel nach ventral in die Peripherie vollzogen. Bei diesem Verhalten der

Axone handelt es sich interessanterweise um eine initial falsche Richtung der

Regeneration. Die Anzahl solcher Axone war relativ hoch, selbst in Tieren, die ein

relativ geringes Motoneuronüberleben auf Höhe der Replantationsstelle zeigten.

Der zweite Weg, den regenerierende Axone nahmen, ging vom Vorderhorn nach lateral

durch die weiße Substanz zur lateralen Replantationsstelle (Abbildung 17). Die

Kontinuität der lateral austretenden Axone in die Vorderwurzel auf Höhe des

Spinalganglions hinein konnte bei Analyse der markscheidengefärbten Serienschnitte

beobachtet werden. In nur 2 Fällen waren Axone zu erkennen, die direkt durch die

weiße Substanz vom Vorderhorn zur lateralen Replantationsstelle gewachsen waren

(Abbildung 17a). In 13 Fällen konnten DiI-markierte Bündel von Axonen an der

Abbildung 18: Darstellung des lateralen Austritts regenerierter Axone in Richtung der ventrolateral replantierten Vorderwurzel in Markscheidenfärbung (a) und DiI-Fluoreszenz (b) etwa auf Höhe der Replantationsstelle. Oberhalb und unterhalb der Replantionsstelle kann man quergetroffene Axone in DiI-Fluoreszenz beobachten (c). Diese Axone wandern rostral oder kaudal entlang der Pia mater, um sich dann der replantierten Vorderwurzel anzuschließen. Maßstab: 50 µm

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lateralen Replantationsstelle beorbachtet werden (Abbildung 17b), deren intraspinaler

Verlauf allerdings in den transversalen Cryostatschnitten nicht beurteilbar war. In 8

dieser Fälle konnten DiI-markierte quergeschnitttene Axone mehr kranial bzw. kaudal

der Replantationsstelle nachgewiesen werden (Abbildung 17c). Dies legt nahe, dass

diese Axone, nachdem sie beispielsweise aus der ventralen Austrittszone ausgetreten

waren, in der weißen Substanz bzw. an deren Oberfläche nach oben oder unten

gewachsen waren und dann Anschluß an die lateral replantierte Vorderwurzel gefunden

hatten.

Da regenerierende Axone oft in dichten Bündeln verliefen, in denen einzelne Fasern

nicht identifiziert werden konnten, war eine Zählung der austretenden Axone nicht

möglich. Deshalb wurde eine quantitative Analyse über Unterschiede zwischen den

verschiedenen experimentellen Gruppen über das jeweilige Ausmaß ventral oder lateral

austretender Axone nicht durchgeführt. Folgende Feststellungen waren im vorliegenden

Material möglich:

1. Der Austritt lateraler Axone fand am häufigsten auf mittlerer Höhe des Segments,

also etwa auf Höhe der Replantationsstelle statt. Die Zahl lateral austretender

myelinisierter Axone schien größer bei Tieren mit starker Narbenbildung, obwohl die

Zahl der Motoneurone bei großer Narbe stark reduziert war. Daraus kann man

schließen, dass der größte Teil dieser Axone von Neuronen stammte, die oberhalb oder

unterhalb dieser Stelle lagen. Lediglich bei einem Tier der Kombinationsgruppe

(CNTF+BDNF) konnten keine lateralen Austritte beobachtet werden. Dieses Tier zeigte

einen riesigen zentralnervösen Defekt an der Replantationsstelle.

2. Ventral austretende Axone waren häufiger oberhalb oder unterhalb der

Replantationsstelle zu beobachten. Diese Axone erschienen besonders zahlreich bei

denjenigen Tieren, bei denen die Replantation nahe der physiologischen

Vorderwurzelaustrittsstelle stattgefunden hatte und bei denjenigen Tieren, bei denen die

Vorderwurzel in ihrem Verlauf an der physiologischen Austrittsstelle zu liegen kam.

Die mikroskopische Beobachtung der Schnitte vermittelte den Eindruck, dass

Unterschiede dieser Parameter nicht durch Applikation neurotropher Faktoren

beeinflusst werden, sondern eher auf die morphologischen Variationen bzw.

unterschiedlichen Erhaltungs- und Regenerationszustände des Rückenmarks

zurückzuführen sind.

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Abbildung 19: Darstellung verschiedener Axonverläufe innerhalb eines Tieres in Markscheidenfärbung. (a) und (b) zeigen den Austritt zahlreicher Axone ventral an der physiologischen Austrittsstelle der Axone und lateral an der Replantationsstelle. (c) zeigt den Austritt großkalibriger Axone ventral (weißer Pfeil); Kontinuität der Axone außerhalb des Rückenmarks (Doppelpfeilspitzen) und ein Axon das zunächst nach dorsal wandert, direktes Einwachen in die Vorderwurzel (2 Pfeile in d) und im U-turn in die Vorderwurzel einwandernde Axone (schwarzer Pfeil) in (c) und (d). Maßstab: 50 µm

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Morphologische Unterschiede zwischen ventral und lateral austretenden Axonen

Der morphologische Vergleich zwischen ventral und lateral austretenden Axonen

vermittelte den Eindruck, dass ventral austretende Axone größere Durchmessser haben

als lateral austretende. Aus diesem Grund wurden bei einigen Tieren, bei denen eine

solche Messung möglich war, ein morphometrischer Vergleich zwischen ventral und

lateral austretetenden Axonen vorgenommen.

Die Messung wurde insgesamt an neun Tieren durchgeführt. Der Durchmesser ventral

austretender Axone lag im Bereich zwischen 3,0 ±1,2 µm und 5,1 ±1,8µm. Der

Durchmesser lateral austretetender Axone lag im Bereich zwischen 1,9±0,8µm und 3,6

±1,7 µm. Der intraindividuelle Vergleich bei den einzelnen Tieren zeigte, dass der

Mittelwert des Durchmessers ventral austretender Axone in allen Fällen größer war, als

der Mittelwert des Durchmessers lateral austretetender Axone. Um den Durchmesser

der regenerierten Axone mit dem normaler, unverletzter Axone vergleichen zu können,

wurden bei mehreren Tieren Messungen von Vorderwurzelaxonen auf der unverletzten

Seite durchgeführt. Das Ergebnis dieser Messungen zeigte, dass unverletzte

Vorderwurzelaxone einen mittleren Durchmesser von 4,9±1,0 haben.Ventral

Tabelle 5: Mittelwerte±SEM von Durchmessern [µm] ventral und lateral austretender Axone der replantierten Seiten (Spalten 3 und 4) und unverletzter Vorderwurzelaxone (Spalte 2) im Vergleich. Signitfikante Unterschiede mit p<0,05*; p<0,01**; p<0,001***; alle verglichen mit ventral austretenden Axonen der replantierten Seiten.

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austretetende regenerierte Axone sind also den unverletzten Vorderwurzelaxonen

ähnlicher als lateral austretende. Dies legt nahe, dass es sich bei den ventral

austretenden Axonen möglicherweise um primäre Axonsprouts der überlebenden

Motoneurone handelt, während lateral austretende Axone in der Mehrzahl Kollateralen

dieser Neurone sein könnten. Der Unterschied des Axondurchmessers zwischen ventral

und lateral austretetenden Axonen ist bei allen, außer einem Tier (siehe Tabelle)

statistisch signifikant unterschiedlich.

Morphologie der Vorderwurzel C7

Gesunde, nicht replantierte Seiten

Im transversalen touluidinblaugefärbten Semidünnschnitt lag die Vorderwurzel dem

Spinalganglion halbmondförmig an. Die Vorderwurzel war vom Spinalganglion

deutlich durch Bindegewebe, Epineurium, abgegrenzt und wies in den meisten Fällen

eine Dreiteilung in einen medianen und zwei laterale ebenfalls durch bindegewebige

Septen voneinander abgegrenzte Teile auf. Diesen bindegewebigen Abgrenzungen lag

ein größeres Blutgefäß an.

Quergetroffene runde bis polygonale, gleichmäßig dick myelinisierte Axone

unterschiedlichen Durchmessers füllten die gesamte Vorderwurzel aus. Endoneurales

Bindegewebe war gering ausgeprägt, nicht myelinisierte Axone waren selten.

Vergleich zwischen den Gruppen; Besonderheiten

Die Morphologie von Vorderwurzeln der unverletzten Seiten war bei allen

Versuchstieren sehr ähnlich. In diesen Präparaten war nicht zu beurteilen, ob und in

welcher Weise die gesunden Seiten auf den kontralateralen Vorderwurzelausriß reagiert

haben.

Abbildung 20: (nächste Seite) Semidünnschnitte der unverletzten Seite (a,b,c) sowie der verletzten Seite drei Wochen (e,f) und sechs Monate nach Replantation ohne Applikation von neurotrophen Faktoren (d,g,h) und sechs Monate nach Replantation. Semidünnschnitte durch Vorderwurzeln und Spinalganglien der unverletzten Replantation und Behandlung mit neurotrophen Faktoren (i-n). Maßstab: 500 µm für (a,e,g,i,k,m); 50 µm für( b,c,d, f, h, j, l, n).

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Replantierte Seiten

Überraschenderweise waren die Form und die bindegewebige Hülle der Vorderwurzel

auf der replantierten Seite relativ unverändert. Drei Wochen nach Vorderwurzelausriss

und anschließender Replantation waren die Nervenfasern der Vorderwurzel fast

komplett degeneriert (Abbildung 20e,f). Die Vorderwurzel bestand aus dichtem, gut

kapillarisiertem Gewebe mit vielen Zellen, wahrscheinlich verschiedenen Typen von

Gliazellen und endoneuralen Makrophagen. Vielfach waren

Myelindegradationsprodukte (Myelinovoide) sichtbar. Wenige kleine myelinisierte

Axone schienen erhalten.

Nach 6 Monaten war in allen Präparaten ausgeprägte Regeneration zu beobachten:

Viele Axone von geringem Durchmesser standen mehr oder weniger dicht in

verschiedenen Abschnitten der Voderwurzel. Große Axone waren vorhanden, aber weit

seltener als auf der unverletzten Seite. Nach sechs Monaten fand sich wie nach drei

Wochen zwischen den Axonen vermehrt Bindegewebe sowie eine höhere

Kapillardichte. Die Remyelinisierung der eingesprossten Axone schien in

bemerkenswertem Umfang stattgefunden zu haben, nicht myelinisierte Axone waren

außerordentlich selten Zahl und Dichte regenerierter Axone waren interindividuell

verschieden. Deutliche Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen waren qualitativ

nicht fassbar. Die Flächen der Vorderwurzeln erschienen im Vergleich zu den gesunden

Seiten kleiner.

Quantitative Analysen

Gesamtflächen der Vorderwurzeln

Die Flächen der replantierten Vorderwurzeln waren im Vergleich zu den gesunden

Vorderwurzeln um etwa ein Drittel reduziert. Die Vorderwurzelflächen auf den

unverletzten Seiten lagen zwischen 0,38±0,04 mm² (CNTF) und 0,50±0,03 mm²

(Kontrolle), auf den verletzten Seiten zwischen 0,24±0,02 (CNTF) und 0,33±0,05

(BDNF). Signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen exerimentellen

Gruppen existierten weder auf den gesunden noch auf den replantierten Seiten. Die

Vorderwurzelflächen der CNTF-Gruppe waren im Vergleich zu den unverletzten Seiten

signifikant reduziert (p<0,02). Die anderen Gruppen zeigten keinen Unterschied im

Vergleich zu den unverletzten Seiten (Tabelle 6).

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Axonzahlen der Vorderwurzeln

Auf den unverletzten Seiten lag die Zahl der Axone zwischen 1414-3255 und zeigte

damit eine große interindivuelle Schwankungsbreite. Zwischen den experimentellen

Gruppen existierten keine signifikanten Unterschiede. Aus diesem Grund wurden die

unverletzten Seiten für die weiteren Vergleiche zusammen dargestellt. Drei Wochen

nach Ausriss und Replantation der Vorderwurzel war die Anzahl der Axone (zwischen

31 und 64) auf 0,02% im Vergleich zu den unverletzten Seiten signifikant reduziert

(p<0,001). Sechs Monate nach Ausriss und Replantation der Vorderwurzel zeigten sich

ebenfalls große interindividuelle Unterschiede (zwischen 407 und 1847).

Im Vergleich zur Situation nach drei Wochen war die Anzahl der Axone signifikant

erhöht (p<0,007). Im Vergleich zu den unverletzten Seiten war sie jedoch immer noch

signifikant reduziert (Kontrolle 52,40%, CNTF 38,88%, BDNF 44,45% und

Tabelle 6: Mittelwerte der Vorderwurzelflächen [mm²]±SEM und die prozentuale Reduktion der Flächen im Vergleich mit den unverletzten Seiten. (* p<0,02)

Abbildung 21: Axonzahlen der Vorderwurzeln der verschiedenen Versuchsgruppen. (*** signifikanter Unterschied p<0,001 im Vergleich mit den unverletzten Seiten; ** signifikanter Unterschied p<0,001 im Vergleich mit den unverletzten Seiten; + signifikanter Unterschied p<0,007 im Vergleich zwischen der Situation nach 3 Wochen und 6 Monaten

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CNTF+BDNF 46,05%; p≤0,001). Signifikante Unterschiede zwischen den

experimentellen Gruppen nach sechs Monaten waren nicht vorhanden (Abbildung 21)

Analyse von Axonflächen der Vorderwurzel

Die Analyse der im Schnitt quergetroffenen myelinisierten Axone der Vorderwurzel

fand den „Regions of interest“ (ROIs) statt (genaue Beschreibung siehe Material und

Methoden). Dabei erschien die Bestimmung der Flächen der Axone statt der

Durchmesser besser geeignet, da einige Axone in den Querschnitten eine eher

quadratische oder vieleckige als runde Form hatten (siehe auch Abbildung 20). Die

Histogramme der Axonflächen der unverletzten Seiten zeigten in allen Gruppen eine

ähnliche Größenverteilung und keine signifikanten Unterschiede zwischen den

Gruppen. Daher wurden die unverletzten Seiten in den Histogrammen zusammen

aufgetragen. Es zeigte sich eine Kurve, aus der ersichtlich war, dass eine große

Axonpopulation eine Querschnittsfläche zwischen 15 und 20 µm² aufwies, sowie

weitere kleinere Populationen bei einer Querschnittsfläche über 35 µm² zu sehen waren

(Abbildung 22).

