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Heft 86 | Ausgabe 4 – November 2017 | ISSN 2509-5609 | Preis 12 Euro BAO Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO) Hygienemanagement Richtlinien, Gesetze und Verordnungen … Wer soll da den Überblick behalten ? Honorarabschluss Die freiberufliche Leistungsstruktur wird zunehmend behindert Notfallversorgung Das geplante dreistufige Konzept können Niedergelassene sich nicht leisten ! Im Ruhestand weltweit aktiv Senior Expert Service (SES) sucht Fachleute für Ambulantes Operieren

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Heft 86 | Ausgabe 4 – November 2017 | ISSN 2509-5609 | Preis 12 Euro

BAO

Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Hygienemanagement

Richtlinien, Gesetze und Verordnungen … Wer soll da den Überblick behalten ?

Honorarabschluss

Die freiberufliche

Leistungsstruktur wird

zunehmend behindert

Notfallversorgung

Das geplante dreistufige Konzept

können Niedergelassene sich

nicht leisten !

Im Ruhestand weltweit aktiv

Senior Expert Service (SES)

sucht Fachleute für

Ambulantes Operieren

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1. UND 2. DEZEMBER 2017 IN BERLIN

3. FORUM AMBULANTES OPERIERENTagung zu Rahmenbedingungen und Strukturen

des ambulanten Operierens heute und morgen

- Telemedizin und Medizin 4.0:Möglichkeiten ambulant operierender Zentren

- E-Health Gesetz - Sektorenübergreifende

Qualitätssicherung – Vermei-dung postoperativer Wund-infektionen (SQS Verfahren)

- Abrechnungsoptimierung - Alles was Recht ist

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InhaltBerufspolitikLeitartikel BNC Honorarabschluss 2018, Notfallversorgung und der ganze Rest … 8Leitartikel BAO Freiberufliche Versorgungsstruktur wird zunehmend behindert 12Im Ruhestand weltweit aktiv Senior Experten Service (SES) sucht Fachleute für Ambulantes Operieren 14NARKA 2017 Bewährtes Kongress-Konzept an neuem Veranstaltungsort 16

RegionalAnsprechpartner Kontakt zu den Geschäftsstellen und Regionalverbänden von BNC und BAO 18Meldungen Aktuelle Nachrichten aus den ANC, den LAO, KVen und Landesärztekammern 19

ServicePraxisteam Mit Kommunikationsakten verbessern Sie den Informationsaustausch in Ihrer Praxis 24Aktuelles vom BNC-Justiziar LSG Sachsen stärkt Schutzvorschriften für Ärzte und Apotheker gegenüber Kliniken 26Aktuelles vom BAO-Justiziar Was macht eine Fachgesellschaft aus? Oder: Ist Lobbyismus eigentlich justiziabel? 28Arzthaftungsrecht Aus Fehlern lernen beim Ambulanten Operieren 30

MedizinHygiene Surveillance nosokomialer Infektionen und Antibiotikaverbrauch sowie -resistenzen 36Hygiene Vorgaben des IfSG von 2012 und Schnittstellen zu QM- und BG-Vorgaben 40Hygiene Erfahrungsbericht: Curriculare Weiterbildung Krankenhaushygiene 44Hygiene Evidenz aus Studien als Grundlage für informierte Entscheidungen 48

VerschiedenesEditorial Papier ist geduldig – die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind es nicht mehr 4Impressum Kontakt zu Herausgebern, Redaktion, Verlag, Grafik und Anzeigenabteilung 4Nachrichten Aktuelle Informationen aus Politik und Wissenschaft 5Termine Kongresse, Seminare und Workshops für die fachärztliche Weiterbildung 31Buchtipps Aktuelle Neuerscheinungen für Chirurgen, Operateure und Anästhesisten 32Industrie Nachrichten und Produktneuheiten unserer Partner aus der Industrie 34

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4 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

EditorialPapier ist geduldig – die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind es nicht mehr

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

auch wenn die Bundestagswahl mittlerweile zwei Monate zurückliegt, ist eine arbeitsfähige

neue Regierung derzeit noch nicht in Sicht. Bei den Sondierungsgesprächen zwischen Christ-

demokraten, Grünen und Liberalen für eine mögliche „Jamaika-Koalition“ spielte die Gesundheits-

politik keine große Rolle; sie gilt auch nicht als einer der kriegsentscheidenden Schauplätze.

Dabei gilt es gerade in der Gesundheitspolitik für die unmittelbare Zukunft viele Weichen zu

stellen: Digitalisierung, Notfallversorgung, Ärztemangel, Medizinerausbildung und – last but not

least – Budgetierung sind nur einige der zentralen Baustellen, die es zu bearbeiten gilt. Die

niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wissen das. Ihre Berufsverbände und Organe der Selbst-

verwaltung veröffentlichen in schöner Regelmäßigkeit Positions- und Strategiepapiere zu den

genannten Themen. Papier ist geduldig – die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind es

häufig nicht mehr. Zu lange schon werden sie von der Politik hingehalten, wird über ihre Köpfe

hinweg entschieden, werden Richtlinien und Vorschriften verschärft, ohne dass der für die Ein-

haltung dieser Vorgaben erforderliche Mehraufwand sich in der Vergütung widerspiegelt.

Doch es gibt Lichtblicke. Etwa das neue Vergütungsmodell zum Ambulanten Operieren in

Thüringen, wo die Techniker Krankenkasse endlich ernst macht mit dem Motto „gleiches Geld

für gleiche Leistung“, unabhängig davon, ob sie in einer ambulanten Einrichtung oder in einem

Krankenhaus erbracht wurde (siehe Seite 20). Ein Pilotprojekt, dem Erfolg und viele Nachahmer

in der gesamten Republik zu wünschen sind. Berufliche und private Lichtblicke wünschen wir

mit Blick auf die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel auch unseren Leserinnen und Lesern.

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Antje Thiel

Redaktionsleitung

Impressum: Chirurgen Magazin + BAO Depesche

Offizielles Verbandsorgan des Berufsverbandes Niedergelas-sener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbandes Ambulantes Operieren (BAO). BNC-Mitglieder und BAO-Mitglieder erhalten das Magazin im Rahmen ihres Mitgliedsbeitrags.

Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:Berufsverband Niedergelassener Chirurgen Deutschland e. V.Dorfstraße 6 d, 22941 JersbekTelefon 04532 2687560, Fax 04532 [email protected], www.bncev.de

Bundesverband Ambulantes Operieren e. V. BAOJoachim-Karnatz-Allee 7, 10557 BerlinTelefon 030 31958413, Fax 030 [email protected], www.operieren.de

Redaktionskollegium und wissenschaftlicher Beirat:Dr. Christoph Schüürmann, Bad HomburgDr. Axel Neumann, MünchenDr. Dieter Haack, StuttgartDr. Philipp Zollmann, JenaDr. Gerd-Dieter von Koschitzky, WalsrodeDr. Petra Tietze-Schnur, BremerhavenDr. Jörg Hennefründ, OldenburgDr. Martin Bues, AhrensburgJörg Hohmann, HamburgDr. Ralf Großbölting, BerlinDr. Ernst Tabori, FreiburgElmar Mertens, Aachen

Verlag, Anzeigen und Vertrieb:VMK Verlag für Medizinkommunikation GmbHDachsweg 5, 25335 ElmshornTelefon 04121 2763634, Fax 04121 [email protected]

Redaktionsleitung:Antje ThielTelefon 04121 2763634, Fax 04121 [email protected]

Anzeigenleitung:Kirstin ReeseTelefon 04846 2125594, Fax 04846 [email protected]

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Haftung:Verlag, wissenschaftlicher Beirat und Redaktion können trotz sorgfältiger Prüfung keine Haftung für die Richtigkeit der Veröf-fentlichung übernehmen. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Leser und Anwender ist verpflichtet, insbesondere Dosierungs-angaben und Applikationsformen im Einzelfall selbst auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Urheberrechte:Alle in dieser Zeitschrift erscheinenden Beiträge sind urheber-rechtlich geschützt und dürfen nur mit ausdrücklicher Geneh-migung des Verlages in irgendeiner Form vervielfältigt werden.

Manuskripte: Die Redaktion haftet nicht für unverlangt eingesandte Manu-skripte. Mit der Annahme der Veröffentlichung überträgt der Autor dem Verlag das Nutzungsrecht für seinen Beitrag ein-schließlich der Nutzung für elektronische Ausgaben, Online-Veröffentlichung, Datenbanken etc.

Verbreitete Auflage:Das Chirurgen Magazin + BAO Depesche ist Mitglied der Infor-mationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW).7.280 Exemplare (IVW, Quartal 3.2017)

Erscheinungsweise: vier Ausgaben pro JahrBezugspreis: Jahresabonnement 48,00 Euroinklusive Versand und MwSt.

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 5

Nachrichten

Nationale Versorgungsleitlinie

Nicht-spezifischer Kreuzschmerz: Bewegung statt Bettruhe empfohlen

Kreuzschmerzen sind der häufigste Grund für einen Besuch beim

Orthopäden. Lässt sich für den Schmerz keine organische Ursache

finden, ist gemäß einer neuen Nationalen Versor-

gungsleitlinie (NVL) Bewegung die beste Therapie.

Prof. Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen

Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische

Chirurgie (DGOOC), erklärte hierzu: „Wir raten Pati-

enten deshalb, trotz der vermeintlichen Einschrän-

kung körperlich aktiv zu sein.“ Bei 85 Prozent der

Patienten gingen die Schmerzen so nach einigen

Wochen von selbst deutlich zurück. Analgetika

und Entzündungshemmer sollten der neuen NVL

zufolge ergänzend, aber so kurz wie möglich in

geringstmöglicher Dosierung eingesetzt werden.

Bettruhe dagegen könne die Schmerzen ver-

stärken und sogar zur Chronifizierung führen. Des-

wegen raten die NVL-Autoren auch von passiven

Therapien wie Massage oder Taping ab. Mögliche

psychische Belastungen und Probleme im sozialen

Umfeld sollten hingegen stärker in den Fokus genommen werden:

Stress, Ängste oder Probleme in Beruf oder Familie könnten Rücken-

schmerzen genauso begünstigen wie Fehlhaltung,

Bewegungsmangel oder harte Arbeit.

Röntgen- und MRT-Diagnostik halten die Auto-

ren bei akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerzen

meist für überflüssig, denn sie können Abwei-

chungen am Rücken zeigen, die nicht Ursache

der Schmerzen sind und den Patienten unnötig

verunsichern würden. Bei persistierenden Kreuz-

schmerzen über mehr als vier bis sechs Wochen

müsse der Einsatz der Bildgebung sorgfältig

geprüft werden. „In den allermeisten Fällen sind

Rückenschmerzen ungefährlich“, betonte Kladny,

„wenn keine ernsten Erkrankungen vorliegen, gilt

es, den Patienten darüber aufzuklären, wie er sei-

nen Rücken langfristig stärken kann.“

Quelle: www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz

Zi-Praxis-Panel 2017

Verlängerung des Erhebungszeitraums

bis 15. Dezember 2017

Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) hat die

ärztlichen Berufsverbände darauf hingewiesen, dass der Erhebungs-

zeitraum für das Zi-Praxis-Panel (ZiPP) 2017 bis zum 15. Dezember 2017

verlängert wurde. In diesem Jahr wurden insgesamt bundesweit knapp

52.000 vertragsärztliche Praxen angeschrieben und um Teilnahme an

der Erhebung gebeten. Dabei geht es um aktuelle betriebswirtschaft-

liche Daten aus den Jahren 2013 bis 2016.

In diesem Jahr gibt es eine Besonderheit beim ZiPP: Erstmals wer-

den in einer Zusatzbefragung explizit Primärdaten zum Ambulanten

Operieren erhoben, die für die Weiterentwicklung des EBM in diesem

Bereich genutzt werden sollen. Die Zusatzbefragung richtet sich an alle

Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, die operative und/oder periope-

rative Leistungen erbringen, und wird in einer zweiten Phase Anfang

2018 stattfinden. Wichtig: An der Zusatzerhebung zum Ambulanten

Operieren können nur Praxen teilnehmen, die auch am regulären ZiPP

mitwirken. Sollten Sie vom Zi angeschrieben worden sein und die

Online-Fragebögen noch nicht zusammen mit Ihrem Steuerberater

ausgefüllt haben, holen Sie dies bitte möglichst umgehend nach!

Kontakt: ZiPP-Hotline des Zi unter der Telefonnummer 030 4005 2444

Link: www.zi.de/cms/projekte/zi-praxis-panel

Hippokratischer Eid

Weltärztebund verabschiedet

aktualisiertes ärztliches Gelöbnis

Der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) hat den hippo-

kratischen Eid für Ärzte modernisiert. Die Delegierten einigten sich auf

ihrer Generalversammlung, die Mitte Oktober in Chicago stattgefun-

den hat und bei der auch Stellungnahmen zu diversen aktuellen The-

men verabschiedet wurden, auf eine überarbeitete Fassung des Genfer

Gelöbnisses, das aus dem Jahr 1948 stammt. Das Gelöbnis verpflichtet

Ärztinnen und Ärzte in der aktualisierten Fassung z. B., medizinisches

Wissen zum Wohl der Patienten und zur Förderung der Gesundheits-

versorgung mit ihren Kollegen zu teilen. Vor dem Hintergrund der

steigenden Arbeitsbelastung appelliert es aber auch an Ärztinnen und

Ärzte, sich um ihre eigene Gesundheit zu kümmern. Nur dann könnten

sie eine gesundheitliche Versorgung auf höchstem Niveau leisten.

Auf der ganzen Welt berufen sich Ärztinnen und Ärzte auf das Genfer

Gelöbnis. In vielen Ländern ist es Teil der ärztlichen Berufsordnung, in

manchen hat es sogar Gesetzescharakter. Der WMA rechnet damit,

dass die überarbeitete Fassung weltweit als ethischer Kodex für alle

Ärztinnen und Ärzte anerkannt wird. Die Änderungen waren von einer

internationalen Arbeitsgruppe unter Leitung der Bundesärztekammer

über einen Zeitraum von zwei Jahren vorbereitet worden.

Kontakt: www.wma.net

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Psychische Belastungen können

Rückenschmerzen ebenso begünsti-

gen wie physische Ursachen

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6 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Nachrichten

Europarecht

Institutionen wehren sich gegen die Normierung von Gesundheitsdienstleistungen

Die Normung von Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen steht

zunehmend im Fokus der Diskussionen auf Ebene der Europäischen

Union (EU). Vorangetrieben wird die Normung in diesem Bereich durch

das private Europäische Komitee für Normung (CEN), einem Zusam-

menschluss der mitgliedstaatlichen Normsetzungsorganisationen. Auf

einer gemeinsamen Konferenz in der Ständigen Vertretung Deutsch-

lands bei der EU in Brüssel haben sich die Deutsche Sozialversicherung,

vertreten durch den GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhaus-

gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen

ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-

bereich festzusetzen.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum

wies darauf hin, dass in Deutschland

Qualitätsvorgaben für die Leistungserbrin-

gung von dazu berufenen Organisationen

gemacht werden: „Standards durch private

Normungsinstitute auf EU-Ebene können

diese Aufgabe nicht erfüllen. Schlimmer

noch, sie brechen gesetzliche Vorgaben.

Sie dürfen über öffentliche Mittel des EU-

Haushaltes daher nicht weiter entwickelt

werden.“ Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzen-

verbandes, betonte: „Europäische Normung kann bei Produkten im

Gesundheitswesen sinnvoll sein, etwa bei Medizinprodukten oder Sprit-

zen. Bei gesundheitlichen und pflegerischen Dienstleistungen bringen

europäische Normen hingegen keinen zusätzlichen Nutzen – weder für

Patienten, noch für Leistungserbringer oder das gesamte System.“

Dr. Günther Jonitz, Vorsitzender der BÄK-Qualitätssicherungsgremien

mahnte, die Qualitätssicherung in der ärztlichen Behandlung stütze

sich auf das Prinzip der evidenzbasierten Medizin. „Die von privaten

Normungsorganisationen durch überwiegend fachfremde Akteure

erarbeiteten Gesundheitsdienstleistungsnormen erfüllen die damit

verbunden hohen Anforderungen nicht

ansatzweise und gefährden die Patien-

tenversorgung.“ Der Vertrag von Lissabon

garantiere den EU-Mitgliedstaaten das

Recht, ihre Gesundheitssysteme eigen-

verantwortlich zu gestalten. „Wir werden

nicht zulassen, dass dieses Recht mit der

Normung von Gesundheitsdienstleistun-

gen durch die Hintertür ausgehebelt wird“,

sagte Jonitz.

Online-Test

Wie fit ist meine Praxis bei verschiedenen

kritischen Themen ?

Mit der Reihe „Mein PraxisCheck“ hat die Kassenärztliche Bundesver-

einigung (KBV) verschiedene Selbsttests für die Praxis als kostenloses

Serviceangebot speziell für Niedergelassene und ihre Praxisteams ent-

wickelt. Wie die KBV betont, ist der Service nicht als Kontrolle oder Wis-

sensprüfung, sondern als Hilfestellung gedacht. Teilnehmende erhal-

ten einen schnellen Überblick, wie gut die eigene Praxis in bestimmten

Themenfeldern aufgestellt ist und wie sie hierbei im Vergleich zu ande-

ren Praxen abschneidet.

Binnen weniger Minuten kann man sich durch die Fragen mit jeweils

mehreren Anwortoptionen klicken. Da es sich nicht um eine Prüfung

handelt, kann man jede Option spielerisch ausprobieren und die jewei-

lige Bewertung ansehen. Die Fragen, Bewertungen und Empfehlungen

der Praxis-Checks beruhen auf den rechtlichen Anforderungen sowie

Qualitätszielen aus QEP, dem Qualitätsmanagement-System der KBV.

Themenfelder sind derzeit: Prävention von Wundinfektionen, Hygie-

nemanagement, Informationssicherheit, Impfen, Patientensicherheit

und Qualitätsmanagement.

Link: www.kbv.de/html/mein_praxischeck.php

Zweitmeinungsverfahren

Verfahrensregeln für Tonsillektomie

und Hysterektomie festgelegt

Vor bestimmten planbaren Eingriffen haben Patienten künftig

Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung. Die entspre-

chenden Verfahrensregeln hat nun der Gemeinsame Bundesausschuss

(G-BA) festgelegt. Geregelt wurde unter anderem, was zur Zweitmei-

nung gehört, für welche planbaren Eingriffe sie möglich ist und über

welche besonderen Qualifikationen Zweitmeinungs-Ärzte jeweils ver-

fügen müssen.

Der G-BA benennt die entsprechenden Eingriffe im „Besonderen Teil“

der neuen Richtlinie. Die ersten hier aufgeführten Eingriffe sind Tonsill-

ektomien, Tonsillotomien und Hysterektomien, weitere Eingriffe sollen

folgen. Die Zweitmeinung umfasst die Durchsicht vorliegender Befunde

des behandelnden Arztes und ein Anamnesegespräch. Hinzu kommen

körperliche Untersuchungsleistungen, die zulässigerweise ein zweites

Mal durchgeführt werden dürfen, soweit sie für die Zweimeinung erfor-

derlich sind. Maligne Erkrankungen sind vom Zweitmeinungsverfahren

ausdrücklich ausgenommen, um Verzögerungen im Behandlungsablauf

und eine Doppelung spezieller Strukturen wie Tumorkonferenzen zu

vermeiden. Nach Inkrafttreten der Zweitmeinungsrichtlinie muss der

Bewertungsausschuss die Vergütung festlegen.

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Nachrichten

Honorarabschluss 2018

Enttäuschung und Wut: Orientierungswert steigt im Jahr 2018 nur um 1,18 Prozent

Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen der Kassenärzt-

lichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband hatte

am 19. September 2017 der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) das

letzte Wort. Das Gremium, dem jeweils drei Vertreter der KBV und des

GKV-Spitzenverbandes sowie drei unparteiische Mitglieder angehören,

hat dabei über die Weiterentwicklung der Vergütung niedergelassener

Ärzte 2018 entschieden.

Demnach steigt der Orientierungswert um insgesamt 410 Millionen

Euro bzw. einem Plus von 1,18 Prozent gegenüber 2017. Die morbiditäts-

orientierte Gesamtvergütung steigt um 100 Millionen Euro. Für extrabud-

getäre Leistungen wird mit einem Plus von 400 Millionen Euro gerech-

net. Für die Stärkung des nichtärztlichen Praxispersonals erhalten die

niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte weitere 50 Millionen Euro.

Der GKV-Spitzenverband, der während der Verhandlungen eine

Nullrunde vorgeschlagen und mit vermeintlichen Wirtschaftlichkeits-

reserven argumentiert hatte, zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis.

So erklärte sein Vizechef Johann-Magnus von Stackelberg: „Das ist eine

maßvolle Entscheidung, die sowohl den Honorarinteressen der nieder-

gelassenen Ärzte als auch denen der Beitragszahler gerecht wird“. Die

niedergelassenen Ärzte – wenig überraschend – sehen das anders.

So erklärte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl, die KBV habe sich mehr

erhofft: „Da haben wir mehr für nötig erachtet – unsere Forderungen

gingen weit darüber hinaus.“ Allerdings sei der Honorarabschluss nur

der auf Bundesebene festgelegte Rahmen und damit die Basis für die

Verhandlungen in den Ländern. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen kriti-

sierte, dennoch dass bei einer „insgesamt hervorragenden Kassenlage

der gesetzlichen Krankenversicherungen – einer deutlichen Steigerung

im Bereich der Löhne und Gehälter – die Vertragsärzte und Vertrags-

psychotherapeuten bei derartigen Entwicklungen des Orientierungs-

wertes sukzessive abgehängt werden, sodass wir hier perspektivisch

eine Versorgungsgefährdung sehen.“

Ähnlich beurteilte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchowbundes,

Dr. Dirk Heinrich, das Honorarergebnis: „Der Investitionsstau und der

Personalabbau, den das Statistische Bundesamt kürzlich bei niederge-

lassenen Ärzten festgestellt hat, wird also weitergehen. Keine guten

Vorzeichen für die ambulante Versorgung.“ Für den Vorsitzenden des

Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, erzwingt die „fortgesetzte

restriktive Blockadehaltung des Spitzenverbandes Bund der Kranken-

kassen bei den Honorarverhandlungen“ sogar eine grundsätzliche

Systemdebatte.

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Ich kann jedem nur raten, in Zukunft seine Arbeit noch konse-

quenter nach betriebswirtschaftlichen Kriterien einzuteilen. Die Kos-

tenträger lassen uns keine andere Wahl, schließlich tragen wir alle

auch Verantwortung gegenüber unserem Betrieb und unseren Mitar-

beiterinnen und Mitarbeitern, die auch immer mehr für das bisschen

Geld leisten müssen.

Notfallversorgung wird zum Lieblingsthema der Politik

Ein weiteres und ernstzunehmendes Thema ist die sogenannte

„Notfallversorgung“. Der BNC hatte dazu in einem Spot an seine

Mitglieder Vorschläge unterbreitet. Wegen

mehrerer Rückfragen möchte ich dazu noch

Begründungen nachliefern. Die Notfallversor-

gung, de facto aber meist eher die sofort ver-

langte Spontanbehandlung, mausert sich seit

einiger Zeit neben dem „Wunderthema“ Digi-

talisierung mit zum wichtigsten Vorhaben der

meist fehlinformierten Politik.

Alle Beteiligten schieben sich gegenseitig

den schwarzen Peter zu. Die Politik kann natürlich gar nichts dafür:

Schließlich können Fehlsteuerungen wie eine über 25 Jahre alte Bedarfs-

planung, die massive Budgetierung der Leistungen, Regressgefahr für

die Kollegeninnen und Kollegen und die zum Teil schon konkretisierte

Landarztquote (!) nach einer Reduktion der Zahl der Studienplätze auf

das Niveau der 1990er Jahre nun wirklich nicht dafür herhalten, dass

das massiv gesteigerte Anspruchsverhalten der Bevölkerung bei jeg-

lichen Bagatellfällen nicht ausreichend schnell bedient werden kann!

Es geht mir nicht darum, Patienten zu beschimpfen. Es geht auch

nicht grundsätzlich um eine notwendige Notfallversorgung. Es geht mir

ausschließlich um den stetig zunehmenden Missbrauch der vorhande-

nen Bereitschaftsdienst- und Notfallstrukturen, die auf diesem Wege

zu einer ganz normalen „Regelversorgung rund um die Uhr“ umgewan-

delt werden. Durch dieses Verhalten werden auch professionell organi-

sierte Krankenhaus-Notfallambulanzen mehr und mehr an oder über

ihre Belastungsgrenzen gebracht. Echte Notfälle können schon allein

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Honorarabschluss 2018, festgelegt durch den Erweiterten Bewer-

tungsausschuss im Schiedsverfahren, also insbesondere auch mit der

Stimme von Prof. Jürgen Wasem, kann nur mit einem Wort charakteri-

siert werden: Desaster!

Alle Beteiligten sind sich darüber einig – außer natürlich die Kosten-

träger (und Prof. Wasem!). So sprach Johann-Magnus von Stackelberg

vom GKV-Spitzenverband sinngemäß von einem maßvollen Abschluss,

der die Interessen der Ärztinnen und Ärzte sowie der Versicherten

angemessen berücksichtige.

Honorarsteigerung bleibt unterhalb

der Inflationsrate

Mit einer Steigerung des Orientierungs-

punktwertes von 1,18 Prozent liegt das Delta

deutlich unterhalb der Inflationsrate, die im

September 2017 laut Statistischem Bundes-

amt bei 1,8 Prozent lag, was auch objektiv

diese Aussage des GKV-Spitzenverbands ad absurdum führt. Auf gut

Deutsch: 2018 gibt es einmal mehr de facto weniger Honorar, es wird

wieder einmal abgesenkt! Die übrigen „Mehrzahlungen“ gelten für

zusätzliche Leistungen, die nicht mit einer Erhöhung des Stundenlohns

(wie in allen anderen Branchen üblich) verwechselt werden sollte.

Aber mit dem garantierten Rückenwind durch die Politik kommt

man als sogenannter Kostenträger mit Ignoranz und Verantwortungs-

losigkeit für die Versorgung halt auch durch’s Leben – insbesondere,

wenn wachsende unvermeidbare Betriebsausgaben oder geänderte

gesetzliche Bedingungen ein Fremdwort sind und man selbst unisono

nur saubere Kleidung zu seiner eigenen „Arbeit“ mitzubringen hat. Was

sind da schon Betriebskosten?

Um es abzukürzen: Ich verstehe sehr gut die ernsthafte Absicht der

KBV, in Zukunft Gesamtverträge kassenspezifisch verhandeln zu wol-

len, um auch dahingehend den GKV-Spitzenverband endlich überflüs-

sig zu machen. Dies wäre eine längst überfällige Maßnahme.

Leitartikel BNC

Honorarabschluss 2018, Notfallversorgung und der ganze Rest …Der als „maßvoll“ deklarierte Honorarabschluss für das kommende Jahr wird Vertragsärztinnen und Vertrags-

ärzte teuer zu stehen kommen, denn er kompensiert nicht einmal die Inflationsrate. Allein deshalb können wir

uns zusätzliche Kosten, wie sie durch die geplante dreistufige Notfallversorgung drohen, nicht leisten.

Von Dr. Christoph Schüürmann

Berufspolitik

» Es geht mir nicht darum, Patienten zu beschimpfen. Es geht mir um den stetig zunehmenden Missbrauch der vorhandenen Bereitschaftsdienst- und Notfallstrukturen zu einer „Regelversor-gung rund um die Uhr“ «

Dr. Christoph Schüürmann

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 9

theoretisch nicht mehr alle in der gebotenen Geschwindigkeit diagnos-

tiziert und behandelt werden.

Es muss an dieser Stelle erlaubt sein, die deutlich geänderten Ver-

hältnisse auch einmal benennen zu dürfen, die übrigens multiple, teil-

weise auch verständliche Ursachen haben. Insgesamt aber führen diese

Veränderungen zu einer deutlichen Zunahme des Behandlungsbedarfs

und Versorgungsumfangs, der bisher so im SGB V nicht abgebildet wird.

Die Politik aber greift mit Aufkaufregelung und Terminservicestellen zu

diametral entgegengesetzten Instrumenten und behindert uns damit

noch zusätzlich. Und dennoch kreiden sie die Misere uns Vertrags-

ärzten an, die ihrem Sicherstellungsauftrag nicht nachkommen.

Konsequenzen des Politikversagens tragen immer andere

Auch wenn es im folgenden Beispiel inhaltlich um eine ganz andere

Sache geht, zeigt es doch sehr schön, wie Schuld zugeteilt wird. So

war in letzter Zeit verschiedentlich in den Medien zu lesen, dass sich

in Niedersachsen Beschwerden häufen, wonach viele Flüchtlinge das

Mobilfunkangebot von Aldi nicht nutzen können. Die Nutzung schei-

tert daran, dass die betroffenen Asylbewerber

SIM-Karten nicht aktivieren können, wenn

sie noch keinen gültigen Aufenthaltstitel

besitzen, sprich: wenn ihr Asylverfahren noch

nicht abgeschlossen ist. Aldi betont, an dem

Problem zu arbeiten. Doch das eigentliche

Problem ist eine seit Anfang Juli beim Kauf

von Prepaid-Mobilfunkkarten geltende Aus-

weispflicht, die vom Bundestag im Juni dieses

Jahres im Rahmen eines „Anti-Terror-Pakets“ beschlossen wurde. Die

neue Regelung trifft aber wohl hauptsächlich die Falschen. Wieder ein-

mal haben die hochbezahlten Vertreter der Politik komplett versagt –

und das hat keine Konsequenzen für diese Damen und Herren!

