Bahnreisende sollen es nicht nur bequemer haben, sondern ...€¦ · „Es gibt noch viel zu tun“...

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14 FREITAG, 3. FEBRUAR 2012 WIRTSCHAFT BAYERISCHE STAATSZEITUNG NR. 5 Deutschland sei man von so ei- nem Gesamtkonzept noch weit entfernt. „Hierzulande wird ge- baut, wenn irgendein Landespoli- tiker eine Strecke haben will“, moniert der Pro Bahn-Chef. Für ihn ist es rational nicht nachvoll- ziehbar, weshalb die ICE-Neubau- strecke von Nürnberg nach Berlin in einer langen Linkskurve über Erfurt führt. Der Großraum Halle- Leipzig mit seiner wesentlich hö- heren Bevölkerungsdichte werde komplett abgehängt, nur weil Thüringens Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) darauf be- stand, dass die neue Strecke über Erfurt führt. „Auch die wichtige Universitätsstadt Jena bleibt so auf der Strecke. Wenn Wissen- schaftler von Berlin dorthin müs- sen, werden sie wohl den Pkw be- nutzen. Denn sie sind nicht bereit bis Erfurt mit dem ICE zu fahren, um dann im Regionalzug bis Jena zu bummeln“, so Naumann. Nadelöhr München Mehr Orientierung an den rea- len Bedürfnissen fordert er auch beim Güterverkehr. Der so ge- nannte Ostkorridor vom Hambur- ger Güterumschlagbahnhof Ma- schen über Magdeburg und Hof nach Regensburg sei nicht wirk- lich durchdacht. „Jeder weiß, dass der Brennerbasistunnel kommen wird und dass die Güter von und nach Italien dort transportiert werden. Doch der Ostkorridor en- det in Regensburg. Von dort müs- sen die Güterzüge über den hoch- frequentierten Bahnknoten Mün- chen zum Brenner geleitet wer- den“, so Naumann. Er fordert eine Erweiterung des Ostkorridors über Landshut und Mühldorf nach Rosenheim. „Dann hat man das Nadelöhr München umfah- ren. Doch zurzeit ist diese Strecke nur eingleisig und nicht elektrifi- ziert. Auch das diese Woche begange- ne Jubiläum 150 Jahre Bayerisch- Böhmische-Eisenbahn beleuchtet Naumann kritisch. Die Strecke über Furth im Wald sei eingleisig und deshalb dauere die Fahrt von München nach Prag über sechs Stunden. „Wenn man statt presti- geträchtiger Neubaustrecken mehr Geld für den punktuellen Ausbau investieren würde, wäre dem deutschen Eisenbahnsystem wesentlich mehr geholfen. Hier und da zwei Gleise mehr, ein paar Kurvenbegradigungen und Elek- trifizierungen würden schon genü- gen“, meint Naumann. Anstatt sich auf eine finanzierbare Strecke festzulegen, jammere man in Bay- ern, dass das Geld für die Schie- nenverbindung in die Tsche- chische Republik nicht reiche. „Ja Schirnding und Furth sind eben derzeit nicht machbar. Dann muss man sich entscheiden.“ Aber dass man über 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf der Schiene noch kein Stückchen vo- rangekommen ist, hält er für einen Skandal. Damit in Deutschland die Ver- kehrsinfrastruktur den Mobilitäts- bedürfnissen und Verkehrsprog- nosen gerecht wird, werden laut Bundesverkehrsminister Rams- auer jährlich 4 Milliarden Euro mehr investiert. „Eine Milliarde mehr in die Schiene, eine halbe Milliarde mehr in die Wasserstra- ßen und 2,5 Milliarden mehr in die Straße“, sagt er zur Staatszei- tung. Allein die ein Viertel der Brückenfläche der 38.500 Brü- cken des knapp 53 000 Kilometer umfassenden Bundesfernstraßen- netzes müssten dringend saniert werden. Dafür seien in den kom- menden fünf Jahren 6,8 Milliarden Euro nötig. Aber mit dem jetzigen Jahresetat von 700 000 Euro kön- ne man den Investitionsstau schon gut abarbeiten. „Mehr Auf- träge könnten wir pro Jahr gar nicht vergeben, da Brücken kom- plizierte Ingenieurbauwerke sind und es auf dem Markt gar nicht so viele Fachleute gibt“, so Rams- auer. Doch für Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirt- schaft e.V, sind die Summen viel zu gering. Er fordert: Für den Stra- ßenbau brauchen wir jährlich 7,5 statt 5 Milliarden Euro, für das Schienennetz 5 statt bisher 4 Mil- liarden Euro und für Wasserstra- ßen 1,5 statt einer Milliarde Euro.