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Über den Verfasser Marc Hieronimus ist Historiker, Philosoph und Dozent für Deutsch als Fremdsprache. Seine Gedichte, Erzählungen und Essays sind in zahlreichen Anthologien und Zeit- schriften erschienen. Nach einigen Jahren in Frankreich lebt er heute mit seiner Fami- lie am Waldrand von Köln. Weitere Infor- mationen sowie Stücke seiner Band unter www.marc-hieronimus.de

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Über den VerfasserMarc Hieronimus ist Historiker, Philosophund Dozent für Deutsch als Fremdsprache.Seine Gedichte, Erzählungen und Essayssind in zahlreichen Anthologien und Zeit-schriften erschienen. Nach einigen Jahren inFrankreich lebt er heute mit seiner Fami-lie am Waldrand von Köln. Weitere Infor-mationen sowie Stücke seiner Band unterwww.marc-hieronimus.de

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Marc Hieronimus

Der Schritt zur Seite

PostwachstumRückgang

Décroissance

catware.net Verlag

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Bibliographische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische

Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

c© 2016 catware.net Verlag, NordenAlle Rechte vorbehalten.

Lektorat: Timotheus SchneideggerTitelgrafik: Andy Singer, c© 2015Umschlag & Satz: Georg Frost

Printed in Germany.

ISBN 978-3-941921-634

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort 7

1 Begriffe 9

2 Warum Décroissance? 41

3 Was hindert uns? 69

4 Vor- und Nachdenker der Décroissance 111

5 Falsche Freunde der Décroissance 137

6 Der Weg der Décroissance 189

7 Konkrete Vorschläge 223

8 Die Zukunft 293

Anhang 304

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 314Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

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Vorwort

Es geht in diesem Buch um die ganze Welt, Sie inbegriffen.Sehen Sie es dem Autor bitte nach, wenn er sich auf eineAuswahl ihrer Bereiche beschränkt. Außerdem zieht er es ge-legentlich vor, von sich in der ersten Person zu reden. Dasist verpönt, wirkt unseriös, eitel und persönlich. Gerade Tex-te zu gesellschaftlichen Themen sollen doch »neutral« sein,oder zumindest so klingen, als seien sie es. Das »Ich«-Sagenist aber ein wichtiger Schritt im Erwachsenwerden. Nur wer»ich« sagt, setzt nicht voraus, ist nicht darauf aus, dass du,Sie, Lieschen Müller oder der Meister oder Doktorvater dergleichen Meinung sind. So wäre es ja auch keine, sondern nurdie Wiederholung einer erwarteten Haltung. Nur wer »ich«sagt, stellt sich der Kritik. Er behauptet nicht die Wahrheit.Er sagt, was er für vernünftig hält.Ich wünsche Ihnen also eine anregende Lektüre.

– Marc Hieronimus, Herbst 2016

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There is no alternative.

– Margret Thatcher

There are thousands of alternatives.

– Susan George

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1 Begriffe

Sprache ist getränkt vom Geist ihrer Zeit. Wer gegen denZeitgeist anschreiben oder auch nur andenken will, muss aufseine Worte achten: Sauberes Denken verlangt klare Begrif-fe. Die meisten stehen noch zur Verfügung. Ein paar müssengereinigt werden, einige nur entstaubt, ein paar gehören ein-gemottet. In Notfällen ist es erlaubt, neue zu prägen, abersie müssen verständlich sein: Eine Geheimsprache mag eineintellektuelle Sekte begeistern, in den Volksmund gelangt sienicht.Der zentrale Begriff dieses Buches heißt bei den franzö-

sischen Denkern und Anhängern »Décroissance« (in Laut-schrift [deköwasas]). Das Wort reimt sich, ganz passend, aufChance, aber es liegt dem Deutschen schwer im Mund, ganzwie das englische »degrowth«. Übersetzt heißt es, nun. . . Esgibt bislang keine schönen Übersetzungen. Die vorgeschla-genen Wörter »Negativ-« und »Postwachstum« haben nochzu sehr das Wachstum als Bezugspunkt (frz. »croissance«,wie im aufgehenden Croissant). Dass es damit nicht ewigweitergehen kann, spricht sich langsam herum. Décroissance

