Ausgabe 1/14 Halle (Saale) medialog · si das minimal-invasive spektrum qualitativ hochwertig...

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ZEITSCHRIFT DES UNIVERSITäTSKLINIKUMS HALLE (SAALE) med ialog Ausgabe 1/14 Universitätsklinikum Halle (Saale) INNERE MEDIZIN Blutdrucksenkung durch Verödung von Nierennerven UROLOGIE Da Vinci: Verbindung zwischen Tradition und Moderne INNERE MEDIZIN Fortschritte in der Leukämietherapie

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z e i t s c h r i f t d e s u n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m s h a l l e ( s a a l e )

medialogAusgabe 1/14

UniversitätsklinikumHalle (Saale)

innere medizinBlutdrucksenkung durch verödung von nierennerven

urologieda vinci: verbindung zwischen tradition und moderne

innere medizinfortschritte in der leukämietherapie

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bei den Professorinnen und Professoren vollzieht sich in den kommenden Jahren ein generationswechsel. es ist uns gelungen, im ersten Quartal 2014 drei renommierte medi-zinerinnen und mediziner nach halle zu ho-len: Prof. dr. claudia Wickenhauser leitet seit dem 1. Januar 2014 das institut für Patholo-gie und Prof. dr. carsten müller-tidow seit dem 1. februar 2014 die universitätsklinik und Poliklinik für innere medizin iv (häma-tologie/onkologie). die mund-, kiefer- und gesichtschirurgie wird seit dem 1. märz 2014 durch Prof. dr. emeka nkenke geführt. im laufe des Jahres werden weitere Persönlich-keiten die universitätsmedizin in halle ver-stärken und das Profil von medizinischer fa-kultät und universitätsklinikum schärfen.

Die Patientinnen und Patienten profitie-ren in diesem Jahr auch von zahlreichen tech-nischen neuerungen. nachdem der minis-terpräsident des landes sachsen-anhalt, dr. reiner haseloff, im vergangenen Jahr unse-ren modernen hybrid-oP eingeweiht hatte, stellen wir gerade unseren oP-roboter „da vinci“ in den dienst. mit dem oP-roboter sind bei bestimmten operationen – beispiels-weise der entfernung der Prostata – scho-nendere und punktgenaue schnitte und näh-te möglich.

Im Laufe des Jahres werden wir zwei neue gebäude an unserem hauptstandort in Be-trieb nehmen. darin finden nicht nur das zentrallabor, das rechenzentrum und die strahlentherapie ihren Platz, sondern zwei neue stationen werden die unterbringungs-möglichkeiten für Patientinnen und Pa-tienten erheblich verbessern. in modern ausgestatteten und freundlichen zwei-Bett-zimmern können Patienten aus der inneren medizin und der strahlenmedizin behandelt werden.

Das Jahr 2014 ist in der halleschen uni-versitätsmedizin geprägt von positiven ver-änderungen und neuerungen bei gebäuden, Behandlungsmöglichkeiten und Personen.

Wir würden uns freuen, wenn sie uns wei-terhin mit anregungen und hinweisen aus ihrer täglichen Praxis dabei helfen würden, unsere leistungen und unseren service wei-ter zu verbessern. sehen sie medialog auch als forum des kollegialen austausches. fragen und hinweise können sie beispielsweise auch per e-mail an [email protected] rich-ten. sie bekommen eine antwort. Bis dahin verbleibe ich

mit freundlichen grüßenPD Dr. Thomas KlössÄrztlicher Direktor

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

e d i t o r i a l

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i n h a l t

U r o l o g i eDa Vinci: Verbindung zwischen Tradition und ModerneOA D r . Na sre ldin M oh amme d / OA F e li x K awan

I n n e r e M e d i z i nBlutdrucksenkung durch Verödung von NierennervenOA D r . A le xande r P le hn

I n n e r e M e d i z i nFortschritte in der LeukämietherapieP rof. D r . C arste n M ülle r-Tid ow / PD D r . L u tz M ülle r

O r t h o p ä d i e / N e u r o l o g i eWenn der Rücken auf die Nerven gehtOÄ D r . A nke S te inme tz / PD D r . M alte K ornhub e r

H e r z c h i r u r g i e / I n n e r e M e d i z i nHybrid-OP: Zwei Techniken kombiniertOA D r . Ha s an B u shna q / PD D r . S te ph an G ie le n

A u g e n h e i l k u n d eDie hintere lamelläre Keratoplastik - eine feine (R)Evolution OA D r . E rik C h ankie w i tz

U n f a l l c h i r u r g i eWarum wir ein Traumanetzwerk brauchenOÄ D r . M ari a Hu s ch ak / D r . H olge r S ie kmann

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OA D r . Na sre ldin M oh ammed

OA F elix K awan

U r o l o g i e

In der Urologie besitzen minimal-invasive

Operationstechniken seit jeher eine lange Tradition,

die ihren Ursprung vor etwa 130 Jahren mit der

Entwicklung des ersten Zystoskops durch den

Dresdner Arzt Maximilian Nitzsche hatte und

gewissermaßen die Geburtsstunde der modernen

minimal-invasiven Verfahren in der Urologie

darstellt.

da vinci: verbindung zwischen tradition und moderne

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S eit der ersten laparoskopischen nephrektomie vor mittlerweile ei-nem vierteljahrhundert hat die

laparoskopie eine rasche verbreitung und bis zum heutigen tage eine große Bedeutung in der Therapie urologischer erkrankungen er-fahren.

Professor Dr. Fornara zählt seit den frü-hen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu den Pionieren und Wegbereitern der laparosko-pie in deutschland und gilt als ausgewiesener spezialist auf dem gebiet minimal-invasiver operationstechniken. seit seiner Berufung als ordinarius nach halle im Jahr 2000 konnte er das bereits vorhandene spektrum der la-paroskopie in der universitätsklinik und Po-liklinik für urologie, nicht zuletzt auch durch seine umfangreichen forschungsprojekte, entscheidend vorantreiben und als wesentli-chen schwerpunkt der klinik etablieren. von nun an wurden nicht nur, wie bis dato üblich benigne, sondern auch maligne erkrankung mit der laparoskopischen operationstechnik erfolgreich behandelt, so dass die anzahl la-paroskopischer eingriffe seitdem stetig ange-stiegen ist.

Da mittlerweile seit langem alle urologi-sche operationen sowohl offen-chirurgisch als auch laparoskopisch an unserer klinik vor-genommen werden können, stellt die einfüh-rung der roboterassistierten chirurgie die logische entwicklung unser langjährige tra-dition auf dem gebiet der minimal-invasiven operationstechniken dar.

Die erste und zweite Generation roboteras-sistierter operationssysteme (da vinci®) wur-de bewusst nicht an unserer klinik eingeführt, da bis zum erhalt der technisch wesentlich ausgereifteren dritten generation da vinci® si das minimal-invasive spektrum qualitativ hochwertig konventionell laparoskopisch ab-gedeckt werden konnte.

Seit dem Februar 2014 setzt die univer-sitätsklinik und Poliklinik für urologie die dritte, technisch entscheidend weiterent-wickelte generation des roboterassistier-ten operationssystems da vinci®-si ein. das da vinci®-si-system ist die derzeit moderns-te technische entwicklung, die im Bereich der minimal-invasiven operationsverfahren an-gewendet werden kann. nach einer intensi-ven trainings- und vorbereitungsphase wur-den bereits die ersten operationen erfolgreich absolviert. mit dieser technischen neuerung kann nun das gesamte operative spektrum ablativer und rekonstruktiver eingriffe beni-gner und maligner urologischen erkrankun-gen sowohl konventionell chirurgisch, laparo-skopisch und auch roboterassistiert in unserer klinik vorgenommen werden. zukünftig kann jedem Patienten unabhängig von der indikati-onsstellung die für ihn individuell am besten geeignete operationstechnik zur verfügung gestellt werden.

