Ausgabe 5/08 Juli 2008 kostenlos - gratis-webserver.de · Archimedes auch Versuche mit Zahnrädern...
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Ausgabe 5/08 Juli 2008 kostenlos
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Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
2
Inhalt
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Leseprobe: Die Geschichte des Zahnrades (Teil 2) . . . . . . . . . . 7
Einblicke: Gute Museen – schlechte Museen. . . . . . . . . . . . . . . 20
Museum des Monats: Römer und Bajuwarenmuseum . . . . . . . 24
Neues aus dem Schulmuseum Lohr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Der Limes in Bayern (Teil 2): Miltenberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Auf den Spuren der Industrialisierung (Teil 1): Pegnitz . . . . . . 35
Sonderveranstaltung der Kunstsammlung der Veste Coburg. . 37
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Redaktionsschluss für die August-Ausgabe ist der 31. Juli 2008
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Allgemeines
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Liebe Leser,
wie Sie bereits erfahren haben, führen wir Zurzeit zwei Serien in unseren Ausgaben. Die erste
befasst sich mit dem Limes in Bayern, während die zweite Serie ab dieser Ausgabe Ihnen
Museen und Denkmäler der Industriegeschichte (Bergwerke, alte Fabriken, Museen etc.)
vorstellt.
Wir können in beiden Fällen bereits auf eine große Auswahl zurückgreifen, legen aber Wert
auf eine vollständige Datenbank. Wenn Sie ein Industriedenkmal oder einen versteckten
Limesturm kennen, dann teilen Sie uns Ihre Entdeckung mit. Schreiben Sie an
[email protected] und unterstützen Sie unser Vorhaben. Wir werden dann in
den nächsten Ausgaben darüber berichten und natürlich die Leser erwähnen, die uns dabei
geholfen haben.
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Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
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diesem Grund können Sie unter unserer alten Festnetznummer zurzeit nur Nachrichten
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werden wir Sie spätestens am Folgetag zurückrufen. Wir bitten um Ihr Verständnis.
Jens Riesner M.A.
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aber 10 Seiten nicht überschreiten (wenn möglich mit Bildern). Sollten Sie Interesse daran
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Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
7
Geschichte des Zahnrades
II Entwicklungsschub in der Antike
1. Der große Entwicklungssprung in Griechenland
Die technische Entwicklung des antiken Griechenlands stellt auch einen Meilenstein in der
Zahnradgeschichte dar. Berühmte Wissenschaftler wie Aristoteles und Archimedes befassten
sich ebenso mit Zahnrädern und deren Nutzung wie die unbekannten Erschaffer des
mechanischen Kalenders oder Astrolabiums, das vor der Insel Antikythera in einem
Schiffswrack entdeckt wurde. Die technischen Errungenschaften blieben natürlich nicht nur
auf Griechenland begrenzt. Insbesondere nach den Eroberungen von Alexander dem Großen
kann man davon ausgehen, dass zwischen den östlichen Mittelmeerstaaten und Griechenland
ein reger Kulturaustausch stattgefunden hat. So ist es wenig verwunderlich, dass auch in
Byzanz erste Zahnräder auftauchten.
a) Aristoteles und Archimedes
Erste wissenschaftliche Betrachtungen von Zahnrädern finden sich bereits in dem Werk
„mechanische Probleme“ wieder, dass entweder von Aristoteles selbst oder einem seiner
Schüler verfasst wurde. Er erwähnt dabei neben dem Keil, der Kurbel, der Walze, dem Rad
und dem Seilzug auch verzahnte Räder aus Erz und Eisen. Seine besondere Aufmerksamkeit
liegt dabei bei der möglichen Umkehr und Änderung der Bewegungsrichtung. Sicherlich
kannte man Zahnräder in Form von Hubanlagen, ähnlich den ägyptischen Sakies auch in
Griechenland, Aristoteles aber war der Erste, der sie wissenschaftlich beschrieb.
1
Von Archimedes, dem großen Mathematiker aus dem 3. Jahrhundert vor Christi hingegen
liegen diesbezüglich keine eigenen Schriften vor. Jedoch wurden ihm mehrere Werke von
arabischen Schreibern zugeschrieben. Eines davon behandelt einander berührende Kreise. Die
Existenz dieser Werke konnte durch die Entdeckung eines Traktates des Arabischen
Mathematikers Thâbit nachgewiesen werden.
2
Wir müssen uns ansonsten auf Erwähnungen in anderen Schriften verlassen. Archimedes ist
aber der einzige Mathematiker um den sich die nichtwissenschaftliche Kultur intensiv
gekümmert hat. Dies liegt wohl vor allem an der praktischen Umsetzung seiner Ideen.
