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„Von der Dyade zur Triade?“ Mögliche Ausweitung der Leistungen im SGB VIII Erwartungen und gesetzliche Regelungen Reinhard Wiesner EREV-Fachtag 2016-27 Väter ticken anders….?! Väter und Partnerschaft in den Einrichtungen Hannover 6./7. Juni 2016

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„Von der Dyade zur Triade?“ Mögliche Ausweitung der Leistungen im SGB VIII

Erwartungen und gesetzliche Regelungen

Reinhard Wiesner

EREV-Fachtag 2016-27 Väter ticken anders….?!

Väter und Partnerschaft in den Einrichtungen Hannover 6./7. Juni 2016

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Übersicht

1. Jugendhilfe im Dreieck Eltern-Kind-Staat

2. Die (stärkere) Einbeziehung von Vätern/

Partnern

3. Rechtsgrundlagen im SGB VIII und

Änderungsbedarf

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Vom JWG zum KJHG 1990: Der Perspektivenwechsel in der Kinder- und

Jugendhilfe

Armenrecht und Jugendstrafrecht als Wurzeln des Jugendwohlfahrtsgesetzes (1922-

1990)

► Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

► Ausgrenzung „verwahrloster“ Jugendlicher durch geschlossene Unterbringung und

Arbeitserziehung

► Schutz und Rettung von Kindern vor dem gefährdenden Einfluss von Eltern (zB. „uneheliche“

Kinder)

► Versorgung von Waisenkindern

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Konsequenzen für die Hilfeformen nach dem JWG

• Primat der Fremdunterbringung (zwischen Rettungsgedanken, Korrektur und schwarzer Pädagogik)

• Keine Hilfeplanung und- steuerung

• Keine Perspektive zur Rückkehr in die Herkunftsfamilie

• keine (ambulanten) familienunterstützenden Hilfen

sondern staatliche Ersatzerziehung

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Schwerpunkte der Reform (KJHG 1990)

• Perspektivenwechsel: Jugendhilfe

– als Unterstützung und Stärkung der elterlichen Erziehungsverantwortung

– zur Förderung der Entwicklung des Kindes

• Ausbau ambulanter Hilfen

– damit aber auch höhere Anforderungen an stationäre Hilfen

• Das Konzept der zeit- und zielgerichteten Intervention als Basis stationärer Hilfen

• Kinder, Jugendliche und Eltern :

nicht mehr Objekte öffentlicher Fürsorge, sondern Subjekte mit Ansprüchen und

Beteiligungsrechten

Wiesner 20 Jahre IF

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Art. 6 GG: Der verfassungsrechtliche Rahmen

• Die primäre Verantwortung der Eltern – für die Erziehung des Kindes – (und damit auch für den Kinderschutz)

• Der staatliche Auftrag zum Schutz des Kindes vor einer

(weiteren) Gefährdung – primär: mit und über die Eltern – subsidiär: ohne die Eltern

• Die Herausforderung bei der Gefährdungseinschätzung (Umsetzung von § 8a SGB VIII)

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Ausrichtung des staatlichen Hilfe- und Schutzauftrags: „Hilfe vor Eingriff“

Das Bundesverfassungsgericht vom 29. Juli 1968

(1 BvL 20/ 63, 31/ 66 und 5/ 67):

„Der Staat muß daher nach Möglichkeit zunächst versuchen, durch

helfende, unterstützende, auf Wiederherstellung eines

verantwortungsgerechten Verhaltens der natürlichen Eltern

gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen.“

Ziel ► Stärkung der Eltern (Empowerment)

Weg ► (ambulante oder stationäre) Hilfen dürfen nicht

kompensatorisch angelegt sein, sondern müssen

Veränderungsprozesse in Gang setzen

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Stationäre Hilfe = Trennung von Eltern und Kind ?