Hierzu zählen:• retropubische radikale

Prostatovesikulektomie beim Prostatakarzinom, erektionsprotektiv und somit Potenz erhaltend

• organerhaltende nierentumorentfernungen und komplette entfernungen der nieren bei nierentumoren

• nierenbeckenplastik bei nierenbeckenabgangsenge

• retroperitoneale lymphknotenentfernungen bei metastasierten hodentumoren

• radikale zystektomie (entfernung der harnblase) mit inkontinenter oder kontinenter urinumleitung beim harnblasenkarzinom

Entwicklung und Stellenwert minimal-invasiver laparoskopischer Techniken in der Urologie

Seit der Einführung der laparoskopie als mi-nimal-invasive operationstechnik in der uro-logie konnte durch eine stetige verbesserung der technik und des instrumentariums die indikationsstellung erweitert werden. zu Be-ginn wurden minimal-invasive operations-techniken ausschließlich zu diagnostischen zwecken oder bei benignen erkrankungen verwendet und erst später auf komplizierte oder onkologische eingriffe ausgeweitet. die gesicherten vorteile der laparoskopie sind verkürzter krankenhausaufenthalt, bessere

U r o l o g i e

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kosmetische ergebnisse und eine geringere Belastung für den organismus des Patienten nach einer operation.

Für ausgewählte Indikationen in der urologie, z.B. die tumornephrektomie bei or-ganbegrenzten tumoren, stellt die laparo-skopie bereits den Therapiestandard dar. Bei technisch sehr anspruchsvolle verfahren wie z.B. die Potenz erhaltenden radikalen Prosta-tovesikulektomie oder die organerhaltenden nierentumorentfernung ist die lang andau-ernde lernkurve der laparoskopie vieler-orts noch immer ein Problem für die tägliche routine. durch die geburtsstunde des robo-terassistierten operationssystems da vinci® könnte das erlernen derartiger eingriffe ent-scheidend erleichtert und qualitativ wesent-lich verbessert werden. Aufbau und technische Daten des da Vinci®-Si-Systems

Das da Vinci®-Si-System mit high-definiti-on-videotechnik (hd) und vier arbeitsarmen ist die derzeit modernste technische ent-wicklung, die im Bereich der minimal invasi-ven roboterassistierten operationsverfahren angewendet werden kann.

Es besteht aus drei komponenten: Der Ope-rations- oder Chirurgenkonsole mit 3d-moni-tor, von der aus über steuerungselemente für die finger die instrumente bewegt wer-den können, einer zentralen Recheneinheit und dem Patientenwagen mit den instrumen-tenarmen. im gegensatz zu herkömmlichen operationen befindet sich der operateur während des eingriffes nicht direkt am ope-rationstisch, sondern steuert die operations-instrumente bequem von einer sich in un-mittelbarer nähe des Patienten befindlichen konsole im operationssaal aus, so dass er je-derzeit sichtkontakt zum Patienten besitzt und im seltenen notfall sofort eingreifen kann. die umsetzung der Bewegungen auf die instrumente erfolgt computergestützt und völlig zitterfrei.

Das da Vinci®-Si-System bietet folgende technische vorteile:• vier arbeitsarme• exakte Wiedergabe der Bewegungen

des operateurs, mit höchster Präzision in echtzeit und 360°-Bewegungsradius spezialisierte mikroinstrumente (so genannte „miniaturisierte hände“)

• mechanische handbewegungen in sieben freiheitsgraden

• robotisches online-system mit präziser Übertragungstechnik (system kann zu keiner zeit selbständig arbeiten)dreidimensionale sicht und darstellung auf das operationsfeld mit zehnfacher

vergrößerung des operationsgebietes in hochauflösender Bildqualität (high-definition-videotechnik)

• optimale Bewegungsabläufe der menschlichen hand

Das da Vinci®-Si-System ermöglicht dem operateur, minimal-invasive operationen noch präziser als bei der herkömmlichen la-paroskopie durchzuführen, da die Bewe-gungsabläufe, durch den roboter unterstützt, optimal den Bewegungsabläufen der mensch-lichen hand und der menschlichen finger nachempfunden werden. trotzdem arbei-tet das robotische system zu keiner zeit selb-ständig. sieben freiheitsgrade ermöglichen, die Bewegungen der hände, der handgelen-ke und der finger des operateurs exakt und in echtzeit wiederzugeben. so kann der ope-rateur mit „miniaturisierten“, voll funktions-fähigen händen innerhalb des Patienten ope-rieren. dadurch können kleinste Blutungen können sofort gestoppt werden und wichti-ge anatomische strukturen sehr präzise Prä-pariert werden, z.B. beim erhalt des neuro-vaskulären Bündel bei der Potenz erhaltenden radikalen Prostatektomie. Bei organ erhal-tenden nierentumoroperationen ermöglichen die vorteile des da vinci® größere und für konventionell laparoskopisch ungünstig gele-gene tumoren sicher zu entfernen.

K O N t A K t

Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie

Ltd. OA Dr. Nasreldin MohammedOA Felix Kawan

Ernst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)

Tel.: (0345) 557-2203Fax: (0345) 557-1729

[email protected]

U r o l o g i e

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D ie optimale Therapie der arteriel-len hypertonie bleibt trotz einer vielzahl zur verfügung stehender

medikamente eine große herausforderung, und der zielwert wird bei vielen Patienten nicht erreicht, obwohl der zusammenhang zwischen Bluthochdruck und kardiovaskulä-ren ereignissen heutzutage unumstritten ist. die gründe für das mangelnde erreichen des zielblutdrucks sind vielfältig und beinhalten compliance-Probleme und medikamenten-nebenwirkungen, aber auch die Therapiere-fraktärität. Bei der therapierefraktären arte-riellen hypertonie hat das ungleichgewicht des vegetativen nervensystems zugunsten des sympathikus eine übergeordnete Bedeu-tung. die notwendigkeit, menschen mit einer therapierefraktären arteriellen hypertonie adäquat behandeln zu können, und das Wis-sen, durch eine reduzierung der sympathi-kusaktivität auch eine reduzierung des Blut-drucks zu erreichen, haben zur entwicklung

I n n e r e M e d i z i n

Blutdrucksenkung durch verödung von nierennervenWeiterentwickeltes Verfahren kommt zum Einsatz

OA D r . A le xande r P le hn

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der katheterbasierten renalen sympathikus-denervation (kurz: „renale denervierung“) geführt. dabei werden katheterbasiert sym-pathische nervenfasern entlang der nieren-arterien abladiert. (abb. 1)

Die Resultate der bekanntesten studien – symplicity htn-1 und htn-2 – haben das interesse der katheterbasierten renalen den-ervierung zur Behandlung der therapierefrak-tären arteriellen hypertonie bei ärzten und auch bei Patienten weltweit geweckt.

Die renale Denervierung hat sich in den klinischen studien symplicity htn-1 und 2 im vergleich zur medikamenteneinnahme als überlegen erwiesen. symplicity htn-2 wurde als randomisierte, kontrollierte klinische stu-die mit 106 Patienten in europa, australien und neuseeland durchgeführt. Patienten, die für die Behandlung mit der rdn-Therapie so-wie antihypertensiva ausgewählt wurden, er-zielten in sechs monaten eine deutliche sen-kung des mittleren Blutdrucks (-32/-12 mm hg), wohingegen der Blutdruck bei Patien-ten der kontrollgruppe, die ausschließlich an-tihypertensiva erhielten, nicht von den Wer-ten zu studienbeginn abwich (+1/0 mm hg). (abb. 2)

Bei Patienten, die in der studie symplici-ty htn-1 die drei-Jahres-nachuntersuchung abgeschlossen haben, wurde eine anhaltende senkung des Blutdrucks festgestellt. Bei sym-plicity htn-1 handelte es sich um eine Pilot-studienreihe mit 153 Patienten, die an 19 in-stituten in australien, europa und den usa durchgeführt wurde. Bei diesen studien er-zielten die Patienten in sechs monaten eine mittlere Blutdruckveränderung von -22/-10 mm hg. Patienten, die die 3-Jahres-nach-untersuchung abgeschlossen haben, wiesen eine änderung von -33/-19 mm hg auf. (abb. 3)

