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Stand: 05.10.2016 Ziel: Durch praktisches Arbeiten soll Verständnis für Grundlagen, Vorteile und Grenzen der Rasterelektronenmikroskopie vermittelt werden. 1 Einleitung 2 Grundlagen REM 2.1 Auflösung 2.2 Schärfentiefe 2.3 Wechselwirkung Elektronen-Probe 3 Aufbau und Funktion des REM 3.1 Das signalerzeugende System 3.2 Das signalverarbeitende System 4 Der Versuch 4.1 Versuchsdurchführung 4.2 Versuchsauswertung 5 Literatur Materialanalytik Praktikum Rasterelektronenmikroskopie (REM) B511

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Stand: 05.10.2016

Ziel: Durch praktisches Arbeiten soll Verständnis für Grundlagen, Vorteile und Grenzen der Rasterelektronenmikroskopie vermittelt werden.

1 Einleitung

2 Grundlagen REM 2.1 Auflösung 2.2 Schärfentiefe 2.3 Wechselwirkung Elektronen-Probe

3 Aufbau und Funktion des REM 3.1 Das signalerzeugende System 3.2 Das signalverarbeitende System 4 Der Versuch 4.1 Versuchsdurchführung 4.2 Versuchsauswertung

5 Literatur

Materialanalytik

Praktikum

Rasterelektronenmikroskopie (REM)

B511

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1 Einleitung Das Rasterelektronenmikroskop (abgekürzt REM) dient in erster Linie dazu, die Topographie von Oberflächen abzubilden. Es findet vielfältige Anwendung u.a. in Biologie, Medizin, der Halbleiterindustrie und der Nanotechnologie. Die Analyse der erzeugten Röntgenstrahlung (EDS) erlaubt Aussagen über die Zusammensetzung des Materials. Kleine Brüche oder Risse in Werkstoffen z.B. können katastrophale Auswirkungen auf die Stabilität von Konstruktionen oder Werkzeugen haben. Aufschluss darüber, ob ein Materialfehler oder ein Verarbeitungsfehler zum Bruch geführt hat, kann eine mikroskopische Untersuchung der Bruchfläche zeigen. Im Lichtmikroskopie ist es häufig nicht möglich, den erforderlichen Bildausschnitt bei genügender Vergrößerung vollständig scharf abzubilden. Rasterelektronenmikroskope bieten dabei große Vorteile wie eine um Zehnerpotenzen höhere Auflösung und eine sehr viel größere Schärfentiefe (Abb.1).

Abb. 1: a) Lichtmikroskopische und b) rastermikroskopische Aufnahme von Blutkörperchen bei gleicher

Vergrößerung.

2 Grundlagen 2.1 Auflösung

Die Menge an Informationen, die man aus einem mikroskopischen Bild ziehen kann, wird durch die Auflösung bestimmt. Die maximale Auflösung eines Mikroskops beschreibt den kleinsten Abstand zweier Punkte, die gerade noch als getrennte Einzelpunkte zu erkennen sind; sie ist aufgrund von Beugungserscheinungen und Linsenfehlern begrenzt. Alle darüber hinausgehenden Vergrößerungen eines Bildes liefern keine neuen Informationen mehr und sind deshalb nicht sinnvoll. Die Auflösung r eines Mikroskops ist abhängig von der benutzten Wellenlänge , dem Brechungsindex des umgebenden Mediums und dem Konvergenzwinkel (Winkel zwischen

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der optischen Achse und dem gerade noch durch die Blende fallenden Randstrahl, Abb. 2). Damit ergibt sich für die Auflösung

sin

61,0r ( 1 )

