AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER Erschöpft, aber ... · chilenischen Gruppe Inti Illimani...

16
AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 antifa 1 Erschöpft, aber glücklich Infostand beim Evangelischen Kirchentag in Bremen Ob sich Leute ansprechen las- sen, die hauptsächlich zur reli- giösen Inspiration zum Evangeli- schen Kirchentag nach Bremen gekommen sind? Darum ging es: Drei Tage lang auf Men- schen zugehen, sie ansprechen, mit ihnen diskutieren, sie über- zeugen und sie für unseren Kampf um ein Verbot der Nazi- partei NPD gewinnen. »Darf ich Sie kurz ansprechen?« »Wir sammeln Gründe für ein Ver- bot der NPD!« »Haben Sie zuhau- se schon ein Kamel oder ein Alien?« »Nennen Sie mir Ihren Grund für ein Verbot der NPD!« So oder ähnlich haben wir die an uns vorbei flutenden, spätestens ab dem dritten Tag auch sichtlich ge- stressten Menschen auf unseren Stand aufmerksam gemacht. Nur wenige reagierten unwirsch, viele interessiert. Selten war unser Stand leer, oft aber hatten sich Trauben gebildet, insbesondere wenn eine der zahlreichen Jugendgruppen vorbei kam. Und dann konnte es losgehen mit unseren Fragen, aber auch zuhören war angesagt. Die meisten Argumente, die wir zu zerstreuen hatten, waren, dass, wenn die NPD verboten würde, die Nazis dann im un- kontrollierbaren Untergrund weitermachen würden. Einige unsere Antworten: Die SPD-In- nenminister haben mit ihrer kürzlich vorgelegten Dokumen- tation das Gegenteil bewiesen. Dann hätte man sie längst wegen Bildung einer kriminellen Verei- nigung verboten und bestraft, so aber sind sie durch das Parteien- privileg geschützt. dass die Ideologie mit dem Ver- bot doch nicht aus Köpfen ver- schwunden sei. Einige unsere Antworten: Stimmt! Den Sumpf muss man trockenlegen durch umfassende Information über die Verbrechen der Nazis und der Ideologie, die bis heute da- hinter steckt. Den jungen Men- schen müssen durch bessere Bil- dung und Ausbildung echte Per- spektiven geboten werden. Das Sozialstaatsgebot des Grundge- setzes darf nicht zur hohlen Phrase verkommen. dass sie sich sofort wieder neu organisieren würden oder sich anderen bestehenden faschisti- schen Organisationen anschlie- ßen würden. Einige unsere Ant- worten: Kann sein. Aber, sie be- kämen nicht gleich wieder Steu- ergelder in Millionenhöhe. dass den Nazis auch das Grund- recht der Meinungsfreiheit zu- gestanden werden müsse. Eini- ge unsere Antworten: Faschis- mus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Genau die, de- nen Meinungsfreiheit zugestan- den werden soll, werden sie als Erstes abschaffen. Zugegeben, nicht alles ist einem immer gleich eingefallen, obwohl jeder von uns alle diese Argumen- te schon mal gehört hatte und sich damit auseinandergesetzt hatte. Das Problem bestand u. a. darin: Wie sage ich es der 85 Jahre alten Frau? und: Wie sage ich es dem 15- jährigen Punk? Die alte Dame schrieb schließ- lich: »Ich will das für meine Enkel nicht mehr haben!« und der Punk: »Die muss man verbieten, weil sie andere Lebensweisen nicht akzep- tieren.« »Schweigen ist Blech, Reden ist Gold« – nur damit kann der Erfolg, den wir hatten, erklärt werden, denn mehr als 500 ausgefüllte Zet- tel bekamen wir in diesen Tagen. Am Samstagabend nach dem Auf- räumen waren wir alle stehend k.o., aber glücklich! Heinz Siefritz nonpd: Mehr als die Hälfte ist geschafft Schon 3 000 Stellungnahmen Vorfristig hat die Kampagne »nonpd« ihr Etappenziel er- reicht. Mitte Juni waren mehr als die Hälfte der geplanten 5.000 Stellungnahmen einge- gangen. Anders als bei anderen Projek- ten oder auch noch bei unserer Kampagne im Jahr 2007 exi- stieren sie nicht nur als ab- strakte Zahl, die sich am Ende in einem Papierberg materiali- siert, sondern sie werden be- reits im Laufe des Prozesses individuell dargestellt. Sie sind bereits jetzt veröffentlicht und jedem Interessierten auf unse- rer virtuellen »Anti-NPD-Land- karte« www.npd-verbot-jetzt.de zugänglich. Die Landkreise auf der Karte färben sich je nach Anzahl ver- öffentlichter Stellungnahmen ein und zwar relativ bezogen auf die Bevölkerungszahl. So kommt es, dass in Berlin zwar die meisten Stellungnahmen zu lesen sind, aber Rostock, Schwerin, Nordvorpommern, Frankfurt/Oder, Prignitz und Suhl die Zielfarbe »lila« erreicht haben. Diese erfolgreichsten Kreise liegen allesamt in den neuen Bundesländern. »Weiß«, also ohne jede Stellungnahme, sind nur noch wenige Landkrei- se. Die Flächenländer Mecklen- burg-Vorpommern, Branden- burg, Sachsen, Schleswig-Hol- stein, NRW und Hessen haben es gemeistert, auch an ihren Schwachpunkten Menschen zu erreichen, was sich an einer vollständigen Einfärbung se- hen lässt. Freunde von Statisti- ken können auf der Homepage die jeweils aktuellen Zahlen al- ler Landkreise einsehen. Außer diesen quantitativen Aspekten sind die qualitativen wenigstens anzudeuten. Es ist deutlich, dass wir alle Alters- stufen erreichen, eine Vielzahl von Berufen, Frauen und Män- ner, Mitglieder vieler verschie- dener Organisationen, überwie- gend aber solche, die keine Mit- gliedschaften angegeben ha- ben. Thomas Willms Andrang am VVN-Stand auf dem Kirchentag. Bild: Raimund Gaebelein sind V-Leute da, wem nutzen und wem schaden sie? Mit einer neuen Postkartenakti- on informiert die VVN-BdA über die Informanten der Ämter für Verfassungsschutz. Weitere In- formationen auf Seite 2. Wozu

Transcript of AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER Erschöpft, aber ... · chilenischen Gruppe Inti Illimani...

  • AUS DEM VERBAND

    VOM RHEIN BIS ZUR ODER

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 1

    EErrsscchhööppfftt,, aabbeerr ggllüücckklliicchhInfostand beim Evangelischen Kirchentag in BremenOb sich Leute ansprechen las-sen, die hauptsächlich zur reli-giösen Inspiration zum Evangeli-schen Kirchentag nach Bremengekommen sind? Darum ginges: Drei Tage lang auf Men-schen zugehen, sie ansprechen,mit ihnen diskutieren, sie über-zeugen und sie für unserenKampf um ein Verbot der Nazi-partei NPD gewinnen.

    »Darf ich Sie kurz ansprechen?«»Wir sammeln Gründe für ein Ver-bot der NPD!« »Haben Sie zuhau-se schon ein Kamel oder einAlien?« »Nennen Sie mir IhrenGrund für ein Verbot der NPD!« Sooder ähnlich haben wir die an unsvorbei flutenden, spätestens abdem dritten Tag auch sichtlich ge-stressten Menschen auf unserenStand aufmerksam gemacht. Nurwenige reagierten unwirsch, vieleinteressiert. Selten war unser Standleer, oft aber hatten sich Traubengebildet, insbesondere wenn eineder zahlreichen Jugendgruppenvorbei kam. Und dann konnte eslosgehen mit unseren Fragen, aberauch zuhören war angesagt.

    Die meisten Argumente, die wirzu zerstreuen hatten, waren,

    dass, wenn die NPD verbotenwürde, die Nazis dann im un-kontrollierbaren Untergrundweitermachen würden. Einigeunsere Antworten: Die SPD-In-nenminister haben mit ihrerkürzlich vorgelegten Dokumen-tation das Gegenteil bewiesen.Dann hätte man sie längst wegen

    Bildung einer kriminellen Verei-nigung verboten und bestraft, soaber sind sie durch das Parteien-privileg geschützt.dass die Ideologie mit dem Ver-bot doch nicht aus Köpfen ver-schwunden sei. Einige unsereAntworten: Stimmt! Den Sumpfmuss man trockenlegen durchumfassende Information überdie Verbrechen der Nazis undder Ideologie, die bis heute da-hinter steckt. Den jungen Men-schen müssen durch bessere Bil-dung und Ausbildung echte Per-spektiven geboten werden. DasSozialstaatsgebot des Grundge-setzes darf nicht zur hohlenPhrase verkommen.dass sie sich sofort wieder neu

    organisieren würden oder sichanderen bestehenden faschisti-schen Organisationen anschlie-ßen würden. Einige unsere Ant-worten: Kann sein. Aber, sie be-kämen nicht gleich wieder Steu-ergelder in Millionenhöhe.dass den Nazis auch das Grund-recht der Meinungsfreiheit zu-gestanden werden müsse. Eini-ge unsere Antworten: Faschis-mus ist keine Meinung, sondernein Verbrechen! Genau die, de-nen Meinungsfreiheit zugestan-den werden soll, werden sie alsErstes abschaffen.Zugegeben, nicht alles ist einem

    immer gleich eingefallen, obwohljeder von uns alle diese Argumen-te schon mal gehört hatte und sichdamit auseinandergesetzt hatte.Das Problem bestand u.a. darin:Wie sage ich es der 85 Jahre altenFrau? und: Wie sage ich es dem 15-jährigen Punk?

    Die alte Dame schrieb schließ-lich: »Ich will das für meine Enkelnicht mehr haben!« und der Punk:»Die muss man verbieten, weil sieandere Lebensweisen nicht akzep-tieren.«

    »Schweigen ist Blech, Reden istGold« – nur damit kann der Erfolg,den wir hatten, erklärt werden,denn mehr als 500 ausgefüllte Zet-tel bekamen wir in diesen Tagen.Am Samstagabend nach dem Auf-räumen waren wir alle stehend k.o.,aber glücklich! Heinz Siefritz

    nonpd: Mehr als die Hälfte ist geschafft

    Schon 3000 Stellungnahmen

    Vorfristig hat die Kampagne»nonpd« ihr Etappenziel er-reicht. Mitte Juni waren mehrals die Hälfte der geplanten5.000 Stellungnahmen einge-gangen.

    Anders als bei anderen Projek-ten oder auch noch bei unsererKampagne im Jahr 2007 exi-stieren sie nicht nur als ab-strakte Zahl, die sich am Endein einem Papierberg materiali-siert, sondern sie werden be-reits im Laufe des Prozessesindividuell dargestellt. Sie sindbereits jetzt veröffentlicht undjedem Interessierten auf unse-rer virtuellen »Anti-NPD-Land-karte« www.npd-verbot-jetzt.dezugänglich.

    Die Landkreise auf der Kartefärben sich je nach Anzahl ver-öffentlichter Stellungnahmenein und zwar relativ bezogenauf die Bevölkerungszahl. Sokommt es, dass in Berlin zwardie meisten Stellungnahmenzu lesen sind, aber Rostock,Schwerin, Nordvorpommern,Frankfurt/Oder, Prignitz undSuhl die Zielfarbe »lila« erreichthaben. Diese erfolgreichstenKreise liegen allesamt in denneuen Bundesländern. »Weiß«,also ohne jede Stellungnahme,sind nur noch wenige Landkrei-se. Die Flächenländer Mecklen-burg-Vorpommern, Branden-burg, Sachsen, Schleswig-Hol-stein, NRW und Hessen habenes gemeistert, auch an ihrenSchwachpunkten Menschen zuerreichen, was sich an einervollständigen Einfärbung se-hen lässt. Freunde von Statisti-ken können auf der Homepagedie jeweils aktuellen Zahlen al-ler Landkreise einsehen.

    Außer diesen quantitativenAspekten sind die qualitativenwenigstens anzudeuten. Es istdeutlich, dass wir alle Alters-stufen erreichen, eine Vielzahlvon Berufen, Frauen und Män-ner, Mitglieder vieler verschie-dener Organisationen, überwie-gend aber solche,die keine Mit-gliedschaften angegeben ha-ben. Thomas Willms

    Andrang am VVN-Stand auf dem Kirchentag. Bild: Raimund Gaebelein

    sind V-Leute da, wemnutzen und wem schaden sie?Mit einer neuen Postkartenakti-on informiert die VVN-BdA überdie Informanten der Ämter fürVerfassungsschutz. Weitere In-formationen auf Seite 2.

    WWoozzuu

  • AUS DEM VERBAND

    VOM RHEIN BIS ZUR ODER

    BEILAGE · JULI/AUGUST 20092 antifa

    Dass die großen Traditionen an-tifaschistischen Widerstandesder Arbeiterbewegung lebendi-ger denn je sind, dass antifa-schistische Arbeit gerade heutegenerationsübergreifend in denMittelpunkt gehört, bestätigtesich auf dem 16. Volksfest derDKP, dem UZ-Pressefest, auf an-schauliche Weise.

    Der zentral gelegene Informations-stand der VVN-BdA war drei Tagelang von Interessierten belagert.Die Fortsetzung der Kampagnenonpd stieß auf breite Zustim-mung. 250 Nazigegner gaben bisSonntagnachmittag ihre Stellung-nahmen für ein Verbot der NPD ab.Zahllose Gäste hatten bereits ihreMeinungsäußerung abgegebenund sind in der Kampagne bereitsselbst aktiv. Andere bemerktenaber auch: ich hab’ doch schon un-terschrieben, und bedurften derAufklärung, dass der Unterschriftnun die »Stimme« folgen möge.

    Die Plakate, Aufkleber, Postkar-ten zur Kampagne fanden reißen-den Absatz. Auf große Zustim-mung stieß die neue Postkartense-rie gegen die vom Staat finanzier-ten Nazis (»V-Leute«).

    Die Aktion »Keine Nazis undandere Rassisten in die Parlamen-te!« war der Beitrag der VVN-BdANRW mit dem Blick auf die anste-henden Wahlen. Dazu wurden

    Traktate und Plakate ausgegeben.In den zahlreichen Diskussions-runden waren die Vertreterinnenund Vertreter der VVN-BdA ge-fragte Partner. Viele Teilnehmerdes Festes verließen Dortmund miteinem dicken Materialpaket undvielen neuen Argumenten für denKampf gegen die Neonazis.