Die Universitätsklinik und Poliklinik für innere medizin iii (direktor. Prof.dr. karl Werdan) betreut zusammen mit der univer-sitätsklinik und Poliklinik für innere medizin ii (direktor: Prof. dr. matthias girndt) seit vielen Jahren Patienten mit schwer kontrol-lierbaren Bluthochdruckerkrankungen und bietet seit Januar 2011 mit der renalen sym-pathikusablation ein innovatives Therapie-konzept an, das zudem eine relativ geringe komplikationsrate aufweist. seit dieser zeit wurden etwa 260 Patienten in unserem zen-trum erfolgreich und ohne signifikante ne-benwirkung behandelt. um eine optimale Be-treuung der Patienten gewährleisten und die effekte der noch jungen renalen denervie-rungstherapie aufzeigen zu können, sind alle

Abb. 4 Blutdrucksenkung nach RDN im 24h-RR (mmHg), Halle-RDN-Register

Abb. 1 Darstellung des Ablations- katheters in der rechten Nieren- arterie. Quelle: Medtronic

Abb. 2 Symplicity HTN 2, Effekt der renalen Denervierung auf den Praxisblutdruck (systolisch/diastolisch)

Abb. 3 Symplicity HTN 1, Auswirkung der renalen Denervierung auf den Praxisblutdruck nach 3 Jahren

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I n n e r e M e d i z i n

Patienten in ein lokales register eingeschlos-sen worden. die analysen dieses registers bestätigen eine hochsignifikante senkung des Blutdrucks in der mehrheit der Patienten. dies bezieht sich sowohl auf spontane Blut-druckmessungen als auch auf durchschnitt-liche Blutdruckmessungen der 24h-erhebun-gen. (abb. 4) ein drittel der Patienten zeigt jedoch keinen oder einen nur geringen effekt auf die renale denervierung. die ursachen dieses Therapieversagens können vielfäl-tig sein. so sind eine mangelnde denervie-rung bei in tieferen schichten verlaufenden nerven, ungenügende Therapieadhärenz so-wie alternative hypertonieursachen denkbar. andererseits scheinen die initiale Blutdruck-höhe sowie die anzahl an eigenommenen an-tihypertensiva positive Prädiktoren eines Therapieerfolgs zu sein.

In der aktuell behandelten gruppe der schweren, therapierefraktären hypertoniker lässt sich so durch die renale denervierung meist ein guter blutdrucksenkender effekt erzielen. dieser führt die Patienten häufig aus dem hochrisikobereich der erkrankung heraus, mündet jedoch meist nicht in einer normalisierung oder kompletten kontrol-le (<140 mmhg) des Blutdrucks. Bluthoch-druckmedikamente können somit in dieser Patientenklientel meist nicht in ihrer dosis reduziert oder gar abgesetzt werden.

Durch Reduzierung der sympathikusaktivi-tät konnten neben der Blutdruckreduktion auch zusätzlich potenzielle positive effekte auf den glukosestoffwechsel, das schlaf-apnoe-syndrom sowie die herz- und nieren-insuffizienz gezeigt werden. diese erkennt-nisse haben dazu geführt, dass in kürzester zeit eine vielzahl neuer systeme zur renalen denervierung entwickelt worden.

Erstmals in Europa hat das universitäts-klinikum halle (saale) im november 2013 ein weiterentwickeltes verfahren zur renalen denervierung eingesetzt. Während die Be-handlung mit dem herkömmlichen verfahren bisher 45-60 minuten dauerte, ist diese mit dem neuen system in nur noch 10-15 minu-ten möglich. mit der deutlich verkürzten Be-handlungszeit wird die schmerzdauer für den Patienten dramatisch reduziert. außerdem wurde der katheter weiterentwickelt und passt sich nun besser den gefäßen an, was eine gezieltere verödung der nerven mög-lich macht. erhofft werden sich hiervon bes-sere und konsistentere Behandlungsergeb-nisse. (abb. 5 – 7) erstmals eingesetzt wurde das weiterentwickelte verfahren in austra-

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Abb. 7 Nierenangiographie mit liegendem Ablationskatheter

Abb. 5 Dritte Generation des Symplicity SPYRAL Denervierungskatheters und Generators, Quelle: Medtronic

Abb. 6 Helikale Form des Ablationskatheters, Quelle: Medtronic

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samkeitsnachweis nicht erreicht. die hohe si-cherheit des verfahrens hingegen hat sich be-stätigt. genauere informationen als diese mitteilung der firma medtronic an ihre ak-tionäre gibt es bisher nicht.

Was bedeutet diese mitteilung für die Pra-xis? einerseits ist die Prozedur der renalen denervierung bei medikamentös nicht kon-trollierbarer arterieller hypertonie zwar si-cher. andererseits erwies sie sich als nicht so effektiv wie erwartet. alle Patienten, die in halle behandelt werden, nehmen entweder an studien teil oder werden im rahmen von re-gistern überwacht. insofern ist ein gutes mo-nitoring der Behandlungsergebnisse gewähr-leistet. auch sind in der analyse der bisher behandelten Patienten mangelnde erfolge der Therapie nicht aufgefallen. ein schlüssel liegt möglicherweise in der richtigen auswahl der Patienten für die methode. das verfahren sollte Patienten vorbehalten werden, die trotz einer medikamentösen mehrfachkombinati-on inklusive diuretikum einen Blutdruck von 160/90 mmhg oder darüber aufweisen. zu-dem müssen sekundäre ursachen der hoch-druckerkrankung definitiv ausgeschlossen sein.

Momentan gibt es keinen grund, etwas an dem verfahren selbst oder den indikatio-nen dafür zu ändern. es existieren bereits sehr strenge kriterien, die die anwendung nur dann gewährleisten, wenn alle ande-ren mittel zur Blutdrucksenkung bereits aus-geschöpft worden sind.

lien und feierte Premiere in europa – bei ei-nem Patienten des universitätsklinikums hal-le (saale).

Erste Ergebnisse der mit dem neuen sys-tem behandelten Patienten sind vielverspre-chend und weisen eine substantielle Blut-drucksenkung auf.

Inwieweit die katheterbasierte rena-le ablationstherapie dauerhaft zur Therapie der therapierefraktären hypertonie einge-setzt werden kann, welche weiteren indika-tionen sich hierfür ergeben und welche er-gebnisse mit den neueren kathetersystemen erzielt werden, muss durch größere studi-en und langzeitergebnisse bestätigt bzw. ge-prüft werden.

Völlig unerwartet nach den bisher so po-sitiv erscheinenden ergebnissen hat die bis-lang größte studie zur renalen denervierung: sYmPlicitY htn-3 ihren auferlegten Wirk-

I n n e r e M e d i z i n

K o n t a k t

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III

OA Dr. Alexander PlehnErnst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)

Tel.: (0345) 557-2601Fax: (0345) 557-2072

[email protected]

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U ngeachtet dessen zählen ins-besondere die akuten leukämien weiterhin zu den bedrohlichsten

erkrankungen und erfordern eine rasche The-rapieeinleitung. doch auch hier ist die per-sonalisierte medizin dabei, die Therapie der leukämien zu revolutionieren.

Leukämien waren die ersten krebserkran-kungen bei denen remissionen durch medi-kamentöse Therapie - chemotherapie - er-reicht wurden. chemotherapie ist für viele leukämieformen, insbesondere für die aku-te myeloische leukämie (aml), die akute lym-phatische leukämie (all) sowie für die chro-nisch lymphatische leukämie (cll) weiterhin die wichtigste Therapieform. allerdings ist es in den vergangenen Jahren möglich gewor-den, sowohl die Wirksamkeit als auch die ver-träglichkeit dieser chemotherapien entschei-dend zu verbessern.

fortschritte in der leukämietherapie Erfreulicherweise gibt es beachtliche Fortschritte in der Therapie der

Leukämien. Durch die Weiterentwicklung von Therapien, durch neue

gezieltere Therapien und durch die allogene Stammzelltransplantation

haben sich die Aussichten der Behandlung deutlich verbessert.