Das Produkt sin bezeichnet man als die numerische Apertur. Eine hohe Auflösung kann also durch eine kurze Wellenlänge, einen großen Brechungsindex der Umgebung und einen kurzen Abstand der Probe (großer Winkel ) erreicht werden. Da bei den üblichen Lichtmikroskopen die Umgebung Luft ( ≈ 1) ist und der Abstand der Probe zum Objektiv nicht beliebig verkleinert werden kann, ist die maximale Auflösung bei Wellenlängen des sichtbaren Lichts (400 - 700 nm) auf etwa 200 nm und die sinnvolle Vergrößerung auf 1000fach beschränkt. Zu wesentlich kleineren Wellenlängen gelangt man, wenn statt der Lichtwellen Elektronen einge- setzt werden. Die Wellenlänge beträgt in Abhängigkeit von der Beschleunigungsspannung U näherungsweise

nmU

21

5,1

Da Elektronen nahezu Lichtgeschwindigkeit erreichen können, muss für sie die relativistische Massenkorrektur berücksichtigt werden:

nmUU

21

2610

5,1

( 3 )

Bei einer Beschleunigungsspannung von z.B. 20 kV beträgt die Wellenlänge 8.6E-3 nm = 8,6 pm, bei 1000 kV nur noch 0.9 pm. In Elektronenmikroskopen sind die Konvergenzwinkel winzig, daher gilt: sin ≈ . Da Elektronen in Luft zu stark gestreut werden, wird der Elektronenstrahl im Hochvakuum erzeugt; für den Brechungsindex im Vakuum gilt: = 1. Die theoretische Auflösung eines Elektronenmikroskops beträgt nach Gleichung (1)

61,0

r

Die tatsächlich erreichbare Auflösung eines REM (heutzutage bis 1 nm) ist deutlich geringer aufgrund von Beugungs- und Linsenfehlernsowie den Eigenschaften der Kathode selbst. In der Praxisist die erreichbare Auflösung eines REM der kleinste Spot, mit dem noch ein ausreichendes Signal von der Probe erhalten werden kann. 2.2 Schärfentiefe Für die Abbildung nicht planer rauer Oberflächen wie z.B. Bruchflächen ist eine hohe Schärfen-tiefe erforderlich. Darunter versteht man den Bereich der Probenpositionen, in denen das Auge keine Änderung der Bildschärfe wahrnimmt. Die Schärfentiefe h berechnet sich nach

2

61,0

tansin

61,0

h (α sehr klein, μ = 1) (5)

Eine Vergrößerung der Schärfentiefe für konstante Wellenlängen ist demnach nur über eine Verkleinerung von α zu erreichen; gemäß Abb. 2 ist der Arbeitsabstand L zu vergrößern und eine

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Aperturblende mit kleinerem Durchmesser D zu wählen. Die Vergrößerung der Schärfentiefe geht mit einer Verringerung der Auflösung einher.

Abb. 2: Zusammenhang zwischen Konvergenzwinkel, Arbeitsabstand und Blende

Für 1000fache Vergrößerung und eine Auflösung von 100 nm liegt die erreichbare Schärfentiefe für das REM bei 100 µm, für das Lichtmikroskop nur bei 0,2 µm (vgl. Abb 1).

2.3 Wechselwirkung Elektronen - Probe

In Rasterelektronenmikroskopen werden die Elektronen üblicherweise mit Spannungen zwischen 1 und 30 kV beschleunigt und als gebündelter Strahl auf die Probe geschossen. Diese schnellen Primärelektronen (PE) zeigen vielfältige Wechselwirkungen mit der Probe in einem Bereich, der Wechselwirkungsvolumen genannt wird (Abb. 3). Man unterscheidet grundsätzlich folgende Streuprozesse:

Abb. 3: Das Wechselwirkungsvolumen R: Reichweite der Primärelektronen (PE)

T: Austrittstiefe der Rückstreuelektronen (RE) Auflösungsgrenze der RE ≈ ½ Wechselwirkungsvolumen

Auflösungsgrenze der Röntgenstrahlung Wechselwirkungsvolumen

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Elastische Streuung: PE werden im Coulomb-Feld der Atomkerne abgelenkt, und zwar umso stärker, je langsamer sie sind; ihr Energieverlust ist sehr gering. Durch Mehrfachstreuungen können PE die Probe wieder verlassen (Rückstreuelektronen). Inelastische Streuung: PE treten in Wechselwirkung mit den Elektronen der Atomhüllen und geben einen Teil ihrer Energie ab. Beim Herausschlagen äußerer Elektronen entstehen Sekundär- Elektronen, beim Herausschlagen innerer Elektronen charakteristische Röntgenstrahlung. Die Größe des Wechselwirkungsvolumens hängt von der Beschleunigungsspannung ab, seine Form von der mittleren Ordnungszahl: In einer Probe aus vorwiegend leichten Elementen ist es annähernd birnenförmig, in einer Probe aus vorwiegend schweren Elementen halbkugelförmig.