Die Konsequenzen für das Politikversagen tragen immer andere –

egal, welcher Unsinn in Berlin beschlossen wird. Und hier sind wir wie-

der zurück beim Thema Vertragsärzte.

Nun meint man in Berlin erkannt zu haben, die derzeit angebotene

Notfallversorgung in Deutschland (die häufig diesen Namen überhaupt

nicht verdient, da aus rein medizinischen Gründen kein Notfall vor-

liegt) den inzwischen gestiegenen Ansprüchen der Bürger insgesamt

mit oberflächlichen Maßnahmen anpassen zu müssen. Zusammen-

hänge und Ursachenanalysen stören da nur.

Auch durch die Stellungnahmen und Kommentare der verschie-

denen Akteure im Gesundheitswesen ist nun im Auftrag der Bundes-

regierung ein Drei-Stufen-Konzept in der Entwicklung (Krankenhaus-

strukturgesetz, § 136 SGB V, Ausarbeitung durch G-BA bis 31. 12. 2017),

das in eine Basisnotfallversorgung, eine erweiterte Notfallversorgung

und eine umfassende Notfallversorgung (siehe auch BDC, Passion Chir-

urgie III, 2017) unterscheiden soll mit übrigens entsprechenden Vergü-

tungen bis 120 Euro pro Fall.

An dieser Stelle müssen wir so richtig wach werden. Die gesamte

ambulante Notfallversorung – außer den Rettungsdienst – bezahlen

schon jetzt wir Vertragsärzte mit unserem Honorar im Vorwegabzug.

Das heißt: Je mehr sogenannte oder auch echte Notfälle anfallen, umso

schlechter wird infolge des steigenden Vorwegabzugs die tägliche

Arbeit in unseren Praxen vergütet. Und wer soll den nun entstehen-

den Mehraufwand durch das Drei-Stufen-Konzept finanzieren? Na, Sie

ahnen es schon: die Vertragsärzteschaft natürlich, denn mehr Geld

wird es natürlich nicht geben. Wir werden es nicht schaffen, selbst die

erweiterte und umfassende Notfallversorgung abrechnen zu können,

da unter anderem umfangreiche technische

Voraussetzungen dafür notwendig sind, die

bei weitem über das hinausgehen, was bis auf

Ausnahmen im bisherigen Ärztlichen Bereit-

schaftsdienst (ÄBD) – von uns selbst finan-

ziert – vorgehalten wird.

Die gesetzlich vorgesehene Aufgabe im

ÄBD ist die Stabilisierung eines nicht lebens-

bedrohlich akut erkrankten Menschen bis

zur möglichen Weiterbehandlung am nächsten Tag oder nach dem

Wochenende in einer Vertragsarztpraxis. Liegt eine lebensbedrohliche

Erkrankung oder Verletzung vor, erfolgt die sofortige Einweisung in ein

Krankenhaus. Die gesetzlich vorgesehene Aufgabe von Krankenhaus-

Notfallambulanzen ist neben der Behandlung von Arbeitsunfällen etc.

die Behandlung von schweren Notfällen, die über den Rettungsdienst

kommen, wobei dann ambulante sofortige Behandlungsmöglichkeiten

oder die stationäre Aufnahme zur Verfügung stehen.

Es ist nicht die Aufgabe von Krankenhaus-Notfallambulanzen, mit

großem technischen Aufwand und natürlich genau so hohen Kosten

chronische oder Bagatellerkrankungen sofort und umfassend rund um

die Uhr abzuklären und zu behandeln, nur weil ein Patient oder eine

Patientin es wünscht. Hier wird auch häufig auf allen Seiten der Begriff

freie Arztwahl komplett missverstanden.

Alles kein Problem – aber wir wollen das nicht bezahlen!

Nota bene, in über 40 Prozent der Fälle nehmen Patientinnen und

Patienten derzeit die Notfallambulanzen tagsüber zu Praxisöffnungs-

zeiten in Anspruch. Ebenso rekrutieren die Krankenhäuser in Deutsch-

land im Durchschnitt bis zu 50 Prozent ihrer gesamten stationären

Fälle über die Spontan- oder Selbstvorstellungen in ihren Notfallam-

bulanzen. Entsprechend haben sich viele Kliniken personell inzwi-

schen eingerichtet, um das auch bewerkstelligen zu können. All das ist Ñ

Berufspolitik

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Dr. Christoph Schüürmann

Geschäftsführender BNC-Vorsitzender

und niedergelassener Chirurg

Chirurgische Praxis

Louisenstraße 53 – 57

61348 Bad Homburg

Tel.: 06172 21039

Fax: 06172 9189102

[email protected]

» Es ist nicht Aufgabe von Krankenhaus-Notfallambulanzen, rund um die Uhr chronische oder Bagatellerkrankungen zu behandeln, nur weil ein Patient dies wünscht. Hier wird der Begriff der freien Arztwahl komplett missverstanden. «

Dr. Christoph Schüürmann

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10 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

überhaupt kein Problem, aber wir Vertragsärztinnen und Vertragsärzte

wollen das nicht bezahlen!

Ob man die Prozentsätze nun etwas nach oben oder nach unten

korrigiert: Das ist meines Erachtens in vielen Fällen Missbrauch und

Geldverschwendung aus ganz anderen Motiven, allein auf unsere Kos-

ten, und das muss abgestellt werden!

Wenn die moderne „Notfallgesellschaft“ von heute nun unbedingt

diese neue und dritte „RundumdieUhrfürallesjedenundüberallsofort“-

Totalversorgung will und Politiker nur gewählt werden, wenn sie das

umsetzen, dann muss das auch durch die Gesellschaft selbst finanziert

werden und nicht durch die Vertragsärz-

teschaft! Denn schließlich hat eine sol-

che Totalversorgung mit den geltenden

„WANZ-Kriterien“, die im SGB V eindeutig

geschrieben stehen, nichts mehr zu tun.

Zur Erinnerung: § 12 SGB V

Wirtschaftlichkeitsgebot

(1) Die Leistungen müssen ausrei-

chend, zweckmäßig und wirtschaftlich

sein; sie dürfen das Maß des Notwen-

digen nicht überschreiten. Leistungen, die

nicht notwendig oder unwirtschaftlich

sind, können Versicherte nicht beanspru-

chen, dürfen die Leistungserbringer nicht

bewirken und die Krankenkassen nicht

bewilligen. Und da werden wir auch nicht

mehr nachgeben! Wenn das Drei-Stufen-

Konzept ungebremst mit uns als unfrei-

willigen Zahlmeistern kommt, werden bis

zu weitere 20 Prozent unserer bisherigen

Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

(MGV) dafür draufgehen.

Die bereits bekannten Begriffe oder Vorgänge wie Portal- und Part-

nerpraxen sowie ÄBD-Zentralen im Krankenhaus und die bereits

eingeleiteten oder fertiggestellten Reformen des Ärztlichen Bereit-

schaftstdienstes in vielen Bundesländern werden aktuell ergänzt durch

neue Begriffe wie „Integrierte Notfallversorgung“ oder „Integrierte Not-

fallzentren“ in je nach Sichtweise unterschiedlichen Modellen eines

sogenannten „Ein-Tresen-Prinzips“ mit Zusammenführung der Ruf-

nummern 112 und 116117.

Die KBV und der Marburger Bund haben ein gemeinsames Konzept

vorgelegt. Der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen sieht die

Leitung des Tresens, beim dem sich alle Patienten vorzustellen haben

und anschließend triagiert und der passenden Versorgungsebene zuge-

wiesen werden sollen, bei erfahrenen KV-Ärzten. Dies wiederum ruft

natürlich sofort unter anderem die Deutsche Krankenhausgesellschaft

(DKG) und die Deutsche interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und

Notfallmedizin mit massiver Kritik auf den Plan. Sie argumentieren

sinngemäß, für die Notfallbehandlung seien grundsätzlich erfahrene

Notfallmediziner notwendig, die Krankenhäuser müssten entsprechend

die Oberhand behalten. Sie sehen, wo die Reise derzeit wieder hingeht.

Auch der GKV-Spitzenverband ist gegen die Federführung der inte-

grierten Notfallzentralen (INZ) durch die KVen. Es gibt aber auch andere

Stimmen, die eine gemeinsame Leitung des Tresens durch Kranken-

haus- und KV-Ärzte fordern.

Uns aber betreffen – unabhängig von der Herkunft der Konzepte –

die Vorschläge auch, und zwar direkt. Da ist einmal ernsthaft von

zusätzlichen Öffnungszeiten der Praxen abends und an Wochenenden

die Rede, auch von der Ausdehnung des ÄBD auf 24 Stunden und sieben

Tage pro Woche, weiter von Portalpraxen

oder Notfallzentralen, die durchgängig

besetzt werden sollen. Da muss die Frage

erlaubt sein, mit welchen Ärztinnen und

Ärzten dies angesichts einer antiken und

rein historischen Bedarfsplanung von

1990 gelingen soll – und welche Budgets

dafür aufgehoben werden. Dazu muss

man gar keine großartige Meinung mit

heruntergerückter Brille entwickeln,

da reicht ein Refresherkurs in den vier

Grundrechenarten für die Klärung der

Frage, ob das geht.

Jeder Vertragsarzt, jeder ermächtigte

Arzt und auch jeder ärztlich tätige Privat-

arzt ist zur Teilnahme am ÄBD verpflich-

tet. Und nun besteht bei Kenntnis aller

notwendigen Benchmarks eigentlich für

uns nur noch die Frage, mit welchem

Aufwand wieviele Spontan-Patienten in

die richtige Versorgungsebene umgelei-

tet werden können, was sicher nicht die

Lösung für alles ist. In Hessen beispiels-

weise kommt in jede Notfallambulanz pro Stunde etwa ein Patient bzw.

eine Patientin.

Daher rühren meine Vorschläge im Spot, die übrigens ganz verschie-

dene Reaktionen ausgelöst haben. Ich freue mich sehr über bessere

Vorschläge, die mit noch weniger Umstellung des üblichen Praxisab-

laufs ebenso wirksam sind. Aber eines ist sicher: Es ist kein voraus-

eilender Gehorsam, es sprengt auch nicht die unerträglichen Budget-

ketten, es führt jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht

in eine Fallzahlabstaffelung, es ist ausschließlich darauf ausgerichtet,

Schlimmeres zu verhindern.

Unverzichtbar ist, dass wir diese in der Praxis ankommenden Spon-

tanpatienten vorsorglich durch Sonderziffern kennzeichnen können.

Diese Morbiditätserhöhung muss auch nachweislich gesondert doku-

mentiert werden können. É

Mit den besten kollegialen Grüßen

Dr. Christoph Schüürmann

Berufspolitik

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Welche Rolle spielt der Vertragsarzt, wenn das dreistufige

Konzept der Notfallbehandlung sich tatsächlich durchsetzt?

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Wir brauchen Ihre Solidarität und Ihre Stimme !

Als reine Vertretung für Sie als niedergelassener oder

angestellter Chirurg in MVZ, BAG und Einzelpraxen sollten

Sie jetzt beitreten.

Für Fragen und eine ausführliche Beratung steht Ihnen

die BNC-Geschäftsstelle unter Telefon 04532 2687560 oder

[email protected] gern zur Verfügung.

Wir arbeiten für Sie:

in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

und ihren Gremien

in den Kassenärztlichen Vereinigungen

und ihren Gremien

in der Bundesärztekammer sowie den Landesärzte-

und Bezirksärztekammern

als Vertretung gegenüber den Unfallversicherungsträgern

mit den Krankenkassen vor Ort

mit der Politik

im Spitzenverband der Organfachverbände

Der BNC bietet seinen Mitgliedern:

eine vierteljährlich erscheinende Verbandszeitschrift

einen monatlich erscheinenden Spot

über brandaktuelle Ereignisse

eine Unfall- und Spezial-Strafrechtsversicherung

Hilfe bei juristischen und

betriebswirtschaftlichen Problemen

Weiterbildungspunkte im Rahmen eines

gemeinsamen Kongresses

Nur gemeinsamsind wir stark !

Einen Beitrittscoupon finden Sie auf Seite 47.

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12 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Leistungsversprechen aus dem Hut zaubern, deren Kosten dann von

den Leistungserbringern kompensiert werden müssen“, heißt es dazu

in er genannten Pressemitteilung des Hartmannbundes.

Man kann diese Sätze nur unterstreichen und hervorheben – vor

allem ist es ausgesprochen bedauerlich, dass dieser Zustand nun schon

jahrelang anhält. Mangels Streikrecht und juristisch sicherer Möglich-

keiten, Leistungen einzuschränken, stehen alle Ärztinnen und Ärzte

immer wieder vor dem Problem, diese Leistungsversprechen der Kran-

kenkassen umzusetzen, die willkürliche und nur bedingt kompetente

Prüfpraxis der Medizinischen Dienste (MDK) zu erdulden und durch

Budgets eingeschränkte Vergütungen zu erhalten.

Wer hat die politische Kraft zur Änderung des Systems?

Es bleibt die weiter offene Frage: Wer hat die Kraft zu einer nachhal-

tigen Systemdebatte, wie sie jetzt gefordert wird? Wer hat die – poli-

tische – Kraft zur nachhaltigen Änderung des Systems ?

Ich teile die Hoffnungen der KBV nicht, dass unter dem Diktat des

Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Reformen möglich sein

könnten, die

den Patienten wirklich zugute kommen und

ein gerechtes Vergütungssystem mit fairer Bewertung der ärztlichen

Einzelleistung ermöglichen.

Allein die Techniker Krankenkasse fordert ein neues Vergütungs-

modell nach dem Motto „gleiches Geld für gleiche Leistung“ und

meint damit Operationen in Kliniken und Praxen. Ein entsprechender

Modellversuch wird in Thüringen durchgeführt, beteiligt sind acht

Krankenhäuser, niedergelassene Operateure, die TK und die KKH. Der

Vizepräsident des BAO, Dr. Stephan Dittrich aus Plauen, war an der

Gestaltung dieses Vergütungsmodelles maßgeblich beteiligt (siehe

Seite 20). Vergleichbar ist die Vergütungssystematik beispielsweise in

den Niederlanden. Der Preis für eine Operation dort bleibt dabei gleich,

unabhängig von der Art der Versorgungsstruktur, in der die Leistung

erbracht wird. Bislang handelt es sich jedoch nur um eine zarte kleine

Pflanze, die in einem Bundesland zur Probe wachsen soll.

}

}

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Nachgang zu Honorarverhandlungen mit dem GKV-Spitzenver-

band – und dieser gleichzeitig mit dem Blick auf die Wahlen zum Deut-

schen Bundestag – bringt uns immer wieder zum Nachdenken über

die Positionen der Fachärztinnen und Fachärzte in Krankenhaus und

Praxis. Dabei ist auch in diesem Jahr festzustellen, dass der Blick in die

Zukunft durch die weiterhin unzureichenden Rahmenbedingungen für

freiberuflich und selbständig tätige Ärzte düster bleibt.

Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes und gleich-

zeitig auch Verhandlungsführer der Bundesärztekammer für die

neue GOÄ, hat in seiner Pressemitteilung vom 21. September 2017

das Problem sehr treffend präzisiert: „Eine bislang noch immer funk-

tionierende Versorgungsstruktur mit wirtschaftlich selbstständigen

Ärztinnen und Ärzten in ihren eigenen Praxen wird auf Dauer jede

Anziehungskraft verlieren, wenn ihr die finanzielle Grundlage dadurch

entzogen wird, dass einem unbegrenzten Leistungsversprechen der

Krankenkassen an ihre Versicherten ein rigide eingeschränktes Hono-

rarvolumen ohne jeden Bezug zum Leistungsumfang gegenübersteht“

(www.tinyurl.com/PM-Hartmannbund).

Budgets schränken Menge und Qualität der Versorgung ein

Besser kann man es nicht ausdrücken: Die bislang stur geschützte

Budgetierung der ärztlichen Ausgaben, verbunden mit einer unkontrol-

lierten und intransparenten Verhandlungspolitik der Krankenkassen

muss die Versorgungsmenge und die Versorgungsqualität einschränken.

Nach 25-jähriger Tätigkeit in der eigenen operativen Gemeinschafts-

praxis teile ich die Einschätzungen von Dr. Reinhardt, die ausdrücklich

auch durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und durch

die Allianz Deutscher Ärzteverbände unterstützt werden.

Faktisch bleiben die Krankenkassen am wirtschaftlichen Risiko

von Demografie, Morbidität, medizinischem Fortschritt und von ihnen

selbst zugesagten Leistungsansprüchen unbeteiligt und stehlen sich

politisch geduldet aus der Verantwortung. „Es trägt am Ende Züge von

Perfidie, wenn die Kassen im Wettbewerb um Kunden immer mehr

Leitartikel BAO

Freiberufliche Versorgungsstrukturwird zunehmend behindertÄrztinnen und Ärzte müssen hierzulande umfassende Leistungsversprechen der Krankenkassen umsetzen

und die zum Teil fragwürdige Prüfpraxis der Medizinischen Dienste (MDK) erdulden. Und dies angesichts von

Budgetierung und ohne juristisch sichere Optionen, Leistungen einzuschränken.

Von Dr. Axel Neumann

Berufspolitik

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Die Deutsche-Praxisklinik-Gesellschaft e. V. (PKG) verfolgt seit Jahren

intensiv gleiche Interessen, hat unermüdlich argumentiert und versucht

einen Leistungskatalog mit Festpreisen zu etablieren, der unabhängig

von der Art der Leistungserbringung, stationär oder ambulant, gültig ist.

Die gesetzlichen Regelungen nach § 122 SGB V bieten dafür beste

Voraussetzungen – gescheitert sind die Verhandlungen stets an der

schon oben beschriebenen starren Verhandlungspolitik der Kranken-

kassen, gestützt durch reformunwillige und strukturblinde Gesund-

heitspolitiker (www.tinyurl.com/PKG-Positionspapier).

Basisdemokratische Unterstützung lohnt auch nach der Wahl

An vielen Stellen und von vielen Fachleuten ist der Änderungsbedarf

erkannt und durchaus schon thematisiert worden. Die Positionspapiere

im Umfeld der Bundestagswahl, siehe auch SpiFa-Facharzt-Agenda

2020 (www.spifa.de/agenda-facharzt-2020), beschreiben unsere Sor-

gen und präzisieren unsere Forderungen für die Zukunft – allein der

politische Adressat bleibt noch unbestimmt.

Ich möchte Sie an dieser Stelle an meine Ausführungen in meinem

letzten Leitartikel unmittelbar vor der Bundestagswahl erinnern (siehe

Heft 3.2017): Bitte machen Sie sich eine kleine persönliche Mühe. Die

Berufsverbände und Fachgesellschaften werden voraussichtlich weiter

erfolglos bleiben, wenn sie keine basisdemokratische Unterstützung

durch die wirklich selbst betroffenen Ärztinnen und Ärzte überall in

der Bundesrepublik finden, die die vorbereiteten Plakate in ihren Pra-

xen aufhängen, die Patientinnen und Patienten in den Wartezimmern

politisieren und endlich selbst tätig werden. Es lohnt sich selbstver-

ständlich auch jetzt nach der Wahl, in die Sprechstunden der gewähl-

ten Abgeordneten zu gehen, die Probleme zu schildern, persönliche

Forderungen zu stellen – unabhängig von verbandspolitischen Zwän-

gen – und sich bemerkbar zu machen. Dies gilt insbesondere für die

deutschen Fachärztinnen und Fachärzte in Praxis und Klinik. É

Mit den besten kollegialen Grüßen

Dr. Axel Neumann

Berufspolitik

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: Neu

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n

Dr. Axel Neumann

BAO-Präsident und niedergelassener Chirurg

Praxisklinik München-West

Zentrum für Knie-, Hand- und Schulterchirurgie

Fürstenrieder Straße 69 – 71, 80686 München

Tel.: 089 546888-0

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Page 14: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

14 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

allen offen steht, die ihre professionelle Erfahrung und ihr Fachwissen

an andere weitergeben möchten: das ehrenamtliche Engagement als

Expertin oder Experte des Senior Experten Service, kurz SES.

12.000 Ehrenamtliche sind bereit, Einsätze zu übernehmen

Der SES ist die größte deutsche Entsendeorganisation für ehrenamt-

liche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand oder einer beruflichen

Auszeit. Seit über 30 Jahren fördert der SES den Wissenstransfer von der

älteren an die jüngere Generation – rund um den Globus und in allen

Branchen. Anfang 2017 hat er den Weltdienst 30+ ins Leben gerufen

und entsendet seither auch Berufstätige.

Zurzeit sind beim SES mehr als 12.000 Expertinnen und Experten

aus allen beruflichen Richtungen registriert und bereit, ehrenamtliche

Einsätze zu übernehmen. Aufwarten kann der SES mit Basis- und Spe-

zialwissen aus Handwerk und Technik, Handel und Industrie, Dienst-

leistung und Vertrieb, Bildung und Wissenschaft, Verwaltung und

öffentlichem Dienst.

Im Bereich der Medizin allgemein und insbesondere der niederge-

lassenen Chirurgie ist der SES dringend auf Expertennachwuchs ange-

wiesen. Immer häufiger wird Wissen aus diesen Gebieten nachgefragt

Er kommt. Der Tag, an dem die Nachfolge geregelt, die Praxis über-

geben und der Arbeitsplatz geräumt ist. Dann beginnt der Ruhestand.

Und dann? Dann heißt es, frei verfügbare Zeit zu gestalten. Manch

einer wird reisen, der andere Rosen züchten, sein Klavierspiel, seine

Rückhand oder auch sein Handicap verbessern. Der eine ist froh, dass

er Praxis, Klinik oder Labor nur noch von außen sieht, der andere

bedauert es und freut sich, hin und wieder eine Urlaubsvertretung

übernehmen zu können.

Jeder wird den sogenannten dritten Lebensabschnitt anders ver-

bringen. Es gibt eine Möglichkeit der nachberuflichen Betätigung, die

Im Ruhestand weltweit aktiv

Senior Experten Service (SES) sucht Fachleute für Ambulantes OperierenDer SES ist die größte deutsche Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fachkräfte im Ruhestand oder in einer

beruflichen Auszeit. Insbesondere beim Ambulanten Operieren ist der SES dringend auf Expertennachwuchs

angewiesen. Immer häufiger wird er hier um die Entsendung spezialisierter Ärztinnen und Ärzte gebeten.

Von Dr. Elisabeth Sümmermann

Berufspolitik

Senior Experten Service: Fachwissen aus über 50 Branchen

Der SES – die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusam-

menarbeit – ist die führende deutsche Entsendeorganisation für ehrenamt-

liche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand oder einer beruflichen Auszeit

(Weltdienst 30+). Der SES hat seinen Sitz in Bonn. Er wird bundesweit von

15 Büros und international von 180 Repräsentantinnen und Repräsentanten

in 90 Ländern vertreten.

Zurzeit sind beim SES mehr als 12.000 Expertinnen und Experten registriert.

Sie bringen das Fachwissen aus über 50 Branchen mit. Ihr Durchschnittsalter

liegt bei 69 Jahren, der Frauenanteil bei 18 Prozent. Seit seiner Gründung im

Jahr 1983 hat der SES mehr als 42.000 ehrenamtliche Einsätze in 160 Ländern

durchgeführt, etwa ein Viertel davon in Deutschland.

Träger des SES sind die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft: der

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der

Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handels-

kammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Finanzielle Unterstützung erhält der SES von der öffentlichen und der

privaten Hand: vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

und Entwicklung (BMZ), vom Bundesministerium für Bildung und Forschung

(BMBF), aus der Wirtschaft und von vielen unternehmensnahen Stiftungen.

Kontakt:

Senior Experten Service (SES)

Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit

Gemeinnützige Gesellschaft

Buschstraße 2, 53113 Bonn, Tel.: 0228 26 09 0-0

[email protected], www.ses-bonn.de

Der Augenarzt und SES-Experte Dr. Gerhard Pülhorn aus Lichtenfels bei

einem Einsatz in Pakistan

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 15

und um die Entsendung hier spezialisierter Ärztinnen und Ärzte gebe-

ten. Aus aller Welt melden sich Kliniken, Praxen, Universitäten und

Gesundheitsstationen, die Unterstützung suchen.

Besonders viele Anfragen nach medizinischem Fachwissen und

chirurgischen Verfahren gehen derzeit aus Asien ein, vor allem aus den

zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan,

aus der Mongolei oder auch aus China. Chinesische und pakistanische

Lehrkrankenhäuser etwa interessieren sich für Operationstechniken

und Eingriffe am Auge (Katarakt, Netzhaut, Augenhintergrund) und

laparoskopische Eingriffe in der Gynäkologie. In Mazedonien wurde

Unterstützung in der Dermatologie gesucht, in Georgien, der Ukraine

und Bolivien wurde die Qualifikation des Oralchirurgen benötigt.

Dringend gesucht: Expertise für Ambulantes Operieren

Der SES hat hier bereits mit den entsprechenden Fachleuten helfen

können. Unter den entsandten Spezialisten waren beispielsweise Dr. Dirk

Grothuesmann aus Hannover (Gynäkologe), Dr. Ursula Hemberger aus

Nizza (Fachärztin für Chirurgie – Plastische Chirurgie), Rudolf Kantner

aus Landshut (Zahnarzt, Oralchirurg), Dr. Gerhard Pülhorn aus Lichten-

fels (Augenarzt) und Dr. Hans Hugel aus Hamburg (Chirurg).

Gemessen zum Beispiel an 1.500 Fachleuten im gesamten Bereich

des Gesundheitswesens, die dem SES ihr Wissen zur Verfügung stellen,

sind die ambulanten Operateure in der Expertendatenbank des SES

recht schwach vertreten. Entsprechend herzlich willkommen ist jeder

Neuzugang. Dringend gesucht ist Expertise aus dem gesamten Bereich

des Ambulanten Operierens: von A wie Augenchirurgie, G wie gynäko-

logische Chirurgie, über M wie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

und P wie Plastische Chirurgie bis hin zu Z wie Zahnchirurgie.

Und so wird man Expertin oder

Experte des SES: Der erste Schritt ist die

Aufnahme in die SES-Expertendaten-

bank. Diesen Schritt kann jeder tun, der

im Ruhestand oder in einer beruflichen

Auszeit (Urlaub, Sabbatical) einen ehren-

amtlichen SES-Einsatz in seinem Fachge-

biet übernehmen möchte, um anderen

Menschen mit seinem Wissen bei der

Verbesserung ihrer Zukunftsperspekti-

ven zu helfen.

Ihr Gewinn: Neue Perspektiven

und interkulturelle Kontakte

Nur eine kleine „administrative Hürde“

ist zu nehmen: Wer im Namen des SES

tätig werden will, muss einen Registrie-

rungsbogen ausfüllen und dabei mög-

lichst detailliert über seine Qualifikatio-

nen und sein Spezialwissen Auskunft

geben. Dieser Bogen steht auf der SES-

Webseite www.ses-bonn.de zum Down-

load bereit, kann aber auch in Papierform angefordert werden – ein

Telefonanruf zu den üblichen Bürozeiten genügt. Dann liegt der Ball im

Spielfeld des SES. Sobald er eine Einsatzanfrage erhält, befragt er seine

Expertendatenbank und spricht gezielt die Fachleute an, zu deren Spe-

zialwissen die Anfrage passt. Alle Einzelheiten – von der Aufgabenstel-

lung bis hin zum Einsatzzeitraum – werden im persönlichen Gespräch

geklärt, bis die richtige Person gefunden ist.

Ein Einsatz im Ausland dauert im Schnitt drei bis sechs Wochen oder

maximal ein halbes Jahr und wird bis in alle Einzelheiten vorbereitet.

Der SES sorgt für den Versicherungsschutz und kümmert sich um die

gesamte Reiseorganisation. Selbstverständlich entstehen seinen Exper-

tinnen und Experten keine Kosten, auch gehen sie mit ihrer Registrie-

rung keinerlei Verpflichtung zur Durchführung von SES-Einsätzen ein.

Das alles gilt auch für Einsätze in Deutschland, die sich jedoch – stun-

den- oder tageweise – meist über längere Zeiträume erstrecken.

Die Tätigkeit im Ausland bereichert auf ganz besondere Weise: Sie

bietet neue Perspektiven und interkulturelle Kontakte sowie Einblicke

in fremde Kulturen und Lebensweisen. É

Berufspolitik

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Dr. Elisabeth Sümmermann

Fachbereichsleiterin Gesundheitswesen

Senior Experten Service (SES)

Stiftung der Deutschen Wirtschaft für

internationale Zusammenarbeit

Buschstraße 2, 53113 Bonn

Tel.: 0228 26 09 0-3622, Fax: 0228 26 09 0-93622

[email protected]

www.ses-bonn.de

Foto

: SES

Der niedergelassene Chirurg und SES-Experte Dr. Hans Hugel aus Hamburg bei einem Einsatz in China

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16 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Schwerpunkt die Schmerztherapie, sowohl in der Klinik als auch im

ambulanten Setting. Auch der moderne, digitale Umgang mit Patienten

per „Schmerz-App“ sowie der Einsatz moderner Medien wurden vor

dem Hintergrund der digitalen Vernetzung thematisiert.

Net(t)working

Sowohl am Freitagabend beim Come-Together, als auch am Sams-

tagabend beim klassischen Net(t)working-Abend gab es ausreichend

Zeit für den Austausch der Kolleginnen und Kollegen untereinander.