P rof. D r . C arste n M üller-Tid ow

PD D r . L u tz M ülle r

I n n e r e M e d i z i n

Gezielte Therapien ver-bessern Behandlung der Leukämie. Monoklona-le Antikörper erkennen gezielt leukämische Zel-len und stellen bei vie-len Erkrankungen eine wichtige neue Therapie-option dar. Zahlreiche Antikörper befinden sich zudem in der klini-schen Entwicklung. Bild: © Prof. Anton Markus Pasing

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I n n e r e M e d i z i n

Zunehmend eingesetzt werden antikörper, die spezifisch leukämiezellen erkennen und entfernen können. diese werden insbeson-dere bei den lymphatischen leukämien ein-gesetzt und sind im allgemeinen gut verträg-lich. die Prognose der erkrankungen wird durch diese antikörpertherapien deutlich ver-bessert. sogenannte bispezifische antikörper führen körpereigene abwehrzellen, insbeson-dere t-zellen an cd20 tragende leukämiezel-len heran, induzieren damit ein absterben der malignen zellen und induzieren bei vielen Pa-tienten remissionen. auch die kopplung von zytotoxischen substanzen an spezifische anti-körper gegen B-zellantigene (z.B. cd22) oder gegen myeloische antigene (cd33) ist in kli-nischen studien wirksam und verspricht eine verbesserte Therapie.

Spezifische Inhibitoren, die oral ver-abreicht werden und wenige nebenwirkungen verursachen, sind die große hoffnung für die zukunft. Bereits jetzt gibt es außerordentlich wirksame Therapien bei der cml, bei unter-formen der all und bei der akuten Promyelo-

zytenleukämie (aPl) als unterform der aml. so besteht die standardtherapie der chronisch myeloischen leukämie (cml) in der kontinu-ierlichen Therapie mit tyrosinkinaseinhibito-ren. diese substanzen zielen auf spezifische genetische veränderungen die in den mali-gnen zellen der cml vorliegen. die Thera-pie erfolgt als tägliche tabletteneinnahme, ist meist gut verträglich und hat mittlerweile ag-gressive chemotherapien bei der cml nahezu komplett ersetzt.

Für alle Leukämieformen sind zahlrei-che neue Wirkstoffe in der entwicklung, die in klinischen studien angewendet und getestet werden. klinische studien mit neu entwickel-ten, noch nicht außerhalb von studien ver-fügbaren substanzen bieten für Patienten mit seltenen oder schwer behandelbaren formen der leukämien zusätzliche optionen. hier-zu zählen auch Patienten bei denen eine stan-dardtherapie aufgrund des alters oder von nebenerkrankungen nicht empfohlen wer-den kann. daher ist es sinnvoll, die Therapie von Patienten mit leukämien in zusammen-

arbeit mit zentren durchzuführen an denen derartige studien durchgeführt werden. am ukh wird eine vielzahl von studien mit neu-en substanzen insbesondere für die Behand-lung von Patienten mit akuten leukämien durchgeführt. hierzu zählen auch studien für Patienten mit mehrfachem rezidiv oder älte-re Patienten, für die eine aggressive chemo-therapie nicht in frage kommt. eine klinische studie am universitätsklinikum halle wird mit förderung der deutschen krebshilfe eine vielversprechende neue differenzierungsthe-rapie anbieten, die kürzlich mit unserer mit-arbeit entwickelt wurde (schenk et al., nature medicine 2012).

Die Therapie mit spezifischen immunzel-len, die gezielt leukämiezellen erkennen und abtöten, ist eine vielversprechende entwick-lung, die bisher aber nur in klinischen stu-dien durchgeführt wird. gerade bei lympha-tischen neoplasien gibt es hier eine rasche entwicklung: autologe, d. h. vom Patienten selbst entnommene t-zellen werden durch gentransfer so programmiert, dass sie spezi-

Abb.2 (Seite 12) Prof. Carsten Müller-Tidow (stehend) und PD Dr. Lutz Müller (am Mikroskop) bei der Begutachtung von Knochenmarkausstrichen, die eine Grundlage der Diagnostik von Leukämieerkrankungen bilden. Die Zytologie wird ergänzt durch Zytogenetik, Durchflußzytometrie und molekulargenetische Diagnostik; Verfahren, die alle am Universitätsklinikum Halle durchgeführt werden.

Abb.3 (Seite 13) PD Dr. Lutz Müller (links) Leitender Oberarzt für allogene Stammzelltransplantation und Prof. Dr. Müller-Tidow (rechts), Direktor der Klinik für Innere Medizin IV im Gespräch.

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drückt das immunsystem des Patienten und ermöglicht damit das anwachsen der frem-den stammzellen. nach dieser vorbehand-lung werden die stammzellen des spenders wie eine Bluttransfusion übertragen. Wichtig ist, dass die gewebemerkmale des spenders zu den gewebemerkmalen des empfängers passen. dies wird durch umfangreiche unter-suchungen festgestellt.

In Fällen, bei denen kein familienspen-der mit passenden gewebemerkmalen verfüg-bar ist, wird heute ein unverwandter spen-der gesucht. hierzu gibt es große dateien, in denen mehrere millionen freiwilliger spen-der registriert sind. in deutschland ist es da-mit für mehr als 80 Prozent aller Patienten möglich, einen nicht verwandten spender zu finden. nach der transplantation dauert es ca. zwei bis drei Wochen, bis die zellen ange-wachsen sind und wieder eine normale Blut-bildung vorliegt. in den ersten Wochen nach transplantation werden die Patienten in be-sonderen Patientenzimmern mit luftfilterung stationär betreut. nach dem anwachsen des

fisch tumorzellen erkennen und eliminieren können. diese sogenannte car-Therapie (chi-meric-antigen-receptor) hat bereits bei eini-gen Patienten zu lang anhaltenden remissio-nen geführt.

Die Knochenmarktransplantation ist eine weitere Therapieform, die für viele Patienten eine gute aussicht auf heilung der erkran-kung bietet. heutzutage wird diese meistens als periphere Blutstammzelltransplantation durchgeführt. das heißt, dass die stammzel-len aus dem Blut des spenders entnommen werden und keine operative knochenmarkent-nahme notwendig ist. man unterscheidet die autologe stammzelltransplantation, bei der stammzellen vom Patienten selbst gewonnen werden, von der allogenen transplantation, bei der stammzellen eines anderen menschen benutzt werden. die autologe stammzelltrans-plantation hat bei leukämien nur eine geringe Bedeutung. Bei der allogenen transplantation wird eine vorbehandlung durch chemo- und/oder strahlentherapie durchgeführt. diese vernichtet verbliebene leukämiezellen, unter-

knochenmarks ändert sich auch das immun-system des Patienten. das sich aus dem neu-en knochenmark bildende neue immunsystem erkennt die eventuell noch vorhandenen leu-kämiezellen als fremd und greift diese an. die-ser immuneffekt kann jedoch auch mit risiken verbunden sein und eine regelmäßige kontrolle des Patienten im transplantationszentrum ist daher langfristig notwendig.

Neue Transplantationsverfahren erlau-ben in ausgewählten fällen auch die transplan-tation von spendern die nur in einem teil der gewebemerkmale mit dem Patienten überein-stimmen (haploidentische transplantation). hierdurch können auch Patienten ohne passen-den spender transplantiert werden.

Bei Rezidiv der leukämien nach der trans-plantation kann dieser immuneffekt durch die erneute gabe von immunzellen des spenders, sogenannte donorlymphozyten, gezielt hervor-gerufen werden. damit lässt sich auch in die-ser schwierigen situation bei einigen Patienten noch eine heilungen der erkrankung herbei-führen.

I n n e r e M e d i z i n

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Die allogene Stammzelltransplantation wird vor allem bei Patienten mit akuten leu-kämien eingesetzt. hier sind gerade bei der aml die heilungsraten höher als bei Patien-ten, die nur mit chemotherapie behandelt werden. Bei einem rückfall von akuten leu-kämien bietet die stammzelltransplantation die beste aussicht auf heilung. Bei der cml wird nur noch selten eine stammzelltrans-plantation benötigt. diese kommt nur infra-ge, wenn es zu einem fortschreiten der er-krankung gekommen ist oder wenn die neuen medikamente bei einzelnen Patienten nicht wirken. Bei der cll ist eine stammzelltrans-plantation nur bei jungen Patienten mit ag-gressivem erkrankungsverlauf zu empfehlen.