3
1
Feldhaus, Franz M.; S. 3f
2
Dijkterhuis, E. J.: Archimedes; Kopenhagen, 1956; S. 49
3
Diels, Hermann: Antike Technik – Sechs Vorträge von Hermann Diels; Berlin, 1914; S. 28f
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
8
Besonders die Hebemaschinen des Archimedes waren überaus effektiv und bekannt.
Athenaios berichtet von einer Maschine, die Archimedes gebaut hatte und mit der das stolze
Kriegsschiff Syrakosia, das Flaggschiff von König
Hieron, zu Wasser gelassen werden konnte, eine
Aufgabe, an der zuvor alle anderen Maschinenbauer
und Gelehrten gescheitert waren. Wie die einzelnen
von Archimedes erfundenen Maschinen zum Heben
von Lasten aussahen ist nicht bekannt, auch nicht,
welcher Materialen er sich dabei bediente. Sicher ist
jedoch die Verwendung von Schrauben und
Flaschenzügen. Bei der Entwicklung von Schrauben
widmete sich Archimedes zwei verschiedenen
Feldern. Zum einen untersuchte er die
Endlosschraube zum Antrieb von Zahnrädern, über deren praktischen Erfolg wir nichts
wissen. Wesentlich wichtiger war die Erfindung der Archimedesschraube, die einem Bericht
von Diodorus zufolge sogar in Ägypten zur Bewässerung genutzt wurde.
4
Als er sich um 250 v. Chr. in Ägypten aufhielt soll ihm die Idee zu seiner Schraubpumpe
gekommen sein. Ob er damit die ägyptischen Sakies verbessern wollte? Zumindest beweist
die Arbeit von Archimedes dass in Ägypten ein großer Bedarf an solchen Wasserpumpen
bestand. Die
Archimedische
Schraube
funktionierte nach
einem einfachen
Prinzip. Die
Drehbewegung der
Schnecke
transportierte das
Wasser nach oben,
wo es in Kanäle fließen konnte oder direkt zur Bewässerung genutzt wurde.
5
Tatsächlich scheint nur eine der Zahnradmaschinen eine praktische Nutzung gefunden haben.
Heron beschreibt in der Spätantike ein Zahnradgetriebe, das Barulkos, das wohl auf Versuche
von Archimedes zurückgeht. Diese Hebevorrichtung war aber wegen ihrer hohen
4
Schneider, Ivo: Archimedes – Ingenieur, Wissenschaftler und Mathematiker; Darmstadt, 1979; S. 79
5
Denkhaus, Markus: Die Archimedische Schraube – Eine historische Maschine im Wasserbau; 2002
Abb. 7: Schneckengetriebe von
Archimedes
Abb. 8: Modell des Barulkos von Archimedes
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
9
Reibungskraft für das Anheben von schweren Lasten nicht geeignet und stellte zu Archimedes
Lebzeiten wohl nur eine Versuchsanordnung dar. Möglich ist aber auch, dass es sich dabei um
ein Seilgetriebe gehandelt haben könnte. Dennoch ist es sehr Wahrscheinlich, dass
Archimedes auch Versuche mit Zahnrädern unternommen hat. Sein Interesse lag vor allem in
der mechanischen Übersetzung und der möglichen Zug- oder Hebekraft solcher
Anordnungen.
6
b) Der erste Beleg eines Zahnrades
In diesem Zeitraum ist es nun endlich möglich, den unsicheren Weg der Vermutungen zu
verlassen und einen klaren Nachweis für die Verwendung von Zahnrädern zu erbringen. Zwei
Apparate aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. sind uns überliefert worden.
Der ältere stammt aus der Zeit des Herrschers Ptolemaios Philadelphos (285-247 v. Chr.) und
stand in Alexandrien. Vitruv überlieferte die Beschreibung dieser Maschine. Aus den Augen
einer Figur tropfte fortwährend
Wasser. Das abfließende Wasser
drückte einen Schwimmer nach oben,
der wiederum mit einer zweiten Figur
verbunden war, die somit die Stunden
anzeigen konnte. Nach einen Tag
öffnete sich ein Ventil, so dass das
Wasser abfließen konnte und dabei
ein Wasserrad antrieb. Das damit
verbundene Räderwerk drehte
daraufhin eine Säule, die sich nach 30
Tagen einmal um die eigene Achse
gedreht hatte.
7
In einer Schrift des Mechanikers Philon aus Byzanz wird um 230 vor Christus ein anderes
Wasserhebewerk beschrieben, das durch ein Zahnrad und einer dazugehörigen Zahnstange
betrieben wird.
