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Bericht aus Brüssel 14/2017 vom 14.07.2017 Vertretung des Landes Hessen bei der Europäischen Union 21, Rue Montoyer, B-1000 Brüssel Tel.: 0032.2.739.59.00 Fax: 0032.2.732.48.13 E-mail: [email protected]

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Bericht aus Brüssel

14/2017 vom 14.07.2017

Vertretung des Landes Hessen bei der Europäischen Union 21, Rue Montoyer, B-1000 Brüssel

Tel.: 0032.2.739.59.00 Fax: 0032.2.732.48.13 E-mail: [email protected]

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Inhaltsverzeichnis

Seite Institutionelles 3 Europäisches Parlament 5 Ausschuss der Regionen 10 Wirtschaft 11 Verkehr 14 Energie 15 Forschung 15 Finanzdienstleistungen 18 Finanzen 20 Soziales 23 Gesundheit und Verbraucherschutz 25 Umwelt 28 Landwirtschaft 29 Justiz 31 Inneres 34 Veranstaltungen 35 Vorschau 38

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I n s t i t u t i o n e l l e s Rat; Achtzehnmonatsprogramm des Rates der Trio-Präsidentschaft Estland, Bulgarien und Österreich für den Zeitraum 01.07.2017 bis 31.12.2018 Das Programm zur strategischen Agenda und zu den Aktivitäten der drei Präsidentschaften des Rates EST, BUL und AUT, die für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis 31.12.2018 den Vorsitz innehaben, wurde am 21.06.2017 im Rat Allgemeine Angelegenheiten verabschiedet. In einer kurzen Einführung wird der Aufbau einer gemeinsamen Zukunft der EU-27 und die Fortführung der Debatte darüber hervorgehoben. Das Programm ist anschließend in folgende fünf Bereiche, die die Schwerpunkte der Trio-Präsidentschaft bilden, untergliedert: eine Union der Arbeitsplätze, des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit; eine Union, die jeden ihrer Bürger befähigt und schützt; auf dem Weg zu einer Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimapolitik; eine Union der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts; die Union als starker globaler Akteur. Ein wichtiges Ziel der laufenden Trio-Präsidentschaft ist die Umsetzung eines wettbewerbsfähigen digitalen Binnenmarktes. Als Schwerpunkte im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion nennt das Programm sowohl das Vorantreiben der Beratungen über eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie konkret die Vollendung der Bankenunion und die Beschleunigung der Schaffung einer Kapitalmarktunion. Prioritäten in der Innen- und Sicherheitspolitik sind die Migrations- und Flüchtlingspolitik sowie die europäische Sicherheitsagenda unter Einschluss der Prävention vor Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus. Weitere wichtige Themen wie Arbeitsplätze, Wachstum, soziale Rechte, das Pariser Abkommen und die Stabilisierung der EU-Nachbarschaft sollen fokussiert werden. https://www.eu2017.ee/sites/default/files/2017-06/Programm%20der%20Triopr%C3%A4sidentschaft.pdf Rat; Programm des estnischen Vorsitzes im Rat der EU Zum 01.07.2017 hat EST für sechs Monate erstmalig den Vorsitz im Rat übernommen. Die Estnische Ratspräsidentschaft steht unter dem Motto „Einigkeit durch Gleichgewicht". Dabei soll die EU ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Meinungen, Traditionen und Interessen in Europa herstellen, Offenheit ermöglichen und dabei gleichzeitig Sicherheit und Schutz sicherstellen. Folgende vier Schwerpunkte wurden von der estnischen Regierung gewählt: eine offene und innovative europäische Wirtschaft; ein sicheres und geschütztes Europa; ein digitales Europa und Datenfreizügigkeit sowie ein inklusives und nachhaltiges Europa. Im Mittelpunkt steht vor allem das schwerpunktübergreifende Thema Digitalisierung. Estland will die digitale Agenda in der EU voranbringen und sich dafür einsetzen, dass Europa mit dem technologischen Fortschritt mithalten kann. Die grenzüberschreitenden digitalen Dienstleistungs-angebote sollen einfacher für die Verbraucher zugänglich gemacht werden, um das alltägliche Leben zu erleichtern. Weitere Ziele sind die Förderung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit, der Schutz und Förderung der Grundfreiheiten der EU - des freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehrs, die Migrationsstrategie und die Themen Chancengleichheit und Nachhaltigkeit. Das herausragende Ziel des Programms ist außerdem der Erhalt des Zusammenhalts und der Einheit innerhalb der EU. https://www.eu2017.ee/sites/default/files/2017-07/EU2017EE%20Programme_1.pdf