Die Stammzelltransplantation hat sich in den letzten Jahren deutlich weiter entwickelt. die gefahren der Therapie sind deutlich ver-mindert worden und die Wirksamkeit hat sich verbessert. durch die möglichkeit, vor trans-plantation eine schwächere chemotherapie bzw. strahlentherapie durchzuführen, ist die stammzelltransplantation inzwischen auch für ältere menschen eine wichtige Behand-

lungsoption bei leukämien geworden. all die-se neuen entwicklungen und Therapieoptio-nen stehen am ukh zur verfügung.

Während die aggressiven chemothera-pien für akute leukämien und die stamm-zelltransplantation unverändert einen sta-tionären aufenthalt erfordern, erlauben die dargestellten neuen Therapieformen für vie-le Patienten und insbesondere für nahezu alle Patienten mit cml und cll eine ambulan-te Therapie. zunehmende Bedeutung für die Therapieauswahl hat die diagnostik von gene-tischen veränderungen in den malignen zel-len der leukämie. diese ergebnisse erlauben eine abschätzung der aggressivität der er-krankung und damit auch die auswahl der ge-eigneten Therapie.

I n n e r e M e d i z i n

K O N t A K t

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin IV

Prof. Dr. Carsten Müller-TidowErnst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)

Tel.: (0345) 557-2924Fax: (0345) 557-2950

[email protected]

Ansprechpartner und Anmeldung:

Anmeldung von Patienten zur Abklärung der Indikation für eine Stammzelltransplan- tation unter: (0345) 557-7260

Zuweiserhotline des dienst-habenden Oberarztes für Aufnahmen, Leukämien und Notfälle: (0345) 557-2925

Anfragen zur Patientenvorstellung und sonstige Anfragen unter: [email protected]

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O r t h o p ä d i e / N e u r o l o g i e

U nterschiedlichste Erkrankungen wie z.B. der inneren organe, ge-fäßerkrankungen, gynäkologische

oder urologische erkrankungen können sich in rückenschmerzen äußern. mit zuneh-mendem lebensalter sind jedoch degenera-tive (abnutzungsbedingte) veränderungen der Wirbelsäule der häufigste grund für rü-ckenschmerzen. der flüssigkeitsgehalt der Bandscheiben nimmt bereits ab dem 30. le-bensjahr ab. durch die verlorengegangene elastizität der Bandscheiben können diese ihre Pufferfunktion nicht mehr ausreichend erfüllen. durch die vermehrte Belastung auf das Wirbelsegment, welches aus Bandschei-

ben, Wirbelgelenken, Bändern und muskeln besteht, kommt es zu Bandscheibenvorwöl-bungen, abnutzungen der kleinen Wirbel-gelenke, veränderungen der Wirbelstruktur oder verdickungen der Bandstrukturen. da-her können einseitige haltungen und man-gel an Bewegung, häufig in kombination mit Übergewicht, zur vermehrten abnutzung der Wirbelsegmente führen.

Fehlbelastungen, Bewegungsmangel und vermehrte abnutzung führen häufig zu rü-ckenschmerzen und zunehmenden schwierig-keiten, die Wirbelsäule durch die muskulatur zu stabilisieren. Bei einem teil der Patienten tragen auch muskelerkrankungen zum rü-

ckenschmerz und zur schwäche der rücken-muskulatur bei. nicht selten führen dege-nerative veränderungen der Wirbelsäule zu einengungen des spinalkanals oder der ner-venaustrittskanäle. Wenn der spinalkanal oder ein nervenaustrittskanal (das so ge-nannte neuroforamen) eingeengt ist, spricht man von einer spinalkanal- oder neurofo-ramenstenose. in diesem fall können die dort lokalisierten nervenstrukturen (nervenwur-zeln, Wurzelstränge oder das rückenmark) ir-ritiert oder sogar eingeklemmt werden. Wäh-rend eine irritation häufig zu ausstrahlenden schmerzen in das nervengebiet (z.B. ins Bein bis in die zehen) oder zu missempfindun-

Wenn der rückenschmerz auf die nerven gehtDie Ursache von Rückenschmerzen ist vielfältiger Natur. Rückenschmerzen

können sogar von außerhalb der Wirbelsäule herrühren.

OÄ D r . A nke S teinmetz

PD D r . M alte K ornhuber

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lung, welche die einklemmungserscheinungen häufig verstärkt, wird durch den einsatz ei-nes lokalanästhetikums (Betäubungsmittel) und kortison bekämpft. Begleitend muss eine intensive physiotherapeutische Behandlung mit dem ziel der muskelkräftigung und akti-vierung insbesondere der tiefen rücken- und Bauchmuskulatur erfolgen. nur wenn die-se gut funktioniert ist die optimale stabilisie-rung der Wirbelsäule möglich. hierbei helfen die zwerchfellmuskulatur und der Beckenbo-den wesentlich mit, so dass auch diese oft mit beübt werden müssen. schmerzen treten auch in der muskulatur auf, etwa durch anhaltende verspannungen oder durch so genannte trig-gerpunkte. hier ist der zusätzliche einsatz verschiedener physikalischer maßnahmen, z.B. zur schmerzbehandlung oder muskelent-spannung sinnvoll.

Ein besonders charakteristisches Be-schwerdebild zeichnet die spinalkanalstenose aus. mehr noch als der rückenschmerz engt eine zunehmende einschränkung der geh-strecke den aktionsradius der Betroffenen ein. häufig müssen sie nach wenigen hun-dert metern stehen bleiben, weil schmerzen im Bein oder ein schweregefühl in den Bei-nen auftreten. die Beschwerden erinnern sehr an die „schaufensterkrankheit“, welche Pa-tienten mit peripherer arterieller verschluss-krankheit (gefäßverengungen in den Beinen) aufweisen und welche sie zum stehenbleiben zwingt, so dass die Betroffenen von „schau-fenster zu schaufenster“ wandern. Bei der spinalkanalstenose führt jedoch die enge im spinalkanal zu einer reizung und irritation der hier liegenden nervenfasern. typischer-weise berichten die Betroffenen jedoch häufig, dass sie zwar nur noch kurze strecken gehen, aber fast unbegrenzt fahrradfahren können. dies erklärt sich dadurch, dass bei der hal-

gen im zugehörigen hautbereich führen, kann eine einklemmung von nerven im Bereich des spinalkanals oder des neuroforamen auch zu motorischen ausfällen, d.h. zu abschwächung der muskelkraft führen. dieses bedeutet je-doch nicht automatisch eine oP-indikation. solange keine Probleme mit dem Wasserlas-sen oder stuhlgang auftreten oder die läh-mungserscheinungen schnell zunehmen, ist erst eine konservative (nicht-operative) Be-handlung durchzuführen.

Für die Diagnosestellung ist neben der klinisch-orthopädischen untersuchung, in der teilweise bereits hinweise auf irritierte nervenstrukturen erhoben werden können, vor allem auch die mrt-untersuchung wich-tig: hier zeigen sich einengungen von spinal-kanal oder neuroforamina. für die einschät-zung, ob jedoch der nerv nicht nur irritiert, sondern die nervenfunktion geschädigt ist, ist ggf. eine neurologische untersuchung not-wendig. in dieser können die nerven- und muskelfunktionen bei Bedarf im rahmen ei-ner elektrophysiologischen diagnostik gemes-sen werden.

Aufgrund der oft komplexen Problema-tik bei einer Wurzelreizsymptomatik, führen ambulante Behandlungsversuche häufig nicht zu einer ausreichenden Beschwerdelinderung. in diesem fall ist ein stationärer konservati-ver Behandlungsversuch unter einbeziehung verschiedenster Therapiemethoden, inklu-sive eines zwischenzeitlichen einsatzes von schmerzmedikamenten empfehlenswert.