Abbildung 22: Histogramme der Axonflächen der Vorderwurzeln der unverletzten und der replantierten Seiten im Vergleich. Auf der Abszisse sind die Axonflächen [µm²] auf der Ordinate der Mittelwert des relativen Anteils Axone (%)±%SEM aufgetragen.

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Die Histogramme der replantierten Seiten zeigten ein verändertes Bild. In allen Gruppen war der Großteil der Axone im Bereich zwischen 5-10 µm² zu finden. Im Bereich größerer Axone war die Kurve im Histogramm flach, was darauf hinwies, das sich in den replantierten Vorderwurzel nur wenig große Axone befanden. Übereinstimmend mit dieser Beobachtung zeigte sich, dass große Axone (≥35 µm2) einen Anteil von etwa 45% (alle unverletzten 44,9±4,1%) ausmachten, während der Anteil der großen Axone auf den replantierten Seiten weniger als 14% aller analysierten Axone betrug (Kontrolle 13,5±3,02%; CNTF 9,8±7,4%; BDNF 12,8±7,41%; CNTF+BDNF 6,5 ±4,85%; Angabe jeweils als Mittelwert±SEM). Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen waren nicht feststellbar.

Axon-Myelinverhältnis

Die Betrachtung der Darstellung des Axon-Myelinverhältnisses aller Axone auf der

unverletzten Seite der Kontrolltiere (nicht dargestellt) zeigte, dass die Fläche der

Myelinscheide mit steigender Axonfläche ebenfalls stieg, allerdings in einer nicht

linearen Beziehung. Getrennte Berechnung und Auftragung von Regressionsgeraden für

kleine (<35 µm²) und große (≥35 µm²) Axone ergab unterschiedliche Steigungen beider

Geraden. (Abbildung 23). Darstellung der Regressionsgeraden aus Analysen

unverletzter Vorderwurzelaxone aller Versuchsgruppen bestätigten die Beobachtung,

dass die Zunahme der Fläche der Myelinscheide bei großflächigen Axonen weniger

stark war als bei kleinflächigen Axonen (Abbildung 24).

Abbildung 23: Regressionsgeraden des Axon Myelinverhältnisses von Axonen <35µm² und > 35 µm² von Kontrolltieren in einem Diagramm aufgetragen. Die Darstellung zeigt für die kleineren Axone einen steileren Anstieg der Regressionsgeraden als für die größeren Axone. Insgesamt ist dieser Anstieg nicht linear.

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Die Regressionsgeraden für beide Axonpopulationen in den verschiedenen

Versuchgruppen sahen für die unverletzten Seiten bei kleinen Axonen sehr ähnlich aus.

Bei großen Axonen ergaben sich geringfügig stärkere Steigungen der Geraden bei

Tieren der BDNF- und Kombinationsgruppen als bei CNTF-behandelten und

Kontrolltieren. Auftragungen von Messungen an Axonen der replantierten Seiten der

Kontrollgruppe zeigten durchschnittlich schlechtere Myelinisierung der Axone der

verletzten Seite mit einem deutlichen Abstand zwischen den berechneten

Regressionsgeraden (Abbildung 23). Regressionsgeraden berechnet für Axon-

Myelinverhältnisse bei den faktorbehandelten Tieren wiesen keine eindeutige Tendenz

zur Verbesserung der Myelinisierung bei BDNF- und CNTF-behandelten Tieren auf

(Abbildung 24). Die Kombinationsgruppe dagegen zeigte nahezu eine Angleichung der

Myelinisierung der regenerierten im Vergleich zu den unverletzten Axonen (Abbildung

24).

Um die statistische Signifikanz von Veränderungen der Myelinisierung zu analysieren,

wurden Vergleiche der mittleren Dicke der Myelinscheide von Axonen definierter

Größe ausschließlich aus den ROIs angestellt (siehe Material und Methoden). Die

Mittelwerte der Flächen der Myelinscheiden der unverletzten Seiten in den

Größenklassen zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen

Gruppen. Daher wurden sie für die weiteren Analysen zusammengefasst (Tabelle 7,

Abbildung 25„alle unverletzten“).

Abbildung 24: (vorherige Seite) Regressionsgeraden aller Versuchsgruppen und Axonpopulationen zur Darstellung der Myelinisierung inidividueller Axone. Auf der Abszisse sind die Axonflächen aufgetragen; auf der Ordinate die Flächen der zughörigen Myelinscheiden. Es sind jeweils die Regressionsgeraden kleiner(<35µm²) und großer Axone (>35 µm²) getrennt dargestellt. Kontrolle: dunkelblau unverletzte/hellblau regenerierte Axone; CNTF: gelb unverletzte/rosa regenerierte Axone; BDNF dunkelgrün unverletzte/hellgrün regenerierierte Axone; CNTF+BDNF rot unverletzte/orange regenerierte Axone.

Tabelle 7: P-Werte ermittelt aus dem statistischen Vergleich der Flächen der Myelinscheide in den einzelnen Axonpopulationen. Details siehe Text.

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Die Flächen der Myelinscheiden der replantierten Seiten waren in allen Größenklassen

signifikant kleiner als die der unverletzten Seiten. Die Myelinflächen regenerierter

Axone der CNTF-Gruppe und der BDNF-Gruppe waren zwar immer noch deutlich

reduziert, jedoch erreichte dieser Unterschied nur in einer Grössenklasse der CNTF-

Gruppe Signifikanz. Nur in dieser Grössenklasse bestanden darüberhinaus auch

signifikante Unterschiede in der Myelinisierung regenerierter Axone zwischen der

Kontrollgruppe und der CNTF- und BDNF-Gruppe. Regenerierte Axone der

CNTF+BDNF-Gruppe zeigten in allen Grössenklassen die geringste Reduktion der

Myelinflächen im Vergleich zu den unverletzten Seiten, und in der Mehrzahl der Axon-

Grössenklassen waren die Flächen der Myelinscheiden der regenerierten Axone in der

Kombinationsgruppe signifikant größer als in der Kontrollgruppe (Tabelle 7;

Abbbildung 25).

Abbildung 25: Graphische Darstellung der stastischen Analyse zeigt die Axonflächen [µm²] (Abszisse) gegen die Mittelwerte±SEM der Flächen der Myelinscheiden. Details werden im Text beschrieben.

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Veränderungen in der rhizotomierten Hinterwurzel und im Spinalganglion

Veränderungen im zentralen Rest der C7 Hinterwurzel

Außerhalb des Rückenmarks umgab lockeres Bindegewebe die Replantationsstelle der

Vorderwurzel (siehe oben) und reichte bis an die Hinterwurzeleintrittszone (Abbildung

26a,c). In allen Tieren konnte man zahlreiche Sudanschwarz-gefärbte Nervenfasern

sehen, die ausgehend vom Spinalganglion nach dorsal verliefen (Abbildung 26a,c;

Details siehe unten). Die regenerierten Hinterwurzelaxone waren immer von peripherem

lockerem Bindegewebe eingehüllt. Eine Verbindung zur ursprünglichen

Hinterwurzeleintrittszone bestand in keinem Fall, was die erfolgreiche komplette

Durchtrennung der Hinterwurzeln des Segments C7 während der Operation beweist

(Fig. 26a, c) (Carlstedt, 1997).

Eine allgemeine Beschreibung der Morphologie des Hinterhorns findet sich oben.

Analog zu den Veränderungen im Vorderhorn zeigten sich die größten Veränderungen

im Hinterhorn etwa in der Mitte des Segments C7 und waren nach rostral und caudal

ausgedehnt. In 14 Tieren (Kontrolle: 3, CTNF: 3, BDNF: 2, CNTF+BDNF: 6) konnten

an der ursprünglichen Hinterwurzeleintrittszone kleine konische Gewebsprotrusionen

beobachtet werden. Dies war der Fall bei Tieren, deren Hinterhorn gut erhalten war, nur

bei zwei von diesen Tieren zeigte sich eine ausgeprägtere Zerstörung des Hinterhorns

(Abbildung 27a-c). In diesen Gewebsprotrusionen konnten zahlreiche dünne Axone

beobachtet werden.

Die Analyse von Serienschnitten zeigte, dass viele dieser dünnen Axone in Kontinuität

mit tieferen Schichten des Hinterhorns oder mit dem medialen Anteil des lateralen

Trakts standen. In einigen Fällen reichten diese Axone relativ weit nach peripher, ohne

zurück Richtung Hinterwurzeleintrittszone zu drehen. Eine spontane Wiederherstellung

der Kontinuität mit der durchtrennten Hinterwurzel wurde in keinem Fall beobachtet.

In den rostralen und caudalen Anteilen des Segments waren extraspinal zahlreiche dick

myelinisierte Axone in Verbindung mit der Hinterwurzeleintrittszone zu beobachten.

Diese Axone bildeten Bündel im Subarachnoidalraum und zeigten in der Untersuchung

der Serienschnitte kompliziert gewundene Verläufe (Abbildung 27d). Diese

Axonbündel hatten eine deutlich andere Morphologie, als die Axonbündel der

Hinterwurzel der unverletzten Seiten (Abbildung 26a,b, 27a). Die tiefschwarze Färbung

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ihrer Myelinscheide war jedoch vergleichbar mit der peripheren Myelinscheide der

unverletzten Hinterwurzelaxone (Fig. 27a, d).

Abbildung 26: (a) Markscheidenfärbung eines Rückenmarks mit minimalen Veränderungen, regenerierter Vorderwurzel und Hinterwurzelstumpf. Das lockere Bindegewebe um die Replantationsstelle erstreckt sich bis zur ehemaligen Hinterwurzeleintrittszone. (b) Morphologie der unverletzten Nervenwurzeln und der Rückenmarkshüllen. Vorder- und Hinterwurzeln werden von dünnen Hüllen eingescheidet. Diese Hüllen stehen in Kontinuität mit der Pia mater des Rückenmarks, was besonders gut an der Hinterwurzel (Pfeile) nachzuvollziehen ist. Eine dickere Hülle, die der Dura mater ähnelt ist zwischen distaler Vorderwurze, Spinalganglion und der Hinterwurzel zu sehen, welche die beiden Nervenwurzeln komplett trennt (größere Pfeile in a und b). (c) zeigt ein Schnitt durch eine verletzte Seite mit schwerem Rückenmarkschaden und Zystenbildung. Maßstab: 500 µm.

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Abbildung 27: (a) Markscheidenfärbung eines Schnitts, der die Hinterwurzeleintrittszone mit eintretenden Hinterwurzelaxonen auf der unverletzten Seite, und auf der verletzten Seite die kleine konischen Gewebsprotrusion der Hinterwurzeleintrittszone zeigt. Die Vergrößerung im Inset zeigt die PNS-ZNS-Übergangszone in höherer Vergrößerung. Es zeigt sich eine dunklere Färbung der PNS-Markscheiden. (b-d) zeigen die verletzten Hinterhörner und Hinterwurzeleintrittszonen bei verschiedenen Tieren. (b) Dünne myelinisierte Axone nehmen den Weg vom Hinterhorn in die Gewebsprotrusionen. Der Pfeil in b zeigt auf myelinisierte Axone, die vom medialen Anteil des lateralen Trakts in die Protrusionen verfolgt werden können. Zahlreiche myelinisierte Axone ohne offensichtliche Kontiniutät zum Rückenmark sind im Umfeld der Protrusionen im Subarachnoidalraum lokalisiert (Pfeilköpfe in 2) (c) bei einigen Tieren erichen dünne myelinisierte Axoneweit nach peripher in die Protrusionen hinein d) rostral und kaudal im Segment sieht man, wie zahlreiche myelinisierte Axone über die Hinterwurzeleintrittszone in den Subarachnoidalraum gelangen. Dort bilden sie Bündel, deren Anfärbung den peripheren Myelinscheiden der unverletzten Seiten ähnelt. Maßstab: 500 µm in (a), 50 µm in (b-d).

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Morphologie des C7 Spinalganglions

Auf den unverletzten Seiten waren in der Peripherie des Spinalganglions in einer

kompakten Schicht mehrere Zellkörper der pseudounipolaren Neurone angeordnet. Das

Zentrum des Spinalganglions wurde durch Faserbündel eingenommen, die durch

Gruppen von dichtstehenden Neuronen unterbrochen waren. (Abbildung 28 a,c). Die

Anordnung der Neurone in Gruppen und die Faserzüge der Axone erschien in den

verletzten Spinalganglien gelegentlich zwar weniger dicht, aber im Wesentlichen nicht

verändert (Abbildung 28 b,d).

