Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf Lebensjahren – eine kohortenbasierte...

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2013) 107, 451—460 Online verfügbar unter www.sciencedirect.com ScienceDirect journal homepage: http://journals.elsevier.de/zefq SCHWERPUNKT Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf Lebensjahren — eine kohortenbasierte Analyse Health insurance expenses for children in the first five years of life — a cohort-based analysis Jörg Reichert 1 , Maryan Schemken 2 , René Manthei 2 , Rolf Steinbronn 2 , Ulrike Bucher 1 , Michael Albrecht 1 , Mario Rüdiger 1,1 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden 2 AOK PLUS — Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen Eingegangen/submitted 16. Januar 2013; überarbeitet/revised 26. Juli 2013; akzeptiert/accepted 30. August 2013 SCHLÜSSELWÖRTER Behandlungskosten; Kostenanalyse; Krankenkassenausgaben; Krankenversicherung; Patientenversorgung Zusammenfassung Einleitung: Die Entwicklung der Kindermedizin ist in den vergangenen Jahren durch verschie- dene Veränderungen gekennzeichnet, was insbesondere ganzheitliche Behandlungsansätze oder Etablierung von Vorsorgemaßnahmen, aber auch die Verlagerung der Behandlung aus dem sta- tionären in den ambulanten Bereich anbetrifft. Zur Beurteilung hierbei entstehender Ausgaben von Krankenkassen fehlen Referenzwerte. Ziel dieser Untersuchung war es, am Beispiel der Aus- gaben einer Krankenkasse ein Bezugssystem für die Kosten der Behandlung von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern zu erhalten. Methode: Zur Analyse lagen die individuellen Krankenkassenausgaben für die ersten fünf Lebensjahre des Geburtsjahrganges 2005 der bei der AOK PLUS in Sachsen versicherten Kin- der vor. Einbezogen wurden die Kosten für die Krankenhausbehandlung, ambulante ärztliche Versorgung, Heilmittel, Hilfsmittel, Arzneimittel sowie Pflegeleistungen. Ergebnis: Die Kosten pro versichertem Kind und Jahr lagen bei ca. 1.277 D (N = 11.147), wobei in den ersten beiden Lebensjahren die höchsten Kosten anfallen. Für einen ,,durchschnittlichen‘‘ Versicherten sind jährlich 858 D aufzuwenden; für ein Kind mit hohen Kosten fallen 5.691 D im Jahr an. Korrespondenzadresse. Prof. Dr. med. M. R¨ udiger, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Klinik und Poliklinik f¨ ur Kinder- und Jugendmedizin, Fachbereich Neonatologie / Pädiatrische Intensivmedizin, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden. E-Mail: [email protected] (M. Rüdiger). 1865-9217/$ – see front matter http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.08.015

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2013) 107, 451—460

Online verfügbar unter www.sciencedirect.com

ScienceDirect

journa l homepage: ht tp : / / journa ls .e lsev ier .de /ze fq

SCHWERPUNKT

Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder inden ersten fünf Lebensjahren — einekohortenbasierte AnalyseHealth insurance expenses for children in the first five years oflife — a cohort-based analysis

Jörg Reichert1, Maryan Schemken2, René Manthei2,Rolf Steinbronn2, Ulrike Bucher1, Michael Albrecht1,Mario Rüdiger1,∗

1 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden2 AOK PLUS — Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen

Eingegangen/submitted 16. Januar 2013; überarbeitet/revised 26. Juli 2013; akzeptiert/accepted 30. August 2013

SCHLÜSSELWÖRTERBehandlungskosten;Kostenanalyse;Krankenkassenausgaben;Krankenversicherung;Patientenversorgung

ZusammenfassungEinleitung: Die Entwicklung der Kindermedizin ist in den vergangenen Jahren durch verschie-dene Veränderungen gekennzeichnet, was insbesondere ganzheitliche Behandlungsansätze oderEtablierung von Vorsorgemaßnahmen, aber auch die Verlagerung der Behandlung aus dem sta-tionären in den ambulanten Bereich anbetrifft. Zur Beurteilung hierbei entstehender Ausgabenvon Krankenkassen fehlen Referenzwerte. Ziel dieser Untersuchung war es, am Beispiel der Aus-gaben einer Krankenkasse ein Bezugssystem für die Kosten der Behandlung von Neugeborenen,Säuglingen und Kleinkindern zu erhalten.Methode: Zur Analyse lagen die individuellen Krankenkassenausgaben für die ersten fünfLebensjahre des Geburtsjahrganges 2005 der bei der AOK PLUS in Sachsen versicherten Kin-der vor. Einbezogen wurden die Kosten für die Krankenhausbehandlung, ambulante ärztliche

Versorgung, Heilmittel, Hilfsmittel, Arzneimittel sowie Pflegeleistungen. Ergebnis: Die Kosten pro versichertem Kind und Jahr lagen bei ca. 1.277 D (N = 11.147), wobeiin den ersten beiden Lebensjahren die höchsten Kosten anfallen. Für einen ,,durchschnittlichen‘‘Versicherten sind jährlich 858 D aufzuwenden; für ein Kind mit hohen Kosten fallen 5.691 D imJahr an.

