Becker-Hinfälligkeit

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 Von der Hinfälligkeit des Schönen und der Ahenteuerlichkeit des Künstlers.· Eine ontologische Untersuchung im ästhetischen Phänomenbereich. Von Oskar ecker (Freiburg i.B.). I Die Hinfälligkeit des Schönen", ein von So 1g e r stammender Ausdruck, ist hier nicht in einem lyrischen Sinn gemeint: es wird damit eine ontologisch-hyperontologische Grundkategorie des Ästhe· tischen bezeichnet, die terminologisch als Fra g i I i t ä t fixiert werden soll. Was ist Fragilität als Grundzug des Ästhetischen als solchen? Diese Kategorie scheint neu und ohne genaue Motivierung ihrer Ein· führung in die alte Wissenschaft der Ästhetik bedenklich. Fragilität heißt Zerbrechlichkeit . Zerbrechlich ist alles allzu· sehr Zugespitzte, Überschärfte - zumal, wenn es unter einer ge· waltigen inneren Spannung steht. Das Schöne ist das Seltene, Er· lesene. Als Werk gedacht ist es eine "Spitze nleist ung". (Man halte die diesen Ausdruck belastende Trivialität nach Möglichkeit fern ) Und jede solche Spitze ist zerbrechlich * Das Ästhetische ist zunächst, wie der Name sagt, aisthetisch ala. J.tjTfJ1 ), sinnlich-anschaulich, unmittelbar. Aber es ist offenbar nicht das Unmittelbare schlechthin; es ist das im Unmittelbaren Aus• gezeichnete. Diese Auszeichnung ist formal - paradox genug - dadurch charakterisiert, daß sie, in extremen Fällen, Spitzen· charakter hat, d. h. daß das Extremum , das der konkrete ästhe· tische Gegenstand innerhalb der Fülle der ihm ähnlichen anschau lichen Gebilde darstellt, nicht stetig erreicht wird, sondern durch

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Oskar Becker, "Von der Hinfälligkeit des Schönen und der Abenteuerlichkeit des Künstlers", Husserl-Festschrift (1929).

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Von der Hinflligkeit des Schnen undder Ahenteuerlichkeit desKnstlers. EineontologischeUntersuchungimsthetischen Phnomenbereich. Von OskarBecker(Freiburgi.B.). I. Die"HinflligkeitdesSchnen",einvonSo 1 g erstammender Ausdruck,isthiernichtineinemlyrischenSinngemeint:eswird damiteineontologisch-hyperontologischeGrundkategoriedessthe tischenbezeichnet,dieterminologischalsFra g i I i t tfixiert werdensoll. Wasist"Fragilitt"alsGrundzugdessthetischenalssolchen? DieseKategoriescheintneuundohnegenaueMotivierungihrerEin fhrungindiealteWissenschaftdersthetikbedenklich. Fragilittheit"Zerbrechlichkeit".Zerbrechlichistallesallzu sehrZugespitzte,berschrfte- zumal,wennesuntereinerge waltigeninnerenSpannungsteht.DasSchneistdasSeltene,Er lesene.AlsWerkgedachtisteseine"Spitzenleistung".(Manhalte diediesenAusdruckbelastendeTrivialittnachMglichkeitfern!) Undjedesolche"Spitze"istzerbrechlich * Das"sthetische"istzunchst,wiederNamesagt,"aisthetisch" ( ala.'J.tjTfJ1'),sinnlich-anschaulich,unmittelbar.Aberesistoffenbar nichtdasUnmittelbareschlechthin;esistdasimUnmittelbarenAus gezeichnete.DieseAuszeichnungistformal- paradoxgenug-dadurchcharakterisiert,dasie,inextremenFllen,"Spitzen charakter"hat,d.h.dadas"Extremum",dasderkonkretesthe