Schmerzen bzw. Sensibilitätsstörungen können teilweise durch gezielte injektionen direkt an den spinalkanal oder das neurofo-ramen (peridurale injektionen, periradikuläre injektionen, facettengelenksinjektionen) po-sitiv beeinflusst werden. die mit der reizsi-tuation einhergehende entzündliche schwel-

tung auf dem fahrrad die Wirbelsäule eher in einer „rundrückenposition“ eingestellt ist, in welcher der spinalkanal etwas weiter ist, als wenn die Wirbelsäule im „hohlkreuz“ steht. auch bei dieser erkrankung wird zuerst ein konservatives vorgehen gewählt.

Neben wirbelsäulennahen Injektionen direkt an den spinalkanal (peridurale injek-tionen) kann die reizung der nerven- und Bindegewebsstrukturen, welche zu einem an-schwellen dieser strukturen führt und da-mit den spinalkanal zusätzlich einengt, be-einflusst werden. zusätzlich wird in der physiotherapeutischen Behandlung versucht die „hohlrückenhaltung“ (lordose) mit ver-schiedensten mitteln zu minimieren. neben der kräftigung der tiefen rückenmuskeln, ist auch die aktivierung der tiefen Bauchmusku-latur notwendig, was der Betroffene durch ein tägliches Übungsprogramm fortsetzen sollte. außerdem werden angrenzende Wirbelsäulen-abschnitte mobilisiert und verkürzte muskeln aufgedehnt. ziel der Behandlung ist eine hal-tungskorrektur im sinne einer „entlordosie-rung“, um die spinalkanalstenose zu kompen-sieren. Begleitend werden oft physikalische maßnahmen (elektrotherapie, massagen, Wärme- oder hydrotherapie) eingesetzt. von besonderer Wichtigkeit ist ein gangtraining, um zu verhindern, dass der Betroffene im all-tag in alte gangmuster mit einer hohlkreuz-bildung zurückfällt.

K O N t A K t

Department für Orthopädie, Unfall- und WiederherstellungschirurgieSchwerpunkt Konservative Orthopädie Leitung: OÄ Dr. Anke SteinmetzErnst-Grube-Str. 4006120 HalleTel.: (0345) 557-2042Fax: (0345) [email protected]

Universitätsklinik und Poliklinik für NeurologieOA PD Dr. Malte Kornhuber Tel.: (0345) 557-3340Fax: (034) 557-3335 [email protected]

Hinweis: Für die Sprechstunden ist eine Überweisung vom Hausarzt oder Facharzt (Konservative Orthopädie) oder vom Neuro-logen/Nervenarzt (Neurologie) notwendig.

O r t h o p ä d i e / N e u r o l o g i e

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D ie vorangestellte Bezeichnung hybrid betont ein aus unterschied-lichen arten oder Prozessen

zusammengesetztes ganzes. die Besonder-heit liegt darin, dass die zusammengebrach-ten elemente für sich alleine schon lösun-gen darstellen, durch das zusammenbringen aber neue erwünschte eigenschaften entste-hen können. zwei für sich selbständige medi-zinische disziplinen, nämlich die kardiologie und die herzchirurgie bzw. die angiologie und die gefäßchirurgie, schließen sich zusammen, um neue, komplexe Behandlungsmethoden einzuführen. diese neuartigen verfahren wur-den bisher am ukh entweder im herzkathe-

ter oder im oP-saal durchgeführt. der neue, hochmoderne hybrid-saal eröffnet aber die möglichkeit, diese verfahren noch deutlich ef-fizienter und sicherer zu betreiben.

Das heißt, offene operationen, insbeson-dere des herz-kreislaufsystems, werden zu-nehmend durch eingriffe ersetzt, die nur noch einen kleinen schnitt im körper verlan-gen. die neuen verfahren erfordern sowohl neue räume als auch neue geräte. deshalb entstehen derzeit so genannte hybrid-opera-tionssäle, in denen sowohl katheter-eingriffe, insbesondere der minimal-invasive herzklap-penersatz oder herzklappenrekonstruktio-nen über katheter am schlagenden herzen,

als auch offene chirurgie stattfinden können. in den vergangenen Jahren wurde daraus ein regelrechter trend und inzwischen finden in hybrid-operationssälen z. B. eingriffe aus der herz- und gefäßchirurgie, orthopädie und neurochirurgie statt. die Planung eines solch komplexen hybridraumes ist immer noch eine herausforderung, da zahlreiche Produkte verschiedenster hersteller, von der oP-lam-pe bis zur herz-lungen-maschine, integriert werden müssen, dort interdisziplinäre teams zusammenarbeiten und die klinischen infor-mationen jedem mitglied des oP-teams wäh-rend des eingriffs zur verfügung stehen müs-sen.

Innovative Technik auf 80 Quadratmetern:

Einer der großen Trends in der Medizin ist

derzeit die minimal-invasive Hybrid-Therapie.

Allgemein versteht man in der Technik

unter Hybrid ein System, bei welchem zwei

Technologien kombiniert werden.

hybrid-oP: zwei techniken kombiniertOA D r . Ha s an B u shnaq , OA D r . S teph an G ielen

H e r z c h i r u r g i e / I n n e r e M e d i z i n

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Beispiel: Herzklappenersatz via Katheter

Der Herzklappen-Ersatz via katheter ist ein hochkomplexer eingriff, da der operateur im millimeterbereich navigieren und die indivi-duelle anatomie des Patientenherzens genau kennen muss. lage und Position der klappe müssen millimetergenau aus verschiedenen Winkeln dreidimensional dargestellt werden. dazu sind angiographiesysteme mit 3d-Bild-gebungsverfahren notwendig, die eine hohe Bildqualität liefern und dreidimensionale Bil-der der anatomie des herzens erzeugen. Wäh-rend die ärzte neue herzklappen über kathe-ter einsetzen, können sie jederzeit die lage der katheter und des stents mit der künst-lichen herzklappe auf verschiedenen monito-ren kontrollieren und nach dem eingriff die funktion sofort überprüfen. das wird über eine gefäßdarstellung mit kontrastmittel-gabe möglich. auf den kontrollmonitoren las-sen sich zudem aktuelle röntgenaufnahmen digital über die interoperativ erzeugten 3d-Bilder des herzens projizieren. diese darstel-lungen erlauben zusätzliche und einzigartige orientierungsmöglichkeiten von bisher nicht gekannter Qualität. zur qualitätssichernden Patientendokumentation sowie zur wissen-schaftlichen evaluierung wurde das bereits er-

wähnte dokumentationssystem installiert. es ermöglicht dem klinikum, geniertes Bild- und videomaterial zu dokumentieren und im zentralen Bildspeichersystem (Pacs) zu spei-chern.

Da die Sicherheit der Patienten im mit-telpunkt der Behandlung steht, verbindet der hybrid-oP mehrere fachrichtungen mit den dazugehörigen operationskonzepten. ärzte verschiedener fachbereiche können gemein-sam oder auch getrennt voneinander hoch komplexe eingriffe am Patienten in einem operationssaal durchführen. durch diese art der zusammenarbeit von medizinern können während eines oP-aufenthaltes neue Behand-lungsmöglichkeiten eröffnet werden und bei plötzlich auftretenden komplikationen wäh-rend der minimal-invasiven eingriffe kann so ohne zusätzlichen transport und umbettung, und damit ohne zeitverzögerung, eine sofor-tige z. B. chirurgische fortsetzung der opera-tion erfolgen.

Der Hybrid-OP im universitätsklinikum halle (saale) ist mit der neuesten hightech-technologie ausgestattet. maßgeblicher teil des neuen saales ist die volldigitale angio-grafieanlage. diese angiografieanlage mit in-tegriertem oP-tisch ist mit umfangreichen Bildgebungstechniken ausgestattet, was die maximale sicherheit und flexibilität bietet. das eingebaute system ermöglicht unter an-derem die dreidimensionale darstellung von gefäßen und erlaubt dadurch nicht nur sehr genaues, sondern auch sehr schonendes ar-beiten. von den neuen verfahren profitieren insbesondere ältere hochrisikopatienten. die-se Patienten wurden bislang in aller regel we-gen des hohen risikos von einer operation ausgeschlossen. mit dem hybrid-operations-saal eröffnen sich neue Behandlungsperspek-tiven zum Wohle der Patienten.

