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Ausgabe 107 | April 2012 Public Services Newsletter Informationen für die öffentliche Hand und NPOs für Deutschland, die Schweiz und Österreich Herzlich willkommen zum aktuellen Public Services Newsletter für Deutschland, die Schweiz und Österreich! Wir hoffen, Ihnen mit diesem Newsletter wieder interessante Beiträge bieten zu können und wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre. Wenn Sie Anregungen oder Kommentare haben, freuen wir uns über eine E-Mail an [email protected] . Mit freundlichen Grüßen Hans-Peter Busson Bernadette Koch Elfriede Baumann [email protected] [email protected] [email protected]

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Ausgabe 107 | April 2012

Public ServicesNewsletter

Informationen für die öffentliche Hand und NPOs für Deutschland,

die Schweiz und Österreich

Herzlich willkommen

zum aktuellen Public Services Newsletter für Deutschland, die Schweiz und Österreich!

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Newsletter wieder interessante Beiträge bieten zu können und wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre. Wenn Sie Anregungen oder Kommentare haben, freuen wir uns über eine E-Mail an [email protected]. Mit freundlichen Grüßen Hans-Peter Busson Bernadette Koch Elfriede Baumann [email protected] [email protected] [email protected]

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Ernst & Young Public Services, Ausgabe 107 | April 2012 2

Tipps & Trends Public Services Kompetenzteams 04 Ihr Ernst & Young Public Services Team stellt sich vor In dieser Ausgabe: Steuerberatung für Non-Profit-Organisationen Länderübergreifende Themen 07 Die Evolution des vernetzten Bürgers Deutschland 10 Unterstützung der Beteiligungsverwaltung öffentlicher Eigentümer 13 Planungsrechtliche Zulässigkeit von Windkraftanlagen 16 BFH: Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – droht ein Ende der

nichtsteuerbaren hoheitlichen Beistandsleistung? 18 Neue Regeln für den Ausgleich für Dienstleistungen von allgemeinem

wirtschaftlichen Interesse (DAWI) 19 Handlungsbedarf im Bereich der Umsatzsteuer aufgrund aktueller Rechtsprechung

des BFH 21 Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG für eine ehrenamtliche

Tätigkeit – BMF-Schreiben vom 02.01.2012 (BStBl. I 2012, S. 59) und vom 21.03.2012

22 Gewinnermittlung bei Betrieben gewerblicher Art - Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG

aufgrund der Doppik ausgeschlossen? 23 Auswirkungen eines zwischenzeitlichen Unterschreitens der Umsatz- bzw.

Gewinngrenzen auf das steuerliche Einlagekonto 25 Steuerrisiken aus EU-Beihilfen 26 EGMR: Kirchen dürfen Beschäftigungsverhältnisse ohne den Staat regeln 28 VG Berlin: Keine neuen Referendarstellen ohne verabschiedeten Haushalt 29 BGH: Rückforderung von Investitionszuschüssen bei Wahl der falschen Vergabeart 31 Bundesrat: Subsidiaritätsrüge gegen EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe 32 OLG Frankfurt: Zur Inhouse-Vergabe beim Stadtwerk 34 Verspäteter Kurierdienst: Wann kann der Bieter Schadensersatz verlangen?

Inhalt

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Ernst & Young Public Services, Ausgabe 107 | April 2012 3

Inhalt

Schweiz 36 Wer kontrolliert in Zukunft die Schweizer Wasserkraft? Österreich 38 Ausgliederung auf private Rechtsträger – Befreiungen von Gebühren und

Verkehrssteuern

Termine 40 Veranstaltungen

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Tipps und Trends Public Services Kompetenzteams

Ihr Ernst & Young Public Services-Team stellt sich vor In dieser Ausgabe: Steuerberatung für Non-Profit-Organisationen Unser Public Services-Team kennt die Herausforderungen, vor denen Non-Profit-Organisationen stehen. Aus unserer langjährigen Prüfungs- und Beratungstätigkeit wissen wir, wo sich die besonderen Hürden und Stolpersteine befinden und wie sie sich bewältigen lassen. Für eine optimale Betreuung von Non-Profit-Organisationen haben wir die Fachkompetenz unserer Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Risk- und Performanceberater sowie unserer Immobilienspezialisten in unserem Public Services-Team gebündelt. So können wir Ihnen zu allen aktuellen Herausforderungen umfassende Beratungs- und Lösungskonzepte anbieten. In dieser Ausgabe des Public Services-Newsletters stellen wir unseren Bereich „Steuerberatung für Non-Profit-Organisationen“ vor. Die Bedeutung von gemeinnützigen Stiftungen, Vereinen und anderen Non-Profit-Organisationen für das öffentliche Gemeinwesen nimmt immer mehr zu. Das bürger-schaftliche Engagement dieser Organisationen in sozialen, wissenschaftlichen und anderen Bereichen ersetzt dabei nicht einfach die bisherige staatliche Aufgaben-erfüllung, sondern geht in vielen Fällen weit darüber hinaus.

Dabei steht dieses bürgerschaftliche Engagement im Spannungsfeld zwischen ideeller Zielsetzung und Marktanforderungen. Zur Finanzierung ihrer Aufgaben sind Non-Profit-Organisationen verstärkt auch auf wirtschaftliche Tätigkeiten angewiesen. Aus fiskalischen sowie wettbewerbsrechtlichen Gründen richtet die Finanzverwaltung zugleich ihren Fokus verstärkt auch auf Non-Profit-Organisationen. Gesetzes-änderungen und die ständige Weiterentwicklung der Rechtsprechung erschweren dabei zunehmend die Übersicht über alle relevanten Themen des Steuer- und Gemeinnützigkeitsrechts.

Die Aufgaben, die von Non-Profit-Organisationen erfüllt werden müssen, sind äußerst vielfältig. Zugleich sind zahlreiche gemeinnützigkeitsrechtliche und steuerrechtliche Anforderungen zu berücksichtigen. Dies wirft für die Verantwortlichen verschiedene Fragen auf:

► Wie können ideelle Ziele nachhaltig verfolgt werden?

► Welche – insbesondere wirtschaftlichen – Tätigkeiten sind mit den Satzungsvorgaben und dem Gemeinnützigkeitsrecht vereinbar?

► Wie lassen sich die finanziellen Spielräume – beispielsweise durch Fundraising – erweitern?

► Was muss bei der Anlage von (Stiftungs-) Vermögen beachtet werden?

► Wie können die internen Prozesse effizient und zukunftsfähig gestaltet werden?

► Welche Konsequenzen hat die Auslagerung von Teilbereichen (Outsourcing)?

Ihr Bedarf

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Tipps und Trends Public Services Kompetenzteams

► Wie werden Teilbereiche steuerlich optimiert?

► Welche Möglichkeiten gibt es, um Aufgaben in Kooperation mit anderen gemeinnützigen und staatlichen Einrichtungen oder sogar mit privaten Unternehmen zu erfüllen?

Wir von Ernst & Young haben uns darauf spezialisiert, gemeinsam mit Ihnen praktikable Lösungsansätze unter Berücksichtigung der genannten Zielkonflikte zu entwickeln und umzusetzen. Unser Public Services-Team verfügt über langjährige Erfahrung und profunde Sachkenntnis in der steuerlichen Beratung von Non-Profit-Organisationen. Von diesem Erfahrungsschatz profitieren Sie. Unser Ziel ist es, Sie hinsichtlich der gestiegenen Anforderungen an Stiftungen, Vereine und andere Non-Profit-Organi-sationen steuerlich optimal zu beraten. Unser Public Services-Team besteht aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten. Unser gesamtes Spezial-wissen in der komplexen Materie des Steuer- und Gemeinnützigkeitsrechts steht Ihnen zur Verfügung, damit Sie die Beratung erhalten, die Sie nach vorne bringt.

Bei unseren Mandanten handelt es sich insbesondere um Wohlfahrtsorganisationen, Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Kultureinrichtungen, Spenden sammelnde Organisationen, Berufsverbände und berufsständische Kammern sowie kirchliche Einrichtungen. Sie werden in den unterschiedlichsten Rechts- und Organi-sationsformen tätig, wie z.B. Stiftungen des privaten Rechts, Vereine, (gemeinnützige) Kapitalgesellschaften, juristische Personen des öffentlichen Rechts, Regie- und Eigenbetriebe (Zweckbetriebe), unselbstständige Stiftungen und Zweckvermögen.

Keine Non-Profit-Organisation ist wie die andere. Darum haben wir unser Leistungs-spektrum auch auf deren unterschiedliche Anforderungen abgestimmt – damit wir Sie bestmöglich beraten können. Es entspricht dabei unserer Kultur, nicht aus dem „Elfenbeinturm“ heraus zu beraten, sondern Ergebnisse gemeinsam und interaktiv mit Ihnen zu erarbeiten. Nachfolgend finden Sie im Überblick unsere Leistungen – zugeschnitten auf Stiftungen, Vereine und andere Non-Profit-Organisationen:

► allgemeine steuerliche Beratung

► Gemeinnützigkeitsrecht (insbesondere Einkommensermittlung nach Sphären, Entwicklung und Darstellung der steuerlich zulässigen Rücklagenbildung, Fragen der gemeinnützigkeitskonformen Mittelbeschaffung und -verwendung)

► Spendenrecht

► Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrecht

► Umsatzsteuerrecht

► laufende steuerliche Beratung einschließlich der Erstellung von Steuererklärungen und Mittelverwendungsrechnungen

► Gestaltungsberatung unter besonderer Berücksichtigung der steuerlichen Aspekte

► Entwicklung steueroptimierter Strukturen bei Outsourcing wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, Fusionen oder Kooperationen einschließlich Abstimmung mit der Finanzverwaltung

► Bearbeitung steuerlicher Spezialfragen, z.B. Betreuung von Betriebsprüfungen oder Prüfung vertraglicher Gestaltungen

► Beratung beim Verlust oder der Aufgabe der Gemeinnützigkeit

► Einlegen von Rechtsbehelfen und Führen von Klageverfahren vor den Finanz-gerichten

► Unterstützung bei der Deklaration im Rahmen der Aufarbeitung von zurück-liegenden Veranlagungszeiträumen.

Unser Beratungsangebot

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Tipps und Trends Public Services Kompetenzteams

Daneben beraten wir in beachtlichem Umfang Privatpersonen und Unternehmen bei der Errichtung von Stiftungen, unter anderem im Zusammenhang mit Nachfolgelösungen. Unser Fachwissen umfasst dabei auch die Besonderheiten und Problemstellungen bei der steuerlichen Beratung von Familienstiftungen. g

Ansprechpartner

Markus Ender Thilo Scharfenecker Ernst & Young Stuttgart Ernst & Young Stuttgart Telefon +49 711 9881 15275 Telefon +49 711 9881 1877 [email protected] [email protected] Stephan Hauptmannl Prof. Dr. Manfred Orth Ernst & Young Stuttgart Ernst & Young Eschborn Telefon +49 711 9881 14992 Telefon +49 6196 996 28065 [email protected] [email protected] Martina Weisheit Heike Sökeland Ernst & Young Eschborn Ernst & Young Köln Telefon +49 6196 996 17010 Telefon +49 221 2779 25518 [email protected] [email protected]

Christoph Vogel Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 16018 [email protected]

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Tipps und Trends Länderübergreifende Themen

Die Evolution des vernetzten Bürgers Der Bürger nutzt heute zunehmend Online-Kanäle für seine sozialen und wirtschaftlichen Interaktionen. Der individualisierte Zugriff auf Informa-tionen und Informationsdienstleistungen immer und überall gehört heut-zutage zum gängigen Standard. Das hat auch Auswirkungen auf die Gestaltung künftiger E-Government-Dienstleistungen. Die zunehmende Erwartungshaltung der Bürger hat weitreichende Konsequenzen für die Bereitstellung von E-Government-Dienstleistungen. Dies betrifft nicht nur die Möglichkeit einer einfacheren und schnelleren Interaktion des Bürgers mit den öffentlichen Verwaltungen, sondern führt auch zu immer nachdrücklicheren Forderun-gen nach einem transparenteren Zugang zu staatlichen Daten sowie nach einem umfassenderen Modell der Bürgerbeteiligung.

Das Konzept des Web 2.0 Das Konzept des „Web 2.0“ – also die Anwendung interaktiver und kollaborativer Elemente des Internets - ist nun weitgehend etabliert und bezieht sich auf die Evolution der Internetnutzung weg von der eher „statischen“ Informationsbereitstellung hin zu einem interaktiven, kollaborativen und partizipativen Modell. Das Konzept des Web 2.0 ist inzwischen auch auf den Bereich der öffentlichen Verwaltung ausgedehnt worden, wo der Begriff „Government 2.0“ die Anwendung der Konzepte und Technologien des Web 2.0 auf staatliche, kommunale und sonstige behördliche Aktivitäten und insbesondere die direktere Interaktion mit dem Bürger bezeichnet.

Viele Träger der öffentlichen Verwaltung haben Erfahrungen mit Government 2.0-Ansätzen gesammelt. Die Erfahrung zeigt, dass die Umsetzung des Web 2.0 in anderen Branchen sehr viel raschere Fortschritte macht als dies beim Government 2.0 der Fall ist. Die daraus entstehende Lücke zwischen der Erwartungshaltung der Bürger und dem Status Quo ist für die öffentliche Verwaltung nicht unproblematisch, zeigt aber gleichzeitig, dass noch ein großes ungenutztes Potenzial besteht, um einer engagierteren Öffentlichkeit einen deutlich größeren Mehrwert zu bieten.

Unsere Government 2.0 Value Map Ernst & Young hat dazu eine Government 2.0 Value Map entwickelt, in der die wesentlichen Bereiche beleuchtet werden, in denen die Anwendung von Web 2.0-Konzepten den Trägern der öffentlichen Verwaltung einen zusätzlichen Nutzen bringen kann (siehe Abbildung).

Weltweit sind zahlreiche Initiativen auf den Weg gebracht worden, die den Wert von Government 2.0-Ansätzen verdeutlichen. Im Folgenden haben wir eine wirksame Government 2.0-Initiative in einer großen deutschen Behörde beschrieben, die von Ernst & Young unterstützt wird:

► Wie von vielen anderen Unternehmen des öffentlichen Dienstes werden bereits verschiedene Angebote der Behörde über das Internet bereitgestellt. Diese Angebote existieren jedoch nur für vereinzelte Dienstleitungen und werden von den Kunden nicht in ausreichendem Maß wahrgenommen. Umfragen unter den Kunden haben gezeigt, dass der Online-Kanal unter vielen Kunden gefragt ist. Knapp 50 % der Kunden können sich z.B. vorstellen, Produkte über das Internet zu beantragen. Zudem würden sie es sich laut Umfrage wünschen, besser über den Mehrwert der Angebote informiert zu werden.

Trend zu interaktiven E-Government-Dienstleistungen

Unser Beispiel aus der Beratungspraxis:

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Tipps und Trends Länderübergreifende Themen

► Um den Anforderungen der Kunden in Bezug auf das E-Government besser gerecht werden zu können, hat sich die Behörde dazu entschlossen, die Angebote zur Online-Antragstellung zu erweitern. Zukünftig soll es den Kunden ermöglicht werden, Anträge für verschiedene Anliegen innerhalb eines E-Government-Portals stellen zu können. Mit Funktionen wie z.B. der Ansicht von Bescheiden oder des aktuellen Arbeitsstands von Anträgen soll dem Wunsch des Kunden nachgekommen werden, Anträge jederzeit bequem von zuhause zu bearbeiten.