tischeGegenstandinnerhalbderFllederihmhnlichenanschau-lichenGebildedarstellt,nichtstetigerreichtwird,sonderndurch einenSprung.Extremah a b e ~imallgemeinendieEigentmlichkeit, 28OskarBecker, [2 dasieinstetiger,immer langsamer werdender Annherung erreichtwerden:inunmittelbarerNhedesBerggipfelssteigtman nurnochganzwenig.DieSpitzeaberragtsteilauf,biszurGrenze dervlligenlsoliertheitvonihrerUmgebq,ng,biszurvlligenUn-zugnglichkeit. DerSpitzencharakterdessthetischenbedeutetalsonichtsan deresalsseine"mikrokosmische"Struktur 1),seineEingehegtheil durch"reinvoninnengeset_zteGrenzen,dienichtsSchrankenhaftes ansichhaben",dienichtsanderesalsdas"MaximuminnererErfllt-heil"bezeichnen.DieImmanenzdessthetischenErleheusunddes Kunstwerksselbst(dieKorrelatesind)istsostark,"daihrnicht einmaleinpolemischerAkzentzur,ausgeschlossenen'Wirklichkeit zukommt"- diestrotzderechtenKorikretheitvonWerkund sthetischemErleben.DennwenndassthetischeErlebnismitbeab-sichtigter Paradoxieals"normatives Erlebnis"gekennzeichnetwird 2), soheitdas,daeszugleichganzundgardieFarbederlebendigen WirklichkeittrgtunddochvomStromderAlltglichkeitganz getrenntist.DieParadoxieliegtalsoinderVereinigungderan schaulichenUnmittelbarkeitmitdergekennzeichnetenisolierenden Auszeichnung,diemetaphorischdurchdasBildder"Spitze"dar-gestelltwurde. Inwiefernistnuneinsolches"spitzenartiges"Gebildezerbrech-lich,"fragil"?Esistuerstempfindlichgegenjedenochsokleine VernderungseinerinnerenBeschaffenheit.DerkleinsteFehltritt gengt,umvondemspitzenGipfelsteilindenAbgrundhinabzu-strzen.DaaSchnestehtunterdemGesetzdes"AllesoderNichts". Dasschlechthin"Vollendete"wahrhaftgroerKunstwerkebesteht geradedarin,dajedegedachteFortsetzungderArbeitanihnen,die dochnotwendigeinenderungirgendwelcherArtanihnenhervor-bringen,wrde,sieunwiderruflichzerstrenmte.Siesindauch nichtsoentstandenzudenken,daeinnimmermderFleisiein stetigfortschreitenderArbeitSchrittfrSchrittsozusagen"her-1)Ichbeziehemichhierundimfolsendenaufdenauerordentlichauf-&chlureichenAufsatzvonG.v.Lu k aic 1,,.DieSubjekt-ObjektBeziehuusinder &thetik",LosoBd. VII,S.1 ff. 2)DiesevonLu k aic s(I.c.)stammendeFormelistdeshalbpara1lox,weil Norm(Wert,Ideal)unddieseelische,.Wirklichkeit"desErleben(inder Ricke r t sehenTerminologie,dieLukaicsweitgehendbenutzt)uersteGegen &tze&ind,diedemselbenGesenstendohneWidersprucheisentliehnichtzu-seschriebenwerdenknnen.lndeuenbewestsichdieLukaicsscheExplikationin andie1\letbodeder,.Dialektik"gemahnenderWeiseab&ichtlichinsolchenWider sprlichen. 3]Vonder Hinflligkeitdes Schnen undder Ahenteuerlichkeit des Knstlers.29 gestellt"htte,sondernsinddurcheinenunbegreiflichenschpfe-rischenSprung- wiePallasAtheneausdemHaupteihresEr-zeugers- entsprungen. Abernochdarberhinaus:sthetischeGegenstnde"sind"gar nicht"inWirklichkeit"(8vecryElq)"ansich",sondernstellennur Potenzendar,dieerstimsthetischenErlebenaktuellwerden,wobei dannzumProblemdesSchaffensdesWerkes(oderauchdes"Er-wachsene"dessthetischenNaturgegenstands)dasweitereProblem desadquatenErfassen&kommt,indemdasWerkersteigentlichzu seinem(sthetischen)Seingelangt.AuchdiesesadquateErfassen istnurdurcheinenSprungerreichbar,istisoliertals"normatives Erlebnis"vonallerAlltglichkeit,aberauchvonallem"eigentlichen Dasein".DieStruktur der sthetischenSphre ist"heraklitisch",d.h. "dasselbe"Erlebnis"desselben"Subjekts"demselben"sthetischen Gegenstandgegenberistnichtmit Sicherheitwiederholbar.Alsoist dassthetischeschlielichnurindemuerstverletzlichen"momen-tanen"Erlebeneinesseinerseitsuerstverletzlichenunddazublo "potentiellen"Gegenstands.