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Hieronimus: Der Schritt zur Seite

ist nicht bloß die Zeit danach, sondern Schrumpfung, Ver-ringerung, und vor allem, wie Sie sehen werden, eine eigenePhilosophie und Lebenshaltung auf dem Weg zu einem Ge-sellschaftsmodell. Die beste Übersetzung ist meines Erachtesder »Rückgang«. Darin steckt das Wenigerwerden, die Aktion(jemand geht zurück), aber auch die Rückbesinnung auf ver-passte Abzweigungen. Lassen wir uns nicht einreden, die Weltsei, wie sie ist, weil alles, was kam, so habe kommen müssen.Es gab und gibt immer Alternativen.Aber die Ideologie von der Unausweichlichkeit ist heute

tief in unserem Denken verankert und steckt nicht zuletztin unseren Begriffen. »Entwicklung« zum Beispiel heißt: AmAnfang ist das Fertige verpackt, man muss es aus- oder ebenentwickeln. Beim einzelnen Menschen ist das noch begrenztsinnvoll. Vieles steckt im kleinen Kind, das erst fertig wer-den muss. Schon da ist das End»produkt« aber nicht klardefiniert. Der Erwachsene kann laufen und sprechen, kommtin der Gesellschaft zurecht, aber er muss die gegebenen Ver-hältnisse nicht notwendigerweise mögen, das heißt der »ent-wickelte« Mensch ist nicht bloß groß geworden, er ist jetztauch irgendwie ge-wickelt. Wenn wir von der Entwicklung dersogenannten Entwicklungsländer hören, sollen wir verstehen:Die sind noch nicht so weit wie wir auf dem gemeinsamenWeg des Fortschritts.

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»Fortschritt« aber bedeutet: Wir haben irgendwo angefan-gen und seither geht es immer weiter. Dahinter versteckt sichder historisch noch recht junge Glaube, der Weg der Mensch-heit folge einer vorgezeichneten Bahn von wenig und schlechtzu viel und gut: Früher hatten wir wenig Wissen und schlech-te Zähne, heute können wir googeln und haben Herzschritt-macher, manche träumen schon von der Unsterblichkeit. Soweit, so gut. Wer mit Zivilisationskrankheiten, Entfremdung,Atommüll, -verseuchung und -bomben, Artensterben, Klima-wandel und dergleichen kommt, kriegt eine andere Leier zuhören: Gut oder schlecht, der Fortschritt ist unaufhaltsam,besser also, man findet sich mit ihm ab. Früher sagte man,Gott habe es so gewollt, und die Wege des Herren seien un-erfindlich.»Entwicklung« und »Fortschritt« sind also versteckt poli-

tische, wenn nicht religiöse Begriffe, auf die hier weitgehendverzichtet werden soll. Sie bedeuten freilich nicht das gleiche.Oft meint »Entwicklung« auch etwas ganz Ungewolltes, et-wa die aktuellen Umwelt»entwicklungen«, die kaum jemandals Fortschritt bezeichnen wollte. Aber eben: Weil wir sowohlungewollte als auch gemachte, aus dem rational-industriell-wirtschaftlichem Treiben mit Namen Fortschritt herrührendeVeränderungen mit dem gleichen Wort benennen, ist es zumeiden. Es verwischt die hier so wichtigen Grenzen und istpolitisch.

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Hieronimus: Der Schritt zur Seite

Wachstum ist passé, der Fortschritt ist an sich nichtsPositives. Das hat man schon gehört oder gelesen, warumschreibe ich ein weiteres Buch darüber? Dieses ist anders inGeist und Radikalität. Die bislang noch französisch geprägteDécroissance-Bewegung ist tiefer und breiter, als es die bishe-rigen deutschsprachigen Darstellungen erahnen lassen. Tieferbedeutet, sie sucht nicht auf der Oberfläche nach Problemenund Lösungen, sondern geht tiefer und weiter zurück. Brei-ter heißt, die zeitgenössischen und Vordenker des Rückgangsbehandeln auch Bereiche, die wir noch ganz unabhängig vomGesamt»fortschritt« sehen. Aber alles hängt zusammen, undin den Wurzeln liegt der Fehler. Rückgang/Décroissance be-deutet: Drehen wir nicht an Rädchen, halten wir die Maschinean – und das ganze mit Freude!