Konstruktive Diskussionen und der Erfahrungsaustausch sind meiner

Aufassung nach die wichtigsten Gründe, warum der NARKA als jährlich

fester Termin in jeden Terminplaner ambulant tätige Anästhesistinnen

und Anästhesisten gehört.

Industrieausstellung

Nicht fehlen darf auf einem Kongress dieser Größe der Kontakt mit

Herstellern von Narkosegeräten, Monitoren, Medikamenten und ande-

rem Verbrauchsmaterial. Hier können neue Kontakte geknüpft und

alte intensiviert werden, Schnäppchen gemacht und Ideen gesammelt

werden. Insofern ist die Industrieausstellung wichtiger Bestandteil

des NARKA. Nicht zu vergessen, kann der Kongress in dieser hohen

Qualität auch nur aufgrund der Unterstützung der Aussteller jährlich

stattfinden.

Bitte vormerken: Termin für NARKA 2018 steht bereits

Der Termin für den NARKA 2018 steht bereits fest: Der Kongress wird

im kommenden Jahr vom 14. bis 16. September 2018 in Berlin stattfin-

den. Informationen und Anmeldemöglichkeit finden sich im Internet

unter www.narka.de. É

Jährlich tagen die ambulant tätigen Anästhesistinnen und Anästhe-

sisten auf dem NARKA, dem Kongress für Ambulante und Vertrags-

ärztliche Anästhesie, und tauschen sich zu den aktuellen berufspoli-

tischen und fachlichen Themen ihres Fachgebiets aus. In diesem Jahr

wurde unser Jahreskongress vom 15. bis 17. September 2017 erstmals

in Berlin ausgerichtet und fand einen enormen Anklang bei den insge-

samt rund 210 Besuchern.

Als wissenschaftlicher Leiter des NARKA war ich einerseits erfreut,

dass die Veranstaltung bereits kurz nach dem NARKA im letzten

Jahr – dem letzten Mal, dass der Kongress in Aachen stattfand – schon

ausgebucht war. Andererseits tut es mir leid, dass deshalb nicht alle

interessierten Kolleginnen und Kollegen teilnehmen konnten. Aller-

dings zeigt sich an der Resonanz, dass der Wechsel von Aachen nach

Berlin offenbar gut angenommen wurde.

Workshops

Auch der Veranstaltungsort, das Besucher- und Schulungszent-

rum von Karl Storz, trug durch eine angenehme Atmosphäre und

modernste Veranstaltungstechnik zu dem Erfolg der Veranstaltung

bei. Den Auftakt des Kongresses am Freitag machten gleich mehrere

parallel ablaufende Workshops zu fachlichen Themen wie zum Beispiel

den rechtlichen Möglichkeiten bei der Weitergabe der Praxis an einen

oder mehrere potenzielle Nachfolger und ein Simulationstraining für

Notfallmanagement.

Als überfachliche Themen wurden Workshops zur wertschätzenden

Kommunikation am Arbeitsplatz und zum Wechsel der Praxisabrech-

nungssoftware angeboten. Dieses Angebot wurde von den Teilnehmern

gerne aufgegriffen, um in den Workshops aktiv an den eigenen Voraus-

setzungen zu arbeiten und sich Inspirationen für die tägliche Arbeit in

der Praxis zu holen.

Spannende Vorträge

Das fachliche Programm am Samstag und Sonntag gliederte sich,

wie es sich bereits in den Vorjahren bewährt hatte, in drei große

Abschnitte. Während am Samstagvormittag die Berufspolitik und die

aktuellen Veränderungen im politischen Milieu im Mittelpunkt standen,

waren es am Nachmittag vor allem fachliche Themen wie „schwierige

Atemwege“ oder die „Spinalanästhesie“. Am Sontag war ein weiterer

NARKA 2017

Bewährtes Kongress-Konzept an neuem Veranstaltungsort

Von Jörg Karst

Berufspolitik

Foto

: Kar

st

Jörg Karst

Facharzt für Anästhesie

Vertreter der niedergelassenen Anästhesisten

Referat Ambulante und Vertragsärztliche

Anästhesie im BDA

Straße des 17. Juni 106 –108, 10623 Berlin

Tel.: 030 39840700

Fax: 030 39840720

[email protected]

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BAO BundesverBAnd AmBulAntes Operieren e. v. www.operieren.de

Operateure und Anästhesisten im BAOambulant, interdisziplinär, freiberuflich

BAO

Name

Geburtsdatum

Titel | Fachrichtung

Praxis | Straße

Praxis | Ort

Bundesland

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Hiermit trete ich in den Bundesverband Ambulantes Operieren (BAO) ein.

Bitte ziehen Sie den Jahresbeitrag von 185 Euro von meinem Konto ein.

BAO Bundesverband Ambulantes Operieren e.V., Geschäftsstelle

Tamara Dietze, Joachim-Karnatz-Allee 7, 10557 Berlin

Telefon: 030 31958413, Fax: 030 22196057, E-Mail: [email protected]

Der BAO engagiert sich für die

Schaffung und Wahrung von Qualitätsstandards

Qualitätssicherung unter Einbeziehung unserer Patienten

Praktische und theoretische Fortbildung

im Ambulanten Operieren

Politische Aktivitäten in Kooperation mit

anderen Berufsverbänden

Information der Öffentlichkeit über

das Ambulante Operieren

Förderung von Netzwerken und Kooperationsformen

Verhandlung und Abschluss von Struktur-

und Selektivverträgen

Erweiterung des Leistungsspektrums des

Ambulanten Operierens

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Der BAO bietet seinen Mitgliedern

Unterstützung als selbstständige freie Unternehmer

Interdisziplinären Austausch rund um das Ambulante Operieren

Expertengutachten zur Qualität und Kosteneffizienz

des Ambulanten Operierens

Vierteljährliche Verbandszeitschrift und monatlichem

Online-Newsletter

Fachbezogene Arbeitsgruppen für alle im BAO vertretenen

Fachrichtungen

Kostenlose Erstberatung in allen Rechtsfragen durch

unseren BAO-Justiziar

Vorzugspreis für die Teilnahme am Bundeskongress Chirurgie

Umfangreiches kostenloses Online-Archiv unter

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Bundesweit hat der Verband mehr als 800 Mitglieder aus den Fachrichtungen

Anästhesie, Augenheilkunde, Chirurgie, Dermatologie, Gynäkologie, Herz-

chirurgie, HNO, Kinderchirurgie, MKG-Chirurgie, Neurochirurgie, Orthopädie,

Plastische Chirurgie und Urologie.

Auf Bundesebene koordiniert das Präsidium die Arbeit, regional gibt es elf

Landesverbände Ambulantes Operieren (LAO). Die Mitgliedschaft im BAO kos-

tet 185 Euro pro Jahr. Über Ihre Mitgliedschaft im Bundesverband werden Sie

automatisch Mitglied in dem für Ihre Region zuständigen Landesverband.

Jedes zusätzliche Mitglied stärkt die gemeinsame Stimme der interdisziplinären Gemeinschaft des BAO

BeitrittsfOrmulAr Bitte einsenden An

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18 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Regional

Bundesverband Ambulantes Operieren (BAO): Kontakt zu den Regionalverbänden und zur Geschäftsstelle

LAO Baden-Württemberg e. V. Dr. Jürgen Lambert Stühlingerstr. 22–24 79106 Freiburg i. Brsg. Telefon 0761 388000 www.lao-bw.de

LAO Bayern e. V. Dr. H. Lindner Schlüterstr. 5 A, 85057 Ingolstadt Telefon 0841 480448 www.laobayern.de

LAO Berlin e. V. Norbert W. Schwarz Warschauer Str. 36 –38, 10243 Berlin Telefon 030 29777860 www.laoberlin.de

LAO Brandenburg e. V. Dr. M. Schmidt Bautzener Str. 36, 02956 Rietschen Telefon 035772 46724

LAO Hamburg e. V. Dr. C. P. Möller Altonaer Str. 59 – 61, 20357 Hamburg Telefon 040 4328580 www.hgao.de

LAO Niedersachsen e. V. Dr. Gerd-Dieter von Koschitzky Großer Graben 23, 29664 Walsrode Telefon 05161 73021

LAO Nordrhein e. V. Dr. Georg Rutt Violstr. 92, 47800 Krefeld Telefon 02151 80600 www.lao.de

LAO Rheinland-Pfalz e. V. Dr. A. Bartels Am Brand 12, 55116 Mainz Telefon 06131 972290 www.lao-rheinland-pfalz.de

LAO Westfalen-Lippe e. V. Dr. Heinz-J. Droste Goethestr. 8, 48341 Altenberge Telefon 02324 9022304 www.lao-wl.de

Landeverbände Ambulantes Operieren (LAO)

Präsident Dr. Axel Rainer Neumann Fürstenrieder Str. 69, 80686 München Telefon 089 5468880

Vizepräsident Dr. Stefan Dittrich Neue Straße 1, 08525 Plauen Telefon 03741 550631

Schatzmeisterin und Finanzvorstand Dr. Petra Tietze-Schnur Postbrookstr. 105, 27574 Bremerhaven Telefon 0471 9026007

Schriftführer und Pressereferent Dr. J. Hennefründ Achternstr. 21 A, 26122 Oldenburg Telefon 0441 922700

Beisitzer Jörg-Michael Wennin Arndtstr. 33, 22085 Hamburg Telefon 040 24822943

Beisitzer Norbert W. Schwarz Warschauer Str. 36 – 38, 10243 Berlin Telefon 030 29777860

Beisitzer Dr. Gerd-Dieter von Koschitzky Großer Graben 23, 29664 Walsrode Telefon 05161 73021

Ehrenpräsident Prof. Dr. Jost Brökelmann Sterntorbrücke 1, 53111 Bonn Telefon 0228 692423

Bundesverband Ambulantes Operieren (BAO)

Tamara Dietze Joachim-Karnatz-Allee 7 10557 Berlin

Telefon 030 319 58 413 Fax 030 22196057 E-Mail [email protected]

BAO Geschäftsstelle

Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC): Kontakt zu den Regionalverbänden und zur Geschäftsstelle

ANC Baden-Württemberg Nord Dr. Frido Mütsch Pestalozzistr. 19, 74076 Heilbronn Telefon 07131 9423-0 www.anc-bwn.de

ANC Berlin Dr. Volker Lacher Bismarckstr. 45 – 47, 10627 Berlin Telefon 030 92105993

ANC Brandenburg Dr. Torsten Braunsdorf Karl-Marx-Str. 104, 03205 Calau Telefon 03541 801777

ANC Hamburg Dr. Gerd Fass Oskar-Schlemmer-Str. 15 22115 Hamburg Telefon: 040 71591255

HCV Hessen Dr. Peter Schwalbach Promenadenstr. 18, 64625 Bensheim Telefon 06251 580150 www.hcv-ev.de

ANC Mecklenburg-Vorpommern Ulrich Braune Wismarsche Str. 132 –134 19053 Schwerin Telefon 0385 5507502

ANC Mittelfranken Dr. Hans Peter Koerfgen Schwabedastr. 1, 91522 Ansbach Telefon 0981 48840-0 www.anc-mittelfranken.de/

ANC Niederbayern Dr. Walter Richter Achdorferweg 5, 84036 Landshut Telefon 0871 25055

ANC Niedersachsen Dr. Gerd-Dieter von Koschitzky Großer Graben 23, 29664 Walsrode Telefon 05161 73021 www.anc-niedersachsen.de

ANC Nordrhein Dr. Manfred Weisweiler Vogteistr. 16, 52511 Geilenkirchen Telefon 02451 91068-0 www.anc-nordrhein.de

ANC Oberbayern Dr. Dieter Galewski Rosenheimer Str. 41 D 83043 Bad Aibling Telefon 08061 9336-0

ANC Oberfranken Dr. Rainer Woischke Luitpoldstr. 11, 95326 Kulmbach Telefon 09221 66666

ANC Oberpfalz Dr. Ulrich Hoffmann Dr.-Kurt-Schumacher-Str. 1 93133 Burglengenfeld Telefon 09471 5590

ANC Rheinland-Pfalz Dr. Lutz Riedel Am Brand 12, 55116 Mainz Telefon 06131 233442

ANC Saarland Dr. Achim Schweitzer Schwarzenbergstr. 5, 66663 Merzig Telefon 06861 72042

ANC Sachsen Dr. Gunter Linke Lockwitzer Str. 15, 01219 Dresden Telefon 0351 4715807 www.ancsachsen.de

ANC Sachsen-Anhalt Dr. Kay Brehme Weidenplan 16 –17 06108 Halle / Saale Telefon: 0345 226480-0

ANC Schleswig-Holstein Dr. Matthias Tennie Neuer Weg 1 A 24568 Kaltenkirchen Telefon 04191 3021

ANC Schwaben Dr. Thomas Fleiner Frölichstr. 13, 86150 Augsburg Telefon 0821 478665-0

ANC Südwürttemberg Dr. Dirk Albrecht Listplatz 1, 72764 Reutlingen Telefon 07121 3125-0

ANC Thüringen Dr. Philipp Zollmann Post-Carré Engelplatz 8, 07743 Jena Telefon 03641 699300 www.ancthueringen.de

ANC Unterfranken Dr. Harald Herterich Hermann-Löns-Str. 2, 97447 Gerolzhofen Telefon 09382 99992 www.anc-unterfranken.de

ANC Westfalen-Lippe Dr. Holger Brinkmann Krummel 1, 59494 Soest Tel.: 02921 3913340

ANC Südbaden Dr. Alex Furtwängler Wirthstr. 11 A, 79110 Freiburg Telefon 0761 2088200

Arbeitsgemeinschaften Niedergelassener Chirurgen (ANC)

Geschäftsführer und 1. Vorsitzender Dr. Christoph Schüürmann Louisenstr. 53 – 57, 61348 Bad Homburg Telefon 06172 21039

2. Vorsitzender Dr. Philipp Zollmann Post-Carré Engelplatz 8, 07743 Jena Telefon 03641 699300

Schatzmeister Dr. Michael Bartsch Gartenstr. 81, 91154 Roth Telefon 09171 62262

Beisitzer Dr. Gerd-Dieter von Koschitzky Großer Graben 23, 29664 Walsrode Telefon 05161 73021

Beisitzer Dr. Johannes Gensior Mühlenstr. 3 – 5, 41352 Korschenbroich Telefon 02161 64618

Ehrenvorsitzender Dr. Dieter Haack Eierstr. 46, 70199 Stuttgart Telefon 0711 601760-0

Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC)

Rosemarie Plassmann Dorfstr. 6 D, 22941 Jersbek

Telefon 04532 2687560 Fax 04532 2687561 E-Mail [email protected]

BNC Geschäftsstelle

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Baden-Württemberg

Ärztekammer genehmigt erstmals

ausschließliche Fernbehandlung

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg hat bundesweit erstmals

die ausschließliche Fernbehandlung von Privatversicherten geneh-

migt. Wie die Kammer Ende Oktober 2017 mitteilte, wird das auf zwei

Jahre angelegte Modellprojekt von dem in München ansässigen Unter-

nehmen Teleclinic GmbH gemeinsam mit zwei privaten Kranken-

versicherungen getragen und soll im ganzen Südwesten starten. Ein

sogenannter „verantwortlicher Arzt“ soll dabei als Mitglied der Landes-

ärztekammer Baden-Württemberg die gewissenhafte Einhaltung des

berufsrechtlichen Rahmens gemäß der ärztlichen Berufsordnung

sowie Patientensicherheit und Datenschutz garantieren.

Vorangegangen war eine entsprechende Änderung eben dieser

Berufsordnung der Landesärztekammer. Deren Präsident, Dr. Ulrich

Clever, betonte: „Nach intensiven Vorarbeiten sind wir nun die erste

ärztliche Körperschaft in der Bundesrepublik, die Ärzten die aus-

schließliche Fernbehandlung im Rahmen von Modellprojekten erlaubt,

und wir betreten damit Neuland in Deutschland. In Baden-Württem-

berg wird das möglich, was außerhalb Deutschlands längst tägliche

Routine und zukünftig nicht mehr aufzuhalten ist: Arzt und Patient

können sich beispielsweise am Telefon oder via Handy-App begegnen,

und der Arzt darf eine individuelle Diagnose stellen und die Therapie

einleiten.“ Die ärztliche Berufsordnung hatte bislang die ausschließ-

liche Behandlung über Kommunikationsnetze untersagt. (Video-) Tele-

fonie durfte immer nur mit Bestandspatienten erfolgen.

Dr. Clever erklärte weiter: „Der diesjährige Deutsche Ärztetag hat die

baden-württembergische Innovation sehr positiv aufgenommen und

will sie sich zum Vorbild nehmen. Denn wir prüfen jeden einzelnen

Modellantrag sehr kritisch, damit unter anderem Patientensicherheit

und Datenschutz gewährleistet sind. Die Behandlung in einem von uns

genehmigten Modellprojekt darf ausschließlich durch unsere Kam-

mermitglieder – Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg – vorge-

nommen werden – nicht etwa durch im Ausland ansässige und tätige

Ärzte.“ Weitere Anträge auf Modellprojekte seien bereits in der Pipeline,

unter anderem auch für gesetzlich Krankenversicherte, ergänzte der

Kammerpräsident: „Wir gehen davon aus, dass ein erster diesbezüg-

licher Antrag bald entscheidungsreif vorliegend wird.“

Eine begleitende wissenschaftliche Evaluation werde kontinuier-

lich überprüfen, ob den Patienten auch bei der ausschließlichen Fern-

behandlung die gleiche Qualität und Expertise wie in der Arztpraxis

oder im Krankenhaus geboten werde. Wann immer die Behandlung

auf Distanz im Einzelfall unmöglich sei, werde auf entsprechende

regionale Experten und Behandlungsangebote verwiesen. Lebens-

bedrohliche Notfälle würden immer sofort an die Rettungsleitstelle

weitergegeben.

Kontakt: www.aerztekammer-bw.de

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Ihr Dr. Volker Herzog

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017

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20 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Regional

Aktivitäten der ANC und LAO: Was ist los in Ihrer Region ?

Die Rubrik „Regional“ ist ein Marktplatz für regionale Nachrichten. Lassen Sie

die Redaktion und damit auch die Leser unseres gemeinsamen Magazins an

den Aktivitäten Ihrer ANC und Ihres LAO teilhaben. Bitte informieren uns über

alle Neuigkeiten aus Ihrer Region – etwa über Personalia, wenn Sie mit einer

politischen Aktion für Wirbel sorgen, wenn Sie Selektivverträge aushandeln,

wenn Sie innerhalb Ihrer KV für die Interessen Ihrer Fachgruppen kämpfen oder

wenn Sie im Zuge einzelner Projekte mit anderen Verbänden kooperieren.

Kontakt: Antje Thiel, Redaktion Chirurgen Magazin + BAO Depesche

Tel.: 04121 2763634, Fax: 04121 2764948, [email protected]

Thüringen

Sektorenübergreifende Behandlung und Vergütung mit einer Hybrid-DRG

Wer in den vergangenen Jahren

regelmäßig auf chirurgischen Kon-

gressen Sitzungen besucht hat, in

denen neue sektorenübergreifende

Modelle vorgestellt wurden, dem ist

das Thüringer Pilotprojekt vermut-

lich bereits ein Begriff. Denn sein

Initiator Dr. Stephan Dittrich, nieder-

gelassener Chirurg und langjähriger

Leiter des Bundeskongress Chirurgie,

hatte immer wieder einmal über den

aktuellen Zwischenstand des Pro-

jekts berichtet, dessen Planung vom

Konzept bis zur Vertragsverhandlung

sich über etliche Jahre erstreckte.

Den Anstoß zu dem Projet hatte

Dittrich 2013 beim Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg gegeben,

wo neben den Berufsverbänden der Kollegen auch Management-Netz-

werke, Industrie, Fachhandel und der Spitzenverband der gesetzlichen

Krankenkassen (GKV) vor Ort waren und Interesse an Dittrichs Plänen

bekundeten. Nun also ist das Pilotprojekt gestartet.

Vertragspartner sind die Techniker Krankenkasse (TK) Thüringen

und die „NAO GmbH – Kliniknetz für Integrative Medizin“. Ebenfalls

an der Planung beteiligt waren der Berufsverband der deutschen Chi-

rurgen (BDC) sowie viele Praktiker vor Ort, als weitere Krankenkasse

ist die KKH Kaufmännische Krankenkasse mit an Bord. Ziel ist es, die

aus der strikten Trennung der Sektoren resultierenden Fehlanreize zu

beseitigen. Dabei herausgekommen ist ein völlig neues Vergütungs-

modell nach dem Grundsatz „gleiches Geld für gleiche Leistung“.

Grundlagen für die neuen „Hybrid-DRG“ sind die Fallpauschalen im

Krankenhaus (DRG) und der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM).

Hieraus hat man einen Mischpreis für operative Eingriffe kalkuliert.

Die im Rahmen des Pilotprojekts abrechenbaren Honorare machen das

Ambulante Operieren in Thüringen endlich wieder zu wirtschaftlich

attraktiven Leistungen. Während ein niedergelassener Chirurg für eine

ambulante Leistenbruchoperation regulär nur gut 600 Euro abrechnen

kann, wird derselbe Eingriff stationär bislang mit 2.000 bis 2.500 Euro

vergütet. Im Thüringer Pilotprojekt zahlt die TK nun eine Hybrid-DRG

in Höhe von 1.600 Euro für eine Leistenbruch-OP, unabhängig davon, ob

der Eingriff in einer Klinik oder in einer Arztpraxis erfolgt. Die Gleich-

stellung von Kliniken und Arztpraxen gilt auch für Begleitleistungen

und Nachbehandlung. Neben Leistenbruchoperationen können auch

Kreuzband-Operationen am Knie, Varizenoperationen und Eingriffe bei

Karpaltunnelsyndrom mit der Hybrid-DRG abgerechnet werden.

Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung im Freistaat, erwartet

auch eine deutliche Entbürokratisierung: „So entfällt für teilnehmende

Krankenhäuser die heute leider oft notwendige Abrechnungsprüfung

durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).“ NAO-

Geschäftsführerin Suzanne Marx betont einen zentralen Vorteil für die

niedergelassenen Ärzte: „Sollte aus medizinischen Gesichtspunkten

ein kurzstationärer Eingriff notwendig sein, steht diese Option nun-

mehr uneingeschränkt zur Verfügung.“

Bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) stößt das neue

Thüringer Modell hingegen auf wenig Gegenliebe – obwohl völlig klar

ist, dass medizinisch indizierte stationäre Behandlungen vom Pilot-

projekt nicht berührt werden. DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum

erklärte unmittelbar nach der Bekanntmachung der TK: „Die Techniker

Krankenkasse verkennt, dass es hier nicht um gleiches Geld für gleiche

Leistung geht. Was sie will, ist gleiches Geld für unterschiedliche Leis-

tungen. Bei Leistungen, die sowohl ambulant als auch stationär durch-

geführt werden können, sind sehr oft die Begleiterkrankungen Grund

für die stationäre Aufnahme.“

Dessen ungeachtet vermeidet Dittrich Vorwürfe in Richtung Kran-

kenhaussektor. Für ihn geht darum, zu den chirurgischen Wurzeln

zurückzukehren und für den jeweiligen Patienten das Richtige zu tun.

In den vergangenen Jahren hat

Dr. Stephan Dittrich auf Kongressen

regelmäßig über den aktuellen Stand

seines Pilotprojekts berichtet

Ob im Krankenhaus oder in der chirurgischen Praxis – Tracer-Eingriffe,

die im Rahmen des neuen Thüringer Pilotprojekts erbracht werden,

können mit einheitlichen Hybrid-DRG abgerechnet werden, die deutlich

über den regulären EBM-Erlösen liegen

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Regional

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Niedersachsen

Ärztekammer fordert neue Landesregierung auf, gegen Ärztemangel vorzugehen

„Um die ärztliche Versorgung in Niedersachsen langfristig zu sichern,

fordere ich die im Landtag vertretenen Parteien dazu auf, dem drohen-

den Ärztemangel konsequent entgegenzusteuern!“ Mit diesen Worten

appellierte Dr. Martina Wenker, Präsidentin der

Ärztekammer Niedersachsen, Ende Oktober an die

neugewählte Landesregierung. In einigen länd-

lichen Regionen des Landes mangele es bereits

heute spürbar an Fachärzten.

„Ich halte es für dringend erforderlich, dass die

Politik rasch die Voraussetzungen dafür schafft,

die Zahl der Medizinstudienplätze an allen deut-

schen Hochschulen wieder deutlich zu erhöhen,

nachdem diese in den vergangenen 25 Jahren bun-

desweit von 16.000 auf 9.000 verringert worden ist.

Wir benötigen 1.000 neue Medizinstudienplätze

deutschlandweit, an den niedersächsischen Hoch-

schulen mindestens 100“, forderte die Kammer-

präsidentin mit Blick auf die laufenden Koalitions-

verhandlungen in Hannover und Berlin. Vor dem

Hintergrund des Anstiegs der Zahl ausländischer Ärzte in Niedersach-

sen von 3.282 im Jahr 2013 auf 4.327 im Jahr 2016 warnte Dr. Wenker

aber auch davor, die ärztliche Versorgung zu sehr auf Einwanderer zu

stützen: „Diese Ärzte fehlen dann für die ärztliche

Versorgung in den Herkunftsländern – wie zum

Beispiel in Rumänien, Bulgarien, der Ukraine oder

Griechenland.“

Angesichts der bevorstehenden Pensionierungs-

welle der geburtenstarken Jahrgänge in den kom-

menden zehn bis 15 Jahren erreiche der Ärzteman-

gel bald eine problematische Dimension: „Auf der

einen Seite kommen auch viele aktive Ärzte in das

Rentenalter, und auf der anderen Seite steigt der

Versorgungsbedarf, weil ältere Menschen bekannt-

lich mehr medizinische Unterstützung benötigen.

Die künftige Landesregierung trägt Verantwortung

und muss jetzt handeln“, betonte Dr. Wenker.

Kontakt: www.aekn.de

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Warnt davor, sich bei der ärztlichen

Versorgung zu sehr auf Einwanderer

zu stützen: die Präsidentin der LÄK

Niedersachsen, Dr. Martina Wenker

Page 22: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

22 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Regional

Hamburg

55 Prozent der Patienten in Notaufnahmen ohne dringliche Beschwerden

Wenn immer mehr Patienten nicht mit Blaulicht in die Notaufnahme

gebracht werden, sondern vereinzelt sogar mit dem Fahrrad angera-

delt kommen, dann läuft etwas falsch im Gesundheitswesen. Und so

diskutieren Gesundheitspolitiker und Standesvertreter in letzter Zeit

immer häufiger über mögliche Strategien zur Patientensteuerung. Wer

im Zuge dieses Diskurses allerdings bislang nicht befragt wurde, waren

die Patienten selbst.

Die Studie „Patientinnen und Patienten in Notaufnahmen“ (PINO)

liefert nun erstmals umfangreiche Daten zur Motivation und zur

Selbsteinschätzung von Patienten, die Notaufnahmen aufsuchen. Hier-

für wurden über einen Zeitraum von acht Monaten zwischen Oktober

2015 und Juli 2016 in drei Krankenhäusern in Hamburg sowie in zwei

Kliniken in Schleswig-Holstein insgesamt 1.299 Patienten in ausführ-

lichen Interviews befragt. Ziel war es herauszufinden, wer die Notauf-

nahme aus welchen Gründen aufsucht und wie dringlich er diesen

Besuch selbst einschätzt.

Die zentrale Erkenntnis, zu der Studienleiter Prof. Martin Scherer

vom Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) dabei gelangt

ist: Nur gut 45 Prozent der im Rahmen der PINO-Studie befragten

Patienten hielten ihre Beschwerden selbst für wirklich dringlich. Diese

Selbsteinschätzung stimmt auch längst nicht immer mit der Einschät-

zung des Pflegepersonals überein – der Anteil echter Notfälle ist also

eigentlich noch geringer.

Auch weitere Zahlen geben Anlass zur Sorge: So kannte nicht

einmal ein Drittel der Patienten den fahrenden Notdienst der Kas-

senärztlichen Vereinigung (KV), der bundesweit unter der Nummer

116 117 zu erreichen ist. Mehr als die Hälfte wussten nicht Bescheid

über die nächstgelegene Notfallpraxis. Gut ein Viertel gab an, dass

sie die Notaufnahme aufsuchen, weil keine Hausarztpraxis geöffnet

habe.

Prof. Scherer schließt aus den Daten, dass hinter der Inanspruch-

nahme der Notaufnahme im Krankenhaus „ein Potpourri individueller

Beweggründe und Erwartungen“ steckt: „Da gibt es zum einen eine

gewisse Affinität zum Krankenhaus an sich. Patienten glauben, dort gut

versorgt zu werden, weil immer jemand da ist und alle Fachrichtungen

vertreten sind – selbst wenn man dafür ein paar Stunden Wartezeit in

Kauf nehmen muss.“

Zum anderen offenbart die PINO-Studie aus seiner Sicht eine

erschreckend geringe Gesundheitskompetenz der Patienten – und

zwar sowohl was die Einschätzung ihrer eigenen Symptome als auch

die Kenntnis des ambulanten Versorgungsangebots angeht: „Viele

Menschen wissen ganz einfach nicht, mit welchen Beschwerden man

wann wo hingehen sollte“, erklärt Prof. Scherer.