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Abbildung 28: (siehe vorherige Seite) Klüver-Barrera-gefärbte Kryostat (a-b) und Semidünnschnitte (c-f) von Spinalganglien auf der unverletzten (a,c,e) und verletzten Seiten in Tieren der Kontrollgruppe (b,d,f). Die Struktur innerhalb des Spinalganglions scheint auf den verletzten Seiten nur wenig verändert (b). (c-f). Die Semidünnschnitte zeigen vergleichweise unveränderte Anordnung und Morphologie der Neurone in den verletzten Spinalganglien (d,f). Der Pfeil in (f) zeigt auf einen Axonursprungshügel. Die Dichte und Größe der quergeschnittenen Axone scheint an einigen Stellen innerhalb der verletzten Spinalganglien reduziert (d,f). Maßstab: 500 µm (a-d); 50

( f)

Neurone in den Spinalganglien

Alle Neurone der verletzten Seiten besaßen eine vollkommen normale Morphologie mit

runden Zellkörpern, zentral gelegenen Zellkernen und klar abgrenzbaren Nucleoli,

deutlich erkennbarer Nisslsubstanz und Axonursprungshügeln (Abbildung 28f). Die

Bestimmung der Axonzahlen in definierten Regionen zeigte keine signifikanten

Unterschiede zwischen unverletzten und verletzten Seiten (Tabelle 8). Histogramme der

relativen Neuronflächenverteilungen wiesen einen großen Gipfel bei einer Neuronfläche

von etwa 1500 µm2 und einen kleineren Gipfel bei ungefähr 3000 µm2 auf (Abbildung

29a). Die Histogramme der verletzten Seiten zeigten gleiche Größenverteilungen der

Neuronflächen (Abbildung 29a-e). Große Neurone mit Flächen über 2500 µm2 hatten

einen Anteil von etwa 20% aller Spinalganglien-Neurone auf den unverletzten Seiten

(61 von 301 analysierten Neuronen) und auf den verletzten Seiten von etwa 15,5% aller

Neurone (34 von 219 Neuronen). Die Histogramme aller Neuronflächen der verletzten

Seiten in den verschiedenen experimentellen Gruppen zeigten einen verminderten

relativen Anteil von großen Neuronen in allen experimentellen Gruppen mit Ausnahme

der CNTF+BDNF-Gruppe (Abbildung 29). Dieser Unterschied war jedoch nicht

statistisch signifikant.

Tabelle 8: Übersichtstabelle zu den verschiedenen gemessenen Parametern, die im Text erläutert werden. Signifikant unterschiedlich sind in der letzten Zeile folgende gegeneinander getesteten Gruppen: Alle gesunden gegen alle verletzten p≤0,003, alle gesunden gegen Kontrolle verletzt p≤0,001, alle gesunden gegen CNTF verletzt p≤0,017, Kontrolle verletzt gegen BDNF verletzt, p≤0,015,Kontrolle verletzt gegen CNTF+BDNF-Gruppe 0,014. (* p≤0,003, **p≤0,001, + p≤0,017, ++ p≤0,015, # p≤ 0,014)

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Axone in den Spinalganglien

Nicht-myelinisierte kleine Axone und myelinisierte Axone verschiedener Größen waren

in den Axonbündeln innerhalb des Spinaganglion auf beiden Seiten zu sehen. Die

Abbildung 29: Histogramme der relativen Anteile der Flächen aller Neurone, die auf verletzten und unverletzten Seiten gemessen wurden (a; Mittelwerte± SEM) sowie der Neurone der verletzten Seiten der Kontrollgruppe (b), der CNTF-Gruppe (c), der BDNF-Gruppe (d) und der CNTF+BDNF-Gruppe (e) jeweils gegenüber allen Neuronen der unverletzten Seiten (nur Mittelwerte)

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Axondichte in einigen Regionen innerhalb der verletzten Seiten der Spinalganglien war

reduziert zugunsten einer Zunahme von Bindegewebe. Die Größenverteilung der Axone

schien eine größere Varianz als auf den unverletzten Seiten aufzuweisen (Abbildung

30d,f). Die quantitative Analyse der Axone war auf die myelinisierten Axone

beschränkt, da die unmyelinisierten Axone in den Semidünnschnitten nicht immer klar

identifiziert werden konnten. Der visuelle Eindruck verminderter Axondichte auf den

verletzten Seiten, konnte durch die Quantifizierung nicht bestägt werden (Tabelle 8).

Histogramme der relativen Verteilung der Flächen myelinisierter Axone zeigten, dass

die Größenverteilung der Axone zwischen verletzten und unverletzten Seiten

unverändert war (Abbildung 30). Der erste Gipfel der Axonpopulationen lag zwischen 5

und 10 µm², der zweite, breitere Gipfel bei einer Axonfläche von 20 bis 30 µm².

Zusätzlich konnten mehrere kleine Gipfel bei Axonflächen über 30 µm² festgestellt

werden. Der prozentuale Anteil der kleinsten Axone (bis 5 µm²) war auf den verletzten

Seiten signifikant höher als in den unverletzten Spinalganglien (Tabelle 8). Beim

Vergleich der verschiedenen experimtentellen Gruppen zeigte sich, dass in der

Kontrolle und CNTF-Gruppe signifikant mehr der sehr kleinen Axone vorhanden waren

(Abbildung 30, Tabelle 8), während ihre Anzahl bei den BDNF und CNTF+BDNF-

Tieren keine signifikanten Unterschiede zur gesunden Seite aufwiesen.

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Abbildung 30: Histogramme der relativen Anteile von Axonflächen die auf verletzten und unverletzten Seiten gemessen wurden (a; Mittelwerte± SEM) sowie der Axone der verletzten Seiten der Kontrollgruppe (b), der CNTF-Gruppe (c), der BDNF-Gruppe (d) und der CNTF+BDNF-Gruppe (e) der unverletzten Seiten jeweils gegenüber den Flächen aller Axone der unverletzten Seite (nur Mittelwerte).

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Verlauf der zentralen sensorischen Fortsätze

Der Weg der myelinisierten Hinterwurzelaxone auf den unverletzten Seiten verlief in

allen Fällen ausgehend vom Spinalganglion direkt in das Rückenmark über die

Hinterwurzeleintrittszone (Abbildung 26a,b). Vorder- und Hinterwurzeln waren auf

ihrem Weg zum Rückenmark deutlich voneinander getrennt. Beide Wurzeln waren

durch eine dünne, aber gut erkennbare Wurzelscheide eingehüllt, die, wie bereits für die

Vorderwurzel beschrieben, in direkter Kontinuität zur Pia mater stand (Kaar and Fraher,

1986). Der proximale Anteil des Spinalganglions und der Ursprung der Hinterwurzel

waren zusätzlich von der Vorderwurzel durch eine Scheide getrennt, die der Dura mater

ähnelt. Ähnliche Verhälntisse sind bereits für menschliche thorakale

Spinalnervenwurzeln beschrieben (Abbildung 26a,b; (ScharfJH, 1958). Ein

gemeinsamer Nervus radicularis wurde nicht beobachtet. Nervenfasern, die

Spinalganglion bzw. Hinterwurzel mit der Vorderwurzel verbinden, wurden auf den

unverletzten Seiten nie festgestellt (Abbildung 26a, b).

Auf den verletzten Seiten war in allen Fällen ein Hinterwurzelstumpf mit zahlreichen

myelinisierten Axonen zu beobachten (Abbildung 13, 32). In allen untersuchten Fällen,

waren die Durchmesser der Axone in diesem Hinterwurzelstumpf signifikant reduziert

im Vergleich zu den unverletzten Seiten (p≤0.001; Tabelle 9).

Die regenerierten myelinisierten Axone traten aus dem Spinalganglion in verschiedenen

Bündeln über die rostrokaudale Ausdehnung des Ganglions verteilt aus. Diese Axone

erreichten in den meisten Fällen eine beachtliche Länge und erstreckten sich nach dorsal

entlang der dorsalen Zirkumferenz des Rückenmarks (Abbildung 26a). Die Axone

Tabelle 9: Mittelwerte der Durchmesser der Hinterwurzelaxone der unverletzten und verletzten Seiten im Vergleich. In allen Fällen sind die Axone der verletzten Seiten signifikant (*p<0,001) kleiner.

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endeten immer blind, ohne eine Verbindung mit dem Rückenmark zu erreichen

(Abbildung 26a, c, 31a-d). Der Hinterwurzelstumpf, der durch die Axonbündel gebildet

wurde, lag der replantierten Vorderwurzel an und war von einer bindegewebigen Hülle

umgeben (Abbildung 31b-d). Dadurch waren diese Axone von den regnerierten

Vorderwurzelaxonen in der replantierten Vorderwurzel getrennt. Die replantierte

Vorderwurzel hatte keine klar abgrenzbare Einscheidung bis zum Kontaktpunkt mit

dem Spinalganglion. Dort ähnelte die Einscheidung der Dura Mater, wie sie auf der

unverletzten Seite als Abgrenzung zwischen Spinalganglion und Vorderwurzel zu sehen

war (Abbildung 31b, e-g). Die peripheren Hinterwurzelaxone konnten auch in der DiI-

Fluoreszenz mit gleichem Verlauf und Einscheidung beobachtet werden. Auch hier

zeigte sich keinerlei Anschluss an das Hinterhorn.

Bei 13 Tieren (3 aus der Kontrollgruppe, 4 aus der CNTF-Gruppe, 2 aus der BDNF-

Gruppe and 3 aus der CNTF+BDNF-Gruppe) zeigte ein Teil der Axone, die aus den

verletzten Seiten der Spinalganglien austraten, eine scharfen Umschlag nach medial

direkt in Richtung der replantierten Vorderwurzel und des sie umgebenenden

Bindegewebes (Abbildung 31e-k). Eine variable Anzahl der Axone zeigte einen

kompletten Umschlag mit anschließendem Verlauf in Richtung des Spinalnervs. In zwei

dieser Fälle zeigte die Analyse der Makscheidenfärbungen (Abbildung 33e-g) und der

DiI-Fluoreszenz (Abbildung 31h-k), dass Axone aus dem Hinterwurzelstumpf in das

lockere Bindegewebe der Replantationsnarbe eintraten. An dieser Stelle war die

Einscheidung der Hinterwurzel nicht sichtbar. Einige dieser Axone verliefen im

lockeren Bindegewebe nach dorsal und konnten in Serienschnitten außerhalb der Pia

Mater des Rückenmarks weiterverfolgt werden (Abbildung 31f). Eine Kontiuität dieser

Axone in das Rückenmark hinein auf Höhe der Replantationsstelle der Vorderwurzel

oder der ursprünglichen Hinterwurzeleintrittszone wurde in keinem Fall beobachtet.

Einige der in das lockere Bindegwebe der Replantationsstelle eintretenden

Hinterwurzelaxone wendeten sich nach ventral und verliefen mit den regenerierten

Axonen der replantierten Vorderwurzel in Richtung auf den Spinalnerven (Abbildung

31e, g-k).

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Nach medial/ventral umschlagende Hinterwurzelaxone wurden in allen experimentellen

Gruppen beobachtet. Korrelative Analysen deuteten auf einen Zusammenhang zwischen

dem Vorkommen von Umschlägen und dem Ausmaß der Beschädigung des

Rückenmarks hin (Abbildung 32): Umschläge wurden bei 100% der Tiere mit sehr

schweren Rückenmarksveränderungen (Grad 4), bei 83,3% der Tiere mit schweren

Veränderungen (Grad 3), und in 22.2% bei Tieren mit moderaten Veränderungen des

Abbildung 31: (a) Markscheidenfärbung zeigt Auswachsen von regenerierten Hinterwurzelaxonen aus dem Spinalganglion. (b) Der Stumpf der regenerierten Hinterwurzel steht in engem Kontakt zum Rückenmark und zur Replantationsstelle.(c,d) zeigen diese Stelle in höherer Vergrößerung. Hier zeigt sich deutlich die Trennung der Hinterwurzelaxone von den regenerierten Vorderwurzelaxonen und der Replantationsstelle durch bindegewebige Hüllen. Einige der Hinterwurzelaxone zeigen einen Umschlag nach ventral (kleine Pfeile e,g) und verlaufen weiter nach ventral mit der replantierten Vorderwurzel. Andere Axone drehen nach hinten ohne Verbindung mit dem Rückenmark zu zeigen.(kleine Pfeile in in f). (h-k) Serienschnitte zeigen DiI-Fluoreszenz tracing im Tier, das in (e-g) gezeigt ist. Kleine Pfeile zeigen in diesen Bildern auf Axone, die nach ventral vom Spinalganglion in die regenerierte Vorderwurzel umschlagen. Maßstab: 500 µm in (a,b,g) , 50 µm in (c,d), 250 µm in (e), 150 µm in (f), 100 µm in (h-k).

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Rückenmarks beobachtet (Grad 2). Bei Grad 1 Veränderungen wurden Axonumschläge

nach ventral nie beobachtet.

Morphologie des Nervus radialis

Gesunde, nicht replantierte Seiten

Der Touluidinblau-gefärbte transversale Schnitt zeigte den Nervus radialis kurz vor

seiner Teilung in den Ramus profundus und in den Ramus superficialis. Er zeigte die

typische Morphologie eines peripheren Nerven. Zahlreiche quergetroffene Axone

waren regelmäßig angeordnet und hatten eine rundliche bis ovale Form. In einigen

Querschnitten sah man bereits abgehende Nervenfasern, welche auf die Nähe zur

Teilungsstelle des Nervs hinweisen. Man sah Axone unterschiedlicher Größe und

unterschiedlich starker Myelinisierung. Zwischen den Axonen lag lockeres

Bindegewebe, das Endoneurium. In den meisten Schnitten sah man innerhalb des Nervs

einige Nervenfaserbündel, die von laminärem Bindegewebe, dem Perineurium

umschlossen waren. Der gesamte rundlich bis ovale Nerv war ebenfalls von

Bindegewebe, dem Epineurium eingehüllt.

Abbildung 32: Darstellung der verschiedenen Grade des Verletzungsausmaß (a-d) Grad I-IV und in Zusammenhang mit e) Darstellung der Korrelation zwischen Verletzungsausmaß und Richtung des Axonwachstums der regenerierten Hinterwurzelaxone.

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Der Vergleich aller Nervi radiales der gesunden Seiten zeigte keine Unterschiede

zwischen den einzelnen Gruppen.

Replantierte Seiten

Die Nervi radiales der replantierten Seiten zeigten Areale mit Zeichen der Degeneration

innerhalb des Nervenquerschnitts. Man sah in diesen Arealen eine aufgelockerte

Anordnung der Axone. Die Form der Axone zeigte in diesen Stellen nicht mehr die

ovale bis runde Form, sondern es fanden sich unregelmäßige Strukturen, die auf axonale

Degeneration hinweisen. Zwischen den aufgelockert angeordneten Axonen sah man die

Einlagerung von Bindegewebe, vermutlich Narbengewebe. Die Ausprägung dieser

Degeneration wies Unterschiede zwischen den einzelnen Tieren auf. Es gab Tiere, bei

denen die Degeneration sehr ausgeprägt erschien, aber auch Tiere, bei denen man fast

keinen Unterschied zur gesunden Seite feststellen konnte. Allerdings waren tendenziöse

Unterschiede des Ausprägungsgrads der Degeneration zwischen den einzelnen Gruppen

nicht feststellbar (Abbildung 32).

