Baden weil er Seite 3 von 11 · Modulation, untereinander sich schiebende Rhythmen und reibende ......

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„Monodram in Liedern" gleichende, 1933 kurz nach „Penthesilea" entstandene Werk weist eigentümliche dramaturgische Disproportionalitäten auf: während im ersten Satz, in den verwendeten Texten von Nikolaus Lenau, ganz auf nachtschwarze Romantik gestimmt, Gefühle von Einsamkeit, Angst, Trauer und Abschied geweckt werden, imaginiert der zweite Teil im Sinne eines Scherzos einen Toten-Tanz im Presto-Tempo, der mit „Traumgewalten" überschrieben ist. Kontemplativ geht es zunächst im dritten Satz zu ehe Verzweiflungsrhythmen und Tremoli in einen stillen Gesang münden und sich nach kurzem Zwischenspiel im Finalsatz choralartig entrückt im wohlgefälligen C-Dur himmlische Sphären öffnen. Freilich: omnipräsent bleibt da immer die Erfahrung der Einsamkeit - eine depressive Grunstimmung, die allenfalls durch naturhaft mystische Einblendung Trost spendet.

Eine ausgesprochen farbenreiche Interpretation widmet das Minguet-Quartett und der Bariton Thomas E. Bauer den nächtlichen Stücken von Othmar Schoeck. Es macht schon Eindruck wie Bauer, Gründer der „Kulturwaldfestspiele Bayerischer Wald", kontrastreich dem nicht gerade einfachen Stück vielfarbig musikalische wie textliche Facetten zu entlocken versteht - vom geisterhaft grotesken zweiten Satz, über rhythmisierten Sprechgesang bis hin zu fahlen Klängen im Flageolett und jazzigen Anspielungen. Wie Bauer mit dem Minguet-Team zu artikulieren, wie expressiv zu kommunizieren und mitunter fast tonlos dem Ausdruck jegliche Farbe zu entziehen versteht - dieser variable Erzählton verrät supreme interpretatorische Kunst.

Das Minguet-Quartett formt die wechselnden Klangcharaktere akkurat - all die Motive, die sinnstrukturiert angstvolle Stimmung reflektieren. Permanente Modulation, untereinander sich schiebende Rhythmen und reibende Halbtonintervalle, halten dieses tiefdunkle Nachtstück in nervöser Bewegung. All das laden die Quartett-Leute samt Interpret Bauer mit viel Innenspannung auf, mit einem dunkelgetönten Pathos, wie es auch den Quartett-Sätzen von Max Reger eigen ist. Bei Schoeck regiert der musikalische Ernst mit aller Konsequenz. Die grüblerischen Monologe deklamierte Thomas E. Bauer mit seiner wohlklingenden Baritonstimme. Keine Frage: dieses romantische Stimmungsbild lässt bereits den Aufbruch in die Modeme wetterleuchten.

Musik zum Mit-Denken, zum Mit-Fühlen und Mit-Leiden, präsentiert von Interpreten der ersten Garde: mit dieser Mischung aus Vertrautem, seltener zu Härendem und zeitgenössisch Provokantem hat sich Klaus Lauer in Fachkreisen nicht nur im legendären Römerbad, sondern auch im frühjährigen Intermezzo „AlpenKlassik" in Bad Reichenhall einen Namen gemacht. Seine spannungsgeladenen programmatischen Konzepte tragen auch die bisher sehr gut besuchten Badenweiler Musiktage. Am zweiten Abend lässt Denes Varjon zum Entree das Feuer „Robert

Schumanrt' so richtig auf Dauerflamme brennen. Seine Affinität zur lyrischen Emphase enthüllten die fabelhaft gemeisterten „Fantasiestücke" op. 12. Nicht das einschmeichelnde Melos und das Kolorieren von Flächen sind nach den Vorstellungen des Pianisten das Herz aller Dinge. Vielmehr bedeutet Robert Schumann aus den Händen von Varjon die Herzlichkeit mit leuchtendem klarem, doch nie forciertem Klavierausdruck zu offenbaren. So entsteht mit schönen Klangfarben ein musikalischer Spannungsbogen, dessen Pole betont im Rhythmischen und Strukturellen liegen. Da bleibt nichts im Ungefähren hängen. So sorgt der Pianist für eine überzeugende Selbstreflexion der romantischen Musik -frisch dargeboten, getragen von einer liebenswürdigen Eleganz.

Weiter geht es mit Klängen des unermüdlich komponierenden, an der Hochschule für Musik in Freiburg in professoraler Würde lehrenden, im Konzertsaal mit Klarinette interpretierenden und als Chefdirigent des Irish Chamber Orchestra agierenden Jörg

Widmann. Nein, Schonkost verabreicht er auf vielen Hochzeiten tanzende Musikmeister wohl kaum. umso mehr kommen entdeckungsfreudige Naturen auf ihre Rechnung. Da gilt es für Interpreten viel spieltechnische Perfektion, auch Identifikationskraft aufzubringen, um im Labyrinth von komplexen Strukturen rhythmisch auf dem rechten Weg zu bleiben. Den Klavierzyklus „Elf Humoresken", 2008 von Yefim Bronfman in der New Yorker Carnegie Hall aus der Taufe gehoben, präsentiert !Jenes Varjon in Badenweiler. Jörg Widmann, ein Geistesbruder des Romantikers, schrieb die im Ausdruck changierenden, unterschiedlich konzipierten Charakterstücke im Grundton zwischen romantischer und zeitgenössischer Tonsprache. Dabei reflektiert eine Vielfalt von musikalischen Ausprägungen den Humor - angefangen von der Miniatur bis hin zum ausgewachsen komplexen Klavierstück. Denes Varjon entdeckt einen ganz spezifischen Tonfall - der mal ironisch timbriert, mal trocken ausgeformt, mal melancholisch eingetrübt wirkt.

http://www.deropernfreund.de/badenweiler.html 03.05.2016