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Bayerischer Forschungsverbund Fit for Change Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

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Bayerischer Forschungsverbund Fit for ChangeErgebnisse und Handlungsempfehlungen

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ForChange und Resilienz 04

Handlungsempfehlungen der Projekte

01 Transformationsprozesse zu einem nachhaltigeren Energiesystem 08 Governance-Prozesse auf regionaler Ebene

02 OffenheitundWandelvonRechtssystemen 10

03 ResilienzinTeams 12 Rückschläge im Team verarbeiten und überwinden

04 Unternehmensübernahme 14 Auswirkungen der Akquisition deutscher Unternehmen durch chinesische und indische Investoren auf Strategie, Organisation und Personalmanagement

05 StrategienderBelastungsbewältigung 16 Psychische Belastungen im Wandel der Arbeit

06 Experimentelle Institutionalisierung 18 Rechtliche Selbstbindung als Resilienzfaktor

07 Medialisierung–MedienlogikundMedienwirkungen 20

08 FähigkeitenzumWandel 22

09 MedienkompetenzalsResilienzfaktor 24 Medien- und gesellschaftlicher Wandel

10 MärktefürMenschen 26 Verantwortliche Strukturen und Strategien zur Resilienz-Steigerung

11 ÖkologischeSozialethik 28 Kompass für eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft

12 ReflexivePolitikberatung 30 Wandel erforschen und gestalten

13 HolzzukunftoderHolzweg? 32 Veränderte Holznutzung als Motor gesellschaftlichen Wandels

Resilienzspiele

Resilience Earth 35Balance of Civilizations 36Lorem Ipsum 37

Impressum 38

Inhalt

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DerForschungsverbundForChangewurde2013 „vordemHintergrund tiefgreifender systemischerVer-änderungen“ eingerichtet, z. B. Klimawandel, Energiewende, demographischer Wandel, New Economy, Digitalisierung,Fundamentalismus.ErhattedenAuftrag,„diejenigenKompetenzenundVerhaltensweisenzu identifizierenundzuanalysieren,die Individuen,sozialeGruppenund Institutionenbefähigen,dieseTransformationenzuverstehenundsichadäquatanzupassen“.ImZentrumstanddabeivonAnfanganderBegriffderResilienz:WiekanneinSystem(einePerson,eineOrganisation,eineInstitution)allen„Störungen“undallem„Anpassungs-undInnovationsdruck“zumTrotz„seineStabilitätbewahren“(sodieAusschreibung)?

Diese Perspektivewurde in 13 Projekten aus sehr unterschiedlichenwissenschaftlichen Kontexten ge-nutzt,umHandlungsempfehlungenfürAkteure inPolitik,WirtschaftundZivilgesellschaftzuerarbeiten. DazukameinzweitesZiel:DerVerbundhatsichvorgenommen,denBegriffderResilienzselbstaufdenPrüfstandzustellenundihnkonzeptionellweiterzuentwickeln.

ForChange und Resilienz

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„Die Fähigkeit, unter widrigen äußeren Bedingungen oder in Krisenzeiten stabil zu bleiben und die jeweilige Funktionalität zu erhalten.“

„Wer von Resilienz spricht, hat erstens eine Bedrohung im Sinn, muss zweitens die Funktionen bestimmen, die z. B. ein soziales Funktions-system für die Gesellschaft hat, und dann nach Schwachstellen und Stärken dieses Systems suchen, und konzentriert sich folgerichtig drittens auf Systemerhalt, auf Überleben, auf Verbesserung.“

(nach Katalog zur Ausstellung ZUKUNFT ÜBERLEBEN, Resilienz und Design, Färberei München, Oktober 2016.)

Was bedeutet Resilienz?

„Kernelemente von Resilienz sind

1. die Perspektive der Normativität,2. die Frage nach Stabilität, Transformations- und Adaptionsfähigkeit,3. das Ziel der Systemerhaltung.“

(nach Böschen, Vogt, Binder, Rathgeber, GAIA Sonderheft Resilienz 26/S1, 2017 , 164.)

Bayerischer Forschungsverbund ForChange

Im Forschungsverbund ForChange arbeiteten Wissenschaftler*innen aus 13 Forschungsgruppen und zehn unterschiedlichen Fach-disziplinen zusammen, gefördert durch das Bayerische Ministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Beteiligt waren die Universitäten Augsburg, München, Erlangen-Nürnberg, Regensburg und Würzburg.

In allen Teilprojekten von ForChange waren drei Komponenten von entscheidender Bedeutung:

• Die Beobachtung von Wandel und Veränderungsprozessen• Die Analyse von normativen Rahmenbedingungen und verfügbaren Ressourcen• Das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten

Die gemeinsamen Forschungsfragen, insbesondere der Begriff der Resilienz, aber auch die Forschungsfelder Governance, Ressourcen und Normen sowie öffentliche Legitimation wurden im Rahmen von Arbeitsgruppen und im Gesamtverbund bearbeitet. Im Zeitraum von Juni 2013 - November 2017 entstanden aus dem intensiven Austausch der Gruppe mehrere öffentliche Veranstaltungen, häufig in Kooperation mit anderen Kooperationspartnern. Auch der Wissenstransfer der Forschungsergebnisse in andere Gesellschaftsberei-che war Teil der Arbeit im Verbund.

Ausführliche Information zu den Teilprojekten, den Diskussionen und den Ergebnissen des Verbunds:www.forchange.de und http://resilienz.hypotheses.org

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Empfehlung I: Resilienzfaktor Kommunikation. Resilienz kann Orga-nisationen, Institutionen, sozialen Funktionssystemen und Gesell-schaften nur dann attestiert werden, wenn sie Debatten über Werte, über ihre Identität und über ihre Ziele ermöglichen und stimulieren. Dazu gehört, entsprechende Kommunikationskanäle zu institutio-nalisieren. Solche Debatten erfordern guten Willen, finanzielle Mittel und Zeit. Folglich sind hier Führungskräfte besonders gefordert.

Empfehlung II: Resilienzfaktor Transparenz. Wer Bedrohungen nicht kennt und diskutiert oder wer vielleicht nicht einmal dafür sensi-bilisiert ist, dass es Bedrohungen geben könnte, dem mangelt es genauso an Resilienz wie denjenigen, die interne und externe Kon-flikte und Bruchstellen verschleiern oder bagatellisieren. Umge-kehrt und damit positiv formuliert: Resilienz verlangt, Wissen zur Verfügung zu stellen und die Normen offenzulegen, die Strukturen und Entscheidungen legitimieren. Wissenschaft wird so zu einem

Resilienzgenerator. Ohne Strukturen, die systematisch Wissen über Bedrohungen, unsichtbare Bedingungen des eigenen Handelns und nichtintendierte Folgen dieses Handelns generieren, ist der Resili-enzfaktor Transparenz nicht zu haben.

Empfehlung III: Resilienz vs. Gewinn- und Effektivitätsmaximierung. Resilienz erfordert Ressourcen: Zeit, Geld und oft auch Personal, das sich in den Bilanzen von Unternehmen, Behörden und anderen Einrichtungen schon deshalb nicht sofort zwingend positiv nieder-schlägt, weil die Aufgaben langfristig angelegt sind und der Beitrag zum Erfolg höchstens indirekt und möglicherweise auch gar nicht zu messen ist. ForChange stellt damit das Ideal der Effektivität und der Gewinnmaximierung auf den Prüfstand, das das Handeln der Gegenwart bestimmt. Das heißt: Resilienz verlangt insgesamt ein Umdenken, vor allem bei denen, die in irgendeiner Form Verantwor-tung tragen.

Handlungsempfehlungen

Ergebnis I: ForChange setzt einen Kontrapunkt zur konservativen Ausrichtung von Resilienz (zum Fokus auf die Optimierung des Bestehenden) und regt die Gestaltung des Wandels an. Resilienz ist ohne normative Entscheidungen nicht zu haben: Was wollen wir erhalten, wie wollen wir leben, wie lässt sich persönliches Glück erreichen? Um es noch deutlicher zu sagen: Eine solche Werte- debatte ist notwendiger Bestandteil des Resilienzverständnisses, das der Forschungsverbund entwickelt hat. Dazu gehört, Entscheider in Wirtschaft und Politik nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen.

Ergebnis II: Das Resilienzverständnis des Forschungsverbunds schließt einen Impuls zur Reflexivität ein, der sich auf das Wissen-schaftssystem selbst bezieht sowie auf die Verwendung von wis-senschaftlichen Konzepten in öffentlichen Debatten. Dieser Impuls zielt auf drei Ebenen: auf die Konkurrenz von Konzepten in der Wis-senschaft sowie auf die Folgen für Untersuchungsdesigns und Er-gebnisse (etwa: Resilienz vs. Nachhaltigkeit vs. Transformation vs.

Risiko), auf die Implikationen, die die Adelung wissenschaftlicher Begriffe zu Leitsternen der politischen Debatte hat, und auf die Wer-tedebatte, die untrennbar mit dem Resilienzbegriff verbunden ist: Was wollen wir erhalten, wie wollen wir leben, wie lässt sich persön-liches Glück erreichen?

Ergebnis III: Die Erfahrungen in ForChange zeigen, dass sich der Resilienzbegriff sowohl als Werkzeug für den interdisziplinären Dialog eignet als auch für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Zwei Dutzend Akademikerinnen und Akademiker haben vier Jahre über Resilienz gestritten und sind mit dieser Debatte in sehr unter-schiedlichen Formaten (Vortrag, Workshop, Podiumsdiskussion, Ausstellung, Blog) aus dem Elfenbeinturm hinausgegangen. Die entsprechenden Lernprozesse (persönlich, disziplinär) in diesem eher heterogen zusammengesetzten Forschungsverbund gehören sicher zu den wichtigsten Ergebnissen.

Ergebnisse

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GAIA 26/S1 (2017), Sonderheft: Resilienz –Analysetool für soziale Transformation.

Karidi, Maria, Schneider, Martin, Gutwald, Rebecca (Hrsg.) (2018), Resilienz. Perspektiven zu Wandel und Transformation, Wiesbaden: VS.

Münchner Theologische Zeitschrift (2016), Theologische und ethische Dimensionen von Resilienz, 67. Jahrgang Heft 3 (2016)

http://www.springer.com/de/book/ 9783658192211

https://www.oekom.de/zeitschriften/gaia/archive/archive/heft/801.html

http://www.kaththeol.uni-muenchen.de/publikationen/theol_zeitung/einzelhefte/ 2016_67_3.html

ForChange hat im Mai 2014 den wissenschaftlichen Blog Resilienz. Theorie und Empirie, Veranstaltungen, Rezensionen und Empfehlungen eingerichtet, der auf der öffentlich finanzierten und werbefreien Plattform hypotheses.org angesiedelt ist. Dort wurden Fragen, Aktivitäten sowie Zwischenergebnisse diskutiert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Seite https://resilienz.hypotheses.org hatte allein von Januar bis Mai 2016 knapp 40.000 Zugriffe und damit deutlich mehr Leser als durchschnittliche sozialwis-senschaftliche Fachzeitschriften oder Sammelbände.

Der Blog dient u. a. zur Veröffentlichung von zehn aus ForChange entstandenen Working Papers: Aus-arbeitungen aus Vorträgen, Abschlussarbeiten und Projektzwischenstände.

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Ergebnis I: Erfolgsfaktoren für die regionale Energietransformation im Allgäu sind enge Netzwerke von Pionieren (z. B. aus Land- und Forstwirtschaft) und etablierten Akteuren (z. B. aus Politik und Ver-waltung), regionsinterne Lernprozesse sowie eine schrittweise Pro-fessionalisierung einzelner Initiativen (z. B. durch die Gründung von Organisationen).