“ > RS, DPA, IBW könnten sich bis 2015 zudem an 2500 weiteren Bahnhöfen über di- gitale Schriftanzeigen informie- ren. „Es muss jetzt weitergehen“, sagte Grube. „Die Bahnhöfe sind das Tor zur Bahn, deshalb wollen wir die Attraktivität der Bahnhöfe weiter verbessern.“ Damit das ökologische Ver- kehrsmittel aber noch mehr Nut- zer findet, muss laut Pro Bahn- Chef Naumann noch mehr ge- schehen. „Wir brauchen ein ge- samtgesellschaftliches Engage- ment für die Bahn“, sagt er der Staatszeitung. Er fordert einen „Deutschlandtakt“, sprich ein ganzheitliches Konzept für die Entwicklung der Schienenverbin- dungen in der Bundesrepublik. „Die Schweizer haben so etwas Ende der 1980er Jahre unter dem Titel Bahn 2000 gemacht. Gut sie waren dann erst 2003 fertig, aber man hat einen sinnvollen Plan umgesetzt“, so Naumann. In aber ein: „Es ist noch viel zu tun.“ 2100 modernere Bahnhöfe in Deutschland seien zwar ein Fort- schritt. „Aber es ist noch nicht einmal die Hälfte.“ Bis 2015 stellt der Bund eine Milliarde Euro zu- sätzlich für Verbesserungen im Schienenverkehr bereit. Kritikern gehen die Verände- rungen noch nicht weit genug: „Das Konjunkturprogramm hat schon deutliche Fortschritte ge- bracht“, sagte der Bundesvorsit- zende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. „Aber es reicht nicht aus, den Bahnsteig schöner zu machen und ein paar Sitzplätze hinzustellen.“ Künftig müssten auch das Bahn- hofsgebäude und der Vorplatz besser instand gehalten werden. Bahnchef Grube kündigte für die kommenden Jahre weitere Verbesserungen an. „Bis 2014 er- halten fast alle Bahnhöfe einen Wetterschutz“, sagte er. Reisende Bund 960 Millionen Euro. Reisen- de von Berlin nach Görlitz sind jetzt beispielsweise rund 100 Stundenkilometer schneller un- terwegs. „Es gibt noch viel zu tun“ Rund 650 Millionen Euro flos- sen nach Angaben von Bahn und Ministerium in laufende Baupro- jekte. Das kam vor allem den Stre- cken Nürnberg-Erfurt, Karlsruhe- Basel, Mainz-Mannheim, Berlin- Görlitz, die Anbindung des Flug- hafens Berlin Brandenburg und der Mitte-Deutschland-Verbin- dung zugute. Jeweils rund 115 Millionen Euro seien in bestehen- de Strecken des Regionalverkehrs und Stellwerke investiert worden. Verkehrsminister Peter Rams- auer (CSU) wertete das Konjunk- turprogramm als Erfolg, räumte B essere Optik, mehr Informati- on für die Reisenden und ein Ausbau des Netzes: Die Deutsche Bahn hat in den vergangenen drei Jahren knapp die Hälfte ihrer Bahnhöfe modernisiert und neue Strecken für schnellere Verbin- dungen gebaut. Die Bundesregie- rung hatte dafür rund 1,4 Milliar- den Euro aus Mitteln des Kon- junkturprogramms bereitgestellt, weitere 100 Millionen Euro inves- tierte das Unternehmen aus eige- ner Tasche. „Das Ergebnis des Konjunktur- programms ist ein Gewinn für alle Bahnkunden“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube zum offiziellen Ab- schluss der Maßnahmen am Nürnberger Hauptbahnhof. „Sechs Millionen Reisende profi- tieren täglich davon.“ Doch es gibt auch Kritik: Dem Fahrgastver- band Pro Bahn gehen die Maß- nahmen nicht weit genug. 2100 der rund 5400 Personen- bahnhöfe haben laut Bahn eine Art Frischzellenkur erhalten. Die meisten davon wurden mit digita- len Anzeigetafeln ausgestattet, an- dere bekamen neue Wetterschutz- häuschen – oder wurden behin- dertengerecht umgebaut. Allein in neue Aufzüge, Rampen und Roll- treppen flossen 55,7 Millionen Euro. Zudem wurden zahlreiche Empfangsgebäude energetisch sa- niert und besser gedämmt oder denkmalgerecht renoviert – zum Beispiel an den Hauptbahnhöfen Osnabrück, Dessau, Eisenach, Worms, Rosenheim und Kon- stanz. Die meisten Stationen wurden in Baden-Württemberg (368) und Nordrhein-Westfalen (359) sa- niert, gefolgt von Bayern (250) und Hessen (223). Schlusslicht ist Bremen mit neun Bahnhöfen. Von den Verbesserungen profi- tieren den Angaben zufolge vor al- lem Reisende in ländlichen Gebie- ten. „Ein besonderer Schwer- punkt des Konjunkturprogramms lag auf der Modernisierung klei- ner und mittlerer Bahnhöfe“, sag- te Grube. Neben mehr Komfort sollen Fahrgästen hier auch bessere An- bindungen zugutekommen. In neue Schienennetze und schnelle- re Verbindungen investierte der Bahnreisende sollen es nicht nur bequemer haben, sondern auch besser informiert werden – doch Kritikern reicht das nicht Frischzellenkur für deutsche Bahnhöfe Der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (r.) und Rüdiger Grube, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, bei der Abschlussveranstaltung Konjunkturprogramm DB im Hauptbahnhof Nürnberg. Die Deutsche Bahn stellte eine Bilanz ihrer Verbesserungen auf Bahnhöfen und Regionalstrecken vor. Die Bundesregierung hatte dafür in den vergangenen drei Jahren rund 1,4 Milliarden Euro aus Mitteln des Konjunkturprogramms bereitgestellt. FOTO DPA legen. Auch wenn vieles übertrie- ben scheint, sind doch in vielen, vor allem patriarchalisch geführ- ten Unternehmen, die von Pon- gratz beschriebenen Zustände Wirklichkeit. Insofern bleibt am Ende die Fra- ge offen, ob es für eine Firma er- folgversprechender ist, Pongratz’ Realsatire 1:1 umzusetzen oder lieber doch die Konsequenzen zu ziehen, und moderne, flache Füh- rungsstrukturen zu etablieren. Auf jeden Fall ist das Pon- gratz’sche Werk lesenswert und sollte in jeder gut sortierten Bi- bliothek mit ökonomischer Fach- literatur vertreten sein. Wer mehr über den Autor erfahren möchte, klickt im Internet auf www.be- triebsdesaster.cc. > RS „Verbieten Sie ab sofort Vor- schläge zur Verbesserung. Sollte das nicht funktionieren, lassen Sie alle Eingaben an eine zentrale Stelle leiten und vernichten Sie diese daraufhin in Bausch und Bogen. Ab sofort zählen nur noch Ihre eigenen Ideen.“ Mit derartigen Anweisungen be- glückt der österreichische Autor Christian Pongratz die Leser seines neuesten Buches „Betriebsdesas- ter“. Seine Anleitung zur erfolgrei- chen Unternehmensführung klei- det der promovierte Betriebs- und Rechtswissenschaftler in die unter- haltsame Form der Satire. Mit maßlosen Übertreibungen lässt er keinen Bereich einer Firma aus. Und stets schreibt er das Gegenteil dessen, was er meint. So rät er jedem Geschäftsführer, sich mit schönen Autos, teuren Uh- ren, Siegelringen und anderen Sta- tussymbolen zu schmücken. Au- ßerdem sollte er Hymnen auf sich und seine Intelligenz anstimmen lassen. Die Freude über die Huldi- gung durch seine Belegschaft sollte er durchaus genießen. Wer schwarzen Humor liebt, sollte sich das Werk unbedingt zu- Ein Unternehmensratgeber als unterhaltsame Realsatire Wie man seine Firma ruiniert Christian Pon- gratz: „Betriebs- desaster“ 160 Sei- ten, 24,50 Euro, Eigenverlag. ISBN 978-3-9503220-8-8 LANGLEY ÜBERNIMMT MANROLAND Gewinn in Offenbach Der englische Unternehmer Tony Langley will nach der Übernahme das insolvente Manroland-Bogen- druckwerk in Offenbach schon kurz- fristig zum Erfolg führen. Er wolle bereits dieses Jahr die Gewinnzone erreichen, sagte er gestern in Augs- burg. Die Nachfrage in den Schwel- lenländern gleiche den Rückgang in den alten Märkten aus. Er bestätig- te, dass knapp die Hälfte der vor- mals rund 1700 Mitarbeiter über- nommen werden sollen. Prozent haben einen neuen Ar- beitsplatz anderswo gefunden. 15 Prozent haben sich entschieden, eine weiterführende Schule zu be- suchen. 