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Termine der Estnischen Ratspräsidentschaft Europäischer Rat 19./20.10.2017, 14./15.12.2017 Rat für Landwirtschaft und Fischerei 17./18.07.2017, 03./04./05.09.2017 (informell), 09./10.10.2017, 06./07.11.2017, 11./12.12.2017 Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport 20./21.11.2017 Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz 19./20.07.2017 (informell), 23.10.2017, 07./08.12.2017 Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie 17./18.07.2017 (informell), 19./20./21.09.2017 (informell), 24.10.2017, 04./05.12.2017, 18.12.2017 Rat für Justiz und Inneres 06./07.07.2017 (informell), 14.09.2017, 12./13.10.2017, 09.11.2017, 7./8.12.2017 Rat für Wettbewerbsfähigkeit 17./18.07.2017(informell), 24./25.07.2017 (informell), 17.10.2017, 30.11/01.12.2017 Rat für Umwelt 13./14.07.2017 (informell), 13.10.2017, 19.12.2017 Rat für Allgemeine Angelegenheiten 25.09.2017, 17.10.2017, 15.11.2017, 20.11.2017, 12.12.2017 Rat für Auswärtige Angelegenheiten 17.07.2017, 06./07./08.09.2017 (informell), 11.09.2017(informell), 16.10.2017, 10.11.2017, 13./14.11.2017, 27.11.2017, 11.12.2017 Rat für Wirtschaft und Finanzen 11.07.2017, 24.07.2017, 15./16.09.2017 (informell), 10.10.2017, 07.11.2017, 17.11.2017, 05.12.2017 11. WTO-Ministerkonferenz 10.-13.12.2017 Buenos Aires (ARG) EP, Rat; Mariya Gabriel neue Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft MdEP Mariya Gabriel (EVP/BUL) wurde in der Plenarsitzung des EP am 04.07.2017 in geheimer Wahl mit einer Mehrheit von 517 – 77 – 89 als Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft bestätigt. Der Rat hat am 07.07.2017 die Kommissarin im Einvernehmen mit Kommissionspräsident Juncker ernannt. Sie hat am 10.07.2017 ihre Arbeit aufgenommen und damit für die noch verbleibende Amtszeit der Kommission bis 31.10.2019 die Nachfolge von Günther H. Oettinger angetreten. Wichtige Aufgaben der neuen Kommissarin bis zum Ende ihrer Amtszeit sind u.a. die Vollendung des Digitalen Binnenmarkts, die Entwicklung von Maßnahmen zur Internetsicherheit, die Adoption von e-Privacy-Maßnahmen und die Förderung von digitaler Forschung und Innovation. http://www.europarl.europa.eu/plenary/de/minutes.html http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/07/07-mariya-gabriel-appointed-digital-commissioner/ Kommission; Einleitung Vertragsverletzungsverfahren gegen HUN wegen „NGO-Gesetz“ Die Kommission hat am 13.07.2017 beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen HUN wegen seines Gesetzes über nichtstaatliche Organisationen, die aus dem Ausland finanziert werden, einzuleiten. HUN hat einen Monat Zeit, auf das Aufforderungsschreiben der Kommission zu reagieren und zu den Vorwürfen Stellung