► Neben der Erweiterung der Online-Angebote sollen die Vorteile von sozialen Medien für die Behörde genutzt werden. Auf Facebook soll ganz nach dem Beispiel von „Telekom hilft“ (http://www.telekom-hilft.de/) ein Kanal zur Verfügung gestellt werden, bei dem ein Team aus Mitarbeitern der Behörde auf Fragen der Kunden eingeht und über neue Produkte und Dienstleistungen zielgruppengerecht informiert. Hierdurch wird eine erhöhte Interaktion mit dem Kunden ermöglicht und Kundenmeinungen können erkannt und genutzt werden. Zudem werden vorhandene Kunden an die Behörde gebunden und neue Zielgruppen erreicht.

► Während bei der Nutzung von sozialen Medien insbesondere die Kundenbindung und Neukundengewinnung im Vordergrund stehen, sind bei der Entwicklung eines E-Government-Portals auch interne Einsparungen maßgebend. So ist z.B. mit erheblichen Ersparnissen durch die Reduktion von Papier- und Portokosten sowie durch die Automatisierung der Dateneingabe zu rechnen. Dies führt letztlich dazu, dass interne Prozesse schneller ablaufen und Anträge schneller bearbeitet werden können.

Die öffentlichen Verwaltungen sollten die Vorteile prüfen, die sich aus der Nutzung des Web 2.0 ergeben, um der Öffentlichkeit bessere Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen die damit einhergehenden Risiken nicht außer Acht bleiben und durch entsprechende Maßnahmen adressiert werden.

Government 2.0 Value Map

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Tipps und Trends Länderübergreifende Themen

Die Herausforderungen Der Weg zum Government 2.0 beinhaltet jedoch auch einige Herausforderungen, denen frühzeitig begegnet werden sollte:

► Sicherstellung eines effektiven Veränderungsmanagements, um Auswirkungen auf die interne Aufbau- und Ablauforganisation frühzeitig zu erkennen und umzusetzen

► Entwicklung einer angemessenen IT-Infrastruktur, um sicherzustellen, dass die Bürger das neue System im täglichen Einsatz effizient nutzen können

► Protokolle und Informationsmanagement mit Fokus auf Datenqualität und -genauigkeit

► Datensicherheit und Datenschutz

Die wesentlichen Überlegungen, die eine öffentliche Verwaltung anstellen sollte, sind folgende:

► Aus welchen Gruppen setzt sich die Ziel-Community zusammen?

► Wie kann man online effektiv mit der Ziel-Community interagieren?

► Wie kann man Partizipation und Bürgerbeteiligung nachhaltig erhöhen?

► Welcher Zusatznutzen könnte durch die Community im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Informationen geschaffen werden?

► An welchen Fähigkeiten mangelt es in der Behörde?

► Wie lässt sich der Erfolg der Initiativen messen? Fazit Die sich entwickelnden Online-Technologien bergen ein immenses Potenzial im Hinblick auf neuartige und innovative Interaktionsformen mit dem Bürger und die Modernisierung des öffentlichen Dienstleistungsangebots unter Einbeziehung der Bürger. Diese stärkere Beteiligung wird wahrscheinlich nicht nur insgesamt die Zufriedenheit der Bürger erhöhen, sondern gleichzeitig die Kosten für den Staat reduzieren und es diesem ermöglichen, mit weniger Mitteln mehr zu erreichen.

Angesichts des raschen Wandels sozialer und technologischer Trends liegt das größte Risiko für die öffentliche Hand in der Passivität, diesen Trends nicht zu folgen.

Für weitere Informationen und Diskussionen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner gerne zur Verfügung: g

Ansprechpartner

Alexander Seibel Gabriel Linder Ernst & Young Hamburg Ernst & Young Hamburg Telefon +49 40 36132 12387 Telefon +49 40 36132 12244 [email protected] [email protected] Thomas Acker Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 11868 [email protected]

Mehr erreichen mit weniger Aufwand

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Tipps und Trends Deutschland

Unterstützung der Beteiligungs-verwaltung öffentlicher Eigentümer Beteiligungsverwaltungen öffentlicher Eigentümer sind oft personell ungenügend ausgestattet, um eine angemessene Steuerung umfang-reicher Beteiligungsportfolios zu gewährleisten. Eine solche ist allerdings erforderlich, wenn es gilt, die langfristigen Interessen des Eigentümers wahrzunehmen, die für die Aufsichtsgremien und für den Rat der Kommune erforderliche Transparenz, die Übereinstimmung mit gesetz-lichen Normen und eigenen Regelwerken sicherzustellen und um letztlich auch den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu garantieren. Nicht zuletzt erwarten die Vertreter in den Aufsichtsgremien auch wegen der drohen-den persönlichen Haftung für Fehlverhalten eine sorgfältige und gewissen-hafte Information und Vorbereitung der Gremiensitzungen. Damit dies auch bei ungenügender Personalausstattung gewährleistet bleibt, bietet Ernst & Young auch externe Unterstützungsleistungen für das Beteiligungsmanagement der öffentlichen Hand an. Ausgangslage bei der Kommune In den Landesverwaltungen sind üblicherweise Beteiligungsverwaltungen in den jeweiligen Ministerien zuständig für die Betreuung der ihnen zugewiesenen Beteiligungen oder sonstigen Einrichtungen (Anstalten öffentlichen Rechts, Landesbetriebe, Stiftungen usw.). Gleichzeitig müssen sie auch die Vertreter ihrer Behörde, die in Aufsichtsgremien tätig sind, auf die anstehenden Entscheidungen vorbereiten. Noch stärker in der Verwaltung von Beteiligungen gefordert und engagiert sind mittlere und große Kommunen, deren aus der Kernverwaltung ausgegliederter Bereich nicht selten mehr Personal vorhält oder mehr Investitionen tätigt als die eigentliche Kernverwaltung selbst. Die Bandbreite der Gesellschaften, Betriebe und Einrichtungen in diesem ausgegliederten Bereich reicht von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung bis hin zu ausgegliederten Eigenbetrieben und sonstigen Einrichtungen; darunter finden sich marktnah agierende und gewinn-orientierte Unternehmen ebenso wie zuschussbedürftige Einrichtungen im Sozial- oder im Kulturbereich. Diese kommunalen Unternehmen oder Einrichtungen sind in vielen Branchen tätig: Wohnungsbau, Immobilienwirtschaft, Verkehr, Energie, Versorgung, Entsorgung, Kulturbetrieb, Wohlfahrtseinrichtungen, Sparkassen u.a.

Mangelnde Personalkapazitäten Ein solches Portfolio stellt an die Beteiligungsverwaltungen öffentlicher Eigentümer höchste Ansprüche. Vielfach fehlt es aber an einer sowohl quantitativ als auch qualitativ hinreichenden Personalausstattung. Daher lesen sich viele Beteiligungs-berichte, die nicht selten mit zweijähriger Verzögerung erscheinen, oft wie Wieder-gaben der Lageberichte der Gesellschaften oder Einrichtungen und lassen jede eigene Portfolioanalyse oder jede Absicht von Zielsetzung und Steuerung vermissen. Gleich-wohl stellt das gesetzliche Regelwerk für Unternehmen in privater Rechtsform höchste Anforderungen an die Ausübung der Aufsichtstätigkeit bis hin zur persönlichen Haftung für Mandatsträger. Die meisten Beteiligungsverwaltungen der öffentlichen Hand müssten zu einem Beteiligungsmanagement entwickelt werden, dass über die reine Verwaltung hinaus, einen strategischen Ansatz verfolgen sollte, der die gezielte Steuerung der rechtlich verselbständigten Einheiten ermöglicht und damit die Interessen der Eigentümer stärker zur Geltung bringt.

Weniger Ressource und gestiegene Anforderungen

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Tipps und Trends Deutschland

Die oft nicht ausreichende Personalausstattung hat viele Gründe. In der Vergangenheit haben kommunale Unternehmen und sonstige ausgegliederte Bereiche sehr selbständig agiert, so dass man für die Personalausstattung nur geringe Mittel eingesetzt hat. In jüngster Zeit sind jedoch die rechtlichen Anforderungen an die Wahrnehmung von Aufsichtsmandaten ständig gewachsen, gleichzeitig erfordert das Neue Kommunale Finanzmanagement eine stärkere Integration der ausgegliederten Bereiche in einen Gesamtabschluss der Kommune, und infolgedessen wird eine stärkere Steuerungsaktivität der Kommune erwartet bzw. verlangt.

Unsere Unterstützungsleistungen Ernst & Young kann Unterstützungsleistungen für die Beteiligungsverwaltung öffent-licher Eigentümer bereitstellen. Im Rahmen einer solchen Unterstützungsleistung für eine Beteiligungsverwaltung sollte diese im Hinblick auf die besonderen Erfordernisse im öffentlichen Bereich proaktiv, risikoorientiert und auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung (Compliance) hin ausgerichtet sein.

Proaktiv heißt, dass eine Unterstützung bereits bei der Aufstellung der Wirtschafts-pläne beginnen sollte, um die Interessen des Eigentümers zur Geltung zu bringen, d.h. die Ziele klar zu definieren, die Schlüssigkeit der Planungen zu analysieren, und die Planungen auch unter Risikogesichtspunkten zu bewerten. Proaktiv heißt aus unserer Sicht aber auch, auf anstehende Änderungen von Rahmenbedingungen (z.B. Gesetzes-änderungen oder Anpassungen der Public Corporate Governance and Compliance) unmittelbar hinzuweisen und diese bei der Unterstützungsarbeit direkt zu berück-sichtigen.

Risikoorientiert heißt, dass wir empfehlen, bereits im Vorfeld der Prüfung der Jahresabschlüsse, als Mehrheitsgesellschafter bei Beteiligungsunternehmen oder anderen Einrichtungen, in denen der öffentliche Eigentümer den Vorsitz in Kontroll- oder Steuerungsgremien hat, auch mit den jeweiligen Prüfern die Prüfungsschwerpunkte für das jeweils zu prüfende Geschäftsjahr abzustimmen. Auf diese Weise lassen sich latente Risiken identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung ableiten.

Compliance bedeutet, dass Prüfberichte der Jahresabschlussprüfer sowie andere geeignete Dokumente (wie z.B. Entscheidungsvorlagen) daraufhin untersucht werden sollten, ob sich Anhaltspunkte für Abweichungen von Normen oder Verstöße gegen einschlägige Regelwerke oder auch z.B. gegen Zuwendungsbescheide etc. ergeben.

Eine solche Beratungsleistung könnte folgende Module enthalten:

► Vorbereitung der Gremienmitglieder

► Bewertung von Wirtschaftsplänen und Mitwirkung an der Erstellung

► Anlassbezogene Stellungnahmen auf Anforderung

► Beratungsgespräche mit zuständigen Referaten und Gremienmitgliedern

► Analyse von Jahresabschlüssen und Prüfberichten.

Unser Service:

Proaktiv

Risikoorientiert

Compliant

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Tipps und Trends Deutschland

Nach Vorliegen der Jahresabschlüsse und Prüfberichte werden diese gesichtet und analysiert und in standardisierter Form samt Hinweisen auf Auffälligkeiten, Probleme oder Risiken zur Verfügung gestellt. Dazu wird die Konsistenz der in den Prüfungs-berichten oftmals zur wirtschaftlichen Lage getroffenen Aussagen untersucht bzw. es können aus den beschriebenen Daten und Fakten weitere Fragestellungen identifiziert werden, die für die Lage und Entwicklung der untersuchten Einrichtung und damit auch für die Belange der Gesellschafter oder Aufsichtsgremien wichtig sind. Die Bewertung der Jahresabschlüsse erfolgt sowohl im Rahmen eines Periodenvergleichs (möglichst drei bis fünf Jahre) als auch im Abgleich mit den Wirtschaftsplänen. Auf diese Weise lassen sich frühzeitig langfristige Trends und auch die Verlässlichkeit und Zielgenauigkeit der Wirtschaftspläne bewerten.

► Vorbereitung der Gremienmitglieder

Nach Besprechung der erstellten Analysen mit dem Beteiligungsreferat werden Vorschläge für die Diskussion in den Gremien bis hin zu Empfehlungen für das Abstimmungsverhalten erarbeitet, die den Gremienmitgliedern zur Verfügung gestellt werden können. Bei Bedarf können diese Empfehlungen selbstverständlich auch mit den Gremienmitgliedern zuvor erläutert bzw. erörtert werden.

► Bewertung von Wirtschaftsplänen und Mitwirkung an der Erstellung

In der Regel werden die Wirtschaftspläne von den Vorständen, Geschäftsführungen oder anderen Leitungsgremien erstellt. Es empfiehlt sich jedoch, überall dort, wo der öffentliche Eigentümer als alleiniger oder als Mehrheitsgesellschafter oder aber auch als Finanzierer, über einen wesentlichen Einfluss verfügt, die Entwürfe dieser Wirtschaftspläne zuvor durch die Beteiligungsverwaltung zu prüfen. Gegebenenfalls sollten die Entwürfe mit den Vorständen oder Geschäftsführungen vor Einbringung der Wirtschaftspläne in die Gremien erörtert werden, um sicherzustellen, dass die Interessen des Eigentümers erfüllt oder gewahrt bleiben. Ein wesentlicher Rückschluss zur Beurteilung der angewendeten Planungsprozesse liegt dabei in der Stimmigkeit der oftmals im Nachgang zu erläuternden Plan-Ist-Abweichungen.

► Anlassbezogene Stellungnahmen auf Anforderung

Vielfach werden Beteiligungsverwaltungen mit Sonderproblemen konfrontiert. Selbstverständlich ist es möglich, auch kurzfristig anlassbezogene Stellungnahmen hierzu abzugeben. Im Rahmen der Unterstützungsleistung könnten hier, falls dies erforderlich sein sollte, auch unter Hinzuziehung eigener Experten (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Compliance-Experten, Immobilienfachleute, IT-Experten, etc.) bei anspruchsvollen Fragestellungen zeitnah Stellungnahmen abgegeben und gegebenen-falls Vorschläge zu weiteren Prüfungen oder Optimierungen erarbeitet werden.

► Beratungsgespräche mit zuständigen Referaten und Gremienmitgliedern

Laufende Beratungsgespräche mit der Beteiligungsverwaltung können dazu beitragen, insgesamt die Qualität der Beteiligungsverwaltung zu entwickeln. Die hier vorgeschla-gene Konzeption wird auf Dauer auch die reine Verwaltung der Beteiligungen zu einem Beteiligungsmanagement entwickeln können. Beratungsgespräche mit Gremien-mitgliedern halten wir dann für geboten, wenn sich aus den Prüfungen und Empfehlun-gen kritische Auseinandersetzungen oder Diskussionen in den Aufsichtsgremien ergeben könnten.