- Diesbedingtseine"Fragilitt". 2. DieFrageliegtnahe,obdieseDingeinderGeschichteder sthetiknochniebemerktwordensind.EswredainersterLinie hinzuweisenaufSo I g er,derdie"HinflligkeitdesSchnen"an dieentscheidendeStelleseinerontologischenAuslegungdes sthe-tischenPhnomensgestellthat.DasSchneist"ganzErscheinung" undsoll"sichalssolchemitteninWidersprchenschnerhalten" 1), es"schwebtfreiinderMittezwischenGemeinemundGttlichem". DasSchnemuals"ganzwirkliches,einzelnesDing"betrachtet werden,"alssolchesjenemewigenZustand,wieesheiGottist,ent-gegengesetzt,und,wenngleichmitWesenerfllt,derZeitlichkeitund Vergnglichkeitgnzlichunterworfen".Diese"wehmtigeBetrach-tungberdashinfllige(!)Schne"ltaberdoch"rechtsehen, welcheinwunderbaresDingdasSchneist"."Indemesindem Gewhlderanderen,erscheinendenGegenstndedurchdieihminne-wohnendeHerrlichkeitdesgttlichenWesenserhhtwird","ver-sinkt"esdoch"vorGottmitderganzenbrigenErscheinungin Nichtigkeit"."DieserherrlicheWiderspruchbewltigtjeden... mit einemnichtnurinnigen,sondernallgewaltigen...,ewigenundun-1)So I g er, "Erwio"(neuherausgegebenvoaR.Kurz, Berlin1907),S.183. 30 OskarBecker, [4 zerstreubarenSchmerze",der.,nichtdurchdenUntergangdesein-zelnenDinges",nochblo.,durchdieVergnglichkeitallesIrdischen erregtwird,sonderndurchdieNi c h t i g k e i td e rI d e es e 1b s t ". Solgernennt"dieseganzeDarstellung"eine"TragdievomSchnen selbst"("Erwin",S.186). VonderSeitedesknstlerischenSubjektsauswirddieseAnalyse nochweiterinsehreigentmlicherWeiseerhellt("Erwin",S.387): "Geht dieIdeedurchdimknstlerischenVerstandindieBesonderheit ber",sowirdsie"dasgegenwrtigeWirklicheund,daauerihr nichtsist,dieNichtigkeitunddasVergehenselbst"."DieserAugen blickdesbergangsnun,inwelchemdieIdeeselbstnotwendigz u nicht ewird,muderwahreSitzderKunst,unddarinWitzund Betrachtung,worinjedeszugleichmitentgegengesetztemBestreben schafftundvernichtet,einesunddasselbesein.Hiermualsoder GeistdesKnstlersalleRichtungenineinenallesberschauenden Blickzusammenfassen,unddiesen ber a 11 e mschwebenden, allesvernichtendenBlicknennenwirIronie.".,Wer nichtden Muthat,die Idee selbstinihrerganzen Vergnglichkeitund Nichtigkeitaufzufassen,deristwenigstensfrdieKunstverloren"'). Diese"Hinflligkeit"desSchnenalssolchen,seinemWesen nach,istnunanscheinendmitseinervorhin(in1)hervorgehobenen "Fragilitt"(Zerbrechlichkeit)zuidentifizieren.AberSolgerkon statiertdieseHinflligkeitnichtblo,sonderndeutetsiesogleich durchdieSpannungzwischenIdeeundErscheinung.Diesentspricht fastgenau der Lu k a c s sehen Paradoxie des "normativen Erlebnisses", dennNorm(Wert)istdieForm,indiesichderGedankederplato-nischenIdeebeiihm verwandelt hat.Esistinder Tatleichtzusehen, 1)V gl.Hege IberSolgerinden"Vorlesungenberdiesthetik"(Ein-leitung111,1;W ~ r k e2.Anfl.