2.3.1 Sekundärelektronen (SE) Sekundärelektronen werden im gesamten Wechselwirkungsvolumen erzeugt, können jedoch nur aus sehr oberflächennahen Bereichen austreten (Abb. 3: Austrittstiefe t, für Metalle max. 5 nm, Isolatoren max. 50 nm). Mit einer Austrittsenergie 50 eV sind sie sehr langsam. Etwa die Hälfte aller SE wird in unmittelbarer Nähe des Auftreffpunktes der PE erzeugt (SE 1). Durch die im Probenmaterial diffundierenden Rückstreuelektronen (RE) werden aber auch noch in einer Entfernung von 0,1 bis einigen m vom Auftreffpunkt SE erzeugt (SE 2). Eine dritte Quelle von SE bilden Rückstreuelektronen, die mit der Wand der Probenkammer reagieren (SE 3). Die so entstehende Hintergrundstrahlung bewirkt eine Kontrastverschlechterung, die sich jedoch teilweise auf elektronischem Wege beseitigen lässt. Mit Hilfe der SE 1 lässt sich die beste laterale Punktauflösung erreichen.

2.3.2 Rückstreuelektronen (RE) Elektronen, die aus der Probenoberfläche austreten und eine Energie > 50 eV haben, werden als Rückstreuelektronen (RE, engl. BSE) bezeichnet. RE entstehen im gesamten Wechselwirkungsvolumen und in größerer Entfernung vom Auftreffpunkt der PE. Die Austrittstiefe T beträgt für niedrige Ordnungszahlen ca. die Hälfte der Reichweite R; für Beschleunigungsspannungen > 20kV und hohe Ordnungszahlen ist sie geringer (Abb. 3). Je größer die PE-Energie und je kleiner die Ordnungszahl des Probenmaterials, desto größer wird der Entstehungsbereich der RE und umso schlechter die erreichbare Auflösung. Die Abhängigkeit von der Ordnungszahl des Probenmaterials (Abb. 4) stellt jedoch einen Vorteil dar, da so neben dem Topographiekontrast auch ein Materialkontrast erreicht werden kann, d.h. Graustufen in der Abbildung weisen auf Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung hin.

Abb. 4: RE-Ausbeute η in Abhängigkeit von der Ordnungszahl Z

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Kontraste im REM: Das Signal kann noch verstärkt werden, wenn die Probe gekippt wird bzw. Flächen zum Primär- strahl geneigt sind: Es liegt ein Neigungskontrast vor. Je größer der Kippwinkel, desto höher die Elektronenausbeute (Abb. 5). Ursache ist das größere Wechselwirkungsvolumen: Die Weglänge für PE und RE nimmt zu, wodurch mehr SE1 bzw. SE2 erzeugt werden. Kantenkontrast: Durchstrahlbare Probenstrukturen wie dünne Kanten, Spitzen und Fasern erscheinen durch ihre hohe SE-Ausbeute sehr hell. Ursache ist das angeschnittene Wechsel- wirkungsvolumen, das dazu führt, dass mehr RE und damit SE2 die Probe verlassen. Außerdem lösen PE zusätzliche SE1 aus.

Abb. 5: SE-Ausbeute bei senkrechtem Einfall (links) und Schrägeinfall (rechts)

3 Aufbau und Funktion des REM Die Oberfläche einer Probe wird mit einem gebündelten Elektronenstrahl Zeile für Zeile abgerastert. Die durch Wechselwirkung mit der Probe erzeugten Signale werden vom Detektor in eine Spannung umgewandelt und verstärkt. Diese Spannung variiert synchron zur Rasterung die Intensität des Lichtpunktes auf dem Bildschirm. In einem Rasterelektronenmikroskop sind signalerzeugendes und signalverarbeitendes System getrennt.