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Abbildung 33: (vorherige Seite) Vergleich der Morphologie des Nervus radialis auf der unverletzten Seite (a) und der replantierten Seite (c) in der Übersichtsvergrößerung. In höherer Vergrößerung zeigen sich auf der replantierten Seite die Folgen des Wurzelausriss C7 in einem Areal des Nerven (Quadrat im Nervenquerschnitt auf der linken Seite) (d). Der unverletzte Nerv zeigt solche Areale nicht (b).Pfeile: veränderte myelinisierte Axone auf der verletzten Seite. Maßstab: a,c 500µm, b,d 50µm.

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Diskussion Nervenwurzelausrisse sind extrem komplexe Verletzungen, die noch bis vor wenigen

Jahren als nicht therapierbar angesehen wurden. Ein relativ neuer chirurgischer

Therapieansatz ist die Replantation ausgerissener Vorderwurzeln. Diese Technik hat zu

deutlichen Verbesserungen in der Wiederherstellung der ausgefallenen motorischen

Funktionen geführt (z.B. Carlstedt et al., 2000; Hallin et al., 1999; Carlstedt et al.,

1993a; Hoffmann et al., 1993b; Hoffmann et al., 1996; Hoffmann et al., 1993a; Fournier

et al., 2001a; Fournier et al., 2001b; Carlstedt, 1997).

Zahlreiche Studien beschäftigten sich mit dem Ausmaß des Überlebens von

Motoneuronen und der Regeneration ihrer Axone nach Ausriss und Replantation der

Vorderwurzel (Hoffmann et al., 1996; Carlstedt T., 2000; Hallin et al., 1999; Risling

M., 1993; Lang et al., 2005a). Es konnte gezeigt werden, dass allein durch eine

möglichst zeitnah zur Verletzung durchgeführte Replantation der Vorderwurzel das

Überleben der Motoneurone begünstigt wird. Weiter wurde gezeigt, dass die

überlebenden Motoneurone in der Lage sind, neue Axone in die Peripherie auswachsen

zu lassen und damit die periphere Muskulatur zu erreichen. Allerdings blieb die

Funktionalität dieser regenerierten Axone weit hinter den Erwartungen zurück (z.B.

Lang et al., 2005a; Lang et al., 2005b; Carlstedt T., 1997a; Carlstedt T., 2000; Carlstedt

T., 1997b; Cullheim S., 1989).

Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit der Effekt neurotropher Faktoren auf das

Überleben von Motoneuronen nach Vorderwurzelausrissen eingehend untersucht

(Carlstedt T., 1997b; Cullheim S., 1989; Hoffmann and Thomeer, 1992; Hoffmann et

al., 1993a; Koliatsos et al., 1994; Carlstedt, 1997a). Ein positiver Effekt auf das

Überleben der Motoneuronen konnte für die meisten Faktoren nachgewiesen werden,

was angesichts ihrer bisher bekannten molekularen Wirkungen gut nachvollziehbar ist.

Die vorliegende Arbeit ist nun eine der ersten, welche eine Kombinationstherapie

bestehend aus der Applikation neurotropher Faktoren und Replantation der

ausgerissenen Vorderwurzel im Detail untersucht.

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Das verwendete Tiermodell ist der klinischen Situation eher vergleichbar als frühere Modelle

Die meisten Tiermodelle, die für Untersuchungen zur Verbesserung der Therapieansätze

von Vorderwurzelverletzungen entwickelt wurden, waren beschränkt auf den Ausriss

von Vorderwurzeln, während die Hinterwurzeln intakt blieben (z.B. Hallin et al., 1999;

Carlstedt et al., 1993b; Hoffmann et al., 1993a; Hoffmann et al., 1996; Bergerot et al.,

2004; Carlstedt et al., 1993a), oder nach Durchtrennung an die Rückenmarkhüllen

genäht wurden, ohne im Fortgang der Experimente untersucht zu werden (Chai et al.,

2000; Gu et al., 2005; Gu et al., 2004). In praktisch allen klinischen Fällen sind die

Hinterwurzeln jedoch ebenfalls verletzt (El Gammal and Fathi, 2002; Terzis et al.,

1999).

Im Modell der vorliegenden Arbeit wurde zusätzlich zum Ausriss mit sofortiger

Replantation der Vorderwurzel die C7 Hinterwurzel durchtrennt und nicht

weiterbehandelt. Damit kommt es der klinischen Situation bei Plexusverletzungen näher

als die meisten bisherigen Modelle. Da alle abgelaufenen biologischen Prozesse

innerhalb des verletzten und operierten Segments C7 miteinander in direktem oder

indirektem Zusammenhang stehen, wurden sowohl der Aspekt der

Rückenmarksveränderungen und der Vorderwurzelregeneration, als auch der Aspekt der

reaktiven Veränderungen der verletzten Hinterwurzel detailliert untersucht, um für

weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet ein umfassendes Bild dieser Verletzung und

ihrer Folgen darzustellen. Die detaillierten morphologischen Dokumentationen über

Zustand des Rückenmarks und Regenerationswege der Axone sowie der Vergleich mit

vorangegangenen Studien auf diesem Gebiet haben nun einige Ergebnisse

hervorgebracht, welche neue Rückschlüsse auf die Konsequenzen dieser Verletzung und

ihrer chirurgischen Therapie ermöglichen. Diese könnte für die Erarbeitung künftiger

experimenteller Modelle für Therapieansätze von Bedeutung sein.

Interindividuelle Abweichungen des Verletzungsausmaßes: mögliche Ursachen

Das Verletzungsausmaß der Rückenmarksquerschnitte zeigte große Abweichungen

zwischen den einzelnen Tieren der verschiedenen Versuchsgruppen. Tendenzen, welche

ein geringeres Ausmaß an Verletzung in einer bestimmten Gruppe zeigten waren nicht

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erkennbar. Interindividuell unterschiedliche Verletzungsausmaße wurden auch in einer

Voruntersuchung beobachtet, in der die Hinterwurzel durchtrennt und die Vorderwurzel

ausgerissen wurde, allerdings ohne sie anschließend zu replantieren (Lang E.M., 2005a;

Lang et al., 2005b). Ähnlich große Verletzungsausmaße und interindividuelle

Unterschiede wurden in vergleichbaren Studien über Vorderwurzelausrisse ohne bzw.

mit anschließender Replantation nicht beobachtet (Hoffmann et al., 1993a; Carlstedt T.,

1997a; Cullheim S., 1989; Ma J., 2001). Die Hinterwurzel wurde jedoch bei diesen

Studien über Vorderwurzelausrisse nicht verletzt. Bei menschlichen Verletzungen

werden in der großen Mehrheit der Fälle Ausrisse beider Nervenwurzel diagnostiziert

(Terzis J.K., 1999; El-Gammal T.A., 2002). Es ist anzunehmen, dass die Verletzung der

Hinterwurzel in unserem Modell wie auch bei Patienten die Reaktion der Motoneurone

beeinflusst und damit sehr wahrscheinlich zu einem größeren Verletzungsausmaß führt,

als ein Vorderwurzelausriß allein. Dies könnte auch erklären, warum der Untergang der

Motoneurone im vorliegenden Modell relativ früh stattfindet und der Verlust von

Motoneuronen nach einer Woche ohne Applikation neurotropher Faktoren bei nahezu

60% lag (Lang et al., 2005a).

Ein weiterer Aspekt, welcher zu diesen interindividuellen Unterschieden beiträgt,

könnte sich möglicherweise aus einem interindividuell unterschiedlichen Ausmaß der

Unterbrechung der Blutversorgung erklären. Mit der Unterbrechung der Kontinuituität

zwischen Rückenmark und Nervenwurzeln werden gleichzeitig auch die Arteriae

radiculariae des entsprechenden Segments durchtrennt. Eine Blutversorgung des

verletzten Segments kann dann nur noch durch Anastomosen zu den benachbarten

Rückenmarksegmenten erfolgen. Beim Menschen ist bekannt, dass erhebliche

Variationen der Blutversorgung der Segmente bzw. der Nervenwurzeln existieren

(Lasjaunias and Berenstein, 1990). Unzureichende Anastomosenverbindungen zu den

benachbarten Segmenten könnten daher zu einem größeren Schädigungsausmaß führen.

Carlstedt (Carlstedt, 2000) vermutete bereits, dass derartige Variationen der

Blutversorgung das Verletzungsausmaß bei menschlichen Wurzelverletzungen und bei

experimentellen Untersuchungen an Tieren beeinflusst. Da es für das Kaninchen keine

genauen Daten über die Blutversorgung des Rückenmarks gibt, kann man über diesen

Sachverhalt leider nur spekulieren.

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Kein deutlicher Einfluß auf Motoneuronüberleben nach einmaliger Applikation neurotropher Faktoren

Die Replantation der Vorderwurzel, obwohl mit großer Vorsicht durchgeführt, hatte

eine Narbenbildung innerhalb der weißen Substanz zur Folge. Bei der intraspinalen

Narbenbildung nach Replantation handelt es sich im Prinzip um eine erwünschte

Veränderung (Carlstedt T., 1993), da dem Narbengewebe des ZNS

regenerationsinduzierende Eigenschaften zugeschrieben werden, die das Überleben von

Motoneuronen und Regeneration von Axonen begünstigen (Hallin et al., 1999). Man

nimmt an, dass die Vorteile einer solchen Narbenbildung und damit einer Verletzung

der weißen Substanz die möglichen Nachteile überwiegen. Im Modell der vorliegenden

Arbeit scheint ein solch positiver Einfluss auf begünstigtes Überleben von

Motoneuronen nicht gegeben. Es ist im Gegenteil so, dass eine große Narbe meist mit

einem höheren Verlust von Neuronen einhergeht.

Die Überlebensrate von Motoneuronen beträgt in den vorliegenden Untersuchungen in

allen Gruppen etwa 30% und ist damit dramatisch hinter den Erwartungen

zurückgeblieben, wenn man diese an den Ergebnissen orientiert, die drei Wochen nach

Ausriss, Replantation und Applikation von neurotrophen Faktoren im vergleichbaren

Modell der Voruntersuchungen gefunden wurden (Lang et al., 2005a). Diese und andere

Studien zeigten, dass durch die Behandlung mit neurotrophen Faktoren das Überleben

von Motoneuronen zumindest für eine kurze Zeit von 3 Wochen nach dem Trauma

gesteigert werden kann. Weitere Arbeiten bestätigten die Wirksamkeit von CNTF und

BDNF auf das Überleben von Motoneuronen über diesen Zeitraum hinaus (Arakawa et

al., 1990; Chai et al., 1999; Novikov et al., 1997; Sendtner et al., 1990; Yan et al., ).

Kürzlich wurde sogar eine dauerhafte Erhöhung der Anzahl von Motoneuronen nach

vier Monaten gezeigt. Dies wurde durch das Einbringen eines GDNF bzw. BDNF-

exprimierenden Adenovirus in das verletzte Segment erreicht (Blits et al., 2004).

In den meisten dieser Studien- wie auch in den Voruntersuchungen- wurden die

Faktoren direkt auf die Ausrißstelle oder sehr nahe an die verletzten Motoneurone

appliziert. Fraher et al. (Fraher J.P., 1999) postulieren, dass neurotrophe Faktoren bei

einer Applikation an die Ausrißstelle die “intramedullary bundles” (IMBs) als

„Führungskanal“ benutzen könnten, um zu den verletzten Motoneuronen zu

diffundieren (Cullheim S., 2002), und so sehr rasch die proximalen Axonstümpfe und

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damit die verletzen Motoneurone erreichen könnten. Gleichzeitig wäre ein

Konzentrationsgradient in Richtung ventral replantierter Vorderwurzel gegeben, an dem

entlang neue Axone auswachsen und damit erfolgreich regenerieren könnten (Fraher

J.P., 1999; Fraher J.P., 1997). Die vorliegenden Untersuchungen unterstützen die

Möglichkeit, dass IMBs postläsional als mögliche „Führungskanäle“ offen bleiben und

nicht durch gliale Narbenbildung verlegt werden, da in allen Fällen ein

Widerauswachsen der Axone ventral beobachtet wurde.

In der vorliegenden Arbeit wurden Faktoren in den Fibrinkleber gemischt, der zur

primären Befestigung der Vorderwurzel nach der Replantation diente. Die durch

Replantation induzierte Narbe entwickelt sich erst nach einer gewissen Zeit. Während

dieser Zeit fehlen diese zusätzlichen Faktoren im Vorderhorn – dies könnte ein Grund

dafür sein, dass in unserem Modell schnell untergehende Motoneurone nicht gerettet

werden konnten.

Doch selbst wenn die einmalige Applikation neurotropher Faktoren in den untersuchten

Tieren zunächst ein Überleben der Motoneurone in den verletzten Segmenten bewirkt

haben sollte, besteht die Möglichkeit, dass ein Teil der Motoneurone in einem Zeitraum

untergegangen ist, der nach den ersten drei Wochen nach dem Trauma liegt, während

derer nach der Voruntersuchung weit mehr Motoneurone überlebt hatten (Lang et al.,

2005a). Dies könnte dadurch bedingt sein, dass nicht alle überlebenden Motoneurone

über regenerierende Axone rechtzeitig die replantierten Wurzeln erreicht hatten, und

damit keinen Zugang zu weiterer trophische Unterstützung durch die periphere Glia

bestand. Eine solche Konstellation könnte damit einen sekundär stattfindenden Zelltod

bewirkt haben.

Prinzipiell besteht natürlich die Möglichkeit, dass beide Erklärungsmodelle sowohl

isoliert, als auch kombiniert zu den Ergebnissen geführt haben. Zur Klärung dieser

Problematik sind weitere Experimente erforderlich.