Die Funktionsweise ist, wie später auch bei Heron verwendet, eine Kombination aus
Zahnradtechnik und Hydraulik. Das Wasser sammelt sich in einem Kasten (A), in dem eine J-
förmige Röhre angebracht ist. Wird der Kasten angehoben, sammelt sich das Wasser in dem
unteren Bogen der Röhre. Wird der Kasten nun erneut ins Wasser gelassen strömt durch eine
6
Schneider, Ivo; S. 84
7
Gaitzsch, Rainer ; Graßl, Hans ; Mäutner, Siegfried : Zeit und Zeitmessung ; Stuttgart 1982 ; S. 21f
Abb. 9: Zeichnung der Wasseruhr aus Alexandria
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
10
Öffnung im Boden (C) erneut Wasser ein, während eine seitliche Öffnung (D) Luft hinzu lässt,
deren Druck das Wasser nach oben pumpt. Für die Auf- und Abwärtsbewegung ist nun das
Zahnrad zuständig. Seine Planken, es
waren noch keine Zähne, greifen dabei in
Bretter, die am J-Rohr befestigt sind (B).
Das Gegengewicht wird durch
Bleigebilde erzeugt.
8
Franz Feldhaus beschreibt das Zahnrad
in diesem Fall aber weniger als eine uns
heute bekannte Verzahnung, sondern als
eine „Anzahl von Hebeln, die einen
gemeinsamen Drehpunkt haben.“
9
Die
Zähne waren noch sehr einfach gehalten
und resultierten wohl weniger aus einer
vorherigen theoretischen Planung,
sondern vielmehr aus praktischen
Versuchen.
Vermutlich handelt es sich hierbei um die Anlage aus
dem byzantinischen Königspalast, die bereits eingangs
erwähnt wurde und von Rolf Sonnemann angeführt wurde, da auch für Philons Ausführungen
lediglich Aufzeichnungen aus dem Mittelalter bekannt sind.
10
8
de Vaux, Carra: Le livre des Appareils Pneumatiques et des Machines Hydrauliques par Philon de Byzance,
Paris, 1902 ; S. 183
9
Feldhaus, Franz M.; S. 3f
10
Sonnemann, Rolf; S. 82f
Abb. 10: Hubmaschine aus dem byzantinischen
Königspalast um 230 v. Chr.
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
11
c) Der Kalendercomputer von Antikytera
Wesentlich eindrucksvoller als die Apparate von Archimedes ist eine kleine Kiste, die
Schwammfischer um 1900 in einem
Wrack vor der Küste der kleinen
griechischen Insel Antikytera,
nordwestlich von Kreta entdeckten.
Trotz der starken Verwitterung der
Maschine, die auf 80 v. Chr. datiert
wurde, waren deutlich die feinen
Zahnräder zu erkennen. Eine
Röntgenuntersuchung in den 70er Jahren
zeigte, dass sich sechzehn Räder mit
verschiedenen Größen in dem
Apparat befanden. Wer der
Konstrukteur dieses Gerätes ist
konnte nicht herausgefunden werden,
Derek de Solla Price vermutet in
seinem Erfinder allerdings einen
Abkömmling der archimedischen
Schule. Die Zähne wurden aus
Bronze gefertigt und waren
angespitzt, so dass sie seine
dreieckige Form erhielten. Der
Mechanismus war in eine Holztruhe
eingefasst, von der nur Fragmente
erhalten sind. Das folgende Schema
zeigt die feine Anordnung der
verschiedenen Zahnräder.
11
Das Gerät konnte als Kalenderrechner mit Sonne- und Mondphasen identifiziert werden, das
wohl über mehrere Jahre im Einsatz war und bereits einige Male repariert werden musste. Es
11
de Solla Price, Derek: Gears from the greeks – The antikythera Mechanism – A calendar computer from ca. 80.
B.C.; New York, 1975; S. 10ff
Abb. 11: Darstellung des Kalendercomputers
Abb. 12: Darstellung der Verzahnung
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
12
ist das älteste erhaltene Gerät seiner Art und gibt Aufschluss über den hohen
Entwicklungsstand der griechischen Kultur. Die Bearbeitung der Zahnräder und die
detailgenauen Verzahnungen der Maschine zeigen deutlich das bereits in hohem Maße
vorhandene Wissen der griechischen Kultur, so dass man zweifellos davon ausgehen darf,
dass Aristoteles und später Archimedes tatsächlich von Zahnrädern gesprochen haben. Denn
auch wenn der Apparat auf die Zeit um 80 v. Chr. datiert wurde, muss eine
Zahnradentwicklung vorausgegangen sein, die in ihren primitiveren Formen mit Sicherheit
bereits über zweihundert Jahre vorher ihren Anfang genommen hat.