25 Prozent sind dauerhaft in Zeitarbeitsunternehmen ge- wechselt und für lediglich fünf Kandidaten geht es laut Brossardt zunächst nicht weiter. Bei den Jung-Ingenieuren wurden 166 Be- werber aus der Datenbank direkt von den Unternehmen eingestellt. Mit dem Projekt habe man zwar nicht die Welt verändert, so Bros- sardt, aber zum richtigen Zeit- punkt, die richtige Message, ein Stück Optimismus, der Gesell- schaft gegeben. Gleichzeitig ist die „Beschäftigungsbrücke Bayern“ für den bayme vbm-Hauptge- schäftsführer ein Beleg dafür, „dass Unternehmen und Gewerkschaf- ten in Krisenzeiten einvernehm- lich effektive Maßnahmen zur Be- schäftigungssicherung ergreifen können“. Ralf Holtzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldi- rektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, betonte, dass sich die Bundesagentur deshalb an dem Projekt beteiligt, da es „eine inno- vative, auf Prävention gerichtete Maßnahme ist“. Die „Brücke“ gibt Hoffnung und Zuversicht und er- möglicht eine Perspektive. Mit der Kombination aus individueller Qualifizierung und kurzfristiger Beschäftigung könnten die jungen Menschen ihr Wissen in den Un- ternehmen anwenden und zu- gleich ihre Kenntnisse erweitern. > FRIEDRICH H. HETTLER tigungsbrücke an die junge Gene- ration vermitteln wollten, war so simpel wie wichtig: Ihr werdet ge- braucht.“ Für Brossardt ist das Konzept der „Beschäftigungsbrücke Bayern“ aufgegangen. 274 Jung-Facharbei- ter sind seit dem Beginn des Pro- jekts in der „Brücke“ tätig oder tä- tig gewesen. Aktuell sind noch 56 Jung-Facharbeiter in der „Brücke“ beschäftigt, die nach Brossardts Ansicht ohne die „Beschäftigungs- brücke“ auf der Straße stehen wür- den. Gut die Hälfte der bereits aus der „Brücke“ ausgetretenen Kan- didaten ist inzwischen vom Ausbil- dungsbetrieb in eine feste Anstel- lung übernommen worden. Sieben vbm und Initiator des Projekts, und das in einer konjunkturellen Pha- se, in der die Betriebe ihre Perso- nalpolitik sehr defensiv gestalten mussten. Der Vorteil für die Firmen be- stand darin, erklärte Brossardt, dass sie den qualifizierten Nach- wuchs trotz Krise an sich binden konnten. Denn jede Nachwuchs- kraft, die heute verloren geht, wird nach Ansicht des bayme vbm- Hauptgeschäftführers den Betrie- ben angesichts des Fachkräfte- mangels in der Zukunft doppelt fehlen. Der Vorteil für die jungen Leute liege auf der Hand: Sie haben einen Arbeitsplatz. „Unsere Bot- schaft, die wir durch die Beschäf- D ie „Beschäftigungsbrücke Bayern“ wurde 2009 von den Bayerischen Metall- und Elektro- Arbeitgeberverbänden bayme vbm initiiert und eingerichtet. Die Bundesagentur für Arbeit und das bayerische Wirtschaftsministeri- um unterstützen das Aktionspro- gramm. Es richtet sich speziell an Jung-Ingenieure und Jung-Fachar- beiter, die ihre Ausbildung oder ihr Studium beendet haben und – bedingt durch die wirtschaftliche Lage – keine unmittelbare Be- schäftigung finden. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Bei- trag, die dringend benötigten Fachkräfte inn Bayern zu halten. Kurz vor Programmende Ende März diesen Jahres zogen Vertreter von Politik, Wirtschaft und Ge- werkschaften eine positive Bilanz zur Initiative „Beschäftigungsbrü- cke Bayern“. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hob die Einzig- artigkeit des Projekts hervor. Die „Brücke“ soll den jungen Fachar- beitern und Ingenieuren laut Zeil zeigen: „Wir wollen, dass ihr als Fachkräfte zur Verfügung steht, wenn es wieder aufwärts geht.“ Denn man müsse offensiv dem dro- henden Fachkräftemangel begeg- nen und qualifizierte Arbeitneh- mer für Bayern gewinnen. Dies sei wichtig für die zukünftige Wettbe- werbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft. Ziel der „Beschäftigungsbrücke“ war und ist es, jungen Menschen den beruflichen Einstieg zu ermög- lichen, so Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der bayme Initiatoren ziehen positive Bilanz der „Beschäftigungsbrücke Bayern“ Eine präventive Maßnahme Jung-Ingenieure werden händeringend gesucht. FOTO DAPD