    Die Höhepunkte des Kulturpro-gramms mit der traditionsreichenchilenischen Gruppe Inti Illimaniund dem Auftritt von KonstantinWecker, der mit Esther Bejaranodas »Moorsoldatenlied« präsen-tierte, waren geprägt von antifa-schistischem Engagement. Dasskulturell eine Brücke zu einer neu-en Generation geschlagen ist, stell-

    te Esther Bejarano mit der Micro-phone Mafia unter Beweis. Vieleweitere Beiträge waren von Mit-gliedern und Freunden der VVN-BdA mitgetragen.

    Der Gedanke antifaschistischerArbeit ist in den Köpfen vieler ei-ner neuen Generation angekom-men. Die VVN-BdA ist kein »Ve-teranenverein«! Das stimmte diemehr als 30 Helferinnen und Hel-fer am Stand der VVN-BdA opti-mistisch. Für alle Beteiligten wares nicht nur die Bestätigung, etwassinnvolles gemacht zu haben. Eswar auch ein großes Erlebnis. Dienicht da waren, haben etwas ver-passt. Herzlichen Dank allen, diemitmachten. Jürgen Schuh

    »»AAnnttiiffaasscchhiissmmuuss iisstt eeiinn uunnvveerrbbrraauucchhtteerr GGeeddaannkkee!!««VVN mit nonpd-Kampagne auf dem UZ-Pressefest in Dortmund

    Stellungnahmen wurden auch auf dem UZ-Fest gesammelt. Bild: Meimberg

    Berlin, 13. September, Unter den Linden/Bebelplatz, 13 bis 18 Uhr: TTVVVVNN--BBddAA llääddtt zzuumm »»TTaagg ddeerr EErriinnnneerruunngg uunndd MMaahhnnuunngg««

    Unsere Kampagne »nonpd –NPD-Verbot jetzt!« richtet sichgegen Neonazis und nicht ge-gen »den« Verfassungsschutz.Da die Ämter durch das Führenvon V-Leuten in den NPD-Leitun-gen laut Bundesverfassungsge-richt ein »Verfahrenshindernis«herstellen, ist es unvermeidlich,sich mit ihnen zu beschäftigen.Das ist Ziel der VVN-Postkarten.

    Es hat sich gezeigt, dass eine Rei-he ernster Missverständnissestark verbreitet sind. So ist weit-hin unbekannt, dass es »das« Amtfür Verfassungsschutz überhauptnicht gibt, sondern hiervon ganze17 nebeneinander her arbeiten:Eines im Bund, je eines pro Bun-desland. Das zweite betrifft denCharakter der »V-Leute«, bei de-nen es sich ausnahmslos um ge-kaufte »Milieu-Personen« handeltund nicht etwa um Angestellte derBehörden. Drittens kann man voneinem »V-Leute-System« spre-chen, bei dem die Beteiligten sym-biotische Verhältnisse eingehen.Der V-Mann-Führer braucht den V-Mann und zwar als einen »erfolg-reichen« Neonazi, da nur solcheinteressante Informationen brin-gen können. Umgekehrt profitiertder Informant selbstverständlichvon seiner Rolle, mindestens in fi-nanzieller Hinsicht. So finanzierendie öffentlichen Haushalte nichtnur direkt NPD-Abgeordnete undihre Stäbe, sondern auch einSchattenheer von als V-Leute täti-gen Neonazis.

    All dies hat die Bundesvereini-gung der VVN-BdA zur Herausgabeeiner vierteiligen Postkartenserieveranlasst. Die Karten arbeitenmit dem Mittel der Frage, um Pro-blembewusstsein zu erzeugen.»Wem nützen V-Leute?« heißt esbeispielsweise. Der Hinweis, manmöge doch bitte im Bundesinnen-ministerium anrufen und die Ant-wort einfordern, weißt darauf hin,dass wir niemanden denunzierenwollen, sondern mehr Offenheitund Demokratie in bezug auf dieGeheimdienste fordern. Unsereeigene Antwort findet sich jeweilskurz und knapp auf der Rückseite.Die Postkarten vertreibt das Bun-desbüro. Thomas Willms

    »V-Leute sind Faschisten mit V«

    Neue Postkartenserie

    Seit 1990 veranstaltet die Berli-ner VVN-BdA den Tag der Erinne-rung und Mahnung, eines dergrößten antifaschistischen Tref-fen in der Stadt. Er greift die Tra-dition des »Tages der Opfer Fa-schismus« auf, den Überlebendeder Zuchthäuser und KZs 1945begründeten und der seitdem anjedem zweiten Septembersonn-tag begangen wurde.

    In diesem Jahr beginnt der Tagder Erinnerung um 11 Uhr an der

    ehemaligen SA-Kaserne General-Pape-Strasse. Hier startet einFahrradkorso zu den Orten vonVerfolgung und Widerstand, er en-det auf dem Bebelplatz.

    Dort finden von 13 bis 18 UhrGespräche mit Zeitzeugen undDiskussionen zur aktuellen Situa-tion von Sinti und Roma statt. Ei-ne Podiumsdiskussion befasstsich mit deutscher Geschichtspo-litik 70 Jahre nach dem Überfallauf Polen, Ausstellungen doku-

    mentieren die Geschichte derNS-Zwangsarbeit, den Wider-stand gegen das NS-Regime so-wie die Geschichte des »Tagesder Opfer Faschismus«. Zahlrei-che Infostände, das Kulturpro-gramm auf der Hauptbühne, einGrafitti-Jam, ein Kinderfest undanderes mehr erweitern das Pro-gramm. Die Berliner VVN-BdAfreut sich sehr auf Euer/Ihr Kom-men!

    www.tag-der-mahnung.de

  • BAYERNAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 3

    UUnnggeessüühhnnttee VVeerrbbrreecchheennAktuelle Erinnerungen bei Hebertshausen-FeierDen Gedenkveranstaltungen,mit denen des 64. Jahrestagesder Befreiung des Konzentrati-onslagers Dachau gedacht wur-de, war schon am 30. April dieEinweihung des neuen Besu-cherzentrums der KZ-Gedenk-stätte vorangegangen.

    Ministerpräsident Horst Seehoferhatte hier die Eröffnungsrede ge-halten. Auf deren Inhalt nahmErnst Grube, stellvertretender Vor-sitzender der LagergemeinschaftDachau und Landessprecher derVVN-BdA Bayern, am 3. Mai beider Gedenkstunde für die in He-bertshausen bei Dachau ermorde-ten sowjetischen Kriegsgefange-nen kritisch Bezug:

    »Anlässlich der Eröffnung desneuen Besucherzentrums der KZ-Gedenkstätte sprach der Bayeri-sche Ministerpräsident Horst See-hofer auf dem ehemaligen Appell-platz vom Weg des Erinnerns›…dessen Abschnitt nun vollendetist‹. Er hat dabei ›übersehen‹, dassdieser Weg bis nach Hebertshausenzur ehemaligen SS-Schießanlageführt und dass dieser Abschnittnoch lange nicht vollendet ist.

    Seehofer sprach von den Opfern,von den Juden, den Sinti und Ro-ma, von den Christen und von denüberzeugten Demokraten. Dassdiese überzeugten DemokratenKommunisten, Sozialdemokraten,Gewerkschaftler waren, ist ihmwohl bis heute noch nicht bewusstgeworden – er hat es nicht für nö-tig gefunden, sie zu benennen. Erfand auch kein einziges Wort fürdie tausenden sowjetischenKriegsgefangenen, die hier an die-

    sem Ort von den Faschisten ermor-det wurden.«

    Grube ging in seiner Rede näherauf den »Kommissarbefehl« ein,auf dessen Grundlage Wehrmachtund SS Kriegsgefangene aus derUdSSR unter Bruch des Völker-rechts hunderttausendfach um-brachten. Einer der Tatorte war derehemalige SS-Schießplatz in He-bertshausen bei Dachau.

    »Der Großteil dieser Verbrechenwurde nie gesühnt«, fuhr ErnstGrube fort, »die Täter entgingender Bestrafung. Dies betrifft so-wohl die Verbrechen in den Kon-zentrationslagern als auch die Ver-brechen der Wehrmacht währenddes Zweiten Weltkrieges in Ost und

    West. Einige dieser Verbrechensind in den vergangenen Jahrenwieder etwas deutlicher in denBlick der Öffentlichkeit gerückt –auch, weil Historiker, Verfolgten-organisationen und kritische Nach-geborene nicht nachließen undnachlassen im Bemühen, sie aufzu-klären, nach noch lebenden Täternzu fahnden und überlebende Opferund deren Angehörige zu unterstüt-zen in ihrem Kampf um eine Ent-schädigung für die Leiden, die vonDeutschen über sie und ihre Fami-lien gebracht wurden. Vor allem inGriechenland und in Italien geht esdarum – und die deutschen Behör-den verhalten sich bisher mehr alsbeschämend in diesen Fragen.

    Im Juni 1944 wüteten die Wehr-macht als Besatzungsarmee unddie SS unter anderem in Italien undin Griechenland. (…) Vor italieni-schen Gerichten haben inzwischenitalienische Opfer der deutschenBesatzer erfolgreich auf

    Nachhaltige Eindrücke von denNS-Verbrechen hinterließ die Ge-denkfahrt der VVN-BdA Bam-berg am 13. und 14. Juni nachLidice und Theresienstadt. DerTermin war gewählt worden, uman der Jahresgedenkfeier zur Er-innerung an die Zerstörung Lidi-ces und an die Ermordung undVerschleppung seiner Einwohnerteilnehmen zu können.

    In Anwesenheit des tschechi-schen Präsidenten Vaclav Klausbekundeten dort rund 70 Delega-tionen aus den verschiedenstenLändern ihre Anteilnahme am ver-gangenen Geschehen und mahn-ten zum Widerstand gegen die ak-tuellen europaweiten Rechtsten-denzen. Bei dem sich anschlie-ßenden Besuch der GedenkstätteTheresienstadt gedachten die

    Teilnehmer unserer Gedenkfahrtbesonders der 1942 nach There-sienstadt verschleppten 71 Bam-berger Bürger, von denen dann diemeisten in Auschwitz ermordetworden waren.

    Der Besuch beider Gedenkstät-ten ermutigte alle Teilnehmer, inihrem Widerstand gegen die Nazi-aufmärsche in Gräfenberg (mitt-lerweile sind es 40 seit November2006!) nicht nachzulassen, dennFaschismus dürfe nie wieder Fußfassen und derartige Verbrechendürften nie wieder geschehen.

    Günter Pierdzig

    BBaammbbeerrggeerr VVVVNN--BBddAAbbeeii GGeeddeennkkffeeiieerrnn

    Lidice und Terezìn:

    Dachau-Überlebende aus der ehemaligen Sowjetunion bei der Feier am 3.Mai vor dem Mahnmal am Schießplatz Hebertshausen.

    Bild: Hermann Offner

    Gedenkveranstaltung in Lidice.Bild: VVN-BdA Bamberg

    Entschädigung vorenthalten

    Das neue Besucherzentrumin der KZ-Gedenk-

    stätte Dachau. Bild: Privat

    Wir freuen uns immer sehr überSpenden für die Arbeit unseresLandesverbandes.Unser Konto: VVN-BdABayern,Nr. 10532-807, Postbank Mün-chen, BLZ 700 100 80.

    Spenden an die VVN-BdA Bayern

    (Fortsetzung auf Seite 4)

  • BAYERNAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 4 antifa

    Für den 6. Juni hatte die NPD ei-nen »Bayerntag« in Straubingangekündigt. In den Räumlich-keiten einer ehemaligen Tierkli-nik, die von der neofaschisti-sche Partei vor geraumer Zeitangemietet worden waren. Soumging die Partei rechtlicheAuseinandersetzungen – unge-stört allerdings verlief der brau-ne »Bayerntag« dennoch nicht –und schon gar nicht öffentlich-keitswirksam.

    Im Vorfeld der Naziveranstaltungentstand ein regionaler »RunderTisch gegen Rechts«, an dem sichverschiedene Organisationen undEinzelpersonen beteiligten. Diesererarbeitete ein Konzept für eineGegenaktion am 6. Juni und be-mühte sich um Kontakte im öffent-lichen Leben der Stadt. Dies ge-schah nicht nur auf den unmittelbaranstehenden Termin bezogen: be-reits bei der Gründung wurde mit-geteilt, dass der Runde Tisch auchin Zukunft aktiv sein wolle – undoffen für alle Verbände und Orga-nisationen, die sich gegen Rechts-extremismus engagieren wollen.

    Etwa 200 Straubinger und Gästeversammelten sich schließlich ei-nen Tag vor der Europawahl zu derKundgebung gegen die Naziveran-staltung. Vertreter der DGB Jugendund des Passauer Bündnisses ge-gen Rechts stellten ihrer Positionen

    dar und berichteten über ihre Er-fahrungen. Ein großes Polizeiauf-gebot umlagerte die Kundgebung;einzelne Teilnehmer mussten Ta-

    schenkontrollen und Leibesvisita-tionen über sich ergehen lassen.Nach der Veranstaltung zog ein fürStraubinger Verhältnisse beachtli-cher Demonstrationszug durch denOrt.

    Die Zufahrt und der Zugang zumTagungsort der NPD war von Poli-zeikräften abgeriegelt worden. An-fahrende Fahrzeuge wurden kon-trolliert; Personalien von Demon-strationsteilnehmern und von Foto-grafen, die zum Veranstaltungsortwollten, wurden erfasst. Ohne Aus-weis gab es kein Durchkommen.Der braune »Bayerntag« geriet soallerdings zu einer weitgehend»geschlossenen Veranstaltung«.

    Angemerkt werden muss aberauch: Während demonstrierende»Zaungäste« vor dem Gelände vonder Polizei darauf hingewiesenwurden, dass es verboten sei, Bil-der von Einzelpersonen zu ma-chen, konnten NPD-Leute aus demGrundstück heraus munter ihreGegner fotografieren und filmen,ohne dass jemand einschritt.