Eine weitergehende Unterstützungsleistung könnte darin bestehen, dass wir mit der Beteiligungsverwaltung eine den Anforderungen des Eigentümers entsprechende kontinuierliche unterjährige Berichterstattung einführen oder optimieren, damit die Beteiligungsverwaltung und die Gremienvertreter auch laufend (in vertretbaren Intervallen) über den Geschäftsverlauf informiert werden können. Dies wären auch die Basis und die Voraussetzung für eine aktive Steuerung der Gesellschaften und Einrichtungen.

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Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sind wir selbstverständlich mit der Analyse von wirtschaftlichen Daten, der zweckentsprechenden Aufbereitung verschiedenster Informationsgrundlagen (z.B. aus § 53 HGrG) und der Risikoidentifikation aus der Durchsicht von handelsrechtlichen Jahresabschlüssen bestens vertraut. Überdies können wir nach Bedarf auch steuerliche Expertisen und Erfahrungen aus der Managementberatung aus unserem Hause kurzfristig abrufen. Wir verfügen insbesondere auch im öffentlichen Bereich, sowohl bei staatlichen wie auch bei kommunalen Körperschaften durch unsere Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer, Steuer-berater, Managementberater und Rechtsanwälte über vielfältige Erfahrung, die wir einbringen können. g

Ansprechpartner

Manfred Morgenstern Jörg Brüggemann Ernst & Young Düsseldorf Telefon +49 211 9352 14327 [email protected]

Ernst & Young Düsseldorf Telefon +49 211 9352 14327 [email protected]

Planungsrechtliche Zulässigkeit von Windkraftanlagen Seitdem der Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland beschlossen ist, ist das öffentliche Interesse an der Windkraft rasant gestiegen. Viele Städte und Gemeinden planen, Standorte für Windparks festzulegen, um politisch, vor allem aber wirtschaftlich vom Windkraft-Boom zu profitieren. Während die Gemeinde grundsätzlich ein Interesse daran hat, die Errichtung von Windkraftanlagen räumlich zu steuern und zu konzen-trieren, wird der Investor oder Betreiber daran interessiert sein, den Ort für seine Anlage entsprechend seinen Bedürfnissen frei wählen zu können. Für die Bewohner der Gemeinde ist wiederum entscheidend, dass die Windkraftanlagen keine Störungen ihrer Wohnqualität verursachen. In diesem Zusammenhang spielen die planungs- und raumordnungsrecht-lichen Vorschriften eine entscheidende Rolle, denn sie geben den planungsrechtlichen Gestaltungsspielraum der Gemeinden vor und enthalten zugleich wichtige Beschränkungen der Planungsfreiheit. Bauplanungsrechtliche Grundlagen Die zentrale bauplanungsrechtliche Regelung für Windkraftanlagen findet sich in § 35 BauGB, welcher die Zulässigkeit von Bauvorhaben im sogenannten Außenbereich, also außerhalb von zusammenhängend bebauten Gebieten regelt. Im Außenbereich ist ein Vorhaben zur Nutzung von Windenergie zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

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Tipps und Trends Deutschland

Öffentliche Belange Wann einer Windkraftanlage öffentliche Belange entgegenstehen, ist jedoch nicht abschließend geregelt. § 35 BauGB enthält hierzu zwar eine Aufzählung von Fällen, in denen „insbesondere“ eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, z.B. wenn das Vorhaben dem Flächennutzungsplan widerspricht oder schädliche Umweltein-wirkungen hervorrufen kann, jedoch ist diese Aufzählung nicht abschließend, so dass diese Frage im konkreten Einzelfall nicht immer eindeutig zu beantworten ist. In der Praxis von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die ergänzende Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben in der Regel (also vorbehaltlich eventueller Ausnahmen) auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

Ziele der Raumordnung Bei den vorgenannten „Zielen“ der Raumordnung handelt es sich um verbindliche Vorgaben zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Diese sind von den Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung zwingend zu beachten. Somit ist es möglich, auf der Ebene der Raumordnung (entweder in landesweiten Raumordnungsplänen oder in Regionalplänen für Teilräume der Länder) unmittelbaren Einfluss auf die örtliche Planung der Gemeinden zu nehmen, indem bereits im Raumordnungs- oder Regionalplan Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen und als verbindliche Ziele vorgegeben werden. Die Frage, wann eine Ausweisung im Raumordnungsplan Zielcharakter hat, wird nicht einheitlich beantwortet. Es besteht allerdings insoweit Einigkeit, dass die Festlegung von sogenannten Vorranggebieten als Ziel der Raumordnung anzusehen ist.

Festsetzung von Vorranggebieten Vorranggebiete sind solche Gebiete, die für bestimmte raumbedeutsame Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Nutzungen nicht vereinbar sind. Mit der Ausweisung eines Windvorranggebietes kann daher eine Ausschlusswirkung gegenüber unvereinbaren Nutzungen erreicht werden, jedoch wirkt diese Ausschlusswirkung grundsätzlich nur innerhalb des Vorranggebietes und nicht außergebietlich. Die Festlegung eines Windvorranggebietes im Raumordnungsplan würde somit grund-sätzlich noch nicht bewirken, dass Windkraftanlagen außerhalb des Windvorrang-gebietes in der Regel unzulässig sind, wie es die Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorsieht. Dies stellt sich jedoch anders dar, wenn die Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen zugleich mit dem Ausschluss entsprechender Vorhaben auf den übrigen Flächen des Plangebietes verbunden ist. Um dies zu erreichen, ist im Raumordnungsgesetz die Möglichkeit vorgesehen festzulegen, dass das Vorranggebiet zugleich die Wirkung eines Eignungsgebietes für Windkraftanlagen haben soll, denn Eignungsgebiete zeichnen sich dadurch aus, dass entsprechende Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Eine Gemeinde wäre unter diesen Umständen auch daran gehindert, Windvorrangflächen in ihrem Flächennutzungsplan auszuweisen, die nicht bereits im Geltungsbereich der im Raumordnungs- oder Regionalplan ausgewiesenen Windvorrangfläche liegen. Denn die Gemeinde unterliegt einem überregionalen Anpassungsgebot, wonach die Bauleitpläne (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) den Zielen der Raumordnung anzupassen sind. So ist es den Gemeinden zwar möglich, auf der Ebene der Bauleitplanung die Vorgaben der Raumordnung weiter zu konkretisieren, jedoch darf dadurch das vorgegebene Ziel der Raumordnung nicht ausgehöhlt werden.

Einfluss auf örtliche Planung mit kommunaler Raumordnung

Ausweisung als Windvorranggebiet schließt entgegenstehende

Nutzung aus

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Gestaltungsmöglichkeiten für die kommunale Bauleitplanung Soweit der Raumordnungs- oder Regionalplan jedoch keine Ausschlussflächen für Windkraftanlagen ausweist, kann die Gemeinde im Rahmen ihrer Bauleitplanung eigene bzw. zusätzliche Windvorranggebiete im Flächennutzungsplan ausweisen und an anderer Stelle im Gemeindegebiet ausschließen, mit der Folge, dass Windkraftanlagen dort in der Regel wegen entgegenstehender öffentlicher Belange unzulässig sind. Dies setzt allerdings voraus, dass die Gemeinde ein schlüssiges Gesamtkonzept für den gesamten Außenbereich aufstellt und dabei jedenfalls in substantieller Weise Flächen für Windkraftanlagen ausweist. Würde die Gemeinde dagegen nur einen unwesentlichen Teil der Gesamtfläche für Windkraftanlagen vorsehen und im übrigen Gebiet ausschließen, würde dies nach der bisherigen Rechtsprechung als „verkappte Verhinderungsplanung“ angesehen, welche die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht erfüllt und somit keine Ausschlusswirkung für Windkraftanlagen im übrigen Gemeindegebiet entfaltet. Macht die Gemeinde von ihrer Ermächtigung zur Planung von Vorrang- und Eignungsgebieten jedoch gar keinen Gebrauch, so sind Windenergieanlagen grundsätzlich im gesamten Außenbereich der Gemeinde zulässig, sofern nicht im Einzelfall öffentliche Belange entgegenstehen. Eine örtliche Steuerung und Kontingentierung von Windenergieanlagen ist der Gemeinde auf diese Weise jedoch nicht möglich. Will die Gemeinde daher einen „Wildwuchs“ von Windenergieanlagen vermeiden und weitgehend die Kontrolle über die örtliche Ansiedlung der Anlagen behalten, empfiehlt es sich, den von der Raumordnung übrig gebliebenen Spielraum für die Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten im Flächennutzungsplan zu nutzen.

Fazit Im Ergebnis sind die planungs- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein wirksames Mittel zur frühzeitigen räumlichen Steuerung und Kontingentierung von Windkraftwerken. Eine Prüfung der Zulässigkeit von Windkraftwerken im konkreten Einzelfall können sie jedoch nicht ersetzen. Diese bleibt den jeweiligen Genehmigungs-verfahren vorbehalten, die – abhängig von den Umständen des konkreten Einzelfalles - im Ergebnis sowohl zur Unzulässigkeit eines Windkraftwerkes innerhalb eines Vorranggebietes, als auch zur Zulässigkeit eines Windkraftwerkes außerhalb eines Vorranggebietes führen können. g

Ansprechpartner

Harald Horstkotte Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 26611 [email protected]

Und was passiert, wenn die Kommune nicht handelt?

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BFH: Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – droht ein Ende der nichtsteuerbaren hoheitlichen Beistandsleistung? Der BFH zieht in seinem Urteil vom 19. November 2011 (Az.: V R 41/10) die logische Konsequenz aus seinen Urteilen zur Erlaubnis zum Aufstellen von Automaten in Universitäten und zur Überlassung von Pkw-Stellplätzen in Tiefgaragen durch eine Gemeinde und erteilt der nichtsteuerbaren hoheitlichen Beistandsleistung in weiten Teilen eine Absage. Die Folge dieser Auffassung ist, dass Leistungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gegen Entgelt regelmäßig mit Umsatzsteuer zu belegen sind. Sachverhalt Der Bundesfinanzhof hatte im o.g. Verfahren zu entscheiden, ob eine Gemeinde, die eine von ihr errichtete Sport- und Freizeithalle sowohl für eigene Schulsportzwecke, wie auch für die Vermietung an externe Dritte (Sportvereine, Privatpersonen etc.) und in Form der entgeltlichen Überlassung an andere Gemeinden zur Ausübung des Schulsports nutzte, als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gilt.

Das Finanzgericht vertrat in der Vorinstanz diesbezüglich noch die Auffassung, dass die Klägerin mit der Freizeit- und Sporthalle keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalte, da die Tätigkeit sich nicht aus ihrer Gesamtbetätigung herausgehoben habe. Zudem sei sie nicht in Wettbewerb zu privaten Anbietern getreten. Die Vermietung stelle lediglich eine Tätigkeit im Bereich der Vermögensverwaltung dar, die nach Auffassung des Finanzgerichts nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen war.

Rechtlicher Hintergrund Folgt man dem Gesetzeswortlaut, dann ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Ein Betrieb gewerblicher Art liegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG in Verbindung mit § 4 KStG dann vor, wenn es sich um eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen handelt und diese sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Personen wirtschaftlich heraushebt. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Grundsätzlich unterliegen Leistungen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie überwiegend der Ausübung der öffentlichen Hand dienen, weder der Umsatz- noch der Ertragssteuer. Jedoch muss nach Auffassung des BFH die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i. V. m. § 4 KStG richtlinienkonform ausgelegt werden, und selbst Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage dahingehend geprüft werden, ob eine Behandlung als nichtsteuerpflichtige Leistungen zu größerer Wettbewerbsverzerrung führen würde.

Leistungen von jPöR für die öffentliche Hand sind

grundsätzlich nicht steuerbar

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Urteil des BFH Die Vermietung einer Mehrzweckhalle stellt nach Auffassung des BFH eine wirtschaft-liche Tätigkeit dar. Da die Vermietung gegen Entgelt erfolgte, war die Gemeinde nachhaltig tätig. Zu dem hebt sich die entgeltliche Überlassung der Sport- und Freizeithalle wirtschaftlich aus der Gesamttätigkeit der Gemeinde heraus. Entgegen den Vorgaben der Körperschaftsteuer sind für die Umsatzsteuer keine Gewinn- oder Umsatzgrenzen maßgebend. Aus diesem Grund wären Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage bereits nach Prüfung dieser zwei Kriterien umsatzsteuerbar.

Bei Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bleibt jedoch noch die Prüfung einer möglichen Wettbewerbsverzerrung. Der BFH sah es als nicht erforderlich an, dass es sich dabei um eine erhebliche oder außergewöhnliche Wettbewerbsverzerrung handeln muss. In Anlehnung an ein Urteil des EuGH (Isle of Wight Council, 16.09.2008) reicht ein potentieller, nicht nur unbedeutender Wettbewerb aus. Die Berücksichtigung des lokalen Marktes ist dabei unbeachtlich.

In seiner Urteilsbegründung widerspricht der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung (Oberfinanzdirektion Rostock zur kommunalen Datenverarbeitung für den Hoheits-bereich des Leistungsempfängers) und sieht keine Ausnahmeregelung für eine Beistandsleistung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, wenn diese zwar auf öffentlich- rechtlicher Grundlage, jedoch in potentiellem Wettbewerb zu Leistungen Privater erbracht wird. Aus diesem Grund sieht der BFH die Leistungserbringung durch die Gemeinde sowohl an private Dritte wie auch an andere Gemeinden für deren hoheitlichen Bereich als steuerbar an.

Findet dieses BFH-Urteil nun Eingang in die Auffassung der Finanzverwaltung, droht für den Bereich der gegenseitigen entgeltlichen Leistungserbringung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine Belastung mit Umsatzsteuer, die beim Empfänger mangels Vorsteuerabzug zu einer definitiven Kostenerhöhung führen wird. Solange es sich dabei um die entgeltliche Überlassung von Sachanlagen handelt, kann sich daraus auch ein Vorteil für die überlassende Einrichtung ergeben. Der Leistende kann, da es sich um seinen unternehmerischen Bereich handelt, zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Voraussetzung hierfür sind umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze. Eine definitive Kostenerhöhung wird sich für den Bereich der Personalgestellung ergeben, in dem grundsätzlich kein Vorsteuerabzug beim Leistenden möglich ist. g

Ansprechpartner

Peter C. Dörrfuß Sven Riedel Ernst & Young Stuttgart Ernst & Young Stuttgart Telefon +49 711 9881 15276 Telefon +49 7731 9970 35 [email protected] [email protected]

Anders: Wirtschaftliche Tätigkeit

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Neue Regeln für den Ausgleich für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) Mit Wirkung zum 31. Januar 2012 ist das neue Legislativpaket der EU-Kommission (sog. Almunia-Paket) für staatliche Ausgleichszahlungen, die von Kommunen, öffentlichen Körperschaften oder anderen staatlichen Stellen an Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge geleistet werden, an die Stelle des 2005 erlassenen „Monti-Kroes-Pakets“ getreten. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission müssen nun alle staatlichen Beihilfen, bei denen im Hinblick auf die neuen Regelungen Anpassungs-bedarf besteht, bis spätestens Ende Januar 2014 angepasst werden. Das Almunia-Paket Das Almunia-Paket besteht in seiner endgültigen Fassung aus insgesamt vier Dokumenten:

► Der Freistellungsbeschluss K(2011) 9380, der die bisherige Freistellungs-entscheidung (2005/842/EG) ersetzt

► Der EU-Rahmen für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (K(2011)9406), der den bisherigen Gemeinschaftsrahmen ersetzt

► Die neue Mitteilung K (2011) 9404, in der relevante Begriffe und Konzepte erläutert werden

► Die geplante De-minimis-Verordnung K(2011) 9381, die einen Zusatz zur bestehenden De-minimis-Verordnung (1998/2006) speziell für DAWI darstellen soll.

