AXEL MÜLLER, HERRMANN-STAUDINGER-PREIS Zwerge mit zwei ... · 22 MITTWOCH, 21. DEZEMBER 2011...

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22 MITTWOCH, 21. DEZEMBER 2011 Wissenschaft „Mein Doktorvater war sozusagen Staudingers Ziehsohn. Ich bin jetzt so etwas wie der Enkel.“ AXEL MÜLLER, HERRMANN-STAUDINGER-PREIS VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED JOCHEN NÜTZEL Bayreuth — Wenn Axel Müller seine Forschungsobjekte als Kreise mit verschiedenfarbigen Kugelschreibern malt, bockt der Professor der Universität Bay- reuth damit – jedenfalls maß- stabstechnisch – einen chemi- schen Winzling zum Mount Everest auf. Denn die Größe der Kette aus Monomeren, die er mit den Kringeln zu veran- schaulichen sucht, ist in Wahr- heit zehntausendfach kleiner als ein Menschenhaar dünn. Aber was die Dreinanometer- hochs können, könnte bald die Industrie revolutionieren und die Medizin obendrein. Die Würdigung für seine Impulse und Ideen erhält der gebürtige Rheinländer Müller im Februar: Dann bekommt er den Herr- mann-Staudinger-Preis verlie- hen. Diese Auszeichnung, be- nannt nach dem Begründer der makromolekularen Chemie und Nobelpreisträger Herrmann Staudinger, wird nur alle drei Jahre verliehen. Sie ist die höchs- te deutsche Ehre, die in der For- schung über die Polymerzwerge möglich ist. Dabei steht gerade bei diesem Projekt fest: Je kleiner der Ge- genstand der Untersuchung, desto raumgreifender nimmt sich das technische Equipment aus, das zur Beobachtung und Herstellung des Hauchs von chemischem Nichts nötig ist. In hockergroßen Glaskolben kö- cheln Lösungen vor sich hin. An anderer Stelle im Labor des Lehrstuhls Makromolekulare Chemie II kehren sich die Tem- peraturverhältnisse um, hängt Eis an einem Zylinder. Bei minus 28 Grad halten Axel Müller und sein Team ihre „lebenden“ Poly- merketten bei Laune. In diesem besondere Fall han- delt es sich um gespaltene Per- sönlichkeiten weswegen sie auch Januspartikel genannt wer- den. Nach dem römischen Gott mit den zwei Gesichtern. Ein Ja- nuspartikel ist ein chemischer Grenzgänger; er kann verbinden und gleichzeitig trennen, was ihn in einigen Jahren für den Vorgang des Recyclings ver- schiedenartiger Kunststoffe in- teressant macht. Maßgeschneidert ist er und für allerlei Anwendungen der Zukunft von Vorteil. Die Krux: „Noch lassen sich diese Verbin- dungen nur im Grammbereich herstellen“, sagt Axel Müller. Mit Hochdruck wird an der Grenze zum Kilobereich ge- forscht. Eine Frage der Zeit, sagt der Chemiker. Doch Zeit ist in der Forschung nicht selten rela- tiv. „Wir denken hier in Jahren.“ Eine große Hürde aber haben die Forscher bereits überwun- den: Mittlerweile sind sie in der Lage, Monomere so zu verknüp- fen, dass sie spezielle Einheiten (sogenannte Block-Copolyme- re) bilden. Das aber tun sie nicht freiwillig, denn bei den Partikeln gilt dasselbe wie beim Menschen (in dessen DNA Polymere – qua- si als Verkettung glücklicher Umstände auch zu finden sind): Gleich und gleich gesellt sich gern. „Wer darüber hinaus Verbindungen herstellen will, die Moleküle freiwillig nie ein- gehen würden, der muss ihnen schon Handschellen anlegen.“ Diese Handschellen klickten das erste Mal vor über 50 Jahren. Dadurch wiederum war es den Chemikern überhaupt möglich, jene janusköpfigen Polymer- kombinationen mit zwei ver- schiedenen Seiten und damit un- terschiedlichen Eigenschaften zu kreieren. „So können wir nun Emulsionen und Polymerlegie- rungen stabilisieren.“ Zur Ver- anschaulichung sagt der Fach- mann: „Es ist so, als ob man das Plexiglas in einem Fenster und ein Stück Styropor vereint.