Regenerierende Axone wachsen lateral und ventral aus

Obwohl die Replantation so weit wie möglich ventral stattfand, ergaben sich leichte

Unterschiede bezüglich der Lokalisation der Vorderwurzel. Diese Unterschiede waren

aus chirurgisch-technischen Gründen unvermeidbar und wurden bei der

morphologischen Analyse der C7-Rückenmarksquerschnitte deutlich. Dazu zeigte sich,

dass bei einigen Tieren die Vorderwurzel in ihrem Verlauf nahe der physiologischen

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ventralen Austrittszone zu liegen kam bzw. sich sogar ihr anzulegen schien. Es wird

allgemein vermutet, dass es verschiedene Vor- und Nachteile bezüglich des Ortes der

Replantation gibt. Jedoch wurden bis heute keine Studien veröffentlicht, die eine

ventrale mit einer lateralen Replantation der Vorderwurzel vergleicht (Carlstedt, 1997a;

Carlstedt T., 1997b; Hoffmann et al., 1996; Fournier H.-D., 2001a; Fournier H.-D.,

2001b).

Die fluoreszenzmikroskopischen und lichtmikroskopischen Analysen zeigten, dass aus

den überlebenden Motoneuronen myelinisierte Axone auswachsen. Weiter konnte in der

vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass der Regenerationsweg dieser Axone sowohl

nach lateral über die Replantationsstelle als auch nach ventral über die IMBs mit

Austritt aus der physiologischen Austrittstelle von Vorderwurzelaxonen stattfindet.

Diese ventral austretenden Axone finden anschließend Wege in die replantierte

Vorderwurzel. Übereinstimmend mit diesen Beobachtungen beschrieben Thomas

Carlstedt et al. (Carlstedt T., 1997a), dass nach lateraler Replantation der Vorderwurzel

zahlreiche myelinisierte Axone ventral austreten und entlang der Pia mater in die

replantierte Vorderwurzel einwachsen. Aus diesem Grund war es ihre Empfehlung, so

weit ventral wie möglich zu replantieren. Hoffmann et al. (Hoffmann et al., 1996)

zeigten, dass nach einem Ausriss intramedulläre Regeneration von

Motoneuronenaxonen in den ursprünglichen Wegen stattfindet und dass diese durch

ventrale Replantation gefördert wurden (Hoffmann et al., 1993b; Hoffmann et al.,

1996). In den vorliegenden Untersuchungen schien es so, dass ventral austretende

Axone regelmäßig von Neuronen stammten, die in den gleichen oder direkt

angrenzenden Querschnitten zu finden waren. Dies war bei den lateral austretenden

Axonen nicht häufig zu beobachten. Direkte Verbindungen nach lateral waren selten,

meist schienen die Axone innerhalb des Rückenmarks nach rostral oder caudal zur

Ausstrittstelle zu verlaufen.

Ventrale Replantation könnte günstige Effekte haben

Auch die fluoreszenzmikroskopische Analyse zeigte, dass die Mehrzahl der lateral

austretenden myelinisierten Axone aus Neuronen stammen, die oberhalb oder unterhalb

dieses Austritts liegen und innerhalb des Rückenmarkssegments zu ihrer Austrittsstelle

gewachsen sind. Dies legt nahe, dass es sich bei diesen Axonen höchstwahrscheinlich

um Kollateralen von Neuronen handelt. Kollateralisierung von Axonen nach

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Wurzelausriss aus dem Rückenmark in periphere Nerven wurde bereits häufig

beschrieben und findet sowohl ohne (Novikov L., 1997; Novikov et al., 1995) als auch

mit Replantation statt (Hallin et al., 1999). Weiterhin könnten diese Axone auch

Dendraxone aus funktionell anderen Neuronen des Rückenmarks sein, die sich an der

Reinnervation der Muskelgruppen beteiligen (Linda et al., 1985)

In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass zusätzlich zu den lateral austretenden

Axonen zahlreiche Axone über die IMBs ventral auswachsen und Anschluß an die

ventrolateral replantierte Vorderwurzel finden (s.o.). Der Durchmesser dieser ventral

austretenden Axone war mehrheitlich signifikant größer als der Durchmesser lateral

austretender Axone. Diese Beobachtungen legen nahe, dass es sich bei den ventral

austretenden Axonen um primäre Axonsprossen handelt (Hoffmann et al., 1993a),

während die Mehrheit der lateral austretenden Axone Sprossen sind, die aus anderen

Teilen des Neuron oder aus Dendriten (Cullheim S., 2002) auswachsen. Da

Kollateralen im Vergleich zu primären Axonen funktionell minderwertig sind (Linda

H., 1992; Streppel M., 2002) und gezeigt wurde, dass die Kollateralisierung sogar

schädlich für eine erfolgreiche funktionelle Wiederherstellung ist (Hallin et al., 1999;

Streppel M., 2002) erscheint es vorteilhaft, Möglichkeiten zu entwickeln, die ein

ventrales Auswachsen begünstigen.

Der Vergleich zwischen dem Ausmaß der axonalen Regeneration entlang der beiden

Wege bestätigt diese Aspekte. Ventral austretende Axone wurden in allen Fällen

gefunden. In den Fällen, in denen die Replantationsstelle mehr lateral zu finden war und

die Vorderwurzel in ihrem Verlauf nicht an der physiologischen Austrittsstelle zu liegen

kam, erschien die Anzahl lateral austretender Axone höher zu sein als die der ventral

austretenden. Auf der anderen Seite war ein massives ventrales Auswachsen zu

beobachten, wenn weit ventral replantiert wurde oder wenn die Vorderwurzel in ihrem

Verlauf an der physiologischen Austrittsstelle zu liegen kam. In diesem Fall zeigte sich,

dass diese ventral austretenden Axone teilweise in der Lage waren, in die replantierte

Vorderwurzel einzuwachsen ohne zuerst entlang der Pia zur Replantationsstelle

wandern zu müssen. Dies bedeutet, dass die Hülle der replantierten Wurzel unter

Umständen den Eintritt der Axone zulässt.

Auch die Zahl der lateral austretenden myelinisierten Axone schien in diesen Fällen

eher klein zu sein- auch wenn Narbengewebe vorhanden ist. Ein mögliche Erklärung für

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unsere Ergebnisse könnte folgendermaßen aussehen: Motoneurone bilden sowohl

Primäraxone, die das Rückenmark über die IMBs verlassen als auch Kollateralen, die in

das durch die durch die Replantation geschaffene trophisch günstige Narbengewebe

einwachsen. Derjenige Fortsatz, der dann zuerst das periphere Gewebe erreicht wird

entsprechend eines „pruning“ verstärkt (Angelov et al., 1996; Streppel et al., 2002),

während der andere Fortsatz degeneriert. Ausgehend von dieser Argumentation würde

eine Anlagerung der Vorderwurzel an die ursprüngliche Austrittsstelle von Vorteil sein,

da sie eine direkte Verbindung zwischen Primäraxon und Peripherie bilden würde.

Dadurch wäre die Möglichkeit erhöht, dass regenerierende Motoneuronaxone mit

großem Durchmesser, die funktionell hochwertiger sein dürften als kleine

Axonkollateralen, aus dem Rückenmark in die Peripherie einwachsen.

Deutliche Regeneration von myelinisierten Axonen in der Vorderwurzel auf Höhe des Spinalganglions

Drei Wochen nach Ausriss und Replantation waren in der Vorderwurzel nur sehr

wenige sehr kleinflächige Axone (40-60) vorhanden, und es waren deutliche Zeichen

von Degenerationsvorgängen festzustellen. Obwohl es möglich ist, dass die wenigen

kleinen Axone, die nach drei Wochen beobachtet wurden, besonders schnell

regenerierende efferente Axone sind, erscheint wahrscheinlicher, dass es sich dabei um

sensorische Fortsätze aus den Spinalganglienzellen handelt, deren Einwachsen in die

Vorderwurzel ohne Erreichen des Rückenmarks auch physiologischerweise bekannt ist

(Hildebrand C., 1997).

Nach sechs Monaten betrug die Anzahl regenerierter Axone, die in den

Semidünnschnitten der replantierten Vorderwurzeln gezählt wurden, etwa 45%

verglichen mit den gesunden Seiten. Dies belegt zunächst, dass es tatsächlich im

Zeitraum zwischen drei Wochen und sechs Monaten nach der Operation zu vaskulären

Reorganisationsvorgängen, signifikanter Regeneration von efferenten Axonen und

begleitender Ausbildung von Myelinscheiden gekommen ist, was Beobachtungen

vorheriger Studien bestätigt (Risling M., 1983; Cullheim et al., 1989; Carlstedt et al.,

2000; Carlstedt, 2000; Carlstedt et al., 1993b; Carlstedt, 1991; Holtzer et al., 2002; Gu

et al., 2005; Gu et al., 2004; Hoffmann et al., 1996).

Die Anzahl der Axone auf den unverletzen Seiten zeigte relativ große interindividuelle

Abweichungen zwischen den Tieren. Dieser Befund ist überraschend, wenn man dem

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91

die homogene Anzahl von gezählten Neuronen in den Segmenten der unverletzten

Seiten gegenüberstellt. Fraher (Fraher and VR, 1989) dokumentierte allerdings, dass im

Verlauf der Vorderwurzel eine Kollateralisierung der Motoneuronaxone stattfindet, was

die hohe Anzahl von Axonen in der C7 Vorderwurzel verglichen mit den gezählten

Neuronen im Segment C7 erklären könnte. Diese unterschiedliche Anzahl von Axonen

führte zu großen Standardabweichungen der Mittelwerte der Axonzahlen in den

unverletzten Vorderwurzeln der einzelnen Gruppen. Da die Mittelwerte der Gruppen

nicht statistisch signifikant unterschiedlich waren, ist davon auszugehen, dass Tiere

aller Gruppen gleichmässig inhomogene Axonzahlen in der Vorderwurzel besitzen, was

den Vergleich auch der replantierten Seiten untereinander ohne Bias zulassen sollte.

Der morphologische Eindruck, dass die myelinisierten Axone innerhalb der

unverletzten Vorderwurzeln grob in zwei verschiedene Populationen aufgeteilt werden

können, wurde durch die Histogramme der Axonflächen nur teilweise bestätigt. Die

Messungen der Axonflächen in den unverletzten Vorderwurzeln zeigten, dass in allen

Gruppen etwa 45% der Axone großflächig (≥35µm²) waren. In früheren Studien wurde

gezeigt, dass großflächige Axone (von α−Motoneuronen) in der Vorderwurzel etwa 60-

70% der Gesamtpopulation ausmachen (Kaar and Fraher, 1985). Der Unterschied der

Daten aus der vorliegenden Arbeit im Vergleich zu Literaturangaben ist am ehesten auf

die Methodik der Auswertung zurückzuführen. Die Analysen in den ROIs haben den

Nachteil, dass Axone die im Randbereich der analysierten Areale liegen, nicht in die

Messungen miteinbezogen werden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für

großflächige Axone nicht gemessen zu werden. Dieses Phänomen ist in der Literatur

auch als sog. „edge effect“ bekannt (Geuna et al., 2001). Für die Daten der vorliegenden

Arbeit ist also davon auszugehen, dass die größeren Axone, die häufiger in den

unverletzten Seiten sind, in den Histogrammen aus den ROIs unterrepräsentiert sind. Es

erscheint wahrscheinlich, dass die Gruppe der von uns als „groß“ klassifizierten Axone

den α−Motoneuron-Axonen entspricht.

Es wurden insgesamt sehr wenig nicht-myelinisierte Axone in den unverletzten

Vorderwurzeln beobachtet. Dies stimmt mit Ergebnissen früherer Studien überein, nach

denen außerhalb der Austrittssegmente von vegetativen Nervenfasern in Vorderwurzeln

von Kaninchen sehr wenig C-Fasern zu finden sind (Hildebrand et al., 1997;

Applebaum et al., 1976).

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92

Regenerierte Vorderwurzelaxone sind kleinflächig

In den Vorderwurzeln der replantierten Seiten lag der Anteil großflächiger Axone in

allen Gruppen unter 14% und war damit im Vergleich zu den unverletzten Seiten

deutlich reduziert. Die Mehrheit der gemessenen Axone lag in einem Größenbereich,

der sogar noch kleiner war, als die Mehrheit der kleinflächigen Axone in den

unverletzten Vorderwurzeln. Die größeren regenerierten Axone sind wahrscheinlich

funktionell die vielversprechendsten Axone, da sie eher primären Motoneuronsprossen

als Kollateralen entsprechen. Da primäre regenerierte Motoneuronsprossen kleiner sind

als die Fortsätze unverletzer Axone (Morris et al., 1972a; Morris et al., 1972b), sind

möglicherweise auch eine Reihe mittelgroßer Axone zu den funktionell hochwertigen

regenerierten Axonen zu rechnen. Dagegen sind die vielen sehr kleinflächigen Axone,

die in den regenerierten Vorderwurzeln zu finden waren, am ehesten Kollateralen aus

Motoneuronen oder sogar aus anderen Neuronen. Aus diesem Grund, und da in diesem

Größenbereich auch sensorische Axone zu finden sein dürften, deren Vorkommen in der

Vorderwurzel seit längerem bekannt ist (Hildebrand et al., 1997), sind definitive

Aussagen über die funktionelle Qualität kleiner regenerierter Axone in Bezug auf

motorische periphere Innervation nicht möglich. Die Regeneration von

Axonkollateralen in die replantierte Vorderwurzel aus dem Rückenmark des verletzten

Segments und sogar aus den benachbarten Segmenten wurde in der Vergangenheit

mehrfach dokumentiert. (Hallin et al., 1999; Novikov L., 1997; Linda et al., 1985;

Havton and Kellerth). Es wurde angenommen, dass diese Art der axonalen

Regeneration am ehesten zu einer unspezifischen Reinnervation führt, die dann ein

Ausbleiben der adäquaten motorischen Funktionen zur Folge hat (Hallin et al., 1999;

Angelov et al., 1996; Ito and Kudo, 1994; Brown et al., 1981). Die Ergebnisse der

vorliegenden Untersuchungen legen nahe, dass die Regeneration von großen

Motoneuronaxonsprouts durch eine nahe ventrale Replantation begünstigt wird (siehe

oben). Die Bildung von Kollateralen scheint sogar ausgeprägter istzu sein, je weiter die

Replantationsstelle von der originalen Austrittszone der Vorderwurzel entfernt ist.