Das letzte Dokument, die De-minimis-Verordnung, wird derzeit noch erarbeitet. Ausnahme für Bagatellbeihilfen Nach dem neuen Almunia-Paket sollen Ausgleichzahlungen für bestimmte Gesundheits- und Sozialdienstleistungen sowie für Dienstleistungen im Flug- und Seeverkehr ohne jede betragsmäßige Begrenzung von der Pflicht zur vorherigen Notifizierung bei der EU-Kommission freigestellt werden. In den übrigen Bereichen wird hingegen der bisher geltende Bagatellbetrag von 30 auf 15 Mio. Euro im Jahr abgesenkt. Außerdem sind Betrauungen jetzt nur noch mit einer Laufzeit von maximal 10 Jahren zulässig.

Keine Vereinfachung des Beihilfenregimes Das Almunia-Paket ist um ein Vielfaches umfangreicher als sein Vorgänger, das sog. Monti-Paket. Beabsichtigt ist mit der Reform nämlich zugleich auch ein neuer differenzierterer Ansatz: Kleinere Fälle, insbesondere Bagatellbeihilfen oder Beihilfen, die eine rein soziale Zwecksetzung verfolgen, sollen künftig vereinfacht gewährt werden können. Umgekehrt will sich die EU-Kommission für die Zukunft bei erheblicheren Ausgleichsleistungen erweiterte Eingriffsmöglichkeiten verschaffen.

komplexer und komplizierter

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Im Ergebnis sieht sich der Rechtsanwender, also die einzelne Kommune, mit noch umfangreicheren Regelungen konfrontiert, die die ursprüngliche vollmundige Ankündigung der EU-Kommission, mit der Reform das Beihilfenregime erheblich vereinfachen zu wollen, konterkarieren. Dazu kommt die Vorgabe der Kommission, dass bei größeren Vorhaben die konkrete Höhe der Ausgleichsleistung nunmehr nach der sog. „Net-avoided-cost-Methode“ zu berechnen ist. Ohne Einbindung externen ökonomischen Sachverstands wird diese Vorgabe durch die Kommunen kaum zu bewältigen sein. Handlungsdruck für die Unternehmen Die bestehenden Betrauungsakte sind vor dem Hintergrund der von der Kommission vorgegebenen Frist zur Anpassung an die neuen Regelungen vollständig zu überprüfen. Die Überprüfung sollte durch das betraute Unternehmen initiiert werden. Denn letztlich ist es das Unternehmen selbst, welches das Risiko der Rückforderung von unrecht-mäßigen Beihilfen trägt. Vor dem Hintergrund des neuen Prüfungsstandards des Instituts für Wirtschaftsprüfer (IDW PS 700), nach dem der Abschlussprüfer beihilfe-rechtliche Risiken erkennen und gegebenenfalls bewerten muss, sollten sich die Unternehmen auch beizeiten auf den erhöhten Informationsbedarf des Abschluss-prüfers einrichten. Durch Beihilfeprüfungen und vertiefte rechtliche Überprüfungen von Einzelvereinbarungen kann jedes betraute Unternehmen den geänderten beihilferechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. g Ansprechpartner

Hans-Peter Busson Susanne Müller-Kabisch Ernst . & Young Eschborn Ernst & Young Eschborn Telefon + 49 6196 996 25271 Telefon +49 6196 996 29517 [email protected] [email protected]

Handlungsbedarf im Bereich der Umsatzsteuer aufgrund aktueller Rechtsprechung des BFH Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung In seinem Urteil vom 7. Juli 2011 (Az.: V R 21/10) bestätigt der BFH die geltende Rechtslage, dass entsprechend der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung eines Gegenstandes, dieser Gegenstand dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden kann, auch wenn der Steuerpflichtige (Unternehmer) den Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke nutzt. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Gegenstand zu mindestens 10 % für Zwecke des Unternehmens verwendet wird. Neu in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass nach Ansicht des BFH, die Zuordnungs-entscheidung bis spätestens zum 31. Mai des Folgejahres (reguläres Fristende für die Abgabe der Jahressteuererklärung) gegenüber den Finanzbehörden zu dokumentieren ist. Zu beachten ist, dass eine für die Abgabe von Steuererklärungen gewährte Frist-verlängerung keine Auswirkung auf die Verlängerung der Frist zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung hat.

Alt-Betrauungen sind anzupassen!

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Die Zuordnungsentscheidung kann durch Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung oder beispielsweise durch gesonderte Schreiben erfolgen. Ob und inwieweit beispiels-weise Bilanzen ein Indiz für die Zuordnungsentscheidung darstellen, hat der BFH nicht ausgeführt. Vorsteuerabzug bei gemischt hoheitlich-unternehmerischen Tätigkeiten der öffentlichen Hand In seinem Urteil vom 3. März 2011 (Az.: V R 23/10) führt der BFH aus, dass „eine Gemeinde, die einen Marktplatz sowohl für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit als auch als Straßenbaulastträger für hoheitliche Zwecke verwendet, […] aus den von ihr bezogenen Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes zum anteiligen Vorsteuer-abzug berechtigt“ ist. Demnach stellt der BFH klar, dass die öffentliche Hand bei einer gemischten Nutzung der Leistungsbezüge für hoheitliche Zwecke sowie für unternehmerische bzw. wirtschaftliche Zwecke, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die Aufteilung hat „im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung“ zu erfolgen. Ferner muss die Zuordnungsentscheidung zum nicht wirtschaftlichen Hoheitsbetrieb und/oder zum wirtschaftlich tätigen BgA durch die öffentliche Hand bei Leistungsbezug erfolgen, d.h. bereits im Rahmen des Leistungsbezugs muss entschieden werden, „in welchem Umfang die Leistungen im unternehmerischen (zum Vorsteuerabzug berechtigenden) bzw. im nichtunternehmerischen Bereich verwendet werden“. In diesem Kontext ist auch auf die geänderte Rechtslage im Hinblick auf die anteilige hoheitliche Nutzung von Gegenständen hinzuweisen, die in dem neu veröffentlichten Umsatzsteueranwendungserlass vom 2. Januar 2012 (Az.: IV D 2 - S 7300/11/10002) niedergelegt ist. Demnach gilt die hoheitliche Tätigkeit als „nichtwirtschaftlich“. Eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen ist insoweit nicht möglich, so dass auch der Vorsteuerabzug von vorne herein nur anteilig erfolgen kann. Im Fall einer späteren Erhöhung der hoheitlichen Nutzung des Gegenstandes kommt es insoweit zu einer unentgeltlichen Wertabgabe. Eine Verminderung des hoheitlichen Nutzungsanteils kann hingegen im Billigkeitswege als § 15a-Korrektur zu Gunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Empfehlung Kommunen sollten ab sofort durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass für alle Leistungsbezüge, die zumindest anteilig im unternehmerischen Bereich genutzt werden, der Vorsteuerabzug korrekt geltend gemacht wird. Insbesondere sollte die Frist zum 31. Mai 2012 im Auge behalten werden. Sofern bis zu diesem Zeitpunkt die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2011 noch nicht abgegeben sein sollte, muss die Entscheidung über eine (anteilige) Zuordnung zum Unternehmensvermögen durch schriftliche Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert werden. Wenn Sie Fragen zu diesem Themenkomplex haben sollten, können Sie uns gerne ansprechen. g Ansprechpartner

Gabriele Kirchhof Christoph Vogel Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 25680 [email protected]

Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 16018 [email protected]

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Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG für eine ehren-amtliche Tätigkeit – BMF-Schreiben vom 2. Januar 2012 (BStBl. I 2012, S. 59) und vom 21. März 2012 Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 und vom 21. März 2012 hat der BMF zur Frage der angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis bei der Umsatzsteuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten gem. § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG Stellung genommen. Für Umsätze aus ehrenamtlicher Tätigkeit besteht eine Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG, wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Bisher war unklar, was als angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Der BMF hat sich nun mit Schreiben vom 2. Januar 2012 dazu geäußert, bis zu welcher Entgelthöhe noch eine angemessene Entschädigung vorliegt. Laut BMF unterliegt eine Entschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit regelmäßig dann nicht der Umsatz-steuer, wenn die Entschädigung EUR 50 je Tätigkeitsstunde nicht übersteigt, sofern die Vergütung für die gesamten ehrenamtlichen Tätigkeiten insgesamt den Betrag von EUR 17.500 im Jahr nicht übersteigt. Die Möglichkeit der Einzelfallprüfung bleibt weiterhin bestehen. Aufgrund des BMF-Schreibens wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert. Der tatsächliche Zeitaufwand für die ehrenamtliche Tätigkeit ist laut BMF nachvollziehbar zu dokumentieren. Eine unabhängig vom tatsächlichen Zeitaufwand gezahlte pauschale Vergütung führt zur Nichtanwendbarkeit der Umsatzsteuer-befreiung für sämtliche im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit gezahlten Vergütungen. Im o.g. BMF-Schreiben war vorgesehen, dass die dargestellten Grundsätze auf Umsätze anzuwenden sind, die nach dem 31. März 2012 ausgeführt werden. Diese Übergangsfrist wurde mit weiterem BMF-Schreiben vom 21. März 2012 (Az.: IV D 3 – S 7185/09/10001-02) verlängert, so dass diese Grundsätze nunmehr erst auf Umsätze anzuwenden sind, die nach dem 31. Dezember 2012 ausgeführt werden. g Ansprechpartner

Markus Ender Thilo Scharfenecker Ernst & Young Stuttgart Ernst & Young Stuttgart Telefon +49 711 9881 15275 Telefon +49 711 9881 15275 [email protected] [email protected]

Neu: Bagatellgrenze für Entschädigung

für Zeitversäumnis

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Gewinnermittlung bei Betrieben gewerblicher Art - Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund der Doppik ausgeschlossen? Einnahmenüberschußrechnung auch bei Doppik? Nach § 4 Abs. 3 EStG können Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch nicht freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (sog. Einnahmenüberschußrechnung). Seit Einführung der Doppik in der öffentlichen Verwaltung war ungeklärt, ob diese auch als Buchführung und Abschlußerstellung im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG gilt. Wenn dies der Fall wäre, müssten juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) nach Umstieg von der Kameralistik auf die Doppik bei ihren einzelnen Betrieben gewerblicher Art (BgA) ihren Gewinn zwingend durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Eine Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschußrechnung aufgrund Ausüben des Wahlrechts nach § 4 Abs. 3 EStG wäre dann grundsätzlich nicht mehr möglich. Weitere Folge wäre, dass es zwingend zu einer fiktiven Gewinnbesteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG käme, auch wenn die gesetzlichen Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschritten würden. Ergebnis des BMF Diese Fragestellung hat das BMF in seinem Schreiben vom 9. Februar 2012 (Az.: IV C 2-S 2706/09/10005) aufgegriffen und kommt nach seinen Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zu dem Ergebnis, dass das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund der Doppik nicht ausgeschlossen wird. Anknüpfungspunkt für die Entscheidung des BMF ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, wonach jPöR nur mit ihren BgA steuerpflichtig sind. Der Anwendungsbereich der Doppik hingegen erstreckt sich auch auf das gesamte Hoheitsvermögen der jPöR, das aus steuerlicher Sicht nicht-wirtschaftlichen Zwecken dient. Dieser Teil einer jPöR ist damit gerade nicht in einem BgA zu erfassen und somit steuerlich irrelevant. Die Regelungen der Doppik stellen folglich keine Pflicht zum Führen von Büchern oder zum Erstellen von Abschlüssen für den einzelnen BgA i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG dar, sondern sind lediglich umfassende Aufzeichnungspflichten für die gesamte jPöR, so dass ein Wahlrecht zur Einnahmenüberschußrechnung für den einzelnen BgA nach § 4 Abs. 3 EStG weiterhin möglich ist. Klarstellung zu Dauerverlustbetrieben Das BMF stellt zudem klar, dass alleine das Überschreiten der Umsatzgrenzen nach § 141 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO (TEUR 500 p.a.) bei einem Dauerverlustbetrieb einer jPöR nicht zu einer Buchführungspflicht und damit auch nicht zu einem Ausschluss des Wahlrechts zur Einnahmenüberschußrechnung führt, wenn dieser mangels Gewinner-zielungsabsicht (also mangels Absicht zur Mehrung des Betriebsvermögens über die Totalperiode) kein gewerbliches Unternehmen im Sinne dieser Norm darstellt.

Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG durch Doppik nicht ausgeschlossen

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Sofern Sie Fragen zu diesem Thema haben sollten, können Sie uns gerne ansprechen! g Ansprechpartner

Gabriele Kirchhof Laura Wiestler Ernst & Young Köln Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 25680 Telefon +49 221 2779 20950 [email protected] [email protected]

Auswirkungen eines zwischenzeit-lichen Unterschreitens der Umsatz-und Gewinngrenzen auf das steuer-liche Einlagekonto Relevanz des steuerlichen Einlagekontos Die Feststellung und korrekte Fortschreibung des steuerlichen Einlagekontos ist im Hinblick auf die Belastung eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) mit Kapitalertrag-steuer von entscheidender Bedeutung. Gewinne eines BgA gelten nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG als fiktiv an die Trägerkörperschaft ausgeschüttet. Diese Ausschüttungen unterliegen ebenso wie verdeckte Gewinnausschüttungen des BgA der Kapitalertrag-steuer, sofern sie nicht aus dem steuerlichen Einlagekonto bedient werden können. Ist jedoch ein ausreichendes Einlagekonto verfügbar und sind zudem nicht vorrangig zu verwendende Gewinne aus Vorjahren (sogenannte „Neurücklagen“) vorhanden, wird die Ausschüttung als steuerfreie Einlagenrückgewähr behandelt. Folge ist, dass keine Kapitalertragsteuer anfällt. Die „Ersparnis“ beträgt bis zum Jahr 2008 10 % bzw. ab dem Jahr 2009 15 % Kapitalertragsteuer (jeweils zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag). Fragestellung Soweit BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit ihren Gewinn durch Einnahmenüber-schußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln und zudem weder die Umsatz- (TEUR 350 p.a.) noch die Gewinngrenzen (TEUR 30 p.a.) des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG überschreiten, greift die oben genannte Ausschüttungsfiktion nicht. Folglich kann es auch nicht zu einer Kapitalertragsteuerbelastung kommen. Bislang ungeklärt war, wie zu verfahren ist, wenn aufgrund von Umsatz- und Gewinnschwankungen die Grenzen in einzelnen Jahren unter- und in anderen Jahren überschritten werden. Insbesondere stellt sich die Frage, inwiefern auch in den Jahren des Unterschreitens weiterhin das steuerliche Einlagekonto des jeweiligen BgA festzustellen ist. In § 27 Abs. 7 KStG ist lediglich geregelt, dass ein BgA ein steuerliches Einlagekonto zu führen hat, soweit er Leistungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG gewähren kann (Muss-Vorschrift). Offen war jedoch bislang, inwiefern es einem BgA freisteht, ein Einlagekonto zu führen, soweit er in einzelnen Jahren aus der Kapitalertragsteuerbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG herausfällt.