(Berlin1842),d. X,S.87f.):"Hierkameraufdas dialektischeMomentderIdee,aufdenPunkt,denich,unendliche,absoluteNega-tivitt'nenne.... AndieserNegativitthieltSolgerfest,undallerdingoistsie einMo m e n tinderspekulativenIdee,dochalsdiesebloedialektischeUn-ruheundAuflsungdesUnendlichenwiedesEndlichengefat,auchnur e InMo m e n t,nichtaber,wieSolgereswill,dieg a n z cI d e e." Vgl.auchJ,E.Er,d man n,GrundriderGeschichtederPhilosophie, 11.Band(3.Aufl.,Dertin1878),322, 3,S.533:Solgersetzt"inGottdasMoment derNegation,vermgedererindieNichtigkeittreten,indasEinzelwesenaber dieMacht,vermgederesseineNichtigkeitaufgeben,sichopfernkann.Diese gegenseitigeHingabeundSelbstnegationscheintihmampassendstenmitdemAus druckIroniebezeichnetzuwerden." DasVerhltnisderSolgersehenzurFr i e d r ichS c h I e g e IschenAuf. fauunl!derhoniekannhiernichterrtertwerden. 5)Vonder Hinflligkeit desSchnenund der Abenteuerllchkeit des Knstlers.31 dasichdieser"Widerspruch"auchverstehenltalsderzwischen der"idealen"Ruhedeseigentlich"klassischen"Kunstwerksundder Labilittder"wirklichen"Lebenshewegtheit,dieimmernurvonder "SpitzedesMoments"getragenwird.Aberdamittrittauchsogleich hervor,dadiedemsthetischenalssolchemvonunszugesprochene "Fragilitt"nichtmitderderWeltdesWerdensallgemeineigenen "Korruptibilitt"gleichgesetztwerdendarf.berhauptistmitder SolgersehenwiemitderLukacsschenFormulierungeinebestimmte ontologischeGrundhaltungbereitseingenommen,dienichtkritiklos hingenommenwerdenkann.WirwerdenalsodenWegderphno-menologischenAnalysegehenmssen,ohneunsandiebisherge-zogenenLeitlinienallzusehrzubinden. 3. DiepositiveEigenarteinesinseinenfeinerenZgensoschwer zurDurchsichtigkeitzubringendenPhnomens,wiedie .Fragilittes darstellt,lt sichnurdurchausgiebigeVerwendungderMethodedet "Abhebung"gegenverwandteoderwenigstensdemoberflchlichen HinsehenverwandtscheinendePhnomeneherausstellen.Esistaber festzuhalten,dadiezugebendenCharakteristikenletztlichaufeine durchauspositiveKennzeichnunghinzielen. I.DieFragilittdessthetischenistnichtgleichzusetzender allgemeinen"Korruptibilitt der Materie".Zwaristgewiderschne "Naturgegenstand"(z.B.derschneMensch)')oderdasKunstwerk derallgemeinenVergnglichkeitallesIrdischenunterworfen,aher diesgiltoffenbarebensovondenhlichenoderlangweiligenwievon denschnenDingen.(DieshatSolger,wieoben(2)gezeigt,klar gesehen,alserdieNichtigkeitderIdee,dienachihmdasSchne charakterisiert,vonderVergnglichkeitdesIrdischenausdrcklich unterschied.) II.Fragilittistnichtdie"HinflligkeitdesSchnen"imSinne einestragischenVerhngnisses.Sieistauchnichtzuverstehenals eine"tragische"NichtigkeitderIdee,indemSinne,dadasIdeal-GuteindernotwendigverderbtenWeltdemUnterganggeweiht ist.(GegenSolger,derSchi II er sVersherMaxPiccolomini zitiert:"DasistdasLosdesSchnenaufderErde!") 1)EsseiindemvorliegendenZusammenhangerlaubt,dieSchnheitdes menschlichenKrpersalsNaturschnheitzubezeichnen.l11Wahrheitistfreilich dieSchnheitschoneinesCharakterkopfesdurchausnichtreinkrperlich,und keinerleiSchnheitistvielleichtreinnaturhaft. 