“ Zusammen mit seinem 25- köpfigen Team experimentiert Müller ferner mit Polymeren, die wie Flaschenbürsten geformt sind und als Gerüst für anorgani- sche Partikel dienen sollen. Die daraus entstehenden Hybrid- partikel könnten eines Tages in Photovoltaikzellen eingesetzt werden, da sie magnetische und halbleitende Eigenschaften be- sitzen. Sie könnten dazu beitra- gen, die Effektivität der Kollek- toren zu verbessern. Und noch eine große Hoff- nung ruht auf Müller und seinen gezüchteten Polymeren: die der Mediziner, die in der Genthera- pie tätig sind.Wollen Fachleute Defekte im menschlichen Erb- gut kurieren, benötigen sie Vi- ren als Transporteur für die aus- getauschte Erbinformation. Vi- ren sind es seit Jahrmillionen gewohnt, DNA in eine Wirtszel- le einzuschleusen. Doch Viren haben die dumme Angewohn- heit, selber infektiös zu wirken und damit dem Patienten bei der Behandlung womöglich mehr zu schaden denn zu nutzen. Zusammen mit Ruth Freitag von der Bioprozesstechnik der Uni Bayreuth forschte Müller an sternförmigen Polymeren. In deren Mitte ist ein Nanopartikel eingelagert, von dessen Hülle wiederum verschiedene Arme wie die Tentakel eines Kraken ausgehen. Die Experimente ha- ben gezeigt: Diese neuartigen Träger sind als Transporter ge- nauso gut geeignet wie Viren – ohne aber deren schadhafte Nei- gungen. „Es wird dauern, bis die Sternpolymere in der Praxis ein- setzbar sind“, dämpft Müller zu euphorische Erwartungen. Das Patent ist bereits angemeldet, aber die klinischen Untersu- chungsreihen dürften noch Jahre in Anspruch nehmen. Diese Erfolge schreibt Müller der „sehr guten fächerübergrei- fenden Kooperation“ zu, die an der Universität möglich ist. „Al- lein was die Polymerforschung angeht, spielt Bayreuth – auch dank der Unterstützung seitens der Politik – in der ersten Liga, und zwar international.“ Das zeigten nicht zuletzt die mehr als 400 Arbeiten, die im Laufe der vergangenen Jahre unter Mül- lers Regie entstanden sind und die in Fachkreisen großes Echo gefunden haben. Die Krönung ist nun der Herrmann-Staudinger-Preis der im Fall Axel Müller quasi in der Familie bleibt: „Mein Dok- torvater Günter Viktor Schulz war sozusagen Staudingers Ziehsohn und der erste Preisträ- ger. In dieser Ahnenreihe bin ich jetzt so etwas wie der Enkel.“ London — Das Weltraumteleskop „Kepler“ hat die bislang kleins- ten Planeten eines anderen Sterns entdeckt: Die rund 1000 Lichtjahre entfernte Sonne mit der Katalognummer Kepler-20 besitzt demnach ein ganzes Pla- netensystem aus mindestens fünf Begleitern, schreiben die Entdecker im britischen Fach- blatt „Nature“. Während es sich bei den bereits bekannten drei Planeten des Sterns um Gasrie- sen von etwa der Größe des Neptuns handelt, haben die bei- den neu entdeckten sogenannten Exoplaneten nur den 0,87- und 1,03-fachen Durchmesser der Erde. Der zuvor kleinste be- kannte Exoplanet besitzt im- merhin einen 1,42-mal größeren Durchmesser als unser Heimat- planet. Die Masse der neu entdeckten Exoplaneten Kepler-20e und f ist noch nicht bekannt. Die As- tronomen um Francois Fressin vom Harvard-Smithsonian- Zentrum für Astrophysik halten es jedoch für möglich, dass beide eine ähnliche Zusammensetzung wie die Erde aufweisen, mit etwa einem Drittel ihrer Masse in ei- nem Eisenkern und zwei Drit- teln in einem Silikatgestein- Mantel. Für Leben ist es auf den beiden fernen Planeten aller- dings zu heiß: Sie umkreisen ih- ren Stern, der unserer Sonne äh- nelt, in nur 6 beziehungsweise knapp 20 Tagen. Entsprechend liegt die Durchschnittstempera- tur dort nach Berechnung der Astronomen bei rund 400 und 850 Grad Celsius. Dennoch könnte