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Die Möglichkeit zur freiwilligen Fortschreibung des Einlagekontos ist insbesondere deshalb relevant, weil andernfalls eventuell Altbestände verfallen können. Folge wäre, dass beim nächsten Wiedereintritt in die Kapitalertragsteuerbarkeit von einem reduzierten Bestand des steuerlichen Einlagekontos auszugehen ist - eine Auffassung, die einige Finanzämter bisher vertreten haben. Desweiteren besteht ohne freiwillige Fortschreibung die Gefahr, dass in Jahren ohne Kapitalertragsteuerbarkeit geleistete Einlagen der Trägerkörperschaft, welche das Einlagekonto des BgA grundsätzlich erhöhen würden, nicht erfasst werden und damit verloren gehen. Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene Hinsichtlich der vorstehend erläuterten Zweifelsfragen liegt nun eine mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmte, interne Klarstellung des BMF vor. Demnach ist ein BgA bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG weiterhin zur Führung eines steuerlichen Einlagekontos verpflichtet, soweit er Rücklagen im Sinne dieser Vorschrift gebildet hat. Liegen keine entsprechenden Rücklagen vor und ist folglich nicht zwingend ein Einlagekonto zu führen, so ist für BgA bei späterem Wiedereintritt in die Kapitalertrag-steuerbarkeit der „neue“ Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos gemäß den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 11. September 2002, Tz. 13 (Az.: IV A 2 - S 1910 - 194/02) zu ermitteln. Demnach sind also alle zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Eigenkapitalanteile, die das Nennkapital bzw. eine vergleichbare Kapitalgröße des BgA übersteigen, dem steuerlichen Einlagekonto als neuer Anfangsbestand zuzurechnen. Darüber hinaus sollen Einlagen der Trägerkörperschaft des BgA, die seit dem Zeitpunkt des Austritts aus der Steuerbarkeit nachweislich geleistet wurden, das Einlagekonto erhöhen. Desweiteren soll es einem BgA grundsätzlich freistehen, in Zeiten, in denen nach vorstehenden Grundsätzen kein Einlagekonto geführt werden muss, freiwillig Erklärungen zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos abzugeben. Nach informellen Aussagen soll es darüberhinaus auch zulässig sein, in Jahren ohne verpflichtende Erklärung eines Einlagekontos getätigte Zugänge im Rahmen einer formlosen Nebenrechnung festzuhalten. Empfehlung Im Regelfall dürfte es vorteilhaft sein, das steuerliche Einlagekonto für BgA durch-gängig zu erklären, auch wenn dies in einzelnen Jahren aufgrund des Unterschreitens der Grenzen des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG nicht zwingend erforderlich ist. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass alle Einlagen vollständig erfasst werden, so dass sich keine Nachteile im Hinblick auf eine zukünftige Kapitalertragsteuerbelastung ergeben können. Sofern Sie Fragen zu diesem Thema haben sollten, können Sie uns gerne ansprechen! g Ansprechpartner

Gabriele Kirchhof Laura Wiestler Ernst & Young Köln Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 25680 Telefon +49 221 2779 20950 [email protected] [email protected]

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Tipps und Trends Deutschland

Steuerrisiken aus EU-Beihilfen Ausgleichzahlungen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allge-meinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) ausführen, sind in der Regel nur dann ohne eine Notifizierung bei der EU-Kommission möglich, wenn ein sog. Betrauungsakt erlassen wurde. Dieser muss eine möglichst genaue Beschreibung der auszuführenden gemeinwirtschaftlichen Aufgabe enthalten. Das beauftragte Unternehmen muss rechtsverbindlich zur Übernahme der Aufgabe verpflichtet werden. Hiervon betroffen sind nicht allein Fälle, in denen unmittelbare Zahlungen von der öffentlichen Hand an ein Unternehmen fließen. Vielmehr können Betrauungsakte auch erforderlich sein, sofern Verluste im Rahmen eines Ergebnisabführungs-vertrages ausgeglichen werden. Zwar fließen hier keine direkten Zahlungen von der öffentlichen Hand an ein bestimmtes Unternehmen, jedoch kommt es indirekt über verminderte Ausschüttungen zu einer Übernahme der Verluste. Konflikt Beihilfenrecht – Steuerrecht Je konkreter die Formulierung des Betrauungsaktes erfolgt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die entsprechende Ausgleichzahlung für steuerliche Zwecke als Entgeltleistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs bzw. auf Basis eines schuldrechtlichen Vertrages zu qualifizieren ist. Als Folge wäre die Ausgleichzahlung grundsätzlich mit Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer zu belasten. Zudem käme gegebenenfalls eine Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung und damit die Abführung von Kapitalertragsteuer in Betracht. Verschärfung der Rechtsprechung und Finanzverwaltungsauffassung Die Abgrenzung in diesem Bereich ist schwierig und sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Behandlung durch lokale Finanzämter und Betriebsprüfer ist eine deutliche Verschärfung der Prüfungsintensität sowie der Anforderungen an die Ausgestaltung und Gewährung von Ausgleichzahlungen spürbar. Vor diesem Hintergrund besteht auf Seiten der öffentlichen Zuschussgeber und ihrer Beteiligungsunternehmen aktuell eine große Unsicherheit. Vielfach wird befürchtet, dass eine steuerneutrale Ausgestaltung der Zahlungen als sogenannte „echte Zuschüsse“ zukünftig gar nicht mehr möglich sein könnte. Diese Sorge löst wiederum häufig erhebliche Widerstände im Hinblick auf die Einführung von Betrauungsakten aus. Im Ergebnis führt somit die Furcht vor steuerlichen Nachteilen dazu, dass man sich in eine beihilferechtlich angreifbare Position begibt. Nach unseren Erfahrungen in zahlreichen Praxisfällen werden jedoch auch heute noch echte Zuschüsse seitens der Finanzverwaltung anerkannt. Entscheidend ist jedoch, dass die von der Rechtsprechung formulierten Kriterien zur Abgrenzung von echten Zuschüssen einerseits und Leistungsentgelten andererseits im konkreten Einzelfall genauestens eingehalten werden. Die Betrauung an sich soll als rein formaler Akt grundsätzlich unschädlich sein. Problematisch ist jedoch, wenn sich aus dem Betrauungsakt oder anderen Umständen Hinweise auf eine Verpflichtung im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages ergeben. Diesbezüglich sind zunehmend strengere Maßstäbe anzusetzen, so dass auch viele bestehende Konstruktionen ggf. den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.

Je genauer desto riskanter

Gerichte und Finanzverwaltungen prüfen mit Nachdruck

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Tipps und Trends Deutschland

Praxishinweise zur Risikominimierung und Gestaltung Die steuerlichen Konsequenzen sollten kein Hinderungsgrund für eine beihilferechtlich notwendige Betrauung sein. Allerdings sind im Rahmen der konkreten Ausgestaltung des Betrauungsaktes steuerliche Aspekte unbedingt mit zu berücksichtigen. Für neue Betrauungsakte gilt daher generell, dass diese nur unter Hinzuziehung steuerlicher Experten formuliert werden sollten. Aber auch im Hinblick auf bestehende Zuschuss-zahlungen sollte genau überprüft werden, ob die bisherige Sachverhaltgestaltung Risiken birgt. Ob und inwieweit im Einzelfall ein konkreter Handlungsbedarf besteht, kann beispielsweise im Rahmen eines Umsatzsteuer-Quick-Checks relativ schnell ermittelt werden. Nach Möglichkeit sollte zudem eine Absicherung der steuerlichen Behandlung über eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung erfolgen. Im Einzelfall kann ggf. auch eine nur unverbindliche Aussage der zuständigen Finanzbehörde („Betrauungsakt ändert nichts an steuerlicher Einordnung“) hilfreich sein. Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, sprechen Sie uns bitte an. Gerne sind wir Ihnen behilflich. g Ansprechpartner

Petra Kraus Ernst & Young Köln Telefon +49 221 2779 16085 [email protected]

EGMR: Kirchen dürfen Beschäftigungs-verhältnisse ohne den Staat regeln Kirchen haben das Recht, Beschäftigungsverhältnisse ohne staatliche Eingriffe zu regeln. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschen-rechte (EGMR) mit mehreren Entscheidungen vom 20. Dezember 2011 entschieden und Beschwerden von zwei Pfarrern und zwei Offizieren der Heilsarmee für unzulässig erklärt. Der EGMR erkennt an, dass dies Ausdruck des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung ist. Die Entscheidungen sind rechtskräftig (Az.: 38254/04, 39775/04, 12986/04). Verfahren Baudler und Reuter Die Beschwerdeführer in den beiden Verfahren Baudler und Reuter (Az.: 38254/04 und 39775/04) waren als Pfarrer in evangelischen Gemeinden beschäftigt. Beide wurden im Jahr 1994 mit reduzierten Gehaltsbezügen in den Wartestand versetzt. Im Juni 1999 wurde Herr Baudler in den Schuldienst versetzt und ist seitdem als Pfarrer für Religionsun-terricht tätig. Herr Reuter wurde im Jahr 1998 in den Ruhestand versetzt. Beide betrieben jeweils erfolglos ein Verfahren vor den innerkirchlichen Instanzen gegen diese Entscheidungen und die damit einhergehenden Gehaltskürzungen. Das Bundesverfassungs-gericht nahm ihre Verfassungsbeschwerden mangels Erschöpfung des Rechtsweges zu den

Betrauungen unbedingt -unter Beachtung des Steuerrechts

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Verfassungsgerichten nicht an. Das Verwaltungsgericht erklärte die Klagen für unzulässig, weil das kirchliche Dienstrecht in den Bereich der innerkirchlichen Angelegenheit falle. Eine zweite Verfassungsbeschwerde wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die Maß-nahmen nicht unwirksam oder willkürlich gewesen seien. Verfahren Müller Die beiden anderen Beschwerdeführer, das Ehepaar Müller (Az.: 12986/04), wurde im Jahr 2001 aus dem Offiziersdienst der Heilsarmee entlassen. Ohne die Untersuchungs-kommission der Heilsarmee angerufen zu haben, fochten die Beschwerdeführer die Beendigung ihres Offiziersdienstes vor den deutschen Zivilgerichten an und forderten Gehaltsnachzahlungen für den Zeitraum von März bis November 2001. Das Oberlandes-gericht Köln und der Bundesgerichtshof (BGH) erklärten die Beschwerde zwar für zulässig, wiesen sie aber als unbegründet ab. Sie beriefen sich dabei auf ein früheres Urteil des BGH im Jahr 2000 (Az.: V ZR 271/99), wonach die Frage, ob eine kirchliche Maßnahme der Prüfung staatlicher Gerichte unterliege, nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit begrenzt geprüft werde. Wenn die Abwägung zwischen dem Selbstver-waltungsrecht der Kirchen und dem Recht des Betroffenen dazu führt, dass eine kirchliche Maßnahme nur in das Selbstverwaltungsrecht der Kirche fällt, können die Gerichte diese Maßnahme nicht auf ihre Rechtmäßigkeit, sondern nur auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen. Es liegen nach Aussage des Gerichts im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die strittige Maßnahme nicht mit den Grundsätzen der Rechtsordnung vereinbar sei. Entscheidung des Gerichtshofes Mit ihren Menschenrechtsbeschwerden rügten die Beschwerdeführer unter Berufung insbesondere auf Art. 6 Abs. 1 EMRK, dass sie nach ihrer Versetzung in den Warte- (und Ruhestand) bzw. nach ihrer Entlassung aus dem Offiziersdienst keinen Zugang zu einem staatlichen Gericht gehabt hätten, um die Entscheidung anzufechten. Der EGMR hat die Beschwerden der Verfahren Baudler und Reuter für unzulässig erklärt. Im Fall der beiden Pfarrer entschied er, dass Art. 6 EMRK nicht einschlägig sei, weil die von den Pfarrern betriebenen Verfahren kein nach deutschem Recht anerkanntes Recht betroffen hätten. Die deutschen Verwaltungsgerichte hätten entsprechend ihrer ständigen Rechtsprechung entschieden, dass die angefochtenen Maßnahmen eindeutig eine innerkirchliche Angelegenheit seien und nicht von staatlichen Gerichten geprüft werden könnten. Denn die Beschäftigungsverhältnisse waren nicht durch staatliches, sondern ausschließlich durch kirchliches Recht geregelt. Der BGH habe im Jahr 2000 zwar eine neue Rechtsprechung zu dieser Frage begründet. Dem EGMR zufolge hatten die Beschwerdeführer allerdings nicht dargelegt, inwieweit diese Rechtsprechung auf ihre Situation anwendbar gewesen sei. Im Fall der Heilsarmee-Offiziere ist Art. 6 EMRK laut EGMR zwar anwendbar, weil die Beschwerdeführer vor den deutschen Zivilgerichten unter Berufung auf die BGH-Rechtsprechung klagen konnten. Die Beschwerdeführer hätten aber nicht behaupten können, ihnen sei das Recht auf Zugang zu den Gerichten vorenthalten worden. Der EGMR nehme zur Kenntnis, dass der von den Beschwerdeführern monierte beschränkte Prüfungsumfang auf dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht nach Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung beruhe. Weiterhin stellt der EGMR fest, dass die deutschen Gerichte berücksichtigt hätten, dass die Beschwerdeführer die Untersuchungskommission der Heilsarmee nicht angerufen hatten, um ihre Entlassung anzufechten. Außerdem habe nach Auffassung der deutschen Gerichte nichts darauf hingewiesen, dass die Entscheidung der Heilsarmee willkürlich gewesen wäre oder den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung widersprochen hätte.

Dienstrecht in der Kirche eine innerkirchliche Angelegenheit?