Dagegen wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede in den

Größenverhältnissen der regenerierten Vorderwurzelaxone zwischen den

experimentellen Gruppen gefunden. Von BDNF wurde in verschiedenen Arbeiten

gezeigt, dass es die Kollateralisierung steigert (Novikov L., 1997; Streppel M., 2002).

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Eine höhere Anzahl kleinflächiger Axone nach BDNF Aplikation konnte im

vorliegenden Material jedoch nicht gefunden werden. Somit scheint die Applikation von

BDNF, CNTF, oder der Kombination beider Faktoren auf die Replantationstelle auf die

Größe der Axone zumindest im vorliegenden Modell weder positiven noch negativen

Einfluss zu haben.

Neurotrophe Faktoren wirken positiv auf die Remyelinisierung

Die Nervenleitgeschwindigkeit und damit die funktionelle Qualität einer Regeneration

sind abhängig von verschiedenen Parametern. Zum einen ist der Abstand von einem

Ranvier´schen Schnürring zum nächsten wichtig. Wird der Abstand größer, also das

Internodium länger, steigt die Geschwindigkeit der Erregungsübertragung und

umgekehrt. Weiter ist der Faserdurchmesser und die Dicke der Myelinscheide

entscheidend (Hursh J.B., 1939; Rushton W.A.H., 1951). Abnahme der Dicke der

Myelinscheide führt zu schwerwiegenden Dysfunktionen (Schröder J.M., 1972). Um

einen möglichen Effekt neurotropher Faktoren auf die Remyelinisierung der

regnerierten Axone, und damit auf diesen funktionell wichtigen Parameter der

Regeneration, untersuchen zu können, wurde das Axon-Myelinverhältnis der

unverletzten Vorderwurzelaxone bestimmt und dieses mit dem der regenerierten Axone

der replantierten Seiten verglichen.

Es existiert eine lineare Beziehung zwischen Axondurchmesser und Dicke der

Myelinscheide in vielen verschiedenen Spezies von der Ratte bis hin zum Mensch.

(Dyck P.J., 1971; Friede R.L., 1968). Dies ist auch der Fall bei verschiedenen Größen

von Nervenfaser-Populationen motorischer Axone (Kaar and Fraher, 1985; Fraher,

1992). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigen dies, indem festgestellt

werden konnte, dass größere Axone eine dickere Myelinscheide haben als kleinere.

Dieser Anstieg erschien in kleineren Axonen etwas stärker ausgeprägt als in größeren,

was ebenfalls Literaturdaten, erhoben an verschiedenen Spezies, für das Kaninchen

bestätigt (Fraher and O'Sullivan, 2000).

Die Bestimmung der Myelinisierung zeigte zunächst, dass regenerierte Axone bei

Kontrolltieren eine signifikant geringere Myelinscheidenfläche aufweisen als

unverletzte Axone. Weiterhin waren Unterschiede zwischen der Myelinisierung der

regenerierten Axone in den einzelnen experimentellen Gruppen vorhanden. Diese

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Unterschiede waren für sehr kleine Axone etwas geringer ausgeprägt als in der

Population großflächiger Axone. Der positive Effekt auf die Myelinisierung war

zumeist in der BDNF-Gruppe am geringsten, minimal deutlicher in der CNTF-Gruppe

und statistisch signifikant in der Mehrzahl der Axongrößenklassen bei der

Kombinationsgruppe. Zahlreiche Studien jüngeren Datums unterstreichen die Rolle von

neurotrophen Faktoren für die Myelinisierung. Neurotrophine, genauer BDNF

stimulieren die Myelinisierung durch Schwann Zellen über eine Stimulation über den

p75-Neurotrophinrezeptor während der Entwickung (Notterpek L., 2003; Cosgaya et al.,

2002). BDNF wird auch für die Remyelinisierung nach peripherer Nervenverletzung

benötigt (Zhang J.-Y., 2000). In ihrem Review spekuliert Notterpek (Notterpek L.,

2003), dass die Signalübertragung über p75-NTR nicht nur eine Rolle in der

Entwicklung, sondern auch für die Remyelinisierung von Axonen nach peripheren

Nervernläsionen spielen könnte. Lewin et al. zeigten schon 1997, dass eine

Vergrößerung des Axondurchmessers und eine Verbesserung der funktionellen

Wiederherstellung durch exogene BDNF Applikation nach Durchtrennung des Nervus

ischiadicus erzielt werden konnte. Dieser Effekt wurde –zumindest in den ersten

Wochen- durch die kombinierte Applikation mit CNTF verstärkt (Lewin et al., 1997).

Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit deutete zum ersten Mal in qualitativen Analysen

darauf hin, dass die Myelinisierung im PNS auch durch CNTF-Applikation nach

Verletzung des N. ischiadicus verbessert werden kann, was durch die Ergebnisse der

vorliegenden Arbeit unterstützt wird (Zhang et al., 2004). Ein quantitativer Nachweis

des Effekts von CNTF auf periphere Myelinisierung fehlt jedoch bisher. Für das ZNS

wurde dagegen gezeigt, dass CNTF die Myelinisierung steigern kann und als

protektiver Faktor bei demyelinisierenden Erkrankungen des ZNS wirkt (Linker et al.,

2002). Dabei nimmt CNTF höchstwahrscheinlich Einfluß auf die Differenzierung von

Oligodendrozyten (Stankoff B., 2002; Barres et al., 1996; Mayer M., 1994).

Die vorliegende Arbeit erbringt erstmalig durch quantitative Analysen einen Beleg

dafür, dass die einmalige Applikation von CNTF und BDNF einen stimulierenden

Effekt auf das Ausmaß der Remyelinisierung regenerierter peripherer Axone hat. Die

Dicke der Myelinscheide wird reguliert durch Axon-Schwannzell-Kommunikation (z.B.

über den Neuregulin-ErbB2- Pathway, Nave and Salzer, 2006) sowie durch die

Beeinflussung der Expression von Myelinscheiden-Bestandteilen (Zu Hörste and Nave,

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2006; Suter and Scherer, 2003). Untersuchungen zur Entwicklung von Myelinscheiden

deuten daraufhin, dass es einen initialen Anstoß der Myelinisierung geben könnte, der

auch die Dicke der Myelinscheide bestimmt, die dann im weiteren gleichmäßig

aufrechterhalten wird, ohne dass dafür zusätzliche Informationen notwendig sind

(Fraher and Dockery, 1998). Angesichts dieser Befunde ist es denkbar, dass das

Einwirken neurotropher Faktoren zu Beginn der Remyelinisierung in unserem Modell

zur Ausbildung einer im Vergleich zu Kontrollen dickeren Myelinscheide geführt hat,

die auch nach 6 Monaten feststellbar war. Interessanterweise zeigte die alleinige

Applikation von BDNF oder CNTF nicht so deutliche Effekte wie die Kombination aus

beiden Faktoren, die letztendlich zu einer statistisch signifikant höheren Myelinisierung

als in den verletzten Kontrollen führte. Die Beobachtung, dass neurotrophe Faktoren

einzeln wenig Effekte zeigen, wohl aber in Kombination mit anderen zahlreiche

Prozesse beeinflussen, wurde bereits mehrmals gemacht (Logan et al., 2006; Esquenazi

et al., 2005; Marzella et al., 1999; Lewin et al., 1997; Arce et al., 1998). Auch für die

periphere Remyelinisierung gibt es Hinweise dafür, denn ein solcher additiver Effekt

wurde durch die kombinierte Applikation von BDNF und CNTF bereits für eine frühe

Phase der Regeneration gezeigt (Lewin et al., 1997). Die Interaktion von CNTF-

Signaltransduktion mit Signalwegen der Neurotrophine ist Gegenstand aktueller

Forschungsprojekte (Stankoff et al., 2002; English). Darüber hinaus existieren Hinweise

auf den modulierenden Effekt von neurotrophen Faktoren in der Schwann-Zell-

Neuroninteraktion, welche die Myelinisierung in der Regeneration peripherer Nerven

fördert (Nave and Salzer, 2006; Hoke et al., 2003). Die vorliegenden Ergebnisse deuten

nun einen weiteren Aspekt von Interaktionen zwischen verschiedenen Faktoren an. Die

Analyse der genauen Mechanismen, die diesen Interaktionen zugrunde liegen, könnte

zahlreiche wichtige und interessante Ergebnisse im Hinblick auf therapeutische

Interventionen bei peripheren Nervenverletzungen erbringen, die letztendlich auch von

höchster klinischer Relevanz sind.

Morphologie des Nervus radialis zeigt regenerative Prozesse

Die unregelmäßige Anordnung von Axonen in Teilen der verletzten Seiten des Nervus

radialis weist darauf hin, dass regenerierte Axone von der Vorderwurzel in die

Peripherie gewachsen sind. Da die degenerativen Prozesse und die Abbräumreaktion

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von Myelindebris nach sechs Monaten jedoch längst abgeschlossen sein sollte (Stoll et

al., 2002), könnte das Vorhandensein von morphologisch veränderten Axonen Hinweis

auf eine sekundäre Degeneration sein. Diese könnte möglicherweise durch einen

sekundär eingetretenen Zelltod von Motoneuronen zustandegekommen sein (siehe

oben). Andererseits können mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit die komplexen

Vorgänge im Hinterwurzelbereich Ursache für derartige Veränderungen sein. Über

diesen Sachverhalt lässt sich mit dem vorhandenen Material jedoch nur spekulieren.

Verletzungsauswirkungen auch auf den unverletzten Seiten?

Es ist bekannt, dass Nervenverletzungen auch die kontralateralen, unverletzten

Strukturen beeinflussen. Diese Effekte sind qualitativ gleich wie auf der ipsilateralen

Seite, jedoch gewöhnlicherweise von weit geringerem Ausmass (Koltzenburg M.,

1999). Ein Einfluß der Läsion auf die unverletzten Seiten konnte in unserer Arbeit nicht

festgestellt werden, da keine Vergleiche zur völlig unverletzten Situation angestellt

wurden. Die Tatsache, dass keine deutlichen Unterschiede zwischen den Befunden der

unverletzten Seiten bei sehr starkem Verletzungsausmaß des kontralateralen

Rückenmarks und denen der unverletzten Seiten bei geringem kontralateralem

Verletzungsausmaß festzustellen war, deutet allerdings darauf hin, dass die durch die

Läsion bedingten Veränderungen relativ gering sein dürften. Es gab darüber hinaus

keine signifikanten Unterschiede zwischen den unverletzten Seiten der verschiedenen

experimentellen Gruppen. .

Beobachtungen zur durchtrennten Hinterwurzel vervollständigen das Bild der komplexen Veränderungen im Segment C7

Verletzungen der durchtrennten Hinterwurzel werden zur Zeit noch nicht behandelt,

weil Interventionen zur Verbesserung der sensorischen Funktionen noch nicht ausgereift

sind (z.B. Ramer et al., 2000; Ramer et al., 2002; Romero et al., 2001; Fraher, 2002;

Donnerer, 2003). Bis heute ist nichts über das Schicksal der unbehandelten

rhizotomierten Hinterwurzelaxone in dem Modell der chirurgischen ventrolateralen

Replantation der Vorderwurzel bekannt. Veränderungen von Rückenmark und

Spinalganglien, die durch Rhizotomie stattfinden, wurden -mit wenigen Ausnahmen-

ohne die begleitende Verletzung der Vorderwurzeln beschrieben (z.B. Hinsey et al.,

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1937; Carlstedt, 1985; Carlstedt et al., 1991; Jenkins et al., 1993; Ni et al., 2001; Ma et

al., 2003; McGraw et al., 2005; Review Lieberman, 1971).

Die Untersuchungen des Spinalganglions, der darin befindlichen Neurone und ihrer

zentralen Fortsätze wurden sechs Monate nach Durchtrennung der Hinterwurzel

vorgenommen. Die Untersuchung der Transversalserienschnitte des Segements C7

zeigte bei allen Tieren eindeutig, dass die operative Durchtrennung der Hinterwurzeln

vollständig war und dass die Hinterwurzeln nach sechs Monaten in keinem Fall spontan

Anschluss an die Hinterwurzeleintrittszone gefunden hatten. Der Fibrinkleber, der zur

primären Fixation der ausgerissenen Vorderwurzel verwendet worden war, wurde im

Laufe der sechs Monate offensichtlich durch lockeres Bindegewebe ersetzt, wie es in

einem ähnlichen Modell nach der Fixation von Hinterwurzeln mit Fibrinkleber bereits

beschrieben ist (Iwaya et al., 1999). Die regenerierten Hinterwurzelstümpfe lagen

diesem Bindegewebe an, in einigen Fällen waren sie davon komplett eingehüllt. Dies

legt nahe, dass die durchtrennten Hinterwurzeln postoperativ möglicherweise in

direktem Kontakt mit dem Fibrinkleber standen und damit auch Zugang zu den

neurotrophen Faktoren hatten, die diesem Fibrinkleber beigemischt waren.