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14 FREITAG, 3. FEBRUAR 2012 WIRTSCHAFT BAYERISCHE STAATSZEITUNG NR. 5

Deutschland sei man von so ei-nem Gesamtkonzept noch weitentfernt. „Hierzulande wird ge-baut, wenn irgendein Landespoli-tiker eine Strecke haben will“,moniert der Pro Bahn-Chef. Fürihn ist es rational nicht nachvoll-ziehbar, weshalb die ICE-Neubau-strecke von Nürnberg nach Berlinin einer langen Linkskurve überErfurt führt. Der Großraum Halle-Leipzig mit seiner wesentlich hö-heren Bevölkerungsdichte werdekomplett abgehängt, nur weilThüringens Ex-MinisterpräsidentBernhard Vogel (CDU) darauf be-stand, dass die neue Strecke überErfurt führt. „Auch die wichtigeUniversitätsstadt Jena bleibt soauf der Strecke. Wenn Wissen-schaftler von Berlin dorthin müs-sen, werden sie wohl den Pkw be-nutzen. Denn sie sind nicht bereitbis Erfurt mit dem ICE zu fahren,um dann im Regionalzug bis Jenazu bummeln“, so Naumann.

Nadelöhr München

Mehr Orientierung an den rea-len Bedürfnissen fordert er auchbeim Güterverkehr. Der so ge-nannte Ostkorridor vom Hambur-ger Güterumschlagbahnhof Ma-schen über Magdeburg und Hofnach Regensburg sei nicht wirk-lich durchdacht. „Jeder weiß, dassder Brennerbasistunnel kommenwird und dass die Güter von undnach Italien dort transportiertwerden. Doch der Ostkorridor en-det in Regensburg. Von dort müs-sen die Güterzüge über den hoch-frequentierten Bahnknoten Mün-chen zum Brenner geleitet wer-den“, so Naumann. Er fordert eineErweiterung des Ostkorridorsüber Landshut und Mühldorfnach Rosenheim. „Dann hat mandas Nadelöhr München umfah-ren. Doch zurzeit ist diese Streckenur eingleisig und nicht elektrifi-ziert.

Auch das diese Woche begange-ne Jubiläum 150 Jahre Bayerisch-Böhmische-Eisenbahn beleuchtetNaumann kritisch. Die Streckeüber Furth im Wald sei eingleisigund deshalb dauere die Fahrt vonMünchen nach Prag über sechs

Stunden. „Wenn man statt presti-geträchtiger Neubaustreckenmehr Geld für den punktuellenAusbau investieren würde, wäredem deutschen Eisenbahnsystemwesentlich mehr geholfen. Hierund da zwei Gleise mehr, ein paarKurvenbegradigungen und Elek-trifizierungen würden schon genü-gen“, meint Naumann. Anstattsich auf eine finanzierbare Streckefestzulegen, jammere man in Bay-ern, dass das Geld für die Schie-nenverbindung in die Tsche-chische Republik nicht reiche. „JaSchirnding und Furth sind ebenderzeit nicht machbar. Dann mussman sich entscheiden.“ Aber dassman über 20 Jahre nach dem Falldes Eisernen Vorhangs auf derSchiene noch kein Stückchen vo-rangekommen ist, hält er für einenSkandal.

Damit in Deutschland die Ver-kehrsinfrastruktur den Mobilitäts-bedürfnissen und Verkehrsprog-nosen gerecht wird, werden lautBundesverkehrsminister Rams-auer jährlich 4 Milliarden Euromehr investiert. „Eine Milliardemehr in die Schiene, eine halbeMilliarde mehr in die Wasserstra-ßen und 2,5 Milliarden mehr indie Straße“, sagt er zur Staatszei-tung. Allein die ein Viertel derBrückenfläche der 38.500 Brü-cken des knapp 53 000 Kilometerumfassenden Bundesfernstraßen-netzes müssten dringend saniertwerden. Dafür seien in den kom-menden fünf Jahren 6,8 MilliardenEuro nötig. Aber mit dem jetzigenJahresetat von 700 000 Euro kön-ne man den Investitionsstauschon gut abarbeiten. „Mehr Auf-träge könnten wir pro Jahr garnicht vergeben, da Brücken kom-plizierte Ingenieurbauwerke sindund es auf dem Markt gar nicht soviele Fachleute gibt“, so Rams-auer.