Manche Gesundheitspolitiker oder Standesvertreter glauben,

dass Patienten sich im Grunde nicht umerziehen oder steuern las-

sen. Andere würden angesichts der offensichtlichen Fehlsteuerung

in Notaufnahmen am liebsten eine Eigenbeteiligung bzw. Gebühr für

Patienten einführen. Prof. Scherer allerdings hält das Problem für eine

gesellschaftspolitische Frage: „Wollen wir die freie Arztwahl erhalten

oder wollen wir Patienten ganz gezielt steuern?“

Er selbst setzt auf Kommunikation und Gesundheitserziehung,

selbst wenn es sich dabei um ein Generationenprojekt handelt: „Pati-

enten müssen ein besseres Bewusstsein für ihren eigenen Körper und

seine Symptome entwickeln. Außerdem brauchen wir ein Erwartungs-

management im Gesundheitswesen, auch wenn das eigentlich ein

Business-Begriff ist. Wenn Patienten klar ist, welche Versorgung sie

an welcher Stelle realistischerweise vom Gesundheitswesen erwarten

dürfen, dann ist das ein sanfterer Weg als gleich die freie Arztwahl ein-

zuschränken“, meint Prof. Scherer.

Den langen, aber möglicherweise nachhaltigeren Weg der Kommu-

nikation unterstützen auch die KV-Chefs aus Hamburg und Schleswig-

Holstein. Sie wollen die Nummer des kassenärztlichen Notdienstes

116 117 bekannter machen und die Bevölkerung intensiver als bisher

darüber informieren, welche Erkrankungen in der Regel ambulant

behandelt werden.

Entlastung der Notaufnahmen: Gesundheitskompetenz stärken, Versorgungsstrukturen erklären, Patienten steuern

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Marburger Bund

haben Mitte September 2017 ein gemeinsames Konzeptpapier zur integra-

tiven Notfallversorgung vorgestellt. Sie setzen auf die Einrichtung gemein-

samer medizinischer Anlaufstellen durch die Vertrags- und Krankenhausärzte-

schaft grundsätzlich am Krankenhaus, auf die (IT-technische) Vernetzung

beider Strukturen, auf ein einheitliches System zur Ersteinschätzung an

allen primären Anlaufstellen, die zudem telefonisch vernetzt werden, auf die

Koordination der über die unmittelbare Notfallbehandlung hinausgehenden

Versorgung und auf die Sicherstellung der erforderlichen Teilnahme am ver-

tragsärztlichen Bereitschaftsdienst. www.kbv.de/html/31065.php

Einer Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahre 2016 zufolge hat mehr

als die Hälfte der Menschen in Deutschland erhebliche Mühe, sich in der stän-

dig anwachsenden Fülle an Gesundheitsinformationen zurechtzufinden und

Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen. Dem wollen die Univer-

sität Bielefeld, der AOK-Bundesverband und die Hertie-School of Governance

mit einem „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ entgegenwirken.

www.tinyurl.com/Studie-Gesundheitskompetenz

Das Anfang September 2017 vorgestellte Gutachten des Aqua-Instituts

schlägt vor, dass spezialisierte Pflegekräfte in den Notaufnahmen eine Erstein-

schätzung von Notfallpatienten vornehmen sollen. Daneben soll es unter der

Nummer 116 117 eine telefonische Erstberatung geben, die Patienten bei

Bedarf an die diensthabende Bereitschaftspraxis oder an die Notrufnummer

112 weitervermitteln kann. www.tinyurl.com/Aqua-Institut

Der Sachverständigenrat Gesundheit arbeitet derzeit an einem Gutachten

zur bedarfsgerechten Steuerung des Angebots und der Inanspruchnahme von

Gesundheitsleistungen. Ein wichtiger Teilbereich hiervon wird die Notfallver-

sorgung (Optionen zur Veränderung der Struktur, Organisation und Finanzie-

rung) sein. Hierbei wird ersten Angaben zufolge u. a. die Zusammenlegung

der Notfallnummern 112 und 116 117 befürwortet. Die Veröffentlichung des

Gutachtens ist für Frühjahr 2018 geplant. www.svr-gesundheit.de

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Regional

Laut der Bonner Venenstudie1 leiden bis zu 60% der erwachsenen

Be völ kerung an Besenreisern oder retikulären Varizen. Als Therapie-

methode der ersten Wahl gilt laut Leitlinie2 die [Mikro-Sklerotherapie].

In ca. 15 Minuten können Besenreiser und retikuläre Varizen durch

Injektionen ausgeschaltet werden. Die [Mikro-Sklerotherapie] bietet

ein interessantes Potenzial für Ihre Praxis oder Klinik – und das ohne

hohe Investitionen für Therapiegeräte.

Gerne unterstützen wir Sie und Ihre Patienten mit unseren Ratgebern

und weiterem Servicematerial. Weitere Informationen fi nden Sie unter

www.kreussler-pharma.de.

1 Rabe et al. Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Phlebologie 2003;32:1-142 Rabe et al. Leitlinie: Sklerosierungsbehandlung der Varikose; www.phlebology.de/leitlinien-der-dgp-mainmenu2 Rabe et al. Leitlinie: Sklerosierungsbehandlung der Varikose; www.phlebology.de/leitlinien-der-dgp-mainmenu

Chemische Fabrik Kreussler & Co. GmbH • Postfach 12 04 54 • D-65082 Wiesbaden

[Mikro-Sklerotherapie]Therapie mit Potenzial

Nordrhein

Fachtagung: Ressourcen für einen Strukturwandel im Gesundheitswesen fehlen

Am 17. Oktober 2017 fand in Düsseldorf unter dem Titel „Reichen die

Ressourcen?“ eine Fachtagung der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-

rhein (KVNo) statt. Mit dabei waren Prof. Günter Neubauer vom Mün-

chener Institut für Gesundheitsökonomik, Dr. Dominik Graf von Stillfried,

Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung,

der KNVO-Vorstandsvorsitzende Dr. Frank Bergmann und Matthias

Mohrmann vom Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg. Als Moderator

fungierte Wolfgang van den Bergh, Chefredakteur der Ärzte Zeitung.

Dr. Bergmann präsentierte unter anderem auch aktuelle Kennzahlen

für die allgemeine fachärztliche Versorgung. Demnach liegt z. B. der Ver-

sorgungsgrad für die Fachgruppe der Chirurgen bei 156 Prozent, was 129

Ärzten oberhalb der Sperrgrenze entspricht. Allerdings gehe der Trend bei

den niedergelassenen Vertragsärzten über alle Fachrichtungen hinweg zu

mehr Angestelltenverhältnissen, von denen viele vorzugsweise in Teilzeit

arbeiten. Entsprechend sinke die durchschnittliche Arbeitszeit pro Arzt.

Allerdings habe die KV kaum Möglichkeiten, diesen Trends entge-

genzuwirken. Sie könne weder den Zugang zum Medizinstudium, noch

die Fächer- oder Schwerpunktwahl der Medizinstudierenden beein-

flussen. Auch auf die Attraktivität der Praxisstandorte – Stichworte

Arbeitsplätze für Parterinnen und Partner, Verkehrsinfrastruktur und

Kinderbetreuungsmöglichkeiten – habe die KV keinen Einfluss. „In toto

haben wir ausreichende Ressourcen im System, aber wir brauchen eine

andere Verteilung und eine prospektive Planung“, sagte Dr. Bergmann.

Als Beispiel nannte er die Notfallversorgung. „Wir könnten Geld sparen,

etwa mit einer gemeinsamen Notfallversorgung und richtiger Zuord-

nung der Patienten. Für den Aufbau der dafür nötigen Strukturen benö-

tigen wir aber erstmal Geld.“

Auch Dr. von Stillfried betonte, dass für den Strukturwandel, der

nötig ist, um ambulante Potenziale konsequent zu nutzen, Investiti-

onen nötig seien – die Dänen hätten es mit ihrer Krankenhausstruktur

vorgemacht. „Dafür braucht es aber auch neue gesetzliche Regelungen,

denn derzeit können ärztliche Leistungen nur rückwirkend vergütet

werden.“ AOK-Vorstand Mohrmann sah ebenfalls „großes Umvertei-

lungspotenzial“, aber auch hohe Hürden. „Mehr Geld für die KVen kann

es nur bei einer entsprechenden Verlagerung der Versorgung geben.“

Prof. Neubauer mahnte eine konsequente Regionalisierung an –

auch bei Teilen der Vergütung, die ebenso dezentral geregelt werden

solle wie die Versorgung insgesamt. „Die Planwirtschaft im Gesund-

heitswesen kann die Probleme nicht lösen – vor allem das Grund-

problem nicht: Die Entwicklung des Bedarfs an medizinischer Versor-

gung läuft den Ressourcen ständig davon.“ Prof. Neubauer widmete

sich auch der aktuelle Einkommenssituation der Vertragsärzte. Ein

entscheidender Parameter seien die Opportunitätskosten, sprich: die

Überlegung, auf welche berufliche Alternative – und damit auf welches

Einkommen – ein Vertragsarzt verzichtet, wenn er sich niederlässt.

Angesichts von Deckungslücken bei den Honoraren und der erforder-

lichen Praxisinvestition scheuten immer mehr Nachwuchsärzte die

Niederlassung.

Auf der taktisch-operativen Ebene empfahl Prof. Neubauer, eine

Lücke im Standardbewertungssystem (STABS) zu schließen und einen

kalkulatorischen Unternehmerlohn einzuführen. Dieser solle sich aus

dem kalkulatorischen Arztlohn, dem Zins für Eigenkapital und der

unternehmerischen Risikoentlohnung zusammensetzen. Letzterer

werde im STABS bislang nicht berücksichtigt, könne aber durch einen

Aufschlag von etwa 15 Prozent geleistet werden, der zugleich als Inves-

titionszulage fungieren würde.

Weitere Informationen: www.tinyurl.com/Fachtagung-KVNO

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24 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Die eine oder andere Situation kommt Ihnen doch bekannt vor?

Dann wird es Zeit für den Patienten Norbert Neues. Und wenn Sie es

detailgenau mögen, für Dora Dringlich, Theo Team und Zacharias Ziffer.

Patientenakten mit fiktiven Namen

Norbert, Dora, Theo und Zacharias sind fiktive Patienten mit eige-

nen Patientenakten, über deren „Zustand“ sich alle Teammitglieder zu

Dienstbeginn informieren müssen.

Manchmal gehen Details im Informationsfluss der Praxis verloren,

weil sich zwar alle im Chaos einigermaßen zurechtfinden, die Über-

gabe aber nicht geregelt ist. Nutzen auch Sie die in vielen Praxen

bereits bewährte Teamarbeit mit Kommunikationsakten – und die

Übergabe gelingt.

Der Informationsfluss in Ihrer Praxis funktioniert immer reibungs-

los? Dann kennen Sie folgende Situationen aus Ihrem Arbeitsalltag

vermutlich nicht:

Ihre Teilzeitkraft, die wie immer am Mittwoch kommt, soll eigent-

lich sofort über die Ergebnisse der kurzfristig anberaumten Team-

besprechung vom Montag informiert werden. Nur: Wer hat für diese

Übergabe Zeit?

Während Sie dienstfrei hatten, wurde in der Praxis eine neue Pau-

senregelung beschlossen. Und auch im DMP, das Sie betreuen, gab es

Änderungen. Nur: Wo finden Sie diese Änderungen dokumentiert?

Für die Abrechnung gelten neue Ziffern. Wodurch erfahren Sie nach

Ihrem Urlaub davon?

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Praxisteam

Mit Kommunikationsakten verbessern Sie den Informationsaustausch in Ihrer PraxisWie kommunizieren Sie in Ihrer Praxis? Auf standardisierten Wegen? Sie verfügen also jederzeit über alle

Informationen zu Patientendaten, zu Änderungen in der Praxisorganisation, zu neuen Ziffern, Vorschriften und

Regeln, um ihre Arbeit richtig und gut zu machen? Oder stockt der Informationsfluss in Ihrer Praxis?

Von Silke Uhlemann

Service

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Silke Uhlemann

Redakteurin „MFA exklusiv“

Goethestraße 66

80336 München

Tel.: 089 4522809-16

[email protected]

www.medizinischefachangestellte.de

Urlaubsplanung: So erreichen Sie eine faire Urlaubsplanung für 2018 in Ihrem Praxisteam

In manchen Praxen beginnt um die Weihnachtszeit herum der Streit um die

Urlaubsplanung für das nächste Jahr. Die eine Kollegin hat schon gebucht und

stellt das Team vor vollendete Tatsachen. Die andere will entlich auch einmal zu

Pfingsten verreisen, die nächste kann wegen ihrer Familie aber nur zur selben

Zeit… Zu oft gibt es in Praxisteams Zank wegen der verflixten Urlaubsplanung. Bei

Ihnen auch? So bekommen Sie das dieses Mal besser hin.

Urlaub ist ein emotional besetztes Thema. Die „schönsten Tage des Jahres“ wol-

len wir mit unseren Lieben verbringen und nach unseren Wünschen und Bedürf-

nissen gestalten. Klappt das nicht, ärgern wir uns. Und so geht es jeder einzelnen

Kollegin!

Eine gelungene Urlaubsplanung ist auch Einstellungssache: Versuchen Sie,

neben Ihren Bedürfnissen und Wünschen die Ihrer Kolleginnen als gleichwertig zu

sehen. Akzeptieren Sie, dass die Terminierung des Urlaubs Verhandlungssache ist

und am Ende oft Kompromisse herauskommen werden. Außerhalb eines Praxis-

urlaubs können eben nicht alle gleichzeitig in den Urlaub gehen. Und auch wenn

Sie Kinder haben und die Kollegin nicht, wäre es unfair, wenn die Kollegin deswe-

gen immer nur im Februar und November Urlaub nehmen könnte (es sei denn, sie

möchte das, weil sie ohnehin Fernreisen liebt).

Nutzen Sie einen Wunschkalender:

Regen Sie an, dass noch vor Weihnachten ein „Urlaubswunschkalender“ aus-

gehängt wird, in dem jedes Mitglied des Praxisteams – unverbindlich – seine

Wunschurlaubszeiten eintragen darf.

Sobald Sie sehen, dass es Überschneidungen gibt, sprechen Sie die Kolleginnen

darauf an.

Versuchen Sie, eine Lösung zu finden, mit der beide Teammitglieder leben können:

Vielleicht können nicht beide die ganzen Pfingstferien freihaben, aber eine Kolle-

gin die erste Woche und eine die zweite? Oder sie wechseln sich ab: 2018 fährt

die eine Kollegin während der kompletten Pfingstferien weg, 2019 die andere.

Tipp: Besprechen Sie in der nächsten Teamsitzung zudem die Regelung für die

Brückentage 2018. Vielleicht plant die Praxisleitung ja die eine oder andere Praxis-

schließung? Dann können Sie noch ein paar freie Tage am Stück genießen!

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 25

Legen Sie in Ihrer Praxissoftware fiktive Patienten mit sprechenden

Namen als Kommunikationsakten an und notieren Sie darin wich-

tige Informationen und Hinweise für Ihre Kolleginnen. Im Unter-

schied zu handschriftlichen Zetteln oder To-do-Listen können diese

Akten nicht verlorengehen.

Unter Norbert Neues hinterlegen Sie oder Ihre Kolleginnen immer

sofort Änderungen medizinischer Vorgaben und Richtlinien sowie

Handlungsanweisungen für Ihre tägliche Arbeit, zum Beispiel: Stuhl-

test nur noch mit iFOBT-Verfahren statt Hämoccult; Herrn Übelhör

immer direkt zum Chef durchstellen etc.

Dora Dringlich enthält wichtige Informationen wie: Praxisbegehung

am Freitag; der Ehemann von Frau Schmidt ist am Montag verstor-

ben; korrigiertes Heilmittelrezept von Frau Schön an Massagepra-

xis Seiler schicken; Frau Bolz anrufen, sobald ihr Kurantrag unter-

schrieben ist; Macumar-Ausweis von Herrn Maier an das Altenheim

faxen etc.

Mittels Theo Team informieren Sie sich über Team-Interna: Annika

und Günel haben die Schicht getauscht; Martina hat am Mittwoch

einen Zahnarzttermin und kommt zwei Stunden später; Beate

bringt am Freitag einen Kuchen mit etc.

Zacharias Ziffer schließlich kennt sich aus mit geänderten Ziffern

und Abrechnungsvorschriften aus EBM und GOÄ.

Wichtig: Legen Sie nur wenige Akten für die Kommunikation an.

Nutzen Sie die fiktiven Patienten niemals zum Üben von Einga-

ben und tragen Sie keine Ziffern ein. Und falls Sie fiktive Patienten

nicht mögen: Es gibt auch Praxissoftware mit To-do-Listen für das

Personal.

Jede Kollegin weiß Bescheid

Künftig genügt morgens ein kurzer Blick in die Patientenakten, und

jedes Teammitglied ist umfassend informiert. Am Start eines neuen

Praxistages heißt es daher:

Umziehen,

Desinfizieren,

Kommunikationsakten anschauen,

Mit Kürzel, Datum und Uhrzeichen abzeichnen.

Sorgfältige Pflege jeder Akte

Nicht nur die internen Kommunikationsakten müssen aktuell sein –

Ihre gesamte Patientendatei lebt von gewissenhafter, sorgfältiger Pflege.

Folgende Punkte sollten dabei nicht vergessen werden:

Überprüfen Sie tagesaktuell die medizinische Dokumentation des

Arztes: Hat er alle Untersuchungen, Befunde, Verordnungen und

Rezepte vollständig eingetragen?

Denken Sie daran, auch mitgegebene Medikamente aus den Bestän-

den Ihrer Praxis sofort sauber in der Patientenakte zu dokumentie-

ren. Achten Sie also auch darauf, ob Ihr Chef ein Medikament über

den Tresen reicht. Lassen Sie es sich dann kurz geben, damit Sie den

Namen und die Dosierungsanweisung in der Akte des Patienten

notieren können. É

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Service

Fortbildung: Termine für das Praxisteam

2. Dezember 2017, Hamburg Impfkurs: Basiswissen SchutzimpfungenInhalte u. a.: Basiswissen Immunsystem, Prävention von Infektionskrankheiten, Ständige Impfkommission (STIKO), aktuelle Empfehlungen, Aufklärung und Dokumentation, Basiswissen Impfstoffe (Handhabung, Anwendung, altersge-mäßer Einsatz)Information und Anmeldung:Fortbildungsakademie der Ärztekammer Hamburg, Höbke PrielippRegina Schwieger-Weinreis und Marina StechWeidestraße 122 b, 22083 Hamburg, Tel.: 040 202299-250, [email protected]

2. Dezember 2017, Berlin Sachkundenachweis „Sichere Probengewinnung von Blut und Blutbestandteilen“Inhalte: Grundlagen, venöse und kapillare Blutentnahme, QM, RiliBÄk, KRINKOInformation und Anmeldung:Bildungswerk für Gesundheitsberufe, Andrea FolwerkTel.: 0561 2086-4815, [email protected]

6. Dezember 2017, Hamburg SprechstundenbedarfInhalte u. a.: Rechtliche Grundlagen, Grundausstattung und Ersatzbeschaf-fung, Wirtschaftlichkeitsgebot, richtige Verordnung, Prüfungsarten, praktische ÜbungenInformation und Anmeldung:Fortbildungsakademie der Ärztekammer Hamburg, Höbke PrielippRegina Schwieger-Weinreis und Marina StechWeidestraße 122 b, 22083 Hamburg, Tel.: 040 202299-250, [email protected]

6. Dezember 2017, Rostock Neuer Gehalts- und Manteltarifvertrag für Medizinische FachangestellteInhalte: Veränderungen ab 1. Januar 2018, Chancen der Tätigkeitsgruppen im Gehaltstarifvertrag auch ohne direkte TarifbindungInformation und Anmeldung:Verband medizinischer Fachberufe e. V., Landesverband NordAnett Haack, Tel.: 0151 21063348, [email protected]

27. Januar 2018, Stuttgart 25. Tag der Medizinischen FachangestelltenInhalte: Potenziale der Tarifverträge für Medizinische Fachangestellte kennen und optimal nutzen, Einarbeitung leicht gemachtInformation und Anmeldung:Verband medizinischer Fachberufe e. V., Landesverband SüdStefanie Teifel, Tel.: 07936 990954-0, [email protected]

24. Februar 2018, Nürnberg Tag der Medizinischen Fachangestellten im Rahmen des Bundeskongress ChirurgieInhalte: Grundlagen der modernen Wundversorgung, Wundreinigung, Wund-auflagen, Verbandtechniken, Abrechnung von Verbänden und Wundversor-gung nach GOÄ, Hygienemanagement in der Praxis Information und Anmeldung:MCN Medizinische Congressorganisation Nürnberg AGMiriam Quanz, Tel.: 0911 39316-39, Fax: 0911 39316-20 [email protected]

3. bis 24. März 2018, Stuttgart20. April bis 9. Juni 2018, Köln Fachzertifikat – Ambulantes Operieren für Medizinische Fachangestellte und Medizinisches AssistenzpersonalInhalte: Auf Basis des Curriculums der Bundesärztekammer. Gesamtdauer 60 Stunden. Information und Anmeldung:Bildungswerk für Gesundheitsberufe, Anne GerlachTel.: 0561 2086-4815, [email protected]

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26 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Weder das Sozialgericht noch das Sächsische Landessozialgericht

haben diese Argumentation gelten lassen. In einer Mitteilung des LSG

hierzu heißt es: „Wurde ein Versicherter in einem Krankenhaus statio-

när behandelt, obwohl dies nicht im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V

erforderlich war, weil eine ambulante Krankenbehandlung ausgereicht

hätte, steht dem Krankenhausträger weder ein Vergütungsanspruch

nach dem DRG-Fallpauschalensystem noch ein bereicherungsrecht-

licher Anspruch zu.“

Ambulante Versorgung ist vorrangig zu nutzen

Dies gelte auch dann, wenn die ambulante Behandlung für die Kran-

kenkasse höhere Kosten als die stationäre Krankenhausbehandlung

verursacht hätte. Nach der Konzeption des Gesetzgebers sei die ambu-

lante vertragsärztliche Versorgung vorrangig

zu nutzen. Es handele sich daher um eine Fehl-

belegung, weil die vollstationäre Krankenhaus-

behandlung nicht erforderlich gewesen sei.

Das LSG betonte, die Beurteilung dieser Frage

richte sich allein nach medizinischen Erforder-

nissen. Solche medizinischen Gründe lagen in

den entschiedenen Fällen nach Auffassung des

Gerichts nicht vor. Hinzu kommt, dass die öffent-

lichen Apotheken bei der Abgabe von Medika-

menten an die vorgegebenen Preise gebunden

sind. Diese gesetzliche Vorgabe könnte durch die

Kostenvorteile der Krankenhausapotheke unter-

laufen werden.

Fehlbelegungsprüfungen binden

viele Ressourcen

Rechtsstreitigkeiten wie die in Sachsen ver-

handelten sind keine Einzelfälle. Fehlbelegungs-

prüfungen durch den Medizinischen Dienst der

Krankenkassen (MDK) überschreiten teilweise

schon 50 Prozent der Fallzahl onkologischer

Krankenkassen müssen die Kosten stationärer Behandlungen nicht

bezahlen, wenn die Patienten statt im Krankenhaus ebenso gut ambu-

lant behandelt werden können. Das hat das Sächsische Landessozial-

gerichts (LSG) in mehreren Urteilen in zweiter Instanz entschieden

(Aktenzeichen L 1 KR 244/16, 233/16, 257/16, 23/17, 49/17 und 50/17

vom 30. Mai 2017).

Das Krankenhaus hatte gegen die Entscheidung der Krankenkasse

beim Sozialgericht Klage erhoben. Es argumentierte, es sei nicht abzu-

sehen gewesen, dass die Chemotherapie komplikationslos verlaufen

werde. Außerdem sei die Therapie als stationäre Behandlung günstiger

als eine ambulante Behandlung. Die Medikamente über Apotheken zu

beziehen, würde höhere Kosten verursachen.

Aktuelles zum Arztrecht vom BNC-Justiziar

LSG Sachsen stärkt Schutzvorschriften für Ärzte und Apotheker gegenüber KlinikenSelbst wenn eine ambulante Versorgung im vertragsärztlichen Sektor die Krankenkasse im Einzelfall teurer

zu stehen kommt als eine stationäre Versorgung, gilt dennoch der Leitsatz „ambulant vor stationär“, wie das

Landessozialgericht Sachsen klargestellt hat. Für vertragsärztliche Berufsverbände ein wichtiges Urteil.

Service

Von Jörg Hohmann

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Die ambulante vertragsärztliche Versorgung ist gegenüber der stationären Versorgung im Krankenhaus

vorrangig zu nutzen. Dies hat das LSG Sachsen in Bezug auf die Chemotherapie entschieden

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 27

Stationen, im Fall einer von uns anfragenden Klinik eines Universi-

tätsklinikums führte der MDK sogar in 63 Prozent der Fälle Fehlbe-

legungsprüfungen durch. Das ist ein enormer und auch nicht ganz

preiswerter bürokratischer Aufwand auf beiden Seiten. Die Universi-

tätsklinik hat entsprechend bereits mehrere Personen ausschließlich

für das Heraussuchen und Zuarbeiten der Unterlagen für den MDK

angestellt.

Überwiegend kann die Erforderlichkeit der stationären Behand-

lung dabei dargestellt werden. Die Notwendigkeit der Aufnahme ist

zu Beginn nicht immer klar ersichtlich. Gerade bei Tumorpatienten

(je nach Stadium und Gesamtkonstitution) ist eine Chemotherapie

nicht selten mit schweren Unverträglichkeiten verbunden. Dennoch

gilt davon unabhängig, dass diese Therapien im Regelfall ambulant

durchgeführt werden können. Dafür steht den Kliniken im Regelfall

auch die Abrechnungsmöglichkeit der teilstationären Versorgung zur

Verfügung (oder gegebenenfalls der Ambulanten Spezialfachärztlichen

Versorgung, ASV), so dass die Fälle nicht automatisch in die ambulante

Versorgung wandern.

Für die Krankenkassen nicht immer ein lohnendes Geschäft

Für die Kassen lohnt sich die Verdrängung der betreffenden Leistun-

gen ins ambulante Geschehen nicht, wenn die Abrechnung der Medi-

kamente über das Offizin (und damit über die Arzneimittelpreisverord-

nung) läuft anstelle die Klinikapotheke zu nutzen, dadurch würden die

Kosten im Allgemeinen deutlich gesenkt.

Aus rechtsdogmatischer Sicht ist das Urteil des LSG ansonsten nicht zu

beanstanden, denn der Grundsatz „ambulant vor stationär“ gilt. Im Grunde

ist dies für die Patienten gerade im Bereich der Onkologie nicht immer die

bessere Wahl, weil der Klinik mehr Behandlungsoptionen zur Verfügung

stehen als dem niedergelassenen Arzt (Verbotsvorbehalt vs. Erlaubnisvor-

behalt, Möglichkeit zum Off Label-Use von Medikamenten etc.).

Für Berufsverbände wie den BNC ist das Urteil dennoch wichtig,

denn es macht deutlich, dass Schutzvorschriften für Ärzte und Apothe-

ken nicht ohne Weiteres unterlaufen werden dürfen. Insoweit stärkt

das Urteil die berufspolitischen Ziele der Verbände niedergelassener

Ärztinnen und Ärzte. É

Service

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Jörg Hohmann

Rechtsanwalt, Kanzlei für Medizinrecht Prof.

Schlegel, Hohmann, Mangold und Partner GbR

Paul Nevermann-Platz-5

22765 Hamburg

Tel.: 040 39106970

Fax: 040 391069710

[email protected]

www.gesundheitsrecht.com

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28 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

nahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären

Bereich des Gesundheitswesens. Der G-BA ist gesetzlich gehalten, vor

seiner Entscheidung über die Richtlinien (§§ 135, 137c und § 137e SGB V)

„den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften“

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Unterschied zwischen Berufsverband und Fachgesellschaft

Das Gericht wies die Klage des Berufsverbandes ab. Es war der Auf-

fassung, dass schon die (kurzzeitige) Aufnahme in die Liste der stel-

lungnahmeberechtigten wissenschaftlichen Fachgesellschaften fehler-

haft war. Der BDOC sei primär eine Interessenvertretung und keine

Fachgesellschaft. Ganz grundlegend beschäftigte sich das Gericht im

Rahmen des Urteils daher mit den Kriterien der Abgrenzung zwischen

diesen beiden Begrifflichkeiten.

Der Gesetzgeber habe das Ziel verfolgt, die Gewähr dafür zu erhö-

hen, „dass die Entscheidungen des G-BA über Untersuchungs- und

Behandlungsmethoden auf einer fachlich fundierten und die realen

Versorgungsaspekte berücksichtigenden Grundlage getroffen werden“.

Zugleich solle „der fachliche Diskurs und die in den beschlussbegrün-

den- den Unterlagen des G-BA zu dokumentierende Auseinanderset-

zung mit den Stellungnahmen (…) der Transparenz, dem Verständnis

und der Akzeptanz der Entscheidungen“ dienen.

Primär wissenschaftliche Zielsetzung ist entscheidend

Zu Recht mache der G-BA daher – so das Gericht – die Aufnahme

von Organisationen in den Kreis der stellungnahmeberechtigten wis-

senschaftlichen Fachverbände abhängig von einer in erster Linie und

schwerpunktmäßig wissenschaftlichen Ausrichtung der jeweiligen

Organisation, ausgewiesen durch Regelungen in der Satzung und

weitere spezifische Voraussetzungen. Der Nachdruck auf die „primär

wissenschaftliche Zielsetzung“ ermöglicht eine Abgrenzung zu im

Gesundheitswesen ebenso anzutreffenden primär berufsverbandlich

tätigen Organisationen, die sich als Interessenvertretung der jeweiligen

Berufsgruppe verstehen. Einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft ist

in Abgrenzung zur Interessenvertretung hauptsächlich an Vermittlung

Der Kampf um das Gehör der (politischen und anderer) Entschei-

dungsträger erfolgt auf vielen Ebenen, mit unterschiedlichen Mitteln

und mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Nach Schätzungen von

„Abgeordnetenwatch“ gibt es allein in Berlin 6.500 Interessenvertreter,

auf einen Bundestagsabgeordneten kommen also ca. zehn Lobbyisten.