Etwa zwei Millionen euro sind in die tech-nik und den umbau investiert worden. knapp acht monate haben der umbau und die kom-plette erneuerung der technischen gebäude-ausrüstung im laufenden Betrieb unter Pro-jektleitung der herzchirurgie in anspruch genommen. neben einem neuen lüftungs-system wurden eine 3d-angiographie und eine 3d-echokardiographie eingebaut. der oP-tisch ist nicht nur röntgenfähig, sondern auch flexibel, was die durchführung jeglicher operationen und interventionen erlaubt.

Wir freuen uns sehr, dass wir unseren Pa-tienten dieses höchstmaß an technischer in-novation zur durchführung komplexer ein-griffe am ukh bieten können. damit wird das klinikum sein versorgungsangebot in der re-gion deutlich erweitern und Patienten versor-gen können, die vorher in andere, weiter ent-fernte spezial-kliniken ausweichen mussten.

K O N t A K t

HerzzentrumUniversitätsklinik und Poliklinik für Herz- und ThoraxchirurgieLtd. OA Dr. H. BushnaqErnst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)Tel. 0345 557-2872Fax: 0345 [email protected]

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin IIILtd. OA PD Dr. Stephan GielenTel: (0345) 557-2601Fax: (0345) [email protected]

H e r z c h i r u r g i e / I n n e r e M e d i z i n

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die hintere lamelläre keratoplastik – eine feine (r)evolution

OA D r . E rik C h ankie w itz

A u g e n h e i l k u n d e

Die Hornhaut ist für das Auge, vergleichbar mit der

Verbundglas-Frontscheibe des Autos, eine optisch transparente

Trennung zwischen Innen und Außen. Störungen der Transparenz

sind unabdingbar mit Funktionsverlust verbunden.

Abb. 1 gefärbtes Descemetröllchen vor Implantation

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OA D r . E rik C h ankie w itz

A u g e n h e i l k u n d e

B esondere Eigenschaften im auf-bau, wie eine streng gleichlaufende schichtung verschiedener lamellen,

sorgen für klaren durchblick bei höchster reißfestigkeit.

Anders als die autoscheibe verfügt die hornhaut jedoch über mechanismen zur selbstregeneration und heilung. Beispiels-weise wird ein, durch einen kleinen stein ver-ursachter oberflächlicher kratzer der äußers-ten schicht, dem hornhautepithel, innerhalb eines tages wieder vollständig geschlossen. die mittlere schicht, das hornhautstroma, er-reichende verletzungen und schwächungen können zu vernarbungen führen und durch aufhebung der Parallelität der Bindegewebs-fasern, eine minderung der lichtdurchlässig-keit bedingen.

Häufiger aber führt eine Wassereinlage-rung im hornhautstroma zu einer starken sehminderung. Bei der kompletten horn-hautdekompensation quellen die kollagenen fasern wellig auf und oft rufen flüssigkeits-gefüllte Bläschen starke schmerzen hervor. ursächlich dafür ist ein verlust spezieller zel-len, welche an der inneren seite der hornhaut permanent Wasser, das in das hornhautge-webe strömt, wieder in die vordere kammer

des auges zurückpumpen. an einer gesun-den hornhaut liegen diese endothelzellen als wasserdichter, einschichtiger verband einer sehr dünnen aber festen schicht, der desce-metmembran, auf. das Besondere ist, dass der körper diese zellen nicht aus sich heraus er-setzen kann. so hat ein 20-jähriger mensch ein sehr enges raster von bis zu 3500 zellen pro Quadratmillimeter, ein mensch von 80 Jahren große zellen und oft weniger als 2000 zellen pro Quadratmillimeter. die fuchs’sche hornhautendotheldystrophie ist eine erkran-kung, bei der die endothelzellen früher ab-sterben und es zu warzenartigen auftreibun-gen der descemetmembran, sogenannten guttae kommt (abb. 2). ein anderer grund für eine störung der Balance zwischen ein-strömendem Wasser und Pumpkapazität, ist eine endothelschädigung als komplikation bei augenoperationen, beispielsweise kata-raktoperationen.

Bei schweren Hornhautschädigungen wird die hornhautübertragung (keratoplas-tik) seit mehr als einhundert Jahren durch-geführt, die erste gelang eduard zirm 1905. die völlige gefäßfreiheit der hornhaut ge-währt ein „immunologisches Privileg“, so dass unabhängig der oberflächenantigene von je-

dem spender auf jeden empfänger hornhäu-te übertragen werden können. die hornhaut des empfängers wird, bei der bisherigen per-forierenden technik, durch alle schichten tre-paniert und durch eine etwas größere spen-derhornhautscheibe ersetzt, bevor sie mit einem dünnen (10-0) nylonfaden im empfän-gerauge fixiert wird.

Obwohl Hornhäute von verstorbenen bis zu 72 stunden nach dem tod entnommen werden können und es bis auf wenige ein-schränkungen wie hiv, hepatitis- oder lues-infektionen keine Begrenzung der transplan-tationsfähigkeit gibt, warten in deutschland ungefähr 6000 Patienten auf eine spender-hornhaut. entgegen dem bedauerlichen bun-desweiten trend zurückgehender spenderzah-len, konnte die mitteldeutsche hornhautbank am universitätsklinikum halle (saale) ab 2012 mehr spender gewinnen als in den vor-jahren. es ist wichtig zu erwähnen, dass die hier gespendeten hornhäute auch hauptsäch-lich den Patienten aus dem mitteldeutschen raum zur verfügung gestellt werden kön-nen. als größtes transplantationszentrum im mitteldeutschen raum hat die universitäts-augenklinik im Jahr 2013 142 hornhautüber-tragungen (keratoplastiken) durchgeführt.

Abb. 2 Patient mit einer Fuchs‘schen Hornhautendotheldystrophie. Das aus der vorderen Augenkammer stammende Wasser kann nur noch ungenügend zurückgepumpt werden. Es entsteht eine Hornhautendothel-Epithel-Dekompensation mit stromaler Blasenbildung (Keratopathia bullosa), der Fernvisus an diesem Auge beträgt nur noch 0,1. (Foto: R.-H. Haugk)

Abb.3 Der selbe Patient ein viertel Jahr nach einer DMEK-Operation, der Fernvisus beträgt nun schon 1,0. (Foto: R.-H. Haugk)

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Erstmalig kam Ende 2012 eine technik zum routineeinsatz, bei der nicht die gesamte hornhaut ausgeschnitten wird, sondern im falle eines endothelzellschadens (s.o.) aus-schließlich der innerste teil der hornhaut ausgetauscht wird. die technik der descemet endothelial membrane keratoplasty (dmek), bei der die feste descemet unter erhalt der endothelzellen vom spender abgezogen und in das empfängerauge eingebracht wird, wur-de von gerrit melles in rotterdam im Jahr 2004 nach jahrelangen vorarbeiten erstmalig vorgestellt.

Die Operation beginnt am rand der spenderhornhaut mit der mobilisierung der circa 15 µm dicken endothelzelltragenden descemet. diese wird danach vorsichtig zum zentrum mit hilfe zweier Pinzetten gezogen (s. abb. 1). danach erfolgt die trepanation der descemet mit dem endothel auf 7,5 bis 8,5 mm durchmesser. eine dreifache rand-markierung erleichtert später die orientie-rung im empfängerauge. die descemet wird nun komplett abgezogen und kann bis zu ei-ner Woche in einem nährmedium verblei-ben. in flüssigkeiten hat die descemet die ei-genschaft sich mit dem endothel nach außen einzurollen. das gestattet ein schonendes aufnehmen in eine glaskartusche und die in-jektion in die vorderkammer des empfän-gerauges. zuvor muss jedoch die krankhaft veränderte descemet des empfängers mit-tels feiner haken entfernt werden. im auge wird die descemetrolle nun durch äußerli-che „Wischbewegungen“ ausgebreitet. sind

die randmarkierungen korrekt (eine ker-be, gefolgt von einer doppelkerbe), wird eine luftblase in die vorderkammer unter die aus-gebreitete descemet gegeben. sofort begin-nen die endothelzellen den Wasserfilm zwi-schen descemet und empfängerstroma nach innen zu pumpen. nach drei bis vier tagen ist die luft vollständig resorbiert, die desce-met mit dem intakten endothel haftet ohne eine einzige naht der hornhaut fest an und das stroma klart rasch auf. meistens können die Patienten bereits mit einer besseren seh-schärfe entlassen werden, als sie aufgenom-men wurden. einige Patienten erreichen sogar die volle sehschärfe innerhalb nur we-niger Wochen (s. abb. 3). das risiko einer abstoßungsreaktion sinkt proportional zum transplantierten gewebeanteil. nach über 40 dmek-operationen hat es in halle bisher keine abstoßung gegeben.