der kühlere, weiter von seiner Sonne entfernte Planet sogar eine dichte Wolkenschicht aus Wasserdampf besitzen, mei- nen die Forscher. Das Weltraumteleskop „Kep- ler“ war von der US-Raum- fahrtbehörde Nasa unter ande- rem gestartet worden, um nach erdähnlichen Planeten zu su- chen. Es beobachtet dafür die Helligkeit tausender Sterne. Planeten, bei denen wir zufällig genau von der Seite auf die Um- laufbahn schauen, verraten sich, indem sie regelmäßig vor ihrem Stern vorbeilaufen und ihn ein kleines Stück abschatten. Durch diese Helligkeitsschwankungen hat „Kepler“ bereits mehr als 2000 Kandidaten für Exoplane- ten angegeben, die allerdings großenteils noch bestätigt wer- den müssen. Zuletzt hatte das Weltraumte- leskop einen Planeten mit 2,4- fachem Erddurchmesser in der bewohnbaren Zone seines Sterns aufgespürt. Auf Kepler-22b herrschen demnach milde 22 Grad Celsius. dpa Lüneburg Attraktive Frauen und Männer sind einer neuen Studie zufolge seltener arbeitslos als weniger gut aussehende. Sie verdienen zudem im Schnitt deutlich mehr, wie die Leuphana Universität Lüneburg herausge- funden hat. Für die Studie seien Daten von mehr als 3000 Men- schen aus ganz Deutschland aus- gewertet worden, teilte die Hochschule mit. Der Lüneburger Wirtschafts- wissenschaftler Christian Pfeifer griff für seine Analyse auf die „Allgemeine Bevölkerungsum- frage der Sozialwissenschaften“ zurück. Alle zwei Jahre erheben dabei Interviewer in persönli- chen Gesprächen unter anderem Gehalt und Beschäftigungssta- tus der Teilnehmer. Außerdem halten sie fest, wie attraktiv sie ihre Gesprächspartner finden. „Schon ein einziger Attrakti- vitäts-Punkt mehr erhöht im Schnitt die Beschäftigungs- Wahrscheinlichkeit um drei Pro- zentpunkte“, sagt Pfeifer. „Fünf Punkte mehr – das ist etwa der Unterschied zwischen Dutzend- gesicht und ausgesprochener Schönheit – helfen bei der Stel- lensuche genauso viel wie ein Uni-Abschluss.“ Mit dem mo- natlichen Einkommen sehe es ähnlich aus. Ursache unbekannt Warum das so ist, beantworte die Studie nicht, sagte Pfeifer. Viel- leicht machten gut aussehende Menschen beim Vorstellungsge- spräch einen besseren Eindruck, ohne dass sich ihr Gegenüber dessen bewusst sei. „Wir wissen beispielsweise, dass gut aussehende Menschen oft selbstbewusster sind, was sich auch auf ihre Produktivität auswirken könnte“, so der Wis- senschaftler. epd Je kleiner der Forschungsgegenstand, desto größer die Apparatur: Doktorand Andreas Hanisch forscht im Labor an neuartigen Polymeren. Ein Polymer (von griechisch poly ‚viel‘ und méros ‚Teil‘) ist eine chemische Verbindung aus Ketten- oder verzweigten Molekülen (Makromolekülen), die wiederum aus gleichen oder gleichartigen Einheiten, den sogenannten Monome- ren, bestehen. Das Adjektiv polymer bedeutet dement- sprechend „aus vielen glei- chen Teilen aufgebaut“. Syn- thetische Polymere sind in der Regel Kunststoffe/Kunstoff- verbindungen. Quelle: Wikipedia Der Chemiker Axel Müller von der Uni Bayreuth Fotos: Jochen Nützel Polymere u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu Die Exoplaneten Kepler-20e und Kepler-20 f im Größenvergleich mit der Venus und der Erde. Foto: Tim Pyle/dpa Axel Müller Polymerforscher Wer Ver- bindungen herstellen will, die Moleküle freiwillig nie eingehen würden, muss ihnen Hand- schellen anlegen. POLYMERFORSCHUNG Der Bayreuther Chemiker Axel Müller experimentiert mit sogenannten Januspartikeln. Für seine Arbeiten erhält er 2012 den renommierten Herrmann-Staudinger-Preis. Zwerge mit zwei Gesichtern ASTRONOMIE Exoplaneten von der Größe der Erde entdeckt PSYCHOLOGIE Schönheit hilft beim Job