EGMR entscheidet für kirchliche Unabhängigkeit

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Damit bestätigt der EGMR das in Deutschland bestehende Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV). g Ansprechpartner

Julia Meyer Ernst & Young München Telefon +49 89 14331 12362 [email protected]

Keine neuen Referendarstellen ohne verabschiedeten Haushalt Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat mit Beschluss vom 3. Februar 2012 (Az.: VG 7 L 485.11) entschieden, dass eine Einstellung von Referendaren in den Vorbereitungsdienst nicht – auch nicht vorläufig -möglich ist, wenn es an einem vom Abgeordnetenhaus verabschiedeten Haushalt fehlt. Dies gilt auch dann, wenn die Ablehnung auf eine an sich rechtlich bedenkliche Vorschrift gestützt wird. Sachverhalt Der Antragsteller hatte sich um die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst für den höheren Schuldienst zum Einstellungstermin 1. Februar 2012 beworben. Er wurde jedoch von der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft mit der Begründung abgelehnt, dass er nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens nicht zu den zu diesem Einstellungstermin einzustellenden Bewerbern gehöre. Obwohl das Verwaltungsgericht in den letzten Jahren in gleich gelagerten Fällen wiederholt den abgewiesenen Bewerbern die Einstellung in das Referendariat ermöglicht hatte, hielt es im vorliegenden Fall an der Ablehnung der Einstellung fest. Entscheidung des VG Berlin Zwar hält das VG Berlin die Einstellungspraxis weiterhin für rechtswidrig, da die maßgeb-lichen Vorschriften des Lehrerbildungsgesetzes rechtlichen Bedenken begegnen und eine Ablehnung somit hierauf nicht gestützt werden könne. Eine Einstellung kommt im vorliegenden Fall nach Ansicht des VG Berlin trotzdem nicht in Betracht. Dies begründet das VG Berlin damit, dass das Land Berlin für das Jahr 2012 noch keinen Haushalt beschlossen habe. Eine Einstellung ohne einen verabschiedeten Haushalt sei nicht möglich, auch wenn die Ablehnung auf eine an sich rechtswidrige Vorschrift gestützt wird. Eine anders laufende Praxis führte zu der Umgehung der Haushaltshoheit des Abgeordnetenhauses. Die Landeshaushaltsordnung bestimme zwar, dass in der Zeit ohne Haushalt „unbedingt notwendige und unaufschiebbare Ausgaben“ finanziert werden dürfen, die Einstellung von Referendaren fällt aber nach Ansicht des VG Berlin nicht hierunter. Die Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebes zähle zwar grundsätzlich zu diesen Ausgaben, eine Besetzung der Stellen mit Referendaren sei jedoch nicht nötig, da auch eine temporäre Besetzung mit Aushilfskräften in Betracht käme und somit kein Abschluss von Verträgen mit Referen-daren über zwei Jahre nötig sei. Insbesondere sei zu beachten, dass Referendare gerade nicht zur Aufrechterhaltung des Unterrichtsbetriebes eingestellt, sondern mit sieben Stunden Unterrichtszeit hauptsächlich zu ihrer eigenen Ausbildung angestellt werden.

Rechtliche Bedenken gegen das Berliner Lehrerbildungsgesetz

kein Haushalt - keine Referendare

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Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung komme vorliegend kein Einstellungs-anspruch in Betracht. Zwar seien mehrere Referendare zum Einstellungstermin 1. Februar 2012 eingestellt worden, diese Einstellungen seien jedoch aufgrund des fehlenden Haushalts rechtswidrig, so dass sich unter diesem Aspekt keine Gleichbehandlung ergeben könne. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe es nicht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist zulässig. Fazit Die Einstellung der 550 Referendare zum 1. Februar 2012 war somit im Ergebnis zwar rechtswidrig. Entlassen können die Referendare aber trotzdem nicht werden, da sie bereits ihre Verträge und Ernennungsurkunden erhalten haben. g Ansprechpartner

Iris Tauth Domenika Bulmer Ernst & Young Stuttgart Ernst & Young Stuttgart Telefon + 49 711 9881 12862 Telefon + 49 711 9881 26303 [email protected] [email protected]

BGH: Rückforderung von Investitions-zuschüssen bei Wahl der falschen Vergabeart Der BGH hat mit Urteil vom 17. November 2011 (Az.: III ZR 234/10) die Rückforderung eines Investitionszuschusses als rechtmäßig erachtet, weil der Zuwendungsempfänger durch die Wahl der falschen Vergabeart bei den geförderten Projekten gegen geltendes Vergaberecht verstoßen hat. Der BGH bestätigt damit die seit einiger Zeit in der Rechtsprechung zu beobachtende Tendenz, nach der eine erhebliche Gefahr von Rückforderungen bei vergaberechtswidrig eingesetzten öffentlichen Fördermitteln besteht. Sachverhalt Einem Unternehmen in Nordrhein-Westfalen waren für zwei IT-Projekte von einer landeseigenen Investitionsbank nach einem regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm Investitionszuschüsse in sechsstelliger Höhe gewährt worden. In dem vorformulierten Zuwendungsantrag bestätigte das Unternehmen, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge für die beantragten Investitionen unter Einhaltung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und unter Beachtung des europäischen Vergaberechts erfolgen werde. Im Bewilligungsschreiben der Investitionsbank hieß es, dass das Vergaberecht sowie ein konkreter Erlass des Finanzministeriums des Landes zu beachten ist. Der Erlass sieht insbesondere vor, dass eine Rückforderung von gewährten Zuschüssen im Fall von schweren Verstößen gegen die VOB/A angezeigt ist. Ein schwerer Verstoß soll z.B. vorliegen, wenn der Zuwendungsempfänger die falsche Vergabeart gewählt hat.

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Außerdem sahen die dem Bewilligungsbescheid beigefügten Allgemeinen Bedingungen vor, dass die gewährten Zuwendungen zurückgefordert werden können, wenn die mit dem Bewilligungsbescheid verbundenen Bedingungen und Auflagen nicht eingehalten werden. Das Unternehmen hat darauf in beiden geförderten IT-Projekten Bauaufträge im Wege der beschränkten Ausschreibung vergeben. Es rechtfertigte dieses Vorgehen damit, dass angeblich eine besondere Dringlichkeit vorgelegen habe. Im Rahmen der Prüfung der Auftragsvergaben kam die Investitionsbank allerdings zu einer anderen Einschätzung. Ihrer Ansicht nach lag keine besondere Dringlichkeit vor und die Aufträge waren somit im Wege einer öffentlichen Ausschreibung zu vergeben. Unter Berufung auf den vorliegenden schweren Vergabeverstoß forderte die Investitionsbank die gewährten Zuwendungen zurück. Das zuständige Landgericht und das OLG Düsseldorf verneinten den Rück-forderungsanspruch. Das OLG Düsseldorf sah in der Verpflichtung zur Einhaltung des Vergaberechts nur eine Auflage nach § 36 VwVfG, die erst ab Erlass des Bewilligungs-bescheides Wirkung entfalten könne. Vorliegend seien die Projekte aber bereits in der Durchführung gewesen. Außerdem sei auch kein schwerer Verstoß gegen das Vergabe-recht zu erkennen, da die Erwägungen des beklagten Unternehmens für die Wahl der Vergabeart keinesfalls fernliegend gewesen wären. Die Aussagen des BGH Der BGH widersprach dem OLG Düsseldorf in beiden Punkten. Zum einen sind nach Ansicht des BGH die verwendeten Nebenbestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen. Und Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertrags-partnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Aufgrund der von dem Unternehmen im Antrag selbst abgegebenen Erklärung kommt danach kein schutzwürdiges Vertrauen darauf in Betracht, dass die Zuwendung auch im Fall von Vergabeverstößen nicht zurückgefordert werde. Ansonsten würde die Erklärung des Antragstellers, das Vergaberecht bei der Verwendung öffentlicher Mittel anwenden zu wollen, leerlaufen. Darüber hinaus ist das Vorliegen eines schweren Verstoßes gegen das Vergaberecht auch nicht die Voraussetzung für die Rückforderung der gewährten Zuschüsse. Die Besonderheit eines schweren Verstoßes gegen das Vergaberecht liegt lediglich darin, dass in dem Fall eine Rückforderung der Zuschüsse sogar die Regel ist. Aber auch bei minderschweren Verstößen gegen das Vergaberecht besteht die Möglichkeit, die gewährten Zuschüsse zurückzuverlangen. Praxisempfehlung: Unternehmen, die für ihre Projekte öffentliche Mittel beantragen, sollten vor dem Hinter-grund dieser Rechtsprechung genauestens auf die Einhaltung der damit verbundenen vergaberechtlichen Verpflichtungen achten. Nach der Entscheidung des BGH reicht auch ein wenig schwerwiegender Verstoß gegen das Vergaberecht, um Rückforderungs-ansprüche in empfindlicher Höhe auszulösen. Im Übrigen ist zu beachten, dass die mit einem Bewilligungsbescheid verbundenen vergaberechtlichen Pflichten auch für private Unternehmen, die nicht öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts sind, gelten. Dass diese Unternehmen naturgemäß völlig unerfahren im Umgang mit dem Vergaberecht sind, schützt sie nicht vor den Rückforderungsansprüchen im Fall von Vergabeverstößen. g Ansprechpartner

Susanne Müller-Kabisch Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 29517 [email protected]

Kritisch: Abweichen von der öffentlichen Ausschreibung

Auch nicht schwerwiegender Verstoß kann Rückforderungen auslösen

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Bundesrat erhebt Subsidiaritätsrüge gegen EU-Richtlinie zur Konzessions-vergabe Die EU-Kommission hat am 20. Dezember 2011 ein Reformpaket zur Modernisierung der europäischen Vergaberichtlinien vorgelegt. Nach dem Willen der EU-Kommission soll das europäische Vergaberecht nochmal in weiten Teilen geändert werden, und die EU-Kommission will nun den Anwendungsbereich des Vergaberechts auch auf die bislang davon ausgenommenen Dienstleistungskonzessionen erstrecken. Gegen letztgenanntes Vorhaben laufen die kommunalen Spitzenverbände hierzulande Sturm. Der Bundesrat hat nunmehr in seiner Sitzung vom 2. März 2011 beschlossen, gegen diesen Vorschlag der EU-Kommission eine Subsidiaritätsrüge zu erheben. Neuer Rechtsrahmen für Dienstleistungskonzessionen Die EU-Kommission begründet ihren Vorstoß zur Schaffung eines eigenen Rechtsrahmens für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen damit, dass die bisherige Regelungslücke in den Mitgliedstaaten zu erheblichen Unterschieden bei der Vergabe von Dienstleistungs-konzessionen geführt habe. Die dadurch ausgelöste schwerwiegende Verzerrung des EU-Binnenmarktes gelte es durch eine einheitliche Regelung abzustellen. In dem Richtlinien-vorschlag der EU-Kommission finden sich zwar keine expliziten Verfahrensregeln zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen. Doch führen - nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände – allein schon die Regelungen zu technischen Spezifikationen, Auswahlkriterien, Vergabekriterien und Veröffentlichungserfordernissen „zu einem unverhältnismäßigen Aufwand“. Subsidiaritätsrüge des Bundesrates Mit seiner Subsidiaritätsrüge stützt sich der Bundesrat auf Artikel 5 Abs. 3 EUV. Nach Ansicht der Länder sei von der EU-Kommission nicht ausreichend dargelegt worden, warum die Dienstleistungskonzession nunmehr einer sekundärrechtlichen Regelung bedürfe. Nach Artikel 5 Abs. 3 EUV habe die EU in den Bereichen, in denen sie nicht ausschließlich zuständig ist, nur dann die Möglichkeit, tätig zu werden, wenn und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend umgesetzt werden können und vielmehr wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser umzusetzen sind. Nach Ansicht der Länder fehlt es an dieser Voraussetzung. Außerdem habe der zwischenzeitlich in Kraft getretene Vertrag von Lissabon nochmal zu einer Einschränkung der Regelungsbefugnisse der EU geführt. Diese habe nun vielmehr die nationale Identität der einzelnen Mitgliedstaaten zu achten.

Vorschläge der Kommission führen zu "unverhältnismäßigem Aufwand"

Vertrag von Lissabon führt zur Einschränkung der

Regelungsbefugnisse der EU

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In Deutschland gibt es eine Reihe von Bereichen, die von den Richtlinienplänen der EU-Kommission betroffen wären. Allen voran würden die Pläne der EU-Kommission in Deutschland zu einer völligen Umstrukturierung des Rettungsdienstes führen, der hier traditionell mit dem Katastrophenschutz verbunden ist. Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission den heftigen Reaktionen hierzulande Rechnung tragen wird. g Ansprechpartner

Susanne Müller-Kabisch Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 29517 [email protected]

OLG Frankfurt: Zur Inhouse-Vergabe beim Stadtwerk Das OLG Frankfurt nimmt in seiner Entscheidung vom 30. August 2011 (Az.: 11 Verg 3/11) zu den Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe an ein kommunales Stadtwerk Stellung. Der Vergabesenat des OLG Frankfurt vertritt – wie zuvor bereits das OLG Hamburg – eine einschränkende Auslegung des Inhouse-Privilegs. Das OLG Hamburg hatte in seinem vielbeachteten Beschluss vom 14. Dezember 2010 festgestellt, dass eine Inhouse-Vergabe der Stadt an ihr Stadtwerksunternehmen nicht möglich ist, wenn das Stadtwerk wesentliche Umsätze (Umsätze oberhalb einer Bagatellschwelle von max. 10 %) im Wettbewerb mit der Lieferung von Strom und Gas an private Letztverbraucher erzielt. Das OLG Frankfurt bestätigt in seiner Entscheidung diese Rechtsansicht des OLG Hamburg und führt darüber hinaus aus, dass bei einem Mehrspartenunternehmen zur Beurteilung des sog. Wesentlichkeitskriteriums alle Umsätze der verschiedenen Unternehmenssparten zu betrachten sind. Damit wird die Möglichkeit, vergabefreie Inhouse-Geschäfte mit dem eigenen kommunalen Stadtwerkeunternehmen abzuschließen, entscheidend erschwert. Zum Sachverhalt Eine hessische Gemeinde hatte ihre Stadtwerke-GmbH mit der Betriebsführung des kommunalen Wasserversorgungsbetriebes direkt beauftragt, ohne zuvor ein Vergabe-verfahren durchzuführen. Die Trinkwasserversorgung hatte die Stadtwerke-GmbH ursprünglich von der Gemeinde übertragen bekommen. Im Jahr 2010 beschloss die Gemeinde aber, ihre Trinkwasserversorgung zu rekommunalisieren. Dazu errichtete sie einen kommunalen Eigenbetrieb und pachtete die erforderlichen Anlagen und das Wasserversorgungsnetz von der Stadtwerke-GmbH. Die Stadtwerke-GmbH wurde von der Gemeinde im Gegenzug mit der Betriebsführung des kommunalen Wasserversorgungs-betriebes beauftragt. Ein privater Konkurrent legte hiergegen einen Antrag auf Vergabenachprüfung ein.