Doch für Bertram Brossardt,Hauptgeschäftsführer der vbw –Vereinigung der Bayerischen Wirt-schaft e.V, sind die Summen vielzu gering. Er fordert: Für den Stra-ßenbau brauchen wir jährlich 7,5statt 5 Milliarden Euro, für dasSchienennetz 5 statt bisher 4 Mil-liarden Euro und für Wasserstra-ßen 1,5 statt einer MilliardeEuro.“ > RS, DPA, IBW

könnten sich bis 2015 zudem an2500 weiteren Bahnhöfen über di-gitale Schriftanzeigen informie-ren. „Es muss jetzt weitergehen“,sagte Grube. „Die Bahnhöfe sinddas Tor zur Bahn, deshalb wollenwir die Attraktivität der Bahnhöfeweiter verbessern.“

Damit das ökologische Ver-kehrsmittel aber noch mehr Nut-zer findet, muss laut Pro Bahn-Chef Naumann noch mehr ge-schehen. „Wir brauchen ein ge-samtgesellschaftliches Engage-ment für die Bahn“, sagt er derStaatszeitung. Er fordert einen„Deutschlandtakt“, sprich einganzheitliches Konzept für dieEntwicklung der Schienenverbin-dungen in der Bundesrepublik.

„Die Schweizer haben so etwasEnde der 1980er Jahre unter demTitel Bahn 2000 gemacht. Gut siewaren dann erst 2003 fertig, aberman hat einen sinnvollen Planumgesetzt“, so Naumann. In

aber ein: „Es ist noch viel zu tun.“2100 modernere Bahnhöfe inDeutschland seien zwar ein Fort-schritt. „Aber es ist noch nichteinmal die Hälfte.“ Bis 2015 stelltder Bund eine Milliarde Euro zu-sätzlich für Verbesserungen imSchienenverkehr bereit.

Kritikern gehen die Verände-rungen noch nicht weit genug:„Das Konjunkturprogramm hatschon deutliche Fortschritte ge-bracht“, sagte der Bundesvorsit-zende des Fahrgastverbands ProBahn, Karl-Peter Naumann.„Aber es reicht nicht aus, denBahnsteig schöner zu machen undein paar Sitzplätze hinzustellen.“Künftig müssten auch das Bahn-hofsgebäude und der Vorplatzbesser instand gehalten werden.

Bahnchef Grube kündigte fürdie kommenden Jahre weitereVerbesserungen an. „Bis 2014 er-halten fast alle Bahnhöfe einenWetterschutz“, sagte er. Reisende

Bund 960 Millionen Euro. Reisen-de von Berlin nach Görlitz sindjetzt beispielsweise rund 100Stundenkilometer schneller un-terwegs.

„Es gibt noch viel zu tun“

Rund 650 Millionen Euro flos-sen nach Angaben von Bahn undMinisterium in laufende Baupro-jekte. Das kam vor allem den Stre-cken Nürnberg-Erfurt, Karlsruhe-Basel, Mainz-Mannheim, Berlin-Görlitz, die Anbindung des Flug-hafens Berlin Brandenburg undder Mitte-Deutschland-Verbin-dung zugute. Jeweils rund 115Millionen Euro seien in bestehen-de Strecken des Regionalverkehrsund Stellwerke investiert worden.

Verkehrsminister Peter Rams-auer (CSU) wertete das Konjunk-turprogramm als Erfolg, räumte

Bessere Optik, mehr Informati-on für die Reisenden und ein

Ausbau des Netzes: Die DeutscheBahn hat in den vergangenen dreiJahren knapp die Hälfte ihrerBahnhöfe modernisiert und neueStrecken für schnellere Verbin-dungen gebaut. Die Bundesregie-rung hatte dafür rund 1,4 Milliar-den Euro aus Mitteln des Kon-junkturprogramms bereitgestellt,weitere 100 Millionen Euro inves-tierte das Unternehmen aus eige-ner Tasche.

„Das Ergebnis des Konjunktur-programms ist ein Gewinn für alleBahnkunden“, sagte BahnchefRüdiger Grube zum offiziellen Ab-schluss der Maßnahmen amNürnberger Hauptbahnhof.„Sechs Millionen Reisende profi-tieren täglich davon.“ Doch es gibtauch Kritik: Dem Fahrgastver-band Pro Bahn gehen die Maß-nahmen nicht weit genug.

2100 der rund 5400 Personen-bahnhöfe haben laut Bahn eineArt Frischzellenkur erhalten. Diemeisten davon wurden mit digita-len Anzeigetafeln ausgestattet, an-dere bekamen neue Wetterschutz-häuschen – oder wurden behin-dertengerecht umgebaut. Allein inneue Aufzüge, Rampen und Roll-treppen flossen 55,7 MillionenEuro. Zudem wurden zahlreicheEmpfangsgebäude energetisch sa-niert und besser gedämmt oderdenkmalgerecht renoviert – zumBeispiel an den HauptbahnhöfenOsnabrück, Dessau, Eisenach,Worms, Rosenheim und Kon-stanz.