    Dennoch waren die Protestak-tionen ein Erfolg und ein wichtigerSchritt in die richtige Richtung.Noch sind in Straubing vielerortsfaschistische Aufkleber zu sehen.Die Stadt wird einiges zu tun habenum sie zu entfernen. Demokratensollten sie darauf hinweisen und siedabei unterstützen.

    Werner Rauch

    GGeeggeenn bbrraauunneenn »»BBaayyeerrnnttaagg««Bündnis machte in Straubing mobil gegen die NPD

    ... natürlich allen unseren »Ge-burtstagskindern«. Sie sämt-lich aufzuführen, würde aller-dings den Rahmen der antifasprengen. Stellvertretend sei-en deshalb hier die Kameradin-nen und Kameraden zwischen60 und 80 genannt, die einen»runden« Geburtstag habenbzw. hatten – und alle über 80.Herzlichen Glückwunsch!

    Juli:Oskar Belohlawek, Penzberg,88 Jahre; Milena Finus, Herr-sching, 65 Jahre.

    August:Hilde Faul-Gerber, Nürnberg, 94Jahre; Erich Schreier, Röthen-bach,80 Jahre; Elisabeth Sche-ringer, Kösching, 75 Jahre;Hans Schmid, Bad Endorf, 75Jahre; Friedrich Köllmayr, Er-ding, 65 Jahre; Manfred Maier,Würzburg, 65 Jahre; WolfBrand, Beilngries, 60 Jahre;Georg Steinbichler, Geretsried,60 Jahre.

    Wir gratulieren ...

    Entschädigung, die griechischenOpfer erfolgreich auf Vollstreck-barkeit ihres griechischen Rechts-titels gegen deutsches Eigentum inItalien geklagt.

    Die Bundesrepublik Deutsch-land hat in all diesen Entschädi-gungsverfahren ›Staatenimmuni-tät‹ für die Kriegs- und Völker-rechtsverbrechen gefordert. DiesesArgument hat sowohl das höchsteGericht Griechenlands als auch deritalienische Kassationshof zurück-gewiesen. Um der Vollstreckungder Entschädigungsansprüche zuentgehen, hat die Bundesregierungnun im Dezember 2008 Klage vordem Internationalen Gerichtshof inDen Haag erhoben. Sie will grund-sätzlich festschreiben lassen, dassdie italienischen Gerichte für dieseRechtsfälle nicht zuständig, ihreUrteile eine Verletzung des Völker-rechts, eine Verletzung der Souve-ränitätsrechte Deutschlands seien.Die Bundesrepublik Deutschlandstellt sich also in diesem Verfahrenselbst als Opfer dar.«

    Dies sei eine Verhöhnung derOpfer. Die Klage müsse zurückge-zogen werden. Ernst Grube schlossseine Ansprache mit den Worten:»Wie sagte der Bayerische Mini-sterpräsident vor einigen Tagen aufdem Appellplatz des KZ Dachau:›Wir vergessen nicht, wir verdrän-gen nicht, wir relativieren nichtwas geschah. Wir stellen uns unse-rer Geschichte‹. Wenn Sie das ernstmeinen, Herr Ministerpräsident,dann helfen Sie mit, dass die nochlebenden Opfer dieser Verbrechenund deren Hinterbliebene die ihnengebührende Entschädigung erhal-ten.«

    Viele junge Menschen waren in Straubing bei der Demonstration gegen die Nazis dabei. Bild: Rauch

    Ungesühnte Verbrechen(Fortsetzung von Seite 3)

    Redaktion: Ernst AntoniVVN-BdA BayernFrauenlobstr. 24, 80337 MünchenTel.: (089) 531786Fax: (089) 5389464E-Mail: [email protected]

    Bitte teilt uns Eure Adressen- oderKontenänderungen mit!

    BRD pocht auf Staatenimmunität

    »Verhöhnung der Opfer«

  • HAMBURGAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 5

    WWeeiißßee RRoosseenn ggeeggeenn bbrraauunnee HHeettzzeerrBewohner von Blankenese zeigen Nazis deutliche AblehnungEs war am letzten Sonnabendim April. Die NPD ist vormittagsmit einem Infostand am Markt-platz in Hamburg-Blankenesepräsent. Bei Passanten undMarktbesuchern wird das Auf-treten der NPD mit Ablehnungund laut geäußertem Unmut re-gistriert.

    Wir stehen drei, vier Meter vom In-fotisch entfernt und verteilen Auf-kleber der VVN-BdA, die das Ver-bot der NPD fordern. Einer der Po-lizeibeamten, anscheinend zumSchutz der NPD anwesend, willvon uns eine Genehmigung sehenund droht mit Platzverbot. Wir las-sen uns nicht einschüchtern, ver-weisen auf unsere demokratischenRechte, schließlich biete ich demBeamten an, mich zu verhaftenoder mich wegzutragen.

    Etwas später kommt eine Grup-

    pe junger Antifaschisten an, die mitSprechchor gegen die Nazis auf-merksam machen. Die Folge ist:Platzverweis auf die andere Stra-ßenseite, etwa 200 Meter weiter.

    Mittlerweile fahren immer mehrPolizeiwagen auf, ich unterstützedurch meine Anwesenheit die An-tifagruppe, die ihre Demo ange-meldet hat, umringt von inzwi-schen zahlreichen Polizisten .DieSprechchöre der Antifagruppe sindbis zum Marktplatz zu hören, auseinem Geschäft werden wir mitKaffee versorgt.

    Vorübergehende zeigen ihr Ein-verständnis durch Geldspenden andie jungen Antifaschisten. AmNPD-Stand und am Markt prote-

    stieren viele Bürger gegen dieNPD, die Infos werden nicht ange-nommen, eine Passantin hat einenRiesenstrauß weißer Rosen ge-kauft und verteilt sie als Zeichendes Widerstandes.

    Die Nazis räumen schließlich ih-ren Infostand ab und wir sind zu-frieden und freuen uns darüber,dass die Blankeneser so deutlichihre Ablehnung zum Ausdruck ge-bracht haben. Antje K.

    Weithin hörbare Sprechchöre

    Der Schriftsteller und antifa-schistische Widerstandskämp-fer Günther Weisenborn wurdeam 10. Juli 1902 in Velbert(Rheinland) geboren und erstarb vor 40 Jahren, am 26.März 1969.

    Seinen Lebensabend hatte er inHamburg und Berlin verbracht.Er war der VVN-BdA eng verbun-den. Er gehörte dem Wider-standskreis um Harro Schulze-Boysen an, war von 1940 bis1945 inhaftiert. Das gegen ihnverhängte Todesurteil wurdenicht vollstreckt. Das gemein-sam mit Greta Kuckhoff (KPD)und Adolf Grimme (SPD) ange-strengte Verfahren gegen denKriegsverbrecher und Chefanklä-ger der Roten Kapelle, ManfredRoeder, wegen Aussageerpres-sung wurde 1951 von der Nach-kriegsjustiz niedergeschlagen.1953 veröffentlichte Weisen-born »Der lautlose Aufstand«,dieerste Gesamtdarstellung überden deutschen Widerstand.

    In Hamburg, wo er als Drama-turg wirkte, unterstützte er die»Geschwister-Scholl-Jugend« –ein antifaschistischer Jugendzu-sammenschluss. Er stellte sichauch vor die VVN: »Es ist selbst-verständlich, das ich mich gegenein Verbot der VVN wende. DieVVN ist die größte Organisationder Widerstandskämpfer unddarf nicht verboten werden, al-lein schon wegen ihres hohenAnsehens in Europa.«

    Neben diesem demokrati-schen Kampf – in dem Weisen-born später noch in den Aktionengegen die von der Bundesregie-rung angestrebten Notstandsge-setzgebung aktiv war – galt seinbesonderes Augenmerk demKampf gegen den Atomtod, ge-gen die Atomrüstung. Studentender 1968er standen ihm beson-ders nahe. So jene, der sich alsStudent der »Freien Universität«am 2. Juni 1967 an der Anti-Schah-Demonstration in Berlin-West beteiligt hatten und dortvon der Polizei brutal niederge-knüppelt wurden.

    Weisenborn forderte die Ju-gend auf, gegen die herrschen-den gesellschaftlichen Zustän-de aktiv zu werden. »Junge Men-schen neigen zur Opposition. Un-zufrieden wollten sie ihr Wähler-kreuz für eine gesunde Oppositi-on ausfüllen. Aber sie fandenkeine. Sie fanden eine zynischeUmwelt mit Repräsentationen,Traditionsverbänden, Lands-mannschaften, eine korrupte,prunksüchtige Umwelt mit einerSex-Industrie zu hohen Preisen,US-Kitsch- und Mord-Filmen, da-zu einen sterilen Obrigkeitsstaatmit alten Tabus und mit leeremWiedervereinigungsgeschwätz,das wie zu Gebetsmühlen auto-matisch und seelenlos weiter-lief.«

    Weisenborn setzte sich vehe-ment für eine demokratische Ak-tion ein, in der die Zersplitterungder Linken überwunden wird.

    Manfred Demmer

    Erinnerung an Günther WeisenbornSchriftsteller und Widerstandskämpfer starb vor 40 Jahren

    Die aus Hamburg stammendenkommunistischen Politiker undWiderstandskämpfer Franz Ja-cob und Bernhard Bästlein wer-den derzeit in Berlin gemeinsammit anderen NS-Opfern mit einerAusstellung geehrt. Die Ausstel-lung entstand im Rahmen dervon der VVN-BdA unterstütztenBerliner Initiative „Stolpersteinefür den Arbeiterwiderstand“.

    Bernhard Bästlein (1894-1944)kam aus einer Hamburger sozialde-mokratischen Arbeiterfamilie. Erwurde Redakteur kommunistischerZeitungen, Abgeordneter des Preu-ßischen Landtages und des Reichs-tages. Von den Nazis von 1933 bis1940 inhaftiert, fand er im April1940 in Hamburg Arbeit als Fein-mechaniker und baute mit Oskar

    Reincke, Franz Jacob und RobertAbshagen eine Widerstandsorgani-sation in Hamburger Betrieben mit50 Betriebsgruppen auf. Oktober1942 wieder verhaftet, gelang ihmim Januar 1944 die Flucht nach ei-nem Bombenangriff auf das Zucht-haus Berlin-Plötzensee. Er fandAnschluss an die Widerstands-gruppe, die Franz Jacob und AntonSaefkow inzwischen in Berlin auf-gebaut hatten. Am 30. Mai 1944 er-neut verhaftet und am 18. Septem-ber 1944 in Brandenburg-Gördenhingerichtet.

    Franz Jacob (1906-1944) warMaschinenschlosser und Sozialde-mokrat, trat aber 1925 der KPD bei.Er war Mitglied der Bürgerschaft,inhaftiert von 1933 bis 1940. Erwurde leitendes Mitglied der Wi-derstandsgruppe um Bästlein/Reincke/Abshagen. Als im Okto-ber 1942 in Hamburg eine Verhaf-tungswelle begann, tauchte Jacobin Berlin unter und baute 1942-44mit Anton Saefkow eine neue Wi-derstandsorganisation auf. AnfangJuli 1944 wurde er verhaftet undam 18. September hingerichtet.

    Freund der VVN – gegen ihr Verbot

    Gedenken auch an BernhardBästlein und Franz Jacob»Stolpersteine für den Arbeiterwiderstand«

    Redaktion: Cornelia Kerth Zuschriften bitte an die Landesgeschäftsstelle VVN-BdALandesvereinigung HamburgHein-Hoyer-Str. 41, 20359 Hamburg,Tel.: (040) 314254E-Mail: [email protected]

    Für eine linke Einheit

  • HAMBURGAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 6 antifa

    Feste – Filme – Veranstaltungen:Hamburger VVN-Termine im Sommer

    Sonntag, 19. JuliGrillfest im Vorgarten des VVN-BdA-BürosMit Lamm und Huhn, Salatenund Kuchen, Kaffee und Sektund Musik und guter Laune. Al-le Mitglieder, Freundinnen undFreunde sind herzlich eingela-den. 15 bis 18 Uhr, Hein-Hoyer-Str.41. Anmeldung im Landesbüro(Tel: 314254) erbeten bis zum15. Juli.

    Montag, 20. JuliEinweihung des neuen Gedenksteins vor dem Ortsamt BillstedtIn Billstedt kann es jetzt wiederJeder lesen: »Wer vor der Ver-gangenheit die Augen ver-schließt wird blind für die Ge-genwart. Zum Gedenken an dieermordeten Widerstandskämp-fer aus Billstedt – Horn – Ham-merbrook.«Die im letzten Jahr gestohleneBronzeplatte ist jetzt durch eineneue aus Marmor ersetzt wor-den. Wir laden recht herzlichein, gemeinsam mit uns diesePlatte einzuweihen. Es sprechen Reinhard Krog-mann, RegionalbeauftragterOrtsamt Billstedt, und CorneliaKerth, Bundessprecherin derVVN-BdA.17 Uhr

    Samstag, 1. AugustErinnerung an den AltonaerBlutsonntag und die ersten Todesopfer der NS-JustizDas genaue Programm ist abMitte Juli bei der KV Altona undim Landesbüro zu erfragen.Gedenkstätte für August Lüt-gens, Walter Möller, Bruno Teschund Karl Wolf, hinter dem Amts-gericht Altona, 14 Uhr.

    8. August 2009Sommerfest in HeideruhAuch in diesem Jahr lädt uns dasFerienheim Heideruh zu seinemSommerfest ein. Es wartet wieimmer ein buntes Programm aufuns, und natürlich ein reichhalti-ges Kuchenbuffet sowie amAbend schmackhaftes vom Grillmit vielen Beilagen. Und ob es indiesem Jahr auch wieder einenÜberraschungsgast gibt? 6 Eurofür Kaffee und Kuchen, und Grill-buffet: 12 Euro.Abfahrt: 13 Uhr, Shell-Tankstelle,gegenüber Bf. Dammtor Ham-burg, 13.15 Uhr ab Helmsmu-seum, Knoopstraße, Harburg,Rückfahrt ab Heideruh: ungefähr21 Uhr. Anmeldung im Büro (Tel:314254) bis zum 4. August.