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22 MITTWOCH, 21. DEZEMBER 2011

Wissenschaft„Mein Doktorvater war sozusagen Staudingers Ziehsohn.

Ich bin jetzt so etwas wie der Enkel.“AXEL MÜLLER, HERRMANN-STAUDINGER-PREIS

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED

JOCHEN NÜTZEL

Bayreuth — Wenn Axel Müllerseine Forschungsobjekte alsKreise mit verschiedenfarbigenKugelschreibern malt, bockt derProfessor der Universität Bay-reuth damit – jedenfalls maß-stabstechnisch – einen chemi-schen Winzling zum MountEverest auf. Denn die Größe derKette aus Monomeren, die er

mit den Kringeln zu veran-schaulichen sucht, ist in Wahr-heit zehntausendfach kleiner alsein Menschenhaar dünn.

Aber was die Dreinanometer-hochs können, könnte bald dieIndustrie revolutionieren unddie Medizin obendrein. DieWürdigung für seine Impulseund Ideen erhält der gebürtigeRheinländer Müller im Februar:Dann bekommt er den Herr-

mann-Staudinger-Preis verlie-hen. Diese Auszeichnung, be-nannt nach dem Begründer dermakromolekularen Chemie undNobelpreisträger HerrmannStaudinger, wird nur alle dreiJahre verliehen. Sie ist die höchs-te deutsche Ehre, die in der For-schung über die Polymerzwergemöglich ist.

Dabei steht gerade bei diesemProjekt fest: Je kleiner der Ge-genstand der Untersuchung,desto raumgreifender nimmtsich das technische Equipmentaus, das zur Beobachtung undHerstellung des Hauchs vonchemischem Nichts nötig ist. Inhockergroßen Glaskolben kö-cheln Lösungen vor sich hin. Ananderer Stelle im Labor desLehrstuhls MakromolekulareChemie II kehren sich die Tem-peraturverhältnisse um, hängtEis an einem Zylinder. Bei minus28 Grad halten Axel Müller undsein Team ihre „lebenden“ Poly-merketten bei Laune.

In diesem besondere Fall han-delt es sich um gespaltene Per-sönlichkeiten – weswegen sieauch Januspartikel genannt wer-den. Nach dem römischen Gottmit den zwei Gesichtern. Ein Ja-nuspartikel ist ein chemischerGrenzgänger; er kann verbindenund gleichzeitig trennen, wasihn in einigen Jahren für denVorgang des Recyclings ver-schiedenartiger Kunststoffe in-teressant macht.

Maßgeschneidert ist er undfür allerlei Anwendungen derZukunft von Vorteil. Die Krux:„Noch lassen sich diese Verbin-dungen nur im Grammbereichherstellen“, sagt Axel Müller.Mit Hochdruck wird an derGrenze zum Kilobereich ge-forscht. Eine Frage der Zeit, sagt

der Chemiker. Doch Zeit ist inder Forschung nicht selten rela-tiv. „Wir denken hier in Jahren.“

Eine große Hürde aber habendie Forscher bereits überwun-den: Mittlerweile sind sie in derLage, Monomere so zu verknüp-fen, dass sie spezielle Einheiten(sogenannte Block-Copolyme-re) bilden. Das aber tun sie nichtfreiwillig, denn bei den Partikelngilt dasselbe wie beim Menschen(in dessen DNA Polymere – qua-si als Verkettung glücklicherUmstände – auch zu findensind): Gleich und gleich geselltsich gern. „Wer darüber hinausVerbindungen herstellen will,die Moleküle freiwillig nie ein-gehen würden, der muss ihnenschon Handschellen anlegen.“

Diese Handschellen klicktendas erste Mal vor über 50 Jahren.Dadurch wiederum war es denChemikern überhaupt möglich,jene janusköpfigen Polymer-kombinationen mit zwei ver-schiedenen Seiten und damit un-terschiedlichen Eigenschaftenzu kreieren. „So können wir nunEmulsionen und Polymerlegie-rungen stabilisieren.“ Zur Ver-anschaulichung sagt der Fach-mann: „Es ist so, als ob man dasPlexiglas in einem Fenster undein Stück Styropor vereint.“

Zusammen mit seinem 25-köpfigen Team experimentiert

Müller ferner mit Polymeren,die wie Flaschenbürsten geformtsind und als Gerüst für anorgani-sche Partikel dienen sollen. Diedaraus entstehenden Hybrid-partikel könnten eines Tages inPhotovoltaikzellen eingesetztwerden, da sie magnetische undhalbleitende Eigenschaften be-sitzen. Sie könnten dazu beitra-gen, die Effektivität der Kollek-toren zu verbessern.