∗ Korrespondenzadresse. Prof. Dr. med. M. Rudiger, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Klinik und Poliklinik fur Kinder- undJugendmedizin, Fachbereich Neonatologie / Pädiatrische Intensivmedizin, Fetscherstraße 74, 01307 Dresden.E-Mail: [email protected] (M. Rüdiger).

1865-9217/$ – see front matterhttp://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.08.015

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Diskussion: Die vorliegende Kostenanalyse beschreibt für eine Krankenkasse unter Beachtungder regionalen medizinischen Versorgungsangebote Höhe und Struktur ihrer Ausgaben für Kinderinnerhalb der ersten fünf Lebensjahre. Eine Antwort auf die Frage, inwieweit es sich hierbeiauch um Referenzwerte für andere Krankenkassen oder weitere Versorgungsgebiete handelt,muss zunächst weiteren Analysen vorbehalten bleiben.

KEYWORDSMedical treatment;cost analysis;health insuranceexpenditures;health insurance;patient care

SummaryIntroduction: The development of paediatrics is characterised by several changes in the pastfew years, concerning, in particular holistic treatments or preventive check-ups, but also thetransfer of treatment from the inpatient to the outpatient sector. There are no reference valuesfor assessing emerging health insurance expenses. The aim of this study was to obtain a frameof reference for the costs of the treatment for neonates, infants, and young children using theexample of the expenditures of one health insurance fund.Methods: The individual health insurance expenditures were analysed for the first five yearsof life of children insured with the AOK PLUS in Saxony, Germany, in 2005. Costs of hospitaltreatment, ambulatory care, remedies, tools, medicines and care were included.Results: The costs per insured child and year amounted to approximately 1,277 Euro (N =11,147), with the highest costs arising in the first two years. 858 Euro were spent annually foran ‘‘average’’ child; 5,691 Euro per year incurred for a child with special medical needs.Discussion: The present cost analysis describes both the height and structure of a health in-surance’s spendings on children within the first five years of their life in consideration of regionalmedical care offers. The question of whether this analysis provides valid reference values for

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linische Kernaussagen

Die durchschnittlichen Ausgaben der AOK PLUS Sach-sen und Thüringen für ein Kind innerhalb der ersten fünfLebensjahre betragen in Sachsen 1.277 D jährlich.

Bis zum 5. Lebensjahr werden für die 10% Kinder mitden höchsten Kosten ungefähr 45% der gesamten Kostendieser Geburtskohorte aufgewendet.

Höhere Kosten resultieren hauptsächlich aus denAufwendungen für die stationäre Behandlung.

In den vier Geburts-Folgejahren werden Kinder mitden höchsten Krankenkassenausgaben im Vergleich zuKindern mit durchschnittlichen Aufwendungen deutlichhäufiger stationär wiederaufgenommen (90% vs. 50%).

Die Kosten für die ambulante Versorgung blei-ben über die Jahre hinweg und unabhängig von denGesamtkosten relativ konstant und lassen retrospektivkaum Rückschlüsse auf Erkrankungsart oder ambulan-ten Behandlungsumfang zu.

inleitung

ie Kindermedizin hat in den zurückliegenden Jahrzehn-en einen starken Wandel vollzogen, welcher sich nichtur in einer Verbesserung der Überlebenschancen und Ver-ängerung der Lebenserwartung kritisch kranker Kinder

iderspiegelt. [1—5] Es kam auch zu einer spürbaren Ver-

agerung der pädiatrischen Behandlung aus dem stationärenn den ambulanten Bereich. Letztlich konnte in der Pädiatriein vorbildliches System von Vorsorgemaßnahmen etabliert

Bfre

service areas will have to be answered by other analyses.

erden (U-Untersuchungen), das eine Schwerpunktverlage-ung von der kurativen zur präventiven Medizin verdeutlicht.

Im Rahmen der Weiterentwicklung der medizinischenersorgung — nicht nur von Kindern — geraten zunehmendie damit verbundenen Ausgaben einer Krankenkasse inen Fokus der Aufmerksamkeit.[6—8] Prominentes, abericht exklusives Beispiel ist die Diskussion um die adäquateinanzierung von Kinderkliniken. [9,10] Bei beschränktur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln sind ent-prechende Diskussionen um die Allokation von Geldernachvollziehbar. [11—13]

Dementsprechend werden immer häufiger Studienu aktuellen und nachfolgenden Kosten für einzelnerankheitsbilder bzw. therapeutische Maßnahmenubliziert.[14—20] So werden z. B. für Kinder mit Diabetesellitus die mittleren Kosten pro Jahr mit 2.611 D (IQR:

.665 — 2.807 D ) angegeben. [21] Auch für die direktennd indirekten Kosten der Frühgeburt liegen Untersu-hungen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichenrgebnissen vor. [22—26]

Wenngleich die hierbei gewonnenen Erkenntnisse zu denrankenkassenausgaben oft eine wichtige Grundlage fürntsprechende Diskussionen bilden, so ist das Datenmate-ial meist nur eingeschränkt aussagekräftig. [27] Ein Teiler Studien stammt nicht aus Deutschland und die darinublizierten Daten sind mit dem deutschen Gesundheits-ystem nicht vergleichbar. [8,12] In vielen Untersuchungenird nur ein Teil der Kosten für eine sehr umschrie-ene Patientenpopulation analysiert. [4,20,28,29] Für einedäquate Interpretation der Kosten müssen diese in einenntsprechenden Kontext gestellt werden. Ein mögliches

ezugssystem sind die gesamten, durch die Krankenkassenür eine definierte Population in einem bestimmten Zeit-aum aufgebrachten Kosten. [30—33] Für Deutschland fehlenntsprechende Analysen für Kinder jedoch bisher.
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Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf L

Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, einBezugssystem für die Kosten der Behandlung von Neugebo-renen, Säuglingen und Kleinkindern zu erhalten. Gemeinsammit der AOK PLUS — Die Gesundheitskasse für Sachsen undThüringen wurden die aufgewendeten Kosten eines Geburts-jahrganges (2005) für die ersten fünf Lebensjahre analysiert.Zur Auswertung kamen alle, für die Krankenkasse anfallen-den Ausgaben, die in Kosten für stationäre bzw. ambulanteBehandlung, für Hilfsmittel, Heilmittel, Arzneimittel undPflegeleistungen (vgl. Leistungen nach SGB V bzw. SGB IX[34,35]) unterteilt werden.

Material und Methoden

Geplant war die Analyse der Ausgaben für die ersten fünfLebensjahre des Geburtsjahrganges 2005 der bei der AOKPLUS im Freistaat Sachsen versicherten Kinder (AOK PLUSKinder 2005). In Bezug auf die statistische Beurteilung die-ser Neugeborenenkohorte und ihre Repräsentativität ist vonBedeutung, dass der Anteil der zum 01.07.2005 bei derAOK PLUS Versicherten in Sachsen 46,7% der Bevölkerung(1.997.186 von 4.273.754) betrug. [36,37] Dabei sind diegesetzlich sozialversicherten Bürger in Sachsen im Durch-schnitt älter als die gesetzlich sozialversicherten Bürger inder BRD.

In Sachsen waren mit Stichtag 01.01.2005 insgesamt 372Kinderärzte in einer Niederlassung tätig. [38] Zugleich wur-den für die Kinderheilkunde 1.331 Betten in Krankenhäusernbei 224 hauptamtlich im Krankenhaus tätigen Kinderärz-ten (entspricht 168,3 Ärzte/1.000 Betten) vorgehalten, waseinem Versorgungsgrad von 300 Betten auf 100.000 Einwoh-nern (hier nur Einwohner unter 15 Jahren) entspricht. [39]Die Vergleichswerte für andere Bundesländer schwankenzwischen 122 (Schleswig-Holstein) und 384 (Sachsen-Anhalt)und liegen im Mittel über alle 17 Bundesländer bei 210 Bet-ten/100.000 Einwohner unter 15 Jahren. [40,41]

Datenerhebung

Es wurden die Krankenkassenausgaben für die beitragsfreimitversicherten Familienangehörigen der AOK PLUS berück-sichtigt, die in Sachsen im Zeitraum vom 01.01.2005 bis31.12.2005 geboren wurden, bei denen die Mütter eindeu-tig zugeordnet werden konnten und bei denen ein plausiblesGeburtsgewicht gespeichert war (Lebendgeborene).

In die Analyse der Kosten gingen die Ausgaben für voll-/teilstationäre Krankenhausbehandlung, ambulante ärztli-che Versorgung, Heilmittel, Hilfsmittel, Arzneimittel sowiePflegeleistungen ein, die im Zeitraum vom 01.01.2005 bis31.12.2009 entstanden sind.

Bzgl. des Datenschutzes wurde seitens der AOK PLUSdafür Sorge getragen, dass der Personenbezug nicht gegebenund eine Personenbeziehbarkeit nicht möglich ist; alle Iden-tifikationsmerkmale für Versicherte und Leistungserbringerwurden entweder entfernt oder durch Pseudowerte ersetzt.