    Samstag, 15. AugustProf. Schmiedebach spricht zumThema »Euthanasie«Werkstatt 3, 19 Uhr

    Sonntag, 13. September»Menschen, wir hatten Euchlieb.«Blumen für unsere Toten zumInternationalen Gedenktag fürdie Opfer von Faschismus undKrieg.Es spricht Ilse Jacob. Musik:Rotdorn (angefragt).Friedhof Ohlsdorf, EhrenhainHamburger Widerstandskämp-fer, 11 Uhr

    Sonntag, 13. SeptemberAntifaschistische Filmreihe»Grenzstraße«Polen 1947, Regie AlexanderFord (45 min.)Zum 70. Jahrestag des Über-falls auf Polen am 1. Septem-ber 1939.Kino Metropolis, 17 Uhr

    Sonntag, 20. SeptemberExkursion in das ehemalige KZBergen-BelsenDie Kreisvereinigung Harburgder VVN-BdA veranstaltet eineBus-Exkursion nach Bergen-Bel-sen. Treffpunkt ist um 10.30 Uhr amHamburger ZOB und um 11 Uhrin der Harburger Knoopstraßevor dem Helms-Museum. DieFührung beginnt um 14 Uhr. Kosten: 20 Euro, für Arbeitslo-se, SchülerInnen und Auszubil-dende: 10 Euro. Anmeldung bis zum 10. Sep-tember (mit Namen und Adres-se) bei der VVN-BdA Hamburg,Tel. (040) 314254,E-Mail: [email protected].

    Sonntag 16. August Gedenkfeier für die Opfer der»Euthanasie«Ohlsdorfer Friedhof ,Geschwister-Scholl-Ehrenfeld (Nähe Kapelle13), 15 Uhr

    Sonntag, 30. August25. August 1944: Paris libre!Paris befreit!Der Chor Hamburger Gewerk-schafterInnen führt mit einemThemenrepertoire durch denAbend.Wir zeigen den Film „Frankreichsfremde Patrioten“, der fünf deut-sche Resistance-KämpferInnenportraitiert. Einer von ihnen istPeter Gingold.Rolf Becker (angefragt) liest ausPeters Biographie, seine TochterAlice spricht über ihr Leben mitihren Eltern Peter und Etti. Einegemeinsame Veranstaltung mitdem Kino Metropolis und demAuschwitz-Komitee in der Bun-desrepublik19 Uhr

    Samstag, 12. September

    Ein Infotisch in der Hambur-ger Innenstadt zur KampagneNPD-Verbot jetzt! und für dieForderung »Keine Nazis in dieParlamente!«Wer noch mitmachen will, mel-de sich bei Cornelia Kerth,Tel. 98761501; bei entspre-chender Nachfrage sind weiterInfotische möglich – das wäretoll!

    Die Initiative »Gedenken in Har-burg«, der auch Mitglieder derHarburger VVN-BdA angehören,veranstaltet im Herbst jedesJahres Ausstellungen, Filme undDiskussionsabende über einebestimmte Opfergruppe desdeutschen Faschismus. In die-sem Jahr sollen im Novemberdie Lesben und Schwulen imMittelpunkt stehen.

    Kernstück ist eine Ausstellung»Homosexuellenverfolgung inHamburg«, die erstmalig im vori-gen Jahr in der KZ-Gedenkstätte

    Neuengamme gezeigt wurde. ImMai dieses Jahres war sie im Ham-burger Rathaus zu sehen.

    Der § 175 des Strafgesetzbuchsgegen Schwule wurde 1935 vonden Nazis erheblich verschärft.Bisher war »widernatürliche Un-zucht« strafbar, was im Juristen-deutsch als »beischlafähnlicheHandlungen« interpretiert wurde.Seit 1935 wurden alle sexuellenHandlungen unter Männern krimi-nalisiert, nicht einmal körperlicheBerührung war erlaubt. VieleSchwule wurden erpresst, denun-ziert, wanderten in die Zuchthäuser

    und Konzentrationslager. Ham-burg war ein Schwerpunkt der Ver-folgung in der Nazizeit. Das Jahr1945 war für die Schwulen nichtdas Jahr der Befreiung. Der vonden Nazis verschärfte § 175 exi-stierte bis 1969 in den Westzonenbzw. der Bundesrepublik weiter.Die Ausstellung zeigt auch, dassselbst die schwulenfeindlichstenRichter und Staatsanwälte nach1945 in Hamburg mühelos Karrie-re machten. Leider hatten auch lin-ke Politiker wenig Verständnis fürSchwule. Der kommunistische Se-nator Friedrich Dettmann begrün-

    Lesben und Schwule im MittelpunktErst die 1968er-Bewegung erkämpfte Verbesserungen

    dete sinngemäß mit dem »gesun-den Volksempfinden«, dass er derBitte eines verfolgten Schwulenum eine Stelle im ÖffentlichenDienst nicht entsprechen konnte.August Bebel war im Reichstag ge-gen den § 175 aufgetreten. SPDund KPD hatten sich in der Weima-rer Republik gemeinsam für dieAbschaffung des § 175 stark ge-macht. Diese Tradition linker Se-xualpolitik war 1945 weitgehendverschüttet und konnte erst in den68er-Jahren neu belebt werden.

    Für Lesben gab es keinen Para-grafen im Strafgesetzbuch. Daswar aber kein Zeichen von Tole-ranz, im Gegenteil. Im Bismarck-Reich, wo das Sexualstrafrecht ent-

    (Fortsetzung auf Seite 7)

  • NIEDERSACHSEN

    HAMBURG

    AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 7

    stand, hatten Frauen nach allge-meiner Anschauung keine eigenensexuellen Bedürfnisse. Von denNazis wurden Lesben dennoch ver-folgt. Ihre Lebensweise galt als»asozial«. Mädchen kamen in Für-sorgeheime und »Besserungsan-stalten«, Frauen in Gefängnisseund in Konzentrationslager, wo ih-nen meist der schwarze Winkel der»Asozialen« verpasst wurde.

    Zur Hamburger Ausstellungwird ein »Harburger Fenster« erar-beitet. Es gab 1935 in Harburg ei-nen Prozess gegen acht Schwule.Die Verschärfung des § 175 war be-reits beschlossen, aber zum Zeit-punkt des Prozesses noch nicht inKraft. Die Angeklagten hatten sichallesamt nicht strafbar gemacht.Dennoch urteilte der Richter invorauseilendem Gehorsam nachder verschärften Form.

    Hans-Joachim Meyer

    (Fortsetzung von Seite 6)

    Mehrmals geschändet und ver-fremdet war das Mahnmal amMaschsee-Nordufer über vieleJahre ein Fremdkörper in derStadtlandschaft Hannovers. Erstdie Übernahme der Patenschaftdurch die IG Metall und dieDurchführung von regelmäßigenFeierstunden am 8. Mai, demTag der Befreiung, verschafftendiesem Ort schrittweise einenangemessenen Platz im öffentli-chen Bewusstsein.

    Einen wesentlichen Beitrag dazuleisteten die systematischen For-schungsarbeiten des StadtarchivsHannover (vgl. Hannoversche Ge-schichtsblätter 59/2005) zu denVerbrechen der Gestapo in denletzten Kriegstagen auf dem Seel-horster Friedhof, deren Opfer unteralliierter Aufsicht später amMaschsee beigesetzt worden wa-ren.

    Einen neuen Stellenwert erhieltdas Mahnmal durch das Engage-ment der Heinrich-Heine-Schule,deren Geschichts-AG im 10. Jahr-gang sich schon im letzten Jahr in-tensiv mit der Örtlichkeit beschäf-tigt und an der Gestaltung der Ge-

    MMaahhnnmmaall aamm MMaasscchhsseeeeEin Projekt wird entwickelt

    denkstunde mitgewirkt hatte (anti-fa berichtete).

    Ging es im letzten Jahr darum,das Gräberfeld zu vermessen undin der Feierstunde durch weiße Ro-sen kenntlich zu machen, so wur-den in diesem Jahr Gedanken zumSchicksal der Ermordeten auf Kar-ten geschrieben und an einenKirschbaum gehängt, der nebendem Mahnmal gepflanzt wordenwar. An der Aktion beteiligten sichauch Schüler/innen des St. Ursula-Gymnasiums und einer Schule ausder russischen Stadt Saransk, diefür einige Tage in Hannover zuGast waren. Bei der Gedenkstundewurden einige dieser Karten verle-sen. Die Verbindung zu der russi-schen Schule stellte erneut das rus-sische Repräsentanz-Büro VolgaInt her. Höhepunkt der Gedenk-stunde in diesem Jahr war die An-sprache des Veteranen der RotenArmee, Herrn Abram Eifman. Erschilderte in knappen aber ein-

    dringlichen Worten seine Kriegser-lebnisse und verband dies mit derWarnung vor den aktuellen Gefah-ren des Neofaschismus.

    Durch intensive Forschungsar-beit ist es der Historikerin JanetAnschütz vom Verein »Gegen dasVergessen – NS-Zwangsarbeit« in-zwischen gelungen, 99 Namen vonOpfern der Mordaktionen zu ermit-teln. Schülerinnen und Schüler derHeinrich-Heine-Schule wollensich mit diesen Biographien be-schäftigen.

    Nach wie vor sind die Gräberfel-der nur durch Steinkreuze in Ge-stalt eines »Eisernen Kreuzes«markiert. Mit Unterstützung desVolksbund Deutsche Kriegsgrä-berfürsorge und der Stadt Hanno-ver soll der Friedhof nun so umge-staltet werden, dass die einzelnenGräber wieder kenntlich gemachtwerden. An der Planung und Um-setzung will sich auch die Hein-rich-Heine-Schule beteiligen. rwk

    Abrahm Eifman bei seiner Ansprache, Elena Eirich als Übersetzerin.

    Schülerinnen und Schüler verlesen ihre Gedenkkarten. Bilder: rwk

    Auch 2009 richtete die Pei-ner VVN-BdA die Gedenkfeierzum 8. Mai unter dem Motto»Jahrestag der BefreiungEuropas von Faschismus undKrieg« im Peiner Herzbergaus.

    Redner war der Landtagsabge-ordnete der SPD, MatthiasMöhle. Es mache ihn noch heu-te traurig und wütend, mitwelch rassistischen und men-schenverachtenden ParolenHitler an die Macht gekommensei, führte er aus. Er erwähntedie »Ewig-Gestrigen«, die ausder Vergangenheit nichts ge-lernt haben und denen die Men-schenwürde nichts bedeutet.Aber schlimmer als die sichtba-ren Neonazis sind die Hinter-männer. Er forderte die Anwe-senden auf, sich gegen dasbraune Gedankengut einzumi-schen: »Streiten Sie mit!«

    Zuvor hatte der Kreisvorsit-zende der VVN-BdA Peine,PeterBaumeister, auf die Bedeutungdieses Tages für die Insassender Gefängnisse und KZs hin-gewiesen. Er erinnerte an dieVerlegung der nunmehr 38 Stol-persteine in Peine und die Aus-einandersetzungen um den»Thor-Steinar-Laden« in derFußgängerzone. Er begrüßtees, dass fünf sozialdemokrati-sche Innenminister eine 92-seitige Dokumentation über dieNPD aus frei zugänglichenQuellen veröffentlicht habenund ein Verbot dieser Partei for-dern. Im Vorwort heißt es, dieNPD »stellt die Werte einer of-fenen Gesellschaft in Frage,hetzt gegen Andersdenkendeund Ausländer, verleugnet dieVerbrechen der NS-Diktaturund schürt antisemitisches Ge-dankengut«. Baumeister be-klagte, dass solche Thesenauch durch die öffentlicheHand finanziert werden.

    Musikalisch umrahmt wurdedie Veranstaltung vom Gewerk-schaftssekretär Horst Rede-mann. Zum Schluss stimmte erdas »Moorsoldatenlied« an unddie Anwesenden sangen mit.

    Peter Baumeister

    Gedenkfeier im HerzbergPeine am 8. Mai

  • HESSEN

    NIEDERSACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 8 antifa

    DDeelleeggaattiioonn bbeessuucchhttDDiieeppppee

    VVN Braunschweig:

    AAnnnnee FFrraannkkss 8800.. GGeebbuurrttssttaagg

    Lesung aus Tagebuch

    Auch in diesem Jahr besuchten wirmit einer vierköpfigen Delegationvom 7. bis 10. Mai die Stadt Diep-pe in der Normandie, um in guterTradition mit den Kameradinnenund Kameraden von FNDRIP undANACR, den beiden französischenVerfolgten- und Widerstandsorga-nisationen, den 8. Mai 1945 als Tagder Befreiung von Faschismus undKrieg zu feiern. Neu war diesmal,dass bei den zahlreichen Gesprä-chen, die wir mit den Kameradin-nen und Kameraden führten, nebenNeofaschismus und Rassismusauch immer die Wirtschafts- undFinanzkrise und ihre Auswirkun-gen Thema war, sind diese doch inder Region viel stärker zu spürenals z.B. bei uns.

    Anlässlich des Gedenkens an diein Rieseberg bei Helmstedt am 4.Juli 1933 ermordeten 11 Gewerk-schafter erwarten wir den Gegen-besuch unserer Kameradinnen undKameraden aus Dieppe vom 3.-7.Juli, das Programm ist in Vorberei-tung. Stefan Hölzer

    Organisiert von der GedenkstätteBergen-Belsen und der StiftungNiedersächsische Gedenkstättenhaben Schülerinnen und Schüleram 12. Juni in einer Dauerlesungdas Tagesbuch der Anne Frank vor-gelesen. Die Gedenkveranstaltungwar dem 80. Geburtstag des Mäd-chens gewidmet, das dort im März1945 an Typhus verstarb. In ihremAmsterdamer Versteck hatte AnneFrank ihr ergreifendes Tagebuchverfasst, das in den 1950er-Jahrenveröffentlicht wurde.

    Die jungen Vorleser/innen ka-men unter anderem aus den Nieder-landen, aus Beilen bei Westerbork.Dorthin war die 15-jährige AnneFrank nach ihrer Verhaftung zu-sammen mit ihrer Familie ver-schleppt worden.

    Die Tagesschau berichtete am Mittagdes 12. Juni, noch zu sehen unter www.tagesschau.de. Noch bis zum 19.Juli ist in der Gedenkstätte auch dieSonderausstellung »Anne Frank. EinMädchen aus Deutschland« zu sehen.

    Artikel und Fotos für die antifa-Nie-dersachsen-Seiten bitte bis zum 8.des Monats in geraden Monaten an [email protected] Landesvereinigung Niedersachsen Rolandstraße 16, 30161 Hannover,Tel.: (0511) 331136Fax: (0511) 3360221E-Mail: [email protected].

    Das Büro ist i. d. R. Montag bis Frei-tag von 10.00 bis 16.00 Uhr besetzt.Wenn Ihr weiterhin Informationen derVVN-BdA erhalten wollt, teilt uns bittenach einem Umzug o.ä. Eure neueAdresse mit. Danke!Die Landesvereinigung freut sich überSpenden auf das Konto mit der Nr.7510-307 bei der Postbank Hanno-ver, BLZ 250 100 30.

    Abfahrtszeiten:Hannover, 7 Uhr, Lahe (EckeRendsburger/Kirchhorster Str.);Peine, 7.20 Uhr, Autohof;Braunschweig, 7.40 Uhr,Parkplatz A2 Watenbüttel;Celle, 8.15 Uhr, Parkplatz HallenbadRückkehr in Celle gegen 19 Uhr,in Braunschweig gegen 20.30Uhr. Notfalltelefon: (0170) 3260618Kosten: 12,40 Euro mit bzw.21,50 Euro ohne Zuschuss derStiftung Niedersächsische Ge-denkstätten (ist beantragt).

    Fahrt zu den KZ Gedenkstätten DIZ Papenburg, Esterwegen und Börgermoor

    Ganztägig, am Samstag, den 8. August 2009Anmeldung:Celle: Klaus Meier, Tel. (05141)46822, Mobil (0170) 3260618.Hannover: VVN- BdA Büro Hanno-ver, Tel. (0511) 331136.Peine: Peter Baumeister,Tel. (05171) 82618.Wolfsburg: Mechthild Hartung,Tel. (05361) 76263.Die Anmeldung wird gültig, wennder Beitrag von 12,40 Euro bis9. Juli auf folgendem Konto ein-gegangen ist: K. Meier, Sparkas-se Hannover (BLZ 25050180),Konto: 19448406, Stichwort:Gedenkstättenfahrt.

    »Nazis find ich doof!« Unter die-sem eindeutigen Titel lud derKasseler Stadtschülerrat EndeJuni 2009 zu einer Diskussions-und Informationsveranstaltunggegen Rechts ein. Mitveranstal-ter und Kooperationspartner wa-ren die Junge GEW, das Kasse-ler Friedensforum und die VVN-Bund der Antifaschisten, Kreis-vereinigung Kassel.

    Auf einer eigenen Homepagewww.ssr-gegen-rechts.de wurdedie Veranstaltung Jugend gemäßangekündigt, auf SchülerVZ ver-abredeten sich junge Leute für die-se Veranstaltung. Den Schülerin-nen und Schülern ging es auf derVeranstaltung nicht um allgemeineStatements, sondern um ganz prak-tische Fragen: Ist ein NPD-Verbotsinnvoll? Gibt es Mode, Codes undStrategien von Nazis, mit denen sie

    junge Leute ansprechen? Wie kannman effektiv Widerstand leisten?

    Zu diesen Themen hatten sie Ex-perten aus antifaschistischen Orga-nisationen und Fachleute zu einzel-nen Themen eingeladen, die inWorkshops über Dinge wie dieNPD-Schulhof-CD, neofaschisti-sche Angriffe und Gegenstrategienoder Möglichkeiten, die geschicht-liche Erinnerung an Widerstandund Verfolgung in die Gegenwartzu holen, mit den Teilnehmendenins Gespräch kommen sollten.

    Ein lebhaftes Gespräch entwi-ckelte sich zur neofaschistischenMusikszene. An Musik-Beispielender NPD-Schulhof-CD wurdenideologische Zugänge und Wir-

    kungen von Gruppen wie »Nord-wind«, »Sleipnir« oder auch derNazi-Folklore einer Annett Müllerthematisiert. Debattiert wurde überdie Langzeitwirkung der Band»Böse Onkelz«, die als offen fa-schistische Gruppe gestartet nunmit unverfänglichen Texten undSongs ihre Fan-Clubs anspricht.Dabei wurde deutlich, dass neofa-schistische Einflüsse – teilweisevermittelt – in verschiedenen Fa-cetten der heutigen Jugendmusik-szene erkennbar sind.

    Auch die Materialien der nonpd-Kampagne stießen auf Interesse.Man war sich einig, dass die NPDkeinen Raum in der demokrati-schen Öffentlichkeit haben dürfe.Jedoch gab es bezogen auf die Ver-botsforderung bei einigen jungenLeuten durchaus offene Fragen.Wird damit nicht die Organisationin den »Untergrund getrieben«?

    Überraschung löste bei einigen derHinweis aus, dass die NPD zumgrößten Teil von Steuergeldern lebtund damit beispielsweise auch dieVerbreitung der Schulhof-CD fi-nanzieren kann. Solche Gelderwürden durch ein NPD-Verbot un-mittelbar wegfallen.

    Zum Abschluss verabredetenOrganisatoren und Interessenten,weiterhin engen Kontakt zu haltenund nach der Sommerpause die in-haltliche Debatte fortzusetzen.

    Bernd Kant

    »Nazis find ich doof!«Erfolgreiche Schülerkonferenz in Kassel

    Debatte über Nachwirkung der »Bösen Onkelz«

    Nazis leben von Steuern

    Wir bitten um Spenden fürden Landesverband Hessen!

    Spendenkonto: VVN-BdA Hessen Postbank Frankfurt

    Kto-Nr. 49330-602 BLZ 5001006

  • HESSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 9

    Am 23. Mai 2009, dem 60. Jah-restag des Grundgesetzes, woll-te die VVN-BdA Frankfurt/M.den offiziellen Gedenkreden kei-ne weitere hinzufügen. Wir hat-ten eine bessere Idee – und diekam hervorragend an: Wirschenkten den Bürgern dasGrundgesetz, das heißt den Bür-gern, die am 23. Mai an der hi-storischen Paulskirche/EckeBraubachstrasse vorüberflanier-ten.

    Wer wollte, erhielt ein kostenlosesExemplar unserer Verfassung. Vie-le Menschen gingen darauf ein,stellten Fragen, offenbarten am In-fo-Tisch ihre Kenntnisse oder Un-kenntnis. Manche zeigten uns auchdie kalte Schulter, sie nahmen keinExemplar entgegen, trauten offen-bar dem Geschenk nicht.

    Höchst erfreulich aber das Inter-esse vieler Passanten, aufschluss-reich das Erstaunen vieler, wenn

    sie im Gespräch auf bestimmte Ar-tikel des Grundgesetzes hingewie-

    sen wurden. Dass schon im Grund-gesetz geschrieben steht, Enteig-nungen zum Wohle der Allgemein-heit sind zulässig, wurde ange-sichts der aktuellen Krisen alshochinteressant, aber weitgehendunbekannt kommentiert. Das galterst recht für die ebenso wenig be-kannte Tatsache, dass eine Parteiwie die NPD nach Artikel 9,2 fak-tisch verboten ist, denn da heißt eswörtlich: »Vereinigungen, derenZwecke oder deren Tätigkeit denStrafgesetzen zuwider laufen oderdie sich gegen die verfassungsmä-ßige Ordnung oder gegen den Ge-danken der Völkerverständigungrichten, sind verboten.« »Warumgeschieht dann nichts?« wurde ge-fragt.

    Fazit: Man sollte das Grundge-setz nicht nur an runden Jahresta-gen zur Kenntnis nehmen. Lest dasGrundgesetzt! P. A.

    »»WWiirr sscchheennkkeenn IIhhnneenn ddaass GGrruunnddggeesseettzz!!««Aktion der VVN Frankfurt

    Sie verschenkten das Grundgesetz: K. Kandan Nemati, Rolf Heinemannund Mike Yu (v.l.). Bild: P. A.

    Mit großer Medienresonanz inder Frankfurter Rundschau undder Lokalzeitung HNA trat imJuni 2009 ein »Bündnis gegenAntisemitismus« (BgA) in Kas-sel an. Man sehe in verschie-denen Bereichen der Gesell-schaft – selbst in der Friedens-bewegung – offene und latenteFormen von Antisemitismus,die bekämpft werden müssten.

    Das Bündnis ist – eigenen Anga-ben zufolge – ein Zusammen-schluss von 20 Personen, die je-doch nicht politische oder gesell-schaftliche Gruppen vertretenund damit integrieren. Man kannfesthalten, dass BgA ist einBündnis mit sich selber.

    Der Name nimmt jedoch be-wusst Bezug auf das seit vielenJahren in Kassel erfolgreich ar-beitende »Bündnis gegenRechts«, das getragen wird vonDGB, Kasseler Friedensforum,der VVN-BdA und zahlreichen an-deren Organisationen, die sichdort in der antifaschistischen Ar-beit koordinieren. Und bezeich-

    Ausgrenzungen gäbe und alleKonflikte »zivilgesellschaftlich«gelöst würden. Grünbergs kriti-sche Analyse, dass der innenpo-litische Zusammenhalt der israe-lischen Gesellschaft nur überden »äußeren Feind« gewährlei-stet werden könne und damit derKrieg gegen Libanon, Syrien unddie militanten Teile der Palästi-nenser nicht nur der Sicherungdes Existenzrechts des Staatesdiene, wurde als latent antisemi-tisch denunziert. Zustimmungbei den Zuhörern fand dies je-doch nicht.

    Die Zurückweisung aller For-men von Antisemitismus alsForm des Rassismus ist weiter-hin gefordert. VVN-BdA und dasKasseler Friedensforum habenbei verschiedenen Gelegenhei-ten ihre klare politische Positiondazu unter Beweis gestellt. DieInstrumentalisierung des »Anti-semitismus«-Vorwurfs für dieDurchsetzung eigener politischerZiele, wird auch zukünftig in Kas-sel keine Plattform finden.

    Bernd Kant

    Rangelei am Rande, die von denDemonstrationsordnern gemein-sam mit der Polizei unterbundenwurde, nahm das BgA zum Anlass,in einer bundesweiten Presse-kampagne von antisemitischenAusschreitungen in Kassel zusprechen. Ähnliche Bilder hoffteman am traditionellen KasselerOstermarsch provozieren zu kön-nen. Neben einem provokativenAuftritt am Mahnmal für die Opferder Deportation »Die Rampe« fie-len die BgA-Anhänger durch dasSchwenken von Israel- und einerUS-Fahne auf der Abschlusskund-gebung auf. Dumm nur, dass sichkein Teilnehmer des Ostermar-sches hiervon provozieren ließ.

    Auf einer Buchpräsentationzum Thema Zionismus wurdenGrundpositionen des BgA erkenn-bar. Der Autor Harri Grünberg for-mulierte eine sehr differenziertePosition zur Geschichte des Zio-nismus und zur gegenwärtigen is-raelischen Politik. Dies führte zurBgA-Antwort, man könne Israeldoch nicht kritisieren, da es in die-sem Land keine rassistischen

    nenderweise sind einige dieserOrganisationen genau die »Kritik-folie«, aus der das BgA seine Exi-stenznotwendigkeit ableitet. DieIsrael kritische Haltung des Kas-seler Friedensforum sei zu be-kämpfen. Wie dies geschehensoll, machten Anhänger des BgAin diesem Jahr deutlich.

    Im Januar 2009 fand in Kasseleine große Demonstration derFriedensbewegung (2500 Teilneh-mende) gegen den Überfall aufGaza statt, zu der auch die VVN-BdA aufgerufen hatte. Dort kamendas Friedensforum, die katholi-sche Kirche, israelische Stimmengegen den Krieg und demokrati-sche Palästinenser zu Wort. ZehnMitglieder des BgA platziertensich unmittelbar an der Demon-strationsroute mit einem Informa-tionsstand »Solidarität mit Israel«und schwenkten Israel-Fähnchen.Eine hierdurch provozierte kleine

    Hat die Kasseler Friedensbewegung ein Antisemitismus-Problem?Bundesweite Pressekampagne

    Provokationen des BgAwurden unterbunden

  • HESSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 10 antifa

    Hessen ist zukünftig nur nochmit sechs Abgeordneten inBrüssel vertreten. Verloren hatdie CDU ihr drittes Mandat, daderen Verluste verbunden mitder gesunkenen Wahlbeteili-gung eine andere Verteilungzwischen den Bundesländern er-forderte.

    Offenkundig hatte dies der CDU-Kandidat Yasar Bilgin aus Gießen,der auf Platz 4 der Landeslistekandidierte, geahnt, weshalb errechtzeitig versuchte, neue Wäh-lerschichten zu mobilisieren. Er fi-nanzierte und unterzeichnete eine

    Todesanzeige für den im März2009 verstorbenen Chef der türki-schen »Grauen Wölfe«, Mushin Ya-zicioglu. Yazicioglu war Vorsitzen-der des legalen Arms dieser fa-schistischen Organisation, der»Partei der Großen Einheit« (BBP).Mit einer solchen Traueranzeigeversuchte Bilgin ein offen faschi-stisches Wählerpotential – wennes denn zur EU-Wahl wahlberech-tigt war – für sich zu gewinnen.Diesen Vorwurf konnte Bilgin»überhaupt nicht verstehen«. DieAnzeige sei nur Ausdruck des »Re-spekts vor Verstorbenen«. Zudemsei Yazicioglu sein Patient gewe-

    sen, erklärte Bilgin auf Nachfrageder Presse.

    Um die »Grauen Wölfe« bemühtsich übrigens auch die NPD. Derhessische Landesvorsitzendeschob dazu auf »altermedia«-Fo-rum eine lebhafte Debatte an.Sein Vorschlag, einen Schulter-schluss mit den »türkischen Na-tionalisten«, wie er sie nannte, an-zustreben, löste jedoch bei allerstrategischen Orientierung übel-ste rassistische Kommentareaus, so dass wohl auch zukünftigkein Bündnis dieser faschisti-schen Fraktionen zu erwarten ist.

    Bernd Kant

    Obwohl die Generation der Wi-derstandskämpfer mittlerweilefast verschwunden ist, betontder Sprecher der Kreisvereini-gung der VVN, Dr. Ulrich Schnei-der, dass es auch heute noch ei-ne aktive Gruppe von Mitglie-dern in Nordhessen gibt, die ei-ne kontinuierliche Arbeit derVVN ermöglichen.

    Die Erinnerung an den antifaschi-stischen Widerstand zu wahren sei

    ein Schwerpunkt der Arbeit derVVN. Darüber hinaus engagieresich die VVN gegen Rechtsextre-mismus, Rassismus, Krieg und An-tisemitismus. Viele VVN-Mitglie-der seien gewerkschaftlich und inder Friedensbewegung engagiert.

    Etwas schwierig gestalte sichmanchmal das Verhältnis zur jüdi-schen Gemeinde. Der in Kassel zurfesten Institution etablierte »Anti-faschistische Stadtrundgang« erin-nert an die verschiedenen Orte na-

    tionalsozialistischer Verfolgung.Die VVN präsentierte ihre Ausstel-lung Neofaschismus in Deutsch-land; 2007 zusammen mit der IG-Metall-Jugend im VW-Werk. ImRahmen der diesjährigen Veran-staltung Kick-Rechts-Weg; solldiese Ausstellung in überarbeiteterForm erneut präsentiert werden.Ein Schwerpunkt des aktuellen En-gagements der VVN ist die Kam-pagne »nonpd«. Die VVN sieht inder Forderung, die NPD zu verbie-

    80 Jahre alt wäre Anne Frankam 12. Juni 2009 geworden –Anlass für ihre HeimatstadtFrankfurt am Main, ihrer aufvielfältige Weise zu gedenken.

    Am Haus ihrer Geburt und frühenKindheit, am Marbachweg 307,wurde unter starker Beteiligungvon Frankfurter Bürgerinnen undBürgern von KulturdezernentSemmelroth eine von Bernd Fi-scher gestaltete mannshohe glä-serne Stele enthüllt. Auf ihr zusehen sind damals noch glückli-che Kinder – neben Anne die

    Schwester Margot und die Freun-din Grace.

    Ein Zitat aus dem später welt-berühmten Tagebuch verweist aufdas Schicksal Anne Franks, dienach Verfolgung, Flucht und demLeben im holländischen Versteck1945 im Konzentrationslager Ber-gen-Belsen Opfer des Naziterrorswurde.

    Einige hundert Meter entferntvon der neuen Stele zeigt in derDornbuschpassage eine Foto-wand Stationen aus dem LebenAnne Franks. P.A.

    Bild: O.A.

    Frankfurt am Main erinnert an Anne Frank

    CDU-Kandidat biedert sich bei »Grauen Wölfen« anEuropawahl-Nachlese für Hessen

    Viele Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich

    EEnnggaaggeemmeenntt mmiitt llaannggeerr TTrraaddiittiioonnDie »nordhessische.de« schreibt über die VVN Kassel

    ten, vor allem die Möglichkeit derUnterbindung der umfangreichenstaatlichen Alimentierung natio-nalsozialistischer und faschisti-scher Umtriebe.

    Zur aktuellen Lage in Nordhes-sen befragt meinte Dr. Schneider,dass der in Parteien organisierteRechtsextremismus in der Regionsehr schwach sei. Problematischersei das Engagement der so genann-ten »freien Kameradschaften«, dieauch in Nordhessen auf zahlreicheJugendliche – vor allem im Land-kreis – zurückgreifen können. Ausihrem Umfeld fand im letzten Jahrder Überfall auf ein Zeltlager ju-gendlicher Linker statt.

    Die Situation der rechtsextremorientierten Fanvereinigungen»Ice-Boys« und der »KSV-Bom-bers« habe sich mittlerweile zumeinen durch eine strikte Ausgren-zungspolitik der Huskies und durchdas Anwachsen der Anzahl der (un-politischen) Löwenfans entschärft.Der Kasseler Staatsschutz verfolgezudem aufmerksam die rechte Sze-ne in Nordhessen. So ist kürzlichder Versuch, eine rechtsextremeParty zu organisieren, dank des frü-hen Eingreifens der Polizei verhin-dert worden.

    Auch die Kasseler Kommunal-politik weist laut Schneider einelange und weitgehend positiv ein-zuschätzende Tradition, vor allemhinsichtlich der historischen Erin-nerungsarbeit, auf. An vielen Ortenin der Stadt erinnern Gedenktafelnund Mahnmale an die nationalso-zialistische Terrorherrschaft, vie-len bedeutenden Widerstands-kämpfern sind Straßen und Plätzein Kassel gewidmet. Lediglich derErinnerung und Würdigung des an-tifaschistischen Kampfes, den esauch in Kassel gegeben hat,wünscht sich Dr. Schneider mehrAufmerksamkeit.

    Rechtsextremismus in Nordhessen

    Redaktion: Peter AltmannLandesverband der VVN-BdA-Hessen,

    Eckenheimer Landstr. 93,60318 Frankfurt,

    Tel. und Fax: (069) 5970524.

  • BERLINAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 11

    Wer nicht feiert, hat verloren!Etwa 2000 Besucherinnen undBesucher, fast doppelt so vielewie im vergangenen Jahr, warenunserer Einladung gefolgt. Wirfeierten am 9. Mai im TreptowerPark, in der Nähe des sowjeti-schen Ehrenmals den 64. Jah-restag des Sieges über den Fa-schismus. Gewidmet war unserfröhliches Volksfest den Befrei-ern Berlins, der Roten Armee.

    Von 13 bis 22 Uhr sorgten nebenInformations- und Bücherständen,gut besuchten Führungen zum Eh-renmal und einem Kinderpro-gramm für ein abwechslungsrei-ches Programm: Die Bolschewisti-sche Kurkapelle mit revolutionärerBlasmusik, Bloody Kalinka, Cos-monautix mit »Balaleikapunk«und »Russenska« sowie das TrioSchon mit russischen Chansons fürein abwechslungsreiches Pro-gramm. Es wurde auch getanzt.Nicht zu vergessen die russisch-deutsche Küche mit Pelmeni,Schaschlik, Steaks und Bortscht.

    Schon um 13 Uhr, also mehr alspünktlich, füllte sich der Platz an

    der Puschkinallee mit Besuchern,vor allem aus der ehemaligen So-wjetunion. Schon zuvor hatten siemit der ganzen Familie am sowje-tischen Ehrenmal Blumen nieder-gelegt und kamen nun, um mit unszu feiern. Vorwiegend Russischwar zunächst an Tischen und Stän-

    den zu hören.Den Startschuss gab der Interna-

    tionale Chor Impuls aus Neukölln-Gropiusstadt, einem BerlinerStadtteil, wo mehrere TausendMenschen aus der ehemaligen So-wjetunion leben, mit einem Lied-programm zum traditionellen Tag

    des Sieges. Und natürlich hattendie Sängerinnen und Sänger ihreFamilien und Freunde mitge-bracht, um nach ihrem Auftritt ge-meinsam zu feiern, zu essen undmit den anderen Besuchern anzu-stoßen. Neben vielen Besucherndes Treptower Parks kamen zahl-reiche interessierte Bürger, auchVeteranen, die auf Seiten der Alli-ierten gegen die Nazis gekämpfthaben, wie z.B. Werner Knapp, derdeutsche Emigrant und britischeSoldat.

    Der Ehrenpräsident der Interna-tionalen Föderation der Wider-standskämpfer (FIR), Prof.Dr.IljaKremer aus Moskau, ergriff dasWort. 1922 geboren, hatte er alsRotarmist an der Befreiung Berlinsteilgenommen. Er berichtete: »Alsich – wie viele andere Soldaten –meinen Namen an einer der Säulenim Reichstag hinterlassen wollte,war ich in Gedanken schon wiederzu Hause. Deshalb schrieb ich mitdem Bleistift, den ich aus einemzerstörten Schaufenster entnom-men hatte, nicht meinen militäri-schen Rang, sondern: ‚Ilja Kremer,Universität Moskau’.“ Nach derBefreiung vom Faschismus, dach-ten die Rotarmisten und viele Men-schen auf der ganzen Welt, nun seiendgültig Schluss mit den kriegeri-schen Auseinandersetzungen.

    HHiittlleerr kkaappuutttt!! EEiinn GGrruunndd zzuumm FFeeiieerrnn!!2000 Besucher kamen am 9.Mai 2009 in den Treptower Park

    Viele kamen zumgroßen Fest, umden 8. Mai 1945zu feiern.

    Bild: BG 8. Mai

    »Weg mit Hitler–Schluß mit dem Krieg!«Stark beachtete Ausstellung über den Arbeiterwiderstand

    In Berlin ist seit dem 18. Juni2009 eine Ausstellung der Ber-liner VVN-BdA zur Saefkow-Ja-cob-Bästlein-Widerstandsgrup-pe zu sehen. Mehr als 200 An-gehörige und Interessiertenahmen an der Eröffnungsver-anstaltung teil.

    »Die Nazis haben den Krieg be-gonnen. Mit Hitler und Goebbelsschließt keiner in der Welt Frie-den. Sie müssen verschwinden,wenn Euer Schicksal sich wiederzum besseren wenden soll. Ihralle müßt helfen, daß sie schnel-ler verschwinden, und nicht nochin letzter Stunde neues, grausi-ges Unheil anrichten können.«Mit diesem Appell wandte sichdas antifaschistische Netzwerkum die Kommunisten Anton Sa-efkow, Franz Jacob und Bernhard

    Bästlein im April/Mai 1944 in ei-nem Flugblatt an die Berliner Ar-beiterschaft. Kurze Zeit späterschlugen die Nazis zu. Ein Verrä-

    ter in den eigenen Reihen gabdie entscheidenden Hinweise.Fast 300 Menschen fielen im

    (Fortsetzung auf Seite 12)(Fortsetzung auf Seite 12)

    Andrang bei der Austellungseröffnung. Initiiert wurde sie von den Töch-tern der Berliner Widerstandskämpfer. Bilder: Gabriele Senft

  • NORDRHEIN-WESTFALEN

    BERLINAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 12 antifa

    »Weg mit Hitler – Schluß mit dem Krieg!«(Fortsetzung von Seite 11)

    Sommer 1944 der Gestapo indie Hände. Rund 100 von ihnenwurden hingerichtet oder star-ben während der Haft und in Kon-zentrationslagern.

    Andere aber, die fliehen oderuntertauchen konnten, setztenden Kampf fort. Ihre letzte großeAktion fand im April 1945 statt.»Die Rote-Armee, alles vor sichniederwerfend, klopft an die ToreBerlins. Die Naziverbrecher ha-ben die Stadt zur Festung er-klärt. Dieser verbrecherischeWahnsinn ist so groß, daß manes offiziell nicht zu sagen wagt.Die mit Flüchtlingen überfüllteStadt zählt jetzt nahezu 5 Millio-nen Menschen. Diese Men-schen sollen nun geopfert wer-den – nur deshalb – damit Hitlerund seine Trabanten noch einigeTage länger leben können«, hießes in einer Flugschrift der Grup-pe, die unter akuter Lebensge-fahr hergestellt und verteilt wur-de.

    Mehr als 500 Antifaschistenwaren seit Ende 1942 zu derweitverzweigten Organisation ge-stoßen, die schließlich in über70 Berliner Betrieben und in derWehrmacht aktiv war - darunterMänner und Frauen, Kommuni-sten, Sozialdemokraten und Ge-werkschafter, Arbeiter, Angestell-te, Soldaten und Künstler. Siewollten Hitler stürzen und denKrieg beenden helfen.

    Ihre Untergrundaktivitäten er-regten schließlich auch die Auf-merksamkeit von Claus SchenkGraf von Stauffenberg. Mit sei-ner Billigung trafen sich am 22.Juni 1944 die SozialdemokratenJulius Leber und Adolf Reichweinmit den Kommunisten Anton Sa-efkow und Franz Jacob, um Mög-lichkeiten einer Zusammenar-beit auszuloten – ein im Umfeldder Verschwörung des 20. Julieinzigartiger Vorgang. Doch dazusollte es nicht mehr kommen.Ernst Rambow, ein Teilnehmerder konspirativen Zusammen-kunft und, wie sich später her-ausstellte, ein langjähriger Ge-stapo-Spitzel, verriet die vierMänner. Sie wurden wenig spä-ter hingerichtet.

    Mit dieser Exposition möchtedie Berliner VVN-BdA den bishereher unbekannten Widerstandaus der Arbeiterbewegung in sei-ner weltanschaulichen und poli-tischen Vielfalt der Öffentlichkeitund insbesondere der jungenGeneration zugänglich machen,betonte deren VorsitzenderHans Coppi, wissenschaftlicherBerater der Ausstellung.

    Die Ausstellung, konzipiertvon Dr. Bärbel Schindler-Saef-kow, Dr. Annette Neumann undDr. Susanne Riveles, alle dreiTöchter von Mitgliedern der Sa-efkow-Jacob-Bästlein-Gruppe istnoch bis zum 23. Juli im Foyer

    Diese Hoffnung, betonte Ilja Kre-mer, habe sich nicht erfüllt. Damitdie Menschheit überleben kann,müssten endlich zwischenstaatli-che Konflikte friedlich ausgetragenwerden. Von diesem Ziel seien wiraber auch 64 Jahre nach Ende desZweiten Weltkriegs noch weit ent-fernt. Die NATO-Osterweiterungerfülle ihn mit tiefer Sorge, sprecheaus ihr doch eher die Stimme derMilitärs als der Diplomaten. Nachseiner Rede nutzte Ilja Kremer dieZeit, um Berliner Freunde zu tref-

    Hitler kaputt!(Fortsetzung von Seite 11)

    Aufmerksame Besucher. Rechts: Eine Schreibmaschine der Illegalen.

    der Kommode am Bebelplatz (Ju-ristische Fakultät der Humboldt-Universität) zu sehen. Danachkann sie bei der Berliner VVN-BdAausgeliehen werden. Am 21. Juli

    findet um 19 Uhr die Abschluss-veranstaltung »Arbeiter gegen Hit-ler« im Senatssaal der BerlinerHumboldtuniversität statt.

    Carsten Hübner

    Redaktion: Dr. Hans CoppiFranz-Mehring-Platz 1, 10243 BerlinTel.: (030) 29784178Fax: (030) 29784378Internet: http://berlin.vvn-bda.orgE-Mail: [email protected]

    fen, Interviews zu geben und auchein Gläschen Wodka mit den Orga-nisatoren zu trinken.