Ergebnis II: Aufgrund der unlängst veränderten gesetzlichen Rah-menbedingungen auf Bundes- und Landesebene (Veränderungen in der Förderkulisse; Planungsrecht) stagniert der Ausbau von er-

neuerbaren Energien und das kommunalpolitische und zivilgesell-schaftliche Engagement im Allgäu ist rückläufig. Das zeigt, dass regionale Energiewendeprozesse in eine Mehrebenen-Struktur eingebettet sind, die die Schaffung autonomer und kleinräumiger Prozesse und Systeme einerseits ermöglicht, ihr andererseits aber auch klare Grenzen setzt.

Ergebnis III: Für die Fortführung der Transformation bedarf es einer Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen, einer Neuori-entierung der Akteure und einer Erneuerung regionaler Institutionen.

Fragestellung und Ergebnisse

DasProjektuntersuchtamBeispieldesbayerischenAllgäus,wieAkteurinnenundAkteureregionaleEnergie-wendeprozessegestaltenundwelcheHandlungsstrategiensieimUmgangmitdenDynamikendesWandelswählen.DieUntersuchungbautaufderAnnahmeauf,dassderErfolgregionalerEnergiewendeprozesseda-vonabhängt,obesdenAkteurengelingt,institutionalisierteundresilienteStrukturenzuschaffenunddiesekontinuierlichanveränderteRahmenbedingungenanzupassen.

Dr. Anne von Streit / Prof. Dr. Claudia R. BinderLudwig-Maximilians-Universität MünchenDepartment für GeographieLehr- und Forschungseinheit Mensch-Umwelt-Beziehungen

Wissenschaftlicher MitarbeiterDipl.-Geogr. Michael Jedelhauser

[email protected]

01Transformationsprozesse zu einem nachhaltigeren Energiesystem. Governance-Prozesse auf regionaler Ebene

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Innovationen regionsspezifisch entwickeln. Für die Fortführung des Ausbaus erneuerbarer Energien auch unter den ak-tuellen Rahmenbedingungen sollten Technologien und Geschäfts- sowie Beteiligungsmodelle stärker an regionsspezifische Charakte-ristika angepasst werden. In Regionen mit ausgeprägter regionaler Identität stellen technologische Innovationen beim Energieeigen-verbrauch, z. B. im Bereich Photovoltaik, eine Möglichkeit dar, das Be-wusstsein für regionale Wertschöpfung sowie den Wunsch nach ei-ner – zumindest gefühlten – individuellen Energieautarkie zu nutzen.

Empfehlung II: Als bürgernahe Energiewendeakteure positionieren und zielgruppenspezifisch kommunizieren. Statt einer technisch-sachli-chen Außenkommunikation bedarf es einer Betonung der Energie-versorger als Akteure „in Bürgerhand“, die aktiv die Umgestaltung

des Energiesystems gestalten. Dadurch kann das regionale zivilge-sellschaftliche Interesse an einer dezentralen Energiewende gestei-gert werden.

Empfehlung III: Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren verstärken. Um die Akzeptanz von Erneuerbare-Energie-Projekten zu erhöhen, bieten sich Beteiligungsmodelle, wie z. B. die Kooperation mit Bür- gerenergiegesellschaften, an.

Empfehlung IV: Neuausrichtung vorantreiben. Durch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, z. B. in Kooperation mit anderen Stadt- und Gemeindewerken aus der Region, und Themenfelder, z. B. E-Mobilität, können sich Energieversorgungsunternehmen als star-ke regionale Akteure positionieren.

ZIELGRUPPE: Kommunale Energieversorgungsunternehmen

KommunalenEnergieversorgungsunternehmenkommtimZugederdezentralenEnergieerzeugung und-vermarktungeinebesondereBedeutungzu.

Empfehlung I: Vorbildfunktion wahrnehmen. Kommunen verfügen nach wie vor über Handlungsmöglichkeiten. Diese können die Ent-wicklung und Umsetzung von Mobilitätskonzepten oder die Einfüh-rung von Steuerungsinstrumenten, z. B. Energiecontrolling oder Energiestandards in der Bauleitplanung, umfassen.

Empfehlung II: Eigene Förderprogramme entwickeln. Durch die Ein-führung von Förderangeboten, z. B. für energetische Sanierung oder den Einbau von Speichern, können auf kommunaler Ebene Energie-maßnahmen in Unternehmen und Haushalten angestoßen werden.

Empfehlung III: Akzeptanz über Beteiligung sichern. Kommunen

können Betreiber- und Geschäftsmodelle entwickeln, durch die Bürger*Innen in die Planung und den Betrieb von Erneuerbare-Ener-gie-Anlagen integriert werden. Durch diese finanzielle und politische Teilhabe wird die öffentliche Akzeptanz lokaler Energieerzeugung gesteigert.

Empfehlung IV: Nutzen und Lasten gerecht verteilen. In regionaler Zusammenarbeit mit anderen Kommunen sollten interkommunale Konzepte entwickelt werden, um durch eine gemeinsame Strategie auf regionaler Ebene Synergieeffekte (z. B. Abgleich Produktion und Verbrauch) zu nützen und vom Ausbau eventuell negativ betroffene Kommunen und deren BürgerInnen entschädigen zu können.

ZIELGRUPPE: Kommunen

KommunenverfügenüberzahlreicheMöglichkeitenzurGestaltungundSteuerungderEnergiewendevorOrt.

Empfehlung I: Vision, die an die neuen Rahmenbedingungen ange-passt ist, (neu) entwickeln. Nicht mehr alleine der Ausbau erneuerbarer Energien ist entscheidend, sondern Produktion und Verbrauch müs-sen auf regionaler Ebene abgestimmt werden. Dies beinhaltet z. B. die integrative Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität.

Empfehlung II: Identifikation und Förderung „neuer“ Pioniere bzw. stra-tegischer Akteure. Wer kann in der Region neue Geschäftsmodelle entwickeln und implementieren, die an die veränderten Rahmenbe-dingungen angepasst sind?

Empfehlung III: Über den regionalen Tellerrand blicken und Allianzen schmieden. Welche Projekte sind erfolgreich in anderen Regionen? Wie gehen dort die Akteure mit den veränderten Rahmenbedingun-gen um? Was kann gemeinsam mit Akteuren in anderen Regionen getan werden, um auf Bundes- und Landesebene für eine dezentrale Energiewende einzutreten?

Empfehlung IV: Öffentlichkeitsarbeit / Aktivierung. Durch das Aufzei-gen von Handlungsoptionen, die unabhängig von Rahmenbedingun-gen realisiert werden können, und das Sichtbarmachen erfolgreicher Projekte kann das Engagement in der Region gefördert werden.

ZIELGRUPPE: EntscheidungsträgerInnen in regionalen Energiewendeprozessen

Für„Energieregionen“,dieaufeinedezentraleEnergiewendesetzen,geltenfolgendeHandlungsempfehlungen:

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Fragestellung und Ergebnisse

AusökonomischerSichtgehtesbeiderRuleofLaw–nachderdasRechtssystemvorallenanderenMaßstä-bendesHandelnsGültigkeithat–besondersumdieStabilitätundDurchsetzbarkeitgeschlossenerVerträge.WiewirkteineaußenwirtschaftlicheÖffnungaufdieRuleofLaweinesgegebenStaatesundseinerRechtsord-nungundbeeinflusstsodieinnerenNormenundRegelsysteme?WiebeeinflussteineaußenwirtschaftlicheÖffnungdieAusgestaltungrechtlicherInstitutionen–unddamitdieResilienzderGesellschaft?InwieweitverändertGlobalisierungdieAusgestaltungderRuleofLaweinerGesellschaft?KannsichdieGesellschaftderGlobalisierunganpassen,ohnedasssichdieGewichtederbeidenEinflüsseaufihreInstitutionensignifikantverschieben,oderverändertsieihrenCharakter,sodassdasKorrektivderdemokratischenTeilhabebeiderAusgestaltungvonInstitutionenwiederRuleofLawgegenüberdemWettbewerbwirtschaftlicherInteressen-gruppenverlorengeht?

ImSchnittpunktvonRechts-undWirtschaftswissenschaftgehtesumdieFrage,wiehochdieFreiheitsgradesind,unterdeneninstitutionelleAnpassungenimKontextderGlobalisierungablaufen,d.h.wievielpolitischesSteuerungspotenzialinsolchenTransformationsprozessenverbleibt.ExemplarischwurdenKaufverträgeimHandelsverkehr,alsoRechtsgeschäfte,diebesondersstarkvonpolitischenGrundentscheidungenimBereich

Prof. Dr. Richard Frensch und Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert KüpperUniversität RegensburgInstitut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS),Institut für Ostrecht, Regensburg (IOR)

Wissenschaftliche MitarbeiterinnenDr. Miriam Frey und Stela Ivanova, LL.M.

[email protected], [email protected]

02Offenheit und Wandel von Rechtssystemen

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Ergebnis: Die Ausgestaltung der Institution Rule of Law unterliegt dem Wettbewerb wirtschaftlicher Interessengruppen sowie der Ausgestaltung politischer Institutionen, insbesondere dem Ausmaß der demokratischen Teilhabe aller Mitglieder der Gesellschaft, un-abhängig von der wirtschaftlichen Macht ihrer Interessengruppen. Das Ergebnis des Wettbewerbs wirtschaftlicher Interessengruppen auf die Ausgestaltung der Rule of Law hängt vom Spezialisierungs-muster eines Landes ab: Spezialisierung auf und Handel mit den

Ergebnissen komplexer Produktionsprozesse (Teilen, Komponenten und Endprodukten von Kapitalgütern und Transportausrüstung) hat – ceteris paribus – einen positiven Einfluss auf die Rule of Law, Handel mit Primärgütern (Extrahierung von Rohstoffen) eher nicht. Entsprechend fallen Einflüsse der Globalisierung auf die Rule of Law sehr verschieden aus, je nachdem, welche länderspezifischen Spe-zialisierungsmuster durch Globalisierung befördert werden.

Handlungsempfehlungen

Empfehlung: Nähere Analyse, besseres Verständnis und treffende Einbeziehung der rechtlichen Zusammenhänge mit Bezug zur eige-nen Forschungsfrage.

ZIELGRUPPE: Empirisch arbeitende Ökonomen

deraußenwirtschaftlichenÖffnung/Schließungabhängen,undArbeitsverträge,d.h.besondersengdefinierteVerträge,dieaufmeiststarkreguliertenundabgeschottetennationalenMärktenumgesetztwerden,untersucht.DiekomplexenProduktionsprozesseglobalisierterGesellschaftenhängenextremvonVertragssicherheitund-durchsetzbarkeitabundbieten–auchdeshalb–immerwiederAnreize,ProduktionsstättenundArbeits-plätzeinandereLänder(mitanderenjuristischenBedingungen)zuverlagern.(Wie)passensichRechtsins-titutionenandieseneueökonomische„Beweglichkeit“an?WiereagierensieaufVeränderungenpolitischerundgesellschaftlicherInstitutionen,dieebenfallseinemglobalentechnologischenVeränderungsprozessausgesetztsind?UndwieverändernsichdiepolitischenInstitutionenselbstbzw.welcheGestaltungsspielräu-mebestehenunterderartigemVeränderungsdruck?DiepostsozialistischenTransformationenimöstlichenEuropawurdenalsBeispielgewählt,weilderdortrealisierteTotalumbauvonStaat,Recht,WirtschaftundGesellschaftvieleProblemebesondersdeutlichaufzeigt.

Empfehlung I: Sichtbarmachung des Konflikts zwischen der Macht wirtschaftlicher Interessengruppen und demokratischer Teilhabe bzgl. der Ausgestaltung von Institutionen.