Rückgang

Denn Rückgang ist etwas Gutes. Der Mensch ist auf seinemPlaneten zum Schädling geworden. Pessimistische Denker re-den von ihm als dem Krebs des Planeten. Man kennt denWitz: Treffen sich zwei Planeten, sagt der eine: Hey, wiegehts? – Nicht so gut, ich habe Menschen. – Mach dir nichtsdraus, das geht vorbei.Hier geht es nicht um Sarkasmus, Selbsthass oder Beschwö-

rungen des Untergangs, keineswegs. Aber es sollte sich her-

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umgesprochen haben, dass die Erde ein Planet mit Gren-zen ist. Viele Prozesse wie Stoffkreisläufe und Klimaschwan-kungen lassen sich besser verstehen, wenn man ihn alseinen lebendigen Organismus begrifft. Aber auch wenn alleSysteme auf dem Heimatplaneten unabhängig voneinanderfunktionier(t)en, sollte klar sein, dass unendliches Wachstumauf diesem, eben, endlichen Planeten nicht nur nicht mög-lich, sondern krankhaft ist. Unendliches Wachstum ist dasMerkmal der Krebserkrankung. Wo sich die Körperzellen ei-gentlich nur erneuern sollen, werden zuviele neue produziert.Ein Tumor (lat. Schwellung) wächst und wächst. Und egal, ober gut- oder bösartig ist, wenn er unaufhörlich weiterwächst,ist die Folge der Tod des Gesamtorganismus, dessen Teil erist. Gesundung ist nur möglich, wenn das Bösartige, also dieStreuung gestoppt wird, hier im Bild die irreparablen Schä-digungen an Fauna, Flora, Klima. Der gutartige Teil störtnicht, solange er nicht größer wird.Rückgang also, aber bis wohin? Nein, Décroissance-

Anhänger wollen nicht zurück in die Höhle oder auf denBaum, nicht einmal nur in die vorelektrische Zeit, obwohl sieeiniges für sich hatte. Wohin genau sie wollen, ist ebensowenigdefiniert wie der Weg dorthin, es hängt von zu vielem ab. Weiles um Wege und Ziele in den zwei letzten Kapiteln geht, hiernur so viel: Es gibt zahlreiche Dinge, die unbedingt erreichtwerden sollen, andere, die gar nicht gehen. Es soll nichts mehr

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Hieronimus: Der Schritt zur Seite

geben, was große Strukturen, Müll, Macht, Schutz vor demVolk und/oder Krieg bedeutet (Atom, Gentechnologie, Erdöl,Nanotechnologie). Alles ist willkommen, was Autonomie be-deutet, reparierbar ist, nichts kostet, von selbst läuft (Wind,Wasser im Kleinen etc.). Décroissance heißt dabei nicht, »jekleiner/weniger, desto besser«. Es geht um die richtige Grö-ße. Technologische Neuerungen haben die Tendenz, nicht nurzur Plage zu werden, sondern durch ihre Verbreitung ihremeigentlichen Zweck entgegenzuwirken.Man betrachte folgendes Kernbeispiel des »Fortschritts«.