Datenvalidierung

Die Analyse der Validität der zur Verfügung gestellten Datenerfolgte nach formalen und inhaltlichen Kriterien. Formal

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sjahren — eine kohortenbasierte Analyse 453

urde in jedem Fall die Vollständigkeit des Datensatzeseprüft. Inhaltlich erfolgte die Validierung der Datensätzeurch stichprobenartige Kontrollauswertungen und Prüfunghrer inneren Plausibilität. Da die Abrechnungssystemen den einzelnen Leistungsbereichen (Krankenhausbehand-ung, ambulante ärztliche Versorgung, Heilmittel, Hilfsmit-el, Arzneimittel) sehr heterogen sind, erfolgte darüberinaus die Überprüfung der Daten durch die Fachexpertener jeweiligen Fachgebiete (Plausibilität eines Datensatzes,lausibilität der Leistungen innerhalb eines Leistungsbe-eiches). Ferner wurden für eine Zufallsstichprobe AOKLUS-intern die Daten der Auswertungsdatenbank gegen dieaten des Produktivsystems geprüft.

uswertung

m ersten Schritt wurden die Kosten für alle letztlich inklu-ierten Kinder ausgewertet. Hierfür kamen nur Kinder inrage, die über die fünf Jahre 2005 bis 2009 durchgängig beier AOK PLUS versichert waren und die im Analysezeitraumicht verstorben sind.

Im zweiten Schritt wurden die Kosten für Versicherteit durchschnittlichen Aufwendungen der Krankenkasse

nalysiert. Hierbei war zu berücksichtigen, dass Diagno-edaten für die Versicherten nicht zur Verfügung standennd somit keine, an diesen Daten orientierte Bestim-ung einer entsprechenden Teilstichprobe ,,Versicherteit durchschnittlichen Aufwendungen‘‘ möglich war. Fer-

er stellte sich heraus, dass die Gesamtkosten über dietichprobe nicht normalverteilt sind (M = 6.382,61 D ; SD11.934,09 D ; Kolmogorov-Smirnov-Z = 32,653; � = .000).

on daher wurden die Dezile der individuellen Gesamtkos-en ermittelt und festgelegt, dass der Interdezilbereichwischen dem 10%- und dem 90%-Dezil (Q0,1 = 1.382 D ;0,9 = 11.215 D ) die Teilstichprobe der Versicherten miturchschnittlichen Aufwendungen (,,Prototypen‘‘) repräsen-iert und die 10% Versicherte mit den höchsten individuellenesamtkosten gesondert betrachtet werden.

tatistik

ür die statistische Analyse stand ein anonymisierteratensatz bei der AOK PLUS versicherter Kinder des Geburts-ahrganges 2005 zur Verfügung; der Datensatz umfasste jeind Angaben zum Geburtsmonat, Geburtsgewicht (auf 100gerundet), Versichertenstatus für die Jahre 2005 bis 2009

owie zu den Jahressummen 2005, 2006. . . bis 2009 für dieufwendungen in den einzelnen Leistungsbereichen (voll-/eilstationäre Krankenhausbehandlung, ambulante ärztlicheersorgung, Heilmittel, Hilfsmittel, Arzneimittel sowie Pfle-eleistungen).

Die statistische Datenaufbereitung erfolgte mit dem Pro-ramm IBM® SPSS® Statistics, Version 19.0.0.

rgebnisse

harakteristik der untersuchten Geburtskohorte

m Jahr 2005 wurden im Freistaat Sachsen 32.581 Kindereboren. [42] Die Zahl der bei der AOK PLUS in Sachsen

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454 J. Reichert et al.

Tabelle 1 Gesamtkosten der verstorbenen Kinder nach Jahr und Geburtsgewicht.

Geburtsgewicht

< 1.500 g 1.500 . . . < 2.500 g 2.500 . . . < 4.000 g ≥ 4.000 g �

Todesjahr n D n D n D n D n D

2005 17 227.552 2 9.620 14 217.885 0 0 33 455.0572006 2 137.546 1 113.451 2 1.630 0 0 5 252.6282007 0 0 0 0 3 15.725 0 0 3 15.7252008 0 0 0 0 3 328.380 0 0 3 328.3802009 0 0 0 0 1 4.192 0 0 1 4.192� 19 365.099 3 123.071 23 567.813 0 0 45 1.055.982

(Dargestellt sind die tatsächlichen Gesamtkosten für die verstorbenen Kinder, die von der Geburt bis zum Todeszeitpunkt entstanden

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(znfruhlstationären Kosten in den Folgejahren (Tab. 2; Abb. 4A).

sind.)

egistrierten Neugeborenen dieses Jahres betrug 18.004inder (entspricht 55,3% der in Sachsen 2005 Lebendgebo-enen).

Die Daten von insgesamt 4.375 Kindern (24,3%) konn-en wegen mangelnder Plausibilität (fehlende Zuord-ung von Geburtsgewichten durch Reglement des DRG-brechnungssystems) nicht in die weitere Analyse einbezo-en werden. Ferner waren im Analysezeitraum 2005 — 2009nsgesamt 2.437 Kinder (13,5%) nicht durchgehend bei derOK PLUS versichert (Umzug, Wechsel der Versicherung).