Auch und gerade im Gesundheitssystem wird zum Beispiel im

Rahmen von Gesetzgebungs- oder Richtlinienverfahren eine Vielzahl

von Interessenvertretern (Krankenkassen, KVen, Kammern, Verbände,

Vereine, etc.) eingebunden. Dies ist auf einer ersten Stufe nicht proble-

matisch. Vielmehr erscheint es durchaus als nützlich, das Fachwissen

Dritter in (politische) Entscheidungen einzubeziehen. Schwierig wird

es dann, wenn Fachwissen und Eigeninteressen nicht auseinanderge-

halten werden (können oder sollen).

Aufgenommen und gleich wieder rausgekickt

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte sich vor diesem

Hintergrund am 28. Juni 2017 (Aktenzeichen L 9 KR 89/15 KL) mit der

Klage eines ärztlichen Berufsverbandes zu beschäftigen, der im Rah-

men von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses

(G-BA) begehrte, weiterhin dem Kreis der stellungnahmeberechtigten

wissenschaftlichen Fachgesellschaften anzugehören. Dabei handelte

es sich um den Bundesverband Deutscher Opthalmochirurgen (BDOC),

in dem rund 80 Prozent der operierenden Augenärzte in Deutschland

organisiert sind. Der Berufsverband war – kurz nachdem er aufge-

nommen wurde – aus diesem Kreis durch den G-BA wieder gestrichen

worden. Dies erfolgte, nachdem der G-BA von „dritter, im Verwaltungs-

vorgang nicht benannter Seite mit der Auffassung konfrontiert“ wor-

den war, dass der BDOC „die Voraussetzungen zur Aufnahme in diesen

Kreis nicht erfülle“.

Der G-BA ist ein bedeutsames Organ im System der gesetzlichen

Krankenversicherung (GKV) und bestimmt in Form von Richtlinien

den Leistungskatalog der GKV für mehr als 70 Millionen Versicherte. Er

legt damit fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von

der GKV erstattet werden. Darüber hinaus beschließt der G-BA Maß-

Aktuelles zum Arztrecht vom BAO-Justiziar

Was macht eine Fachgesellschaft aus ? Oder: Ist Lobbyismus eigentlich justiziabel ?Dem Bundesverband Deutscher Ophtalmochirurgen (BDOC) ist es nicht gelungen, vor Gericht die Wiederauf-

nahme in den Kreis der stellungnahmeberechtigten wissenschaftlichen Fachgesellschaften im G-BA durchzu-

setzen. Mit dem Urteil wurden Berufsverbände und Fachgesellschaften nun klar voneinander abgegrenzt.

Service

Von Dr. Ralph Großbölting

Page 29: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 29

und Fortentwicklung des medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnis-

standes gelegen.

Diese Zielsetzung ist eindeutig bei den Organisationen zu vermuten,

die sich in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizi-

nischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) zusammengeschlossen haben.

Deren Satzung schreibt vor, dass „jede deutsche wissenschaftlich-

medizinische Fachgesellschaft Mitglied werden (kann), die sich aus-

schließlich oder vorwiegend wissenschaftlichen Fragen der Medizin

einschließlich ihrer praktischen Anwendungen widmet“.

Interessenvertretung vs. wissenschaftliche Erkenntnisse

Umgekehrt bedarf es genaueren Hinsehens bei Berufsverbänden,

deren Ziele in der Vertretung der standespolitischen Interessen der

jeweiligen Mitglieder bestehen. Denn es liegt auf der Hand, dass das

Votum eines Berufsverbandes zu einer bestimmten neuen Behand-

lungsmethode etwa aus abrechnungspolitischen Gründen anders aus-

fallen kann als das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende

Votum einer Fachgesellschaft.

Nach Überzeugung des Gerichts stellte der Kläger primär einen

die Interessen seiner Mitglieder wahrnehmenden Berufsverband dar.

Sowohl die (damalige) Satzung wie auch die fehlenden wissenschaft-

lich ausgerichteten Tätigkeiten des BDOC sprachen gegen eine ander-

weitige Einstufung. Der Umstand, dass der Vorstand allein aus Wissen-

schaftlern bestehe und Veranstaltungen organisiert werden, bedeute

nicht, dass zwingend primär wissenschaftliche Ziele verfolgt werden.

Im Gegenteil sei etwa durch die (damalige) Satzung und seinen Image-

flyer („Interessenvertretung der Augenoperateure“) der Charakter des

BDOC als Berufsverband unterstrichen worden.

Gericht gelingt die Abgrenzung anhand belastbarer Kriterien

Auch dem Vergleich zu (echten) wissenschaftlichen Fachgesell-

schaften (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) konnte der BDOC

nicht standhalten. Zuletzt stellte das Gericht auch auf den Auftritt in

der Öffentlichkeit ab, der durchweg (nur) als berufspolitisch einzu-

stufen sei. Der Berufsverband wurde daher zu Recht aus der Liste der

stellungnahmeberechtigten Gesellschaften gestrichen. Festzuhalten

bleibt: Lobbyismus per se ist und bleibt nicht justiziabel. Dem Gericht

ist es aber gelungen, einen Mehrwert zu schaffen und die Abgrenzung

zwischen politischer Interessenvertretung und wissenschaftlicher

Fachgesellschaft anhand belastbarer Kriterien zu definieren. É

Service

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ßböl

ting

Dr. Ralph Großbölting

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

kwm Rechtsanwälte

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Chirurgen Magazin + BAO Depesche 88: Autoren gesucht

In eigener Sache

Autoren gesucht zum Thema

ambulante Plastische Chirurgie

in Heft 88 – Ausgabe 2.2018

Für Ausgabe 2.2018, die Ende Mai 2018 erscheinen wird, möchten

wir uns in der Rubrik „Medizin“ schwerpunktmäßig mit dem Thema

Möglichkeiten und Grenzen der ambulanten Plastischen Chirurgie

beschäftigen. Wir suchen Autoren, die aus der Praxis für die Praxis

über ästhetische und rekonstruktive Eingriffe (z. B. Liposuktionen, Ver-

brennungschirurgie, Mammaplastik, Narbenkorrekturen etc.) berich-

ten möchten. Wir freuen uns über allgemeine Überlegungen ebenso

wie interessante Kasuistiken oder Pitfalls.

Darüber hinaus berichten wir ausführlich von den berufspolitischen

sowie medizinischen Sitzungen beim 20. Bundeskongress Chirurgie

und bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Chirur-

gie (DGCH). Wir freuen uns auch hierzu über Ihre Anregungen und

Themenvorschläge.

Die Redaktion berät Sie gern bei der Aufbereitung Ihrer Daten und der

Gestaltung Ihres Manuskripts sowie bei der Auswahl von Bildmaterial

und Grafiken – Anruf oder E-Mail genügt. Redaktionsschluss ist der

16. April 2018, bitte nehmen Sie aber möglichst frühzeitig Kontakt mit

uns auf.

Foto

: Pix

abay

Kontakt: Antje Thiel

VMK Verlag für Medizinkommunikation GmbH

Redaktion Chirurgen Magazin + BAO Depesche

Dachsweg 5, 25335 Elmshorn

Tel.: 04121 2763634, Fax: 04121 2764948

[email protected]

www.vmk-online.de

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30 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Service

vorgelegen habe. Es wurde eine Vergleichszahlung von 18.000 Euro

geleistet.

Grober Behandlungsfehler bei Bandscheiben-OP

Eine 46-jährige Patientin wurde aufgrund der Diagnose einer Lumbo-

ischialgie beidseits im Übergang LWK5/SWK 1 links mit Flavektomie

und Nukleotomie belegärztlich operiert. Wegen starker postoperativer

Schmerzen, die in das linke Bein ausstrahlten, erfolgte eine Reopera-

tion durch den Chirurgen nach gut einer Woche mit Versteifung durch

einen Cage. Eine Dokumentation der Aufklärung zu beiden Eingriffen

war nur rudimentär vorhanden.

Bei der nach einigen Wochen durchgeführten MRT-Kontrolle auf-

grund zunehmender Ischialgien im linken Bein und Taubheitsgefühl

im linken Fuß zeigten sich narbenartige Verwachsungen, eine Disloka-

tion des Cages sowie eine Reizung der Nervenwurzel. In einer dritten

Revision erfolgte die Korrektur des Cages nach dorsal und Installation

eines Fixateurs. Die Patientin litt weiter an starken Schmerzen und der

Taubheit im linken Bein sowie zwei Fingern der linken Hand. Erst nach

einer kompletten Entfernung des Materials und Revision durch einen

Kollegen war die Frau beschwerdefrei. Es konnte nicht nachgewiesen

werden, dass vor dem Ersteingriff eine Aufklärung auch über konser-

vative Behandlungsmethoden stattgefunden hatte. Weil ein einsei-

tiger Cage nicht ohne Fixateur eingesetzt werden darf, lag ein grober

Behandlungsfehler vor. Der Chirurg gab an, die Patientin sei bereits vor

der OP ohne Besserung des Zustandes bei einem anderen Arzt konser-

vativ behandelt worden. Durch die letzte erfolgreiche Revisionsopera-

tion liegt keine dauerhafte Schädigung vor. Der Arzthaftpflichtversi-

cherer leistete eine Vergleichszahlung von fast 40.000 Euro inklusive

der Anwaltskosten. É

Ein Behandlungsfehlervorwurf durch den Patienten ist mehr als nur

unangenehm. Je nach Schweregrad drohen dem Arzt unterschiedliche

Verfahren, die über sein weiteres berufliches Schicksal entscheiden.

Durch gerichtliche oder außergerichtliche Vergleiche können oftmals

folgenschwere juristische Konsequenzen für den Operateur vermieden

werden. Hierbei obliegt dem Arzthaftpflichtversicherer das alleinige

Regulierungs- und Prozessrecht, welches ihn berechtigt, nach Mel-

dung eines Schadens in Vergleichsverhandlungen einzutreten, wenn

der Versicherer dies für angebracht hält.

Aufklärungs-und Dokumentationsfehler bei Hernien-OP

Ein 52-jähriger Patient konsultierte wegen extrem starker Schmer-

zen aufgrund einer rechtsseitigen Leistenhernie einen Chirurgen, der

ihm zu einem konventionellen OP-Verfahren ohne Einsatz eines Netzes

riet. Postoperativ klagte der Patient trotz verschiedener Schmerzthera-

pien weiter über anhaltende starke Schmerzen. Die Reoperation durch

einen anderen Chirurgen ergab eine makroskopische Verdickung der

Nervi ilioinguinalis und iliohypogastricus aufgrund Einnaht.

Der Patient gab an, er sei nicht über alternative OP-Methoden auf-

geklärt worden. Hätte er davon Kenntnis gehabt, hätte er sich für eine

minimal invasive OP-Methode entschieden. Der Chirurg gab zwar an,

die verschiedenen OP-Methoden erwähnt zu haben, doch dies ging

aus der Dokumentation der Aufklärung nicht eineindeutig hervor. Der

Arzthaftpflichtversicherer leistete eine Vergleichszahlung von 12.000

Euro plus Anwaltskosten.

Fehlerhafte Therapiewahl bei Kreuzbandoperation

Ein junger Patient stellte sich nach einem Trauma in der unfall-

chirurgischen Praxisklinik vor. Die Diagnose ergab den Abriss des

hinteren Kreuzbandes. Das vordere Kreuzband war unversehrt. In der

arthroskopisch durchgeführten Operation entfernte der Unfallchirurg

fälschlicherweise das vordere, nicht gerissene Kreuzband. In weiteren

Eingriffen wurde das vordere Kreuzband über eine Rekonstruktions-

plastik ersetzt, allerdings blieb das Knie instabil, der junge Patient erlitt

unnötige Schmerzen und konnte mäßig belastenden Sportarten nicht

mehr nachgehen. Der Rechtsanwalt führte neben der unnötigen ersten

OP, den resultierenden weiteren OP-Risiken sowie der Beeinträchti-

gung in der Bewegung an, dass keine Indikation für eine Arthroskopie

Aktuelle Fälle aus dem Arzthaftungsrecht

Aus Fehlern lernen: Warum nicht aufstehen und aufeinander zugehen ?

Von Silke Fröhlich

Foto

: Hel

msa

uer

Silke Fröhlich

Vorstandsreferentin der Helmsauer & Kollegen

Assekuranzmakler AG

Dürrenhofstraße 4

90402 Nürnberg

Tel.: 0911 9292-340

Fax: 0911 9292-191

[email protected]

www.helmsauer-gruppe.de

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 31

Termine

Dezember 2017

1. – 2. 12. 2017, Mannheim

34. Südwestdeutsche AnästhesietageThemen u. a: Geburtshilfliche und Kinderanästhesie, Zukunftswerkstatt, Notfall-

medizin, Schmerzmedizin, Intensivmedizin, Berufspolitik, Diskussion zu aktuellen

Fragen der niedergelassenen Anästhesisten

Information und Anmeldung:

MCN Medizinische Congressorganisation Nürnberg AG

Neuwieder Straße 9, 90411 Nürnberg, Tel.: 0911 393160, Fax.: 0911 331204

[email protected], www.regionaltagungen.de

6. – 9. 12. 2017, Nürnberg

33. Nürnberger Arthroskopiekurs und GelenksymposiumThemen u. a: Basiskurse Knie- Schulter- und Hüft-ASK, Schulterinstabilität und

Läsionen der Rotatorenmanschette, Ellenbogentendinopathien und Instabilitäten,

Sportverletzungen des Hüftgelenks, Live-Operationen Schulter und Knie, Meniskus-

und Knorpelverletzungen, Bandverletzungen und Instabilitäten des Kniegelenkes,

Revisionen am Kniegelenk inkl. Osteotomien, Fortgeschrittenenkurse Knie-, Schul-

ter-, Ellenbogen und OSG am Humanpräparat

Information und Anmeldung:

Intercongress GmbH, Anne Roetsch, Karlsruher Straße 3, 79108 Freiburg

Tel.: 0761 69699-14, Fax: 0761 69699-11, [email protected]

http://nuernberger-arthroskopiekurs.de

15. – 16. 12. 2017, Hamburg

30. Nordwestdeutsche Anästhesie-TageThemen u. a: Sonographie in der Anästhesie, Regionalanästhesie nach operativen

Eingriffen, Beatmung im OP, geburtshilfliche Anästhesie, Patientensicherheit, intra-

operatives Monitoring, der geriatrische Patient in der Anästhesie, minimal invasive

Operationen, Kinderanästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin

Information und Anmeldung:

MCN Medizinische Congressorganisation Nürnberg AG

Neuwieder Straße 9, 90411 Nürnberg, Tel.: 0911 39316-21, Fax: 0911 3931678

[email protected], www.regionaltagungen.de

Januar 2018

10. – 13. 1. 2018, Garmisch-Patenkirchen

36. Jahrestagung Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für VerbrennungsbehandlungThemen u. a: Quo vadis Verbrennungsmedizin (Evidenz, Nachwuchsgewinnung),

Organkomplikationen, Intensivmedizin, Verbrennungsmedizin im Spannungsfeld

von Ethik und Ökonomie, Neues aus der „Burn Unit“, Innovationen, enzymatisches

Debridement: Langzeitergebnisse, Kombination mit Spalthauttransplantation und

Forschung

Information und Anmeldung:

Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, Stephanie Schubert

Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena, Tel. 03641 3116-371, Fax: 03641 3116-243

[email protected], www.conventus.de, www.dav2018.de

19. – 20. 1. 2018, Freiburg

Freiburger Knorpeltage 2018Themen u. a: Neuentwicklungen, Innovationen, etablierte Techniken, klinische Evi-

denz, Arthrose, Knorpelchirurgie

Information und Anmeldung:

Intercongress GmbH, Gregog Malotki, Karlsruher Straße 3, 79108 Freiburg

Tel.: 0761 69699-17, Fax: 0761 69699-11, [email protected]

http://freiburger-knorpeltage.de

Februar 2018

16. – 24. 2. 2018, Seefeld (Tirol)

32. Deutsch-Österreichisch-Schweizer Kongress für Sporttraumatologie & Sportmedizin Themen: Orthopädische Aspekte im Sport

Information und Anmeldung:

Deutsche Akademie für Sportmedizin, Georgstraße 38, 30159 Hannover

Tel: 0511 16747580, Fax: 0511 16747585, [email protected]

www.seefeld-kongress.de

19. – 21. 2. 2018, Bochum

70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e. V.Themen u. a: Health Care associated Infections, Antimicrobial Agents and Infect-

ious Diseases, Host Susceptibility, Fungal Diseases, Association of Microbiome and

Diseases, Genome Sequencing (WGS) History & Application

Information und Anmeldung:

Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, Christian Tschäpe

Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena, Tel.: 03641 3116-317, Fax: 03641 3116-241

[email protected], www.conventus.de, www.dghm-kongress.de

März 2018

9. – 10. 3. 2018, Kiel

Kieler Arthroskopiekurs 2018Themen: Achskorrekturen, Patellastabilisierung, Knorpelprozeduren, vorderes

Kreuzband, Meniskuschirurgie, Rückkehr in den Leistungssport

Information und Anmeldung:

Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, Paula Gierth

Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena, Tel.: 03641 3116-326, Fax: 03641 3116-243

[email protected], www.conventus.de, www.kieler-arthroskopiekurs.de

Schon angemeldet ?

23. – 24. Februar 2018, Nürnberg

Bundeskongress Chirurgie 2018, „Gemeinsam stark“

Themen u. a.: Zukunft der sektorenübergreifenden chirurgischen Versorgung,

Verletzungen des Beckens und der Wirbelsäule, akute und chronische Rücken-

schmerzen, Digitalisierung und eHealth, Hygienemanagement und multiresistente

Keime, Gutachterseminar, Arzt und Recht, Reha-Management/Reha-Medizin, Auf-

frischung Fachkunde Strahlenschutz, Weiterbildung zur Sterilgutassistentin für

MFA, Tag der medizinischen Fachberufe

Information und Anmeldung:

MCN Medizinische Congressorganisation Nürnberg AG

Neuwieder Straße 9, 90411 Nürnberg

Tel.: 0911 393160, Fax.: 0911 331204

[email protected]

www.mcn-nuernberg.de

www.bundeskongress-chirurgie.de

2018

Page 32: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

32 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Buchtipps

Was gibt es Neues in der Chirurgie?

Renommierte Chirurgen skizzieren fortlaufend die Entwicklung ihres Spezial-

gebietes, sichten aktuelle Literatur, werten Kongressberichte aus, spüren

Trends auf und beschreiben anschaulich neueste Verfahren. Das bewährte

Konzept zeichnet auch den vorliegenden Jahresband 2017 mit Berichten zur

chirurgischen Fort- und Weiterbildung aus. In diesem Jahr wurde im Bereich

Viszeralchirurgie erstmals ein Kapitel über die roboterassistierte Chirurgie

aufgenommen. Auch aktuelle Themen aus den chirurgischen Subspeziali-

täten wie Thoraxchirurgie und Kinderchirurgie werden behandelt. Ein eige-

nes Kapitel ist diesmal auch berufsbedingten Erkrankungen von Chirurgen

gewidmet, die insbesondere beim laparoskopischen Operieren im OP oft

beachtlichen körperlichen Fehlbelastungen ausgesetzt sind.

Durch das übersichtliche Layout, die Fazit-Zusammenfassungen am Ende

jedes Kapitels und die themenspezifischen Griffmarken ist das Werk in der

Praxis handlich und lesefreundlich. Wie gehabt, sind wieder CME-Fragen

dabei, mit denen Leserinnen und Leser Fortbildungspunkte sammeln können.

Fazit: Ein guter Überblick über aktuelle Entwicklungen und Trends auf dem

gesamten Gebiet der Chirurgie für die persönliche Fort- und Weiterbildung.

Psychrembel Klinisches Wörterbuch

Der Pschyrembel ist mittlerweile in seiner neu überarbeiteten, aktualisierten

267. Auflage erhältlich. In der Neuauflage wurden 13 Fachgebiete umfassend

erweitert und aktualisiert, darunter die Viszeral- und Neurochirurgie, Gynä-

kologie sowie Onkologie. Besonders augenfällig ist das neue, größere und

quadratische Format des Klassikers, im Inneren fallen ein neues, dreispal-

tiges Layout und weniger Abkürzungen auf. Hierbei wurden allerdings auch

die etymologischen Herleitungen der Termini aus dem Lateinischen und

Griechischen ersatzlos gestrichen.

Inhaltlich zeichnet sich das Werk durch mehr als 5.000 neue oder vollstän-

dig neu bearbeitete Fachartikel und -begriffe sowie über 100 neue Abbil-

dungen aus. Dabei berücksichtigt es die aktuellen Leitlinien der deutschen

medizinischen Fachgesellschaften für Diagnostik und Therapie akuter und

chronischer Erkrankungen. Aber auch die berühmte Steinlaus (Petrophaga

lorioti) hat weiter ihren festen Platz in diesem Nachschlagewerk der Medizin.

Fazit: Von „Aarskog-Syndrom“ bis „zytozid“eignet sich das medizinische

Lexikon und Nachschlagewerk weiterhin für die klinische Erstinformation

und als erste Anlaufstelle für medizinische Fachfragen.

Schulterchirurgie

Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des Körpers, entsprechend komplex

sind Verletzungsmöglichkeiten, Erkrankungen, Differenzialdiagnosen – und

entsprechend hoch die Anforderungen an den Operateur. Die neue Auflage

des Standardwerks von Habermeyer stellt nun in 29 Kapiteln das weite Feld

der Schulterchirurgie praxisgerecht dar – von der Anatomie, über Untersu-

chungsmethoden und Differenzialdiagnosen bis zu Operationstechniken,

Komplikationen, Tipps und Tricks.

Dabei berücksichtigt das Autorenteam offene ebenso wie arthroskopische

OP-Verfahren, auch Schulterinfektionen und Tumoren des Schultergürtels

sowie Scores werden thematisiert. Mehr als 1.000 Abbildungen zeigen alle

wesentlichen Aspekte und erleichtern das Verständnis. Komplett neu verfasst

wurden die Kapitel MRT- und MR-Arthrographie, Ultraschalluntersuchung,

Standardendoprothetik, Inverse Schulterendoprothetik und Schulterinfektio-

nen. Über einen Code im Buchdeckel erhalten Leserinnen und Leser Zugang

zum begleitenden Online-Angebot für das Buch.

Fazit: Das Herausgeber- und Autorenteam vereint führende Spezialisten

für Schulterchirurgie und garantiert Inhalte nach dem „State of the Art“.

Anästhesie bei Kindern

Kinderanästhesie ist nicht Anästhesie für kleine Erwachsene – Kinder for-

dern die volle Aufmerksamkeit aller Ärzte und des Pflegepersonals. Auch bei

den kleinen Patienten sind Komplikationen keine Seltenheit. Um in kritischen

Situationen schnell und souverän zu reagieren, ist neben der fundierten

Ausbildung und Erfahrung in der Versorgung von Neugeborenen und Kindern

aktuelles Fachwissen entscheidend.

Die überarbeitete Neuauflage des bewährten Referenzwerkes liefert das

Praxiswissen aus dem ganzen Spektrum der Kinderanästhesie – von den

physiologischen Grundlagen über spezielle Anästhesieverfahren bei den

wichtigsten Diagnosen, mögliche Komplikationen und Besonderheiten bei

chronischen Erkrankungen, bis zur pädiatrischen Intensiv- und Notfallthera-

pie. Die überarbeitete Neuauflage zeichnet sich durch ein neues vollfarbiges

Layout sowie Aktualisierung und Überarbeitung sämtlicher Inhalte aus. Der

Inhalt des Buches steht Lesern auch digital in der Online-Plattform eRef des

Thieme-Verlags zur Verfügung, der Zugangscode findet sich im Buch.

Fazit: Ein wichtiges Lehr- und Nachschlagewerk für alle Anästhesisten und

Intensivmediziner, die Kinder und Neugeborene behandeln.

Jähne, Joachim et al. (Hg.): Was gibt es Neues in der Chirurgie? Jahresband 2017. Landsberg: ecomed Verlag, 2017. 526 Seiten, gebunden, 119,99 Euro

Pschyrembel, Willibald (Hg.): Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Heidelberg: De Gruyter Verlag, 2017. 267. Auflage, 1998 Seiten, gebunden, 49,95 Euro.

Habermeyer, Peter et al.: Schulter-chirurgie. München: Urban & Fischer Verlag, 2017. 5. Auflage, 868 Seiten, gebunden, 249,99 Euro

Kretz, Franz-Josef et al. (Hg.): Anästhesie bei Kindern. Stuttgart: Thieme Verlag, 2017. 3. überarbeitete Auflage, 524 Seiten, gebunden, 99,99 Euro

Page 33: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 33

Buchtipps

Psczolla, Matthias et al. (Hg.): Weißbuch Konservative Orthopädie und Unfallchi-rurgie. Heidelberg: Berlin: De Gruyter Verlag, 2017. 327 Seiten, gebunden, 79,95 Euro.

Lippert, Hans (Hg.): Fehler in der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Stuttgart: Thieme Verlag, 2017. 231 Seiten, gebunden, 149,99 Euro.

Meißner, Carl (Hg.): Ernährung in den operativen Disziplinen. Berlin: De Gruyter Verlag, 2017. 303 Seiten, gebunden, 69,95 Euro

Strutz, Jürgen et al. (Hg.): Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Stuttgart: Thieme Verlag, 2017. 2. Auflage, 1096 Seiten, gebunden, 129,99 Euro

Weißbuch Konservative Orthopädie und Unfallchirurgie

Rückenschmerzen, Arthrose oder Osteoporose sind Volkskrankheiten, bei

denen ein operativer Eingriff in der Regel nicht angezeigt ist. Stattdessen

kommen konservative Verfahren wie Medikamente, manuelle Medizin,

Schmerz- oder Physiotherapie zum Einsatz. Der Versorgungsauftrag von

Orthopäden und Unfallchirurgen wird angesichts der alternden Gesellschaft

in Zukunft noch weiter wachsen, konservative Behandlungsmethoden soll-

ten daher gleichberechtigt neben dem operativen Teil stehen.

Das vorliegende Weißbuch bietet erstmalig strukturierte, evidenzbasierte

Erkenntnisse zur Evaluation der konservativen Therapie in Orthopädie und

Unfallchirurgie. Erfahrene Experten stellen zu jedem Indikationsgebiet die

konservativen Behandlungsmethoden dar, beurteilen deren Stellenwert,

decken Versorgungsmängel auf und beschreiben, wie die Defizite im kon-

servativen Bereich so entwickelt werden können, dass das Fach Orthopädie /

Unfallchirurgie in seiner ganzen Breite zukunftsfähig abgebildet wird.

Fazit: Eine strukturierte Übersicht über die konservative Orthopädie und

Unfallchirurgie, die auf Versorgungs- und Strukturmängel verweist und The-

sen zur Zukunftssicherung sowie Weiterentwicklung formuliert.

Fehler in der Allgemein- und Viszeralchirurgie

Nur wer Fehler kennt, kann Strategien zur Vermeidung entwickeln. Auch

erfahrene Chirurginnen und Chirurgen erleben immer wieder Überra-

schungen und unerwartete Situationen. Dann gilt es, richtig zu handeln, den

Schaden zu begrenzen und aus Fehlern zu lernen. Das vorliegende Werk

schildert Fallbeispiele und deren rechtliche Konsequenzen. Alle Beispiele

beruhen auf tatsächlichen Fällen und sind praxisnah beschrieben.

Der Aufbau der Fallbeispiele ist immer gleich: Welche Fehler sind meinen

Kollegen unterlaufen? Welche rechtlichen Konsequenzen hatten sie? Wie

kann ich einen ähnlichen Fall vermeiden oder, falls bereits eingetreten, was

kann ich tun, um den Schaden zu begrenzen? Mit den ergänzenden Hin-

weisen zum aktuellen Standard in Diagnostik, Therapie und Dokumentation

stellt das Buch ein praxisorientiertes Instrument zur Qualitätssicherung in

der Chirurgie dar. Der gesamte Buchinhalt ist über einen im Buch abgedruck-

ten Zugangscode auch online verfügbar.

Fazit: Das Buch ermöglicht es seinen Leserinnen und Lesern, die eigene

professionelle Qualität zu verbessern, in dem sie aus den Fehlern anderer

lernen. Ein guter Beitrag zu mehr Sicherheit und Kompetenz in der Chirurgie.

Ernährung in den operativen Disziplinen

Der Ernährungszustand eines Patienten, der sich einer Operation unterzie-

hen muss, beeinflusst die Prognose, die Komplikationsrate und die Kranken-

hausverweildauer. Unter- und Mangelernährung müssen daher frühzeitig

erkannt und ernährungstherapeutisch behandelt werden, um den Erfolg der

chirurgischen Intervention zu gewährleisten.