• Historisch: Waisenhäuser, Rettungsanstalten für verwahrloste

Kinder

• Heute: Mangelnde Ressourcen der Eltern und Grenzen für das Potential ambulanter Hilfen

• Trennung des Kindes von den Eltern und dem sozialen Bezugssystem als – Schutz für das Kind – als psychische Belastung für das Kind

• Probleme bei der Koordinierung der Aufträge – Erziehung des Kindes in der Einrichtung/ Pflegefamilie – Arbeit mit den Eltern

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Elternrecht und Kindeswohl

• Grundsätzlicher Interpretationsprimat der Eltern

– Die Eltern, nicht der Staat, bestimmen, was gut für ihr Kind ist

• Kindeswohlgefährdung als Eingriffsschwelle (Kindeswohl als „negativer Standard“)

• „Versuchung des positiven Standards“- Optimierungsgebot

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Kinderrechte versus Elternrechte?

• Kinder sind unabhängig von ihrem Alter Träger eigener Rechte

• Bis zur Volljährigkeit (bzw. Einsichtsfähigkeit) nehmen die Eltern die Rechte von Kindern treuhänderisch wahr

• Elternverantwortung ist „Rechtsmacht im Interesse und zum Wohl des Kindes“

► Deshalb: Eltern, die das Wohl des Kindes gefährden, können sich nicht auf ihr Elternrecht berufen Kinderrechte und Elternrechte sind nicht gegeneinander gerichtet sondern aufeinander bezogen

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Kinder haben deshalb Rechte

• gegenüber den Eltern – auf Förderung ihrer Entwicklung und Schutz

– auf Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber Dritten

• gegenüber dem Staat – auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege

und Erziehung

– auf Schutz vor Gefahren für ihr Wohl, die von den Eltern nicht abgewehrt werden

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Die neue Strategie: „Vom Kind aus denken“ im Kontext der geplanten Reform des SGB VIII

• „Ausgehend von dem Leitgedanken „Vom Kind aus denken!“ liegt dem Handlungsauftrag die Intention einer

umfassenden Stärkung von Kindern und Jugendlichen durch mehr Teilhabe für alle Kinder und Jugendliche, bessere

Leistungsangebote und einen wirksameren Schutz für Kinder und Jugendliche zugrunde.“

• „Nicht das, was den Eltern fehlt, muss Ausgangspunkt für die Kinder- und Jugendhilfe sein, sondern das, was ein

Kind bzw. ein Jugendlicher braucht.“

► Ist diese Sichtweise

mit dem Konzept des Primats der elterlichen Erziehungsverantwortung

mit einer systemischen Sicht

vereinbar?

► Dient sie der Förderung der Lebensgemeinschaft von Eltern und Kindern?

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Übersicht

1. Jugendhilfe im Dreieck Eltern-Kind-Staat

2. Die (stärkere) Einbeziehung von Vätern/

Partnern

3. Rechtsgrundlagen im SGB VIII und

Änderungsbedarf

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Rechtliche Grundlagen für die Bedeutung der Bezugspersonen bei der Kindesentwicklung

• Gemeinsame elterliche Sorge als Leitbild

– gemeinsame elterliche Sorge (auch) nach der Trennung/Scheidung

– gemeinsame elterliche Sorge auch bei nicht verheirateten Eltern

• Umgangsrecht „Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.“ (§ 1626 Abs.3 BGB)

– Nähere Ausgestaltung in §§ 1684, 1685, 1686a BGB

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„Väter“ und andere Bezugspersonen

• Kategorien

– rechtliche Väter

– biologische Väter

– soziale Väter

• Andere Bezugspersonen: Schutz sozial-familiärer Beziehungen

– neue Lebenspartner

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Väter: Risiko oder Ressource?

• Die unterschiedlichen Formen der Vaterschaft

• Die Nähe/ Distanz zum Kind – vor der Trennung – nach der Trennung

• Die Qualität der Beziehung zwischen den Eltern

• Die faktische oder rechtliche (Mit)Verantwortung der Väter

für die Erziehung

• Die Bedeutung des Vaters für die Entwicklung des Kindes

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Väter und erzieherische Hilfen

• Der Vater als Störfaktor im Hilfeprozess

• Der Vater als Bezugsperson:

Stärkung der Kompetenzen – Partner-Beziehung

– Vater-Kind-Beziehung

• Entlastung der Mütter mit psychischen Beeinträchtigungen

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Die Einbeziehung der Väter/ Partner in den Hilfeprozess