Die meisten Stationen wurdenin Baden-Württemberg (368) undNordrhein-Westfalen (359) sa-niert, gefolgt von Bayern (250)und Hessen (223). Schlusslicht istBremen mit neun Bahnhöfen.

Von den Verbesserungen profi-tieren den Angaben zufolge vor al-lem Reisende in ländlichen Gebie-ten. „Ein besonderer Schwer-punkt des Konjunkturprogrammslag auf der Modernisierung klei-ner und mittlerer Bahnhöfe“, sag-te Grube.

Neben mehr Komfort sollenFahrgästen hier auch bessere An-bindungen zugutekommen. Inneue Schienennetze und schnelle-re Verbindungen investierte der

Bahnreisende sollen es nicht nur bequemer haben, sondern auch besser informiert werden – doch Kritikern reicht das nicht

Frischzellenkur für deutsche Bahnhöfe

Der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (r.) und Rüdiger Grube, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn,bei der Abschlussveranstaltung Konjunkturprogramm DB im Hauptbahnhof Nürnberg. Die Deutsche Bahn stellteeine Bilanz ihrer Verbesserungen auf Bahnhöfen und Regionalstrecken vor. Die Bundesregierung hatte dafür in denvergangenen drei Jahren rund 1,4 Milliarden Euro aus Mitteln des Konjunkturprogramms bereitgestellt. FOTO DPA

legen. Auch wenn vieles übertrie-ben scheint, sind doch in vielen,vor allem patriarchalisch geführ-ten Unternehmen, die von Pon-gratz beschriebenen ZuständeWirklichkeit.

Insofern bleibt am Ende die Fra-ge offen, ob es für eine Firma er-folgversprechender ist, Pongratz’Realsatire 1:1 umzusetzen oderlieber doch die Konsequenzen zuziehen, und moderne, flache Füh-rungsstrukturen zu etablieren.

Auf jeden Fall ist das Pon-gratz’sche Werk lesenswert undsollte in jeder gut sortierten Bi-bliothek mit ökonomischer Fach-literatur vertreten sein. Wer mehrüber den Autor erfahren möchte,klickt im Internet auf www.be-triebsdesaster.cc. > RS

„Verbieten Sie ab sofort Vor-schläge zur Verbesserung. Solltedas nicht funktionieren, lassen Siealle Eingaben an eine zentraleStelle leiten und vernichten Siediese daraufhin in Bausch undBogen. Ab sofort zählen nur nochIhre eigenen Ideen.“

Mit derartigen Anweisungen be-glückt der österreichische AutorChristian Pongratz die Leser seinesneuesten Buches „Betriebsdesas-ter“. Seine Anleitung zur erfolgrei-chen Unternehmensführung klei-det der promovierte Betriebs- undRechtswissenschaftler in die unter-haltsame Form der Satire. Mitmaßlosen Übertreibungen lässt erkeinen Bereich einer Firma aus.Und stets schreibt er das Gegenteildessen, was er meint.

So rät er jedem Geschäftsführer,sich mit schönen Autos, teuren Uh-ren, Siegelringen und anderen Sta-tussymbolen zu schmücken. Au-ßerdem sollte er Hymnen auf sichund seine Intelligenz anstimmenlassen. Die Freude über die Huldi-gung durch seine Belegschaft sollteer durchaus genießen.

Wer schwarzen Humor liebt,sollte sich das Werk unbedingt zu-

Ein Unternehmensratgeber als unterhaltsame Realsatire

Wie man seine Firma ruiniert

Christian Pon-gratz: „Betriebs-desaster“ 160 Sei-ten, 24,50 Euro,Eigenverlag.

ISBN 978-3-9503220-8-8

LANGLEY ÜBERNIMMT MANROLAND

Gewinn in OffenbachDer englische Unternehmer TonyLangley will nach der Übernahmedas insolvente Manroland-Bogen-druckwerk in Offenbach schon kurz-fristig zum Erfolg führen. Er wollebereits dieses Jahr die Gewinnzone

erreichen, sagte er gestern in Augs-burg. Die Nachfrage in den Schwel-lenländern gleiche den Rückgang inden alten Märkten aus. Er bestätig-te, dass knapp die Hälfte der vor-mals rund 1700 Mitarbeiter über-nommen werden sollen.

Prozent haben einen neuen Ar-beitsplatz anderswo gefunden. 15Prozent haben sich entschieden,eine weiterführende Schule zu be-suchen. 25 Prozent sind dauerhaftin Zeitarbeitsunternehmen ge-wechselt und für lediglich fünfKandidaten geht es laut Brossardtzunächst nicht weiter. Bei denJung-Ingenieuren wurden 166 Be-werber aus der Datenbank direktvon den Unternehmen eingestellt.