Empfehlung II: Sichtbarmachung der Risiken der Globalisierung für die Lösung dieses Konflikts zu Lasten der demokratischen Teilhabe.

ZIELGRUPPE: Die Zivilgesellschaft und ihre Vertretungen

Empfehlung: Das Recht ist kein auf sich selbst bezogenes Konzept; besseres Verständnis wirtschaftlicher Anreize und Umdenken bei rechtlichen Lösungen.

ZIELGRUPPE: Juristen im Allgemeinen

Empfehlung: Stärkere Berücksichtigung der gegenseitigen Aner-kennung von Gerichtsurteilen und Sensibilisierung der Mitglieder für die Relevanz der Problematik.

ZIELGRUPPE: Handelskammern und Verbände

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Ergebnis: Insgesamt liefern die gesammelten Studien die Erkennt-nis, dass negative Emotionen und Stimmungen, wie Trauer, Wut oder Schwermut, für den Resilienz-Prozess eine wichtige Rolle spie-len. Bisherige Forschung hat diesen Aspekt nur wenig thematisiert, weil häufig das eigentliche Erleben der Krise oder des Rückschlags nicht untersucht wurde, sondern Resilienz als Zustand betrachtet wurde. Unsere Studien zeigen jedoch auf, dass es maßgeblich für Team-Resilienz ist, dass ein Team aktiv mit negativen individuellen

und kollektiven Stimmungen umzugehen vermag. Daher setzt sich Team-Resilienz nicht nur aus relationalen Prozessen zusammen, die sich zukunftsorientiert auf die erfolgreiche Erfüllung von neu-en Arbeitsaufgaben beziehen. Vielmehr fußt Team-Resilienz auch auf affektiven Prozessen, die die Beziehungen innerhalb des Teams stärken und stabilisieren und dadurch helfen, negative Emotionen und Stimmungen gemeinsam zu bewältigen.

Fragestellung und Ergebnisse

InunseremProjekthabenwiruntersucht,wieTeamsinOrganisationenkritischeSituationenundinnerbe-trieblichenWandelmeisternundalsChancezurWeiterentwicklungnutzenkönnen.DabeiwurdeTeam-Resili-enzalspsycho-sozialerProzessbetrachtet,beidemdierelationalenInteraktionenzwischendenTeammitglie-dernimVordergrundstehenundwelcherdurchdieFührungskräftebeeinflusstwerdenkann.

Prof. Dr. Martin Högl / Dr. Matthias WeißLudwig-Maximilians-Universität MünchenFakultät für Betriebswirtschaft, Institut für Leadership und Organisation (ILO)

Wissenschaftliche MitarbeiterinSilja Hartmann, M.Sc.

[email protected]

03Resilienz in Teams. Rückschläge im Team verarbeiten und überwinden

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung: In schwierigen Situationen sollte Mitarbeitern die Mög-lichkeit gegeben werden, negative Gefühle gemeinsam zu verarbei-ten, um die Team-Resilienz zu stärken. In der Unternehmensrealität liegt der Fokus stattdessen jedoch häufig auf der sachbezogenen Entwicklung zukunftsorientierter Maßnahmen. Dies gibt den Mit-arbeitern nicht die Möglichkeit, schwierige Themen zu adressieren und abzuschließen. Um einen solchen Austausch anzuregen, sollten Führungskräfte den langfristigen Aufbau von Vertrauen, Offenheit und guten zwischenmenschlichen Beziehungen in Teams fördern und auch Zeit und Gelegenheit für diesen Austausch geben. For-melle Team-Meetings oder auch informelle Team-Aktivitäten stellen eine Plattform dar, um Erlebnisse gemeinsam zu verarbeiten.

Insbesondere bei strategischen Wandelprojekten ist zu beachten, dass Mitarbeitern häufig nicht die gleichen Informationen vorliegen wie ihren Führungskräften, welche sich zum Teil schon langfristig mit den Neuerungen beschäftigen mussten, um strategisch zu pla-nen. Dieser Wissensunterschied führt häufig zu Fehleinschätzun-gen seitens der Führungskräfte, wie und wie stark Mitarbeiter durch die Wandel-Maßnahmen betroffen sind, da die Führungskräfte in ihrer Verarbeitung schon vorangeschritten sind. Es sollte den Mit-arbeitern ausreichend Zeit eingeräumt werden, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.

ZIELGRUPPE: Führungskräfte

Empfehlung: Da verschiedene Kontigenzfaktoren Resilienz als psy-cho-sozialen Prozess beeinflussen, liegt der Aufbau von Resilienz nicht allein in der Verantwortung der Mitarbeiter, sondern in großem Maße auch in der Verantwortung von Firmen und Organisationen. Organisationen müssen daher durch die Gestaltung von Betriebskli-ma und Strukturen die Voraussetzungen schaffen, die Resilienz von und in Teams ermöglichen.

Ein offener Umgang mit und eine bewusste Verarbeitung von Rück-schlägen und Schwierigkeiten ist empfehlenswert. Ein Betriebskli-ma, das den Mitarbeitern die nötige Sicherheit gibt, schwierige The-men und auch negative Gefühle ansprechen zu können, ist daher zu fördern. Weiterhin muss das Unternehmen in schwierigen Situatio-

nen Zeitressourcen für betroffene Teams einplanen, damit diese be-lastende Erlebnisse gemeinsam verarbeiten können, bevor wieder zur aufgabenbezogenen Tagesordnung übergegangen wird.

In Bezug auf den Umgang mit Führungskräften ist vor allem in Krisen zu beachten, dass Führungskräfte in derlei Situationen ei-ner besonderen Belastung ausgesetzt sind. Einerseits sollen die Führungskräfte die Teams und deren Mitglieder führen und ihnen Halt geben. Andererseits sind Führungskräfte meist selber durch die Situation stark betroffen und belastet. Organisationen sollten Führungskräfte in derlei Situationen daher besonders unterstützen, beispielsweise durch persönliche Coachings oder zusätzliche per-sonelle Ressourcen.

ZIELGRUPPE: Unternehmen und Organisationen

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Ergebnis I: Chinesische Produkte sind mit negativen Country-of-Ori-gin Effekten konfrontiert. Die Bewertung chinesischer Produkte va-riiert hinsichtlich unterschiedlicher Attribute, wie Qualität, Zuverläs-sigkeit, Stil, Markenpersönlichkeit und Preis.

Ergebnis II: Chinesische und indische Unternehmen gewinnen zu-nehmend als Arbeitgeber deutscher Arbeitnehmender an Relevanz. Ihr Arbeitgeberimage ist jedoch negativ und kann nur durch zielge-richtete Maßnahmen des Employer Branding verbessert werden.

Fragestellung und Ergebnisse

WiewerdenchinesischeundindischeUnternehmenvonrelevantenInteressengruppeninDeutschlandwahr-genommenundbeurteilt?WieerfolgreichsindchinesischeundindischeUnternehmeninDeutschland?

WovonhängtderErfolgab?SindindigeneasiatischeManagementkonzeptefürmoderneindischeundchine-sischeUnternehmenrelevant?GibteseinasiatischesResilienzkonzept? InwieweitbeeinflusseninterneundexterneInstitutioneninternationaleUnternehmensstrategienundfolglichauchpost-M&A(MergersandAcquisitions-)Integrationsansätze?

Prof. Dr. Dirk HoltbrüggeFriedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergFachbereich Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Internationales Management

Wissenschaftliche MitarbeiterinDr. Sue Claire Berning

[email protected]

04Unternehmensübernahme. Auswirkungen derAkquisition deutscher Unternehmen durch chinesische und indische Investoren auf Strategie, Organisation und Personalmanagement

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung: Interkulturelle Kompetenz und internationale Erfah-rung haben einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg chinesischer und indischer Unternehmen in Deutschland. Kooperationen mit deutschen Unternehmen beschleunigen interkulturelle Lernprozes-se und die Kombination komplementärer Ressourcen.

Asiatische Managementphilosophien spielen eine entscheidende Rolle für moderne Unternehmen, vor allem hinsichtlich ihres stra-tegischen Managements und Führungsstils. Indische und chinesi-

sche Unternehmen verfügen über unkonventionelle Resilienz- und Wettbewerbskonzepte, so dass traditionelle Perspektiven und For-schungsdesigns entsprechende Änderungen und Ergänzungen be-nötigen.

Die Wahl des post-M&A Integrationsansatzes erfolgt in Abhängig-keit der internationalen Unternehmensstrategie. Der Legitimations-druck durch interne Institutionen ist ebenso relevant wie jener durch externe Institutionen.

ZIELGRUPPE: Unternehmen aus Deutschland, Indien und China

Empfehlung: Der Einfluss des chinesischen Staates auf unterneh-menspolitische Entscheidungen ist signifikant. Dieses Verhältnis wird moderiert durch die Dauer der Marktpräsens, d.h. je länger ein Unternehmen in einem bestimmten Land tätig ist, desto schwächer wird der Einfluss des Staates auf die Wahl unternehmenspolitischer Entscheidungen. Nicht alle chinesischen und indischen Unterneh-men werden in gleichem Maße von ihrem Staat beeinflusst und unterstützt. Ausschlaggebend sind ihre Eigentumsform und deren Industrie. Daher ist für deutsche Wirtschaftspolitiker eine kon-text-bedingte Beurteilung entscheidend.

Indische und chinesische Unternehmen können von positiven Ag-glomerationseffekten profitieren. Das bedeutet, dass bei ihrer Standortwahl innerhalb Deutschlands die Anzahl bereits niederge-lassener Unternehmen aus Indien bzw. China eine bedeutende Rolle spielen kann.

Indische und chinesische Unternehmen werden als ‚Latecomer‘ klassifiziert. Ein herausragendes Charakteristikum ist ihre steile Lernkurve. Diese führte u. a. zu extremer Zurückhaltung und einem Hands-Off Ansatz bei deutschen Unternehmensübernahmen.

ZIELGRUPPE: Wirtschaftspolitiker aus Deutschland, Indien und China

Ergebnis III: Die Wahrnehmung chinesischer Unternehmen in Deutschland wird durch kulturelle Unterschiede beeinflusst. Der Kommunikationsstil chinesischer Unternehmungen (charakterisiert durch ein interdependentes Selbst-Konzept und eine hohe Kontext- orientierung) steht dem in Deutschland vorherrschendem Kommu-nikationsstil (charakterisiert durch ein unabhängiges Selbst-Konzept und eine niedrige Kontextorientierung) gegenüber.

Ergebnis IV: Die Wahl der Markteintrittsstrategien hat einen signifi-kanten Einfluss auf den Erfolg chinesischer und indischer Unterneh-men in Deutschland.

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Ergebnis I: Arbeitsschutzorganisationen wie Arbeitsschutzbehör-den auf Bundes- und Landesebene (BAuA, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit), gesetzliche Unfallver-sicherungsträger (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV) oder Institute, die für eine Zielgruppe zum Thema Arbeitsschutz forschen (Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung IFA), sehen Wissensarbeiter EFK insbesondere

aufgrund ihrer hohen Ressourcen, wie Qualifikationen und Hand-lungsspielräume, als weitgehend geschützt vor negativen Arbeits-folgen an.

Ergebnis II: Es gibt zu wenige Studien, die sich mit dem Wohler-gehen von Wissensarbeitern EFK und ihrem Umgang mit Zeit- und Leistungsdruck auseinandersetzen.

Fragestellung und Ergebnisse

DasProjektuntersuchtWissensarbeiter,dieinderEntwicklung,ForschungundKonstruktiontätigsind(Wis-sensarbeiterEFK),undfragt,welchenegativwirkendenpsychischenBelastungenbeidieserGruppeauftretenundwiesiebewältigtwerden.DabeiinteressiertauchdieRollevonTeamsundOrganisationen.