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
13
2. Das Zahnrad im Römischen Reich
Die technische Entwicklung des Römischen Reiches profitierte nicht zuletzt von der
Übernahme und Verbesserung von bereits bekanntem Wissen. Besonders aus den
griechischen Provinzen eigneten sich die Römer viel Wissen an und beschäftigten griechische
Sklaven als Lehrer. Wir können also sicher sein, dass den römischen Gelehrten das Wissen
von Aristoteles und Archimedes geläufig war. Da Rom aber ein sehr kriegerisches Imperium
war und die Wissenschaft nur eine Randbedeutung hatte, es sei denn man konnte sie für den
Krieg nutzen, beschränkt sich die Anzahl der Wissenschaftler, die sich intensiv mit
Zahnrädern und Getrieben beschäftigten auf Vitruv und Heron. Beide haben uns
aufschlussreiche Werke hinterlassen, die das gesamte wissen über Verzahnungen der
damaligen Zeit widerspiegeln.
a) Die „architectura“ des Vitruv
Der bekannte römische Baumeister und Ingenieur Vitruv lebte zu Zeiten Julius Cäsars und
Kaiser Augustus. In seinem zwischen 30 und 16 v. Chr. verfassten Buch über Architektur
widmet er sich auch der Entwicklung von Uhren und Maschinen. In seinen Ausführungen
zeigt sich deutlich die Herkunft seines Wissens, denn Vitruv ausführlich darauf ein, vieles aus
alten griechischen Quellen übernommen zu haben. Sein Interesse an Zahnrädern hängt mit
Sicherheit auch mit seiner eigentlichen Arbeit, der
Architektur zusammen. Vitruv erachtete die Symmetrie
stets als eines der höchsten Ziele, ein Anspruch den er
in den Zahnrädern ebenfalls wieder fand.
12
Eines der interessantesten Geräte, die uns bekannt sind,
ist der von ihm entwickelte Wegmesser. Der Odometer
besteht aus einer Vielzahl von Zahnrädern und
Schneckenrädern. Jede zurückgelegte Meile wurde
durch eine herabfallende Kugel signalisiert. Eine
Meisterleistung ist hierbei die große Untersetzung, die
12
Fritz, Hans-Joachim: Vitruv – Architekturtheorie und Machtpolitik in der römischen Antike; aus der Reihe:
Oktogon – Studien zu Architektur und Städtebau; Band 15; Münster, 1995; S. 29
Abb. 13: Odometer von Vitruv
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
14
es ermöglicht, dass die
Drehung des Wagenrades so
weit verlangsam wird, dass am
Ende der Bewegung erst nach
einer Meile die Kugel
herunterfällt. Sicherlich wäre
es schon damals möglich
gewesen, die Apparatur noch
mit Meterangaben zu
verfeinern.
13
Vitruv gibt in seiner
architectura zudem die erste
ausführliche technische
Beschreibung einer
Wassermühle. Dazu hatte er
eine alte griechische
Wassermühle übernommen und
das Antriebsrad aus der waagerechten Position in die Senkrechte verlagert. Er erklärt, dass am
Ende des Wasserrades ein senkrecht gestellte Zahnrad (lat.: tympanum dentatum) oder
Kammrad angebracht ist. Dieses dreht sich mit dem Schaufelrad im die gleiche Richtung. In
das Kammrad eingreifend ist ein zweites (kleineres) Zahnrad waagerecht auf einer stehenden
Welle angebracht, die in den Läuferstein eingelassen ist. So bewirken die Zähne des
Kammrades dadurch, dass sie in die Stöcke des Stockgetriebes eingreifen, die Umdrehung des
Mühlsteines. Vitruvs Mühlentechnik ist das
Vorbild aller später folgenden
Wassermühlen des Mittelalters
14
b) Die Maschinen des Heron
Die genauen Lebensdaten von Heron dem
Älteren sind unbekannt, aber er lebte wohl
im 2. Jahrhundert nach Christus in
Alexandrien. Seine Apparate und
13
Matschoß; S. 8f
14
Gleissenberg, Hermann: Technikgeschichte der Getreidemühle; aus der Reihe: Deutsches Museum –
Abhandlungen und Berichte, 24. Jahrgang, Heft 3; München, 1956; S. 29f
Abb. 14: Wassermühle nach Vitruv
Abb. 15: Hebewinde nach Heron
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
15
Maschinen sind noch heute bekannt und
zeugen vom enormen Wissen der damaligen
Zeit. Auch seine beiden Schriften über
Druckwerke und Automatentheater sind uns
bekannt. Besonders Herons Wissen über
Hydraulik und Luftdruck sind für das 2.
Jahrhundert n. Chr. äußerst beeindruckend,
aber auch Zahnräder werden in seinen
Abhandlungen besprochen.