Im Analysezeitraum verstarben 45 Kinder (0,2%), für dieie AOK PLUS insgesamt ca. 1 Million Euro aufgewandt hatTab. 1). Das entspricht etwa 1,46% der Aufwendungen fürlle, im Analysezeitraum bei der AOK PLUS versicherten Kin-er (incl. der verstorbenen Kinder).

Um für den gesamten Analysezeitraum gültige Aussagenu den Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den erstenünf Lebensjahren zu erhalten, wurden somit von den 2005ei der AOK PLUS insgesamt registrierten 18.004 Neuge-orenen letztendlich 11.147 Kinder (61,9%) in die Analyseingeschlossen, für die soweit vollständige Datensätze vor-agen, die durchgängig bei der AOK PLUS versichert warennd im Analysezeitraum nicht verstorben sind.

Die Geburten der AOK PLUS-Kinder waren relativ gleich-äßig über das gesamte Jahr 2005 mit einem leichtenaximum in den Monaten Juni bis August verteilt. Bezogenuf das Geburtsgewicht wogen 110 Kinder (1,0%) < 1.500 gVLBW: Very low Birthweigtht Infants), 631 (5,7%) zwischen.500 und 2.500 g (LBW: Low Birthweigtht Infants) und 1.0029,0%) > 4.000 g.

ufteilung der Gesamtkosten

ie Gesamtaufwendungen der AOK PLUS für den analysier-en 5-Jahres Zeitraum betrugen etwas mehr als 71 Millionenuro, damit lagen die durchschnittlichen Kosten pro Versi-hertem und Jahr bei ca. 1.277 D (Abb. 1).

Die Höhe der Kosten war über die einzelnen Jahrenterschiedlich verteilt; mehr als die Hälfte der Gesamt-

osten (56,1%) fiel in den ersten beiden Lebensjahrenn.

Bei der Analyse der Kosten für die einzelnen Leistungs-ereiche fällt auf, dass die stationäre Behandlung der AOK

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LUS Kinder 2005 etwas mehr als die Hälfte der Kosten ver-rsacht (57,0%). Diese Kosten fallen insbesondere im erstenebensjahr an; ihr Anteil nimmt im Laufe der 5 Jahre deut-ich ab (von 82,6% der Gesamtkosten für 2005 auf 31,8%ür 2009). Die Kosten für ambulante Behandlungen machen3,4% und die für Arzneimittel ca. 13,5% der Gesamtkostenus.

Darüber hinaus ist eine starke Ungleichverteilung deresamtkosten zu beobachten; verglichen mit den Kosten fürersicherte mit durchschnittlichen Aufwendungen weichenie Kosten der ,,Ausreißer‘‘ sehr stark nach oben bzw. nachnten ab (Abb. 2).

Damit für spätere Untersuchungen Daten einer reprä-entativen Vergleichspopulation vorliegen, erfolgte eineetrennte Auswertung. Dazu wurden die ,,Ausreißer‘‘, d. h.inder mit Kosten unterhalb des 10%-Dezils bzw. oberhalbes 90%-Dezils (,,Extremgruppen‘‘) exkludiert und zunächstur die Kosten der verbleibenden 80% der Kinder analy-iert.

osten der ,,durchschnittlichen‘‘ Versicherten

ür die 80% der Versicherten mit durchschnittlichenufwendungen zahlte die AOK PLUS während des 5-ahres-Zeitraum insgesamt rund 38 Millionen Euro (53,8%er für die Geburtskohorte insgesamt aufgewendeten 5ahres-Gesamtkosten), was durchschnittlichen jährlichenosten von ca. 858 D pro Versichertem entspricht (Abb.).

Dabei entstehen im 1. Lebensjahr die höchsten Kostendurchschnittlich 1.111 D pro Versichertem im Vergleichu 772 D im 5. Jahr), die überwiegend durch die statio-äre Behandlung verursacht werden. Der Anteil der Kostenür die stationäre Behandlung sinkt in den folgenden Jah-en. Etwa die Hälfte der Kinder wird zwischen dem 2.nd 5. Lebensjahr mindestens 1x stationär behandelt, d.. es sind Kosten für eine stationäre Krankenhausbehand-ung angefallen, die zweite Hälfte der Kinder hat keine

ie Kosten für die ambulanten Behandlung und Arzneimittelleiben über die Jahre nahezu konstant und sind zwischenen einzelnen Patienten relativ gleich verteilt (Abb. 4B &).

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Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf Lebensjahren — eine kohortenbasierte Analyse 455

Abbildung 1 Summe aller Kosten in den ersten fünf Lebensjahren für alle Kinder(Unterschieden werden Kosten für stationäre sowie ambulante Behandlung, Arznei-, Heil- bzw. Hilfsmittel und Pflegeleistungen.Gezeigt werden der relative Anteil der einzelnen Kosten an den jährlichen bzw. Gesamtkosten, die Summen sowie die durchschnitt-lichen Kosten pro Patient.).