Prof. Dr. Jörn HurtienneUniversität Würzburg Lehrstuhl für Psychologische ErgonomieInstitut für Mensch-Computer-Medien

Wissenschaftliche MitarbeiterinnenDr. Carolin Blum und Katharina Koch, M.A.

[email protected]

05Strategien der Belastungsbewältigung.Psychische Belastungen im Wandel der Arbeit

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Für Arbeitsschutzinstitutionen ist es wichtig, Wis-sensarbeiter als eine durch psychische Belastungen gesundheitlich gefährdete Gruppe wahrzunehmen. Psychische Belastungen und Beanspruchungen sind mittlerweile ein Schwerpunkt der Gemein-samen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) geworden, nicht zuletzt deswegen, weil berufsbedingte psychische Erkrankungen immer höhere Kosten für Unternehmen und Gesellschaft erzeugen.

Empfehlung II: Wünschenswert wäre, wenn sich Arbeitsschutzin-stitutionen mit dem Wohlergehen von Wissenschaftlern und ihrem Umgang mit Zeit- und Leistungsdruck im Zeitverlauf auseinander-setzen. Dies bedeutet, entsprechende Untersuchungen durchzufüh-

ren und Präventionsempfehlungen zu geben, die den Arbeitskontex-ten der Wissensarbeiter EFK angemessen sind. In der Forschung müssen Fragen betrachtet werden, die mit dem aktuellen Wandel der Arbeit und seinen längerfristigen Auswirkungen zusammen-hängen. Beispielweise könnte der Zusammenhang zwischen dem Digitalisierungsprozess und den psychischen Belastungen von Wis-sensarbeitern vertieft untersucht werden. Führt die fortschreitende Digitalisierung zu einer weiteren Belastung oder einer Entlastung von Wissensarbeitern? Relevant hierbei sollte jeweils die Berück-sichtigung der organisationalen Ebene sein sowie die Einbettung von Wissensarbeitern in Teamstrukturen.

ZIELGRUPPE: Arbeitsschutzinstitutionen

DiegrößteHürdestelltdieetabliertePerspektivederArbeitsschutzinstitutionenaufWissensarbeiterEFKdar.DieZielgruppewirdseltenimZusammenhangmitnegativenArbeitsfolgengesehenundinfolgedessenalsungefährdetwahrgenommen.

Empfehlung I: Den Organisationen, die Wissensarbeiter EFK be-schäftigen, wird empfohlen, psychische Belastungen und Stress am Arbeitsplatz zu thematisieren, damit die Beschäftigten über ihre da-mit zusammenhängenden Probleme sprechen können. Nur mithilfe einer von den Organisationen legitimierten Basis kann es möglich werden, dass sich hilfreiche Strategien im Umgang mit Zeit- und Leistungsdruck etablieren und Beschäftigte langfristig gesund blei-ben.

Empfehlung II: Führungskräfte sollten verlässliche und sensible An-sprechpartner sein, an die sich Wissensarbeiter EFK wenden kön-nen, wenn auf ihnen zu viel Druck lastet. Die Zuständigkeiten der Wissensarbeiter EFK sollten von den Vorgesetzten klar definiert

werden, damit Sicherheit über den Anfang und das Ende von Ver-antwortungsbereichen besteht.

Empfehlung III: Um negativ wirkende psychische Belastungen zu reduzieren, müssen entsprechende Maßnahmen gemeinsam mit den Wissensarbeitern EFK entwickelt werden. Wichtig ist zu sehen, dass die Organisationen in der Pflicht sind, den Arbeitsschutz auch bei psychischen Belastungen zu gewährleisten. Seminare, die nur auf einzelne Beschäftigte abzielen, um deren „persönliche Resilienz“ zu trainieren, sind nicht nachhaltig. Interventions- und Präventions-maßnahmen sind immer auf der persönlichen, der Team- und der Organisationsebene anzusiedeln.

ZIELGRUPPE: Arbeitgeber und Unternehmen

VorallemauforganisationalerEbenesindVeränderungenaufgrundkomplexerStrukturenschwierig.EskönnenKonfliktemitanderenorganisationalenZielenentstehen,wennneueZieleformuliertwerden(z.B.einKonfliktzwi-schendemZiel„AnzahlderProjektevonWissensarbeiternEFKreduzieren“unddemZiel„Wettbewerbsfähigsein“)

Empfehlung I: Innerhalb der Organisation psychische Belastungen zum Thema machen und Maßnahmen zur Stressbewältigung am Arbeitsplatz (wie Ruhezonen, Kommunikationszonen) einfordern. Kollegen ermutigen, über das Thema zu sprechen, mit dem Vorge-setzten reden, mit dem Betriebsrat, etc.

Empfehlung II: Unabhängig von der Arbeitsmenge, die noch zu erle-digen ist: Regelmäßig Pausen machen (zum Beispiel 5 bis 10 Minu-ten einmal in der Stunde).

Empfehlung III: Die eigene Arbeit so planen, dass die gesetzten Zie-le erreichbar sind. Die Planung sollte täglich mithilfe einer To-Do-Lis-te erfolgen, bei der die Aufgaben nach Priorität aufgelistet werden.

ZIELGRUPPE: Wissensarbeiter, die in der Entwicklung, Forschung und Konstruktion tätig sind (EFK)

DiegrößteHürdestellendieetablierten,organisationalenStrukturendar,derenWandelWissensarbeiterEFKbewirkenmüssen,damitsieihreeigeneArbeitsweiseverändernkönnen.

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Ergebnis I: Prozeduralisiertes Recht kann sowohl die Lernfähigkeit des Rechts als auch dessen Funktion der Erwartungsstabilisierung qua Selbstbindung der Akteure gewährleisten und so Problemlagen besser adressieren. Hierbei spielen Netzwerke und organisationsin-terner wie externer Wissenstransfer eine große Rolle.

Ergebnis II: Unbestimmtheit im Recht allein, welche Entscheidungs-verantwortlichkeit an einzelne Akteure delegiert, droht hingegen ris-kante nichtintendierte Nebenfolgen zu produzieren: Legitimitätsde-fizite, inadäquate Problemlösungsversuche und Interessenkonflikte sind mögliche Folgeprobleme.

Fragestellung und Ergebnisse

DasRechterscheintdurchdieOrganisationvonLernfähigkeitalsresilienteStruktur.ZentralistdabeiderMe-chanismusrechtlicherSelbstbindung,welcheeinerseitsgrundlegendenormativeOrientierungenfestschreibtundandererseitszugleichFreiräumefürdasindividuelleHandelneröffnet.JedochtrifftdieseFormderOrga-nisationvonLernfähigkeitaufunterschiedlicheProblemlagen.DeshalbistderZusammenhangvonrechtlicherStrukturundadressierterProblemlagefürdieAnalysevonResilienzimRechtentscheidend.Schlicht:wirddasProblemauchgelöstundnichtnurrechtlichprozessiert?VerwaltungenkommtdabeialsScharnierstellezwischenRechtundProblemlageeineexponierteRollezu.DeshalbuntersuchtedasProjektunterschiedlicheVerwaltungenmitderFrage,aufwelcheWeisedierechtlicheLernfähigkeitimEinzelfallorganisiertwirdundwiedarinresilienteProblemlösungenerarbeitetwerden.WirkamendabeizufolgendenwesentlichenErgebnissen:

Dr. Stefan May / PD Dr. Stefan Böschen (KIT)Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Soziologie

Wissenschaftlicher MitarbeiterRoman Thurn, M.A.

[email protected]

06Experimentelle Institutionalisierung. Rechtliche Selbstbindung als Resilienzfaktor

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Regelung von Verantwortlichkeit. Hieraus ergeben sich sowohl ein juristischer Rechtfertigungsdruck als auch ein ökonomisch begründeter Zeitdruck auf Ethikkommissionen, wel-chen diese nur mit einem Mehr an personellen wie zeitlichen Res-sourcen beikommen können. An die Mitglieder der Kommissionen werden folglich Resilienzanforderungen gestellt, die potentiell zu einer personellen wie strukturellen Überlastung führen können. Hier wäre es sinnvoll, auf struktureller, d.h. rechtlicher Ebene die Zurechnung von Verantwortlichkeit neu zu regeln.

Empfehlung II: Organisation von Multiperspektivität. Darüber hinaus kommt es für die Kommissionen darauf an, bessere Möglichkeiten für die transparente und strukturierte Kommunikation etwaigen Dis-senses zu entwickeln, damit in weiteren Verfahren die Multiperspek-tivität der verschiedenen Akteure anschlussfähig bleibt.

ZIELGRUPPE: Mediziner, Verwaltungsangestellte, Mitglieder von Ethikkommissionen, Entscheidungsträger

Ethikkommissionengeratenineinenmoralischenundrechtlichendoublebind,wennihnenüberihreberaten-deFunktionundVeto-RechtehinausEntscheidungsbefugnisseeingeräumtwerden.DurchdasArzneimittel-gesetz(AMG)wurdenmedizinischeEthikkommissioneninsofernindenRangeinerBehördegehoben,alssiebelastendeVerwaltungsakteerlassen.

Empfehlung I: Qualitätssicherung der Wissensverwaltung. Die Ar-beitsteilung, wonach die Industrie die regulierungsrelevanten Daten liefert und die Behörde dies supervidiert, funktioniert nur begrenzt. Wissensbasierte Regulierung ist aufwendig. Um die Vertrauens-würdigkeit der Daten sicherzustellen, bedarf es nicht nur Mechanis-men einer systematischen Qualitätssicherung von Daten, sondern schlicht ausreichend Personal, um die erforderlichen Kontrollaufga-ben umfänglich und transparent wahrnehmen zu können.

Empfehlung II: Synchronisierung bei verknüpften Rechtsbereichen erleichtern. Da das Recht bereichsspezifisch organisiert ist, ist das Problem der Synchronisierung nicht grundsätzlich zu lösen. So be-dingen Zulassungen für chemische Anlagen oftmals wasserrecht-

liche Fragen. Hier zeigen sich zielführende Umgangsformen durch die Verbindung von behördlicher Arbeitsteilung mit situativ maßge-schneiderten Plattformen, die problemfeldspezifisch vertieft wer-den sollten.

Empfehlung III: Unterstützung individueller Entscheider. Ein wichtiger Befund zeigt, dass individuelle Entscheider aufgrund der Komple-xität von Problemlagen wie des Rechts dazu neigen, sich eher an rechtlichen Vorgaben zu orientieren, als das zu lösende Problem im Auge zu behalten. Um die Resilienz auf individueller Entscheidungs-ebene zu sichern, sollte die Abteilungsstruktur in der Ablauforgani-sation gezielt durchbrochen und der entscheidungszentrierte Wis-senstausch gestärkt werden.

ZIELGRUPPE: Ministerien, Behörden wissensbasierter Risikoverwaltung

RisikoverwaltungistWissensverwaltungunddadurchaufwendig.UmdieerhofftenstrukturellenResilienzge-winnezurealisieren,erscheinenfolgendePunktewichtig:

Empfehlung I: Institutionalisierung von Netzwerken. Vermittels niedrigschwelliger Netzwerke könnten Handlungen (Lösungsop-tionen, Verfahren u. ä.) zwischen verschiedenen Teilbereichen der kommunalen Daseinsvorsorge synchronisiert werden Dies trüge dazu bei, einer Überlastung der Akteure vorzubeugen, die aus der Übertragung von Verantwortung bei gleichzeitiger Fülle von Hand-lungsmöglichkeiten resultiert. Mitunter droht dies in einen riskanten „blanken Aktionismus“ zu münden.