Und noch eine große Hoff-nung ruht auf Müller und seinengezüchteten Polymeren: die derMediziner, die in der Genthera-pie tätig sind.Wollen FachleuteDefekte im menschlichen Erb-

gut kurieren, benötigen sie Vi-ren als Transporteur für die aus-getauschte Erbinformation. Vi-ren sind es seit Jahrmillionengewohnt, DNA in eine Wirtszel-le einzuschleusen. Doch Virenhaben die dumme Angewohn-heit, selber infektiös zu wirkenund damit dem Patienten bei derBehandlung womöglich mehr zuschaden denn zu nutzen.

Zusammen mit Ruth Freitagvon der Bioprozesstechnik derUni Bayreuth forschte Müller ansternförmigen Polymeren. Inderen Mitte ist ein Nanopartikeleingelagert, von dessen Hüllewiederum verschiedene Armewie die Tentakel eines Krakenausgehen. Die Experimente ha-ben gezeigt: Diese neuartigenTräger sind als Transporter ge-nauso gut geeignet wie Viren –ohne aber deren schadhafte Nei-gungen. „Es wird dauern, bis dieSternpolymere in der Praxis ein-setzbar sind“, dämpft Müller zueuphorische Erwartungen. DasPatent ist bereits angemeldet,aber die klinischen Untersu-chungsreihen dürften noch Jahrein Anspruch nehmen.

Diese Erfolge schreibt Müllerder „sehr guten fächerübergrei-fenden Kooperation“ zu, die ander Universität möglich ist. „Al-lein was die Polymerforschungangeht, spielt Bayreuth – auch

dank der Unterstützung seitensder Politik – in der ersten Liga,und zwar international.“ Daszeigten nicht zuletzt die mehr als400 Arbeiten, die im Laufe dervergangenen Jahre unter Mül-lers Regie entstanden sind unddie in Fachkreisen großes Echogefunden haben.

Die Krönung ist nun derHerrmann-Staudinger-Preis –der im Fall Axel Müller quasi inder Familie bleibt: „Mein Dok-torvater Günter Viktor Schulzwar sozusagen StaudingersZiehsohn und der erste Preisträ-ger. In dieser Ahnenreihe bin ichjetzt so etwas wie der Enkel.“

London — Das Weltraumteleskop„Kepler“ hat die bislang kleins-ten Planeten eines anderenSterns entdeckt: Die rund 1000Lichtjahre entfernte Sonne mitder Katalognummer Kepler-20besitzt demnach ein ganzes Pla-netensystem aus mindestensfünf Begleitern, schreiben dieEntdecker im britischen Fach-blatt „Nature“. Während es sichbei den bereits bekannten dreiPlaneten des Sterns um Gasrie-sen von etwa der Größe desNeptuns handelt, haben die bei-den neu entdeckten sogenanntenExoplaneten nur den 0,87- und1,03-fachen Durchmesser derErde. Der zuvor kleinste be-kannte Exoplanet besitzt im-merhin einen 1,42-mal größerenDurchmesser als unser Heimat-planet.

Die Masse der neu entdecktenExoplaneten Kepler-20e und fist noch nicht bekannt. Die As-

tronomen um Francois Fressinvom Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik haltenes jedoch für möglich, dass beideeine ähnliche Zusammensetzungwie die Erde aufweisen, mit etwaeinem Drittel ihrer Masse in ei-nem Eisenkern und zwei Drit-teln in einem Silikatgestein-Mantel. Für Leben ist es auf denbeiden fernen Planeten aller-dings zu heiß: Sie umkreisen ih-

ren Stern, der unserer Sonne äh-nelt, in nur 6 beziehungsweiseknapp 20 Tagen. Entsprechendliegt die Durchschnittstempera-tur dort nach Berechnung derAstronomen bei rund 400 und850 Grad Celsius. Dennochkönnte der kühlere, weiter vonseiner Sonne entfernte Planetsogar eine dichte Wolkenschichtaus Wasserdampf besitzen, mei-nen die Forscher.