Abbildung 2 Boxplot der Gesamtkosten in Euro pro Kind im untersuchten 5-Jahres Zeitraum für alle Kinder, unterteilt in 3 Gruppen(I: ≤ 10., II: > 10. — ≤ 90. und III: > 90. Perzentile der Gesamtkosten; Kreise zeigen Ausreißer mit Abstand von 1,5- bis 3-fachemder Boxhöhe, Kreuze zeigen Extremwerte mit Abstand von mehr als 3-fachem der Boxhöhe).

Abbildung 3 Summe aller Kosten in den ersten 5 Lebensjahren für 80% der Kinder (,,Prototypen‘‘).(Unterschieden werden Kosten für stationäre sowie ambulante Behandlung, Arznei-, Heil- bzw. Hilfsmittel und Pflegeleistungen.

Gezeigt werden der relative Anteil der einzelnen Kosten an den jährllichen Kosten pro Patient.).

ichen bzw. Gesamtkosten, die Summen sowie die durchschnitt-

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Tabelle 2 Stationäre Behandlungskosten in den ersten 5 Lebensjahren für 80% der Kinder (,,Prototypen‘‘).

StationäreBehandlungskosten2006 — 2009

Summe Ohne stationäreBehandlungskosten in 2005

Mit stationärenBehandlungskosten in 2005

(Anzahl Jahre) n % n % n %

in keinem Jahr 4.292 48,1 2.921 47,3 1.371 50,0in 1 Jahr 3.180 35,7 2.238 36,2 942 34,3in 2 Jahren 1.144 12,8 795 12,9 349 12,7in 3 Jahren 273 3,1 197 3,2 76 2,8in 4 Jahren 30 0,3 24 0,4 6 0,2� 8.919 100,0 6.175 100,0 2.744 100,0

(Gezeigt sind Anzahl und Anteil der Kinder, für die in den Jahren 2006 — 2009 erneut stationäre Behandlungskosten angefallen sind undfür die somit ,,stationäre Wiederaufnahmen‘‘ angenommen werden.)

A d B.a

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bbildung 4 Boxplot der Kosten in Euro für A.) stationäre unnalysierten 5 Jahre für 80% der Kinder (,,Prototypen‘‘).

ostenverteilung der Patienten > 90. Perzentile

er Gesamtkosten

ie Gruppe der 10% ,,teuersten‘‘ AOK PLUS Kinder 2005 bean-pruchte in dem untersuchten Zeitraum Kosten in Höhe von

d

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) ambulante Behandlung sowie C.) Arzneimittel im Verlauf der

twa 32 Millionen Euro und damit ca. 44% der Gesamtkosten

er untersuchten Geburtskohorte (Abb. 5).

Diese Kosten entsprechen durchschnittlich 5.691 D proahr und versichertem Kind. Ungefähr die Hälfte allerosten (46,5%) entsteht im ersten Lebensjahr, wobei der

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Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf Lebensjahren — eine kohortenbasierte Analyse 457

Abbildung 5 Summe aller Kosten in den ersten 5 Lebensjahren für die 10% ,,teuersten‘‘ Kinder(Unterschieden werden Kosten für stationäre sowie ambulante Behandlung, Arznei-, Heil- bzw. Hilfsmittel und Pflegeleistungen.

jährl

KGK(d

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Gezeigt werden der relative Anteil der einzelnen Kosten an denlichen Kosten pro Patient.).

überwiegende Anteil der Gesamtkosten durch die sta-tionären Behandlung (74,8%), gefolgt von Kosten fürArzneimittel (10,4%) und ambulante Behandlung (7,8%) ver-ursacht wird. Es ist in dieser Gruppe von 10% Kindern mitden höchsten Kosten davon auszugehen, dass für nahezu 9von 10 Kindern unabhängig davon, ob für sie in 2005 bereitsstationäre Behandlungskosten angefallen sind, in den Fol-gejahren mindestens in einem Jahr erneut Kosten für einestationäre Behandlung registriert wurden (Tab. 3).

Für die Kosten der stationären Behandlung ergeben sichsehr große interindividuelle Unterschiede. Während die sta-tionären Kosten im Median der einzelnen Versicherten überdie Jahre abnehmen und im vierten bzw. fünften Jahr etwadie Hälfte der Versicherten keine stationären Kosten ver-ursacht, bleiben die Extremwerte nahezu gleich hoch. ImMedian werden pro versichertem Kind 12.200 D in 2005,3.500 D in 2006 sowie 2.100 D , 2.150 D und 1.350 D inden folgenden Jahren aufgewandt.

Die mittleren Kosten für die ambulante Betreuung betra-gen 442 D pro Jahr und versichertem Kind (300 D , 560 D ,

475 D , 400 D und 475 D in den Jahren 2005 — 2009); dieKosten für Arzneimittel sind in dieser Gruppe sehr hoch, sieliegen im Mittel pro Jahr und Kind bei rund 600 D (500 D ,1.050 D , 575 D , 400 D und 430 D ; Abb. 6).