Empfehlung II: Finanzielle Ausgleichsmöglichkeiten. Problematisch wird die Implementierung von Lösungsansätzen, wenn die Kosten und der Aufwand die Möglichkeiten der Kommune übersteigen. Hier ist es wichtig, frühzeitig sowohl die interkommunale Kommu-nikation sicherzustellen, als auch Möglichkeiten eines finanziellen Ausgleichs zwischen den Verwaltungsebenen in Aussicht zu stellen. Andernfalls forciert man eine Verlagerung statt einer Vorbeugung von Risiken.

ZIELGRUPPE: Verwaltungsangestellte in der kommunalen Daseinsvorsorge, Kommunal- und Landespolitik

KommunensindhäufigmodellhafteResilienzexperten,müssensiedochschonimmereineVielfaltvonRisikenundunvorhersehbarenProblemlagengleichzeitighandhaben,umdiekommunaleDaseinsvorsorgesi-cherzustellen.DeshalbbestehteineHerausforderungfürdiekommunaleDaseinsvorsorgeinderFormalisie-rungunddauerhaftenInstitutionalisierungvonNetzwerkenzurSicherstellungvonExpertise.ZugleichistdieMobilisierungundÖffnungproblemspezifischenWissenseinzelnerMitarbeitenderinsbesonderefürkleinereKommunen,dienichtüberdiegleicheExpertiseverfügen,essentiell.

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Ergebnis I: Die Kommerzialisierung des Rundfunks sowie der Sie-geszug von Internet und Social Media haben die Medienrealität erheblich verändert. Berichtet wird nicht (mehr), was Politiker und Bildungsbürger für wichtig halten, sondern das, was Aufmerk-samkeit verspricht: Exklusivnachrichten, Einmaliges, Superlative. Journalisten vereinfachen, spitzen zu, übertreiben. Sie erzählen uns tagelang immer wieder die gleiche Geschichte, geschmückt mit neuen Details, sie berichten, was Prominente erlebt haben und was uns anderen Außergewöhnliches passiert ist. Konflikte, Emotionen und Bilder, immer wieder Bilder. Der Imperativ der Aufmerksamkeit

regiert dabei inzwischen keineswegs nur die Boulevardpresse, son-dern auch und gerade Leitmedien wie Tagesschau und Süddeutsche Zeitung.

Ergebnis II: Die Konstruktionslogik dieser Medienrealität sickert in andere Funktionssysteme ein und gefährdet so, was diese Systeme eigentlich leisten sollen. Wenn Politik, Schule oder Familie zur Show werden, weil Ministerinnen und Parteichefs, Direktoren und Eltern sich dem Imperativ der Aufmerksamkeit unterwerfen, dann können Massenmedien den Auftrag Öffentlichkeit nur eingeschränkt erfüllen.

Fragestellung und Ergebnisse

DasProjektuntersuchtMedienwirkungen,dieüberkonkreteInhaltehinausgehen:WieändernsichPolitik,Wirtschaft,KulturoderWissenschaft,weilöffentlicheAufmerksamkeitundöffentlicheLegitimationzuknap-penGüterngewordensind–zuGütern,dievomZugangzudenMassenmedienabhängen?

Prof. Dr. Michael MeyenLudwig-Maximilians-Universität München Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung

Wissenschaftliche MitarbeiterinDr. Maria Karidi

[email protected]

07Medialisierung – Medienlogik und Medienwirkungen

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Medienkompetenz fördern.

Empfehlung II: die Medienrealität als eine Konstruktion verstehen, die auf die Maximierung von Aufmerksamkeit ausgerichtet ist. Das heißt: Wer diesen Geist ruft, darf nicht auf Kontrolle hoffen. Umge-kehrt gilt: Man kann Berichterstattung auch aussitzen. Journalisten werden schnell das Thema wechseln, wenn sie nichts Neues finden und man die Welle nicht selbst am Laufen hält.

Empfehlung III: Identität und Sinn stiften. Sich immer wieder fra-gen, welchen Stellenwert öffentliche Aufmerksamkeit und öffent-liche Legitimation für die eigenen Ziele haben. Manchmal einen großen, meist aber eher nicht. Zurückhaltung ist hier auch deshalb angebracht, weil der Journalismus dann das liefern kann, was wir von ihm erwarten: Kritik, Kontrolle, Orientierung, Transparenz. Öf-fentlichkeit als Auftrag.

ZIELGRUPPE: Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft

DiehöchsteHürdestecktinErgebniseins:Wirwissen,wiemanindieMedienkommt.Werliefert,wasdieKonstruktionslogikderMedienrealitätverlangt,hatöffentlicheAufmerksamkeitundverhindertnegativeBerichte.DassdieszugleicheineBedrohungist(fürdenEinzelnen,fürUnternehmenundBehörden,fürdaseigeneSystem,fürdieMedien),führtdirektzu

Empfehlung I: Medienkompetenz erwerben. Verstehen, wie Mas-senmedien Realität konstruieren – dass sie überhaupt Realität kon-struieren und kein Spiegel sind, der das Geschehen einfach abbildet. Damit auch verstehen, dass es eine Realität jenseits der Massenme-dien gibt, und so vom Journalismus nichts Unmögliches erwarten und sich selbst zugleich nicht unnötig unter Druck setzen.

Empfehlung II: Selbstreflexion. Sich in Beruf und Familie immer wie-der fragen, worum es eigentlich geht – um die Maximierung von Aufmerksamkeit oder um ein ganz bestimmtes Ziel, um Freunde, um die Angehörigen. Dies zum eigenen Leitstern machen.

ZIELGRUPPE: Allgemeinheit/Bürger

DiehöchsteHürdeisthierdiepersönlicheEinsicht:FeiernwirheutetatsächlichandersGeburtstageundHochzeiten,weilwirdieHandlungslogikderMassenmedienverinnerlichthabenundindensozialenNetzwerkenwieJournalistenhandeln?ErziehenwirdeshalbunsereKinderanders,richtenwirdeshalbunsereWohnungen,unserenUrlaub,unserenAlltaganderseinalsunsereElternundGroßeltern?

Empfehlung I: eine Selbstverständnis-Debatte anstoßen, die die Ge-sellschaft einbezieht. Was erwarten wir vom Journalismus, von den Massenmedien? Und was wollen wir uns das am Ende kosten lassen?

Empfehlung II: sich von Ansprüchen lösen, die nicht zu erfüllen sind. Objektiv und neutral, stets ausgewogen und dazu noch irgendwie über alles berichten: Das ist mehr denn je Schein als Sein. Was aber möglich ist: drucken, senden, freischalten, was die Gesellschaft wis-

sen muss, weil es viele angeht oder alle. Die Grundpflicht zum Pub-lizieren. Sagen, woher man das Material hat (Transparenz), wem es helfen könnte und wie man selbst dazu steht (Selbstregulierung und Selbstkontrolle).

Empfehlung III: eine entsprechende Qualitätskontrolle implemen-tieren – für einzelne Angebote, aber auch für das gesamte Medien-system.

ZIELGRUPPE: Medienschaffende/Journalisten

DiehöchsteHürdesinddieStrukturen,diedenImperativderAufmerksamkeithervorgebrachthaben:derWunschnachGewinn-undPublikumsmaximierung,derwiederumdazuführt,dassdieStandardsvondenvielenneuenKonkurrentenimNetzgesetztwerden.

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Ergebnis I: Resilienz ist normativResilienz wird oft als gut verstanden, z. B. in der Ratgeberliteratur. Allerdings gibt es Individuen und Systeme, deren Widerstandsfähig-keit wenig wünschenswert ist, z. B. Diktatoren oder Schädlinge. Wir unterscheiden daher zwischen positiver, d.h. nachhaltiger Resilienz, und negativer Resilienz (meist kurzfristig).

Ergebnis II: Autorschaft und capabilities als nachhaltige ResilienzNachhaltige Resilienz hat zwei normative Elemente. Individuen müssen Autorschaft besitzen, d.h. aufgrund von Abwägungen und Überlegungen über vernünftige Gründe handlungsfähig sein. Dafür benötigt der Einzelne eine angemessene Menge und Diversität von capabilities, d.h. sozial geschaffenen Handlungsspielräumen.

Fragestellung und Ergebnisse

DasProjektuntersuchtdienormativenAspektedesResilienzbegriffsausSichtdesCapabilityAnsatzesvonAmartyaSenundMarthaNussbaum.DerCapabilityAnsatz(CA)fußtaufderIdee,dassmenschlichesWohler-gehenanhanddessenevaluiertwerdensoll,waseinMenschzutunundzuseininderLageist.ZweiErgebnis-sekönnenfestgehaltenwerden.

Prof. Dr. Julian Nida-RümelinLudwig-Maximilians-Universität München Lehrstuhl für Philosophie und Politische Theorie

Wissenschaftliche MitarbeiterinDr. Rebecca Gutwald

[email protected]

08Fähigkeiten zum Wandel

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Dialog zwischen Philosophie und politischer Praxis. Philosophische Reflexion führt gerade nicht zu fest stehenden Lö-sungen, sondern regt vielmehr zur kritischen (Selbst-)Reflexion an, die letztlich in ein selbstverantwortliches Denken mündet. Speziell Politik, welche sich Bereiche für die Zukunftsgestaltung zur Aufga-be nimmt, wie etwa Arbeit, Sozialversorgung, Wirtschaftsbeziehun-gen oder Bildung, braucht diese Art der Reflexion, um sich immer schneller wandelnden sozialen Herausforderungen, z. B. durch die fortschreitende Automatisierung, Klimawandel und Globalisierung, stellen zu können.

Empfehlung II folgt daraus. Unser Projekt empfiehlt die kritische Analyse des Resilienzbegriffs in Bezug auf seine diversen Bedeu-

tungen, Ebenen, Stärken und Schwächen. Es sollte sich dabei zei-gen, dass Resilienz nicht in allen Bereichen das Gleiche bedeuten muss und nicht für alle Gebiete positiv sein wird.

Empfehlung III: Durch diese Reflexion sollte ein Perspektivenwech-sel erreicht werden, der es ermöglicht, vielfältiger darüber nachzu-denken, wie der soziale Wandel produktiv gestaltet werden kann. Idealerweise wird den politischen Akteuren dabei die Komplexität der Probleme rund um den sozialen Wandel deutlicher bewusst, was verhindern soll, sich mit kurzfristigen und zu vereinfachten Vor-schlägen zu begnügen.

ZIELGRUPPE: Entscheidungsträger in der Politik

DiegrößteHerausforderungfürdasProjektistes,TheorieundPraxisstärkerinDialogzubringen.

Empfehlung I legt nahe, das Individuum, dem eine Krise zugeschrie-ben wird, zu entlasten. Sowohl Krise als auch Lösung sollen in dem weiteren sozialen Zusammenhang betrachtet werden, in den sie in der Regel gehören. (Kinder-)Armut ist in der Regel kein individuell geschaffenes Problem, sondern hängt von gesellschaftlichen Un-gleichheiten ab, welche der Einzelne kaum direkt beeinflussen kann. Wenn aber Resilienzförderung nicht primär am Individuum, sondern am sozialen Kontext bzw. der Organisation ansetzt, kann nicht nur dem einen Individuum effektiver geholfen werden, sondern auch Menschen, welche ähnlichen Benachteiligungen ausgesetzt sind.

Im Spezielleren ist damit auch Empfehlung II verbunden, einen Ar-beitsauftrag an die Wissenschaftler zu senden, welche sich z. B. in ForChange zusammengefunden haben. In der Praxis der Resilienz-

förderung zeigt sich, dass bestimmte Problemlagen und Nachteile so gut wie nicht erforscht sind. Beispielsweise gibt es kaum kriti-sche Untersuchungen zum Thema Gender und sexuelle Identität (LGTBQ) in der Resilienzforschung, welche Sozialarbeiter*innen und Pädagog*innen heranziehen könnten, um ihr Klientel unterstützen zu können.