3.1 Das signalerzeugende System Ziel des signalerzeugenden Systems (Abb. 6) ist die Erzeugung eines Elektronenstrahls von möglichst kleinem Durchmesser und maximaler Helligkeit auf der Probenoberfläche. Es besteht aus Elektronenkanone, Linsen, Blenden, Ablenk- und Stigmatorspulen und der Probenkammer sowie ggf. einer Schleuse. Zur Erzeugung eines Vakuums werden unterschiedliche Pumpen benötigt. Die ölfreie Scrollpumpe erzeugt ein Vorvakuum von ca. 10-3 mbar (10-1 Pa); dieses ist Voraussetzung für die Arbeit der Turbomolekularpumpe, welche ein Hochvakuum im Bereich von 10-7 mbar (10-5 Pa) erzeugt. Je nach Art der Kathode werden zusätzlich ein oder zwei Ionengetterpumpen eingesetzt, die in der Elektronenkanone ein Ultrahochvakuum von bis zu 10-10 mbar (10-8 Pa) gewährleisten. Ein vollständig im Hochvakuum arbeitendes REM erfordert vakuumbeständige trockene und elektrisch leitende Proben.

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3.1.1 Prinzip der Signalerzeugung Üblicherweise werden in der Elektronenmikroskopie die freien Elektronen über thermische Emission erzeugt. Als thermische Kathoden (Filamente) werden Wolframdrähte oder LaB6-Kristalle eingesetzt; letztere besitzen eine größere Helligkeit und längere Lebensdauer (etwa ein Jahr). Von Nachteil ist, dass bei beiden der Durchmesser des Elektronenstrahls relativ groß ist (µm-Bereich).

Abb. 6: Verlauf des Elektronenstrahls im signalerzeugenden System Das Filament wird mit einem elektrischen Heizstrom erhitzt und liegt gegenüber der Anode auf negativem Potential (Kathode). Die freigesetzten Elektronen werden mit der entsprechenden Beschleunigungsspannung in Richtung Anode beschleunigt und treten durch ein Loch in der Anode in die Mikroskopsäule. Um die Elektronen zu bündeln, sitzt das Filament in einem Wehnelt-Zylinder; dieser hat ein Potential, das noch negativer ist als das des Filaments. Er wirkt wie ein Gitter und fokussiert die Elektronen durch Abstoßung in einem Punkt, welcher als virtuelle Elektronenquelle oder cross-over bezeichnet wird. Über den Wehneltzylinder wird nicht nur der Durchmesser d0 des cross-over geregelt, sondern auch die Zahl der aus der Kathode austretenden Elektronen (Emissionsstrom). Zum Bündeln und Fokussieren des Elektronenstrahls dienen elektromagnetische Linsen mit einem Kern aus Weicheisen. Wenn ein Elektron mit der Ladung e und mit der Geschwindigkeit v in den Bereich eines Magnetfeldes mit der Stärke B gerät, so wirkt die Kraft F auf das Elektron:

Kraftvektor F

, Geschwindigkeitsvektor v

und Magnetfeldvektor B

stehen senkrecht aufeinander (Rechte-Hand-Regel):

)( vBeF

( 6 )