• Formen der Einbeziehung – Förderung des Kontakts mit Mutter und Kind – Beratung und Unterstützung bei der Erziehung – Aufnahme des Vaters/ Partners in die Einrichtung

►Deshalb: Auftragsklärung als Gegenstand des Hilfeplanverfahrens

– ob und mit welcher Zielsetzung der andere Elternteil einzubeziehen ist

– wenn ja: Abklärung der Vereinbarungen • zur Sicherung des Kindeswohls • für Abstimmungen mit der Mutter • zur Einhaltung der Hausordnung oder Gruppenregeln

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Weitergehender Beratungsbedarf für die Väter (Winkelmann EJ 2015, 104, 111)

• Rechtsberatung im Hinblick auf elterliche Sorge und das Umgangsrecht

• Hilfen bezogen auf Ausbildung/ Beruf

• Beratung bei Konflikten mit der Partnerin

• Potentiale eigenständiger Väterberatung

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Hilfesettings

• Aufnahme beider Elternteile/Partner – Integrative Familienhilfe

• Befristete Aufnahme des anderen Elternteils/ Partners – Wochenende, Clearing, Krankheit der Mutter

• Ambulante Angebote für Väter/ Partner – Einbeziehung in frühe Hilfen/ Elterntraining

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Übersicht

1. Jugendhilfe im Dreieck Eltern-Kind-Staat

2. Die (stärkere) Einbeziehung von Vätern/

Partnern

3. Rechtsgrundlagen im SGB VIII und

Änderungsbedarf

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§ 19 SGB VIII

• § 19 als Komplexleistung – Unterstützung des Elternteils

• bei der Lebensführung

• bei der Erziehung des Kindes

– Unterbringung von Elternteil und Kind

– Soll-Leistung

►Keine Einbeziehung des anderen Elternteils

– „Mütter oder Väter“

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§ 19 SGB VIII: Zur Entstehungsgeschichte

Aus der Begründung zum RegEntw KJHG (BT-Dr. 11/ 5948 S. 49)

„Die Vorschrift konkretisiert § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 JWG, der die erforderlichen

Einrichtungen für Mutter und Kind vor und nach der Geburt vorsieht. Vor

allem für minderjährige Mütter oder Mütter, die ihre Schul-oder

Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen haben, entstehen durch die

Geburt eines Kindes zusätzliche Schwierigkeiten, die sie häufig nicht aus

eigener Kraft meistern können. Mit der Vorschrift soll das bestehende Angebot

an Mutter-Kind-Einrichtungen und anderen für diese Problemsituation

geschaffenen Wohnformen gesetzlich abgesichert werden.“

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Text von § 19 Abs.1 SGB VIII

(1) Mütter oder Väter, die allein für ein Kind unter sechs Jahren zu sorgen haben

oder tatsächlich sorgen, sollen gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten

Wohnform betreut werden, wenn und solange sie auf Grund ihrer

Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und

Erziehung des Kindes bedürfen. Die Betreuung schließt auch ältere Geschwister

ein, sofern die Mutter oder der Vater für sie allein zu sorgen hat. Eine schwangere

Frau kann auch vor der Geburt des Kindes in der Wohnform betreut werden.

(2) …..

(3) ….

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§ 19 SGB VIII und die heutige Praxis (Winkelmann in SGB VIII Online - Handbuch)

• Obwohl sich Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen an alleinerziehende Mütter und Väter

gleichermaßen richtet, werden sie vorwiegend von Müttern mit Kindern genutzt.

• Die Väter der Kinder (oder neue Partner der Mütter) werden während des Aufenthaltes von

Mutter und Kind in einer gemeinsamen Wohnform in den letzten Jahren zunehmend in die

Gestaltung des Alltags mit dem Kind einbezogen.