32OokarBecker, (6 111.ImGegenteilkommtdiehierzubeschreibendelichkeit"jedem Schnenzu,nichtblodem Tragischen,sondern z.B. auchdemKomischenoderdervonsolchenKategorienganzunbe-troffenen"pulcllritudovaga"(Kant) 1)abstrakterOrnamenteundab-soluter Musik.Siekommtauch nicht dem "gewagten"Kunstwerk,bei demderKnstlerseineneigenenWegging,dervielleichtbeinahe einAbwegwar,mehroder eher zualsderAllesin berlegenerWeise inseinen -Bannschlagenden"klassischen"Schpfungvonerha-bener RuheodermildbezwingenderLieblichkeit. SiegehrtdagegendemimSinnederknstlerischenQua I i t t "Klassischen",unabhngigvomStil,inhheremMaezu .alsdem verhltnismigschwachenWerk,demhervorragendschnenMen-schenmehralsdemminderreizvollen.Dasheit:Dersthetische Gegenstandistum sofragiler,je schner er ist.Je sicherer die Schn-heiteinesDingesgefestigterscheint,jeunzweifelhaftersieihmzu-erkannt werden mu,um sointensiver ist an ihmjene "Hinflligkeit" dem frsie empfindsamenBlickesichtbar.(Wennwir esnicht- aus hiernichtzuerrterndenGrnden- ablehnenmten,voneinem "sthetischenW e r t"zusprechen,knntenwirsagen:der lnten sittsgradderFragilittisteindirekterMastabdessthetischen Wertes.)Also:Jeidealer derForderungderSchnheitgengtist, umso- mehr"Zerbrechlichkeit";daseigentlichklassischeWerkistam zerbrechlichsten. IV.Wieistabernundieserrtselhafte"ftagile"Zugamsthe-tischennherzukennzeichnen? IndereinleitendenErrterung(1)wurdeerinterpretiertals "Zugespitztheit",d. h.alsextremeEmpfindlichkeitgegen(gedachte) nderungen.GenausoundnichtandersmudasWerkoderdas erwachsene,;Ding"sein,damitesdasNiveauseinerSchnheithalten kann;irgendeinenochsokleinenderunginirgendeinerRichtung wrdeesrettungslosverderben:derkleinsteSchrittvomsteilauf-ragendenGipfelfhrtindenAbgrund.IndiesemSinnistes"voll-endet".(Esistnichtsmehr,das"auchandersseinkann",..:....deshalh abertrotzdemnochkeineswegseingesichertesdEl81.) AberdieseCharakteristikistdochbloeineformale,sosehrsie etwamitderLukacsschenKennzeichnungdesabgeschlossenenMikro-kosmosbereinstimmt,desMikrokosmos,"indemAlles,wasvon seinenkonstitutivenPrinzipienausmglichist,zurWirklichkeit reift"(- vielleicht besser:zur Wirklichkeit gereift ist).Die Frage 1)KritikderUrteilskraft,16(S.48der1. Auflage). 7JVontll'r Hinflligkeit desSchnenundder Abenteuerlichkeil tlesKnstler8.33 tauchtauf,wodurchdieseAbgeschlossenheit,dieseunstetigeBegren zung,diesersprunghafteAbsturznachallenmglichenRichtungen derVariationbedingtist.WieistdieseunstetigeSchrankeihrem Wesennachbescl1affen,diedensthetischenGegenstandvonseiner nichtsthetischen"Umgebung",dieihnaberimiiblichenSinneben garnichtumgibt, soscharftrennt? V.Wiederversuchenwirzunchst,unsderSachedurcheine negativeCharakteristikzunhern.K an thatbekanntlichvom "interesselosenWohlgefallen"amSchnengesprochen.Mandarf aberseineThese,dieFreudeamSchnensei"ohneallesInteresse" nichtdahin miverstehen,da beim Zustandekommen dessthetischen ErlebnissesjedesInteresseberhauptmangele.Nichtswrever-kehrteralsdas:DenndervlligeMangelanInteressecharakterisiert offenbardasLa n g w e i I i g e, welches - vielmehrnochalsdasH-liche- deneigentlichenGegenpoldesSchnendarstellt:indem Sinne,daessozusagendassthetischHoffnungslosesteist,davon ihmderWegzurSchnheitvielweiterist,alsvondem- zuweilen