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Tabelle 3 Stationäre Behandlungskosten in den ersten 5 Lebensj

StationäreBehandlungskosten2006 — 2009

Summe Ohne statioBehandlung

(Anzahl Jahre) n % n

in keinem Jahr 115 10,3 1in 1 Jahr 252 22,6 21in 2 Jahren 332 29,8 81in 3 Jahren 296 26,6 83in 4 Jahren 119 10,7 26� 1.114 100,0 212

(Gezeigt sind Anzahl und Anteil der Kinder, für die in den Jahren 2006für die somit ,,stationäre Wiederaufnahmen‘‘ angenommen werden.)

ichen bzw. Gesamtkosten, die Summen sowie die durchschnitt-

Bei Betrachtung der Geburtsgewichte finden sich alleinder mit einem Geburtsgewicht < 1.500 g (VLBW) in derruppe mit den höchsten Kosten wieder, auch der Anteil derinder mit Geburtsgewichten zwischen 1.500 g und < 2.500 gLBW) ist in dieser Gruppe gegenüber der Gesamtstichprobeeutlich erhöht (Tab. 4).

iskussion

usgaben im Gesundheitssystem werden aktuell unter ver-chiedenen Aspekten diskutiert. Auch für die Pädiatrieerden entstehende Kosten thematisiert. Dabei spielen —eben der Diskussion um die Versorgung von Frühgebore-en — insbesondere die zunehmende ambulante Versorgungon Kindern, die Einführung neuer, teurer Therapien undie Betreuung chronisch kranker Kinder eine besondereolle. Für einige pädiatrische Krankheitsbilder liegen Unter-uchungen zu ökonomischen Fragen vor, deren Ergebnisseedoch wegen fehlender Bezugsgrößen oft schwer zu inter-

retieren sind. Die vorliegende Studie präsentiert erstmalsusgaben einer Krankenkasse für eine definierte Geburts-ohorte — AOK PLUS Kinder 2005 — für die ersten fünfebensjahre.

ahren für die 10% ,,teuersten‘‘ Kinder.

näreskosten in 2005

Mit stationärenBehandlungskosten in 2005

% n %

0,5 114 12,69,9 231 25,638,2 251 27,839,2 213 23,612,3 93 10,3100,0 902 100,0

— 2009 erneut stationäre Behandlungskosten angefallen sind und

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Abbildung 6 Boxplot der Kosten in Euro für A.) stationäre, B.) ambulante Behandlung und C.) Arzneimittel im Verlauf deranalysierten 5 Jahre für die 10% ,,teuersten‘‘ Kinder.

Tabelle 4 Kinder unterschiedlicher Geburtsgewichte in der Gesamtstichprobe und der Stichprobe mit den höchsten Kosten.

Geburtsgewicht Gesamtstichprobe 10% ,,teuerste‘‘ Versicherte

n von Ng N % n % %

< 1.500 (VLBW) 110 1,0 110 9,9 100,01.500 . . . < 2.500 (LBW) 631 5,7 288 25,9 45,62.500 . . . < 4.000 9404 84,4 658 59,1 7,0≥ 4.000 1002 9,0 58 5,2 5,8

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Es konnte gezeigt werden, wie sich die Ausgaben derOK PLUS für die 10% Kinder mit sehr hohen Kosten auftei-

en und über fünf Jahre entwickeln, und dass die Kosten inhrer strukturellen Zusammensetzung und Entwicklung beimmerhin 80% der Kinder nur eine geringe interindividuellearianz aufweisen. Für diese Kinder mit durchschnittlichen,,prototypischen‘‘) Kosten liegen die jährlichen Ausgabener AOK PLUS bei ungefähr 858 D pro versichertem Kind.

Für die 10% Kinder mit den höchsten Ausgaben werdenber fünf Jahre nach der Geburt ungefähr 45% der gesamten

osten dieser Geburtskohorte aufgewendet, durchschnitt-ich 5.691 D pro Jahr und versichertes Kind. Dies bestätigtn etwa Kostenaufteilungen, wie sie beispielswiese aus denSA berichtet werden. [25] Dabei machen die Kosten für

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ie stationäre Behandlung, und hier insbesondere die Kostenm ersten Lebensjahr, den weitaus größten Teil aus. Wenn-leich für die Untersuchungen keine Diagnosegruppen zurerfügung standen, so ist dennoch davon auszugehen, dasstationäre Behandlungen im ersten Lebensjahr und somit iniesem Jahr anfallende Ausgaben der Krankenkasse über-iegend ihren Ursprung in der Peri- und Neonatalzeit haben

z. B. angeborene Fehlbildungen, Frühgeburt etc.). Vonesonderer Bedeutung für die Gruppe von Kindern mit denöchsten Kosten dürfte die Tatsache sein, dass es hier in

en vier analysierten Geburts-Folgejahren im Vergleich zuindern mit ,,prototypischen‘‘ Kosten deutlich häufiger zutationären Wiederaufnahmen kommt (90% zu etwa 50%).ei Kostenanalysen sollte daher immer auch die Dynamik
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Ausgaben einer Krankenkasse für Kinder in den ersten fünf L

der Kostenentwicklung in einem definierten Zeitfenster mitbetrachtet werden. [30—33]

Die Kosten für die ambulante Betreuung bleiben über dieJahre und die unterschiedlichen Kostengruppen relativ kon-stant. Die ,,gedeckelte‘‘ Finanzierung der niedergelassenenÄrzte liefert eine wahrscheinliche Erklärung.