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OLG Frankfurt zum Wesentlichkeitskriterium Das in letzter Instanz zuständige OLG Frankfurt stellte fest, dass eine direkte Auftrags-vergabe der Gemeinde an die Stadtwerke-GmbH ohne vorheriges Vergabeverfahren nur zulässig ist, wenn ein Ausnahmetatbestand vom Kartellvergaberecht vorliegt. Eine solche Ausnahme kann z.B. durch das gesetzlich bislang nicht geregelte Inhouse-Privileg vorliegen. Das Inhouse-Privileg setzt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) voraus, dass das sog. Kontrollkriterium und darüber hinaus auch das sog. Wesentlichkeitskriterium erfüllt sind. Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist zumindest das Wesentlichkeitskriterium in der vorliegenden Konstellation auf keinen Fall erfüllt. Um das Wesentlichkeitskriterium zu erfüllen, muss der Auftragnehmer nach der Recht-sprechung des EuGH im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber tätig sein. In seiner „Carbotermo“-Entscheidung hat der EuGH dieses Erfordernis entscheidend konkretisiert. Der EuGH stellte in dieser Entscheidung fest, dass für die Feststellung des Wesentlich-keitskriteriums alle Umsätze heranzuziehen sind, die aus der Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers resultieren. Ohne Belang soll allerdings sein, wer die Leistung tatsächlich nutzt und wer den Auftragnehmer vergütet. Vor diesem Hintergrund beurteilt das OLG Frankfurt den Sachverhalt folgendermaßen: Die Umsätze, die die Stadtwerke-GmbH im Trinkwasserbereich mit der Belieferung von Endkunden macht, sind im Rahmen des Wesentlichkeitskriteriums für die den Auftrag erteilende Gemeinde erbracht. Denn der Trinkwassermarkt ist nicht liberalisiert. Der Endkunde hat daher nicht die Möglichkeit, mit einem anderen Versorger einen Liefervertrag abzuschließen. Mithin beruhen die in der Trinkwassersparte erzielten Umsätze des Unternehmens letzten Endes auf der Vergabeentscheidung der Gemeinde, auch wenn der private Verbraucher beliefert wird und das Entgelt dafür dem Unternehmen entrichtet. Anders verhält es sich mit den Umsätzen, die die Stadtwerke-GmbH im Bereich der Energieversorgung mit der Belieferung von Endkunden mit Strom und Gas tätigt. Diese Umsätze sind in einem liberalisierten Markt aufgrund der autonomen Entscheidung des Endkunden erzielt worden. Sie beruhen somit gerade nicht (mehr) auf einer Vergabe-entscheidung der Gemeinde. Die Gemeinde ist nämlich nicht mehr exklusiv für die Energieversorgung in ihrem Gebiet zuständig. Ihr Energieversorgungsunternehmen steht vielmehr auch im Gemeindegebiet im vollen Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Mit dem Wesentlichkeitskriterium soll nach Ansicht des Senats sichergestellt werden, dass ein Unternehmen, welches bereits wesentlich im Wettbewerb tätig ist, nicht durch eine vergabefreie Beauftragung seines öffentlichen Anteilseigners oder seiner öffentlichen Anteilseigner „am Wettbewerb vorbei“ bevorzugt wird. Da die Stadtwerke-GmbH ihre Umsätze hauptsächlich im Bereich der Energieversorgung – und zwar weit oberhalb der Bagatellschwelle von max. 10 % - erzielt und lediglich zu einem geringen Prozentsatz (weniger als 10 %) im Bereich der Trinkwasserversorgung tätig ist, scheidet ein vergabefreies Inhouse-Geschäft hier aus.

Es zählen alle Umsätze, die aus der Vergabeentscheidung resultieren

Umsätze aus Energieversorgung von Privatkunden zählen nicht

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Praxisempfehlung Die Entscheidung des OLG Frankfurt erschwert die immer noch gängige Praxis von Städten und Gemeinden, das eigene Stadtwerk direkt zu beauftragen. Vor dem Hintergrund dieser - durch das OLG Hamburg angestoßenen - restriktiven Rechtsprechung zu Inhouse-Vergaben an Stadtwerke ist nun in den Stadtkonzernen zu überlegen, ob nicht das Kommunal-geschäft aus den Mehrspartenunternehmen herausgelöst werden sollte, um wenigstens in einem Restbereich eine rechtmäßige Inhouse-Vergabe abzusichern. Wir stehen Ihnen hierbei gerne mit unseren Beratungsleistungen zur Verfügung. g Ansprechpartner

Susanne Müller-Kabisch Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 29517 [email protected]

Verspäteter Kurierdienst: Wann kann der Bieter Schadensersatz verlangen? Im Public Services Newsletter vom Januar 2012 (Ausgabe 105) ist im Beitrag „Verspätete Angebote – a never ending story“ die Rechtslage bei verspäteten Angeboten dargestellt worden. Das OLG Köln hat nun in einer Entscheidung vom 31. Januar 2012 (veröffentlicht am 21. Februar 2012) entschieden, wann ein Bieter Schadensersatzansprüche gegen den beauftragten Kurierdienst geltend machen kann. Sachverhalt Die wegen verspäteter Angebotsabgabe ausgeschlossene Bieterin machte gegen den mit der Angebotsabgabe beauftragten Kurierdienst einen Regressanspruch geltend. Da der Kurierdienst das Angebot - entgegen der vereinbarten Lieferfrist - verspätet abgegeben hatte, sollte der Kurierdienst den entgangenen Gewinn als Schadensersatz leisten. Das Landgericht hatte die Schadensersatzklage in erster Instanz abgewiesen. Das Gericht ging zwar davon aus, dass der Kurierdienst seine Verpflichtung zur Ablieferung des Angebots innerhalb der vereinbarten Frist nicht eingehalten hat. Es sprach der Klägerin aber trotzdem keinen Schadensersatz zu. Nach Ansicht des Gerichts hätte das Angebot der Klägerin nämlich auch im Fall des fristgerechten Eingangs bei der Vergabestelle zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden müssen. OLG Köln Das OLG Köln bestätigt diese Entscheidung in zweiter Instanz in vollem Umfang. Das OLG Köln lässt die Frage, ob der Kurierdienst die vereinbarte Frist schuldhaft nicht eingehalten hatte, offen. Nach Ansicht des Gerichts kommt es hierauf nicht mehr an, da die Klägerin den Zuschlag auch bei rechtzeitigem Eingang ihres Angebotes nicht hätte erhalten dürfen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH stellt das OLG Köln fest, dass der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er (der Kläger) keinen Anspruch hat, grundsätzlich kein erstattungsfähiger Nachteil ist (vgl. BGH NJW 2008, 440). Mit anderen Worten: Wenn der Regresskläger bei objektiver Sicht auf die Dinge ohnehin keinen

Mögliche Lösung: Ausgliederung des Kommunalgeschäfts

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Tipps und Trends Deutschland

Anspruch hatte, dann kann der Verlust dieses „Anspruches“ auch nicht als erstattungs-fähiger Schaden geltend gemacht werden. Vorliegend hatte die Klägerin in ihrem Begleit-schreiben zum Angebot erklärt, dass die in den Ausschreibungsunterlagen verbindlich vorgegebene Leistungszeit von 16 Tagen zur Ausführung des Gewerkes nicht realisierbar sei und dass es somit noch einer Abstimmung bedarf. Das OLG Köln sah hierin einen Vorbehalt im Angebot der Klägerin im Hinblick auf eine wesentliche Bedingung in den Ausschreibungsunterlagen der Vergabestelle und im Ergebnis eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen. Das Angebot der Klägerin hätte somit zwingend von der weiteren Angebotswertung ausgeschlossen werden müssen. Da somit nach objektiver Rechtslage die Klägerin ohnehin keinen Anspruch auf den Zuschlag gehabt hätte, kann sie den Kurierdienst auch nicht wegen der verspäteten Abgabe des Angebotes in Regress nehmen. Ihr ist objektiv kein Nachteil entstanden. Es bleibt somit festzuhalten, dass die Rechtslage für den Bieter im Fall der verspäteten Angebotsabgabe sehr schwierig bleibt. Um den Kurierdienst erfolgreich in Regress nehmen zu können, muss er nicht nur beweisen, dass dieser schuldhaft seine Lieferpflicht nicht bzw. nicht fristgerecht erfüllt hat. Er muss auch noch beweisen, dass er im Fall des frist-gerechten Angebotseingangs und bei objektiv ordnungsgemäßem Ablauf des Vergabe-verfahrens den Zuschlag erhalten hätte. Das stellt den Bieter in der Praxis vor erhebliche Probleme.g Ansprechpartner

Susanne Müller-Kabisch Ernst & Young Eschborn Telefon +49 6196 996 29517 [email protected]

Kein Schadensersatz gegen Kurier, wenn Angebot ohnehin vom

Verfahren auszuschließen war

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Tipps und Trends Schweiz

Wer kontrolliert in Zukunft die Schweizer Wasserkraft? In den nächsten Jahren laufen die Konzessionen vieler Schweizer Speicherkraftwerke aus. Es kommt zum sogenannten Heimfall. Dabei gehen Staudamm, Druckleitungen, Turbinen und andere „nasse“ Teile eines Kraftwerks in den Besitz des betreffenden Gemeinwesens (Gemeinden und allenfalls Kantone) über. Der Heimfall wirft zahlreiche wirtschaftliche und rechtliche Fragen auf. Sprach man vor der Jahrtausendwende im Zusammenhang mit der Wasserkraft noch von Nicht-Amortisierbaren-Investitionen (NAI), hat sich dies in den letzten Jahren im Zuge der Förderung der erneuerbaren Energien und auch im Zusammenhang mit der Liberalisierung der europäischen Strommärkte entscheidend geändert. Der in Deutschland und der Schweiz beschlossene Ausstieg aus der Kernkraft hat diesen Trend weiter verstärkt. Mit der Wasserkraft und hier vor allem mit den Speicherkraftwerken lässt sich in Zeiten hoher Nachfrage profitabel Strom produzieren. Die großen Schweizer Elektrizitätswerke haben auf diese Entwicklung mit dem Bau bzw. Ausbau der Pumpspeicherkraftwerke reagiert. Bekannte Beispiele sind die Projekte am Lago Bianco am Berninapass, Linth-Limmern im Kanton Glarus, Nante de Drance im Wallis oder die Ausbaupläne bei den Kraftwerken Oberhasli am Grimsel. Vermögenswerte von mehreren Milliarden Franken An Attraktivität gewonnen haben aber auch die bestehenden Kraftwerke, deren Konzessionen in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten auslaufen. Ab dem Jahr 2020 bzw. massiert ab dem Jahr 2035 laufen die Konzessionen zahlreicher großer Kraftwerke in den Schweizer Alpen aus, und es kommt zum sogenannten „Heimfall“. Beim Heimfall erhält das betreffende Gemeinwesen (die Standortgemeinden und teilweise der Kanton) das Recht, die „nassen“ Anlagen eines Kraftwerkes – Staudamm, Druckleitungen, Turbinen, etc. – unentgeltlich in seinen Besitz zu übernehmen. Gleichzeitig kann das Gemeinwesen die „trockenen“ Teile (vor allem elektrotechnische Anlagen) gegen eine angemessene Entschädigung des bisherigen Betreibers erwerben. Anlagen im Wert von mehreren Milliarden Franken könnten so den Besitzer wechseln. Der Kanton Wallis schätzt den Wert der zu übertragenden Anlagen auf 10 bis 20 Milliarden Franken, wobei der Hauptteil dieses Vermögens dort nach heutiger Regelung an rund 10 bis 20 Gemeinden ginge. Ein Extrem-beispiel ist die Gemeinde Eisten, die beim Heimfall der Kraftwerke Mattmark und Ackersand I im Jahr 2045 ein Vermögen von 1,5 Millionen Franken pro Einwohner erhielte. Im Kanton Graubünden steht das Recht des Heimfalls dem Kanton und den betreffenden Gemeinden je zur Hälfte zu. Neben dem regulären Heimfall nach Ablauf der 60- bis 80jährigen Konzessionen wird es in Zukunft auch immer öfter zu vorzeitigen Heimfällen kommen. Der vorzeitige Heimfall drängt sich auf, wenn die Betreibergesellschaft die bestehenden Anlagen erneuern oder ausbauen will, ohne in Gefahr zu geraten, diese Investitionen beim Auslaufen der Konzession wieder zu verlieren. In diesem Fall wird der Heimfall vorzeitig ausgelöst und anschließend eine Neukonzessionierung vorgenommen.

Heimfall macht Kommunen reich

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Tipps und Trends Schweiz

Bergkantone suchen neue Strategie Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich für die betreffenden Bergkantone und Gemeinden die Frage, wie sie mit den heimfallenden Anlagen umgehen sollen. In diesem Zusammenhang hat der Kanton Wallis im Juli dieses Jahres eine Strategie „Wasserkraft“ als Diskussionsgrundlage veröffentlicht. Ein ähnlicher Bericht ist im August vom Parlament des Kantons Graubünden bei der Kantonsregierung in Auftrag gegeben worden. Für das Gemeinwesen eröffnen sich drei mögliche Strategievarianten: In einer ersten Variante könnte das Gemeinwesen die „nassen“ Teile unentgeltlich und die „trockenen“ Teile gegen eine angemessene Entschädigung übernehmen und in der Folge das Kraftwerk selbst betreiben. In der zweiten Variante verzichtet das Gemeinwesen auf den Heimfall und lässt sich die ihm entgangenen Vermögenswerte gegen eine einmalige oder allenfalls auch wiederkehrende Zahlungen entschädigen. Die Höhe der wiederkehrenden Zahlungen könnte beispielsweise an einen Strompreisindex geknüpft werden. Gleichzeitig erhält der bisherige Betreiber eine neue Konzession und kann das Kraftwerk weiterbetreiben. In der dritten Variante bringt das Gemeinwesen die heimgefallenen Anlagen in eine neue Betreibergesellschaft ein, die im Besitz des Gemeinwesens und einer Elektrizitätsgesell-schaft, meist der bisherigen Betreiberin, ist. Die Elektrizitätsgesellschaft ihrerseits bringt die „trockenen“ Teile in diese Gesellschaft ein. Herausfordernde Bewertung der Anlagen In der aktuellen politischen Debatte in den Bergkantonen wird vor allem die letztgenannte Variante diskutiert. Sie hat für das Gemeinwesen den Vorteil, dass das Know-how der Elektrizitätsgesellschaft weiterhin genutzt werden kann und das Gemeinwesen an den für die Zukunft erwarteten Erträgen beteiligt ist. Gleichzeitig trägt das Gemeinwesen in einem solchen Modell aber auch das Geschäftsrisiko mit und steht – vor allem wenn das Gemeinwesen eine Mehrheitsbeteiligung hat – in der Verantwortung. In dieser Variante stellt sich vor allem die Frage, wie hoch die Beteiligung des Gemeinwesens an der Betreibergesellschaft ausfällt. Eine Bewertung muss sowohl die „nassen“ Teile (im Besitz des Gemeinwesens) wie auch die trockenen Teile (im Besitz der Elektrizitätsgesellschaft) berücksichtigten. Im Grundsatz generieren die „nassen“ Teile ohne die trockenen keine Erträge – und natürlich auch umgekehrt. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, kann die gesamte Anlage beispielsweise nach der Discounted Cash Flow Methode (DCF) bewertet werden. Gleichzeitig wird der „trockene“ Teil nach der Substanzwertmethode bewertet. Aus der Differenz zwischen dem Gesamtwert abzüglich des Substanzwertes der „trockenen“ Anlagen ergeben sich der Wert der „nassen“ Anlagen und damit der Wert der vom Gemeinwesen eingebrachten Beteiligung. Ob ein solcher Wert allerdings auch realisiert werden kann, ist eine andere Frage. Die DCF-Methode geht im Grundsatz davon aus, dass mehrere - konkurrierende - Käufer vorhanden sind. Nach der geltenden rechtlichen Regelung ist das Gemeinwesen aber nicht verpflichtet, die Konzession in einem Wettbewerbsverfahren auszuschreiben. g Ansprechpartner

Alessandro Miolo Christian Sauter Ernst & Young Schweiz Ernst & Young Schweiz Telefon +41 58 286 4654 Telefon +41 58 286 4308 [email protected] [email protected]

Wie aber geht man um mit den neu erworbenen Anlagen?