    Die Veranstaltung organisiertenMitglieder unabhängiger Antifa-Gruppen gemeinsam mit der Berli-ner VVN-BdA. Das ist eine zu-kunftsweisende Zusammenarbeitfür einen Antifaschismus, der vieleunterschiedliche Menschen zu-sammenbringt. Diese Offenheitund gesellschaftlichen Breite, diedas Fest am 9. Mai im TreptowerPark zum Ausdruck brachte, ist inBerlin (noch) nicht so häufig anzu-treffen. Basisorganisation 8.Mai

    der Berliner VVN-BdA

    18. Juni bis 23. JuliUnter den Linden 11,Eingang BebelplatzMontags bis freitags von 10bis 19 Uhr, samstags bis 14Uhr. Eintritt frei. Informationenunter www.berlin.vvn-bda.org.

    »Weg mit Hitler – Schluß mit dem Krieg!«

    Ausstellung

    Schon lange kannten wir sienicht mehr, die Erwähnung derVVN-BdA im NRW-Verfassungs-schutzbericht. Nun war sie wie-der da.

    Im „Zwischenbericht 2008 –Entwicklung und Analysen des Ex-tremismus in Nordrhein-Westfa-len“ wurde den Medien mitgeteilt,bei den Protesten gegen den KölnerAnti-Islamisierungskongress wur-de die VVN-BdA als „Vorfeldorga-nisation der Deutschen Kommuni-

    stischen Partei (DKP)“ vom Augeunterm Schlapphut erblickt. Dasfanden wir nun nicht lustig, dennda muss der DKP – konstituiert1968 – mit der VVN-Gründung imHerbst 1946 ja sehr zeitig gelungensein, sich ihr Vorfeld zu bestellen.

    Wir schrieben daher dem Verfas-sungsschutz, er möge derlei Be-hauptungen unterlassen und imnächsten Verfassungsschutzberichtunsere Gegendarstellung abdruk-ken.

    Und dann erhielten wir einen

    Brief aus dem Innenministeriumund beigefügt den gedruckten Be-richt des NRW-Verfassungsschut-zes für 2008. „Wie sie dem Inhaltentnehmen können, haben wir dievon ihnen zitierte Passage des Zwi-schenberichts 2008 in den endgül-tigen Bericht über das gesamte Jahr2008 nicht übernommen.“ Die Pas-sage sei auch im Internet gestri-chen worden. Dies entspreche „deraktuellen Erkenntnislage“. UnserProtest hat Wirkung gezeigt. Sichwehren hilft. Ulrich Sander

    »Kommunistische Vorfeldorganisation«?Verfassungsschutz NRW zieht Aussage zu VVN-BdA zurück

  • NORDRHEIN-WESTFALENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 13

    »Die Geschichte des Lagers We-sterbork ist die Geschichte des102 000fachen Mordes einerPerson: einer Mutter, eines Va-ters, eines Opas, einer Großmut-ter, eines Onkels, einer Tante,eines Bruders, einer Schwester,eines Sohnes, einer Tochter, ei-nes Neffen, einer Nichte, einesFreundes, einer Freundin, einesNachbarn, eines Klassenkame-raden... Und es ist die Ge-schichte von 5000 Überleben-den“, heißt es im deutschenFlyer des ErinnerungszentrumsKamp Westerbork in den Nieder-landen.

    Um diese Geschichte anzuhörenund das ehemalige Lager und diedazugehörige Gedenkstätte anzu-sehen, hat sich der KreisverbandDüsseldorf der VVN-BdA am 10.Mai mit 22 Mitgliedern und inter-essierten jungen Freundinnen undFreunden – und dank großzügigerUnterstützung durch die Evangeli-sche Kirche im Rheinland – aufden Weg gemacht nach Hooghalenbei Groningen. Dort liegt zwischenidyllischen Dörfern und weitenFeldern ein ausgedehntes Waldge-biet, in dem sich von 1942 bis 1945das Durchgangslager Westerborkbefand.

    Am Schlagbaum zum Lager er-warteten uns Jan de Vries, um unsüber das ehemalige Lagergeländezu führen, und Sophie Molema mitihrem Mann, die an der UniversitätNijmegen ihre Dissertation überWerner Stertzenbach, den Düssel-dorfer Kameraden aus dem KZWesterbork, geschrieben hat undsomit ebenfalls über detaillierteKenntnisse des Ortes und seiner

    grausamen Geschichte verfügt.Das besonders Grausame, somachte uns Jan de Vries deutlich,

    war, dass das Leben im Lager imVergleich zu anderen erträglichwar und damit Hoffnung erzeugte– so gab es eine renommierte ärzt-liche Behandlung –, diese Hoff-nung aber am Ende sich als trüge-risch erwies, wenn wieder einmaleiner der insgesamt 93 Züge zurDeportation in die Vernichtungsla-ger zusammengestellt wurde. DerBericht von Jan de Vries über denLageralltag war auch deshalb sobesonders bewegend, weil die ein-stige Unmenschlichkeit des Ortes

    in so krassem Gegensatz zu demfrühlingshaft warmem Wetter undder uns umgebenden Natur standund die erfreulich große Zahl derBesucher – viele mit Familien undKindern – dem Ganzen eine ArtAusflugscharakter verlieh.

    Die historische Realität verlässteinen aber nie – dafür sorgen unteranderem zwei künstlerische Mo-numente, eine Rampe, an der zweizerschnittene, zerfetzte Bahngleisein den Himmel führen und jäh en-

    den. Und dann der ehemalige Ap-pellplatz: Ausgelegt mit zweifarbi-gem Pflaster in Form der Nieder-lande, kleine, rote Steinquader un-terschiedlicher Höhe mit dem Da-vidstern auf der Oberseite, 102 000an der Zahl. Ein Stein für jeden ein-zelnen Menschen, der hier odervon hier aus deportiert den Todfand.

    Das Ziel, hier jeden Einzelnenzu würdigen, steht auch im Vorder-grund der Ausstellung der Gedenk-stätte, die wir abschließend be-suchten: Ein beeindruckenderFilm, Fotos und Gebrauchsgegen-stände aus dem Lager machen diesfür den Besucher deutlich greifbarund ergreifen ihn.

    Am Ende waren wir alle froh,

    »»EEiinn NNaammee uunndd eeiinn GGeessiicchhtt......««Besuch in der Gedenkstätte Westerbork

    Denkmal für die 102 000 deportierten Jüdinnen und Juden im niederlän-dischen Erinnerungszentrum Westerbork. Bilder: Gisela Blomberg

    Gang durch dasLager: Sophie

    Molema, Jan deVries und Jürgen

    Schuh (VVN-BdA).

    diese Fahrt unternommen zu ha-ben, zum Gedenken ebenso wie zurweiteren Motivation für unsere Ak-tivitäten gegen Neonazismus, Ras-sismus und Fremdenfeindlichkeit .

    Geschockt waren wir alle überdie Tatsache, dass der deutsche La-gerkommandant, SS-Obersturm-führer Gemmeker vom Mord an102 000 deportierten Jüdinnen undJuden und von seiner Verantwor-tung dafür »nichts wußte«. In denNiederlanden lediglich zu siebenJahren Gefängnis verurteilt, ver-brachte er seinen »Lebensabend«friedlich als Zigarrenhändler inDüsseldorf.

    Sylvia Brecht

    Spurensuche nachZwangsarbeitern

    SJD - Die Falken aus Meschede

    Die Falken aus Meschede begin-gen den 64. Jahrestag der Befrei-ung Europas vom Hitlerfaschis-mus in diesem Jahr mit einer Ex-kursion. Die Jugendlichen bega-ben sich auf die Spur der 80Zwangsarbeiter, die in den letztenKriegstagen, im Angesicht der Be-freiung, nahe der Stadt von einemfaschistischen Erschießungskom-mando ermordet worden sind.

    Und die Falken machten sichauch auf die Spur der Täter: Beider Exkursion ging es auch um dieRolle von Teilen der Industrie beider Machtübertragung an die Na-tionalsozialisten, beim Vernich-tungskrieg gegen die Sowjetunionund bei der Ausbeutung vonZwangsarbeitern. M.H.

    Ehrenbürgerschaft an Maria Wachter

    DIE LINKE Düsseldorf fordert

    Die Düsseldorfer Ratsfraktion derPartei „DIE LINKE“ hat sich für dieVerleihung der Ehrenbürgerschaftfür die VVN-Kameradin MariaWachter stark gemacht. Die VVN-BdA dazu: Dies halten wir für gutund unterstützen selbstverständ-lich den Antrag. Die Ratsfraktionhat dazu eine Broschüre erstellt,in der auch ein Statement derVVN-BdA Düsseldorf enthalten ist.Die Broschüre kann bei der VVN-BdA NRW bezogen werden.

    Zug auf Zug fuhr in die Vernichtung

    Lagerleiter »wusste nichts«

  • In und um Dortmund werden dieAktionen verstärkt, die zu einerVerhinderung des Naziaufmar-sches am 5. September zum»Nationalen Antikriegstag« füh-ren sollen.

    ver.di hat bereits zig-tausend Un-terschrift gesammelt, und die IGMetall erklärte, keine Betriebs-oder Stadtteilgruppenversamm-lung, keine Vertrauenskörpersit-zung, kein Wochenendseminardürfe vergehen, ohne die Men-schen für das Thema zu sensibili-sieren. Ein Seminarkonzept zumVorgehen gegen Fremdenfeind-lichkeit in den Betrieben, die Un-terstützung der ver.di-Unterschrif-tensammlung und die Mobilisie-rung für eine Gegenveranstaltungam 5. September habe nun absolu-te Priorität. Gefordert wird das Ver-bot der NPD.

    Die VVN-BdA forderte den Po-lizeipräsidenten auf – gerade alsLehre aus dem 1. Mai 2009, an demin Dortmund eine Nazibande denDemonstrationszug des DGB ge-

    walttätig angriff – das Verbot dergeplanten Naziprovokation am 5.September auszusprechen. In Brie-fen der VVN-BdA an sämtlicheBezirksvertretungen der Stadtschrieb die VVN-BdA: »Wir bittenSie, sich diesem Ersuchen an denPolizeipräsidenten anzuschließenund einen entsprechenden Be-schluss zu fassen.«

    Ferner wurden die Bezirksver-tretungen gebeten, in ihren Gebie-ten öffentliche Aktionen gegen dieNazis am 5.9. vorzubereiten unddafür öffentliche Plätze anzumel-den – um so den Nazis keinenRaum zu lassen. Die VVN-BdAselbst hat bereits Plätze angemel-det, um den Nazis die Räume zuversperren.

    Die VVN-BdA erklärte: »Fernerunterstützen wir die Forderungnach einer Erinnerungsarbeit, dieneben dem Gedenken an die Opfermittels Stolpersteinen auch die Er-innerung an die Täter und die Mah-nung ›Nie wieder!‹ einschließt.«

    Die Bezirksvertretungen wur-den zur Schaffung von Mahntafeln

    aufgefordert, um über diejenigenPersonen aufzuklären, die schuldigsind am Schicksal der NS-Opfer

    und die an der Kriegsvorbereitungund -führung und der Unterdrük-kung der Arbeiterbewegung uner-messlich verdienten. »Wir bittenSie, nicht das Beschweigen derStätten hinzunehmen, an denen dieTäter aus der Industrie wirkten.«

    Das bedeutet, so die VVN-BdA:Eine Springorum-Allee – wie sieneuerdings geplant ist – sei unzu-mutbar und nicht hinzunehmen.Anstelle der Hitler-Finanziers und-Förderer Springorum jr. und sen.sollte der Name eines der Opfervom Karfreitag 1945 für die Sied-lung und die Allee gewählt werden.

    Für Innenstadt-Ost bedeute dies:Es sollte auf die Hitler-Finaniersaus der Ruhrlade hingewiesen wer-den. Es sei die Stelle zu markieren,an der sich in Dortmund im Januar

    1933 die Industriellen versammel-ten, die Hitlers Hochkommen un-terstützten. Ferner heiße dies fürDortmund-Eving: Eine Kirdorf-Siedlung sollte es nicht länger ge-ben. Anstelle des Hitler-FinanziersEmil Kirdorf sollte der Name einesNS-Opfers für die Siedlung ge-wählt werden.

    Die Bezirksvertretungen in Hör-de und Aplerbeck wurden schließ-lich aufgefordert, bei der Schaf-fung des künstlichen Phönix-Erho-lungssees »nicht das Andenken andie Opfer der Stahlindustrie von1939-1945 im See zu versenken«.Am Emschertor an der Hermann-straße solle unbedingt an dem Planfestgehalten werden, mit einer Ta-fel an die Todesopfer des Auffangs-und Arbeitserziehungslagers zu er-innern. Ulrich Sander

    NORDRHEIN-WESTFALENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 14 antifa

    Redaktion: Ulrich SanderLandesbüro der VVN-BdA NRW,

    Gathe 55, 42107 Wuppertal,Tel.: (0202) 450629

    Unser Spendenkonto: Pbk Essen,Konto 28212-435, BLZ 36010043

    ver.di Mülheim ehrt Martha HadinskyVVN-BdA nahm an Feierstunde für Widerstandskämpferin teilMit der Entscheidung, den Be-sprechungsraum im Gewerk-schaftshaus Mülheim-Ruhr künf-tig »Martha-Hadinsky-Zimmer«zu nennen, ehrte der ver.di-Be-zirk Mülheim-Oberhausen dasAndenken an die engagierte An-tifaschistin, deren Leben durchgezielte politische »Maßnah-men« des Nazi-Regimes und derAdenauer-Regierung zerstörtwurde.

    »Auch in Mülheim wurden ab1933 Gewerkschaftsmitgliederund Antifaschistinnen und Antifa-schisten politisch verfolgt«, so derver.di-Bezirksvorstand. „Sie wur-den in ihrer Existenz bedroht, ver-haftet und gequält. Für einige Wi-derstandskämpfer setzte sich diepolitische Verfolgung auch in denJahren der Restauration, insbe-sondere unter der Ära Adenauerfort. Eine davon war Martha Ha-dinsky. Mit der beabsichtigten

    Widmung soll ihr ein ehrendes An-denken zuteil werden.«

    Martha Hadinsky war nach1933 am Aufbau einer antifaschi-stischen Jugendorganisation be-teiligt und verteilte Info-Materialgegen das Nazi-Regime. Ihre Wi-derstandsgruppe wurde 1936 zer-schlagen, und die NS-Justiz verur-teilte sie zu 15 Jahren Zuchthaus.

