Bedeutung von Legionellen und anderen … · Wasserkreislauf Landeskongress des BWK Recklinghausen,...

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16.05.2017 1 Bedeutung von Legionellen und anderen problematischen Mikroorganismen im Wasserkreislauf Landeskongress des BWK Recklinghausen, 11.05.2017 Priv. Doz. Dr. med. Norbert Schnitzler Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Gesundheitsamt Düren 1 2 Inhalt des Vortrags Focus auf Legionellen Andere Bakterien wie E. coli und Pseudomonas aeruginosa zur Verdeutlichung der Sonderstellung von Legionellen Kernfragen: Welche Gesundheitsgefahren gehen von diesen Bakterien aus? Wo sind diese Bakterien zu erwarten oder wo gehören diese Bakterien hin und wo nicht? Wie steckt man sich letztlich an bzw. vermeidet dies? E. coli; Quelle: CDC

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16.05.2017

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Bedeutung von Legionellen und anderen

problematischen Mikroorganismen im

Wasserkreislauf

Landeskongress des BWK Recklinghausen, 11.05.2017

Priv. Doz. Dr. med. Norbert Schnitzler

Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie

Gesundheitsamt Düren 1

2

Inhalt des Vortrags

• Focus auf Legionellen • Andere Bakterien wie E. coli und Pseudomonas aeruginosa

zur Verdeutlichung der Sonderstellung von Legionellen

Kernfragen: • Welche Gesundheitsgefahren gehen von diesen Bakterien

aus? • Wo sind diese Bakterien zu erwarten oder wo gehören

diese Bakterien hin und wo nicht? • Wie steckt man sich letztlich an bzw. vermeidet dies?

E. coli; Quelle: CDC

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Mikrobiologie der Legionellen

Legionellen in Amöben

Kolorierte Transmissionselek-tronenmikroskopie Quelle: RKI

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Mikrobiologie der Legionellen

Was passiert normalerweise mit Bakterien in Amöben? Phagozytose bei Amöben: a. Phagozytose (aktive Aufnahme) b. Die Vereinigung von Phagosom und Lysosom bildet ein Phagolysosom. c. Aufgelöstes Material wird ausgeschieden oder assimiliert. Zeichenerklärung: 1. Krankheitserreger 2. Phagosom (Fressblase) 3. Lysosom (Verdauungsenzyme) 4. Reststoffe 5. Zytoplasma 6. Zellmembran

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Mikrobiologie der Legionellen Legionella pneumophila in Hartmannella vermiformis

Schwarze Pfeile: Legionellen; Weiße Sterne: Endoplasmatisches Retikulum; weiße Pfeile: Mitochondrien; Z: Zellkern (Quelle: A. Flieger; RKI)

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Mikrobiologie der Legionellen Makrophagen als Ersatzamöben!

• Makrophagen und Amöben gleichen sich in vielen Aspekten

• Legionellen unterscheiden nicht zwischen

Amöben und Makrophagen!

• Gelangen Legionellen in menschliche Fresszellen verhalten sie sich wie in Amöben.

• Kontakt mit Fresszellen in den Lungenbläßchen nur bei tiefer Einatmung möglich!

E. coli: Aufnahme durch Trinken und Nahrungsaufnahme

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Zwei wesentliche Erkrankungen: • Legionärskrankheit (Legionellen-

Pneumonie = Lungenentzündung) • Pontiac-Fieber (= harmlose

Erkältung)

Gesundheitsgefahren durch Legionellen

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Medizinische Aspekte - Klinik

Legionärskrankheit - Symptome: • Inkubationszeit: 2 - 14 (20) Tage • Zunächst Unwohlsein, Fieber, Kopf- und

Gelenkschmerzen, Reizhusten • Im Vordergrund steht die

Lungenentzündung unterschiedlicher Schwere

• Auch andere Organe (Niere, Leber, Magen, Nervensystem) können betroffen sein

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Medizinische Aspekte - Klinik

Röntgenaufnahme (A) und CT (B) der Lunge bei Krankenhausein-weisung, wiederholtes CT eine Woche später (C,D)

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Medizinische Aspekte - Klinik

Legionärskrankheit - Prognose: • Abhängig von frühzeitiger und adäquater

Therapie • Deshalb an Legionellen als Ursache

denken und in Diagnostik einbeziehen • Letalität: 5 - 15%, ohne Therapie (oder

falsche Therapie) > 15% • Bei Überlebenden dauerhafte

Schädigung der Lunge möglich (Fibrose), häufig aber komplette Heilung

E. coli: Hauptsächlich Magen-Darm-Infekte, Indikatorkeim für Eintrag in das Trinkwasser

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Medizinische Aspekte - Klinik

Pontiac-Fieber: • Ansteckung wie bei

Legionärskrankheit • Inkubationszeit nur 1 - 2 Tage • Symptome wie Legionärskrankheit

aber ohne Lungenentzündung und ohne Beteiligung anderer Organe

• nicht tödlich

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Medizinische Aspekte - Klinik

Pontiac-Fieber: Klinik = Erkältung

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Epidemiologie Manifestationsindex • Erkrankungsquote, d.h. wie viele