Heron schreibt in seinem zweiten Buch über
einen Automaten, der im Tempel zu sehen
war. Dieser Kasten war vollständig
geschlossen und nur mit einem Bronzerad auf
der Seite und einem künstlichen Vogel versehen. Wurde die Kurbel gedreht, dann drehte sich
auch der Vogel. Wurde sie losgelassen, dann begann der Vogel zu pfeifen. Dieses für die
damalige Zeit unglaublich beeindruckende Schauspiel hatte Heron mit Hilfe von Zahnrädern
und Luftdruck erschaffen. Das Bronzene Rad war innerhalb des Kastens mit einem vertikalen
Sternrad, also einem Zahnrad, verbunden. Dieses griff wiederum in ein horizontal gelagertes
Zahnrad, das mit dem Vogel verbunden war und drehte diesen. An der Verlängerung der
Kurbel, an der das Bronzerad saß war schließlich eine Seilwinde angebracht, die bei der
Drehbewegung eine Metallglocke aus einem
Wassergefäß emporhub. Wurde das Rad
schließlich wieder losgelassen, sank die
Glocke wieder in das Wasser zurück. Durch
ein Kleines Ventil konnte die Luft darunter
wieder entweichen und es ertönte ein, der
Vogelstimme ähnliches, Pfeifen aus dem
Kasten. Der Vogel sang.
15
Auch bereits existierende Geräte wurden von
Heron überarbeitet und verbessert. So
übernahm er den Odometer von Vitruv und
ersetzte das Kugelsystem durch ein
Zeigerwerk. Neben der Hydraulik befasste sich Heron aber auch mit Schneckengetrieben und
15
Schmidt, Wilhelm: Herons Druckwerke; Leipzig, 1899
Abb. 14: Singender Vogel von Heron
Abb. 16: „Singender Vogel“ von Heron
Abb. 17: Nachbau des Odometers von Heron
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
16
Zahnrädern. Besonders effektiv zum Heben von Lasten war die von ihm entwickelte
Schneckenwinde. Über ein horizontal angetriebenes Schneckengewinde wurde ein vertikal
gelegenes Zahnrad bewegt. An dessen Verlängerungen links und rechts waren Seile befestigt,
die sich zu einem Hebeseil verbanden, an dem die Last befestigt war. Heron kannte also nicht
nur die Richtungsübersetzung, sondern war auch mit der Gewichtsumwandlung in Strecke
vertraut.
16
Trotz seiner intensiven Arbeit an den Zahnrädern und dem bekannten Vorwissen der Griechen
waren Herons Zahnräder eher primitiv und wohl mehr mit Stiften versehene Räder als
Zahnkreise mit angespitzten und gekrümmten Zähnen.
Bereits hier deutet sich an, was in den folgenden Jahrhunderten Realität werden sollte, der
Verlust des alten Wissens und das Ende des Römischen Reiches.
3. Die Herstellung von Zahnrädern in der Antike
Eine interessante Beschreibung der Herstellung und Bearbeitung von Zahnrädern finden wir
in den Schriften von Pappus von Alexandrien.
Pappus erwähnt zunächst eine Maschine, die in der Lage ist, mit einem Kraftaufwand von 5
Talenten eine Last von 1000 Talenten zu heben. Dabei geht er auch mathematisch auf dieses
Phänomen ein. Der Durchmesser der Zahnscheibe muss im Verhältnis 5:1 zum Durchmesser
der Achse stehen. Sein Apparat beinhaltet dabei fünf Wellen mit je einem kleinen und einem
großen Zahnrad. Durch die Übersetzung wandelte Pappus die Aufzuwendende Kraft zu
Heben des Gewichtes in die Länge des Weges um, was er mit der Übersetzung von kleinen
auf große Zahnräder erreichte.
17
Die Herstellung dieser Räder und der Wellen aber war wesentlich primitiver als es die
Mechanik des Apparates vermuten ließ. Pappos erklärt etwas später wie eine Schraube mit
Schraubengang, der in die schrägen Zähne einer Scheibe hineinpasst, konstruiert wird.“
18
Als Rohling dient ein Zylinder. An diesem werden parallel zur Achse die Abstände der
Schraubengänge eingeritzt. Ein vorher angefertigtes Bronzeblech, das den Zylinder
vollkommen einfasst wird um den Rohling gelegt und ebenfalls mit den Schraubengängen
versehen. Dieses Vorgehen wird nun wiederholt, bis ein durchgehender Schraubengang
entstanden ist. Anschließend wird dieser vertieft und linsenförmig poliert. Wenn der
16
Matschoß; S.10 und Feldhaus; S. 8f
17
Gerhardt, C. I.: Die Sammlung des Pappus von Alexandrien – siebentes und sechstes Buch; Halle, 1871; S.
331f
18
ebenda; S. 369
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
17
Schraubengang des Zylinders Schneckenförmig ist, so können wir daraus schließen, dass auch
die Zähne des Zahnrades diese Form besaßen.
19
Werkzeuge standen damals nur wenige zur Verfügung. Einzig Meißel und Feile konnten zur
Herstellung dieser Räder verwendet werden. Bis ins Mittelalter blieben dies die einzigen
Hilfsmittel zur Herstellung von Zahnrädern und Schraubengängen.
Die technische Hochzeit und der tiefe Fall
Wie weit die Zahnräder und ihre Verwendung bereits ausgereift waren zeigt der
Kalendercomputer aus Griechenland, der ein antikes Meisterwerk der Zahnradkunst darstellt.