Ein weiterer Vorteil könnte die nutzung des übrigen spenderhornhautstromas für Pa-tienten mit hornhauterkrankungen bei in-taktem endothel sein. so werden in zukunft von einem spender vier Patienten profitieren und die Wartelisten deutlich verkürzt werden.

Die hintere lamelläre keratoplastik ist mit der dmek-technik nach 100 Jahren per-forierender hornhautübertragungen eine entscheidende Weiterentwicklung. die Pa-tienten profitieren von einer kürzeren rekon-valeszenz, geringerem komplikationsrisiko und einer besseren sehleistung, so dass das verfahren fast so einfach und effektiv, wie ein Besuch beim „scheibendoktor“ wirkt.

K O N t A K t

Universitätsklinik und Poliklinik für Augenheilkunde

OA Dr. Erik ChankiewitzErnst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)

Tel: (0345) 557-1559 od. 1878Fax: (0345) 557-1848

[email protected]

Hornhautsprechstunde immer dienstags von 8:00 bis 16:00

A u g e n h e i l k u n d e

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Warum wir ein traumanetzwerk brauchen

D r . M ari a Hu s ch ak

D r . Holge r S ie kmann / P rof. D r . G unter Hof mann / D r . P e te r H ilb e rt

Sechzehn Kliniken in Halle und im Umland haben sich zu einem

mittlerweile zertifizierten Traumanetzwerk zusammengefunden.

Und die Zahlen nach dem ersten Jahr sind gut.

A lso haben wir alles richtig gemacht mit dieser gründung? haben sich die sitzungen, diskussionen, strei-

tereien um dominanz und Qualität gelohnt? konnten wir erwarten, dass ein solches netz-werk die versorgung unserer verunfallten Pa-tienten besser macht? Besser als vorher?

Wenn man in einem maximalversorgen-den haus arbeitet, davon gibt es im netzwerk aktuell zwei, die Bg-kliniken Bergmannstrost und das universitätsklinikum halle (saale), dann ist man eine funktionierende logistik gewöhnt, kann im regelfall ein schockzimmer im kontext der beteiligten fachabteilungen managen. es gibt nur wenige vorstellbare si-tuationen, die das team nicht meistern kann. im hintergrund gibt es selten Probleme, wenn ein intensivbett oder auch mehrere in-tensivbetten gesucht sind. auch sehr speziel-le „Werkzeuge“ wie eine druckkammer oder eine ecmo stehen dem traumanetzwerk bei-spielsweise in unserem haus zu verfügung.

Verlegen jedoch müssen auch maximal-versorger: Patienten mit schweren Thorax- und gefäßtraumata oder komplexen mit-telgesichtsverletzungen die einen, schwer Brandverletzte oder Patienten für ein hand-transplantationsteam die anderen. in diesen situationen spielt die verrinnende zeit eine große rolle.

Unfallchirurgen in nicht maximal versor-genden häusern sind auf schnelle verlegungs-möglichkeiten angewiesen. Wenn sie das spiel mit der zeit nicht beherrschen, dann bezah-len das ihre Patienten. mehrere sinnlose tele-fonate in solchen situationen vermeidet man,

wenn man seine Partner gut kennt. die eigene situation kennt man immer.

Zur Verlegung führen auch spezielle re-habilitationskonzepte. anfangs sind die nicht entscheidend. sie werden interessant, wenn die ersten hürden genommen worden sind.

Alle diese Szenarien drehen sich um ein-zelne Patienten, die nach individualmedizi-nischen kriterien versorgt werden. Wenn man sich einen massenanfall von verletz-ten vorstellt, dann wird schnell klar, dass da-für konzepte mit mehreren kliniken gemacht sein müssen. dass die logistik durchgespielt sein sollte, bevor sie zum einsatz kommt. ohne zusammenarbeit zwischen den klini-ken und mit allen Partnern im rettungsdienst werden diese ereignisse zur katastrophe.

Und das – die strukturqualität – ist es, was ein netzwerk tatsächlich besser macht als vie-le konkurrierende oder auch paktierende ein-zelspieler, die vielleicht zusammenarbeiten, sich in unterschiedlichen abhängigkeiten be-wegen und sich bei gelegenheit auch brüskie-ren.

Im südlichen Sachsen-Anhalt ist die un-fallchirurgische gemeinde traditionell gut vernetzt. der emeritierte ordinarius Profes-sor Wieland otto hatte immer dafür gesorgt, dass eine zusammenarbeit zwischen den kli-niken gepflegt wurde. auf dieser tradition baut das traumanetzwerk auf. im Prinzip be-stand das netzwerk bereits über viele Jahre, ehe die idee aufkam, es formell zu gründen.

All die Einzelaktionen, die im verlauf der zertifizierung notwendig waren, haben die vorteile gebracht, die man bei – meist un-

geliebten – zertifizierungen erlebt: abläufe werden durchdacht und gestrafft, listen mit telefonnummern werden aktualisiert und ge-meinsame Weiterbildungen organisiert. die erarbeiteten versorgungskonzepte werden protokolliert und auch unterschrieben, was immer wieder aufflammende diskussionen in heiklen situationen abkürzt. denen verdankt man dann, dass man nach einem Jahr sagen kann, dass man zu den Besten in deutsch-land gehört. doch auch in zukunft wird es noch weiteres Potential für verbesserungen geben.

Die Essenz ist und bleibt jedoch die kolle-giale zusammenarbeit.

Aus der Sicht der autoren ist dieser idee eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. nur das team kann korrigieren, was der einzelne nicht kann oder falsch macht. funktioniert dies, dann ist es möglich, sich zu entwickeln, besser zu werden, sich zu unterstützen und für die Patienten eine optimale Behandlung zu erreichen. und unter diesem aspekt ist die formale gründung des netzwerkes, das sich offenbar erfolgreich in den teppich ähn-licher netzwerke in unserer unmittelbaren nachbarschaft und in deutschland einfügt, ausdrücklich zu bejahen. den erfolg nach ei-nem Jahr messen zu wollen, das erscheint zu früh. Wir werden sehen, wie sich dieses Pro-jekt entwickelt. allemal kann man das ent-spannter nach einem guten start angehen.

K O N t A K t

Universitätsklinik und Poliklinik für Unfallchirurgiekomm. Direktor: Dr. Holger SiekmannErnst-Grube-Str. 4006120 Halle (Saale)Tel. (0345) 557-7071Fax: (0345) [email protected] Berufsgenossenschaftliche Kliniken BergmannstrostKlinik für Unfall- und WiederherstellungschirurgieDirektor: Prof. Dr. Gunther HofmannMerseburger Strasse 16506112 Halle (Saale)Tel.: (0345) 132-6324Fax: (0345) [email protected] Traumanetzwerk Sachsen-Anhalt SüdSprecher Dr. Peter HilbertTel.: (0345) 132-7716 [email protected]

U n f a l l c h i r u r g i e

Page 24: Ausgabe 1/14 Halle (Saale) medialog · si das minimal-invasive spektrum qualitativ hochwertig konventionell laparoskopisch ab-gedeckt werden konnte. Seit dem Februar 2014 setzt die

I m p r e s s u m

Herausgeber: Universitätsklinikum Halle (Saale)Ernst-Grube-Str. 4006097 Halle (Saale)www.medizin.uni-halle.de [email protected]

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