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zu nehmen. Das sog. „NGO-Gesetz“ wurde am 13.06.2017 verabschiedet. Danach müssen sich bestimmte Gruppen von nichtstaatlichen Organisationen, die jährlich mehr als 7,2 Mio. HUF (rund 24.000 EUR) an Geldern aus dem Ausland erhalten, als „vom Ausland unterstützte Organisationen“ registrieren lassen, und dies auch in sämtlichen Veröffentlichungen, auf Internetseiten und Pressematerial vermerken. Zudem müssen sie bei den ungarischen Behörden spezifische Angaben zu den Geldern aus dem Ausland machen. Bei Verletzung dieser Berichts- und Transparenzauflagen drohen Sanktionen. Nach Ansicht der Kommission verletzt das Gesetz das Recht auf Vereinigungsfreiheit und beschränkt in ungerechtfertigter Weise den freien Kapitalverkehr. Sie führt seit einiger Zeit mit HUN – ähnlich wie bereits mit POL seit 2016 – einen Dialog wegen rechtsstaatlicher Bedenken. Die Kommission hatte sich in ihrer Sitzung am 12.04.2017 mit den Entwicklungen in HUN befasst. Anlass waren neben dem genannten NGO-Gesetz das umstrittene Hochschulgesetz, das die Central European University (CEU) betrifft, das neue Asylgesetz sowie Diskriminierungen von Roma und Schwangeren am Arbeitsplatz. Wegen des Hochschulgesetzes hatte die Kommission ebenfalls am 13.07.2017 die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (siehe separater Artikel dazu in diesem BaB unter „Forschung“). http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1982_de.htm E u r o p ä i s c h e s P a r l a m e n t Europäischer Staatsakt im EP in Straßburg für Helmut Kohl Die Präsidenten der EU-Institutionen und Spitzenpolitiker aus Vergangenheit und Gegenwart nahmen am 01.07.2017 im Rahmen eines europäischen Staatsaktes im EP in Straßburg Abschied von Altbundeskanzler Helmut Kohl. http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170629IPR78645/abschied-vom-ehrenburger-europas-helmut-kohl Plenarsitzung des EP vom 03. - 06.07.2017 in Straßburg Schwerpunkte der EU-Ratspräsidentschaft Estlands Am 05.07.2017 stellte der estnische Ministerpräsident (MP) Jüri Ratas den MdEP die Schwerpunkte für Estlands EU-Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2017 vor. Im Anschluss diskutierten die MdEP über die Schwerpunkte des estnischen Vorsitzes im EU-Ministerrat mit dem Ministerpräsidenten. Die estnische Regierung wird sich während ihres sechsmonatigen Mandates auf folgende Schwerpunkte konzentrieren:

o Eine offene und innovative europäische Wirtschaft o Ein sicheres Europa o Ein digitales Europa und freier Datenverkehr o Ein inklusives und nachhaltiges Europa

MP Ratas betonte, dass der estnische Vorsitz die Brexit-Verhandlungen konstruktiv führen werde, dass diese jedoch nicht im Zentrum der Arbeiten stünden und die EU nicht von Ergebnissen in anderen Bereichen abhalten werde. Das Präsidentschaftsprogramm fand fraktionsübergreifende Unterstützung. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20170705+ITEM-006+DOC+XML+V0//DE&language=DE