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Tipps und Trends Österreich

Ausgliederungen auf private Rechtsträger – Befreiungen von Gebühren und Verkehrssteuern Ausgliederungen können Gebühren und Verkehrssteuern auslösen Überträgt eine Körperschaft öffentlichen Rechts (KöR) hoheitliche oder auch privat-wirtschaftliche Tätigkeiten auf einen privaten Rechtsträger, spielen in der Praxis neben umsatz- und ertragsteuerlichen Aspekten oftmals auch gebührenrechtliche und verkehrssteuerliche Folgen eine nicht unwesentliche Rolle. In diesem Zusammenhang ist etwa daran zu denken, dass Einlagen in Kapitalgesellschaften i.S.d. Kapitalverkehrssteuergesetzes (dazu zählt etwa auch die GmbH & Co KG) grund-sätzlich Gesellschaftsteuer in Höhe von 1 % auslösen. Werden Grundstücke übertragen, löst dies Grunderwerbsteuer i.H.v. 3,5% sowie eine grundbuchliche Eintragungsgebühr i.H.v. 1,1% aus. Rechtsgeschäftsgebühren können anfallen, wenn es im Zuge der Ausgliederung bzw. Privatisierung zum Beispiel zur Übertragung von Forderungen oder Rechten oder zu Vertragsübernahmen kommt. Weiter ist hier etwa auch an Sicherungs-geschäfte wie Bürgschaften oder Schuldbeitritte zu denken. Abhängig von der konkreten Durchführung einer Ausgliederungsmaßnahme können spezialgesetzliche Befreiungs- bzw. Begünstigungsbestimmungen anwendbar sein. Eine weitreichende Befreiung findet sich etwa im Budgetbegleitgesetz 2001 (BBG 2001). Befreiungsbestimmung gem. Art 34 BBG 2001 Die Befreiungsbestimmung des Art. 34 BBG 2001 umfasst die Gesellschafts- und Grunderwerbsteuer, die Stempel- und Rechtsgebühren sowie die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren. Darüber hinaus gelten Ausgliederungen als nicht steuerbare Vorgänge für umsatzsteuerliche Zwecke. Erfasst sind grundsätzlich alle Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte, die mit einer Ausgliederung von Aufgaben einer KöR in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Art. 34 BBG 2001 ist u.a. dann anwendbar, wenn eine KöR Aufgaben auf eine juristische Person des privaten Rechts (z.B. AG oder GmbH) oder eine Personengesellschaft (z.B. OG oder KG) überträgt. Wichtig ist, dass der KöR auf die übernehmende Gesellschaft aufgrund der Beteiligungs- bzw. Stimmrechtsverhältnisse beherrschender Einfluss zukommt. Ausgliederung von „Aufgaben“ Die Ausgliederung von „Aufgaben“ stellt das zentrale Tatbestandselement der Befreiung dar. Der Begriff „Aufgaben“ ist dabei weit auszulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bestätigt, dass die Befreiung nicht nur auf die Ausgliederung von hoheitlichen Aufgaben beschränkt ist, sondern durchweg auch privatwirtschaftliche Tätigkeiten umfasst. Auch die Ausgliederung von Teilaufgaben sollte grundsätzlich für die Inanspruchnahme der Befreiung qualifizieren. Auf die reine Übertragung von Vermögen ohne eine damit zusammenhängende Aufgabe ist die Vorschrift demgegenüber nicht anwendbar.

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Ernst & Young Public Services, Ausgabe 107 | April 2012 39

Tipps und Trends Österreich

Kausalität zwischen ausgegliederter Aufgabe und Rechtsgeschäft Von der Befreiung umfasst sind Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte, die in einem „unmittelbaren Zusammenhang“ mit der Ausgliederung stehen. Werden mit der Ausgliederung von Aufgaben auch die dazu notwendigen liquiden Mittel zur Verfügung gestellt, sollte die geforderte Unmittelbarkeit grundsätzlich gegeben sein. Die bloße Übertragung von finanziellen Mitteln ohne Übertragung einer Aufgabe ist allerdings nicht begünstigt. Entscheidend ist somit ein entsprechender Kausalzusammenhang zwischen ausgegliederter Aufgabe und dem betreffenden – grundsätzlich gebühren- oder verkehrssteuerpflichtigen – Rechtsgeschäft. Dokumentation der Ausgliederungsverträge erforderlich Die geforderte „Unmittelbarkeit“ kann durchaus Anlass zu Diskussionen über die Anwend-barkeit des Art. 34 BBG 2001 geben. In der Praxis empfiehlt sich daher eine sorgfältige Ausgestaltung und Dokumentation der entsprechenden Ausgliederungsbeschlüsse, um die Kausalität zwischen der übertragenen Aufgabe und dem betreffenden Rechtsgeschäft (z.B. Zuschuss von liquiden Mitteln oder Einlage von Grundstücken zur Erfüllung der übertragenen Aufgabe) zu gewährleisten und auch entsprechend gegenüber der Finanzverwaltung nachweisen zu können. g Ansprechpartner

Alexander Stieglitz Ernst & Young Wien Telefon +43 1 21170 1023 [email protected]

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Termine

Eschborner Forum Expertengespräch zum Thema: Der kommunale Schutzschirm in Hessen – eine wirksame Konsolidierungshilfe? 8. Mai 2012, Eschborn

Unter den Schutzschirm des Landes dürfen insgesamt 106 Kommunen schlüpfen, die als potentiell konsolidierungsbedürftig gelten – drei kreisfreie Städte, 89 kreisangehörige Städte und Gemeinden und 14 Landkreise. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Entschuldungshilfe liegt bei den Kommunen selbst und bedarf intensiver Befassung mit dem Thema.

Im Eschborner Forum werden neben den Experten von Ernst & Young Frau Prof. Dr. Luise Hölscher, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium der Finanzen, und Herr Michael Beseler, Kämmerer der Stadt Offenbach, insbesondere über folgende Aspekte des kommunalen Schutzschirms sprechen:

► Rechtliche Rahmenbedingungen für den hessischen Schutzschirm

► Der kommunale Eigenbeitrag und seine Finanzierung

► Auswirkungen von Konsolidierungshilfen - ein Blick ins Nachbarland Nordrhein-Westfalen

► Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung in der kommunalen Praxis.

Unsere Veranstaltung bietet neben der kompakten Vermittlung von Informationen zum Thema auch die Gelegenheit, mit Experten aus Unternehmen, Politik und Verwaltung zu diskutieren.

Nähere Informationen und Anmeldung:

[email protected]

Sanierung kommunaler Haushalte im Rahmen des Stärkungspaktgesetzes Nordrhein-Westfalen, 16. Mai 2012, Dortmund Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat am 8. Dezember 2011 das Stärkungspaktgesetz beschlossen. Es ist die erste große und langfristig angelegte Hilfsaktion für überschuldete Kommunen in NRW. In der Umsetzung des Gesetzes werden noch eine Reihe von Fragen zu klären sein:

► Welche Sanierungsstrategien sollen Kommunen verfolgen?

► Welche Anforderungen werden an die Haushaltssanierungspläne gestellt?

► Wie wird die Kommunalaufsicht die Überwachung durchführen?

► Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung der Sanierungsziele?

► Wie sehen die Kapitalmärkte und Banken diese Entwicklung?

► u. v. a. mehr.

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Termine

Neben Referenten von Ernst & Young, Dr. Volker Belzer und Gabriele Kirchhof, werden folgende weitere Referenten zu diesen Themen Stellung nehmen:

Ministerialdirigent Johannes Winkel, Ministerium für Inneres und Kommunales NRW

Dr. Johannes Slawig, Stadtdirektor und Kämmerer der Stadt Wuppertal

Dr. Jörg Hopfe, NRW.BANK, Leiter Abteilung Öffentliche Kunden.

Informationen zur Agenda und Anmeldung (bis zum 4. Mai möglich):

[email protected] 10. Euroforum Jahrestagung zum Thema Beihilfenrecht 2012, 12., 13. und 14. Juni 2012, Berlin Das EU-Beihilfenrecht bleibt für Kommunen, Länder und Förderbanken von hoher Aktualität!

Im Rahmen des Workshops am 14. Juni 2012 werden unter anderem die Kommissions-regelungen zu Ausgleichleistungen diskutiert sowie der Freistellungsbeschluss vom 20. Dezember 2011 und der IDW-Prüfungsstandard 700 analysiert. Weitere Themen sind steuerliche Risiken und mögliche Gestaltungsansätze sowie der Privatinvestortest als Legitimationsmöglichkeit.

Als Referentin wird unter anderem Gabriele Kirchhof, Leiterin des Bereichs Public Services Tax bei Ernst & Young, an dem Workshop mitwirken.

Weitere Details sowie die Anmeldeunterlagen finden Sie im Internet unter folgendem Link:

www.euroforum.de/beihilfenrecht EUROFORUM Regionale Energiekonferenzen Baden- Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz 2012 – Die Energiewende braucht die Regionen Ernst & Young empfängt die beiden EUROFORUM Regionalkonferenzen und lädt an folgenden Terminen in die jeweiligen Niederlassungen ein: 14.05.2012 – Stuttgart 19.06.2012 – Eschborn / Frankfurt am Main Die aktuelle Energiewende stellt Kommunen und Stadtwerke vor neue Herausforderungen und Veränderungen und führt zu vielfältigen Themenstellungen, die auf den Regionalkonferenzen von Referenten und weiteren Entscheidern aus Politik, Energiewirtschaft, Industrie und Kommunen diskutiert werden: ► Erneuerbar, flexibel und dezentral: die zukünftigen Energiesysteme in den Regionen

► Welche Konzepte ergeben sich aus den neuen Entwicklungen für Kommunen, Stadtwerke und Investoren?

► Welche rechtlichen und finanziellen Aspekte sind mit Investitionen in erneuerbare Energien für Kommunen und Stadtwerke verbunden?

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Termine

► Trend zur Rekommunalisierung: Chancen und Risiken für Kommunen und Energieversorger

► Die Energiewende fordert ein Umdenken und sucht Lösungen im Bereich der Mobilität

Weitere Informationen und Anfragen: [email protected] Eschborner Forum Expertengespräch zum Thema: Der Aufsichtsrat in der kommunalen Praxis – Rechte, Pflichten & Haftung, 18. Juni 2012, Eschborn

Nach dem Aktienrecht ist der Aufsichtsrat im Unternehmen unabhängig und vorrangig dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Der Aufsichtsrat im kommunalen Unternehmen ist aber auch politischen Einflüssen ausgesetzt und - je nach gesellschaftsrechtlicher Ausgestaltung – kommunalrechtlichen Bindungen unterworfen. Um in diesem Spannungs-feld das Mandat verantwortungsvoll und kompetent wahrnehmen zu können, sind umfassende Kenntnisse der aktuellen rechtlichen und regulatorischen Vorgaben unerlässlich. Ebenso erforderlich ist die Schaffung geeigneter Organisationsstrukturen und Complianceprozesse.

In der Veranstaltung werden Experten von Ernst & Young, Dr. Christian Bosse, Dr. Christian Orth und Monika Glückselig, zu rechtlichen Rahmenbedingungen, dem Public Corporate Governance Kodex und Effizienzprüfungen im Aufsichtsrat Stellung nehmen. Außerdem wird Herr Lars Scheider, Leiter Referat Beteiligungen der Stadt Frankfurt am Main aus der Praxis über die Umsetzung des PCGK sprechen.

Weitere Informationen und Anmeldung:

[email protected] BDEW Kongress: Märkte von morgen – zwischen Wettbewerb und Regulierung, 26. bis 28. Juni 2012 in Berlin Der BDEW Kongress ist die führende Veranstaltung der Energie- und Wasserbranche in Deutschland. Unter dem Motto „Märkte von morgen- zwischen Wettbewerb und Regulierung“ rückt die diesjährige Veranstaltung die Herausforderungen der Energiewirtschaft in einen politischen Kontext. Ent-sprechend haben Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan sowie der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel ihre Teilnahme bereits fest zugesagt.

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Termine

Treffen Sie und diskutieren Sie mit über 1.000 Entscheidern aus der Energie- und Wasserwirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien Themen wie:

- Wettbewerb oder Regulierung? Welchen Weg geht die Energieversorgung von morgen?

- Schlüsselfaktor Netz - Energieeffizienz im Markt - Industrielle und private Investments für die Energiewende - Welche innovativen Geschäftsmodelle bringt die Energiewende? - Markt- und Systemintegration: Welche Zukunft hat das EEG? - Europa, Bund und Länder- wer bestimmt die künftige Energiepolitik?

Auch in diesem Jahr engagiert sich Ernst & Young wieder als Sponsor auf dem BDEW Kongress, der vom 26. bis 28. Juni 2012 im InterContinental Berlin stattfindet. Zum einen fördert Ernst & Young im Rahmen der Initiative Studentenpatenschaft Studentinnen und Studenten und ermöglicht ihnen den Zugang zur Branche. Zum anderen werden die Ergebnisse der Stadtwerkestudie 2012 vorgestellt. Weitere Informationen und Anfragen: [email protected]

Veranstaltungsankündigung: Eschborner Forum Expertengespräch zum Thema: Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung, 28. August 2012, Eschborn

In der Veranstaltung wird Herr Dr. Thomas Schäfer, Hessischer Minister der Finanzen, mit Vertretern der kommunalen Praxis über Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung diskutieren.

Weitere Informationen:

[email protected]

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Ernst & Young Public Services, Ausgabe 107 | April 2012 44

Deutschland Wirtschaftsprüfung Hans-Peter Busson Eschborn/Frankfurt am Main Telefon +49 6196 996 25271 [email protected] Steuerberatung Gabriele Kirchhof Köln Telefon +49 221 2779 25680 [email protected] Real Estate Michael Janetschek Eschborn/Frankfurt am Main Telefon +49 6196 996 24540 [email protected] Organisationsberatung für die öffentliche Verwaltung und NPOs Lars Andersen Berlin Telefon +49 30 25471 25697 [email protected] Schweiz Wirtschaftsprüfung Bernadette Koch Bern Telefon +41 58 286 77 52 [email protected] Beratung öffentliche Hand Christian Sauter Zürich Telefon +41 58 286 43 08 [email protected] Österreich Elfriede Baumann Wien Telefon +43 1 211 70 1141 [email protected]

Redaktionelle Gesamtverantwortung Hans-Peter Busson Eschborn/Frankfurt am Main Telefon +49 6196 996 25271 [email protected] Wenn Sie unseren Newsletter nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie uns an [email protected] Anmeldungen zum Bezug des Public Services Newsletters können Sie unter folgenden Homepages vornehmen: Deutschland: www.ps-ey.de Schweiz: http://ch.ps-ey.de Österreich: http://at.ps-ey.de Alle bisherigen Ausgaben des Public Services Newsletters können ebenfalls unter den oben genannten Homepages abgerufen werden.

Ansprechpartner Ernst & Young Assurance | Tax | Transactions | Advisory

Die internationale Ernst & Young-Organisation im Überblick Die internationale Ernst & Young-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts-prüfung, Steuerberatung und Transaktions-beratung sowie in den Advisory Services. Ihr Ziel ist es, das Potenzial ihrer Mitarbeiter und Mandanten zu erkennen und zu entfalten. Die rund 144.000 Mitarbeiter sind durch ge-meinsame Werte und einen hohen Qualitäts-anspruch verbunden. Die internationale Ernst & Young-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbst-ständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitglieds-unternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.de.ey.com In Deutschland ist Ernst & Young mit rund 7.100 Mitarbeitern an 22 Standorten präsent. "Ernst & Young" und "wir" beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitglieds-unternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2012 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Ver-antwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitglieds-unternehmen der internationalen Ernst & Young-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden.