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Praktikumsbericht

über ein Praktikum im Deutschunterricht an der Universitas Negeri Malang

in Indonesien

September bis Dezember 2011

Borobudur

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Da mir klar war, das ich im Rahmen meines DaF-Studiums an der LMU München

gerne ein Praktikum im Ausland absolvieren wollte habe ich als ersten Schritt über

die Homepage meines Instituts in die Angebote unseres „Virtuellen Praktikumsbüros“

eingesehen und dort unter anderem ein Angebot für ein mehrmonatiges Praktikum

von September bis Dezember in der Deutschabteilung der Universitas Negeri Malang

in Indonesien gefunden. Die Bewerbung selbst war unkompliziert und bestand aus

einer Email mit einem kurzen Bewerbungsschreiben, sowie Lebenslauf und Foto.

Zwei Tage später hatte ich die Zusage, womit die Arbeit im Grunde erst losging,

wobei mir die Praktikumsbeauftragte meines Fakultät aber immer hilfreich zur Seite

stand. Durch den Antrag eines Visums muss man sich im Grunde aber leider allein

kämpfen. Da dies etwas anstrengend ist will ich an dieser Stelle gern ein bisschen

ausführlicher über die Schwierigkeiten hierbei berichten.

Um ein Praktikum in Indonesien zu leisten, kann man nicht einfach mit einem

Touristenvisum einreisen, da dieses ohne Verlängerungsmöglichkeit ausschließlich

auf 30 Tage ausgestellt wird. Man braucht also ein sogenanntes „Sozial- und

Kulturvisum“, dass man bereits vor Reiseantritt bei der indonesischen Botschaft in

Berlin oder Frankfurt beantragen muss. Persönliches Erscheinen ist dabei zum Glück

nicht nötig, allerdings sollte man sich bei Fragen auf entnervende Telefongespäche

einstellen, die durch hohe Sprachbarrieren, egal ob in Deutsch oder Englisch,

erschwert werden. Interessanterweise muss man dabei vor dem eigentlichen

Visumsantrag, einen Antrag auf ein Surat Rekomendasi, also ein

Empfehlungsschreiben seitens der indonesischen Regierung, stellen, was ebenfalls

über die indonesische Botschaft (allerdings nur die Behörde in Berlin) läuft. Um das

Surat Rekomendasi zu erhalten, muss man neben einer Liste von Unterlagen, die

man auf der Homepage1 der Botschaft findet, auch das offizielle Einladungsschreiben

der Praktikumsstelle einreichen und zwar im Original, nicht als Scan oder Fax. Da ein

Brief von Indonesien nach Deutschland gern seine 3 Wochen unterwegs sein kann,

ist hierbei also gutes Timing gefragt. Reicht man seinen Antrag nämlich zu früh, d.h.

mehr als zwei Monate vor Reiseantritt, ein, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit

abgelehnt. Kommen die Papiere aber zu spät, sollte man Daumen drücken, das

Visum noch vor Abflug zu erhalten. In jedem Fall lohnt sich der finanzielle

Mehraufwand des Einschreibens, wenn man nicht persönlich erscheinen kann! Das

Visum selbst hat mich 45,-€ gekostet, die schon bei Antragstellung überwiesen

werden müssen. Hat man endlich alle Steine, die dem Praktikanten

1 Botschaft Frankfurt: http://www.kjriffm.de

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unverständlicherweise in den Weg gelegt werden, erfolgreich überwunden, hält man

schließlich sein Visum in der Hand, das allerdings niemals länger als 60 Tage gültig

ist. Für mich bedeutete dies während meines Aufenthalts in Indonesien, ein

dreimonatiges Praktikum plus 3 Wochen Urlaub, zweimal eine Verlängerung um 30

Tage zu beantragen. Hierzu ist man zumindest am ersten Tag, zum Ausfüllen der rein

auf Indonesisch verfassten Dokumente, auf die Hilfe eines Indonesiers angewiesen.

Das ganze Verfahren dauert dann, wenn alles glatt läuft, drei Tage: am 1. Tag gibt

man den Antrag ab, am 2. Tag bezahlt man (bitte in bar, Kartenzahlung ist nicht

möglich) und gibt seinen Pass ab, am 3. Tag holt man den Pass mit neuem Visum

wieder ab. Es empfiehlt sich sehr, schon gleich am Morgen im Immigrationsbüro zu

erscheinen. Zu dieser Zeit ist der Andrang nicht groß und die Beamten sind noch

nicht sehr gestresst. Und was am wichtigsten ist in Indonesien: bleib freundlich,

höflich und lächle, selbst wenn der Beamte vor dir dich eigentlich zur Weißglut treibt.

Indonesier werden praktisch nie laut, das ist äußerst unhöflich und unhöfliche

Menschen werden in Indonesien wie in allen anderen Nationen in Behörden

wesentlich langsamer bedient als höfliche.

Natürlich ist das Visum nur ein, wenn auch sehr entscheidender, Teil zur

Vorbereitung auf ein Auslandspraktikum. Über den DAAD habe ich für die Zeit

meines Praktikums eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung

abgeschlossen. Neben dem Indonesischsprachkurs, den ich an der Universität

belegte, las ich mich auch privat etwas ein in die Geschichte und Kultur Indonesiens,

wie man es im Grunde auch vor weiteren Reisen macht (bzw. machen sollte!).

Übrigens ist ein Sprachkurs nicht zwingend erforderlich, da die anderen Dozenten an

der Praktikumsstelle natürlich Deutsch sprechen und man auch sonst allgemein mit

Englisch recht gut zurecht kommt. Doch macht man Indonesier, die

Deutschstudenten inklusive, sehr glücklich, wenn man wenigstens ein paar Wörter

und Sätze sagen kann und zumindest die Zahlen sollte man sich aneignen, wenn

man allein Bus fahren, einkaufen oder ähnliches möchte. Ich gebe aber gerne zu,

dass ich in Deutschland von der zwar prinzipiell recht einfachen aber doch so fremd

klingenden Sprache wenig behalten konnte. Das meiste habe ich mir während

meines Aufenthaltes nach und nach angeeingnet.

Ein andere Thema waren Impfungen. Offiziell sind Impfungen bei Einreise nicht

vorgeschrieben, es sei denn, man kommt aus einem Gelbfiebergebiet. Trotzdem wird

natürlich eine riesige Anzahl empfohlen, denen man durchaus kritisch

gegenüberstehen kann. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, welche

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Impfungen er für nötig hält. Darum will ich an dieser Stelle auch nur meine Meinung

zur Tollwutimpfung wiedergeben, über die ich mir lange Zeit Gedanken gemacht

habe. Fast jeder Arzt, v.a. diejenigen, die im Tropeninstitut arbeiten, gab mir das

Gefühl, eine Tollwutimpfung sei für meinen langen Aufenthalt in Indonesien

unerlässlich. Ich entschied mich dennoch dagegen, da ich mich nicht in abgelegenen

Gegenden aufhalten würde und auch die Impfung selbst immer ein gewisses Risiko

birgt. Dazu kamen Berichte von Bekannten, die selbst durch Indien ohne eine solche

Impfung gereist waren. Nun, vor meinem Abflug kamen natürlich Zweifel, ob die

Entscheidung richtig gewesen war, aber diese legten sich schnell, als ich das

Straßenbild in Indonesien sah: es gibt fast keine Hunde. Man muss hierbei

bedenken, dass Indonesien ein mehrheitlich muslimischer Staat ist und im Islam

gelten Hunde als schmutzige Tiere und werden nicht gehalten. Die wenigen Häuser

in Indonesien, in denen man Hunde findet, sind christlich. Auf dem buddhistisch –

hinduistischen Bali herrschen natürlich religiös bedingt andere Bedingungen, doch

auch hier kann man sich leicht von den Hunden fernhalten. Darum war ich froh, mich

gegen die Tollwutimpfung entschieden zu haben! Es gibt aber viele Touristen, die

Spaß daran haben in diversen monkey forests mit den Affen zu spielen, eine

Situation, der ich dann doch mit Misstrauen begegnen würde, da hier wohl mehr

Infektionsrisiko besteht, als bei anderen Tieren. Aber jedem das seine.

Nun, soweit zu meinen Vorbereitungen, die anderen gern als Leitfaden dienen

können, aber nicht müssen. Übrigens ist der Lonely Planet, obwohl im Moment nicht

mehr ganz aktuell, meiner Meinung nach noch immer das beste informative

Handbuch, auch für Indonesien.

Es mag seltsam klingen, aber ich hatte kaum Erwartungen was das Land, die

Menschen und mein Praktikum betraf. Ich wollte neue Erfahrungen sammeln und

eine ganz andere Welt sehen, als die europäische, mehr Anforderungen stellte ich im

Grunde nicht. Abgesehen davon, dass klar war, dass der Lebensstandart nicht der

gleiche sein würde, wie man es in Europa und besonders in Deutschland gewohnt

ist. Man sollte nie unterschätzen, wie verwöhnt man sein kann und wenn man sich für

noch so aufgeschlossen hält. Verglichen mit dem hygienischen Standard, wie er mir

in Südamerika teilweise begegnete, war ich in Indonesien dann aber sehr glücklich

und musste kaum Abstriche machen. Besonders die Wohnung, die mir die Universität

zur Verfügung stellte, war praktisch mit westlichem Standard gleichzusetzen und

verfügte sogar über eine Dusche (was v.a. auf Java ungewöhnlich ist) mit fließend

heißem Wasser, ein echter Luxus! An gelegentliche Strom- oder auch Wasserausfälle

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sollte man sich aber gewöhnen und sie nicht zu schwer nehmen. Zu oft kommen sie

auch nicht vor, man muss bedenken, dass ich mein Praktikum am Ende der

Trockenzeit antrat, als der Grundwasserspiegel an seinem Tiefpunkt war. Im

Normalfall verfügt aber jedes indonesische Bad über ein sogenanntes Mandi, ein

Becken, in dem man Wasser sammelt, das man sich zum Duschen mit einer

Schöpfkelle über den Kopf schüttet. Selbst wenn man wie ich den Luxus einer

Dusche bevorzugt, bietet es sich an, im Mandi Wasser auf Vorrat zu haben, so dass

man kurzzeitige Ausfälle leicht überbrücken kann. Ein viel größeres Problem, oder

nennen wir es eher eine Umstellung, war für mich als Langschläfer der zeitliche

Tagesablauf. Das islamische Morgengebet richtet sich nach dem Sonnenaufgang

und findet darum in Indonesien meist gegen 4.30 Uhr statt. Danach wäscht man sich

und frühstückt und um 7.00 Uhr gehen die ersten Kurse in der Uni los. Das bedeutet

nicht nur, dass ich als Dozentin um diese Uhrzeit möglichst ausgeschlafen sein sollte,

sondern auch, dass ich ab 6.00 Uhr morgens ohnehin von Studenten geweckt wurde,

die vor meinem Fenster herumliefen, da sich meine Wohnung direkt auf dem

Campus befand. Fenster sind in warmen Ländern wie Indonesien nicht isoliert,

darum macht es lärmtechnisch keinen Unterschied, ob man sie öffnet oder schließt.

Auch war es nichts ungewöhnliches, um 5.30 Uhr von einer SMS einer/s

Studentin/en geweckt zu werden, die/der noch Fragen zu einer Hausaufgabe hatte.

Dafür wurde es ab dem frühen Nachmittag aber wieder recht ruhig und abends war

im Grunde nichts mehr los. Als ich meine 18- bis 20-jährigen Studenten einmal fragte,

ob sie oft abends ausgingen, begegnete mir nur verständnisloses Kopfschütteln. In

diesem wie in anderen Punkten fiel mir oft auf, wie extrem sich indonesische von

deutschen Studenten unterscheiden. Die erste Auffälligkeit war in meinen Augen das

Alter. Obwohl in meinen Kursen, ich unterrichtete das erste und dritte Semester, die

Studenten mindestens 18 Jahre alt waren, hätte ich sie auf der Straße auf höchstens

16 geschätzt. Das liegt zum einen an der Optik und der Mode, die derzeit in

Indonesien von Spongebob bis zu lächelnden rosa Häschen alles einschließt, was

kindlich aussieht, aber sehr stark auch an ihrem Verhalten. Die Studenten wirkten

kindlicher, unselbständiger und unreifer als die meisten Deutschen, was

möglicherweise schlicht an dem sie umgebenden System liegt. Meist wohnen sie bei

ihren Eltern, bis sie heiraten, es sei denn das Heimatdorf ist zu weit von der Uni

entfernt, dann geht man nur am Wochenende nach Hause. Die Universität ist im

Grunde auch nur eine Fortsetzung der Schule, mir festen Klassenverbänden

inklusive Klassensprecher, Stundenplänen und Hausaufgaben. Obwohl viel

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Motivation zu Gruppenarbeiten und Eigeninitiative besteht, hatte ich oft den Eindruck,

dass die Studenten auch hierbei ohne feste Anleitung verloren sind und genaue

Vorgaben und Leitfäden erwarten. Breit angelegte Diskussionen, wie sie in meinen

Kursen in Deutschland üblich sind funktionieren im indonesischen Studienkonzept

nicht. Dies sowie das andauernde interne Reden während des Unterrichts ließ mich

oft fast vergessen, dass ich es hier mit beinahe Gleichaltrigen zu tun hatte und ein

paar Mal ertappte ich mich dabei, wie ich gegenüber Freunden von „meinen Kids“

sprach. Bei Studenten der höheren Semester verlor sich dieser Eindruck, doch hatte

ich leider bei diesen keine Kurse. Ab dem 5. Semester, so wurde mir erklärt, hört der

eigentlich Sprachkurs in Indonesien auf und man unterrichtet Fächer wie

Landeskunde und Geschichte... allerdings rein in indonesicher Sprache. Diese Form

der Sprachvermittlung stieß bei mir auf völliges Unverständnis und auch einige der

Studenten gaben mir gegenüber zu, dass sie gerne diesen Unterricht auf Deutsch

führen würden, um ihre Sprachkenntnisse zu trainieren und zu erweitern. Aber

abgesehen von einigen Anfragen mischte ich mich in das bestehende System nicht

weiter ein. So blieb ich ausschließlich bei „den Kleinen“ und unterrichtete hier

deutsche Sprache auf dem Niveau von A1 bis B1. Anfangs lief das in Form von Co-

Teaching an der Seite des eigentlichen Dozenten ab, mit der Zeit übernahm ich die

Kurse aber auch oft allein. Ich konnte mich dabei gut an dem vorgegebenen Buch

orientieren, versuchte aber so oft wie möglich den Unterricht durch Spiele, Lieder

oder auch landeskundliche Informationen und Vergleiche aufzulockern, was auch

Dinge wie etwa gemeinsam kochen und essen mit einschloss.

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Besonders am Anfang gab es oft Verständnisschwierigkeiten seitens der Studenten,

die Deutsch nur mit dem indonesischen Akzent gewohnt waren und einen

Muttersprachler, auch wenn ich bemüht klar und langsam sprach, oft nur schwer

verstanden. Aber ich konnte über meine Zeit hinweg beobachten, wie es ihnen doch

immer leichter viel, was mir viel Freude machte. Bei ausführlichen Erklärungen

konnte ich zum Glück auch auf die englische Sprache zurückgreifen, die die meisten

relativ gut beherrschten.

Zusätzlich zu meinem Unterricht, der in 13 WS angelegt war, führte ich einmal pro

Woche eine Sprechstunde ein, die die Studenten erst zögerlich, dann begeistert

nutzten, um sich die eine oder andere Grammatik erklären zu lassen, Sprechen zu

üben, oder auch nur Fragen über mich und mein Leben in Deutschland zu stellen. Da

ich schnell feststellte, wie viel Freude Indonesier an Gesang, Tanz und Bühnenshows

haben und ich im Nebenfach Theaterwissenschaft studiere, gründete ich zudem ein

„Theaterprojekt“ und brachte am Ende meines Praktikums mit 19 Studenten

„Schneewittchen“ in deutscher Sprache auf die Bühne.

Gemeinsames Spaghettiessen mit "meinen Kids"

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Die Arbeit an dem Stück war anstrengend für mich und wurde besonders durch das

bereits erwähnte Problem erschwert, dass die Studenten nicht mehr taten, als man

ihnen konkret aufgab und zudem oft nur spärlich zu den Proben erschienen2. Auch

hatte ich nicht damit gerechnet, 19-jährigen Studenten erst einmal den Unterschied

zwischen Regieanweisungen und Sprechtext erklären zu müssen. Erst gegen Ende,

als sie unter Zeitdruck standen, arbeiteten alle mit Feuereifer und ich war schließlich

doch sehr stolz über die gelungene Präsentation und die vielen Zitate und Dialoge,

die auch anschließend noch oft zu hören waren. Den meisten Spaß bereitete

ausgerechnet das Wort „Zwerg“, das v.a. für Indonesier, die Probleme in der

Differenzierung von Zischlauten haben, sehr kompliziert in der Aussprache ist.

Gerade sprachlich konnte ich beobachten, dass sich die Teilnehmer während der

Arbeit an dem Stück sehr verbesserten. Leider besteht in Indonesien praktisch keine

Lesekultur, was den Sprachunterricht erschwert, da die Studenten oft gar nicht auf

die Idee kommen, auch privat einmal ein Buch in die Hand zu nehmen. Somit lagen

die größten Defizite beim Textverständnis, dem ich ein wenig im Unterricht und v.a.

auch im Theater entgegenzuwirken versuchte. Auch in meiner Sprechstunde betonte

ich immer wieder die hilfreiche Wirkung von Literatur oder auch Filmen auf Deutsch.

Doch insgesamt machte mir der Unterricht nach einiger kurzen Einarbeitungsphase

großen Spaß und am Ende wäre ich gern noch länger geblieben. Ich lernte meinen

Unterricht selbstständig vorzubereiten und zu halten, dabei auch die persönlichen

Interessen der Lernenden einzubeziehen, sowie selbstständig ein Examen zu

erstellen, die Prüfung sowohl mündlich wie schriftlich abzunehmen und zu

korrigieren. Ich hatte durch meine zusätzlichen Stunden von Sprechstunde und

2 Die beliebteste Ausrede war dabei: „Ich kann nicht vor die Tür. Es regnet.“

Schneewittchen

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Theater viel zu tun, fühlte mich aber nie überlastet, da es auch viel Spaß machte. Ich

wurde definitiv in meinem Wunsch bestärkt, auch nach meinem Studium als

Deutschlehrerin für Ausländer zu arbeiten.

Die anderen Dozenten waren alle sehr herzlich und bemühten sich sehr, mich auch

privat nicht allein zu lassen. So wurde gern zusammen gekocht, oder ein Ausflug

zum Strand oder einer Hochzeit und ähnliches unternommen. Über meine Nachbarin,

eine fast gleichaltrige Englischlehrerin aus Amerika, schloss ich auch außerhalb des

Universitätslebens Freundschaften, sowohl mit Indonesiern, als auch mit anderen

Ausländern, die in der Nachbaruniversität studierten. So konnte ich auch am Abend

hin und wieder den Campus verlassen, was allein doch einigermaßen schwer fällt.

Damit meine ich nicht die Gefahr, auf die ein Mädchen allein in der Nacht stoßen

kann, denn davon habe ich nichts gespürt, obwohl man natürlich immer vorsichtig

sein sollte. Vielmehr hat man in Indonesien das Problem, dass man zum einen nach

Sonnenuntergang ohne ein Fahrzeug nirgendwo hinkommt, da die wenigen

öffentlichen Verkehrsmittel eingestellt werden, und zum anderen ist es schlicht

unüblich, allein zu sein. Selbst wenn ich nur zum Einkaufen in den Supermarkt ging

und das jemandem sagte war die nächste Frage immer „Mit wem?“. Traf ich mich in

einem nahe gelegenen Café, dem Ria Djenaka, das ich nur empfehlen kann, mit

Freunden und war als erste da, so konnte es leicht passieren, dass sich der Manager

zu mir setzte und sich so lange mit mir unterhielt, bis meine Begleiter kamen. Das ist

typisch für Indonesier, man kommt sehr leicht ins Gespräch, ob im Café, im Zug, am

Flughafen, oder im Supermarkt. Sie unterhalten sich gern, besonders mit Ausländern

und meist läuft es schnell darauf hinaus, dass sie ein Foto wollen. Als blondes

Ausflug zum Ijen-Vulkan mit einigen Dozenten

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Mädchen in Indonesien hat man keine Chance dem zu entkommen, man sollte sich

damit abfinden, dauernd von Fremden um ein Foto gebeten zu werden. Am Anfang

fand ich das lustig und fühlte mich wie ein Superstar, bald ging es mir doch auf die

Nerven aber nach einer Weile gewöhnt man sich daran und nimmt es mit einem fast

schon professionell gewordenen Lächeln hin, ohne weiter darüber nachzudenken. Es

fiel mir auch sonst recht leicht, mich in die Kultur einzufinden. Man sollte sich an

einige Grundregeln halten, wie bedeckte Knie und Schultern und keinen tiefen

Ausschnitt in der Kleiderwahl (natürlich ist das im Unterricht noch strenger) und man

muss sich daran gewöhnen alles mit der rechten Hand zu machen, weniger mit der

linken, im Islam als schmutzig geltenden, da man sich mit links wäscht. Oft sieht man

dem Gegenüber beim Sprechen nicht direkt in die Augen und besonders als Frau

sollte man darauf achten, die Arme nicht zu verschränken oder die Hände in die

Hüften zu stützen, um nicht arrogant zu wirken. Eine Frau und ein Mann berühren

sich so wenig wie möglich und nehmen sich natürlich niemals in den Arm, was mir

beim Abschied von Kollegen und Studenten doch sehr schwer gefallen ist. Aber

insgesamt werden Fehler meist leicht verziehen. Im alltäglichen Umgang mit

Indonesiern auf der Straße hatte ich sogar oft den Eindruck, als Ausländer eine Art

Sonderstatus zu haben, der mir viel mehr Freiheiten zugestand, als Einheimischen.

Das führt aber auch dazu, dass Indonesier keine Bitte abschlagen, selbst wenn sie

eigentlich keine Zeit oder keine Lust haben dir zu helfen. Man muss ein gewisses

Feingefühl dafür entwickeln um zu erkennen, wann ein „Ja“ tatsächlich „Ja“ bedeutet

und wann nicht. Sie sind eben einfach ungewöhnlich freundlich. Das macht das

Reisen in Indonesien auch so einfach, da man immer Hilfe findet. Ich persönlich

stehe Einheitsaussagen über den Charakter eines ganzen Volkes zwar im Grunde

kritisch gegenüber, aber ich muss einfach sagen, dass ich in vier Monaten nicht

einem einzigen unfreundlichen Indonesier begegnet bin. Natürlich versuchen die

Händler dem reichen Europäer das geld aus der Tasche zu ziehen, aber das ist

verständlich und sie werden dabei auch nie unangenehm. Man kann und sollte in

Indonesien alles mit einem freundlichen Lachen nehmen, dann wird man dieses

Land mit Sicherheit genauso lieben, wie ich. Ich habe meine Entscheidung, nach

Indonesien zu gehen nie bereut und würde es auch jedem Empfehlen. Die

Erfahrungen, die ich im Praktikum aber auch unterwegs im Land gemacht habe trage

ich wie einen wertvollen Schatz in meiner Erinnerung und möchte sie nicht missen.

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Tana Loth (Bali)