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Die Elektronen werden auf schraubenförmige Bahnen mit immer kleinerem Radius gezwungen. Mit Hilfe zweier elektromagnetischer Kondensorlinsen (Abb. 6) wird der Durchmesser des Elektronenstrahls verkleinert und als Spot auf der Probenoberfläche abgebildet. Mit dem Spotdurchmesser ändert sich auch der Strahlstrom (Zahl der Elektronen, die die Probe erreichen. Die dritte Linse, die Objektivlinse, hat die Aufgabe, den Elektronenstrahl auf die Probe zu fokussieren (Scharfstellen der Abbildung). 3.1.2 Signalerzeugung im ZEISS-Gerät Es wird eine thermische Schottky-Feldemissionskathode (kurz FE-Kathode) verwendet. Sie besteht aus einer feinen Wolfram-Einkristallspitze mit einem gesinterten ZrO-Reservoir am Schaft auf einem Draht (Filament). Erhitzt man die Kathode auf 1800 K und baut über die Extraktorelektrode ein elektrisches Feld auf, so diffundiert ZrO an die Kathodenspitze, verfeinert die Spitze und verringert die Austrittsarbeit der Elektronen. Kathodentemperatur und Feldstärke an der Spitze sorgen für einen Gleichgewichtszustand mit stabiler Elektronenemission. Über das Gegenfeld der Supressorelektrode wird der thermische Austritt von Elektronen aus dem Filament verhindert. Der erzeugte Strahl ist besonders fein (Durchmesser im nm-Bereich) und hell (hohe Elektronendichte).

Abb. 7: GEMINI-Elektronenoptik (ZEISS) Die spezifische GEMINI-Elektronenoptik bewirkt einen cross-over-freien Strahlengang (Abb. 7): Die erzeugten Elektronen werden Richtung Anode beschleunigt und treffen dann auf einen Strahlverstärker (Booster), der für eingestellte Beschleunigungsspannungen von ≤ 20 kV auf einem Potential von 8 kV liegt. Damit haben die Elektronen innerhalb des Boosters eine um 8 keV höhere Energie, was die Empfindlichkeit gegenüber magnetischen Streufeldern senkt. Die Objektivlinse besteht aus zwei Teilen: Das Gegenfeld der elektrostatischen Linse bremst die Elektronen um 8 kV wieder auf die eingestellte Energie ab; der elektromagnetische Teil fokussiert den Strahl auf die Probe. Beide Felder überlagern sich und reduzieren den chromatischen Fehler, insbesondere für niedrige Spannungen (≤ 5 kV). Hier wird die Stärke des Strahlstroms über ein fest installiertes Aperturblendensystem mit unterschiedlichen Lochdurchmessern eingestellt. Mit Hilfe eines elektromagnetischen Blendenum- schalters (Abb. 7) wird der Strahl oberhalb des Blendensystems ausgelenkt, durch die Blende und dann wieder auf die optische Achse geführt. Kondensorlinsen hat dieses System nicht.

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3.1.3 Abbildungsfehler Nach Wahl der Aperturblende muss eine Zentrierung des Strahls in der Blende durchgeführt werden. Dies geschieht mithilfe des Wobblers. Außerdem ist eine Korrektur des Astigmatismus erforderlich: Mechanisch nicht absolut symmetrische Linsenbohrungen mit inhomogenen Magnetfeldern und Verunreinigungen der Polschuhbohrungen führen zu einem elliptischen Elektronenstrahl, der den „axialen Astigmatismus“ erzeugt; dieser macht sich bei Vergrößerungen ab ca. 5000fach bemerkbar. Durch einen elliptisch verformten Elektronenstrahl werden Oberflächenstrukturen verzerrt abgebildet; die Probenoberfläche lässt sich in diesem Fall nicht exakt fokussieren. Um die Rotationssymmetrie des Elektronenstrahls wieder herzustellen, ist ein elektrisches Korrekturfeld erforderlich, das von dem Stigmator erzeugt wird. Ein Stigmator besteht aus 2 mal 4 Spulen (Doppel-Quadrupolsystem), die zentrisch zur optischen Achse angeordnet sind. Chromatischer Fehler: Der Elektronenstrahl aus thermischen Kathoden zeigt Schwankungen der Elektronenenergie ∆E, was zu unterschiedlichen Geschwindigkeiten und letztlich einer Aufweitung des Strahls führt, insbesondere für kleine Beschleunigungsspannungen. Für FE-Kathoden ist ∆E wesentlich geringer. Kleine Arbeitsabstände verringern den chromatischen Fehler weiter.