    Nach acht Jahren wurde MarthaHadinsky aufgrund einer TBC-Er-

    krankung entlassen, da man derAnsicht war, dass ihre Krankheittödlich verläuft. Anschließendnahm sie illegale Kontakt zu denAngehörigen des Bombenräum-kommandos des ZuchthausesLüttringhausen auf.

    Nach 1945 erhielt sie eine»Entschädigungsrente«. Sie arbei-tete in der Adenauer-Zeit illegalals Mitglied für die KPD. 1961wurde sie aufgrund dieser Arbeitzu 15 Monaten Haft verurteilt. DieLandesrentenbehörde stellte dieZahlungen ein und forderte dieRückzahlung der geleisteten Ent-schädigungsbeträge. Daraufhinnahm sich Martha Hadinsky dasLeben.

    »Aus der Urteilsbegründung er-gibt sich«, so der Zeitzeuge Gün-ther Daus, »dass die Strafkammerberücksichtigt hat, dass sie zurZeit des Nationalsozialismusschweres Unrecht erlitten hat,dass sie gut beleumdet und noch

    nicht mit dem Gesetz in Konfliktgekommen ist. Als belastend wur-de nur angegeben, dass sich dieKlägerin über einen längeren Zeit-raum mit erheblicher Energie fürdie kommunistische Partei einge-setzt habe.

    Martha Hadinsky schied ausdem Leben, weil sie einfach dieKraft nicht fand, sich gegen dieje-nigen zur Wehr zu setzen, die siepraktisch in den Tod getrieben ha-ben.«

    An der Feierstunde am 4. Maiim Mülheimer Gewerkschafts-haus beteiligten sich unter ande-rem die Bürgermeisterin Renateaus der Beek, der ver.di-Bezirks-Traditions-Beauftragte GünterWolf, Vertreter der jüdischen Ge-meinde, die Landesschatzmeiste-rin der Partei DIE LINKE, Nina Eu-mann und die Vorstandsmitglie-der der VVN-BdA KV-MH MichaelDoetsch und Helmut Hermann.

    Andreas Marquardt

    MarthaHadinsky

    Dortmund bietet viel auf gegen NaziaufmarschAntifaschisten wollen »den Nazis die Räume streitig machen«

    Keine Straßennamen für Hitlerfinanziers

  • SACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009antifa 15

    Zum siebten Mal in Folge gabes in der Zeit vom 15. bis 25.April 2009 die Tage der Demo-kratie und Toleranz in der Regi-on Zwickau. Die im Bündnis fürDemokratie und Toleranz zusam-mengeschlossenen Partner or-ganisierten und veranstaltetenzahlreiche Theateraufführungen,Ausstellungen, Gesprächsrun-den und Vorträge. Sie widmetensich sowohl den Verbrechen desNationalsozialismus als auchdem Vorgehen gegen Rechtsex-tremismus. Ein weiterer Schwer-punkt war die »friedliche Revolu-tion« vor 20 Jahren.

    An den rund 30 angebotenenVeranstaltungen beteiligte sich derVVN-BdA Zwickau in Zusam-menarbeit mit dem Verein Bunt istBesser als Braun e.V. aus Meerane(BiBaB) mit sechs Veranstaltungenwie Besuch der Mahn- und Ge-denkstätte KZ Buchenwald undTeilnahme an der Gedenkveran-staltung des Internationalen Komi-tees Buchenwald-Dora.

    Die Ausstellung »Lea Grundig:Im Tal des Todes« im ZwickauerKulturzentrum »Alter Gasometer«war weiterer Bestandteil der Veran-staltungsreihe. Gezeigt wurdenhochwertige Reproduktionen von17 Tusch-Pinselzeichnungen, diein der Zeit um 1943 im Exil ent-standen und 1944 zunächst in Palä-stina und erneut 1947 in Dresden inBuchform publiziert wurden. Diemeisten der 17 Blätter gelten heu-te als verschollen. Die Ausstellungerhellt somit einen kleinen, aberwichtigen Ausschnitt aus dem Ge-samtschaffen von Lea Grundig. Siehat – wie kaum eine andere deut-

    sche Künstlerin – mit ihrem Wir-ken den Leidensweg der Juden inDeutschland und in Europa doku-mentiert und kämpferisch beglei-tet. Als selbst von den Nationalso-zialisten Verfolgte und Vertriebeneschuf sie beeindruckende Bilderdes Grauens, aber auch der Hoff-nung. Konzipiert ist die Ausstel-lung als kostenfreie Leihgabe derFraktion DIE LINKE im Sächsi-schen Landtag.

    Den Opfern des KZ-Häftlings-Arbeitskommandos bei den Horch-Werken Zwickau wurde mit einemGedenkmarsch gedacht. Der Ein-satz von KZ-Häftlingen in Unter-nehmen war auch in Zwickau gangund gäbe. Bereits ab 1934 warendie zur Auto-Union Chemnitz AGgehörenden Werke Audi und HorchFertigungsstätten für die Rü-stungsproduktion, für Wehr-machtsfahrzeuge, Flugzeuge undTorpedos. Nach Kriegsbeginn wur-den hier mehr als 3000 Zwangsar-beiter eingesetzt. Im August 1944begannen die Vorbereitungen zurErrichtung eines KZ-Häftlings-Ar-beitskommandos bei den Horch-Werken. Eine Dokumentation imStädtischen Museum Zwickau un-ter dem Titel »Rüstungsbetrieb alsMenschenschlachthaus« aus den1980er-Jahren wies nach, dass inden Horch-Werken 520 Menschenvon den SS-Wachmannschaftenumgebracht wurden. Heute erin-nert eine kleine Gedenkstätte imTower Automotive PresswerkZwickau an das ehemalige KZ.

    Seit dem 11. September 1948steht am Schwanenteich im Stadt-park nahe dem Zwickauer Zen-trum, ein »Mahnmal für die Opferdes Faschismus«. An dieser Stellewaren bereits am 12. August 1945die Urnen von 320 umgekomme-nen und ermordeten Häftlingen ausdem KZ-Außenlager im WerkHorch und Mülsen St. Micheln fei-erlich beigesetzt worden. Beige-setzt wurden hier auch die Urnenvon fünf Zwickauer Opfern desNS-Regimes. In den 1960er-Jah-ren entstand an der Stelle der altenGedenkanlage, die abgerissen wur-de, eine neu gestaltete Anlage.

    In einer Podiumsdiskussionwurden gegenwärtige rechte Ent-wicklungen in der Bundesrepubliksowie im Besonderen auch in derRegion Zwickau erörtert. Nebenden Ursachen dieser Entwicklungging es auch um Vorschläge undAnsätze, die diesem Trend entge-genwirken. Als Gesprächspartnerwaren eingeladen René Hahn (Ro-ter Baum e.V. Zwickau), JulianeWetendorf (RAA Sachsen Opfer-beratung Chemnitz), Erika Heitzig(DKP und VVN-BdA Zwickau)sowie Erwin Killat (Ehrenbürger

    der Stadt und Sprecher des Bünd-nis für Demokratie und ToleranzZwickau). Auch die so genanntenFreien Kräfte/Nationale Soziali-sten – getarnt als braves Publikum– versuchten an dieser Veranstal-tung teilzunehmen und Einflussauf die Diskussion zu nehmen.Noch ehe ihnen das gelang, wur-den sie erkannt und aus dem Ge-bäude verwiesen. Hier gilt Null-Toleranz mit jenen, die mit nazisti-schem, rassistischem Gedankengutunsere Welt verpesten.

    Infostände zum Thema »nonpd«und »Keine Nazis in die Parlamen-te« rundeten den Beitrag der VVN-BdA im Rahmen der Tage der De-mokratie und Toleranz ab. Insge-samt können die Veranstaltungendes VVN-BdA Zwickau und desVerein BiBaB im Rahmen der Ta-ge der Demokratie und Toleranzpositiv eingeschätzt werden, auchwenn wir nicht verkennen, dass wiruns zu den Veranstaltungen einegrößere Teilnehmerzahl ge-wünscht hätten. Auch die anderenVeranstaltungen während dieserZeit zeigten, dass die Aufarbeitungder Geschichte ein dauerhafterProzess sein muss und gleicherma-ßen für jede Generation wichtig ist.Nur wer weiß, was in der Vergan-genheit geschah, kann erkennenwie eine andere Zukunft gestaltetwerden kann. Uwe Adamczyk

    GGeeddeennkkeenn uunndd MMaahhnneenn iinn ZZwwiicckkaauuTage der Demokratie und Toleranz 2009

    Teilnehmer des Gedenkmarsches auf dem Gelände der ehemaligenHorch-Werke. Bilder: Uwe Adamczyk

    Eröffnung der Ausstellung zu

    Werken von LeaGrundig.

    Gedenkmarsch erinnertan KZ Flossenbürg

    Podiumsdiskussion zumRechtsextremismus

  • SACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

    BEILAGE · JULI/AUGUST 2009 16 antifa

    SStteelleenn ssoolllleenn OOppffeerrnn iihhrree NNaammeenn ggeebbeennVVN-Landesvorstand Sachsen besucht GedenkstättenMit dem Besuch mehrerer Ge-denkstätten verschafft sich derLandesvorstand Sachsen derVVN-BdA einen unmittelbarenEindruck und Überblick über dieNutzung und die Pflege von Ge-denkstätten im Freistaat. Nacheinem Besuch in Bautzen warnun die Gedenkstätte EhrenhainZeithain bei Riesa Ziel dersächsischen Kameraden.

    Nördlich von Riesa liegt die 6300Einwohner zählende GemeindeZeithain. Hier ist der FördervereinGedenkstätte Ehrenhain Zeithaine.V. unter Leitung von EberhardPaul seit vielen Jahren bemüht, dasAndenken an Tausende Kriegsge-fangene, die bei Zeithain interniertwaren, zu bewahren und die Ge-schichte dieses riesigen Gefange-nenlagers weiter zu erforschen.

    Empfangen wurden die Kamera-den des Landesvorstandes vomLeiter der Gedenkstätte, GeralfGemser, der einen Überblick überdie Entstehung des »Kriegsgefan-genen-MannschaftsstammlagerStalag 304 (IV H) Zeithain« gabund über seine Gestaltung als Ge-denkstätte nach Kriegsende infor-mierte. Unterstützt wurde er vomamtierenden Geschäftsführer derStiftung Sächsische Gedenkstät-ten, Dr. Klaus-Dieter Müller, unddem stellvertretenden Vorsitzen-den des Zeithainer Fördervereins,Bernhard Novotny.

    Der Aufbau von 60 neuen La-gern für sowjetische Kriegsgefan-gene gehörte zu den Vorbereitun-gen des faschistischen Überfallsauf die UdSSR. Jedes dieser Lagersollte im Endausbau 30 000 Gefan-gene unterbringen können. Davonwurden 14 Lager direkt inDeutschland errichtet. Auf demGelände des Truppenübungsplat-zes Zeithain wurde im April 1941mit den Bauarbeiten begonnen. ImJuli 1941 trafen die ersten sowjeti-schen Kriegsgefangenen ein. Sievegetierten anfangs unter freiemHimmel. Das Gelände war ledig-lich durch einen doppelten Stachel-drahtzaun umgeben. Weder Unter-kunftsbaracken noch Zelte für dieUnterbringung standen zur Verfü-gung. Zum Schutz vor der Witte-rung gruben sich die Gefangenen

    Erdhöhlen. Fehlende Brunnen undder dadurch verursachte Wasser-mangel zwangen die Gefangenen,aus Regenpfützen zu trinken. Hun-gerödeme, Skorbut, chronischeDurchfälle breiteten sich rasch ausund schwächten die ohnehin durchKämpfe und lange Transporte ent-kräfteten Gefangenen zusätzlich.

    Diese verheerenden Bedingun-gen nahm das Oberkommando derWehrmacht (OKW) bewusst inKauf. Ruhr-, Typhus- und Fleckfie-berepidemien fielen 1941/42 inZeithain Tausende zum Opfer. VonDezember 1941 bis März 1942wurde über das Lager wegen derFleckfieberepidemie eine Quaran-täne verhängt. Lebten vor derenBeginn noch 10 677 Gefangene imLager, waren es nach ihrem Endeim April 1942 nur noch 3 729.

    Nach der Kapitulation Italienswurde Zeithain, wie zuvor bereits

    für die sowjetischen Kriegsgefan-genen, zu einem Sterbelager auchfür italienische Internierte. Ab Ok-tober 1943 trafen Transporte mititalienischen Kriegsgefangenenein. Infolge der unzureichendenErnährung bei gleichzeitigem Ar-beitseinsatz, unzureichender Ver-sorgung mit warmer Kleidung undMedikamenten erkrankte eine gro-ße Zahl der Italiener innerhalb we-niger Monate an Tuberkulose. DieSterblichkeit stieg in der Folgezeitkontinuierlich an.

    Nach Beendigung des War-schauer Aufstandes am 2. Oktober1944 und der Zusicherung, dass sieals Kriegsgefangene entsprechenddem Kriegsvölkerrecht behandeltwerden, kamen zwei Eisenbahn-transporte mit ca. 1 400 Angehöri-gen der Polnischen Heimatarmee(Armia Krajowa) nach Zeithain. Eshandelte sich um Verwundete,Kranke, medizinisches und sonsti-ges Personal aus verschiedenenWarschauer Krankenhäusern. Eswurden Baracken für die Unter-bringung bereitgestellt, worin dieGefangenen das »Polnische Ar-meelazarett Zeithain« einrichteten.Innerhalb kurzer Zeit gelang es, ei-nen für Zeithain bis dahin nicht er-reichten hygienischen Standard zuerreichen. Hervorzuheben ist indiesem Zusammenhang die Tat-kraft des weiblichen Pflege- undHilfspersonals, dem mehr als 400Frauen und Mädchen angehörten.

    In Zeithain ließen über 30 000Kriegsgefangene, davon der weit-aus überwiegende Teil Sowjetsol-daten, ihr Leben. Sie wurden in rie-sigen Massengräbern verscharrt.Am 23. April 1945 befreiten Ein-heiten der Roten Armee dasKriegsgefangenenlager Zeithai