Das Weltraumteleskop „Kep-ler“ war von der US-Raum-fahrtbehörde Nasa unter ande-rem gestartet worden, um nacherdähnlichen Planeten zu su-chen. Es beobachtet dafür dieHelligkeit tausender Sterne.Planeten, bei denen wir zufälliggenau von der Seite auf die Um-laufbahn schauen, verraten sich,indem sie regelmäßig vor ihremStern vorbeilaufen und ihn einkleines Stück abschatten. Durchdiese Helligkeitsschwankungenhat „Kepler“ bereits mehr als2000 Kandidaten für Exoplane-ten angegeben, die allerdingsgroßenteils noch bestätigt wer-den müssen.

Zuletzt hatte das Weltraumte-leskop einen Planeten mit 2,4-fachem Erddurchmesser in derbewohnbaren Zone seines Sternsaufgespürt. Auf Kepler-22bherrschen demnach milde 22Grad Celsius. dpa

Lüneburg — Attraktive Frauenund Männer sind einer neuenStudie zufolge seltener arbeitslosals weniger gut aussehende. Sieverdienen zudem im Schnittdeutlich mehr, wie die LeuphanaUniversität Lüneburg herausge-funden hat. Für die Studie seienDaten von mehr als 3000 Men-schen aus ganz Deutschland aus-gewertet worden, teilte dieHochschule mit.

Der Lüneburger Wirtschafts-wissenschaftler Christian Pfeifergriff für seine Analyse auf die„Allgemeine Bevölkerungsum-frage der Sozialwissenschaften“zurück. Alle zwei Jahre erhebendabei Interviewer in persönli-chen Gesprächen unter anderemGehalt und Beschäftigungssta-tus der Teilnehmer. Außerdemhalten sie fest, wie attraktiv sieihre Gesprächspartner finden.

„Schon ein einziger Attrakti-vitäts-Punkt mehr erhöht im

Schnitt die Beschäftigungs-Wahrscheinlichkeit um drei Pro-zentpunkte“, sagt Pfeifer. „FünfPunkte mehr – das ist etwa derUnterschied zwischen Dutzend-gesicht und ausgesprochenerSchönheit – helfen bei der Stel-lensuche genauso viel wie einUni-Abschluss.“ Mit dem mo-natlichen Einkommen sehe esähnlich aus.

Ursache unbekannt

Warum das so ist, beantworte dieStudie nicht, sagte Pfeifer. Viel-leicht machten gut aussehendeMenschen beim Vorstellungsge-spräch einen besseren Eindruck,ohne dass sich ihr Gegenüberdessen bewusst sei.

„Wir wissen beispielsweise,dass gut aussehende Menschenoft selbstbewusster sind, wassich auch auf ihre Produktivitätauswirken könnte“, so der Wis-senschaftler. epd

Je kleiner der Forschungsgegenstand, desto größer die Apparatur: Doktorand Andreas Hanisch forscht im Labor an neuartigen Polymeren.

Ein Polymer (von griechischpoly ‚viel‘ und méros ‚Teil‘) isteine chemische Verbindungaus Ketten- oder verzweigtenMolekülen (Makromolekülen),die wiederum aus gleichenoder gleichartigen Einheiten,den sogenannten Monome-ren, bestehen. Das Adjektivpolymer bedeutet dement-sprechend „aus vielen glei-chen Teilen aufgebaut“. Syn-thetische Polymere sind in derRegel Kunststoffe/Kunstoff-verbindungen. Quelle: Wikipedia

Der Chemiker Axel Müller von derUni Bayreuth Fotos: Jochen Nützel

Polymere

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Die Exoplaneten Kepler-20e und Kepler-20 f im Größenvergleich mitder Venus und der Erde.  Foto: Tim Pyle/dpa

Axel MüllerPolymerforscher

Wer Ver-bindungen

herstellen will, dieMoleküle freiwillignie eingehen würden,muss ihnen Hand-schellen anlegen.

POLYMERFORSCHUNG Der Bayreuther ChemikerAxel Müller experimentiert mit sogenanntenJanuspartikeln. Für seine Arbeiten erhält er 2012den renommierten Herrmann-Staudinger-Preis.

Zwergemit zweiGesichtern

ASTRONOMIE

Exoplaneten von der Größe der Erde entdecktPSYCHOLOGIE

Schönheit hilft beim Job