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EP fordert Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei Die Beitrittsverhandlungen mit TUR sollten „offiziell“ ausgesetzt werden, falls die geplanten Verfassungsänderungen unverändert umgesetzt werden, da diese den EU-Beitrittskriterien widersprechen. Dies forderten die MdEP in einer am 06.07.2017 im Rahmen des Berichts von MdEP Kati Piri (S&D/NDL) verabschiedeten Entschließung. Die MdEP sind besorgt über die Rückschritte der TUR in den Bereichen Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, Pressefreiheit und beim Kampf gegen die Korruption. Sie verurteilen, dass der türkische Präsident wiederholt seine Unterstützung für die Wiedereinführung der Todesstrafe ausgedrückt hat, was die Mitgliedschaft der TUR im Europarat infrage stellen und zu einem sofortigen Ende der EU-Beitrittsverhandlungen führen würde. Die Entschließung nimmt das Ergebnis des jüngsten Referendums und die Ausweitung der Befugnisse des Präsidenten zur Kenntnis und fordert die Kommission und die nationalen Regierungen dazu auf, die Beitrittsverhandlungen mit der TUR „unverzüglich offiziell auszusetzen“, wenn das Paket zur Verfassung unverändert umgesetzt werde. Die MdEP vermerken in ihrer jährlichen Bewertung der Reformfortschritte der TUR auch, dass 2016 aufgrund des Krieges in SYR, der hohen Anzahl von Flüchtlingen, einer Reihe abscheulicher Terroranschläge und eines Putschversuches ein schwieriges Jahr für die TUR war. Sie verurteilen den Putschversuch und bringen ihre Solidarität mit dem türkischen Volk zum Ausdruck, bedauern gleichzeitig jedoch die unverhältnismäßige Reaktion der türkischen Regierung, die Massenentlassungen von Beamten, die Schließung von Medien, die Verhaftung von Journalisten, Richtern und Menschenrechtsverteidigern, und die Schließung von Schulen und Universitäten zur Folge hatte. Die Entschließung erkennt jedoch auch die Bedeutung guter Beziehungen zwischen der EU und der TUR an, sowie die Notwendigkeit, einen konstruktiven und offenen Dialog beizubehalten, um gemeinsame Herausforderungen wie Migration, Sicherheit oder Terrorismus anzugehen. Die MdEP unterstützen eine Aktualisierung der Zollunion zwischen der EU und der TUR und fordern, dass Menschenrechte und die Grundfreiheiten Teil des neuen Abkommens sein sollen. Die Entschließung wurde mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 477 - 64 - 97 angenommen. Das EP plant, eine Ad-hoc-Delegation von MdEP im Herbst nach Ankara zu entsenden, um den parlamentarischen Dialog zu erneuern. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0306+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Terrorismusbekämpfung – Sonderausschuss zur Bewältigung der Defizite bei der Terrorbekämpfung eingesetzt Am 06.07.2017 nahm das EP mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 527 - 73 - 36 einen Vorschlag zur Einrichtung eines nichtständigen Ausschusses zur Terrorbekämpfung an. Der neue Sonderausschuss zur Terrorismusbekämpfung soll das Ausmaß der terroristischen Bedrohung auf europäischem Boden prüfen und bewerten sowie mögliche Fehler und Versäumnisse untersuchen, in deren Folge die jüngsten Terroranschläge in den verschiedenen Mitgliedstaaten verübt werden konnten (siehe Beitrag unter „Inneres“). Mehr Steuertransparenz für multinationale Unternehmen Europäische Konzerne sollen verpflichtet werden, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in jedem einzelnen Land offenzulegen, verlangen die MdEP im Rahmen des Berichts von MdEP Hugues Bayet (S&D/BEL) und MdEP Evelyn Regner (S&D/AUT) am 05.07.2017. Der Berichtsentwurf wurde mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 534 - 98 - 62 angenommen. Er wurde zurück in die Ausschüsse verwiesen, um die Verhandlungen mit dem Rat zu beginnen, mit dem Ziel, eine Einigung in erster Lesung

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auf Grundlage des Mandats des Plenums zu erreichen (siehe Beitrag unter „Finanzen“). Ein einziger Sitz für das EP Die MdEP unterstrichen zum wiederholten Mal ihre Forderung nach einem einzigen Sitz des EP in einer Debatte am 05.07.2017. Seit Jahren haben MdEP immer wieder einen einzigen Sitz für das EP gefordert, und dabei die Symbolik und das Sparpotenzial einer solchen Entscheidung hervorgehoben. Allerdings erfordert dies eine Änderung der EU-Verträge. MdEP Peter Liese (EVP/DEU) verwies in der Debatte auf seinen Vorschlag, die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) aus London nach Straßburg zu holen. Französische MdEP antworteten ihm, seine Anregung sei sinnlos, da die französische Regierung bereits erklärt habe, dass dies nicht infrage komme, weil man die EMA in Lille haben wolle. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20170705+ITEM-015+DOC+XML+V0//DE&language=DE Länger haltbar, leichter zu reparieren: Maßnahmen für bessere Verbraucherprodukte Erzeugnisse wie z.B. Elektrogeräte sollen langlebig, hochwertig, reparierfähig und nachrüstbar sein. Die MdEP schlagen Maßnahmen vor, um gegen die sogenannte „geplante Obsoleszenz“ für materielle Güter und Software vorzugehen. Am 06.07.2017 hat das EP im Rahmen des Berichts von MdEP Pascal Durand (GRÜNE/FRA) eine entsprechende nichtlegislative Entschließung angenommen. Die Entschließung wurde mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 662 - 32 - 2 verabschiedet. Die MdEP empfehlen darin u.a.:

o Robuste, leicht reparierbare und hochwertige Produkte: Mindestkriterien für die Beständigkeit, die für jede Produktkategorie von der Phase der Produktgestaltung an eingeführt werden sollen;

o Wenn eine Reparatur länger als einen Monat dauert, soll die Garantiezeit entsprechend verlängert werden;

o Die Mitgliedstaaten sollen Anreize für die Produktion langlebiger und reparierbarer Produkte schaffen und Reparaturen und Verkäufe aus zweiter Hand fördern - dies könnte zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen und Abfall reduzieren;