Ein Auto erhöht die Geschwindigkeit. Millionen davon ma-chen, dass ich mit dem Fahrrad oder selbst zu Fuß schnellervorankomme. Nicht nur, weil ständig Stau ist. Auch, weil dieAutos lange Wege »zumutbar« und durch die autobedingtvergrößerten Städte auch unerlässlich machen, das heißt dieWege zur Arbeit, zur Schule, zum Einkauf sind nicht nur,sie dauern auch länger als früher. Drittens, weil man beimKalkül der Fahrzeit korrekterweise auch die Zeit einrechnensollte, die man zusätzlich arbeitet, um das Auto und, über dieSteuern, seine so unerhört kostspielige Infrastruktur zu finan-zieren. Décroissance ist nicht gegen das Auto, sondern gegendas System Auto mit seiner Industrie, seinem Erdöl, seinerWerbung, seinen Toten, seinem »Sport«, seinem Freizeitver-halten, seiner Stadtvernichtung, seinen (a)sozialen Auswir-kungen, seinen Autobahnen und vielen Übeln mehr.

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Abbildung 1: Die Schweizer Zeitschrift Moins! ( c© 2014 Moins!)

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Hieronimus: Der Schritt zur Seite

Décroissance ist Lebensfreude

Ist Décroissance eine »Bewegung«? Es gibt Zeitschriften,Kongresse, Kooperationen, erste politische Organe und un-überschaubar viele Aktionen zum Großthema »anders« undvor allem »weniger«. Zuallererst aber ist Décroissance eineGeistes- und Lebenshaltung. Ihr erster, wichtigster Schritt istder Schritt zur Seite. Raus aus dem Hamsterrad. Raus ausder Unlogik, dass die Faktoren, die uns zu all dem Elend, zumBeginn des globalen Umweltkollaps geführt haben – Kapita-lismus und technologischer Fortschritt – die Lösung unsererProbleme seien. Sie sind das Problem. Wichtig ist die Hal-tung. Der Weg ist fast schon das Ziel, dann nämlich, wenner keiner von Blut und Schweiß und Tränen ist – wobei ge-wisse Entbehrungen unerlässlich sein werden und/aber fürden richtigen, eben guten Zweck durchaus als gewinnbrin-gend erfahren werden können –, sondern ein heiterer Gangohne Ballast, mit unermesslich viel Zeit für Gespräch, Wie-derentdeckung, Überlegung, fürs Aufwachen.In diesem Buch wird es in erster Linie um den französi-

schen Begriff des Rückgangs oder Postwachstums gehen, alsoeben um die Décroissance, wie ihn die gleichnamige »Lebens-freudezeitung« aus Lyon, aber auch die Schweizer ZeitschriftMoins! versteht, die neuerdings zum Teil auch auf Deutscherscheint. Ihre Haltung ist nicht Katastrophismus, Zynismus,

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Depression, auch und gerade wenn die täglichen Nachrich-ten über den für uns schleichenden, in menschheits- und vorallem erdgeschichtlichen Maßstäben ungeheuer rasanten Um-weltkollaps jeden halbwegs empfindlichen Menschen nur nachunten ziehen können. Angst macht blind und stumm. Angstmacht formbar. Angst macht dumm.Décroissance ist mutig, weil sie sich der Katastrophe stellt,

statt sie zu verleugnen, weil es heute schon von Mut zeugt,wenn man sich trotz der überall und immer präsenten Unter-haltung und (anderer) Manipulation noch seines Verstandesbedient, wenn man nachdenkt, selber denkt. Die Katastro-phenangst hingegen treibt den Furchtsamen in die Hände der»Experten«, die nicht nach Gründen suchen, sondern »Pro-bleme« definieren und »Lösungen« anbieten. Sie rechnen ge-nau aus, was wann unter welchen Umständen passieren bzw.noch zu verhindern sein wird. Damit bleiben wir im System,nämlich dem von Expertenwissen und Expertenlösungen imRahmen der Technologie, aber auch von Unverantwortlich-keit und Entmündigung, nämlich all derer, die zufällig oderwohlweislich nicht für Agrar-, Atom-, Chemie- etc.-Riesen ar-beiten. Vor allem ändert sich nicht das Leben, die Sicht. Einsist sicher: Irgendwann wird es so oder so von allem sehr vielweniger geben. Wovon wollen wir mehr? Von Unterhaltung,Kontrolle und Psychopharmaka, oder von Gespräch, Freiheitund Festlichkeit?

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