doch"interessanten" - Hlichenaus. TrotzdemistanerkanntermaeninjenerkantischenBestimmung etwasschlechthinGrundlegendesberdassthetischegesagt 1).Die Wahrheit ist, daimsthetischen Erleben das"Inter esse"zugleicherregtundgebrochenwird,undzwar a lsp h n o m e n a 1 g e geben es.EsgibteinemoderneTheorieder Wahrnehmung(dievonScheler u. a.aufgestelltwurde),nachder eingewissesInteressedieVorbedingungfrdasZustandekommen jeglichenVernehmen&. berhauptist,.....:....aberdiesesInteresse brauchtnichtselbstalsPhnomenoderauchnuralsphnomenales Momentaufzuleuchten.Das"interessierende"Momentamst h e t i s c h e nPhnomenerscheintaberwirklicha lsso Ich es ;diein ihmaufflackerndeErregungista lsso Ich efhlbar- aber.zu-gleichfreilich"gebrochen"odereigentlichnur "aufgefangen", sowie einStoaufgefangenwerdenkann. AmdurchsichtigstenerscheinendieseVerhltnissebeidenjenigen sthetischen(oderauch"sthetoiden")Gebilden,die"packen",auf-r e i ~ e noder"spannen"- auswiedisparatenMotivenauchimmer, vonden"gemeineren"ReizendesErotischenoderSchauerlichenan-gefangenbisetwazudersublimenRhrungmystischerReligiositt. l)Vgl.M.Geiger, Jahrbuchf.Philos. u.phn. F.,Bd.I,S.65511.und"Zu l!iilll!llzursthetik"(Leipzil!1928),2.Abhandlunl!("OheriichenundTiefen wirkunsderKunst"). Huenri-Feeteehrllt. 3 34 OskarBecker, [8 BeidiesenFormendessthetischenistdasElementdes"thrilling" 1) offenbar. DasGegenbeispielscheintimFallederschonberhrten . "pul chritudovaga"Kantsvorzuliegen.Ein"freies"Ornamentoderein Stck"absoluter"Musikscheintjedem"thrill"soentferntwiemg lieh.AberwodurchergreiftunsdanneineBachseheFuge,erregtein nordisches"Tierornament"unseregespannteTeilnahme,entzcktuns einemaurischeArabeskeoder das"mystische"GewogederGewnder oder "Wolkenbnder"frherbuddhistischer Malerei?- Diehier sich zeigende,in sichwiederinvielerHinsichtvariierendeArt vonSchn heitalsgeheime"pulchritudoadhaerens"aufzufassen,diesenAusweg haltenwirfrdurchausverfehlt.eingewissesMavon"an hngendem"Gehalthierunddamitsprechen,entscheidendistesin keinemFalle.DasWesentlicheistdocheinedurchdas"Elementare" dersinnlichenErscheinungalssolchererregte- wohlgemerktv o r sthetische- Spannung,einprimitives,xm:'l:sox1j1"aisthetisches" anbestimmten"unmittelbar-anschaulichen"Gestaltenund Gestaltmomenten 2)indenMedienderFarbe,derRumlichkeit,des RhythmusoderderMelodie. Solltejem'andandieser Thesezweifeln,sowrehinzuweisenauf denwesenhaftenSachverhalt,daeinsolcheselementares"aisthe tisches"InteressenotwendigalsMomentinjederErregungswirkung eini)SauchnochsoweitgehendmitGehaltbelastetenGegenstands v.omCharakterder"anhngendenSchnheit".enthaltenist;Denn jedersthetischeGegenstand- selbstdiegedankenreicheRedein abstrakterProsa---'- ist,ebensofernersthetischist,notwendig "aisthetisch'',d. h.unmittelbardurchdieaYu8-1J6ll;(dasVernehmen) wirkend,wiewirkurzsagen"anschaulich"unddaher- indem weitenSinneKants- "sinnlich".Die"interessierende"Erregung ackert also notwendig zummindesten injener "elementaren" Region, wasdurchausnichthindert,dasieauerdemundzunchstganzun-abhngig auch in den hherenund hchsten konstitutiven "Schichten" 1),.thrill"(eng!.Verbu.Substantiv,etymol.verwandt.mit,.Drill"," B.in ,.Drillbohrer")heit"durchbohren",imallgem.metaphorisch"durchdringen",z.B. in,.eindurchdringenderSchrei"(vgl.franz.,.u.ncrisperrant").Immodernen Englischheitinsbe&.einspannendes,etwaeinkriminalistischesThemabehan tlelndesTheate.rstck,.athrill".