► „Die Einbeziehung der Kindsväter/ Partner ist insbesondere dann sinnvoll,

wenn die Beziehung auf der Paarebene ein gewisses Maß an Stabilität erreicht hat und

nach dem Auszug eine gemeinsame Perspektive als Kleinfamilie gesucht wird“

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§ 27 SGB VIII als Rechtsgrundlage für eine „integrative Familienhilfe“

• Dreijähriges Bundesmodellprojekt (1995-1998) Caritas Saarbrücken

• Inzwischen mehrere Standorte

• Stationäres, teilstationäres, ambulantes Setting

• „Atypische Hilfeform nach § 27 Abs.2 SGB VIII“

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„Integrative Familienhilfe“

• als konsequente Weiterentwicklung des systemischen Ansatzes

• als Kombination stationärer und ambulanter Hilfe

• als Clearingphase

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Andere Konstrukte für die Einbeziehung beider Elternteile

• § 19 SGB VIII (für Mutter und Kind) und SGB II (für den Vater)

• §§ 53 ff SGB XII (für Eltern mit Behinderung) und § 19 bzw. § 34 SGB VIII (für das Kind)

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Was sind die Hilfeziele?

• Hilfen

– zur Überwindung persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Probleme und

– zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven

• Förderung der Eltern-Kind-Bindung

– zum Schutz der Kinder

– zur Förderung der Resilienz

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Fachliche Herausforderungen (Winkelmann in SGB VIII Online - Handbuch)

• Sicherung der Rechte der Klientinnen, Partizipation

• Arbeit mit psychisch kranken Schwangeren/Müttern

• Perspektiven klären

– Übergänge in ambulante Hilfen – Trennungen von Mutter und Kind gut begleiten, Rückführungsprozesse

fachlich qualifizieren

• Zielentwicklung und Wirkungsforschung

• Arbeit mit den Kindsvätern und/oder neuen Partnern der Mütter

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Standorte für rechtliche Änderungen im SGB VIII

§ 19 SGB VIII

• Hilfe nach § 19 setzt aufgrund der systematischen Stellung an niedrigerer Schwelle an

als § 27 ff

• ist daher weniger intensiv und ggf. auf anderer Rechtsgrundlage fortzusetzen

§§ 27 ff. SGB VIII

• Hört bei Alter der Mutter/ des Vaters von 27 Jahren auf

• soll mit Eingliederungshilfe verschmolzen und als Rechtsanspruch des Kindes ausgestaltet werden

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Vorschlag zur Ergänzung von § 19 SGB VIII

(1) Mütter oder Väter, die allein für ein Kind unter sechs Jahren zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, sollen gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut werden, wenn und solange sie auf Grund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Die Betreuung schließt auch ältere Geschwister ein, sofern die Mutter oder der Vater für sie allein zu sorgen hat. Eine schwangere Frau soll nach Maßgabe von Satz 1 schon vor der Geburt des Kindes in der Wohnform betreut werden. (2) Während dieser Zeit soll darauf hingewirkt werden, dass die Mutter oder der Vater eine schulische oder berufliche Ausbildung beginnt oder fortführt oder eine Berufstätigkeit aufnimmt. (3) Die Leistung soll auch den notwendigen Unterhalt der betreuten Personen sowie die Krankenhilfe nach Maßgabe des § 40 umfassen. (4) Mit Zustimmung des betreuten Elternteils soll auch der andere Elternteil oder eine andere Person, zu der das Kind Bindungen besitzt, in den Hilfeprozess einbezogen werden. Art und Umfang der Einbeziehung richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dazu zählt auch die stationäre Betreuung des Kindes zusammen mit beiden Elternteilen oder einer anderen Person, zu der eine sozial-familiäre Beziehung besteht. (5) Die Hilfe umfasst auch die Klärung der Perspektiven nach der Beendigung der Leistung sowie die Nachbetreuung.

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Familienhilfe als integrative Form der Hilfe zur Erziehung (Vorschlag zur Erweiterung von § 31 SGB VIII)

(1) Eltern oder Elternteile haben Anspruch auf sozialpädagogische Familienhilfe, wenn sie den erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen nicht decken können und die Hilfe geeignet und notwendig ist.

(2) Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie. (3) Die Hilfe wird je nach dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen und der Eltern in ambulanter, integrativer oder stationärer Form erbracht.