Empfehlung III: Um in Dialog mit der Wissenschaft zu treten (II) und einen Perspektivwechsel zu vollziehen (I), ist wiederum eine kriti-sche Reflexion nötig, wie sie bereits skizziert wurde. Auch die prak-tische Resilienzförderung sollte weniger auf vermeintlich einfache und kurzfristige Förderung setzen, sondern diverse und komplexe Lösungen entsprechend der gegebenen Sachlage suchen.

ZIELGRUPPE: Organisationen aus Pädagogik und Sozialer Arbeit

ResilienzspielteinetragendeRolleinderFörderungbestimmterFähigkeitenvonMenschen,welchealsbe-nachteiligtgelten,bedingtetwadurchArmut,familiäreGewaltoderDiskriminierung.ZielderFörderungistesinderRegel,Faktorenzuidentifizieren,welchedieAnpassungs-bzw.WiderstandsfähigkeitvonBetroffenenfördern,ummitdengenanntenNachteilenbesserumzugehen.DieseZielsetzungistgrundsätzlichpositiv,weildieAutorschaftderBetroffenenalsZielderResilienzförderungangesehenwerdenkann.Jedochsinddiesozialen capabilitiesnachwievorunterrepräsentiert,weildiemeistenMaßnahmenzurResilienzförderungihrenFokusdaraufrichten,wasdasIndividuumhaben(Familie,Intellekt,etc.),können(kommunizieren,sichemotionalregulieren,etc.)odersein(zuversichtlich,respektvoll,etc.)soll.

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Untersucht wurde der Zusammenhang von Medienkompetenz mit bereits empirisch bestätigten Resilienzfaktoren aus dem kogniti-ven, akademischen und gesellschaftlichen Bereich. Dazu wurde der computerbasierte „Würzburger Medienkompetenztest“ (WMK) ent-wickelt, der die Leistung in fünf verschiedenen Fähigkeitsbereichen von Medienkompetenz überprüft: Mediale Zeichenkompetenz, ge-hobene Realitäts-Fiktions-Unterscheidungskompetenz, Wissen im Medienrecht, Produktionsfähigkeit sowie Wissen über Medienwir-kungen. Zusätzlich wurden neben der Intelligenz bildungsrelevante Fähigkeiten wie Lesen, Mathematik und Schulnoten, die politische Beteiligung sowie Persönlichkeitsfaktoren wie Offenheit und Pers-pektivenübernahme erfasst. Die Ergebnisse der Analysen zeigten, dass Medienkompetenz den fast durchweg stärksten Einfluss auf die leistungsbezogenen Fähigkeiten ausübte – noch vor der Intelli-genz. Ebenso wirkte sich Medienkompetenz bedeutsam auf die po-

litische Beteiligung aus und wies einen Zusammenhang mit relevan-ten Persönlichkeitsfaktoren auf. Dies liefert insgesamt den Beweis für einen starken Einfluss von Medienkompetenz auf eine günstige Entwicklung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Weiterhin zeigte sich, dass die Teilnehmenden an der Studie mit einer hohen Medienkompetenz weniger anfällig für Computerspielabhängigkeit waren. Somit sind hoch medienkompetente Personen in der Lage, die Vorteile von Medienwirkungen zu nutzen und die Risiken schädli-cher Medieneinflüsse zu reduzieren. Sowohl für sich selbst als auch darüber hinaus für die Gesellschaft. In einer weiteren Studie gehen wir aktuell der Frage nach, ob medienkompetente Personen auch effektiver von verschiedenen Medien lernen können. Die Ergebnisse stützen insgesamt unsere Befunde zum Einfluss von Medienkompe-tenz bei Kindergartenkindern.

Fragestellung und Ergebnisse

MittelseinerReihevonempirischenStudienmitknapp400JugendlichenundErwachsenensindwirderbis-langvölligungeklärtenFragenachgegangen,obMedienkompetenzdasPotentialalsResilienzfaktorimAnge-sichtdesmedialenundgesellschaftlichenWandelsbesitzt.

09Prof. Dr. Gerhild NiedingUniversität Würzburg Institut für Psychologie, Entwicklungspsychologie

Wissenschaftliche MitarbeiterinnenDipl.-Psych. Carolin Braun und Dipl.-Psych. Verena Gralke

[email protected]

Medienkompetenz als Resilienzfaktor. Medien- und gesellschaftlicher Wandel

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Medienkompetenz verbindlich(er) in schulische Lehr-pläne einbinden durch konkrete Modularisierung, z. B. entlang der Module des Würzburger Medienkompetenztests.• Auszüge aus WMK als Orientierung für das Setzen von

Lern-Lehrzielen nutzen; z. B. WMK-Testmodule je nach zu be-handelnden Themengebieten heranziehen.

• Aufgaben des WMK mit den Schülern durchführen.

Empfehlung II: Angebot auch für freiwillige Weiterbildung/Erwach-senenbildung schaffen, z. B. VHS-Kurse.

Empfehlung III: Fachpersonalspezifische Fort- und Weiterbildungs-angebote nutzen und/oder selbst initiieren.

Empfehlung IV: Angebote für Familien und privaten Kontext bereitstellen wie Spiele (z. B. App ähnlich wie Quizduell, „Pro-duktions-App“ mit Token und Level etc.) zur Medienkompetenz. „Lorem Ipsum“ – das Spiel zur Medienlogik und -kompetenz im schulischen Kontext anwenden.>>> http://www.forchange.de/ergebnisse/resilienzspiele

ZIELGRUPPE: Beschäftigte im Bildungsbereich: Erzieher, Lehrer, Pädagogen, Bildungspolitiker, Präventions-, Suchteinrichtungen, Ehrenamtliche

Empfehlung I: Je nach Alter Förderung von Medienkompetenz im Kindergarten, in Primar-, Sekundarstufe, Berufsschule, Hochschule.

Empfehlung II: Angebot zur freiwilligen Weiterbildung nutzen, z. B. VHS-Kurse.

Empfehlung III: Das Thema der Medienkompetenz im privaten Kontext kritisch und konstruktiv diskutieren.

Empfehlung IV: Spiele zur Förderung der Medienkompetenz nutzen, z. B. das Spiel „Lorem Ipsum“ zur Medienlogik und -kompetenz.

ZIELGRUPPE: Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene (in Schule, Ausbildung, Studium, Beruf), Eltern

ZurSituation:

InKanada,GroßbritannienundAustralienistdieVermittlungvonMedienkompetenzTeilderobligatorischenschulischenLehrpläne.InDeutschlandhingegenwirdimVergleichdazuMedienkompetenzinSchulenweitwenigerundländerbezogensehrunterschiedlichgefördert.Medienbildungwirdzwaralsfächerübergreifen-desBildungszielindenLehr-undBildungsplänenderLänderinzwischenexplizitausgewiesen.SowirdinderEmpfehlungderKultusministerkonferenzzuMedienbildunginderSchulevon2012betont,dassessichbeimErwerbvonMedienkompetenzumeine„gesamtgesellschaftlicheAufgabe“handle,damangelndeMedienkom-petenzdie„MöglichkeitendesEinzelnenzurpolitischenMitwirkungundkulturellenPartizipation“beschränke.

DieUmsetzunginLehrplänenund-konzeptenlässtallerdingsnochzuwünschenübrig.DieAuswirkungenmangelnderMedienkompetenzförderungzeigtensichu.a.darin,dassdeutscheAchtklässlerineinerinterna-tionalenVergleichsstudievon2014zuComputer-undinformationsbezogenenKompetenzen(InternationalComputerandInformationLiteracyStudy,ICILS)nursehrmittelmäßigabschnitten.

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Ergebnis I: Die Finanzialisierung, die zweifellos die Struktur und Rahmenbedingungen des Rohstoffhandels verändert, hat keine fundamentalen Preissteigerungen innerhalb von Rohstoffmärkten in den letzten zehn Jahren ausgelöst. Allerdings scheint der Prozess der Finanzialisierung den Gleichlauf der Rohstoffpreise zu intensivie-ren und damit zur Homogenisierung der Rohstoffpreise beizutragen.

Ergebnis II: Zur intensiven, aus gesellschaftlicher Perspektive ge-führten konstruktiven Kritik von Märkten lässt sich festhalten, dass Märkte gegenwärtig trotz ihrer Mängel insgesamt einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag zum Gemeinwohl leisten, was auch von Grund auf ihr Zweck ist. Zudem gibt es aktuell weder eine vergleich-bare Alternative noch sind die Märkte unzugänglich für substantielle

Fragestellung und Ergebnisse

DasProjektuntersuchtFunktionsweiseundFunktionsprinzipienvonFinanz-undRohstoffmärktenundderenInterdependenzmitderGesellschaft.AusfunktionellerundnormativerPerspektivehatsichdasTeammitzweizentralenThemenkomplexenauseinandergesetzt:

• mitpotentiellenAuswirkungendesspeziellenPhänomensderFinanzialisierung(u.a.Finanzspekulation)undderenzunehmenderRolleinRohstoffmärktenund

• mitdemgesellschaftlichenBeitragvonMärkten,ihrerResilienzundihrerRollebeiderGestaltungdesWandelszueinernachhaltigenZukunft.

10Prof. Dr. Andreas RathgeberUniversität Augsburg Institut für Materials Resource Management (MRM)

Wissenschaftliche MitarbeiterDr. Benedikt Gleich, Dr. Herbert Mayer

[email protected]

Märkte für Menschen. Verantwortliche Strukturen und Strategien zur Resilienz-Steigerung

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Politische Handlungsträger sollen für faire Rah-menbedingungen und eine sinnvolle Kanalisierung der Marktkräfte sorgen. Märkte sollten bei der politischen Steuerung einem mul-tidimensionalen Zielsystem unterworfen werden, das ethische und ökologische Ziele mit dem Wunsch nach Wohlstand und Wohlbefin-den verbindet („Glücksprodukt“/Gemeinwohl).

Empfehlung II: Die Eindämmung des außerbörslichen Handels (OTC) und die damit einhergehende Forcierung zum börslichen und dadurch transparenten und regulierten Handel ist notwendig. Damit kann der Spielraum für einschneidende Formen der Marktmanipula-tion verringert und insgesamt die Markttransparenz erhöht werden.

ZIELGRUPPE: Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft

Empfehlung: Diese Institutionen und Akteure stellen notwendige Informationen zur Verfügung und verbreiten diese, um die Transpa-renz von Aktionen, Hintergründen und Nachvollziehbarkeit der Aktio-nen der Marktteilnehmer und des Marktgeschehens zu erhöhen.

ZIELGRUPPE: Medien/Multiplikatoren/Testinstitute/Börsen & Aufsichtsbehörden

Empfehlung: Auf Basis dieser informieren sich Verbraucher inten-siver und kaufen im Rahmen ihrer Möglichkeit verantwortungsbe-wusst und reflektiert ein (verantwortungsbewusster Konsum).

ZIELGRUPPE: Allgemein Marktteilnehmer/Konsumenten/Verbraucher

Empfehlung: Diese sehr spezielle Gruppe der Marktteilnehmer soll-te sich bewusst machen, dass durch Finanzinvestitionen in Rohstof-fe das eigentliche zentrale und zugrunde liegende Investitionsmotiv der Diversifikation mutmaßlich kannibalisiert wird.

ZIELGRUPPE: Finanzinvestoren

Verbesserungen. Märkte selbst sind dabei äußerst resilient im enge-ren Sinne, wohingegen ihre Resilienz im gesellschaftlichen Kontext noch zu wünschen übrig lässt, wie Beispiele von negativen externen Effekten auf Umwelt oder zukünftige Generationen aufzeigen. Sie

haben insgesamt aber viel Freiheit und Wohlstand gebracht und sind es wert, ethisch optimiert zu werden. Es ist daher dringend ge-boten, Märkte konstruktiv weiterzuentwickeln und dabei ihren Bei-trag zum Gemeinwohl als zentrale Zielfunktion einzusetzen.