Menschen mit Kontakt zu Aerosol erkranken tatsächlich

• Pontiac-Fieber: bis zu 95% • Legionärskrankheit: 0,2 bis maximal

5% der Exponierten Wichtig: Fehlende Erkrankungsfälle bei wenigen Exponierten schließen Risiko nicht aus! E. coli: Erkrankungshäufigkeit

abhängig vom Stamm: Keine bis sehr viele Infektionen (EPEC, EHEC)

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Epidemiologie

Quelle: Eurosurveillance

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Epidemiologie

Risikogruppen • Männer meist häufiger betroffen • Alter > 60 (Kinder und

Jugendliche sehr selten betroffen) • Raucher • Chronische Herz-

Lungenerkrankungen • Abwehrgeschwächte Menschen

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Wo sind Legionellen zu erwarten?

Quelle: CDC-PHIL

Legionellenkolonie Stereolupe 10x Quelle: Schwanke, LANUV NRW

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Mikrobiologie der Legionellen

• kommen in geringer Anzahl in natürlichen Gewässern vor

• unter 20°C vermehren sich Legionellen kaum • gute Bedingungen bei 25°C bis 45°C (Optimum

37°C bis 43°C) • toleriert 50°C über Stunden und bis zu 60°C

kurzfristig • ab 60°C sterben Legionellen ab, ab 70°C schnell • Chlor wird sehr gut toleriert (1 bis 2 mg freies

Chlor/l sind für eine sicher Desinfektion erforderlich; TrinkwV erlaubt 0,3 mg/L zur kontinuierlichen Desinfektion)

• Relativ hohe Säuretoleranz

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Wo trifft man Legionellen deshalb an:

• In warmem Wasser • Amöben begünstigen das Wachstum und

die schnelle Vermehrung Rohwasser zur Trinkwassergewinnung

wenig belastet Warmwassersysteme (Trinkwasser und

Prozesswasser) belastet Abwasser und Kläranlagen z.T. stark

belastet Dadurch Belastung von

Oberflächengewässern möglich E. coli: In allen Oberflächengewässern, massiv in Abwasser/Kläranlagen, im Menschen!! Im Trinkwasser Indikator für Fäkaleintrag

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Wie steckt man sich mit Legionellen an (und wie nicht)

• Inhalation von Legionellen-

haltigen Aerosolen • Vordringen in die

Lungenbläschen erforderlich • Tröpfchengröße < 5 µm

erforderlich

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Russel-Falls in Australien (Quelle: wickipedia)

Quellen • Aerosole mit Tröpfchen von < 5µm (Lungengängigkeit) • Kaum natürliche Quellen

Klinik der Legionellose

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Klinik der Legionellose

Keine Quellen: • Keine Mensch zu

Mensch Übertragung

• Kein Risiko beim Trinken, nur bei massivem Verschlucken

• Keine Gefahr beim Schwimmen

Quelle: wikipedia

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Quellen • Waschbecken nahezu

ausgeschlossen • Duschen eher

überbewertet • Whirlpools, Springbrunnen,

Nebelmaschinen, Sprühanlagen • Autowaschanlagen • Verdunstungskühlanlagen

Klinik der Legionellose

Quelle: wikipedia

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Wie gelangen Legionellen in ein technische Anlagen wie

Rückkühlwerke?

• Füllwasser • Schmutzeinträge • Aerosole anderer technischer Anlagen

(Übertragung von Anlage zu Anlage)

Moos/Algengemisch auf Abluftgitter Rückkühlwerk (Quelle: Gesundheitsamt Düren)

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Verdunstungskühlanlagen

Quelle: Kryschi

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Was begünstigt das Wachstum und die Vermehrung von Legionellen in

technischen Anlagen?

• Jeglicher Eintrag von erschließbaren Materialien

• Oberflächenveränderungen (Korrosion)

• Biofilme • Wärme

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Merksatz: Vorkommen + Aerosolbildung = Risiko

• Trinkwasser: Duschen • Schwimm- und Badebecken:

Whirlpool • Prozesswasser: v.a.

Verdunstungskühler • Abwasser: ggf. Arbeitsschutz in

Kläranlagen • Belastete Oberflächengewässer:

Ohne Aerosole kein Risiko

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Wie kann das Risiko minimiert werden?

Trinkwasser: • Sachgerechter Betrieb v.a. bei der

Warmwasserbereitung (gemäß Trinkwasserverordnung)

• Besondere Maßnahmen in Risikobereichen (Gesundheitswesen)

Schwimm- und Badebeckenwasser: • Sachgerechter Betrieb • Besonderes Augenmerk auf Whirlpools

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Wie kann das Risiko minimiert werden?

Technische Anlagen: • Sachgerechter Betrieb insbesondere von

Verdunstungskühlanlagen (VDI 2047-2 bzw, BImSch) • Keine Verwendung von Wasser aus belasteten

Oberflächengewässern

„Eingangskontrolle des verwendeten Wassers“

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Zusammenfassung

Der sachgerechte Betrieb technischer Anlagen und gezielte Bestimmungen der Legionellen

minimieren das Risiko von Infektionen durch Legionellen

erheblich

Herzlichen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit!

Quelle: Stadt und Kreis Düren