Auch die Odometer von Vitruv und Heron, sowie dessen weitere Apparate, zeigen das hohe
mechanische Niveau auf dem sich die antike Welt bereits befand.
Doch wie bereits angedeutet zählte ein Wissenschaftler in Rom wenig, insbesondere wenn er
sich mit der Praxis beschäftigte. War es Archimedes noch gelungen durch seine tatsächlich
erschaffenen Apparate Beachtung zu finden, war es in Rom den Theoretikern, den Schreibern
vorbehalten berühmt zu werden. Zudem wurden die politischen Führer nicht an den
technischen Errungenschaften ihrer Zeit gemessen, sondern ausschließlich an militärischen
Eroberungen. So ist es wenig verwunderlich, dass Technik nur im Hinblick auf
Kriegsmaschinen interessant wurde und sich kein Römer findet, der ausschließlich Techniker
war. Vitruv war hauptsächlich Architekt und Heron lebte und lehrte als Mathematiker in
Alexandria.
Der rapide technische Wissenszuwachs in Griechenland wurde von den Römern übernommen.
Ob sie diesen noch erweitert haben, oder ob sie tatsächlich nur abgeschrieben haben kann
nicht sicher beantwortet werden. Tatsachlich bleibt, dass viele Wissenschaftler in Rom aus
Griechenland kamen und als Sklaven die Schüler unterrichteten. Vergleicht man nun den
Kalendercomputer aus der Zeit um 80 v. Chr. mit der Beschreibung zur Herstellung von
Zahnrädern, die uns Pappos von Alexandrien aus der Zeit nach Heron hinterließ, so scheint
wirklich ein erster Verlust des Wissens eingetreten zu sein, denn so primitiv wie es Pappos
beschreibt können die feinen Zahnräder im Kalendercomputer nicht hergestellt worden sein.
19
Feldhaus; S. 11
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
18
Deutete sich der Zerfall des dekadenten Römischen Reiches hier bereits an, so wurde dieser
im 4. Jahrhundert n. Chr. bittere Realität. Die Einfälle der Goten konnte Rom nicht abwehren.
Das Weltreich zerfiel und mit ihm der Großteil des noch verbliebenen technischen Wissens.
Literatur
- Denkhaus, Markus: Die Archimedische Schraube – Eine historische Maschine im
Wasserbau; 2002
- de Solla Price, Derek: Gears from the greeks – The antikythera Mechanism – A
calendar computer from ca. 80 B.C.; New York, 1975
- de Vaux, Carra: Le livre des Appareils Pneumatiques et des Machines Hydrauliques
par Philon de Byzance; Paris, 1902
- Diels, Hermann: Antike Technik – Sechs Vorträge von Hermann Diels; Berlin, 1914
- Dijkterhuis, E. J.: Archimedes; Kopenhagen, 1956
- Eyth, Max: Feierstunden, Max Eyths gesammelte Schriften, Band 4; Heidelberg, 1904
- Eyth, Max: Lebendige Kräfte; Berlin, 1905
- Feldhaus, Franz M.: Die geschichtliche Entwicklung des Zahnrades in Theorie und
Praxis; Reinickendorf, 1911
- Fritz, Hans-Joachim: Vitruv – Architekturtheorie und Machtpolitik in der römischen
Antike; aus der Reihe: Oktogon – Studien zu Architektur und Städtebau; Band 15;
Münster, 1995
- Gaitzsch, Rainer; Graßl, Hans; Mäutner, Siegfried: Zeit und Zeitmessung ; Stuttgart
1982
- Gerhardt, C. I.: Die Sammlung des Pappus von Alexandrien – siebentes und sechstes
Buch; Halle, 1871
- Gleissenberg, Hermann: Technikgeschichte der Getreidemühle; aus der Reihe:
Deutsches Museum – Abhandlungen und Berichte, 24. Jahrgang, Heft 3; München,
1956
- Haussig, Hans Wilhelm: Die Geschichte Zentralasiens und der Seidenstraße in
islamischer Zeit; Darmstadt, 1994
- Matschoß, Conrad: Geschichte des Zahnrades; Berlin, 1940
- Schenkel, Wolfgang: Die Bewässerungsrevolution im Alten Ägypten; Mainz, 1978
- Schmidt, Wilhelm: Herons Druckwerke; Leipzig, 1899
Historica News Ausgabe 5 Juli 2008
19
- Schneider, Ivo: Archimedes – Ingenieur, Wissenschaftler und Mathematiker;
Darmstadt, 1979
- Singer, Charles; Holmyard, E.J.; Hall, A. R.: A history of technology – Volume I,
From early times to fall of ancient Empires; Oxford 1955
- Sonnemann, Rolf (Hrsg.): Geschichte der Technik; Leipzig, 1978
Historica News Ausgabe 5/08 Juli 2008
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Einblicke
Gute Museen – schlechte Museen
Sie repräsentieren und dokumentieren die Geschichte einer Gemeinde, einer Stadt oder eines
Ereignisses, doch ihnen hängt oftmals der Ruf an, langweilig und verstaubt zu sein. Ein
großer Teil dieses Vorurteils kommt von den alten Konzeptionen, die mit viel Text, wenig
Bildern und lieblos aufgestellten Exponaten den Schwerpunkt zu sehr auf den
wissenschaftlichen Gehalt ausgelegt sind und den Unterhaltungswert weitgehend ausschließen.