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Ergebnis I: Die normativen Implikationen von Resilienz zu reflektie-ren bedeutet nicht nur, Entstehungskontext und Begriffsgeschichte zu rekonstruieren, sondern auch nach den Interessen zu fragen, die eine bestimmte Perspektive (Persistenz, Anpassung, Transformati-on) bedient, und jene Prozesse zu „entlarven“, die für die Hegemonie von bestimmten Deutungen verantwortlich sind.

Ergebnis II: Resilienz- und Nachhaltigkeitsdiskurs aufeinander zu beziehen eröffnet die Möglichkeit, pragmatischer anzusetzen. Aus-gangspunkt ist dann nicht die bei Sollwerten ansetzende Zieldefini-tion, sondern einerseits die Sichtung der konkreten Probleme und andererseits die „Ausbildung“ der Potentiale, die ein Individuum oder ein System benötigt, um entweder flexibel auf veränderte Bedingun-gen reagieren (Response-Fähigkeit) oder sich von nicht nachhalti-gen „Pfadabhängigkeiten“ befreien zu können.

Fragestellung und Ergebnisse

DernormativeGehaltdesResilienzkonzeptes,derimSpannungsfeldzwischenSystemerhaltungundKontext-stabilitätsowieAnpassungundTransformationliegt,bedarfgrundlegenderKlärungimRahmeninterdiszipli-närerDialogprozesse.

Prof. Dr. Markus VogtLudwig-Maximilians-Universität München Lehrstuhl für Christliche Sozialethik

Wissenschaftlicher MitarbeiterDr. Martin Schneider

[email protected]

11Ökologische Sozialethik. Kompass für eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Das perspektivenreiche, jedoch in vieler Hinsicht noch klärungsbedürftige Konzept der Resilienz, das für künftige Nachhaltigkeitsdebatten eine Schlüsselrolle spielen wird, bedarf auch in Bayern institutioneller Strukturen, an denen es weiter ver-tieft werden kann.

Empfehlung II: Da Resilienz auch in populärwissenschaftlichen und alltagspraktischen Kontexten eine große Resonanz erfährt, bietet sich dieser Begriff für einen Dialog zwischen Wissenschaft und Zi-vilgesellschaft an (Stichwort: Bürgerwissenschaft).

ZIELGRUPPE: Wissenschaft

EthischeFragenwerdenoftdurchmehrdeutigeundinterpretationsbedürftigeBegriffeverschleiertoderaus-geblendet.DerResilienzdiskursisthierfüreinexemplarischesBeispiel.

Empfehlung I: Bildungseinrichtungen, nicht zuletzt Universitäten können Orte sein, in denen die Gesellschaft über sich selbst reflek-tiert. Sie bedürfen im Sinne transformativer Bildung und Wissen-schaft der gezielten Schaffung von Zeiten und Räumen für ökosozi-ale Lernprozesse.

Empfehlung II: Das Leitbild der Resilienz könnte die politische Bil-dungsarbeit dazu inspirieren, Kompetenzen wie Responsivität und Ambiguitätstolarenz zu fördern und Bildungsformate anzubieten, in denen die Teilnehmer*innen durch ein von Realitätsnähe und Offen-heit geprägtes Lernumfeld zu zivilgesellschaftlicher Verantwortung ermutigt werden.

ZIELGRUPPE: Politik

DasTempoderökosozialenUmwälzungenundderhoheEntscheidungsdruckfordernzuneuenZuordnungenvondemokratisch-deliberativenWillensbildungs-undsoziokulturellenLernprozessenheraus.

Empfehlung I: Die Umweltenzyklika Laudato si‘ sollte stärker als Impuls genutzt werden, um Schöpfungsspiritualität als wichtige Di-mension des christlichen Glaubens neu zu entdecken, in Gemeinden und christlichen Gruppen zu praktizieren und in den gesellschafts-politischen Diskurs einzubringen.

Empfehlung II: Der begonnene Dialog zwischen den Religionen über spirituelle Ressourcen für ökologisches Denken, Natur- und Tierschutz sollte fortgesetzt und institutionalisiert werden. Dabei ist es wichtig, neben dem Islam, Judentum und Christentum den Buddhismus, aber auch naturreligiöse und esoterische Anschauun-gen einzubeziehen.

ZIELGRUPPE: Kirche

DieKirchenkönneneinSprachrohrfürdieethische,kulturelleundspirituelleTiefendimensioneinernachhal-tigenTransformationsein.

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Ergebnis I: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich sowohl das politische Personal im Bereich der Außenpolitik als auch Wis-senschaftler*innen der Kontingenz des Wissens als auch der damit einhergehenden Normativität im Großen und Ganzen bewusst sind. Gleichzeitig deutet sich an, dass der Reflexivität des Wissens in Bera-tungsprozessen praktische Grenzen gesetzt sind. Stattdessen schei-nen die wissenschaftliche Position, die Bekanntheit und persönliche Integrität und die Vernetztheit von Wissenschaftler*innen als Kriteri-en bei der Auswahl von Wissensangeboten in außenpolitischen Ent-scheidungsprozessen besondere Berücksichtigung zu finden.

Ergebnis II: „Reflexive Politikberatung“ widersetzt sich der Verdopp-lung politischer Auseinandersetzungen mit Theorieargumenten. Sie zielt stattdessen auf Kommunikation und Austausch mit dem politischen Personal, um über die Differenzen des Wissens und der Überzeugungen zu (außen-)politischen Fragen aufzuklären. Dabei entstehen neues Wissen, alternative politische Handlungsoptionen und ein differenziertes Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlicher Politikberatung.

Fragestellung und Ergebnisse

PolitischeEntscheidungensindmehrdennjeaufwissenschaftlicheErkenntnisseangewiesen.AllerdingssinddiesestetsvonVorannahmenabhängigunddadurchniemalsvölligobjektiv:Wiewirdundwiekannmitdie-semgrundlegendenDilemmawissenschaftlicherPolitikberatungineinemkomplexenHandlungsfeldwiedemderAußenpolitikverantwortlichumgegangenwerden?

Prof. Dr. Christoph WellerUniversität Augsburg Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung

Wissenschaftliche MitarbeiterinCharlotte Rungius, M.A.

[email protected]

12Reflexive Politikberatung. Wandel erforschen und gestalten

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Handlungsempfehlungen

Empfehlung I: Die gemeinsamen Räume für die Thematisierung der Entstehungsbedingungen wissenschaftlichen Wissens sollten gestärkt werden.

Empfehlung II: Mehr Mut zu persönlichen Positionierungen und Bekenntnissen! Am Anfang guter Wissenschaft stehen immer auch Vermutungen und Überzeugungen. Diese lassen sich im Ergebnis ohnehin kaum verstecken. Ihre Offenlegung macht Erkenntnisse

hingegen glaubwürdiger und transparenter. Auf diese Weise können politische Debatten in einer Demokratie fundierter geführt werden.

Empfehlung III: Dem Vorwurf, wissenschaftliche Analysen würden durch persönliche Positionierung der Wissenschaftler*innen zur subjektiven Meinung, kann insbesondere durch die Darlegung der zugrunde gelegten Methodologie (Methoden, Theorie, Epistemolo-gie) begegnet werden.

ZIELGRUPPE: Politikberatende Wissenschaft

EineauchimFeldderPolitikberatungreflexiveWissenschaftistzugleicheineAntwortaufdiegesellschaftlicheKrisedesWahrheitsbegriffs.DamitsichdieseKrisenichtzurpolitischenGlaubwürdigkeitskriseauswächst,istineinerDemokratiegeradediePolitikberatendeWissenschaftgefragt,durcheinetransparenteReflexionundVermittlungdieNormativitätihrerErkenntnisbedingungenzuerklären.AlsunvermeidlicheNebenfolgemüsstemansichdabeipotentiellauchpolitischangreifbarmachen.

Empfehlung I: Dies sollte als eine gesellschaftspolitisch höchst aktuelle und brisante Aufgabe der Wissenschafts- und Politikbera-tungsforschung verstanden werden.

Empfehlung II: Die Rolle wissenschaftlichen Wissens in Politik und Gesellschaft sollte vermehrt unter erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten untersucht werden. Dabei sind insbesondere Fragen zu bearbeiten wie: Was können wir „tatsächlich“ wissen? Und wie, auf welchen methodologischen Wegen können wir zu sol-chem Wissen gelangen?

Empfehlung III: Eine solche Auseinandersetzung sollte ihr Augen-merk verstärkt auf die Person der einzelnen Wissenschaftler*innen mit ihren Hoffnungen, Überzeugungen und Empfindungen richten und dabei die Normativität als erkenntnistheoretischen Wert neu ausleuchten, gerade in ihrer Bedeutung für die politikberatende Kommunikation.

ZIELGRUPPE: Wissenschaftsforschung und Wissenschaftspolitik

DasMisstrauengegenüberderUnabhängigkeitvonExpert*innenundJournalist*innenundihrenEinsichtenundDarstellungenhatdeutlichzugenommen.DamitwirdauchdieFunktionsfähigkeiteinerwesentlichenSäuledesdemokratischenGemeinwesenspotentiellinZweifelgezogen(Stichwort:Fake-newsusw.). DieindiesemMisstrauenzumAusdruckgelangendeSkepsisgegenüberderObjektivitätundEindeutigkeitpolitischrelevantenWissensistzweifellosnichtunbegründet,aberumsomehrmussihrauseinerwissen-schaftstheoretischreflektiertenPerspektiveaktivbegegnetwerden.

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Ergebnis I: Holz hat eine spezielle Stellung unter den nachwach-senden Rohstoffen: in diversen Qualitäten und Arten vorkommend ist es vielseitig einsetzbar und umweltfreundlich. Holz als Substitut für andere Materialien unterliegt aber auch technisch-wirtschaftli-chen und sozialen Hindernissen. Das Thema Ressourcenschonung, z. B. durch Holzkaskadennutzung, ist notwendig. Obwohl die Effekte dieser bereits positiv einzuordnen sind, fehlen für eine konsequente Umsetzung Wissen, Vernetzung und das Gefühl der Notwendigkeit. Zusätzlich ist der Forst- und Holz-Sektor räumlich und wirtschaftlich fragmentiert und die Holzverwendung komplex.

Ergebnis II: Die Holzverwendung ist Teil des Diskurses um Kli-maschutz und Ressourcensubstitution in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Eine verstärkte Verwendung wird mit steigenden Holzvorräten und der multifunktionalen Waldwirtschaft legitimiert. Neue Einsatzmöglichkeiten werden erprobt. In Bayern sind Innova-tionsförderung und Vernetzung, auch im Bereich Holzverwendung, institutionalisiert. Das Thema Wald und Holz hat in den letzten Jahren an medialer Präsenz gewonnen, allerdings mit einseitigem Deutungsrahmen (framing). Druck auf Wald und Holznutzung steigt.

Fragestellung und Ergebnisse

WelcheChancenundBarrierensindmiteinerverändertenHolzverwendungverbundenundkanndieseeinenBeitragfüreinegesellschaftlicheTransformationleisten?

Prof. Dr. Gordon WinderLudwig-Maximilians-Universität München Department für Geographie,Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung

Wissenschaftliche MitarbeiterinDipl. Geogr. Amra Bobar

[email protected]

13Holzzukunft oder Holzweg? Veränderte Holz- nutzung als Motor gesellschaftlichen Wandels

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Handlungsempfehlungen

EinesozialeTransformationbrauchteineeffektiveRessourcenschonung.DiegrößteHürdeisteineentsprechendeKommunikationinallenGesellschaftsbereichen.