Rhizotomie führt zur Degeneration der zentralen und peripheren Anteile des zentralen

sensorischen Axonfortsatzes (Murray et al., 1990; Fraher J.P., 1999). Bei adulten Tieren

kommen sowohl bei motorischen als auch bei sensorischen Nervenwurzeln sogenannte

„central tissue projections“ vor (Fraher J.P., 1999; Carlstedt, 1997), die wahrscheinlich

das Korrelat der konischen Gewebsprotrusionen der vorliegenden Arbeit an der

Hinterwurzeleintrittszone sind. In diesen Protrusionen wurde das Vorhandensein

sudanschwarzgefärbter myelinisierter Axone beobachtet, die in Kontinuität mit dem

Rückenmark standen. Wie von Fraher (Fraher, 2002) angedeutet könnte es sich bei

diesen Fasern um Axone spinaler Neurone handeln, die eine Schleife in diesen

Protrusionen bilden. Allerdings legt die Beobachtung, dass diese Fasern relativ weit in

der Peripherie der Gewebevorsprünge hereinreichen, ohne sich wieder in Richtung

Rückenmark zu weden, nahe, dass es sich dabei um neu ausgewachsene Fortsätze

spinaler Neurone handeln könnte. Carlstedt et al. konnten in adulten Ratten das

Auswachsen von Fortsätzen aus Hinterhornneuronen durch Replantation der

Hinterwurzel induzieren (Carlstedt, 1985; Carlstedt et al., 1991). Sie zeigten außerdem,

dass die verletzungsinduziert aus den Rückenmarksneuronen in die Peripherie

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regenerierten Axone Anschluß an Pacini-Körperchen gewannen (Carlstedt, 1997).

Dagegen konnten die Autoren nach Quetschungsverletzung oder Ganglionektomie kein

Einwachsen von Fortsätzen spinaler Neurone in den zentralen Teil der

Hinterwurzelaxone beobachten (Carlstedt, 1985; Carlstedt et al., 1989; Carlstedt, 1997).

Sie schlugen als Grund für diese unterschiedlichen Beobachtungen vor, dass die

Replantation der Hinterwurzel eine Verletzung der zentralen Neurone und der weißen

Substanz verursachte, welche eine Sprossungsreaktion in Richtung des PNS-Gewebe

der replantierten Wurzel verursachte, wohingegen nach einer Verletzung durch eine

Quetschung oder eine Durchtrennung der Hinterwurzel die Rückenmarksneurone

unverletzt blieben und kein Einwachsen in die verletzte Wurzel induziert werden

konnte. Smith et al. (Smith et al., 1992) zeigten, dass in adulten Ratten ein relativ

kleines Trauma sowohl notwendig als auch ausreichend war, ein Einwachsen von

Fortsätzen von Rückenmarksneuronen in chronisch denervierte Hinterwurzeln zu

induzieren, sogar ohne zusätzlichen Schaden zentralen weißen Substanz an der

Hinterwurzeleintrittszone.

Die Rückenmarksläsion, die durch Verletzung und Replantation der Vorderwurzel im

vorliegenden Modell entstanden ist, kann durchaus eine Sprossungsreaktion der

intrinsischen Hinterhornneurone verursacht haben. Erstaunlich ist, dass diese Sprossung

offensichtlich in Richtung der ursprünglichen Hinterwurzeleintrittszone bzw. in

Richtung des zentralen Restes der durchtrennten Hinterwurzel stattgefunden hat, ohne

dass wachstumförderndes peripheres Nervengewebe die Sprossung befördert hätte. Ein

Vorhandensein von solchem Gewebe war, wie oben erwähnt, in anderen

Läsionsexperimenten als wichtige Voraussetzung für solch regenerative Prozesse

gefordert worden (Smith et al., 1992; Carlstedt, 1985; Carlstedt et al., 1988).

Fraher (Fraher J.P., 1999) wies darauf hin, dass eine Schwierigkeit in der Interpretation

axonaler Regeneration über die ZNS-PNS- Übergangszone der Hinterwurzel darin liegt,

dass zwischen den durchtrennten Hinterwurzeln und Nervenwurzeln benachbarter

Spinalnerven Anastomosen existieren. In den Serienschnitten des Rückenmarkssegment

C7 und benachbarter Segmente zeigte sich, dass auch im vorliegenden Modell solche

Axone offensichtlich vorhanden waren. Diese Axone zeigten in der

Markscheidenfärbung die gleiche Morphologie wie Hinterwurzelaxone distal der

Transitionszone auf den unverletzten Seiten. Damit unterschieden sich diese distal der

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Transitionszone befindlichen Axone deutlich von den direkt aus dem Rückenmark

ausgewachsenen Axone. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei der in der

vorliegenden Arbeit beschriebenen Sprossungsreaktion von Axonen direkt aus dem

Rückenmark nicht um solche präsexistenten anastomosierenden Axone handelt.

Reaktion der Spinalganglienneurone auf Axotomie des zentralen Fortsatzes ist minimal

Zahlreiche Studien in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Spinalganglienneurone

nach Durchtrennung ihres peripheren Fortsatzes mit Chromatolyse reagieren, ihre

elektrophysiologischen Eigenschaften verändern und regenerative Reaktionen wie die

gesteigerte Expression von cJun and GAP43 zeigen (Lieberman, 1971; Himes and

Tessler, 1989; Chong et al., 1994; Chong et al., 1996b; Vestergaard et al., 1997; Broude

et al., 1997; McKay et al., 2002; Ma et al., 2003). Diese kurzfristig anlaufende Reaktion

auf Genebene mündet schließlich in eine Regeneration des peripheren Fortsatzes

(Belyantseva and Lewin, 1999). Wird die Reinnervation des Zielgebiets nicht erreicht,

sterben die meisten Neurone (z.B. Karchewski et al., 2002). Im Gegensatz dazu zeigen

die meisten Studien, dass Spinalganglienneurone nach Durchtrennung ihres zentralen

Fortsatzes keine wesentlichen Reaktionen zeigen. Es finden weder Chromatolyse noch

gesteigerte cJun oder GAP-43-Expression statt. Letztere konnte nur in einer kleinen

Population verletzter Neurone gefunden werden (Broude et al., 1997; Zhang et al.,

2000; Wallquist et al., 2004). Eine signifikante neuronale Degeneration konnte selbst

nach längeren Beobachtungszeiträumen nicht beobachtet werden (Cragg, 1970;

Aldskogius and Kozlova, 2002). Eine Regeneration von zentralen Fortsätzen in die

Schwann-Zellumgebung des distalen Hinterwurzelanteils wurde zwar beobachtet, ist

aber offenbar sehr gering (Jenkins et al., 1993;Broude et al., 1997; Aldskogius and

Kozlova, 2002; Wallquist et al., 2004). Sowohl die Expression Regenerations-

assoziierter Proteine als auch die Regeneration des zentralen Fortsatzes kann durch das

Einbringen von wachstumsfördendem Material wie peripherem oder fetalen Nervengebe

gesteigert werden (Chong et al., 1996; Broude et al., 1997). Dies ist auch möglich durch

eine zusätzliche Verletzung des peripheren Nerven, wodurch die Reaktionsfreudigkeit

des Neurons gesteigert wird (Chong et al., 1999). Die Empfindlichkeit und die

Regenerationsfähigkeit sind außerdem bei verschiedenen Neurongrößen

unterschiedlich. Elektrophysiologische Veränderungen nach Rhizotomie waren nur in

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großen Neuronen zu beobachten (Ma et al., 2003), und die gesteigerte Expression von

cJun und des Adhäsionsmoleküls CHL1 (close homologue of L1) wurden nach

Hintwurzelverletzung und Einbringen von fetalem Gewebe nur in kleinen und

mittelgroßen Neuronen gezeigt (Broude et al., 1997; Zhang et al., 2000).

Mittlere und große sensorische Neurone, welche den spezifischen hochaffinen BDNF-

Rezeptor exprimieren, synthetisieren unter physiologischen Bedingungen keine großen

Mengen BDNF. Sie zeigen jedoch nach Verletzung eine deutliche Steigerung der

BDNF Synthese (Michael et al., 1999; Zhou, 1999). Dieser Eigenschaft wurde eine

autokrine Überlebensfunktion der offensichtlich vulnerablen großen sensorischen

Neurone zugeschrieben (Karchewski et al., 2002).

Im Material der vorliegenden Arbeit waren die Veränderungen sechs Monate nach

Durchtrennung der Hinterwurzel auf eine leichte strukturelle Störung der Faserstränge

und Neurongruppen innerhalb des Spinalganglions beschränkt. Die Morphologie der

Neurone erschien im Vergleich zur unverletzten Seite unverändert und die Neurondichte

innerhalb des Ganglions war nicht wesentlich verringert, was gegen eine drastische

Reduktion der Neuronanzahl spricht. Daher bestätigen die Ergebnisse dieser Arbeit

frühere Studien, indem gezeigt wird, dass die Rhizotomie auch in Kombination mit

Vorderwurzelausriss und -replantation in diesem Modell kein massives Absterben von

Neuronen im Spinalganglion verursacht. Die Histogramme zur Analyse der

Größenverteilungen der Neurone zeigen Populationen kleiner und mittelgroßer Neurone

(Zellkörperfläche bis 2500 µm2) und großer Neurone (Zellkörperfläche >2500 µm2) von

etwa 80% bzw. 20% auf den unverletzten Seiten. Interessanterweise zeigte sich eine

Tendenz zur Abnahme des relativen Anteils großer Neurone auf den verletzten Seiten,

was darauf hindeutet, dass diese Neuronpopulation empfindlicher gegenüber der

Verletzung seines zentralen Fortsatzes sein könnte, wie dies schon in früheren Studien

vermutet wurde (s.o.). Diese Beobachtung könnte auch Folge von Schrumpfung bzw.

degenerativen Prozessen als Langzeitfolgen der Verletzung sein. Hinzu kommt, dass in

unserem Modell die begleitende motorische Denervation Auswirkung auf

beispielsweise große propriozeptive Neurone des Spinalganglions haben könnte. Unsere

Beobachtungen werden durch jüngste Befunde unterstützt, die 30 und 60 Tage nach

dorsaler Rhizotomie einen spezifischen Verlust großer sensorischer Neurone zeigte

(Guseva and Chelyshev, 2006).

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Regenerierte Axone der Hinterwurzeln hatten in allen Fällen signifikant kleinere

Durchmesser als auf den unverletzten Seiten. Dies bestätigt frühere Beobachtungen,

dass regenerierte Axone im Vergleich kleinere Durchmesser haben (Morris et al.,

1972a; Morris et al., 1972b; Schroder, 1972). Die Messungen zur Dokumentation der

Größenverteilung der myelinisierten Axone innerhalb des Spinalganglion zeigten

deutlich mehr kleinere Axone auf den verletzten Seiten als auf den unverletzten Seiten.

Dies war besonders deutlich in der Kontroll- und der CNTF-Gruppe. Die Axone, die

innerhalb des Spinalganglions analysiert wurden, repräsentieren natürlich eine

gemischte Population von peripheren und zentralen Fortsätzen der sensorischen

Neurone. Lekan et al. (Lekan et al., 1997) zeigten, dass Spinalnervenverletzungen eine

Sprossung der zentralen Fortsätze der überlebenden sensorischen Neurone induziert,

was sich dann im Einwachsen zahlreicher Axone mit kleinem Durchmesser in die

Hinterwurzel spiegelt. Intra-ganglionäre Sprossung von regenerierten zentralen und

peripheren Fortsätzen als Ursache der Erhöhung des Verhältnis sehr kleiner Axone im

vorliegenden Experiment erscheint unwahrscheinlich, da sich Neurondichte und

Axondichte zwischen verletzten und unverletzten Seiten in den verschiedenen Gruppen

nicht unterschieden. Es erscheint daher wahrscheinlicher, dass es sich bei den kleinen

myelinisierten Axone um regenerierte zentrale Fortsätze handelt, die kleinere

Durchmesser als die unverletzten haben. Eine notwendige Voraussetzung für diese

Argumentation wäre, dass die Rhizotomie zu einer retrograden Degeneration bis auf

Höhe des Zellkörpers führen würde.

Die Analyse der Veränderungen innerhalb des Spinalganglions bei den verschiedenen

Versuchsgruppen ergab einige unerwartete und interessante Beobachtungen, die zum

jetzigen Zeitpunkt schwierig zu interpretieren sind: Zum einen war die Abnahme des

relativen Verhältnisses großer Neurone in der CNTF+BDNF-Gruppe nicht zu

beobachten. Auch die Veränderung des relativen Anteils der kleinsten Axone war in der

BDNF und in der CNTF+BDNF-Gruppe nicht zu finden. In Anbetracht des engen

Kontakts der durchtrennten Hinterwurzeln mit der Replantationsstelle und damit auch

mit dem faktorenhaltigen Fibrinkleber erscheint es möglich anzunehmen, dass die

verletzten Neurone Kontakt zu den neurotrophen Faktoren hatten. Dies könnte die

Reduktion der Schrumpfung bzw. des Zelltods großer Neurone und des Ausmaßes der

Degeneration der zentralen Fortsätze zur Folge gehabt haben. Diese Hypothesen sind

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natürlich hochspekultativ und müssten in weiteren Experimenten, die für diese

Fragestellung konzipiert wurden, bewiesen werden.

Wege der regenerierten Hinterwurzelaxone zeigen möglicherweise Einfluss auf die regenerierende Vorderwurzel

In der vorliegenden Arbeit konnte das Vorhandensein zahlreicher zentraler Fortsätze der

verletzten Spinalganglienneurone in allen Versuchstieren gezeigt werden. Diese Axone

waren gut myelinisiert und sie bildeten einzelne Bündel. Eine Hülle, die der Hülle der

unverletzten Seite glich, schied die regenerierten Hinterwurzeln ein und grenzte deren

Ausläufer nach dorsal ab. Innerhalb der Hülle erreichten die zentralen Axone

beträchtliche Längen. Alle Fortsätze endeten blind, ohne Anschluß an das Rückenmark

zu erlangen. Frühere Studien haben gezeigt, dass auch wenn die Regenerationskapazität

zentraler Fortsätze im Vergleich mit den peripheren Fortsätzen eingeschränkt ist

(Aldskogius and Kozlova, 2002), eine beträchtliche Regeneration stattfinden kann,

wenn die zentralen Fortsätze mit peripheren Nerveninterponaten verbunden oder mit

Neurotrophen Faktoren versorgt werden. Dies kann auch mit einer sog.

präkonditionierenden Verletzung des peripheren Fortsatzes erreicht werden (Chong et

al., 1999). Im vorliegenden Modell hat die motorische Denervation sicherlich zu

veränderter afferenter Aktivität geführt- z.B. in propriozeptiven Neuronen- was dann

eine regenerative Aktivität zur Folge gehabt haben könnte. Überraschendes Ergebnis

dieser Untersuchungen war, dass einige der regenerierten Hinterwurzelaxone in

Richtung der nahen replantierten Vorderwurzel gewachsen sind. Da dieses Verhalten

der Hinterwurzelaxone in allen Gruppen beobachtet wurde, erscheint es nicht

wahrscheinlich, dass die Anwesenheit der zusätzlich in den Fibrinkleber gemischten

Faktoren Ursache dafür ist. Dieses Phänomen war allerdings ausgeprägter in denjenigen

Tieren zu sehen, die ein großes Zerstörungsausmaß des Rückenmarks zeigten.