Natürlich ist ein Museum kein Spielplatz, aber die Tendenz geht zu mehr „Infotainment“. Wir
möchten Ihnen auf den folgenden Seiten die größten Fehler und die neuesten Konzepte
vorstellen, die Museen und Ausstellungen betreffen.
1. Die Aufgabe eines Museums
Welche Anforderungen muss ein Museum erfüllen? Welche Aufgaben stellen sich bei einer
Ausstellungskonzeption? Die Antwort ist weitaus schwieriger, als man zunächst annehmen
möchte.
Der zentrale Punkt ist natürlich das Thema, der Ort,
oder die Person, der das Museum gewidmet ist. Um
dieses zentrale Motiv wird die gesamte Ausstellung
konzipiert. Dabei stellt die möglichst lückenlose
Information die größte Herausforderung dar.
Inhaltliche Richtigkeit und klare Verständlichkeit sind
die wichtigsten Ansprüche, an denen sich das
Museum messen lassen muss. Neben dem
wissenschaftlichen Gehalt soll eine Ausstellung aber
auch begeistern, faszinieren und interessieren. Den richtigen Mittelweg zwischen den
genannten Ansprüchen zu finden geling nur Wenigen. Die Gefahr, zu sehr in die Unterhaltung
abzugleiten und die Seriosität zu verlieren schreckt viele Museumsdirektoren ab, sich von der
veralteten, reinen Wissenschaftlichkeit wegzubewegen.
Geht völlig neue Wege: Das
Neandertalmuseum bei Düsseldorf.
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2. Die großen Fehler
Das „stehende Buch“ ist der größte Fehler, den man bei einer Ausstellung begehen kann.
Museen, die fast ausschließlich aus Stellwänden bestehen, auf denen größtenteils Text zu
lesen ist, der mit einigen Bildern versehen
wurde, sind nicht nur langweilig, sondern
überfordern selbst den interessiertesten
Besucher. Selbstverständlich ist Text
wichtig, doch eine Ausstellung lebt von
seinen Exponaten, die Vergangenheit
lebendig werden lassen und greifbar machen.
Die ausführlichen Texte gehören in das
Begleitheft, und sollen nicht die eigentliche
Ausstellung bestreiten.
Ein weiterer Fehler, der besonders dann gemacht wird, wenn viele verschiedene Exponate
vorhanden sind, ist die fehlende klare Linie, der rote Faden, der durch das Museum führt.
Meist handelt es sich um eine einfache chronologische Abfolge, oder eine Aufteilung nach
Themengebieten. Für Besucher ist ein solcher Leitfaden, an dem sie sich orientieren können.
Fehlt er, können wichtige Exponate übersehen werden, oder es fehlt das Verständnis für das
Konzept der Ausstellung.
Fatal ist auch die Anwendung so genannter „Professorentexte“. Dabei handelt es sich um
hochtragende, mit Fremdwörtern überladene Texte. In solchen Fällen kommt es durchaus vor,
dass der Autor so weit vom eigentlichen Thema abschweift, dass der Besucher schlicht
überfordert ist. Verwenden Sie daher stets die „englische“ Schreibweise mit kurzen, klaren
Texten.
Schließlich muss auch auf die reine Exponateschau eingegangen werden. Ähnlich wie bei
ungeordneten Ausstellungen können fehlende Erklärungen und Beschriftungen zu
Verständnisschwierigkeiten führen. Tatsächlich gibt es noch einige Museen, die Exponate
völlig ohne Erklärung aufstellen. So geschieht es, dass interessante Stücke schlicht unbeachtet
bleiben.
Kleine Modelle werden immer beliebter.
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3. Lösungsvorschläge
Für die Gestaltung gibt es kein Patentrezept,
denn jedes Thema erfordert seine gas spezielle
Umsetzung. Dennoch lassen sich einige
Grundsätze zusammentragen, die jede
Ausstellung und jedes Museum befolgen sollten:
- Überfordern Sie Ihre Besucher nicht mit
zu viel Text. Das viele Lesen ermüdet
schnell und nimmt den Gästen bald das
Interesse.
- Verwenden Sie klare, kurze Sätze um das Interesse des Lesers aufrecht zu erhalten.