Empfehlung I: Die Forschung sollte für alle relevanten Holzanwen-dungsbereiche die Effekte einer Holzkaskadennutzung prüfen sowie die sozioökonomischen und politischen Hindernisse und Potenziale untersuchen. Die verstärkte Konkurrenzsituation zwischen den ver-schiedenen Verwendungsbereichen muss hinsichtlich der Nutzung von Holz als Basis für chemische Grundstoffe mit betrachtet und es muss geprüft werden, wie der Druck auf die Ressource Holz vermin-dert werden kann.

Empfehlung II: Insgesamt braucht es bessere Statistiken bzw. Über-blicke zu Holzpreisen und Holzströmen (inkl. Qualitäten) und eine Antwort auf die Frage, woher Rohstoffe kommen sollen (sowohl geographisch als auch im Sinne von Sekundärrohstoffen gemeint).

ZIELGRUPPE: Forschung

Empfehlung I: Diejenigen Unternehmen, die bereits Holzreststoffe thermisch verwerten, könnten prüfen, ob eine weitere stoffliche Ver-wendung möglich wäre und ob sich dafür entsprechende Abnehmer und finanzielle Vorteile finden. Die Kaskadennutzung ist eine Mög-lichkeit den Druck auf den Wald als Quelle von Frischholz zu senken, müsste aber konsequenter und vom Anfang eines Produktlebens-zyklus gedacht werden, da es hier um nachgeschaltete Nutzungen eines Produktes (und Materials) geht.

Empfehlung II: Um eine nachhaltige stoffliche Holzverwendung vo-ranzubringen, bräuchten v.a. die regional und lokal tätigen (Cluster)Initiativen als Vermittler von Informationen und Kontakten personel-le Verstärkung.

ZIELGRUPPE: Holzindustrie

Empfehlung I: In der Öffentlichkeit sollten Konsumgewohnheiten diskutiert werden und jede/r seine eigenen reflektieren. Bezüglich der Substitution von anderen Materialien durch Holz und der Kaskaden-nutzung ist es wichtig über die Vor- und Nachteile einzelner Holzver-wendungen, sei es als Roh-, Bau-, Werk- oder Brennstoff, aufzuklären.

Empfehlung II: Die mediale Darstellung von innovativer und nach-haltiger Holzverwendung könnte gesteigert werden und sollte um den Aspekt des Zusammenbringens von Produktion und Konsum-tion erweitert werden.

ZIELGRUPPE: Öffentlichkeit und Medien

Empfehlung: Landwirtschafts- und Umweltministerium könnten beim Thema nachhaltige Holzverwendung noch stärker kooperie-ren. Ressourcenschonende, sprich hochwertige, langlebige und mehrfache Holzverwendung aus nachhaltig bewirtschafteten, na-turnahen Wäldern ist ein verbindendes Ziel und z. B. in Form von Bauen mit Holz von beiden befürwortet. Die Förderung des Holz-

baus durch indirekte Anreize ist zu prüfen. Um den Holzbau zu stär-ken, müssen Life Cycle Analysen (LCA) und Klimabilanzen fokus-siert sowie Vorschriften zum Brandschutz und Ähnlichem überprüft und angepasst werden. Es besteht Bedarf an zeitgemäßen sowie vereinheitlichten Bauvorschriften.

ZIELGRUPPE: Politik und Verwaltung

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ResilienzspieleUm Forschungsergebnisse für die Öffentlichkeit nicht nur zu-gänglich, sondern auch erfahrbar zu machen, ist der Forschungs-verbund ForChange neue Wege gegangen. Unter Beteiligung al-ler dreizehn Teilprojekte und auf Basis ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden Spiele entwickelt: Die Themen und Frage-stellungen von je zwei Projekten wurden in Teams mit jeweils einem Game-Designer diskutiert und daraus Spielemechaniken erarbeitet (Konzept: nifu.tv). Sechs Spiele-Prototypen entstan-den, drei davon wurden weiterentwickelt und stehen jetzt über das Schülerforschungszentrum der Universität Augsburg für den Einsatz zur Verfügung.

Die Spiele bieten einen Reflexionsraum zum Umgang mit Ent-scheidungen in komplexen und krisenhaften Situationen: Wie wirkt sich das Verfolgen meiner eigenen Interessen auf meine Mitstreiter und das Umfeld aus? Stabilität oder Krise? Chance oder Risiko? Vertrauen oder Anzweifeln? Teamwork oder Einzel-kämpfer? Wissensbarrieren oder -katalysatoren?

Die Spiele bringen aber auch das, was Spiele an sich leisten sollen, nämlich Spaß.

Interesse an den Resilienzspielen?

ForChangeübergibtdieSpieledemAnwenderzentrumMaterial-undUmweltforschung(AMU)derUniversitätAugsburgzurNutzungimProgrammdesschool_LabA³.SiekommenzumEinsatzfürdieAusbildungderEntscheider*innenvonmorgen.

Info: http://www.amu-augsburg.de/mint_bildung/school_lab-a3/DieSpielestehenausschließlichfürdenGebrauchinSchulenundöffentlichenAusbildungseinrichtungenzurVerfügung.

Weitere Informationen zu den Spielen: www.forchange.de/Ergebnisse/Resilienzspiele

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Resilience Earth

Die Spieler*innen bevölkern den Planeten Erde. Sie mehren ihren Wohlstand: zum einen in Form von materiellen Ressourcen (Häuser, Industrien), zum anderen als Lebensqualität (immaterielle Ressour-cen). Wer am Ende am meisten davon hat, gewinnt. Die zunehmende Besiedlung sowie der Abbau und Einsatz von materiellen Ressourcen durch alle Bewohner führt jedoch zu Umweltverschmutzung, die sich in Form von Klimaereignissen (Tornado, Waldbrand, Sturmflut u. a.) sowohl auf die angrenzenden Siedlungen als auch auf den gesamten Planeten auswirkt. Je mehr materielle Ressourcen erworben und ein-gesetzt werden, desto größer der ökologische Fußabdruck, hier der höher werdende Klima-Turm. Fällt der Turm, droht der Kollaps des Planeten und alle materiellen Ressourcen sind wertlos.

Ist es möglich, den eigenen Wohlstand zu mehren und gleichzeitig auf das Wohl des Planeten zu achten? Welche Strategien taugen dafür? Funktioniert es, beide Strategien zu verfolgen: das „Streben nach mehr“ und die Steigerung der eigenen Lebensqualität? Ist in ei-nem Umfeld, das auf Wettbewerb ausgelegt ist, gemeinschaftliches Handeln möglich? Und dabei trotzdem zu gewinnen?

Entwickler: Herbert Mayer (Projekt 10) Martin Schneider (Projekt 11)Design: Stefan Pörtner (aditive®, Würzburg)

Spiele zu entwickeln, ist komplizierter als gedacht. Unsere erfah-renen und spielfreudigen Ratgeber*innen waren u. a.: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung, das Projekt Diskurs-Are-na der LMU München, Studierende des Masterkurses Advanced Design der Hochschule München und BenE München e.V.

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Balance of Civilizations

Eine Gesellschaft besteht aus verschiedenen Bereichen, im Spiel sind es Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Diese erfüllen wichti-ge Aufgaben für die Gesellschaft und das Gemeinwohl. Entwickeln sie sich einigermaßen gleichgewichtig und können gleichberechtigt wirken, tragen sie zum gesellschaftlichen Frieden bei: Die Gesell-schaft ist resilient. Dominiert hingegen ein Bereich einen anderen, verliert die Gesellschaft ihre Resilienz und zerbricht.

Damit jeder Bereich seinen gesellschaftlichen Beitrag leisten kann, darf er nicht von anderen Bereichen instrumentalisiert oder fremd-bestimmt werden. Hat beispielsweise die Wirtschaft zu viel Macht, wird aber der Wissenschaft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, kann die Politik keine freien und guten Entscheidungen zum Wohle aller treffen. Aber auch die Wirtschaft kann ihre schöpferische Leis-tung nicht entfalten und zur Verbesserung der Lebensbedingungen beitragen, wenn keine unternehmerische Freiheit gewährleistet ist und sie ausschließlich politische Zielsetzungen erfüllen muss.

Gesellschaften sind außerdem nicht in sich abgeschlossen, son-dern als Teil einer globalisierten Welt eng mit anderen Gesellschaf-ten vernetzt. Daraus ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken. Solche Wechselwirkungen (globale Interdependenzen) können die betroffenen Gesellschafen stärken, aber auch entscheidend schwä-chen. Was davon eintritt, ist allerdings oft nicht absehbar.

Wie entwickelt sich eine Gesellschaft, ohne dass ein allzu großes Ungleichgewicht zwischen ihren einzelnen Bereichen entsteht? Wie geht man dabei mit globalen Interdependenzen um? Wie kann eine Gesellschaft vor Unwägbarkeiten geschützt werden? Kann dies überhaupt strategisch erfolgen? Oder sollte man sich auf ganze an-dere Denk- oder Verhaltensweisen einstellen?

Probiert es aus und erlebt, was es heißt, als Gesellschaft mit den komplexen Herausforderungen in einer globalisierten Welt fertig zu werden!

Entwickler*innen: Charlotte Rungius (Projekt 12) Michael Heyna (Projekt 2) Christoph Rasulis (Agentur pixelcoud, Stuttgart)Design: Veronika Peters

Öffentlich gespielt wurde erstmals beim Spiele-Labor. Arbeit und Gesellschaft im Wandel im Rahmen der Münchner Ökosozialen Hochschultage im Mai 2017. Auf youtube gibt es unter dem Titel ein Video dazu.

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Lorem Ipsum

Massenmedien konstruieren Realität nach ihren eigenen Regeln. Um sich in einer zunehmend komplexen Welt zu orientieren, sind die Bürger*innen aber nach wie vor auf Massenmedien und deren Berichterstattung angewiesen. Ist die neuste Schlagzeile glaubwür-dig? Wie viel selektive Berichterstattung ist erlaubt und kann der medienkompetente Rezipient ihren Informationsgehalt realistisch einschätzen? Bedient er sich dazu der Recherche mehrerer Quellen, um die Stichhaltigkeit der Information zu überprüfen und mögliche Verzerrungen in den Nachrichten aufzudecken?

Sucht den direkten Weg durch das Labyrinth medialer Berichterstat-tung, das mit wahrheitsgetreuer sowie mit Fehlinformation gespickt ist, und seid dabei auf der Hut vor falschen Informanten!

Entwickler*innen: Carolin Braun (Projekt 9) Maria Karidi (Projekt 7) Sol BekićDigitale Entwicklung & Design: Sol Bekić

Damit die Spiele weiter verbreitet werden, kooperieren wir mit Schüler*innen des Gymnasiums Maria Stern, die die Spiele ei-genständig erklären und anleiten, z. B. bei der Game-Station: Zukunft oder Kollaps. Wie funktioniert Entscheiden? an der Münch-ner Klima-Dult im Oktober 2017, siehe Fotos S. 35/36.

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Impressum

Verantwortlich:Bayerischer Forschungsverbund ForChangeLudwig-Maximilians-UniversitätGeschwister-Scholl-Platz 180539 München

Geschäftsführung:Sabine Toussaint, [email protected]

Bildnachweis:Titelbild: Andreas Kapsner/Alexander Herrmann, nifu.tvSeite 04: Monnier Ostermair: Aus der Ausstellung Zukunft überleben – Resilienz & Design (Oktober 2016), unumwunden.comSeiten 08-33: istockphoto.comSeiten 35-36: Magdalena Grzywa

Gestaltung:aditive®

Stefan Pörtner, Würzburg

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