3.1.4 Das Rastersystem / Vergrößerung Ein Ablenkgenerator sorgt mit Hilfe von Ablenkspulen (Abb. 7: scan coils) für eine zeitweise Abtastung der Probenoberfläche durch den Primärelektronenstrahl (scanning). Die Ablenkspulen sind im Polschuhkanal der Objektivlinse untergebracht. Bedingt durch das Rasterprinzip setzt sich die REM–Abbildung aus vielen Bildpunkten zusammen. Mit Hilfe der Ablenkspulen lassen sich mit dem Elektronenstrahl horizontale und vertikale Ablenkungen erzeugen. Durch die horizontale Ablenkung entsteht eine Zeile („line“), durch die vertikale Ablenkung deren Lage. Aus der variablen Zeit für die Abtastung einer Zeile und der Zahl der Zeilen pro Durchlauf („frame“) ergibt sich die Rastergeschwindigkeit. Je höher diese gewählt wird, desto stärker sind die Abbildungen verrauscht. Für eine Erhöhung der Vergrößerung muss der Strom der Ablenkspulen erhöht werden. Damit ist eine Verkleinerung des Rasters auf der Probe verbunden, während das Bild auf dem Bildschirm konstant bleibt. Die Vergrößerung ergibt sich daher als das Verhältnis der Bildschirm-Kantenlänge zu der Kantenlänge des abgerasterten Probenbereiches. Beträgt z.B. die Länge des gescannten Probenbereichs 1mm und die Kantenlänge des Bildschirms 300 mm, so ist die Vergrößerung 300-fach.

3.2 Das signalverarbeitende System Durch das Rasterprinzip werden zeitlich nacheinander von jedem einzelnen Objektpunkt Signale wie z.B. Sekundärelektronen erzeugt, die nach einer Registrierung mit einem Detektor ein elektrisches Videosignal liefern. Dieses wird nun verstärkt und moduliert das simultan zum Primärelektronenstrahl dargestellte Signal auf dem Monitor. Auf diese Weise entsteht eine Punkt für Punkt-Korrelation zwischen der Signalhöhe eines Objektpunktes und der Helligkeit des entsprechenden Bildschirmpunktes.

3.2.1 Detektoren Die Verbindung zwischen dem signalerzeugenden und dem signalverarbeitenden System eines REM stellen Detektoren her. Sie haben die Aufgabe, die erzeugten Signale in elektrische Signale umzuwandeln. Jedes Signal (Sekundär-, Rückstreuelektronen, Röntgenstrahlen) erfordert in der

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Regel einen speziellen Detektor. An dem hier benutzten Gerät stehen vier Detektoren für die Erfassung von Elektronen zur Verfügung.

Abb. 8: Everhart - Thornley – Detektor K: Kollektor, S: Szintillator, LL: Lichtleiter, V: Vorverstärker, PM: Photomultiplier

Der gebräuchlichste Detektor ist der Everhart-Thornley-Detektor (hier SE2-Detektor genannt) zur Registrierung von Sekundärelektronen (Abb. 8); er befindet sich an nahezu allen REM. Zwischen Probe und dem netzförmigen Kollektor wird eine Saugspannung von z.B. +300V angelegt, um die niedrigenergetischen SE anzusaugen. Dadurch wird der Raumwinkel vergrößert. Zwischen Kollektor und Szintillator liegt eine Hochspannung von 10 kV, welche die SE erneut beschleunigt und auf den Szintillator prallen lässt. Die dort erzeugten Lichtblitze (Photonen) werden durch den Lichtleiter zum Photomultiplier geleitet. An der Photokathode des Multipliers werden durch die Photonen Elektronen ausgelöst, welche durch die angelegte Multiplierspannung auf die nachfolgenden Prallelektroden (Dynoden) beschleunigt werden und dort lawinenartig ein Vielfaches an Elektronen erzeugen. Auch RE können registriert werden. Um eine ausschließlich durch RE erzeugte Abbildung zu erhalten, müssen alle SE ferngehalten werden. Dies geschieht, indem man den Kollektor ausschaltet oder eine negative Spannung anlegt, so dass die SE abgestoßen werden. Der AsB-Detektor (Angular selective BSE) befindet sich direkt unter der Objektivlinse am Säulenende. Es handelt sich um einen ringförmigen Halbleiterdetektor mit einzeln aktivierbaren Segmenten. Er erfasst mit großem Raumwinkel RE, die unter großen Streuwinkeln die Probe verlassen. Die Position des Inlens-Detektors ist in der Säule über der Objektivlinse. Von den beiden Feldern des Objektivs werden SE1- und SE2-Elektronen abgesaugt und direkt auf den Inlens-Detektor gelenkt. Die Verstärkung erfolgt in einem Photomultiplier. Die Wahl eines minimalen Arbeitsabstandes ist möglich. Der ESB-Detektor (Energy and angle selective BSE) befindet sich ebenfalls im Strahlengang oberhalb des Inlens-Detektors; auch er verstärkt über einen Photomultiplier. Er detektiert RE, die unter kleinen spitzen Streuwinkeln bis 15° die Probe verlassen. Auch hier kann der Arbeitsabstand minimiert werden.