Das vorliegende Buch behandelt zunächst die Physiologie der Verdauung

ebenso wie das Stufenschema der Ernährungstherapie in ihrem jeweiligen

klinischen Zusammenhang. Eigene Kapitel sind der präoperativen Ernährung,

dem postoperativen Kostaufbau, dem Einfluss der Ernährung auf die posto-

perative Wundheilung, der Ernährung nach Transplantation, der Ernährung

in der Kinderchirurgie und den Besonderheiten der bariatrischen Chirurgie,

dem Weiterleitungsmanagement und der Ernährung im Rahmen des DRG-

Systems gewidmet. Abschließend werden individuelle Ernährungsregime

anhand von Fallbeispielen dargestellt.

Fazit: Eine praktische Anleitung für das Erkennen und die Behandlung von

Mangelernährung vor, während und nach dem stationären Aufenthalt in der

Chirurgie.

Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie

Die Otorhinolaryngologie und die zervikofasziale Chirurgie sind ein sehr

dynamisches Fach. Die vorliegende unveränderte 3. Auflage der einbändigen

Gesamtdarstellung richtet sich an junge Kolleginnen und Kollegen auf dem

Weg zum Facharzt ebenso wie an HNO-Ärzte in Klinik und Praxis. Das Buch

ist in drei große Hauptabschnitte gegliedert: Untersuchung und Diagnostik,

konvervative und operative Therapie.

In die Diagnostik und Behandlung der verschiedenen HNO-Erkrankungen

wurden dabei verschiedene Grenzgebiete mit einbezogen, etwa Orbita- und

Schädelbasischirurgie, Manualtherapie, Umweltmedizin und Allergologie.

Das Buch überzeugt durch eine moderne didaktische Aufbereitung mit vie-

len Abbildungen, Zeichnungen und Schemata sowie praxisorientierten Hand-

lungsanleitungen. Aktuelle Leitlinien, juristische Grundlagen, Arztrecht und

Begutachtung wurden ebenso berücksichtigt wie der neue Ausbildungskata-

log für die Gebietsbezeichnung HNO-Heilkunde. Der gesamte Buchinhalt ist

über einen im Buch abgedruckten Zugangscode auch online verfügbar.

Fazit: Arbeits- und Lehrbuch, kompetenter Ratgeber sowie Nachschlage-

werk für den erfahrenen HNO-Arzt – ein gelungener Spagat in einem Band.

Page 34: BAO - WordPress.com · 2017. 11. 27. · gesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer (BÄK) klar dagegen ausgesprochen, europäische Normen im Gesundheitsdienstleistungs-bereich

34 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

IndustrieDie Beiträge in der Rubrik Industrie beruhen auf Informationen der angegebenen Firmen. Herausgeber und Redaktion sind nicht ver-antwortlich für die Inhalte.

Abfallentsorgung

„OP-Abfall ist bei uns kein Problem mehr !“

Die Praxis Dres. Christoph Daub und Stefan Schölzel in Villingen-

Schwenningen hat Großes vor, denn der Umzug in größere und schö-

nere Räumlichkeiten steht an. Wie die Firma Illenseer berichtet, sollte

in diesem Zuge auch ein Problem gelöst

werden: das Handling der riesigen Berge

an OP-Abfällen. Bei zirka 3.000 Eingrif-

fen pro Jahr keine leichte Aufgabe.

Nicht nur das große Volumen an

Abdecktüchern, Kitteln, Hauben, Hand-

schuhen und Co. stelle eine Heraus-

forderung dar. Auch die hygienische

Entsorgung und die damit verbundene

Vermeidung von Kontamination an Pati-

enten und Mitarbeitern sei ein wichtiger

Aspekt. Auf dem Hygienekongress in

Freiburg wurden die beiden innovativen

und ehrgeizigen Chirurgen dann auf das

Konzept der Vakuumierung mit Hilfe der

VACURAPRO in sicheren Kunststoffbeu-

teln aufmerksam.

Nach einem kurzen Testlauf war klar:

Dieses Gerät muss her. „Das System hat

uns direkt überzeugt. Wir haben eine Volumenreduzierung von fast

70 Prozent. Das löst schon mal ganz viele Probleme in Bezug auf die

Lagerung im Haus und den Müll-Containern im Hof. Aber auch die

Gewissheit, dass der Müll nach dem

Vorgang hermetisch verschweißt ist und

kein Keimrisiko mehr davon ausgeht,

hat uns überzeugt“, erklärte Dr. Schölzel.

Wie das Unternehmen betont, ist

die Handhabung der Maschine denkbar

einfach. Das Resultat aus kleinen, hand-

lichen Paketen, die nun zeitunkritisch

entsorgt werden können, begeistere

auch das Praxisteam. „Wir sparen mit

unserer VACURAPRO, die im Team liebe-

voll R2D2 genannt wird, Zeit und Geld

und zusätzlich haben wir ein gutes

Gefühl beim Transport unseres Mülls im

Haus.“ Nun steht einem erfolgreichen

Start der neuen Praxis nichts mehr im

Wege.

Kontakt: www.illenseer.de

Foto

: Ille

nsee

rDr. Stefan Schölzel (links) und Dr. Christoph Daub (rechts)

mit der VACURAPRO

Neue Studie zur Schaum-Sklerotherapie

Schaum-Sklerosierung von Stammvarizen mit Langzeiterfolg von über 90 Prozent

Weltweit steht die Sklerotherapie bei der Behandlung von Besenrei-

sern und retikulären Varizen bei Phlebologen an erster Stelle und wird

in den Leitlinien – national und international – als Behandlungsme-

thode der Wahl beschrieben. Wie das Unternehmen Kreussler Pharma

mitteilt, konnten durch die Einführung der ultraschallkontrollierten

Schaum-Sklerotherapie die Behandlungserfolge der Sklerotherapie

besonders bei größeren Varizen weiter verbessert werden. Die Sklero-

therapie sei gut verträglich, insbesondere bei älteren Patienten, und

biete die Möglichkeit, sofort nach der Behandlung wieder in den Alltag

zurückzukehren. Zudem sei sie im Vergleich zu operativen oder ther-

mischen Methoden sehr kosteneffektiv. Einer aktuellen retrospektiven

Studie [Baeshko et al. Vascular and endovascular surgery 2016; 50 (8):

528–533] zufolge könnten die langfristigen Behandlungserfolge der

Schaum-Sklerosierung von Stammvarizen weiter optimiert werden.

Um optimale Ergebnisse zu erreichen, solle während der Injektion

möglichst absolute Blutleere in der zu behandelnden Vene herrschen.

Man erreiche dies durch eine Lagerung der Extremitäten im 60°-Win-

kel. Damit der Schaum bei der Hochbeinlage nicht nach distal abflie-

ßen kann, werde der Unterschenkel vom Fuß bis zum Knie mit einer

elastischen Bandage umwickelt. Die Blutleere bedinge eine vollständige

Füllung des zu behandelnden Venenabschnitts mit dem Sklerosierungs-

schaum und ermögliche so eine optimale Wirkung des Schaums in der

Stammvene. Zusätzlich habe man den Sklerosierungsschaum in der

Studie kurz vor der Injektion auf wenige Grad Celsius herabgekühlt.

Um die Auswirkungen der beschriebenen Parameter auf die Ergeb-

nisse der Schaum-Sklerotherapie nachzuweisen, wurden im Zeitraum

von 2009 bis 2014 bei 326 Patienten insgesamt 395 Stammvarizen sowie

Seitenäste behandelt. In 34,2 Prozent erfolgte die Therapie mit Aethoxy-

sklerol 1 % und in 65,8 Prozent mit Aethoxysklerol 3 %. In der Regel

waren mehrere Sitzungen bis zum optimalen Therapieerfolg notwen-

dig. Eine Woche nach der ersten Injektion konnte bei 95 Prozent aller

behandelten Stammvarizen eine Okklusion nachgewiesen werden.

Darüber hinaus konnte die Studie sehr gute Langzeitergebnisse bele-

gen: So wiesen den Angaben zufolge fünf Jahre nach der Behandlung

92 Prozent der behandelten Stammvarizen eine bestehende Okklusion

auf. Wie das Unternehmen betont, stellt sich die Schaum-Sklerothera-

pie folglich als sehr effektive Therapie dar, deren Langzeitergebnisse

durch die genannten Parameter weiter optimiert werden konnten.

Kontakt: www.kreussler-pharma.de

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 35

IndustrieDie Beiträge in der Rubrik Industrie beruhen auf Informationen der angegebenen Firmen. Herausgeber und Redaktion sind nicht ver-antwortlich für die Inhalte.

Anästhesie und Intensivmedizin

Kompaktes Update zu Normen,

Richtlinien und Empfehlungen

Ärztinnen und Ärzte sind heutzutage umgeben von Normen und

Richtlinien. Bei einem Symposium der Firma B. Braun im Rahmen des

diesjährigen DAC in Nürnberg verschafften die Referenten den ca. 350

Teilnehmern einen kompakten Überblick über aktuelle Normen, Richt-

linien und Empfehlungen in Anästhesie und Intensivmedizin

Verwechslungssichere Anschlüsse: Implementierung der ISO 80369-6:

In den letzten Jahren wurden ISO-Standards für unterschiedliche

medizinische Anwendungsbereiche definiert, die Verwechslungen

von Anschlüssen verhindern sollen. Für die Normierung neuraxialer

und regionaler Anästhesieverfahren (NRFit) habe man die ISO-Norm

(80369-6) entwickelt. „Noch bis vor kurzem gab es in der Anästhesie

und Intensivmedizin einen Luer-Konnektor für alle kleinlumigen Ver-

bindungen, daher passte vieles zusammen“, erklärte Prof. Thomas

Prien, Münster. Mit der neuen Norm erhielten nun alle betroffenen Pro-

dukte einen neuen Konnektor – eine Umstellung, für die Kliniken und

Einrichtungen Projektteams bilden und Zeit einplanen sollten.

Ultraschallgestützte Regionalanästhesie und Punktion zentraler

Gefäße: Regionalanästhesien und Gefäßzugänge gelten als häufige

Ursachen für Komplikationen und Schäden in der Anästhesie. Exper-

ten hofften daher auf sinkende Komplikationsraten durch den Einsatz

ultraschallgestützter Verfahren. Noch gebe es hierfür in Deutschland

keine Leitlinie, wie Prof. Paul Kessler, Frankfurt, erläuterte. Dennoch

gebe es mittlerweile eindeutige Evidenz für bestimmte Maßnahmen.

„Ultraschall hat sich neben der Nervenstimulation als eine, zumindest

gleichwertige, Methode zur Lokalisation von Nerven etabliert“, erklärte

Kessler. So könne beispielsweise die Vena jugularis, deren Lage anato-

misch sehr variabel ist, mittels Ultraschall leichter detektiert werden.

„Allerdings sind Ultraschallgeräte nicht überall in allen Abteilungen

verfügbar“, sagte Kessler. Außerdem seien für den Einsatz ultraschallge-

stützter Verfahren Ausbildung und Training unerlässlich.

Gefäßkatheter-assoziierte Infektionen: Drei Eintrittspforten können

für die Entstehung einer Kathetersepsis verantwortlich sein: die Haut,

die Infusionslösung oder der Ansatzkonus bzw. Dreiwegehahn. „Die

neuen KRINKO-Empfehlungen zur Prävention Katheter-assoziierter

Infektionen sind sehr umfangreich“, erklärte Dr. Johannes Tatzel, Hei-

denheim. Als wichtigste Neuerungen nannte er zum einen die Emp-

fehlung für eine innenseitige Desinfektion von Katheteransatzstücken

vor allen Manipulationen an Hubs und Dreiwegehähnen: „Eine außen-

seitige Sprühdesinfektion reicht hier nicht aus.“ Ein weiterer wichtiger

Punkt sei die Compliance bei der Desinfektion vor Benutzung. Für den

Verschluss peripherer Venenkatheter (PVK) stünden Dreiwegehähne,

Membranventile oder Heidelberger Verlängerungen zur Verfügung.

Mandrins hingegen würden jetzt für PVK nicht mehr empfohlen.

Kontakt: www.bbraun.com

Lagermanagement

Medizinprodukte einfach mobil

bestellen per App

Die aescoLOGIC GmbH hat eine App entwickelt, die das Lagermanage-

ment von Arztpraxen mit Hilfe der digitalen Medien vereinfacht. Wie

das Unternehmen mitteilt, können Bestellungen jetzt anstatt per Tele-

fon oder Fax ganz einfach mit dem Smartphone oder Tablet erledigt

werden. Mittels QR-Code oder Foto könnten die zu bestellenden Arti-

kel dem Warenkorb hinzugefügt werden. Das Befüllen des virtuellen

Warenkorbes könne offline erfolgen und sei somit sowohl im Keller,

als auch im Patientenzimmer oder am Schreibtisch möglich. Lediglich

zum Absenden der Bestellung benötige man eine Internetverbindung.

Werde das Lagermanagement von mehreren Personen durchgeführt,

könnten sich diese mit ihren individuellen Zugängen in den praxis-

eigenen Account einloggen. Offene, laufende und vergangene Bestel-

lungen seien in der Bestellübersicht für alle Benutzer einsehbar und

sorgten so für mehr Transparenz im Bestellwesen. Außerdem könne

man individuelle Bestelllisten erstellen, die den jeweiligen Lagerplät-

zen bereits zugeordnet sind. Das nahtlose Zusammenspiel von Online-

shop, OP-Software, App und Logistikdienstleistung der aescoLOGIC

GmbH ermögliche einen reibungslosen Ablauf in der Praxisversorgung

und minimiere den Aufwand im Lagermanagement der Praxen.

Die aescoLOGIC GmbH weist darauf hin, dass ihr besonderes Inno-

vationsklima bereits im Juni von Ranga Yogeshwar, Prof. Dr. Nikolaus

Franke und compamedia mit dem zum 24. Mal vergebenen TOP 100-

Siegel geehrt wurde. In dem unabhängigen Auswahlverfahren habe die

aescoLOGIC GmbH als Top-Innovator überzeugt und gehöre nun zu den

Innovationsführern des deutschen Mittelstandes.

Kontakt: www.mops.aescologic.de/app.de

Chirurgen Magazin

BAO Depesche

Online-Archiv

und Aktuelles aus

dem Verlag

www.vmk-online.de

VMK Verlag für

Medizinkommunikation GmbH

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36 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

§ 4 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b (= § 23 Abs. 4) festgelegten noso-

komialen Infektionen und das Auftreten von Krankheitserregern mit

speziellen Resistenzen und Multiresistenzen fortlaufend in einer

gesonderten Niederschrift aufgezeichnet, bewertet und sachgerechte

Schlussfolgerungen hinsichtlich erforderlicher Präventionsmaßnahmen

gezogen werden und dass die erforderlichen Präventionsmaßnahmen

dem Personal mitgeteilt und umgesetzt werden.

Darüber hinaus haben die Leiter sicherzustellen, dass die nach § 4

Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b festgelegten Daten zu Art und Umfang

des Antibiotikaverbrauchs fortlaufend in zusammengefasster Form

aufgezeichnet, unter Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation

bewertet und sachgerechte Schlussfolgerungen hinsichtlich des Ein-

satzes von Antibiotika gezogen werden und dass die erforderlichen

Anpassungen dem Personal mitgeteilt und umgesetzt werden.

Dokumentationsbogen Ambulantes Operieren

Unter „Surveillance“ von postoperativen Wundinfektionen ist die

fortlaufende, systematische Erfassung, Analyse und Interpretation der

Wundinfektionsdaten, die für die Planung und Einführung geeigneter

Interventionsmaßnahmen notwendig sind, zu verstehen.

Als grundlegendes Element und Lösung in der Praxis für alle Ope-

rationen der Praxis mit OPS bietet sich ein Dokumentationsbogen

Ambulantes Operieren Version 5 (17) an, wie er in der Praxisklinik Dr.

Woischke und Kollegen verwendet wird (siehe Tab. 1, rechts). Er muss

Im Folgenden werde ich praktikable Lösungen für die Vorschriften

zur Surveillance nosokomialer Infektionen, zur Dokumentation von

Antibiotikaverbrauch und von Antibiotikaresistenzen, zum Infektions-

schutzgesetz (IfSG) mit seiner jeweiligen Verordnung zur Hygiene und

Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (MedHygV) und

die Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergreifenden Quali-

tätssicherung (Qesü-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)

vorstellen, die niedergelassenen Chirurgen und Operateuren dabei

helfen sollen, die schwer zu überblickende Fülle an Normen und Vor-

schriften rechtssicher einzuhalten.

Seit dem 1. Januar 2017 gilt die „Richtlinie zur einrichtungs- und

sektorenübergreifenden Qualitätssicherung“ (Qesü-RL) des Gemein-

samen Bundesausschusses (G-BA), wobei wir vom Institut für Qualitäts-

sicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) unterstützt

werden. Das IQTIG veröffentlichte am 9. Februar 2017 „Informationen

für die teilnehmenden ambulanten Leistungserbringer zum Start des

Qualitätssicherungsverfahrens Vermeidung nosokomialer Infektionen –

postoperative Wundinfektionen“, aktueller Stand vom 28. August 2017.

Hinzu kommt die „Einrichtungsbefragung“.

Alle Vorschriften gehören inhaltlich untrennbar zusammen

Günstig ist, dass alle Vorschriften letztlich bereits inhaltlich untrenn-

bar zusammengehören. So sind für alle Vorschriften notwendig die

aktuelle Version meines Dokumentationsbogens Ambulantes Operieren,

der entsprechende Auszug aus dem Hygieneplan und Vorschläge für

die vorgeschriebenen Bewertungen „Infekte und Antibiotikaverbrauch“

(Antibiotikaprophylaxe und Antibiotikatherapie, Antibiotikaverbrauch).

Zum besseren Verständnis zunächst folgender Auszug aus dem

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten

beim Menschen, kurz Infektionsschutzgesetz (IfSG):

4. Abschnitt Verhütung übertragbarer Krankheiten

§ 23 Nosokomiale Infektionen; Resistenzen

(4) Die Leiter von Krankenhäusern und von Einrichtungen für

ambulantes Operieren haben sicherzustellen, dass die vom RKI nach

Hygiene

Surveillance nosokomialer Infektionen und Antibiotikaverbrauch sowie -resistenzenIfSG, MedHygV und Qesü-RL sind die Wortungetüme bzw. Abkürzungen, mit denen sich niedergelassene

Chirurgen und Operateure zwingend beschäftigen müssen. Im Folgenden daher praxisnahe Tipps zum korrekten

Umgang mit den einschlägigen Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen zum Hygienemanagement.

Von Dr. Rainer Woischke

Medizin

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Der Antibiotikaverbrauch einer Einrichtung muss fortlaufend in zusammen-

gefasster Form aufgezeichnet werden

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 37

Ñ

Medizin

Tabelle 1: Dokumentationsbogen Ambulantes Operieren

Laufende OP-Nr. OP-Datum

Pat. Name Vorname

m/f geb. ASA

Risikofaktoren

Haupteingriff Diagnose

ICD 10

Operation

OPS OP-Dauer

Zweiteingriff Diagnose

ICD 10

Operation

OPS OP-Dauer

Anästhesie An-Dauer

Komplikation OP/An

Neue OP ➝ KH

Histologie Thrombose

Operateur Anästhesist

Assistenz Assistenz

Assistenz Assistenz

Assistenz AB perioperativ

Venenverweilkatheter AB postoperativ

Infekt nach Tg/CDC -7 Tage -22 Tage

Infekt nach Tg/CDC -30 Tage -365 Tage (bei Implantat)

Abstrich/Keim

Resistenz

1. Antibiotikum CDC 2 Wo später

Abstrich/Keim

Resistenz

2. Antibiotikum CDC 2 Wo später

Abstrich/Keim

Resistenz

3. Antibiotikum CDC 2 Wo später

TB* TB* TB* TB*

TB* TB* TB* TB*

Bewertung 31. 01. Bewertung 30. 06. Bewertung 30. 09. Bewertung 31. 12.

Abschlussbewertung 31.12.

* TB = Teambesprechung

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38 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

als Briefvorlage in der Praxissoftware angelegt sein (Word Vorlage

übernehmen und bei Briefvorlage Felder einfügen) und wird bei jeder

OP mit OPS vom Personal nach dem OP-Bericht im Computer aufgeru-

fen, dann sind alle Patientendaten und OP-Datum bereits enthalten.

Vom OP-Bericht kopieren die Medizinischen Fachangestellten (MFA)

die Diagnose und die Operation, Platz ist auch vorgesehen für einen

„Simultaneingriff“, siehe Abrechnung, für die Abrechnung sind Felder für

OPS und ICD10 fürs Personal. Ferner tragen die MFA den Operateur, OP-

Zeiten und den ggf. erfolgten Antibiotikaverbrauch sowie ggf. eingetre-

tene Infekte ein. Das Anlegen des Dokumentationsbogens macht unser

Personal nach dem OP-Bericht, dem Operateur obliegen die Aufsicht

sowie Kontroll- und ggf. Korrekturfunktion. In einem eingespielten Team

klappt alles reibungslos, wenn alle Bescheid wissen und mitmachen.

Die beim Patienten im Computer angelegten Dokumentations-

bögen nach der MedHYgV werden elektronisch gespeichert oder/und

in Papierform gesammelt und werden bei Bedarf ergänzt. Die Anti-

biotikaverwendung muss, genau zugeordnet für bestimmte Eingriffe,

schriftlich vom Arzt festgelegt sein, damit sie dann bei der OP automa-

tisch und standardisiert abläuft (siehe Muster). Für die vierteljährliche

Bewertung muss das Personal dann nur zusammenstellen, wie viele

und welche Antibiotika verwendet wurden und wie viele Infektionen

bei welchen Eingriffen eingetreten sind, siehe unten analog empfoh-

lene Anwendungsbeispiele. Bei unserer üblicherweise fast gegen 0

(nicht gleich 0) gehenden Anzahl der Infektionen bei ambulanten Ope-

rationen ist diese Bewertung sehr einfach, allerdings ist ständig die

Resistenzlage von Antibiotika zu berücksichtigen.

Anmerkung: Die Resistenzlage der Antibiotika sieht man gut bei

Abstrichen von durchlaufenden Infekten, also von Patienten, die von

draußen mit Infekten kommen und wegen der Schwere gleich ins

Krankenhaus weitergeleitet werden müssen.

Wichtig ist, dass bei den üblichen wöchentlichen Teambesprechun-

gen die Surveillance mit auf der Tagesordnung steht. Das geht schnell,

wenn keine Ereignisse zu berichten sind, und kostet lediglich dann Zeit,

wenn es Vorkommnisse gab oder wenn Änderungen zu besprechen und

zu dokumentieren sind. Die vierteljährliche und abschließend jähr-

liche Bewertung muss gesondert erfolgen mit ggf. vorzunehmenden

Änderungen des Hygienemanagements und des Antibiotakaeinsatzes.

Ergänzend stehen zur vierteljährlichen Bewertung die Zahlen aus der

KV-Abrechnung zur Verfügung, sodass es sich anbietet, diese Bespre-

chungen zeitlich nach der KV-Abrechnung durchzuführen.

Ergänzende weitere Mustervorlagen

Das vorstehende Verfahren standardisiert die vorgeschriebenen Auf-

lagen und reduziert gleichzeitig verfahrensbedingte Fehlerquellen. Es

empfiehlt sich, nach Erstellung der Dokumentationsbögen die Abrech-

nung der Operationen direkt anzuschließen, da auf den OP-Berichten

und auf den Dokumentationsbögen alles Wesentliche abgebildet ist.

Analog dazu empfehle ich eine Reihe weiterer Mustervorlagen (siehe

Tab. 2, Tab. 3 und Tab. 4).

Die vorstehende Bearbeitung mit den Dokumentationsbögen und

die Bewertungen für die Surveillance nosokomialer Infektionen und

den Antibiotikaverbrauch/Antibiotikaresistenzen gemäß IfSG sowie

der jeweiligen MedHygV sind ebenfalls notwendig für die seit 1. Januar

2017 greifende G-BA-Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergrei-

fenden Qualitätssicherung (Qesü-RL) und das auch seit 1. Januar 2017

Medizin

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Dr. Rainer Woischke

Chirurg, Orthopäde, Unfallchirurg und D-Arzt

BAO-Fachvertreter für Hygiene

Luitpoldstraße 11

95326 Kulmbach

Tel.: 09221 66666 und 74071

Fax: 09221 66254

[email protected]

Tabelle 3: Bewertung der Surveillance nosokomialer Infektio-nen und des Antibiotikaverbrauchs für das 4. Quartal 2016

In diesem Zeitraum ist es nicht zu einer Infektion gekommen.

Therapeutisch wurden daher keine Antibiotika verbraucht.

Antibiotikaprophylaxe:

4. Quartal 2016 2 × [Angabe der Substanz]}

Tabelle 2: Antibiotikaprophylaxe 2016

Verabreichung von [Angabe der Substanz] präoperativ bei:

sämtlichen Schultereingriffen, z. B. arthroskopische

subakromiale Dekompression, arthroskopische oder offene

Rotatorenmanschettennaht

arthroskopischen Plastiken am vorderen Kreuzband

Arthroskopien bei Diabetikern

Leisten- oder Nabelhernienoperationen mit Einbringen von Netzen

Vorher wird nachgefragt, ob Allergien bzw. Unverträglichkeitsreaktionen

bekannt sind auf [Angabe der Substanz]. Falls ja, wird [Name der Substanz]

präoperativ verabreicht. Komplikationen auf die Antibiotika-Gabe sind nicht

eingetreten.

}

}

}

}

Tabelle 4: Bewertung der Surveillance der nosokomialen Infektionen und des Antibiotikaverbrauchs für das Jahr 2016

In diesem Zeitraum ist es nicht zu einer Infektion gekommen.

Therapeutisch wurden daher keine Antibiotika verbraucht.

Antibiotikaprophylaxe:

1. Quartal 2016 2 × [Angabe der Substanz]

2. Quartal 2016 3 × [Angabe der Substanz]

3. Quartal 2016 6 × [Angabe der Substanz]

4. Quartal 2016 2 × [Angabe der Substanz]

}

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 39

23.02. – 24.02.2018, NürnbergConvention Center

2018PROGRAMM

Fachthemen der Allgemein-, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Handchirurgie, Fußchirugie

Veranstalter/Organisation

geltende „Qualitätssicherungsverfahren Vermeidung nosokomialer

Infektionen – postoperative Wundinfektionen des IQTIG“.

In den IQTIG-Informationen für die teilnehmenden ambulanten

Leistungserbringer zum Start des Qualitätssicherungsverfahrens „Ver-

meidung nosokomialer Infektionen – postoperative Wundinfektionen“

(Stand: 9. Februar 2017 bzw. 28. August 2017) heißt es:

Auslösung der einrichtungsbezogenen QS-Dokumentation: KVen

informieren den/die jeweilige(n) Vertragsarzt/-ärztin über seine/ihre

Dokumentationspflicht, wenn er/sie in den ersten beiden Quartalen

des Erfassungsjahres mindestens einen Eingriff abgerechnet hat, der

eine einrichtungsbezogene QS-Dokumentation notwendig macht. Die

einrichtungsbezogene QS-Dokumentation muss retrospektiv zu Beginn

des Jahres, das auf das Erfassungsjahr folgt, durchgeführt werden. Die

Dokumentation erfolgt erstmalig zum Anfang des Jahres 2018 für das

Erfassungsjahr 2017.

Zusammenfassung

Betrachtet man alles, gilt folgende Empfehlung: für die Einhaltung

des IfSG schon immer, zusätzlich für die Vorgaben des IQTIG empfoh-

len ab 1. Januar 2017:

Dokumentationsbogen Ambulantes Operieren,

Surveillance nosokomialer Infektionen,

Antibiotikaverbrauch wie oben angegeben.

}

}

}

Da alle Operationen der Praxis mit OPS erfasst werden, sind natür-

lich alle Tracer-Diagnosen enthalten. Über das Vorstehende wurden alle

Mitglieder in den vielfachen Rundmails des BAO und des BNC infor-

miert, diese Informationen sind im Mitgliederbereich der Internetseite

des BNC abrufbar.

Weiterhin ist es notwendig, den Verbrauch von Händedesinfektions-

mittel (HDM) zu berechnen:

HDM-Verbrauch (ml)

pro Behandlungsfall =

Gesamtverbrauch HDM im Kalenderjahr:

Anzahl aller Behandlungsfälle im Kalenderjahr

Zusammen mit unserem Hygieneplan und unserem Qualitäts-

management (QM) über das Ambulante Operieren einschließlich

Mehrkontakt-Patientenpfad ambulante Operation (oder eine analoge

interne Regelung) können wir im Rahmen einer Einrichtungsbefragung

und einrichtungsbezogenen QS-Dokumentation alle auftretenden Fra-

gen beantworten. Zur Einrichtungsbefragung des IQTIG hat auch die

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Hilfestellungen herausge-

geben, auch sonst findet man auf den Internetseiten der KBV weitere

gute Unterstützung: www.kbv.de/html/themen_26421.php. Weitere

Grundlagen mit weiterführenden Hinweisen sind dargestellt auf den

Internetseiten des IQTIG www.iqtig.org/qs-verfahren/qs-wi. É

}

}

}

}

Medizin

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40 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Tageskliniken,

Entbindungseinrichtungen,

vergleichbare Behandlungs- und Versorgungseinrichtungen sowie

Arzt-, Zahnarzt- und andere Praxen sonstiger humanmedizinischer

Heilberufe, in denen invasive Eingriffe vorgenommen werden.