Mit dem Projekt habe man zwarnicht die Welt verändert, so Bros-sardt, aber zum richtigen Zeit-punkt, die richtige Message, einStück Optimismus, der Gesell-schaft gegeben. Gleichzeitig ist die„Beschäftigungsbrücke Bayern“für den bayme vbm-Hauptge-schäftsführer ein Beleg dafür, „dassUnternehmen und Gewerkschaf-ten in Krisenzeiten einvernehm-lich effektive Maßnahmen zur Be-schäftigungssicherung ergreifenkönnen“.

Ralf Holtzwart, Vorsitzender derGeschäftsführung der Regionaldi-rektion Bayern der Bundesagenturfür Arbeit, betonte, dass sich dieBundesagentur deshalb an demProjekt beteiligt, da es „eine inno-vative, auf Prävention gerichteteMaßnahme ist“. Die „Brücke“ gibtHoffnung und Zuversicht und er-möglicht eine Perspektive. Mit derKombination aus individuellerQualifizierung und kurzfristigerBeschäftigung könnten die jungenMenschen ihr Wissen in den Un-ternehmen anwenden und zu-gleich ihre Kenntnisse erweitern.> FRIEDRICH H. HETTLER

tigungsbrücke an die junge Gene-ration vermitteln wollten, war sosimpel wie wichtig: Ihr werdet ge-braucht.“

Für Brossardt ist das Konzept der„Beschäftigungsbrücke Bayern“aufgegangen. 274 Jung-Facharbei-ter sind seit dem Beginn des Pro-jekts in der „Brücke“ tätig oder tä-tig gewesen. Aktuell sind noch 56Jung-Facharbeiter in der „Brücke“beschäftigt, die nach BrossardtsAnsicht ohne die „Beschäftigungs-brücke“ auf der Straße stehen wür-den. Gut die Hälfte der bereits ausder „Brücke“ ausgetretenen Kan-didaten ist inzwischen vom Ausbil-dungsbetrieb in eine feste Anstel-lung übernommen worden. Sieben

vbm und Initiator des Projekts, unddas in einer konjunkturellen Pha-se, in der die Betriebe ihre Perso-nalpolitik sehr defensiv gestaltenmussten.

Der Vorteil für die Firmen be-stand darin, erklärte Brossardt,dass sie den qualifizierten Nach-wuchs trotz Krise an sich bindenkonnten. Denn jede Nachwuchs-kraft, die heute verloren geht, wirdnach Ansicht des bayme vbm-Hauptgeschäftführers den Betrie-ben angesichts des Fachkräfte-mangels in der Zukunft doppeltfehlen. Der Vorteil für die jungenLeute liege auf der Hand: Sie habeneinen Arbeitsplatz. „Unsere Bot-schaft, die wir durch die Beschäf-

Die „BeschäftigungsbrückeBayern“ wurde 2009 von den

Bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbänden bayme vbminitiiert und eingerichtet. DieBundesagentur für Arbeit und dasbayerische Wirtschaftsministeri-um unterstützen das Aktionspro-gramm. Es richtet sich speziell anJung-Ingenieure und Jung-Fachar-beiter, die ihre Ausbildung oderihr Studium beendet haben und –bedingt durch die wirtschaftlicheLage – keine unmittelbare Be-schäftigung finden. Damit leistetdas Projekt einen wichtigen Bei-trag, die dringend benötigtenFachkräfte inn Bayern zu halten.

Kurz vor Programmende EndeMärz diesen Jahres zogen Vertretervon Politik, Wirtschaft und Ge-werkschaften eine positive Bilanzzur Initiative „Beschäftigungsbrü-cke Bayern“. WirtschaftsministerMartin Zeil (FDP) hob die Einzig-artigkeit des Projekts hervor. Die„Brücke“ soll den jungen Fachar-beitern und Ingenieuren laut Zeilzeigen: „Wir wollen, dass ihr alsFachkräfte zur Verfügung steht,wenn es wieder aufwärts geht.“Denn man müsse offensiv dem dro-henden Fachkräftemangel begeg-nen und qualifizierte Arbeitneh-mer für Bayern gewinnen. Dies seiwichtig für die zukünftige Wettbe-werbsfähigkeit der bayerischenWirtschaft.

Ziel der „Beschäftigungsbrücke“war und ist es, jungen Menschenden beruflichen Einstieg zu ermög-lichen, so Bertram Brossardt,Hauptgeschäftsführer der bayme

Initiatoren ziehen positive Bilanz der „Beschäftigungsbrücke Bayern“

Eine präventive Maßnahme

Jung-Ingenieure werden händeringend gesucht. FOTO DAPD