- Nutzen Sie Ihre Exponate effektiv und beschriften Sie alle Ihrer Ausstellungsstücke
- Machen Sie sich Gedanken über das Ziel Ihrer Ausstellung, und wie sie dieses am
leichtesten erreichen.
- Nehmen Sie Ihre Besuche im übertragenen Sinne „an die Hand“. Leiten Sie Ihn durch
die Ausstellung, so dass er einer klaren Führungslinie folgen kann.
- Zeigen Sie ein eindeutiges Konzept. Unterscheiden Sie die verschiedenen
Themengebiete durch abwechselnde
Farbgebung.
- Nutzen Sie verschiedene Medien, von
Audio, Video bis PCs.
- Lassen Sie einzelne Exponate
anfassen. Der Besucher muss mit
allen Sinnen angesprochen werden.
Anfassen erlaubt! Nachgebaute Helme
und Schilder im Limesmuseum Aalen.
Leben wie damals. Nachgestellte Wohn-
stube im Bajuwarenmuseum Kipfenberg
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Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Anregungen weiterhelfen und neue Denkansätze
vermitteln konnte. Sollten Sie nun sagen: „Solche Fehler macht heute doch kein
Museumsdirektor mehr!“, dann irren Sie sich. Versuchen Sie sich durchaus selbst zu
hinterfragen und überprüfen Sie doch einmal das Konzept Ihrer eigenen Ausstellung.
Haben Sie eine Meinung zu diesem Artikel? Schreiben Sie uns unter redaktion@riesner-
historica.com. Wir lernen gerne dazu!
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Museum des Monats
Römer und Bajuwarenmuseum Kipfenberg
Bereits mehrere Kilometer vor Kipfenberg weist ein Schild auf den vorhandenen Limes-
Infopoint im Bajuwarenmuseum hin. Über der Stadt erhebt sich schließlich die mächtige
Burganlage, in der sich das Museum befindet.
Ob sich entlang des Limes in Bayern seit der
Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe viel
verändert hat sei dahingestellt, in Kipfenberg
hat sich seitdem viel verändert. Der römische
Bereich des Museums wurde grundlegend
renoviert und erstrahlt in neuem Gewand.
Das Museum betritt man über das Erdgeschoss
und beginnt den Rundgang durch die Ausstellung im Keller. Unabhängig davon, ob Sie als
interessierter Erwachsener das Museum besuchen, oder mit Ihren Kindern, sie werden
vorbildlich an die römische Geschichte herangeführt. Berühren Sie die nachgestalteten
Exponate, laufen Sie an Limespalisaden entlang
und betreten Sie ein römisches Wohnhaus. Hier
werden Sie nicht nur mit Informationen versorgt.
Vielmehr begeben Sie sich auf eine Reise durch
die Zeit. Nach der Römerzeit haben Sie die
Möglichkeit an der Wiederentdeckung des
Limes teilzunehmen. Auf einer großen
Wandkarte können sie sich mittels Konsole und
Leuchtdioden auf Entdeckungsreise zu den verschiedenen Fundorten entlang des Limes in der
Umgebung von Kipfenberg begeben.
Im Obergeschoss befindet sich schließlich das Bajuwarenmuseum. Das Highlight ist hier das
nachgestellte Keltengrab, das neben dem begrabenen Krieger auch die verschiedenen
Beigaben. Unter dem Dach gelangt man schließlich in die historische Sammlung. Sie bietet
die Möglichkeit, im Anschluss an die klare Führungslinie der Ausstellung, sich frei zu
bewegen und nach Herzenslust in den historischen Exponaten zu stöbern.
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Das Römer- und Bajuwarenmuseum in Kipfenberg ist der
Prototyp des modernen Museum. Es erfüllt alle
Anforderungen mit Bravour und findet den idealen
Mittelweg zwischen Information und Unterhaltung. Auch
der Spagat zwischen Erwachsenenausstellung und
Museumspädagogik wird hier problemlos umgesetzt. Der
Besuch des Kipfenberger Museums ist daher unbedingt
empfehlenswert.
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Ausflugsangebot:
10.00h-11.30h: Besuch des Lohrer Schulmuseums in Lohr-Sendelbach mit Führung.
12.00h-13.30h: Mittagessen im Gasthaus "Am Dorfbrunnen" in Lohr-Halsbach mit drei
Gerichten zur Auswahl.
14.00h-15.30h: Besichtigen des Obsthofes Stenger in Lohr-Halsbach mit Verkostung von
hauseigenen Likören und Schnäpsen. In dieser Zeit evt. kleiner Spaziergang durch Halsbach.
16.00h-17.00h: Kaffeetrinken ("Kaffee endlos") mit hausgemachten Saison-Obstkuchen
oder auch anderen Kuchen.
Kontakt unter: Touristinformation Lohr a. Main
Tel. 09352/5152 oder 09352/848460;
e-mail: [email protected]
Internet: www.lohr.de