Die Rolle des Robert Koch-Instituts (RKI)

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionspräven-

tion (KRINKO) am RKI erstellt Empfehlungen für Krankenhäuser und

andere medizinischen Einrichtungen (IfSG § 23 Abs. 1). Als Neugrün-

dung wurde die Kommission „Antiinfektiva, Resistenz und Therapie

(ART)“ eingerichtet (IfSG § 23 Abs. 2). Mit der aktuellen Reform des IfSG

sollten folgende Ziele umgesetzt werden:

Definition des Standards und der Verantwortlichkeit,

Festschreibung der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten.

Die laufende Bemühung um Standardwahrung ist und war bereits

in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit. Hygiene dient in der

Arztpraxis primär der Prävention von Infektionen bei Patienten, Mit-

arbeitern und Dritten. Die hygienerechtlichen Vorschriften für medizi-

nische Einrichtungen und damit auch für Praxen und Ambulante Ope-

rationszentren (AOZ) finden sich somit in folgenden Bereichen:

Infektionsschutzgesetz (IfSG),

Hygieneverordnungen der Bundesländer (MedHygV, MedHygVO …),

Medizinproduktegesetz (MPG),

Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV),

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG),

berufsgenossenschaftliche Vorschriften (z. B. TRBA 250),

Biostoffverordnung (BioStoffV).

Folgen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)

Im Infektionsschutzgesetz und den daraus abgeleiteten Hygienever-

ordnungen der Bundesländer wurde eine Konkretisierung in der orga-

nisatorischen Verantwortlichkeit festgelegt. So sind nun die Leiter bzw.

die Leitung der Einrichtung (Inhaber der Arztpraxis, bei Gesellschaften:

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Gesetzliche Grundlage

Die im bundesweit gültigen Infektionsschutzgesetz (IfSG) hinterlegte

Verordnung zur Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen

Einrichtungen (MedHygV) wurde bereits zu Beginn des Jahres 2012

novelliert. Anlass der Reform waren vermutete 400.000 bis 600.000

behandlungsassoziierte Infektionen, die zu 7.500 bis 15.000 Todesfäl-

len pro Jahr führten. Auch durch in der Presse vielbeachtete Hygiene-

skandale wuchs der Druck auf die Politik, die Bekämpfung der Resis-

tenzen-Problematik gesetzgeberisch anzugehen.

Die Umsetzung erfolgte durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Dieses Bundesgesetz trat Ende Juli 2011 in Kraft. Durch das IfSG wur-

den die die Bundesländer zum Erlass von Rechtsverordnungen zur

Einhaltung der Infektionshygiene in allen relevanten Einrichtungen

des Gesundheitswesens bis zum 31. März 2012 verpflichtet (IfSG § 23

Abs.8). Dazu wurde ein ergänzender Regelungsauftrag an die Landes-

regierungen erteilt. So basieren die 16 landesspezifischen Hygienever-

ordnungen auf den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes.

Aus diesem geht beispielsweise die „Bayerische Verordnung über

Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen“

(MedHygV) oder die „Baden-Württembergische Verordnung des Sozial-

ministeriums über die Hygiene und Infektionsprävention in medi-

zinischen Einrichtungen“ (MedHygVO) hervor. Ziel der länderspezi-

fischen Hygieneverordnungen ist es, „die erforderlichen Maßnahmen

zur Verhütung, Erkennung, Erfassung und Bekämpfung von nosoko-

mialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen in medi-

zinischen Einrichtungen“ einzuführen und verpflichtend umzusetzen.

Um dieses im gesamten Gesundheitssystem zu durchdringen wurden

als Adressaten definiert:

Krankenhäuser,

Einrichtungen für Ambulantes Operieren,

Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Kran-

kenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,

Dialyseeinrichtungen,

}

}

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}

Hygiene

Vorgaben des IfSG von 2012 und Schnittstellen zu QM- und BG-VorgabenDie Reform des IfSG schafft mehr Rechtssicherheit, wenngleich einige begriffliche Unschärfen bleiben. Das

Hygienemanagement in der niedergelassenen Praxis wird dabei immer anspruchsvoller. Für ambulante

Operationen gelten auch hier die gleichen Qualitätsmaßstäbe wie dies für stationäre Operationen der Fall ist.

Von Dr. Guntram Fischer

Medizin

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 41

im Zweifel alle Gesellschafter) für die Einhaltung der Regelungen aus

dem IfSG verantwortlich. Damit liegt die Gesamtverantwortung für das

Hygienemanagement ausschließlich beim Praxisinhaber bzw. -betrei-

ber; auch bei einer Delegation dieser Aufgaben an externe Dienstleister

bleibt die Endverantwortung bei ihm.

Damit trägt jeder, der in einer Praxis eigenverantwortlich medizi-

nische Tätigkeiten durchführt, die Durchführungsverantwortung und

damit die Verantwortung für die erforderliche Qualität seiner Arbeit.

Hygiene und Qualitätsmanagement

Das Hygienemanagement ist in der Zwischenzeit auch ein Teil des

Qualitätsmanagements, so auch in den neuen Richtlinien zum Quali-

tätsmanagement des gemeinsamen Bundesausschusses (QM-RL ver-

tragsärztliche Versorgung-ÄQM-RL), welche seit 2016 in überarbeiteter

Form gültig sind. Die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses

(G-BA, www.g-ba.de) fordern für das Hygienemanagement Folgendes:

Sachgerechter Umgang mit allen hygieneassoziierten Strukturen und

Prozessen der Einrichtung,

Verhütung und Vorbeugung von Infektionen und Krankheiten,

Sachgerechter Einsatz antimikrobieller Substanzen,

Maßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Erreger,

Hygiene und Befolgung der Vorgaben der Berufsgenossenschaften.

Die Berufsgenossenschaften haben besondere Regelungen im Hygie-

nebereich erlassen, etwa „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswe-

sen und in der Wohlfahrtspflege (BGR/TRBA 250)“. Diese „technischen

Regeln für biologische Arbeitsstoffe“ (TRBA) geben den jeweiligen

Stand der Technik, Arbeitsmedizin und -hygiene sowie sonstige gesi-

cherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen

Arbeitsstoffen wieder (zu finden unter www.bgw-online.de).

Hygiene und Rechtsprechung

Die Rechtsprechung ordnet Hygienefehler den beherrschbaren

Risiken zu und geht davon aus, dass Hygienemängel mit geringem Auf-

wand und niedrigen Kosten behoben werden können. Ein Vorteil ist das

Mehr an Rechtssicherheit durch die Anknüpfung an Empfehlungen der

Fachgesellschaften (KRINKO, RKI). Dies ist zwar rechtlich kein Freibrief,

andererseits aber eine sehr hohe Hürde für den Patienten, der nachwei-

sen muss, dass diese Veröffentlichungen nicht mehr „State of the Art“

sind. Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft auf

diesem Gebiet wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Emp-

fehlungen der KRINKO beim RKI und der Kommission für Antiinfektiva,

Resistenz und Therapie beim RKI beachtet wurden.

Die Konsequenzen

Die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen

Maßnahmen müssen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen

zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, ins-

besondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Zu beachten sind

dabei im Besonderen die folgenden Änderungen des IfSG:

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§ 23 Abs. 3: Die Leiter folgender Einrichtungen haben sicherzustel-

len, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erfor-

derlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektio-

nen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern,

insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Das schlägt sich

im Gesetzestext wie folgt nieder: „Die Leiter von Einrichtungen haben

sicherzustellen, dass nosokomiale Infektionen und das Auftreten von

Krankheitserregern in einer gesonderten Niederschrift aufgezeichnet

werden und sachgerechte Schlussfolgerungen hinsichtlich erforder-

licher Präventionsmaßnahmen gezogen werden.“ Und weiter: „Die

infektionshygienische Überwachung obliegt dem Gesundheitsamt.“

Sowie: „Verstöße gegen das IfSG sind Ordnungswidrigkeiten.“

Am Beispiel Bayerns soll die zwischenzeitlich erfolgte Umsetzung

des Bundes-IfSG in eine länderspezifische Hygieneverordnung aufge-

zeigt werden. So ist die „Verordnung zur Änderung der Verordnung zur

Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen

(MedHygV)“ des Landes Bayern am 1. September 2012 in Kraft getre-

ten.Sie schreibt für Einrichtungen für Ambulantes Operieren, Dialyse-

einrichtungen und Tageskliniken folgendes vor:

Erstellung von Hygieneplänen (§ 3),

Beratung durch einen Krankenhaushygieniker (§ 6),

Beschäftigung von Hygienefachkräften (§ 7).

Bestellung mindestens eines Hygienebeauftragten Arztes (§ 8):

Dieser muss als Facharzt anerkannt sein und an einer Fortbildung zum

hygienebeauftragten Arzt im Umfang von mindestens 40 Stunden teil-

genommen haben.

Bestellung mindestens eines Hygienebeauftragten Pflege (§ 9):

Dabei handelt es sich um eine staatlich anerkannte Gesundheits- und

Krankenpflegekraft mit dreijähriger Berufserfahrung. Es finden sich im

bayerischen Gesetz Regelungen und Vorschriften zu:

§ 2a Anforderungen an Bau, Ausstattung und Betrieb,

§ 3 Spezielle Pflichten der Einrichtungen,

§ 4 Hygienekommission,

§ 5 Ausstattung mit Fachpersonal,

§ 6 Krankenhaushygieniker,

§ 7 Hygienefachkräfte,

§ 8 Hygienebeauftragte Ärztin und hygienebeauftragter Arzt,

§ 9 Hygienebeauftragte in der Pflege,

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Medizin

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Dr. Guntram Fischer

Facharzt für Anästhesiologie / MBA

Fischer + Rauch

Kompetenz im Gesundheitswesen

Königstraße 1, 87435 Kempten

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42 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

§ 10 Aufzeichnung und Bewertung, Ausbruchsmanagement,

§ 11 Datenschutz, Akteneinsichtsrecht,

§ 12 Information und Schulung des Personals,

§ 13 Sektorübergreifender Informationsaustausch,

§ 14 Überwachung,

§ 15 Ordnungswidrigkeiten,

§ 16 Inkrafttreten.

Allgemeine Vorschriften der Bayerischen Hygieneverordnung:

Verantwortung hat der Leiter der Einrichtung: Beachtung der dem

jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden

Regeln der Hygiene, analog RKI-Empfehlungen (§ 2).

Bauvorhaben in Einrichtungen für Ambulantes Operieren sind

durch Krankenhaushygieniker zu bewerten. Die Gesundheitsbe-

hörde ist zu informieren (§ 2a).

Hygienefachpersonal muss mindestens im Abstand von zwei Jahren

an Fortbildungen zur Infektionshygiene teilnehmen (§ 12).

Sektorenübergreifender Informationsaustausch bei Verlegung, Über-

weisung und Entlassung von Patienten muss sichergestellt sein (§ 13).

Verstöße gegen die Verordnung sind Ordnungswidrigkeiten (§ 15).

Empfehlungen des Robert Koch-Institutes (RKI)

Das RKI hat Empfehlungen zu Risikoprofilen zur Einstufung ambu-

lanter medizinischer Einrichtungen abgegeben:

Geringes Risikoprofil: Behandlungsbereiche ohne invasive Maßnah-

men und Diagnostik,

Mittleres Risikoprofil: Ambulante Operationen, ambulante, invasive

Diagnostik (z. B. Endoskopien, Bronchoskopien) und ambulante bzw.

teilstationäre Dialyse.

Aus dem Risikoprofil leitet sich der personelle Bedarf ambulanter

medizinischer Einrichtungen ab. Nach der bayerischen MedHygV galt

diesbezüglich eine Übergangsregelung für Personalausbildung und

-gestellung bis zum 31. Dezember 2016:

Geringes Risikoprofil: In der Ausbildung erworbene Kenntnisse

einer Fachkrankenschwester bzw. MFA über die grundlegend erfor-

derlichen Hygienemaßnahmen sind ausreichend.

Mittleres Risikoprofil: Die Beratung durch einen Krankenhaushygi-

eniker ist zu gewährleisten und eine Hygienefachkraft pro 50.000

Fälle pro Jahr zu beschäftigen.

Qualifikation und Aufgaben „Hygieneverantwortlicher Arzt“

Voraussetzung: Facharzt-Qualifikation im betreffenden klinischen

Zuständigkeitsbereich, Facharzt mit Weisungsbefugnis.

Betrieblich-organisatorische Aufgaben:

Vermittlung von Entscheidungen aus Hygienekommission in den

Zuständigkeitsbereich,

Bindeglied zwischen Behandlungs- und Hygieneteam,

Mitglied in der Hygienekommission,

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Mitarbeit in speziellen Arbeitsgruppen zu Fragen der Krankenhaus-

hygiene und Infektionsprävention (Mitsprache bei der Erarbeitung

von Standards),

Abteilungs-/bereichsbezogene Unterstützung des Hygienepersonals

bei der Analyse bereichsspezifischer Infektionsrisiken, beim Erstel-

len des bereichsspezifischen Hygieneplans und bei der Fortbildung

des Personals im Bereich KH-Hygiene und Infektionsprävention.

Optimierung des Antibiotikaverbrauchs: „trägt dazu bei (…) Einsatz

von Antibiotika (…) auf der Basis von patientenspezifischen Aspekten,

Surveillance- und Resistenzdaten zu optimieren“.

Ausbruchsmanagement:

Zeitnahes Erkennen und Melden von Infektionsausbrüchen (schon

bei begründetem Verdacht) an die ärztliche Leitung, das Hygiene-

personal und das Gesundheitsamt,

Verantwortlich für die Abklärung infektiöser Komplikationen,

Einleiten von Gegenmaßnahmen in enger Abstimmung mit den

übrigen Hygienemitarbeiter/-innen,

Mitwirkung beim Ausbruchsmanagement (im Ausbruchsteam).

Hygieneverantwortliche Pflegekraft

Voraussetzung: staatliche Anerkennung zum/zur Gesundheits- und

Krankenpfleger/-pflegerin, mit mehrjähriger Berufserfahrung.

Betrieblich-organisatorisch:

Kommunikationspartner/in bzw. Schnittstelle zum Hygieneteam,

regelmäßige Teilnahme an Hygienefortbildungen und -schulungen,

Multiplikator/in hygienerelevanter Themen auf der Station bzw. im

Funktionsbereich,

Teilnahme an Arbeitsgruppen/Qualitätszirkeln.

Abteilungs-/bereichsbezogen:

Mitwirkung im Umgang mit bereichsspezifischen Infektionsrisiken,

Mitwirkung beim Erstellen eines bereichsspezifischen Hygieneplans

und entsprechender Standards,

Kleingruppenunterricht stations- und bereichsbezogen über kor-

rekte Hygienepraktiken bei kritischen Pflegemaßnahmen,

tätigkeitsbezogene Umsetzung korrekter Hygienepraktiken im eige-

nen Verantwortungsbereich.

Ausbruchsmanagement:

Frühzeitige Wahrnehmung von Clustern/Ausbrüchen und Informa-

tionsweitergabe an die Hygienefachkraft,

Mitwirkung bei der organisatorischen Bewältigung von epidemisch

auftretenden Krankenhausinfektionen.

Die Bayerische MedHygV fordert (u. a.):

dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entspre-

chende Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung und Bekämpfung

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Medizin

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 43

von nosokomialen Infektionen zu treffen (Umsetzung der KRINKO-

und ART-Empfehlungen),

die getroffenen Maßnahmen in verbindliche Handlungsanwei-

sungen im einrichtungsbezogenen Hygieneplan umzusetzen,

den Hygieneplan mindestens jährlich, darüber hinaus bei neuen

Veröffentlichung von Empfehlungen der KRINKO/ART und anlass-

bezogen zu überprüfen,

eine fortlaufende Erfassung und Bewertung nosokomialer Infektio-

nen und multiresistenter Erreger.

Hier müssen also einrichtungsspezifische Umsetzungsmöglich-

keiten gefunden werden, um den gesetzlichen Vorgaben Genüge zu

tun. Bislang war dies in Bezug auf die postoperativen Wundinfektionen

durch die Teilnahme an Ambu-KISS möglich. Es handelte sich dabei

um ein Surveillance-Protokoll für postoperative Wundinfektionen in

Einrichtungen für das Ambulante Operieren, welches über das Natio-

nale Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen

(www.nrz-hygiene.de) betrieben wurde. Basis waren die einheitlichen

Definitionen für postoperative Wundinfektionen nach CDC (Centers

for Disease Control). Ambu-KISS wurde 2015 eingestellt, sodass dieses

Instrument nicht mehr vorhanden ist.

Handreichungen

AG Praxishygiene der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaus-

hygiene: Leitfaden zu Organisation und Hygienemanagement in der

Arztpraxis (Struktur- und Prozessqualität). In: Hyg Med 2013; 38–3,

}

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}

Arbeitskreis für „Krankenhaus- & Praxishygiene“ der AWMF: Emp-

fehlungen zur Hygiene in Klinik und Praxis. In: www.hygiene-klinik-

praxis.de,

Kassenärztliche Bundesvereinigung, Reihe PraxisWissenSpezial.

Überwachungen und Begehungen von Arztpraxen durch Behörden,

Informationen zu gesetzlichen Grundlagen und Checklisten (wird

laufend aktualisiert und liegt daher nur als downloadfähige Datei

vor). Diese Broschüre bietet eine umfassende und immer wieder

aktualisierte Übersicht. Besonders hervorzuheben sind die Anhänge.

So kann anhand eines Fragebogens zu Hygiene und Medizinpro-

dukten der einrichtungsinterne Status Quo erhoben werden. Es

werden Checklisten angeboten, KVen genannt und die Zuständig-

keiten in den Bundesländern dargestellt. Quelle: www.kbv.de/html/

hygiene.php.

Zusammenfassung

Die Reform des IfSG schafft mehr Rechtssicherheit, wenngleich

einige begriffliche Unschärfen bleiben. Es werden erhöhte organisato-

rische Anforderungen im ambulanten Bereich gestellt, und es konkre-

tisiert den Pflichtenkreis vor allem für Einrichtungen des Ambulanten

Operierens. Das IfSG als Bundesgesetz trat am 30. Juli 2011 in Kraft und

enthielt eine Verpflichtung der Länder, bis 31. März 2012 entsprechende

Rechtsverordnungen in ihrem Zuständigkeitsgebiet zu erlassen.

Was ist konkret zu tun?

Hygieneplan erstellen und kontinuierlich aktualisieren, sowie jähr-

liche Pflichtinformation aller Mitarbeiter (=Pflichtschulung).

Hygieneverantwortlichen Arzt bestellen.

Hygieneverantwortliche Pflegekraft bestellen.

Laufende Dokumentation von Infektionen mit multiresistenten

Erregern, Bewertung und sachgerechte Schlussfolgerungen hin-

sichtlich der erforderlichen Präventionsmaßnahmen durchführen,

die Art und Umfang des Antibiotikaverbrauches erfassen (unter

Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation).

Aufbewahrungsfrist: 10 Jahre, der zuständigen Gesundheitsbehörde

ist auf Verlangen Einsicht zu gewähren.

Fazit

Die Situation in der niedergelassenen Praxis gestaltet sich immer

anspruchsvoller. Für ambulante Operationen gelten auch in Bereich

der Hygiene die gleichen Qualitätsmaßstäbe wie dies für stationäre

Operationen der Fall ist. Dieser erhöhte Sach- und Personalaufwand

wird in der Vergütung nicht berücksichtigt. Bereits 2015 forderte der

BAO aufgrund eines Gutachtens von Dr. Rainer Woischke (siehe Artikel

Seite 36) einen Zuschlag von 55 Euro pro Operation, um die mit dem

IfSG und den Länder-Hygieneverordnungen ausgelösten finanziel-

len Mehraufwände abzudecken. Demgegenüber erhielten laut dem

Bericht des GKV-Spitzenverbandes 2013/2014 über 1.000 Krankenhäu-

ser 66,6 Millionen Euro zur Verbesserung der personellen Ausstattung

bei Hygienepersonal. É

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Medizin

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Art und Umfang des Hygienemanagements hängen vom Risiko für Infektionen

bei den jeweiligen Eingriffen ab

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44 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Laut Schätzung gab es 2010 in der Bundesrepublik 350 Krankenhaushy-

gieniker, bei 2.064 Krankenhäusern, 1.237 Rehabilitationseinrichtungen

und 411 Tageskliniken [5] und einer unbekannten Zahl von Einrich-

tungen für Ambulantes Operieren sowie Dialysezentren, die Beratung

durch oder hauptamtliche Krankenhaushygieniker haben müssten [6].

Folglich kann ein Großteil der Gesundheitseinrichtungen den gesetz-

lichen Normen infolge des Personalmangels nicht nachkommen. Der

derzeit am häufigsten gesuchte Facharzt ist deshalb der Krankenhaus-

hygieniker. Eine Entspannung der Nachfrage ist auch auf Jahre hin

nicht zu erwarten [7]. Es ist auch völlig unklar, wie sich im Schadenfall

ein Mangel an Beratung auswirken könnte.

Anforderungen und Inhalte der curricularen Fortbildung

Die Teilnehmer der curricularen Fortbildung Krankenhaushygiene

müssen eine abgeschlossene Weiterbildung zum Facharzt mit Patien-

tenbezug oder eine abgeschlossene Weiterbildung zum Facharzt für

öffentliches Gesundheitswesen haben. Sie absolvieren insgesamt sechs

Module, die innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden sollen.

Ferner übernehmen die Teilnehmer „Krankenhaushygieniker in struk-

turierter curricularer Fortbildung“ die Aufgabe des hygienebeauftragten

Arztes in einer bettenführenden Abteilung mit 50 Prozent einer Vollzeit-

stelle für mindestens zwei Jahre.

Praktische Erfahrungen durch Praktika und Fallkonferenzen

Ferner müssen sich die Teilnehmer einen qualifizierten Supervisor

suchen, der von der Landesärztekammer anerkannt sein muss, und

praktische Erfahrungen nachweisen, die durch insgesamt 20 Fallkon-

ferenzen mit dem qualifizierten Supervisor sowie durch Hospitationen

erfolgen. Diese umfassen eine Woche in einem krankenhaushygie-

nischem Labor, zwei Wochen im öffentlichen Gesundheitsdienst und

vier Wochen in der Klinikhygiene mit Begehung, Prozessbeobachtung

und krankenhaushygienischen infektiologischen Visiten. Sind diese

Voraussetzungen erfüllt, kann sich der Teilnehmer der Weiterbildungs-

maßnahme einer Prüfung vor der Landesärztekammer unterziehen,

um die Bezeichnung „Krankenhaushygieniker“ zu erhalten.

Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) [1] wird im § 23 Absatz 8 Satz 3 die

Ausstattung mit qualifiziertem Hygienefachpersonal von Krankenhäu-

sern, Einrichtungen für Ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabili-

tationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare

medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen und Tageskli-

niken geregelt. Jedes Bundesland hat in einer Hygieneverordnung diese

Vorgaben umgesetzt (siehe Tabelle 1).

Die Notwendigkeit der Beratung durch Krankenhaushygieniker in

den einzelnen Bundesländern beim Ambulanten Operieren und in

Tageskliniken wird unterschiedlich beurteilt. Die aktuelle Empfehlung

zum Kapazitätsumfang für die Betreuung von Krankenhäusern und

anderen medizinischen Einrichtungen durch Krankenhaushygieniker

der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention

(KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) sieht die Beratung ambulanter

bzw. nicht bettenführender Einrichtungen mit mindestens einem Prä-

senztermin pro Jahr, inklusive der Durchführung von Fortbildungen für

das ärztliche und gegebenenfalls nicht-ärztliche Personal vor [2].

Geringe Ausbildungskapazitäten für Krankenhaushygieniker

Diese Festlegung geht auf eine Grundsatzempfehlung des Bundes-

gesundheitsamtes (heute RKI) aus dem Jahre 1976 zurück und wurde

in den Folgejahren immer wieder präzisiert. Es zeigte sich jedoch

schon 2009, dass der Bedarf an Krankenhaushygienikern aufgrund zu

geringer Ausbildungskapazitäten in den Folgejahren nicht zu decken

sein würde [3]. Im November 2011 erfolgte dann die Herausgabe der

strukturierten curricularen Fortbildung Krankenhaushygiene durch

die Bundesärztekammer. Ergänzende Rahmenbedingungen wurden im

September 2013 publiziert [4].

Man erhoffte sich durch diese Weiterbildung die Ausbildung von

ausreichend vielen Krankenhaushygienikern, um den Vorgaben des

Gesetzgebers zu entsprechen. Jedoch war die Nachfrage bislang viel zu

gering, so dass die Übergangsfrist um drei Jahre auf den 31. Dezember

2019 verlängert werden musste. Jedoch wurde diese Verlängerung nicht

in allen Medizinhygieneverordnungen der Länder sofort umgesetzt.

Hygiene

Erfahrungsbericht: Curriculare Weiterbildung KrankenhaushygieneWarum absolviert ein niedergelassener Chirurg eine zeit- und kostenintensive Weiterbildung, obwohl die Behör-

den die gesetzlichen Vorgaben im ambulanten Bereich in Ermangelung von Krankenhaushygienikern vermutlich

nicht einfordern werden können? Weil für Chirurgen Hygiene die Grundlage jeglicher chirurgischer Therapie ist.

Von Dr. Stefan Mann

Medizin

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 45

Eigene Erfahrungen mit der curricularen Fortbildung

Ich habe 2013 das Modul 1 (Hygienebeauftragter Arzt) am Landes-

gesundheitsamt Baden-Württemberg absolviert und entschloss mich

im Anschluss, die curriculare Fortbildung Krankenhaushygiene anzu-

schließen. Als niedergelassener Gefäßchirurg in einer Gemeinschafts-

praxis absolvierte ich die Tätigkeit als hygienebeauftragter Arzt in

unserer gefäßchirurgischen Belegabteilung. Die Module 2 bis 6 müssen

nicht in chronologischer Folge absolviert werden. Das Modul 2 Kran-

kenhaushygiene absolvierte ich im Juni 2014, Modul 3 im Oktober 2015,

Modul 4 im September 2014, Modul 5 im Juni 2015 und Modul 6 im März

2015 bei der bayerischen Landesärztekammer, bzw. Modul 5 im Auftrag

der bayerischen Landesärztekammer bei der Paracelsus medizinischen

Privatuniversität Nürnberg.

Modul 2 (Organisation der Hygiene) umfasste die Erarbeitung ein-

richtungsspezifischer Präventionsstrategien und Beratung bei der

Implementierung, Kommunikation mit Aufsichtsbehörden, hygienische

Aspekte von Standard Operating Procedures und Standardanweisungen

zu invasiven medizinischen Maßnahmen bzw. Pflegetechniken, Kom-

munikationsstrategien, Erstellung eines Hygieneplans nach § 23 IfSG,

Begehung vor Ort (auch anlassbezogen), Auditierung unterschiedlicher

Bereiche mit Blick auf infektionspräventive Maßnahmen, Hygieneaudit

sowie hygienisch mikrobiologische Untersuchungen.

Modul 3 (Mikrobiologische Grundlagen) umfasste mikrobiologische

Diagnostik, Erfassung und Bewertung mikrobiologischer Befunde

zwecks Überwachung oder Festlegung von krankenhaushygienischen

Schutzmaßnahmen, allgemeine Aspekte zur antimikrobiellen Strategie,

Erreger von Infektionen und ihre Übertragungswege sowie Standard-

präventionsmaßnahmen für Kontaktübertragung, Tröpfcheninfektion

und airborne infection.

Modul 4 (Bauliche und technische Grundlagen) fand ich besonders

interessant, weil wir zu dieser Zeit unseren OP modernisierten. In die-

sem Modul geht es um die bauliche und technische Hygiene, mit Des-

infektion und Sterilisation, Antiseptik, Begutachtung und Beratung bei

der Beschaffung und Aufbereitung von Medizinprodukten, Materialien

und Einrichtungsgegenständen sowie hygienische Beratung bei Bau-

planung, Bauausführung und Betrieb von hygienerelevanten Gewerken,

speziell Wasser und Abwasser, Abfall, Raumluft und Klimatechnik.

Im Modul 5 (Gezielte Präventionsmaßnahmen) wurden gezielte Prä-

ventionsmaßnahmen, insbesondere zur Übertragung von multiresis-

tenten Erregern, sowie deren klinische Bedeutung unterrichtet.

Im Modul 6 (Qualitätssichernde Maßnahmen und Ausbruchs-

management) wurden die fortlaufende Analyse wissenschaftlicher

Erkenntnisse zur Infektionsprävention, internationale, bundes- und lan-

desspezifische Regelungen, Normen und Gesetze sowie die Umsetzung Ñ

Medizin

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Dr. Stefan Mann

Facharzt für Chirurgie, Facharzt für Gefäßchirurgie

Phlebologe, Endovaskularspezialist DGG

interner Auditor iQ Cert, Hygienebeauftragter Arzt

Gefäßzentrum Regensburg

Bahnhofstraße 24, 93047 Regensburg

Tel.: 0941/58547-0

[email protected]

www.gefaesszentrum-regensburg.de

Tabelle 1: Hygieneverordnungen nach Bundesländern: Beratung durch Krankenhaushygieniker

Tagesklinik Ambulantes Operieren

Baden-Württemberg

beratend beratend

Bayern

beratend beratend

Berlin

keine Pflicht keine Pflicht

Brandenburg

keine Pflicht keine Pflicht

Bremen

keine Pflicht keine Pflicht

Hamburg

beratend beratend

Hessen

keine Pflicht beratend

Mecklenburg-Vorpommern

beratend beratend

Niedersachsen

beratend beratend

Nordrhein-Westfalen

angemessene klinisch mikrobiologisch pharmazeutische, sowie baulich technische Beratung

Anmerkung: Es gilt die Empfehlung KRINKO „personelle organisatorische Vorraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ in aktueller Version.