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4 Der Versuch

4.1 Versuchsdurchführung

Gerät: Rasterelektronenmikroskop Ultra 55 Plus, Software SmartSEM 5.04, ZEISS Proben: Der Versuchsbetreuer stellt drei Proben zur Verfügung. Die Proben werden mit Hilfe des Versuchsbetreuers, der Mitschrift während des Versuchs und der ausliegenden Kurzanleitung bearbeitet. Probe 1, 2 und 3 werden gemeinsam in das Rasterelektronenmikroskop eingeschleust. An den Proben 1 und 2 werden grundlegende Funktionen des REM erläutert und wesentliche Schritte der Gerätebedienung trainiert. Probe 2: Durch die Variation verschiedener Geräteparameter wird außerdem das Elektronenbild optimiert. Anschließend werden 4 Elektronenbilder mit unterschiedlichen Detektoreinstellungen bzw. Detektoren aufgenommen: SE2-Detektor mit Kollektor auf +300V / -300 V, AsB-Detektor und Inlens-Detektor. Probe 3 wird mit Hilfe der erworbenen Kenntnisse selbständig bearbeitet (gesonderte Aufgaben-stellung durch den Betreuer)! Bringen Sie einen USB-Stick zur Speicherung der Dateien mit! Eine sorgfältige Mitschrift während des Versuchs ist Voraussetzung für das Protokoll!

4.2 Versuchsauswertung

1. Beschreiben Sie die wesentlichen Funktionen des REM. Orientieren Sie sich an folgenden Stichworten: Kathode, Mikroskopsäule, Linsen, Rastersystem, Vergrößerung, Detektoren. 2. Erläutern Sie, wie ein Elektronenbild optimiert wird. Orientieren Sie sich an folgenden Stichworten: Beschleunigungsspannung, Arbeitsabstand, Auflösung, Schärfentiefe, Scan- Geschwindigkeit, Aperturblende, Astigmatismus. 3. Beschreiben Sie Probe 1 (je nach Probe Gefüge, Struktur, Bruch und Bruchmechanismus). Beschreiben Sie die auftretenden Kontraste und nennen Sie die beteiligten Elektronen. 4. Beschreiben Sie Probe 2 (siehe Probe 1), jedoch Kontraste und Elektronen für jede der 4 Detektoreinstellungen bzw. Detektoren einzeln. Vergleichen Sie die 4 Abbildungen, nennen Sie die Unterschiede hinsichtlich Kontrast, Elektronen und Auflösung und begründen Sie diese. 5. Probe 3: Beschreiben Sie die einzelnen Arbeitsschritte und begründen Sie diese. Diskutieren Sie die Ergebnisse!

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5 Literatur  

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Wissensch. Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008  4 Egerton, R.F., Physical principles of electron mikroskopy, 

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              Wiesbaden 2012                                                                                                                                                      

15  Ackermann, J., Handbuch für die Rasterlektronenmokroskope Supra und Ultra, 

 Oberkochen 2004