(Mandenkez.B.andiejetzt(1927/28)sobe liebtenStckenachRomanenvonE d garW a II a c e.) 2)E&brauchtheute,imLichtedermodernenP&ychologie,kaumbemerktzu werden,dadie"Gestalt"al&GanzesdasPrimre,da&wahrhaft"Elementare"i&t, vorihrenElementenimSinnevon.,atomistischenSinnedaten"u.tl(lll. 9}Vonder HinflligkeitdesSchnenundhnomens"? 23)Vonder Hinfllil!keit des Schnenundder Abenteuerlichkeil des Kn&tlera.49 mehr 1).Die"ewigeGegenwart"hingegenistohne Beziehung zu ZukunftundVergangenheit:siehatkeineHorizonte,sieist"kos-misch"insichabgeschlossen;nichtmikro kosmisch,sonderneher makrokosmisch,dennesgibtnichts,wassienichtumfat.Siesteht nichtstill,sondernsie"kreist",(Mandenkeandiemetaphysische Bedeutungder Xt'xlorpoplainderantikenPhilosophie.)Siehat sogar ineinemgewissens e kund r e nSinnsoetwaswieZukunftund Gewesenheit,genauer"zuknftigeundgeweseneGegenwart"(was jede Verwechslung mit der ursprnglich-geschichtlichen "gewesen(d)en Zukunft"ausschliet);aberdiesesindnicht"nichtseiend",sondern als"Gegenwartsmomente"derGegenwartselbstimSeineben-brtig.Der"verhngnisvolleMensch"lebtinsolcher"ewig-gegen-wrtigen"Getragenheit;ersiehtdieZukunftvoraus:erlebtinihr wieinderGegenwart,ebensoistihmauchallesGewesene"gegen-wrtig"und sozueigen- nicht alsLastundergriffenin der an g s t bereitenEntschlossenheit,sondernso,alswreesnicht"vorbei'"). "Vorbei"istfrihn"eindummesWort".Erkenntdenamorfati. - AberderKnstler?- - Erhatteilanbeidem:ander ewigenGegenwartdes"Verhngnisses"undandergewesenden ZukunftdesgeschichtlichenDaseins.EristdasZwischenwesen xar' tgoX7f1- und,daderMenschalssolcherZwischenwesenist-: eristMenschxar' tsox11',"derMensch,ganz'" 8),derent-deckte Mensch,- entdecktinderganzenFragilittseinesDaseins.Der Knstler allein hat den "ber Allem schwebenden, Allesvernichtenden Blick"derI r o n i e. 1)"DreifachistderSchrittderZeit: Zp;erndkommtdieZukunftrangezogen, PfeilochnelliotdaoJetztentogen, EwigstillotehtdieVerganp;enheit." (F r i e d r i c hR c k e r t, nacheinemorientalischenSpruche.) 2)Die,',Stimmung"der"ewig-gegenwrtigenGetragenheit"kennzeichnen ehrochndieseVerseG o e th e : ,.WieandemTag,derdichderWeltverliehen, DieSonnestandzumGruederPlaneten Bistalsobaldundfortundfortgediehen NachdemGe s e tz,wonachduangetreten. Somutduaein,dukaunotdirnichtentieh.-n, SooagtenachonSibyllen,ooPropheten; UndkeineZeitundkeineMachtzerstckelt GeprgteForm,dielebendsiehentwickelt." 3)Lu k a c o,I.c.S.9. Jluuerl Featoobrllt. 50 OekarDecket,[24 WelchesaberistdieZeitlichkeitdesIronischen? DerBlickderIronieschwebtberAllemundvernichtetAlles.Die Einheitdieserbeiden"Handlungen"istdasEntscheidende.Was "iiberAllemschwebt'\hatdieZeitgestaltder,.ewigenGegenwart", wasAlles"vernichtet",diedesinsichn ich t i g e n"Jetzt"der vulgrenZeit,hinterdemaberzuletztder"Augenblick"dereigent-lichen(historischen)ZeitinseinerEinheitvonAngst,Entschlossen-heitund"Schuldigsein"(d.i.Nichtigsein)steht.Genauer:das"ver-nichtende"MomentderknstlerischenIroniesiehtdieGegenwartals nichtiges"Jetzt"vomeigentlichen(geschichtlichen)Daseinaus;das "wache","nchterne" Augeder Ironie vernichtet,kritisch"ent-gegen-wrtigend".