Rheinland-Pfalz

beratend beratend

Anmerkung: Hygienekommission nötig in Tagesklinik

Saarland

beratend beratend

Anmerkung: Hygienekommission nötig in Tagesklinik

Sachsen

beratend beratend

Sachsen-Anhalt

beratend beratend

Anmerkung: hauptamtlich nur in Maximalversorgungs- und Schwerpunktkrankenhäusern

Schleswig-Holstein

beratend beratend

Anmerkung: hauptamtlich nur in Maximalversorgungs- und Schwerpunktkrankenhäusern

Thüringen

beratend beratend

Anmerkung: mindestens halbjährliche Begehung durch Krankenhaushygieniker

Quelle: Krankenhaushygieneverordnungen der Bundesländer [8]

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46 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

dieser Erkenntnisse in klinische Strukturen und Prozesse, ebenso wie

die Überwachung nosokomialer Infektionen und von Erregern mit

besonderen Resistenzen sowie die Rückkopplung der Ergebnisse und

Analysen an die Funktionseinheiten vermittelt. Der Schwerpunkt lag

dabei auf endemisch sowie epidemisch auftretenden Infektionen und

den Schnittstellen zu den Aufsichtsbehörden. Ein Ausbruchs- und

Krisenmanagement einschließlich Moderation und Kommunikation

wurde vorgestellt, und wir erarbeiteten einrichtungsspezifische Algo-

rithmen zur Erkennung und Kontrolle von Clusterausbrüchen sowie

Ausbruchsrisiken.

Praktika und Hospitationen

Mein vierwöchiges Krankenhauspraktikum absolvierte ich im Kli-

nikum Landshut in der Abteilung Krankenhaushygiene. Der dortige

Krankenhaushygieniker gewährte mir tiefe Einblicke in die tägliche

Arbeit, aber auch in die Fragestellungen zu hygienerelevanten Themen,

die es zu beantworten gilt. Er war gleichzeitig mein Supervisor, mit

dem ich vor Ort und in Nachbesprechungen klinikrelevante Themen

besprechen konnte. Wir suchten gemeinsam 20 Themen für die Fall-

konferenzen, die ebenfalls besprochen und dokumentiert wurden.

Die Woche im mikrobiologischen Labor absolvierte ich bei Synlab

in Weiden. Die Betreuung durch die mikrobiologischen Kollegen war

hervorragend. Ich wurde in die tägliche Routinediagnostik, aber auch

spezielle mikrobiologische Fragestellungen der Krankenhaus- und

Umwelthygiene eingebunden. Mittlerweile hat sich daraus, auch für

meine tägliche Praxis, eine sehr gute Zusammenarbeit entwickelt.

Mein zweiwöchiges Praktikum im öffentlichen Gesundheitsdienst

leistete ich am Gesundheitsamt Regensburg ab. Auch hier wurde ich

sehr zuvorkommend aufgenommen und bekam einen umfassenden

Einblick in das breite Spektrum seiner Tätigkeitsfelder. Ich wurde zu

Krankenhausbegehungen, Begehungen von öffentlichen und privaten

Brunnen, Wasserwerken, Seniorenheimen und Hygieneüberprüfungen

von Küchen mitgenommen, aber auch zu Untersuchungen in Flücht-

lingsheimen, der TBC-, Impf- und Suchtberatung sowie zu Schulein-

gangsuntersuchungen. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich

bei meinen Ausbildern für die viele Zeit bedanken, die sie sich genom-

men und die vielen Fragen, die sie mir beantwortet haben und immer

noch beantworten. Als Resümee kann ich guten Gewissens sagen, dass

die gesamte Fortbildung ausgesprochen interessant war.

Allerdings hat der Besuch der sechs Module nicht nur durch die Teil-

nahmegebühren, Fahrten und mit ggf. notwendigen Übernachtungen,

Kosten verursacht, sondern natürlich auch Umsatzausfall in der Pra-

xis. Dies war auch ein hoher Kostenfaktor bei den insgesamt sieben

Wochen an Hospitationen. Da der Supervisor durch die Landesärzte-

kammer qualifiziert sein muss, ist es mittlerweile auch üblich, dass die

Kollegen für ihre Tätigkeit ebenfalls entlohnt werden wollen.

Dieses Jahr im August habe ich dann vor dem Prüfungsausschuss

der bayerischen Landesärztekammer die Prüfung absolviert, aber nicht

bestanden. Ausgerechnet Antworten auf Fragen im Bereich meiner

Facharztkompetenzen sah der Ausschuss als nicht richtig an.

Oft wurde ich gefragt, warum ich mir diese Weiterbildung antue,

obwohl es unwahrscheinlich sein dürfte, dass Behörden die gesetz-

lichen Vorgaben im ambulanten Bereich aufgrund der mangelnden

Anzahl an Krankenhaushygienikern durchsetzen werden können.

Für uns Chirurgen ist Hygiene die Basis unseres Tuns und die Grund-

lage jeglicher chirurgischer Therapie. Die per Facharztanerkennung

bereits als Krankenhaushygieniker qualifizierten Fachärzte für Mikro-

biologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene

und Umweltmedizin haben in ihren Ausbildungscurricula die nötigen

Qualifikationen bereits enthalten. Meiner Meinung nach können einge-

hende Kenntnisse und Erfahrungen in den Risikobereichen eines Kran-

kenhauses nur erworben werden, wenn man jahrelang dort klinisch

tätig gewesen ist. Gerade in der curricularen Fortbildung wird deshalb

ein Facharzt in einem Fachgebiet mit Patientenbezug ausdrücklich

gefordert. Wir Chirurgen haben diese Erfahrungen und Kenntnisse

durch unsere tägliche Arbeit. Wir können und müssen unser eigenes

Tun kritisch beurteilen, denn wir sind verantwortlich, wenn unsere

Patienten mit den Konsequenzen von Hygienefehlern leben müssen.

Plädoyer für mehr Chirurgen in der Krankenhaushygiene

Trotz meiner schlechten Erfahrungen in der Prüfung, gegen die ich

zunächst ein Abhilfeverfahren beantragt habe, möchte ich dem mög-

lichen Eindruck deutlich widersprechen, dass es sich nicht lohnt, eine

solche Fortbildung zu durchlaufen. Ich möchte aber auch die chirur-

gischen Berufsverbände ermutigen, über die Möglichkeit zu diskutie-

ren, die Weiterbildungsinhalte der Krankenhaushygiene in die chirur-

gische Facharztausbildung zu integrieren. Selbstverständlich sollte ein

Chirurg über die Gebäudetechnik im Operationssaal, die eingesetzten

Flächen- und Hautdesinfektionsmittel und über die Sterilität seines

Instrumentariums Bescheid wissen. Auf der Intensivstation erlernt

er die Kenntnisse der notwendigen einzuhaltenden Hygiene beim

Legen von Gefäß-, Blasenkathetern, Drainagen, Punktionen, Endosko-

pien und auch bei der künstlichen Beatmung. Die Behandlung von

Infektionen chronischer und akuter Wunden, sowie Kenntnisse der

Antibiotikatherapie sind ebenfalls längst Ausbildungsinhalte. Gezielte

Präventionsmaßnahmen mit der Überwachung von Keimresistenzen,

qualitätssichernde Maßnahmen, Grundlagen der Mikrobiologie und

die Organisation von Hygienemaßnahmen sind uns doch zunehmend

vertraut. Und wer kann denn am Besten baulich technische Anfor-

derungen an unsere Arbeitsplätze beurteilen, wenn nicht wir, die

tagtäglich in diesen Räumen arbeiten? Wir Chirurgen dürfen uns die

Kenntnisse und Erfahrungen in der Hygiene nicht nehmen lassen, sie

gehören zu unserem Selbstverständnis.

Auch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgaben, die voraus-

sichtlich auf längere Sicht nicht eingehalten werden können, wäre es

wünschenswert, die Anzahl kompetenter Ansprechpartner zu erhöhen

und das Bewusstsein für unsere Kompetenzen in Sachen der Hygiene

zu stärken. É

Literaturliste beim Verfasser oder bei der Redaktion erhältlich.

Medizin

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Ja, ich will Mitglied des Berufsverbandes Niedergelassener Chirurgen Deutschland e. V. (BNC) werden.

Dazu beantrage ich die Mitgliedschaft in der für mich zuständigen regionalen Arbeitsgemein-schaft Niedergelassener Chirurgen (ANC) und bitte Sie, dieses Schreiben an den jeweiligen Vorsitzenden weiterzuleiten.

Der Jahresbeitrag für den BNC beträgt 330 Euro. Hinzu kommt der individuell unterschiedliche Jahresbeitrag meiner ANC.

Mit meiner Mitgliedschaft unterstütze ich die gesundheitspolitischen Aktivitäten des BNC für alle niedergelassenen Chirurgen in Deutsch-land und erhalte Zugang zum exklusiven BNC-Mitgliederservice.

Beitrittscoupon

Bitte einsenden an den

oder faxen an: 04532 2687561

Titel | Name | Vorname

Straße | PLZ | Ort

Zuständiger KV-Bereich

Geburtsdatum | Telefon privat

Telefon- und Faxnummer Praxis

E-Mail-Adresse | ggf. Homepage

Ort | Datum | Unterschrift

CM

BD

86 |

Aus

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4 –

Nov

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17

Berufsverband

Niedergelassener Chirurgen (BNC)

Geschäftsstelle

Dorfstraße 6 d

22941 Jersbek

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48 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

inzwischen auch etabliert, der sich im allgemeinen aus fünf Schritten

zusammensetzt [1]:

Formulieren der Fragestellung in einer strukturierten Form,

Systematische Suche in elektronischen Datenbanken,

Datenextraktion und Qualitätsbewertung der identifi zierten Studien,

Synthese der Studien eines defi nierten Qualitätsniveaus,

Interpretation der Ergebnisse und Anwendung.

Dieses auch aus der Perspektive des gesunden Menschenverstands

plausible Vorgehen ist durch die Publikation des Institute of Medicine

mit dem markanten Titel „Finding What Works in Health Care: Stan-

dards for Systematic Reviews“ als methodisches Fundament akzeptiert

und in tausenden wissenschaftlichen Artikeln und vermutlich mehre-

ren hundert Lehrbüchern angewendet worden [2]. Systematic Review

(im Folgenden abgekürzt mit SR) ist der Oberbegriff und bedeutet das

Vorgehen nach den obigen Schritten. In der Praxis wird durch die Vermi-

schung mit dem Begriff Metaanalyse (im Folgenden abgekürzt mit MA)

jedoch viel Verwirrung gestiftet. Darunter wird die quantitative Zusam-

1.

2.

3.

4.

5.

Entscheidungen in der medizinischen Versorgung sollten sich auf

Ergebnisse systematischer Forschung stützen, um optimalen Nutzen

diagnostischer oder therapeutischer Verfahren zu erzielen und dabei

Risiken und Schäden minimieren. Zentrale Bedeutung kommt Stu-

dien zu, welche die Auswirkung am Patienten oder auch am Gesunden

bewerten. Sie bilden heute einen immer schneller wachsenden globalen

Wissenspool, der für fast jede Fragestellung mehr als eine Studie liefert.

Das Konzept „Evidenzbasierung“

Diese Studien weltweit zu identifi zieren, daraus diejenigen oberhalb

einer Qualitätsschwelle zu bestimmen und deren Ergebnisse zu einer

Antwort zusammenzufassen, erfordert hohe Kompetenz und geeig-

nete Strukturen für die Durchführung. „Knowing what works?“ ist die

modern formulierte Frage, die durch solche Synthesen einzelner Studi-

energebnisse beantwortet wird und damit die Evidenz für die jeweilige

Intervention generiert.

Im Konzept der evidenzbasierten Medizin bzw. Gesundheitsversor-

gung wird dieser objektivierbare Anteil als externe Evidenz bezeich-

net. Dazu kommen noch zwei Komponenten hinzu: einmal

die Erfahrung des Arztes und zum zweiten die Werte des

Patienten. Diese Anteile sind sehr subjektiv und damit viel

schwieriger zu erfassen. Sie unterscheiden sich stark zwi-

schen den Fachgebieten und den verschiedenen Fragestel-

lungen. Im Folgenden liegt der Fokus auf der Evidenz aus

Studien, da es in der Hygiene vielfach um die Bewertung

von strukturellen oder prozeduralen Maßnahmen geht und

weniger um Interventionen am einzelnen Patienten.

Systematische Übersichtsarbeiten

und Metaanalysen

Zentrale Technologie zur Evidenzgenerierung und

Wissensakkumulation. Für die Wissenssynthese durch

Zusammenfassung der hochwertigen klinischen Studien

hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten ein methodischer

Apparat entwickelt und nach vielen Auseinandersetzungen

Hygiene

Evidenz aus Studien als Grundlage für informierte EntscheidungenDer Publikationsbias, die Massenproduktion von Studien, die Krise des Publikationswesens sowie Sprachbarrieren

behindern und verzerren den Wissenstransfer. Doch ein beeindruckender Schritt in die Richtung Evidenzbasierung

auf der Basis des globalen Wissens ist die neue Empfehlung zur Prävention von Gefäßkatheter-Infektionen.

Von Prof. Gerd Antes und Daniela Küllenberg de Gaudry

Medizin

Abbildung 1: Wissensprozess vom Patienten zum Patienten

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Heft 86 | Jahrgang 15 | Ausgabe 4 – November 2017 | www.bncev.de | www.operieren.de 49

menfassung der Ergebnisse der einzelnen Studien beschrieben. Ein SR

kann, muss jedoch nicht unbedingt eine MA enthalten. Manchmal sind

die Ergebnisse aus den einzelnen Studien so heterogen erzeugt worden,

dass man besser auf die quantitative Synthese verzichtet und es bei

einer qualitativen Darstellung belässt.

Über die Jahre hat sich eine nur schwer zu überschauende Menge

an unterstützendem Material für die Durchführung von SRs entwickelt.

Methodische Artikel, Leitlinien, Checklisten und Manuale in Englisch

oder landessprachlichen Übersetzungen, die durch die dynamische

Entwicklung immer wieder aktualisiert werden müssen, erschweren

die Orientierung. Ratsam ist dafür die Unterstützung durch Organisa-

tionen wie Cochrane mit den angebotenen Workshops, durch andere

Beratungsfunktionen sowie durch die Trainingsmaterialien. Für den

Einstieg gibt es eine Reihe von Lehrbüchern zur Methodik von SRs und

MAs wie zum Beispiel Kunz et al. [1].

Die Entwicklung der Cochrane Collaboration

Die Cochrane Collaboration ist aus der inzwischen fast fünfzigjäh-

rigen Geschichte der SRs nicht wegzudenken (www.cochrane.org). Es

begann 1972 mit Archie Cochranes grundlegendem Buch, in dem er

die Aufarbeitung der gesamten Medizin durch vergleichende randomi-

sierte Studien (im Folgenden abgekürzt mit RCT) forderte [3]. Daraus

entstand eine zwei Jahrzehnte währende Phase methodischer Arbeit,

in der die Grundlagen für die Durchführung von SRs entwickelt und

international disseminiert wurden. Der medizinische Schwerpunkt

lag in der Geburtshilfe und in der Kinderheilkunde, was die Wahl des

Logos von Cochrane erklärt (MA zur Kortikosteroidgabe bei drohender

Frühgeburtlichkeit [4]).

Diese Entwicklung führte zur institutionellen Verankerung, zuerst

1992 durch das UK Cochrane Zentrum und dann unmittelbar darauf im

Jahr 1993 durch die Internationalisierung zur Cochrane Collaboration.

Heute ist die internationale Cochrane Collaboration eine gemeinnützige

Stiftung. Besonders bemerkenswert sind die rigiden Regeln bezüglich

des Umgangs mit Interessenkonflikten. Durch sie soll erreicht werden,

dass die Produktion von SRs so neutral wie möglich erfolgt und keines-

falls durch Autoren unter Einfluss von Herstellern belastet wird [5].

Cochrane ist ein globales Netzwerk, in dem gegenwärtig über 37.000

Autoren registriert sind. Strukturell ist Cochrane in sogenannten Enti-

ties organisiert, von denen Cochrane Zentren als nationale Repräsen-

tanz am sichtbarsten sind (aktuell in 52 Ländern). Für die inhaltliche

Arbeit, also die Review-Erstellung und -Aktualisierung, sind die über 50

international verteilten Review-Gruppen verantwortlich. Sie lassen sich

knapp beschreiben als themenspezifische elektronische Zeitschriften

ausschließlich für SRs.

Um Doppelarbeit auszuschließen, werden Arbeiten erst nach erfolg-

reicher Titelregistrierung begonnen. Es folgen zwei Produktionsschritte:

das Protokoll und abschließend der endgültige SR. Diesen Produktions-

prozess gibt es nur bei Cochrane, und er ist ein Faktor, um die weiter

unten beschriebenen Verwerfungen im Publikationsprozess zu vermei-

den oder zumindest zu reduzieren.

Die Cochrane Library

Das Produkt dieser Arbeiten ist die Cochrane Library (www.cochrane-

library.com), in der sich als wichtigster Bestandteil die Cochrane SRs

befinden (aktuell 2.572 Protokolle und 7.415 abgeschlossene SR [6]). Die

Cochrane Library hat einen Impact Factor (für 2016: IF=6.264 [6]) und

enthält neben den SRs weitere wichtige Bestandteile, wie methodische

Beiträge zur Entwicklung der Wissensakkumulation in der Medizin

und die Datenbank Cochrane Central Register of Controlled Trials

(CENTRAL). Dort sind aktuell 1,087 Millionen kontrollierte Studien ent-

halten. Das ist beträchtlich mehr als die im Medline identifizierbaren

RCTs (weitere Information zu CENTRAL finden Sie unter http://bit.ly/

2cVlopx) [7]. Beides hat zum Ansehen von Cochrane beigetragen und

neben der Mitarbeit in Fachgesellschaften, Leitliniengruppen und

anderen evidenzproduzierenden Gruppen auch zu einem Sitz in der

World Health Assembly geführt.

Erkenntnisse aus Daten von Patienten für Patienten

Der Erkenntnisgewinn aus Studien und die Anwendung dieses Wis-

sens bilden ein permanentes Wechselspiel zwischen Patienten in ihrer

Doppelrolle als Studienteilnehmer und als hilfsbedürftige Kranke. Auch

wenn das Wissen aus Studien stammt, so ist die Informationseinheit in

jedem Fall der einzelne Studienteilnehmer. Tatsächlich ist es also ein

Wissensprozess vom Patienten zum Patienten (siehe Abb. 1). Dabei gibt

es vier unterschiedliche Wege zu den Studienergebnissen:

Die klassische Nutzung von summarischen Studienergebnissen

(gewichtete Mittelwertsbildung) zur Wirksamkeit aus wissenschaft-

lichen Publikationen.

Der Rückweg zu den Ergebnissen einzelner Patienten (Original-

daten aus Studien) und anschließende einheitliche, gemeinsame

Gesamtanalyse aller Patientendaten, als ob sie an einer einzigen

1.

2.

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Medizin

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Dr. Gerd Antes

Co-Direktor

Cochrane Deutschland

Universitätsklinikum Freiburg

Breisacher Straße 153, 79110 Freiburg

Tel.: 0761 203-6706

[email protected]

www.cochrane.de

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Dr. rer. nat. Daniela Küllenberg de Gaudry

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Cochrane Deutschland

Universitätsklinikum Freiburg

Breisacher Straße 153, 79110 Freiburg

Tel.: 0761 203-97641

[email protected]

www.cochrane.de

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50 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Studie teilgenommen hätten (sogenannte Individual Patient Data

Analysis = IPD).

Nutzung der Originaldaten aus der Studie, hier aber Zugang über die

Zulassungsbehörden; notwendigerweise Einschränkung auf Arznei-

mittelstudien.

Vollständige Nutzung der Studienreports bei den Zulassungsbehör-

den; Einschränkung auf Arzneimittelstudien.

Die einzelnen Pfade haben sehr unterschiedlichen Nutzen und

Beschränkungen. Die klassische Nutzung von summarischen Studien-

ergebnisse (1) ist der kosteneffi ziente Weg der literaturbasierten SRs, wie

er für fast alle Cochrane Reviews durchgeführt wird. Die IPD-Analyse

(2) ist um ein Mehrfaches aufwendiger als (1), erlaubt jedoch genauere

3.

4.

Bewertungen. Die Nutzung der Originaldaten über Zulassungsbehörde

(3) wäre der optimale Weg für Arzneimittel, ist jedoch durch den Wider-

stand einzelner Firmen, die das Recht auf die Daten bestreiten, schwie-

rig. Die vollständige Nutzung von Studienreports (4) beschränkt sich

ebenfalls auf Arzneimittelstudien und bietet hierzu eine Vollständigkeit

an, die über den literaturbasierten Weg (1) nie zu erreichen ist.

Hindernisse und Barrieren im Wissensprozess

Wissen und Entscheidungsgrundlagen systematisch aus hochwer-

tigen Studien zu generieren und anzuwenden, erscheint ein so über-

zeugendes und zwingendes Konzept zu sein, dass kaum vorstellbar

ist, dass es nicht selbstverständlich realisiert wird. Die Wirklichkeit ist

jedoch weit davon entfernt (siehe Abb. 2). Von den Defi ziten und Fehl-

entwicklungen seien hier vier erwähnt, die

besonders negative Auswirkungen haben

(weitere Details unter Antes et al. 2014 [8]):

Medizin

Abbildung 2: Defi zite und Fehlentwicklungen im Wissensprozess

50 Organ des Berufsverbands Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO)

Auch heute noch erreichen die Ergeb-

nisse von ziemlich genau 50 Prozent aller

begonnenen Studien nie die Öffentlich-

keit und sind damit nicht nutzbar. Die

Folge ist ein massiver Publikationsbias

und damit eine über alle Anwendungs-

gebiete hinweg chronisch überoptimis-

tisch verzerrte Wissensbasis [4, 9–11].

Das in sich stimmige Prinzip des SR als

zentrales Werkzeug der Wissensakku-

mulation hat in den letzten Jahren zu

einer Massenproduktion von überfl üssi-

gen, fehlleitenden und interessenkon-

fl iktbeladenen SRs geführt, sodass es zu

vielen Fragen mehr als einen SR gibt und

der Nutzer zur eigenen Bewertung und

Auswahl gezwungen wird [12].

Die systematische Wissensakkumulation

wird massiv belastet und verzerrt durch

die Krise des Publikationswesens. Ein

Aspekt beruht auch hier auf der Perver-

tierung einer sehr positiven Entwicklung,

der Verschiebung hin zu freiem Zugang

zu Studienergebnissen (Open Access).

Die damit verbundenen Autorenge-

bühren haben zu einer großen Anzahl

betrügerischer Zeitschriften (Predatory

Journals) geführt, die teils mit kriminel-

ler Energie Artikel unter Vortäuschung

von Peer Review und anderer Qualitäts-

merkmale publizieren [13, 14].

Ein weiteres Hindernis für den Wissens-

transfer stellt die Sprachbarriere zwi-

schen den englisch- und nicht-englisch-

1.

2.

3.

4.

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sprachigen Ländern dar (nur sechs Prozent der Weltbevölkerung

spricht Englisch als Muttersprache [15]). Heute findet die Wissens-

kommunikation fast ausschließlich in englischsprachigen Zeit-

schriften in englischsprachigen Ländern statt (http://bit.ly/2ziKlVR).

Dieses Wissen in lokalen Sprachen für die Anwendung bereitzustellen

und aktuell zu halten, wird fast nirgendwo in den nicht-englischspra-

chigen 94 Prozent der Welt geleistet, sodass für den größten Teil der

Welt eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung erschwert ist [16].

Einige dieser Fehlentwicklungen (2 und 3) sind neu, die Nichtpubli-

kation seit über dreißig Jahren bekannt, die Sprachbarriere alt, aber erst

seit Kurzem in ihren Auswirkungen erkannt. Versuche, die Ursachen zu

beseitigen oder die Auswirkungen zu kontrollieren, gibt es viele, jedoch

weitgehend ohne große Erfolge. SRs spielen dabei eine zentrale Rolle:

Einmal sind sie Opfer durch die verzerrte Datenbasis. Anderseits stam-

men die Erkenntnisse zu den Punkten 1 bis 4 aus der Entwicklung von

SRs und deren Methoden.

Wissensprozess in der Hygiene am Beispiel Gefäßkatheter

Wissensakkumulation und systematische Anwendung in der Praxis

sind akzeptiert und als Prinzip etabliert. Die beschriebenen Barrieren,

finanzielle Unterausstattung und Ressourcenmangel führen jedoch

zu einem sehr diffusen Bild bei der Umsetzung. SRs als methodischer

Kern für HTA-Reports (Health Technology Assessment), klinische Leit-

linien sowie Patienteninformationen (siehe Abb. 2) werden auf sehr

unterschiedlichem Niveau realisiert. Das gilt für die gesamte Medizin,

so auch für die Hygiene, wie sich an der in diesem Jahr publizierten

Empfehlung zur Prävention von Infektionen, die von Gefäßkathetern

ausgehen, erkennen lässt (http://bit.ly/2zeA8tv).

Beispiele der oben dargestellten Strukturen des Wissenstransfers

lassen sich an Teil 1 (Nicht getunnelte zentralvenöse Katheter) abbilden

[17]: (a) Die Stufen der Evidenz werden in der Einleitung vor den Emp-

fehlungen gezeigt [17]; (b) Von den 516 aufgelisteten Literaturzitaten

sind 23 deutschsprachig, vor allem Kommissionsberichte oder Gesetzes-

texte. Der Wissenschaftsbeitrag ist somit fast vollständig in Englisch [17];

und (c) Die Literaturliste zeigt deutsche Hygienewissenschaftler und

bestätigt damit die Publikation von deutscher Forschung in englischer

Sprache [17].

Resümee: Beeindruckender Schritt zur Evidenzbasierung

Als Resumee lässt sich festhalten, dass mit dieser neuen Empfeh-

lung ein beeindruckender Schritt in die Richtung Evidenzbasierung

auf der Basis des globalen Wissens geleistet wurde. SRs und englisch-

sprachige Literatur wurden in breitem Umfang zugrundegelegt und die

Aktualisierung wird thematisiert. Kritische Punkte bleiben eine feh-

lende explizite Methodenbeschreibung und insbesondere der Umgang

mit neuem Wissen in der Zeit bis zur nächsten Aktualisierung. Diese

Herausforderungen sind nicht zuletzt auch eine Frage der Ressourcen

und lassen sich relativ leicht bearbeiten, da die eingeschlagene Rich-

tung stimmt. É

Literatur

1. Kunz R, Khan KS, Kleijnen J, Antes G.: Systematische Übersichtsarbeiten und Meta- Analysen: Einführung in Instrumente der evidenzbasierten Medizin für Ärzte, klinische Forscher und Experten im Gesundheitswesen: Verlag Hans Huber; 2009.

2. Institute of Medicine: Finding What Works in Health Care: Standards for Systematic Reviews. Eden J, Levit L, Berg A, Morton S, editors. Washington, DC: The National Academies Press; 2011

3. Cochrane AL: Effectiveness & Efficiency: Random Reflections on Health Services. Royal Society of Medicine Press Ltd; 1972.

4. Roberts D, Brown J, Medley N, Dalziel SR.: Antenatal corticosteroids for accelerating fetal lung maturation for women at risk of preterm birth. The Cochrane database of systematic reviews. 2017.

5. Cochrane [cited 2017 03.11. 2017]. Available from: www.cochrane.org.6. Cochrane Database of Systematic Reviews [cited 2017 03.11. 2017]. Available from:

www.cochranelibrary.com/cochrane-database-of-systematic-reviews/index.html.7. Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) [cited 2017 03.11.2017].

Available from: www.cochranelibrary.com/about/central-landing-page.html.8. Antes G, Blümle A, Lang, B: Medizinisches Wissen – Entstehung, Aufbereitung, Nutzung.

In: Rebscher H KS, eds., editor. Wissensmanagement in Gesundheitssystemen. Heidelberg: medhochzwei Verlag GmbH; 2014.

9. Scherer RW, Langenberg P, von Elm E: Full publication of results initially presented in abstracts. Cochrane Database of Systematic Reviews [Internet]. 2007.

10. Schmucker C, Schell LK, Portalupi S, Oeller P, Cabrera L, Bassler D, et al.: Extent of Non-Publication in Cohorts of Studies Approved by Research Ethics Committees or Included in Trial Registries. PloS one. 2014; 9 (12).

11. Antes G, Dreier G, Hasselblatt H, Blümle A, Schumacher M.: Register für klinische Studien. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. 2009; 52 (4).

12. Ioannidis JP: The Mass Production of Redundant, Misleading, and Conflicted Systematic Reviews and Meta-analyses. The Milbank quarterly. 2016; 94 (3).

13. Beall J: Predatory journals: Ban predators from the scientific record. Nature. 2016; 534 (7607).

14. Beall J: What I learned from predatory publishers. Biochemia Medica. 2017; 27 (2).15. Parkwall M. The World’s 100 Largest Languages in 2007. Sweden, 2007.16. Antes G. Englisch? We need to make evidence usage in all languages an everyday reality.

23rd Cochrane Colloqium Vienna, Austria, 2015.17. Prävention von Infektionen, die von Gefäßkathetern ausgehen : Teil 1 - Nichtgetunnelte

zentralvenöse Katheter. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infek-tionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Bundesgesundheitsblatt. 2017; 60 (2).

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