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Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung als Ziel der Reform 2016/2017

Themen:

• Umsetzung der sog. Großen Lösung im Rahmen eines inklusiven Tatbestandes

• Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung

• Weiterentwicklung der Heimaufsicht

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Hintergrund: Vorschlag der AG ASMK/ JFMK v. 5.3.2013

• Neuer Leistungstatbestand „Hilfe zur Entwicklung und Teilhabe“ – Einheitlicher Tatbestand

– Differenzierung auf der Rechtsfolgenseite nach dem individuellen Bedarf

• Zuweisung des Anspruchs zum Kind/ Jugendlichen („Stärkung der Kinderrechte“) – Eltern bleiben beteiligt, sind aber nicht (mehr)

primäre Leistungsadressaten

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Struktur der Leistungstatbestände

Hilfe zur Erziehung

• nachhaltige Verbesserung des Erziehungsprozesses zwischen Eltern und Kind/ Jugendlicher und Wiederbefähigung der Eltern

• Systemischer Ansatz

Verbesserung des Eltern- Kind Verhältnisses

durch Änderung der Interaktion zwischen

Eltern (ggf. verknüpft mit zeitlich begrenzter

Förderung des Kindes außerhalb des Elternhauses)

• Kooperativer Entscheidungsprozess

• Keine Anwendung des SGB IX

Eingliederungshilfe

• Verbesserung der Teilhabe des Kindes oder Jugendlichen

• Personenbezogene Hilfe

Förderung der Selbstbestimmung und

Teilhabe der behinderten Person

• Ärztliche Stellungnahme

• Anwendung des SGB IX/ Bundesteilhabegesetz

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Umsetzung im Gesetzestext (Quelle: Bund-Länder AG)

• Neufassung der §§ 27 bis 41 SGB VIII:

– Leistungen zur Entwicklung und Teilhabe des Kindes oder Jugendlichen,

– Leistungen zur Verselbständigung des jungen Volljährigen

– Leistungen zur Stärkung der Erziehungskompetenz

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Bund-Länder-AG: Leistungen zur Stärkung der Erziehungskompetenz

der Eltern (Entwurf § 29 neu)

(1) Zur Stärkung ihrer Erziehungskompetenz haben die Eltern oder

Erziehungsberechtigten eines nach § 27 Abs. 1 leistungsberechtigten

Kindes oder Jugendlichen einen Anspruch auf geeignete und notwendige

Leistungen der Erziehungsberatung nach § 30, der Alltagsassistenz nach §

30 f sowie der sozialpädagogischen Familienhilfe nach § 30 g.

(2) Werden dem nach § 27 Abs. 1 leistungsberechtigten Kind oder

Jugendlichen Leistungen zur Entwicklung und Teilhabe gewährt, haben

seine Eltern Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung

der Beziehung zu ihrem Kind (Elternarbeit).

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Bund-Länder-AG: Sozialpädagogische Familienhilfe

(Entwurf § 30g neu)

„Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und

Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von

Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit

Ämtern und Institutionen unterstützen und die Selbsthilfe stärken (bisher: Hilfe

zur Selbsthilfe geben). Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und

erfordert die Mitarbeit der Familie.“

Möglichkeit der Erweiterung auf teilstationäre und stationäre Formen der

Hilfe für das System Familie?

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Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung

• JFMK-Beschluss 2014

– Unterstützung und Förderung der Entwicklung präventiver und niedrigschwelliger Angebote in Verbindung mit einem Ausbau sozialräumlicher Infrastruktur und von Netzwerken

– Verknüpfung von Regelangeboten und Einzelfallhilfen

– Neue Finanzierungsmodelle für die Inanspruchnahme niedrigschwelliger Hilfen

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Zeitliche Perspektiven

• Juni 2016: Vorlage eines Referentenentwurfs

• Inkrafttreten vor dem Ende der Legislaturperiode

• Übergangszeit von fünf Jahren für die Umsetzung der inklusiven Lösung

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Einmischen!

• Der Referentenentwurf wird in den nächsten Wochen erwartet

• Die Fachverbände haben dann Gelegenheit

gegenüber dem Bundesministerium

zum Entwurf Stellung zu nehmen

und Änderungsvorschläge zu machen

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Danke fürs Zuhören

und Ihr Engagement

für Kinder und ihre Bezugspersonen