Umgekehrt war in wenig zerstörtem Rückenmark kaum ein Wachstum der

Hinterwurzelaxone in Richtung Vorderwurzel zu beobachten. Eine mögliche Erklärung

könnte folgendermaßen aussehen: Die Durchblutung der Wurzelscheiden und des

Rückenmarks kommen möglicherweise aus der dem gleichen Gefäß. Unterschiede der

Durchblutung und der daraus resultierenden allgemeinen Verletzungsantwort könnten

dann sowohl die Rückenmarksschädigung den Einschluss des Hinterwurzelstumpfes in

die extraspinale Narbe, als auch die Auflösung der Wurzelscheiden verursachen.

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Keines der Axone, die vom Hinterwurzelstumpf nach medial gewachsen waren, zeigte

eine Verbindung zum Rückenmark. Es hatte jedoch den Anschein, dass einige

regenerierte zentrale Fortsätze in die Peripherie Richtung Spinalnerven zeigten.

Somit ergibt die voliegende Arbeit keine Hinweise darauf, dass regenerierende

Hinterwurzelaxone in der Lage sind, entlang der replantierten Vorderwurzeln in das

Rückenmark einzuwachsen, wie früher vorgeschlagen wurde (Carlstedt, 2000). Sie

scheinen jedoch möglicherweise in der Lage zu sein, in die replantierten Vorderwurzeln

über Lücken der einhüllenden Scheiden einzuwachsen. Damit könnten sie die

„conduits“ aus Schwann-Zellen, die als Leitschiene für die Vorderwurzelaxone dienen

sollen, besetzen, und statt der Vorderwurzelaxone nach distal wachsen. Letztendlich

besteht dann die Gefahr, dass damit eine qualitativ und quantitativ hochwertige

Regeneration der Vorderwurzelaxone zusätzlich erschwert wird.

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Zusammenfassung Als Therapieversuch bei Plexusläsionen wird die Replantation ausgerissener

Vorderwurzelfasern durchgeführt. Voraussetzung für die erfolgreiche Regeneration von

Motoneuronaxonen sind 1. Überleben einer ausreichenden Anzahl von Motoneuronen 2.

erfolgreiche Wiederherstellung der Kontuität ausgerissener Axone mit dem

Rückenmark und 3. funktionelle Hochwertigkeit regenerierter Axone. Neurotrophe

Faktoren können Überleben und Regenerationsfähigkeit von Motoneuronen fördern.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die Analyse des Einflusses von CNTF und

BDNF auf die Regeneration von Motoneuronaxonen nach Ausriss und Replantation im

Segment C7 nach einer Überlebenszeit von 3 Wochen bzw. 6 Monaten. Vervollständigt

wurden diese Untersuchungen durch detaillierte morphologische Analysen von

Spinalganglien, durchtrennter Hinterwurzel und verletztem Hinterhorn.

In verschiedenen Gruppen von adulten Kaninchen wurden CNTF, BDNF, oder beide

Faktoren auf die ventrolaterale Replantationsstelle appliziert, Kontrollen wurden ohne

Faktor belassen (n≥5). Die Überlebenszeit der Versuchstiere lag bei 3 Wochen (n=3

Kontrollen) und 6 Monaten (n=27). Aus dem perfundiertem Gewebe wurden

Semidünnschnitte durch Vorderwurzel/Spinalganglien und Kryostatserienschnitte durch

das Segment C7 angefertigt. DiI-Fluoreszenztracing, Markscheidenfärbung, eine

modifizierte Klüver-Barrera-Färbung der Kryostatschnitte sowie eine

Touloidinblaufärbung der Semidünnschnitte ermöglichte die morphologische und

morphometrische Analyse des Gewebes.

Die Anzahl der überlebenden Motoneurone lag nach sechs Monaten bei allen

Versuchsgruppen bei etwa 30%. Fluoreszenz-Tracing und Markscheidenfärbungen von

Serienschnitten zeigten, dass Axone sowohl über die ursprünglichen ventralen

Austrittstellen als auch über die ventrolaterale Replantationsstelle das Rückenmark

verließen und im Bereich des Spinalganglions eine kompakte Vorderwurzel bildeten.

Ventral austretende Axone zeigten signifikant größere Durchmesser als lateral

austretende. Ausmaß und Art der Regeneration waren interindividuell unterschiedlich,

die besten Ergebnisse zeigte die Replantation nah am ursprünglichen Austrittsort der

Vorderwurzel. Unterschiede zwischen den Gruppen waren nicht deutlich. In

Semidünnschnitten durch die regenerierte Vorderwurzel fanden sich nach drei Wochen

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kaum intakte, myelinisierte Axone, nach sechs Monaten war die Zahl der Axone auf

etwa 45% der Zahl der gesunden Seite angestiegen. Regenerierte Axone waren dünn,

typische Motoneuronaxone stellten nur einen kleinen Teil der regenerierten Axone.

Gruppenunterschiede fanden sich im Axon-Myelinverhältnis, das bei Kontrollen der

replantierten Seiten signifikant erniedrigt war. Diese Erniedrigung war noch vorhanden,

jedoch nicht mehr signifikant bei Tieren, die mit CNTF- und BDNF-behandelt wurden.

Die replantierten Vorderwurzeln der CNTF+BDNF-Gruppe zeigte überwiegend eine

signifikant bessere Myelinisierung als die replantierten Kontrollen.

An der früheren Hinterwurzeleintrittszone am Rückenmark wurden in Tieren mit

geringem Verletzungsausmaß kleine ZNS-Gewebsprotrusionen beobachtet, in denen

sich myelinisierte Axone befanden. Diese Axone zeigten eine Wachstumsrichtung in die

Peripherie, was auf eine Sprossung der sensorischen Rückenmarksneurone schließen

lässt. Innerhalb des Spinalganglions waren Neuron- und Axondichte auf den verletzten

Seiten nicht wesentlich verändert. Eine leichte Abnahme des relativen Anteils großer

Neurone und Axone wurde in den verletzten Seiten der Kontrollgruppe beobachtet. Für

Axone war diese Abnahme statistisch signifikant. Im Gegensatz dazu war dies in

Tieren, die mit neurotrophen Faktoren behandelt wurden, nicht zu beobachten. Bei allen

Tieren zeigte sich ein beträchtliches Auswachsen von Hinterwurzelaxonen aus dem

Spinalganglion. Diese Axone fanden keine spontane Verbindung mit dem proximalen

Rest der Wurzel, sondern waren durch Bindegewebe eingehüllt. Bei etwa der Hälfte der

Tiere zeigte sich, dass einer Untergruppe dieser Axone in Richtung des Narbengewebes

der replantierten Vorderwurzel gewachsen war und über Defekte in der

Bindegewebshülle teilweise sogar in die Vorderwurzel einwuchsen.

Ein möglicher Einfluss der applizierten neurotrophen Faktoren auf das quantitative

Regenerationsergebnis scheint also in diesem Modell gering zu sein. Auf eine

qualitative Verbesserung deutet die Normalisierung des Axon-Myelinverhältnisses

großer regenerierter Axone bei Kombinationsbehandlung hin. Die im vorliegenden

Modell beträchtliche Regenerationskapazität der Hinterwurzel scheint bisher

unterschätzt worden zu sein. Das unerwartete Einwachsen von Hinterwurzelaxonen in

die Vorderwurzel könnte mit einer funktionellen Beeinträchtigung der regenerierten

Vorderwurzel verbunden sein.

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Danksagung Diese Seite meiner Dissertation ist denen gewidmet, denen ich zu großem Dank für das Gelingen meiner Arbeit in den letzten vier Jahren verpflichtet bin: Allen voran danke ich Frau Professorin Dr. Esther Asan für ihren unermüdlichen Einsatz für mich und meine Arbeit, ihre engagierte Betreuung und für die vielen Stunden, die sie meiner Arbeit gewidmet hat. Weiter danke ich ihr, dass sie mir ermöglicht hat, die Daten dieser Arbeit zu veröffentlichen und in Form von Postern bzw. Vorträgen auf Kongressen zu präsentieren. Einen herzlichen Dank dafür, dass sie auch für Anliegen außerhalb meiner Dissertation offene Ohren hatte und für mich damit auch mehr geworden ist, als meine wissenschaftliche Lehrerin. Nicht zuletzt gilt mein Dank an Sie auch dafür, dass ich als ihr „Assistent“ in den Kursen der Anatomie viel von ihr lernen konnte. Herrn Professor Dr. Detlev Drenckhahn danke ich für die Überlassung des Themas meiner Dissertation an seinem Institut und für die freundliche und interessierte Unterstützung meiner Arbeit. Frau Dr. Eva Lang bin ich zu großem Dank verpflichtet, da ihre experimentellen Arbeiten zu ihrer Habilitation im Fach für Plastische- und Handchirurgie die Voraussetzung für die Entstehung dieser Dissertation auf diesem interessanten Gebiet war. Sie ermöglichte mir eine Famulatur in ihrer Abteilung und durch ihre Kontakte zu Prof. Carlstedt eine Famulatur an der Einheit für periphere Nervenchirurgie in London. Dadurch konnte ich sehen wie die wissenschaftliche Theorie dieser Arbeit in der klinischen Umsetzung lebendig wurde, was für mich die wichtigste Motivationsquelle in den letzten vier Jahren war. In vielen interessanten und freundschaftlichen Gesprächen war Eva Lang ein entscheidender Motor, der das Gelingen der Arbeit ermöglichte. Rita Herrmann, Karin Reinfurt-Gehm und Sieglinde Schenk gilt mein besonderer Dank. Sie haben mich in sehr netter Atmosphäre mit den notwendigen Techniken im Labor vertraut gemacht. Durch ihre große Hilfe beim Anfertigen und Färben der immensen Anzahl an Gewebeschnitten für diese Arbeit gaben sie mir die Möglichkeit den Anforderungen in meinem Medizinstudium auch während der Dissertation gerecht zu werden. Allen Mitarbeitern des Anatomischen Instituts danke ich für die freundliche und immer hilfsbereite Arbeitsatmosphäre. Meinen Eltern Elisabeth und Volker danke ich dafür, dass sie mir dieses Studium ermöglicht haben und mir durch ihre Unterstützung die Möglichkeit gaben, viele Herausforderungen der vergangenen Jahre zu bewältigen.

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Lebenslauf

Persönliche Daten

Name Schlegel

Vorname Nicolas

Familienstand ledig

Geburtsdatum/ort 23.01.1979; Lörrach

Anschrift: Wagnerstraße 12; 97080 Würzburg

Schulbildung

1985-1989 Erich-Kästner Grundschule Donaueschingen

1989-1998 Fürstenberg Gymnasium Donaueschingen; Abitur

Zivildienst

1998-1999 Ambulante Alten- und Krankenpflege in der Caritas Sozialstation St. Elisabeth in Donaueschingen

Hochschulbildung

2000 -2006 Studium der Humanmedizin an der Bayerischen Julius-Maximilian Universität Würzburg

2002 Juli/August Famulatur im Fach Allgemein- und Viszeralchirurgie im Krankenhaus Villingen

2002 September/Oktober Famulatur im Fach Plastische- und Handchirurgie am Universitätsklinkum Freiburg

2003 März Erster Abschnitt der ärztlichen Prüfung

2004 Januar Dritter Preis in der Kategorie „Vorträge” am Promomed-Kongress in Würzburg

2004 Juli/August Famulatur im Fach Anästhesie und Intensivmedizin im Juliusspital Würzburg

2004 September/Oktober Praxisfamulatur im Fach Allgemeinmedizin/Innere Medizin in Donaueschingen

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2005 März Teilnahme am 1. Münchner Operationskurs für Mikrochirurgie unter der Leitung von Prof. Dr. Stock

2005 April Famulatur am Royal National Orthopedic Hospital London-Stanmore in der Abteilung für periphere Nervenchirurgie

2005 September Zweiter Abschnitt der ärztlichen Prüfung

2005/2006 Praktisches Jahr 1. Tertial: Innere Medizin (Missionsärztliche Klinik

Würzburg) 2. Tertial: Chirurgie (Zentrum operative Medizin des

Universitätsklinikums Würzburg) 3. Tertial: Anästhesie (Anästhesiologische Klinik und

Poliklinik der Universität Würzburg) Oktober 2006 Dritter Abschnitt der ärztlichen Prüfung;

Approbation zum Arzt Oktober 2006 Einreichung der Dissertation zum Thema „Reaktive

Veränderungen von Rückenmark und Nervenwurzeln nach dorsaler Rhizotomie sowie Ausriss und Replantation der Vorderwurzel im Segment C7 mit Applikation neurotropher Faktoren CNTF und BDNF“

Berufliche Tätigkeit seit Oktober 2006 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Anatomie und

Zellbiologie der Universität Würzburg

Sonstige Tätigkeiten

1999-2000 Ausbildung zum Rettungssanitäter an der Landesschule für Rettungsdienst in Bad Dürrheim

2000-2002 Anstellung als Pflegekraft im Juliusspital Würzburg

2002 Studentischer Tutor am Institut für Physiologie Würzburg

2002- 2004 Leiter und Kassenwart der Seg-Med e.G. Hochschulgruppe Würzburg

2003-2006 Studentischer Tutor in Histologie und Makroskopischer Anatomie am Institut für Anatomie und Zellbiologie Würzburg

Würzburg, im Oktober 2006 Nicolas Schlegel