- AberdasandereAugedesironischenBlickesistein "trumendes"Auge,esschwebt- trumendundimSeheHingsehen Sinn"bewutlos"- berAllem.DassoschwebendeMomentder knstlerischenIronie1 i e b tdieWelt,esist,seinemSeinnach, S y m p a t h i emitdemKosmos.Darumhateskosmische,ewige Gegenwart. Wieaberknnendiesebeiden"Augen"sichzueinemBlick vereinigen?WieknnensichdiebeidenentgegengesetztenZeit-gestaltenderewigenGegenwartunddesnichtigenJetzt(bzw.des indergewesendenZukunftverschlungenenAugenblicks)zueiner zusammenfinden- zurZeitlichkeitdesironischenDaseins?Die MglichkeitdieserVereinigungmualseinWundererscheinen,abet siebesteht:esgibtdasWunderderKunst.DieParadoxiedieses Wundersltsichnichtwegerklren,esltsichnurzeigen,dasie mitderParadoxiedessthetischenselbstidentischist. DieZeitlichkeitdessthetischenistder" e w i g eAu g e n b Ii c k" oderauchdas"ewigeJetzt"(-insofern dasvulgre"Jetzt" dasontologischeDerivatdesgeschichtlichen"Augenblicks"ist).Das Paradoxbestehtdarin,dadasnichtige,vergngliche"Jetzt''oder dernotwendiginderzugespilztestenForm"jeweilige"Augenblick (indemderGeist"stirbtundwird")ewig seinsoll.DiesesParadox istabernichtsanderesalsdasunsschongenugsambekannteParadox dessthetischen"Mikrokosmos"(der"fensterlosenMonade")und dersthetischenSphre,die"ihreElementenurineinerihnenvllig fremdenDimension...wirklichumfat".Denndersthetische "Mikro-kosmos"istvorallemKosmos,frsichselbstisterkeines-wegs"klein",sondernerhatdieTotalittallerseinerMglichkeiten insich"zurWirklichkeitreifen"lassen.DenNamenMikrokosmos kannihmnurderauerhalbdersthetischenDimensionStehende geben.- In letzterZuspitzungfolgtausjenemkosmischenCharakter 251Vonder Jlinflllgkelttles Schnenundder Abenteuerlichkeildes Knstlers.51 desWerksdieoftgenannte"heraklitischeStruktur"dersthetischen Sphre.D.h.z e i t I ich angesehen ist dasWerknur in einemAugen-blick(bzw.Jetzt);esist"jetzt"diesWerkundistesschon"jetzt" nichtmehr!DieGunstdesMoments,diees- frdenKnstler undreinenRezeptivengleicherweise- soebenschuf,istverwehtmit demkurzenMoment:"Wasdu- nichtvonderMinute,sondern vomausdehnungslosenAugenblicke - ausgeschlagen, gibt keine Ewig keitzurck!"DieseabsoluteDiskontinuittderZeitfolgtausdem Kosmos-Charakter,demschlechthinisolierenden,desWerks. Diesenfruchtbaren(undvielleichtauchfurchtbaren)Augenblick erlebtderKnstler,indemerdasWerk"vollendet".Dennalsvoll endetesistessofortvonallerKorruptibilittderMaterieundaller Labilitt der Seelebedroht.Er hat esnicht "entschlossen" geschaffen. VielleichthatihnuersteEntschlossenheiterstdahingebracht,da erdie"freieGunstderNaturerfuhr".Aberniemalszwang ermit seinerEntschlossenheitdieinihm,sondernsiegabsichihm frei.SeinzeitlichesDaseinwardalsovomgeschichtlichen"Augen blick"(dergewese,ndenZukunft)verwandeltindiejenigeZeitgestalt, inderdie"Natur"alsfreiesichihmgab.Indemsiesichsoihmgab, ,,trug" sieihn:getragen erlebte er dieVollendung "seines" Werkes. Abersofernerdieswacherlebte,sofernereserfuhr(l1Jr0(!1j