Deutlich größere Unterschiede finden sich bei den Kostenfür Arzneimittel. Hier dürfte analog zur Analyse der statio-nären Behandlungskosten angenommen werden, dass Kindermit gravierenden gesundheitlichen Komplikationen in derPeri- und Neonatalzeit einen größeren und auch längerfris-tigen Bedarf an entsprechender Medikation haben, für denim zweiten Lebensjahr ca. 35,5% der 5-Jahres Kosten fürArzneimittel aufgewendet werden.

Die Kosten für Heilmittel (3,4% der gesamten Ausgaben imAnalysezeitraum), Hilfsmittel (2,1%) und Pflegeleistungen(0,6%) stellen lediglich einen Bruchteil der Gesamtkostendar und weisen sehr starke interindividuelle Unterschiedeauf. Eine genaue Analyse dieser Kosten wird insbesonderedann von Interesse sein, wenn neue, präventiv orientierteInterventionen (z. B. in der stationären Behandlung) mitdem Ziel implementiert werden, Morbiditätsfolgen zu redu-zieren. Mit den vorliegenden Daten wäre damit auch einezielgerichtete ökonomische Evaluation dieser Interventio-nen möglich. [16,43,44]

Die vorliegenden Daten erlauben auch eine Einordnungvon Kosten, die für pädiatrische Erkrankungen beschriebenwurden. So wurden die durchschnittlichen Ausgaben proJahr für Diabetes bei Kindern und Jugendlichen mit 2.611D (IQR: 1.665 — 2.807 D ) angegeben. [21] Diese Höhe liegtdeutlich über dem Durchschnitt von ca. 858 D pro ver-sichertem ,,prototypischen‘‘ Kind und repräsentiert damitwahrscheinlich die ,,teuren‘‘ Kinder (5.691 D pro Jahr undversichertem Kind).

Die in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnissebeziehen sich auf Kinder eines Geburtsjahrganges in einerdefinierten Region und einer Krankenkasse. Bei der AOKPLUS sind etwa die Hälfte der gesetzlich sozialversicher-ten Bürger Sachsens krankenversichert; die demographischeStruktur — im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sind die beider AOK PLUS Versicherten älter — nimmt auf die sozialstruk-turelle Repräsentativität der Kohorte keinen bedeutendenEinfluss. [36] Im Analysezeitraum waren etwa 13,5% derKinder der Geburtskohorte nicht durchgehend bei derAOK PLUS versichert. Es fanden sich zwar keine Hinweiseauf eine, dadurch bedingte systematische Verzerrung derStichprobenzusammensetzung (die Daten hierzu sind nichtdargestellt), dennoch wurden die Daten dieser Kinder fürdie weiteren Analysen nicht weiter benutzt.

Die vorliegende Studie erlaubt somit eine detaillierteDarstellung der Ausgaben einer Krankenkasse — hier derAOK PLUS — für Säuglinge und Kleinkinder für ihr regiona-les Einzugsgebiet mit der damit zugleich auch gegebenenregionalen medizinischen Versorgungsstruktur, die sich fürSachsen zum Beispiel in Bezug auf die Anzahl der Kran-kenhausbetten in der Kinderheilkunde von denen andererBundesländer unterscheidet. Inwieweit den dargestelltenAufwendungen für die gesundheitliche Versorgung der Kin-

der auch ein Referenzwert für andere Krankenkassen odergar andere regionale Einzugsgebiete zukommt, kann hiernicht beantwortet werden. Fest steht, dass die Erkran-kungen eines Kindes mit Beginn in der Perinatalperiode

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sjahren — eine kohortenbasierte Analyse 459

der die Geburt eines unreifen Kindes vor dem errechneteneburtszeitpunkt die Höhe der Gesamtkosten unmittelbareeinflusst; fraglich ist, ob möglicherweise die regionalegebenen Versorgungsstruktur — das betrifft z. B. dieorgehaltene Bettenzahl, das Verhältnis zwischen ambu-anter und stationärer Behandlungskapazität oder derrad der erreichten Zentrumsbildung — nicht auch einenedeutenden Einfluss auf Kostenstrukturen und Ausgaben-öhen nimmt. Diesen Fragen differenziert nachzugehen, istunächst weiteren Untersuchungen vorbehalten.

iteratur

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