o Verbraucher sollten die Möglichkeit haben, Erzeugnisse unabhängiger Anbieter reparieren zu lassen: Technischen Lösungen, Sicherheitsvorkehrungen oder Softwarelösungen, die Reparaturen verhindern, sollte entgegengewirkt werden, außer, sie werden von zugelassenen Unternehmen oder Stellen ausgeführt;

o Wesentliche Komponenten wie Batterien und LED sollten nicht fest in Produkte eingebaut werden, außer, wenn dies aus Sicherheitsgründen notwendig ist;

o Ersatzteile, die unerlässlich sind, damit ein Gerät einwandfrei funktioniert und sicher ist, sollten verfügbar sein, zu einem Preis, der der Produktart und seiner Lebensdauer entspricht;

o Die Einführung einer EU-weiten Definition von „geplanter Obsoleszenz” und eines Systems, mit dem getestet werden könnte, ob Produkte geplante Obsoleszenz aufweisen, sowie „abschreckende Maßnahmen“ in Bezug auf die Hersteller.

Das EP fordert die Kommission auf, die Einführung eines „freiwilligen europäischen Gütezeichens“ zu prüfen, das insbesondere die Lebensdauer, das Ökodesign, die Nachrüstbarkeit entsprechend dem technischen Fortschritt und die Reparierbarkeit der Produkte umfassen würde. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0287+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE

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Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 Am Nachmittag des 04.07.2017 diskutierten die MdEP über die Arbeitsschwerpunkte der Kommission für 2018. Die Kommission wird dem EP ihr Arbeitsprogramm voraussichtlich im Oktober vorstellen. Frans Timmermans verwies auf die digitale Agenda, auf die Migrationskrise und die aktuelle Lage in ITL, die eine Reihe von Sofortmaßnahmen notwendig mache. Die Umsetzung des Arbeitsprogramms 2017 sei in vollem Gange. Man habe viele wichtige Vorschläge auf dem Tisch und werde das Engagement mit EP und Rat in den kommenden Monaten „verdoppeln.“ Timmermans nannte als Beispiel die Europäische Säule Sozialer Rechte (ESSR). Die Kette von brutalen Terroranschläge auf europäische Städte zeige erneut, dass man rechtzeitig eine Einigung über die europäische Sicherheitsagenda erreichen müsse. Die EU werde gute Fortschritte beim Europäischen Verteidigungsfonds machen – er sehe eine große politische Dynamik bei diesem Thema. Ferner kündigte er an, im Herbst weitere Maßnahmen vorzulegen, einschließlich der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Man werde wichtige Vorschläge zu Kunststoffen im Rahmen der Kreislaufwirtschaftsstrategie vorlegen. Kommissionspräsident Juncker werde darauf in seiner State-of-the-Union-Rede am 13.09.2017 eingehen. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20170704+ITEM-011+DOC+XML+V0//DE&language=DE Festlegung eines EU-weiten Rahmens für gedeckte Schuldverschreibungen Am 04.07.2017 wurde der Initiativbericht von MdEP Bernd Lucke (ECR/DEU) zum Thema „EU-weiter Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen“ mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 543 – 99 – 56 angenommen. Seit 2015 befasst sich die Kommission im Rahmen ihrer Initiative für eine Kapitalmarktunion, insbesondere im Zusammenhang mit ihrer im September 2015 durchgeführten öffentlichen Konsultation zu gedeckten Schuldverschreibungen, sowie mit der Förderung der Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen in Europa. Dabei berücksichtigt sie die nationalen Präferenzen und Rahmen gebührend. Der Bericht stellt dazu fest: „Dieser Umstand ist wichtig, da der Erfolg der Anlageklasse durch nationale Rahmen bedingt war, die sich im Laufe mehrerer Jahrzehnte entwickelt haben und auf den lokalen langfristigen Finanzierungsbedarf sowie auf die Banken- und Kapitalmarktstrukturen und die Risikobereitschaft vor Ort zugeschnitten sind. Diese Besonderheiten und Flexibilitäten müssen gewürdigt und kultiviert werden, damit die europäischen Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen weltweit führend bleiben“. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0279+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Ernennung eines Mitglieds der Kommission Nach der erfolgreichen Anhörung der designierten Kommissarin für Digitales erhielt Mariya Gabriel (EVP/BUL) am 04.07.2017 in geheimer Wahl die Zustimmung des EP mit einer Mehrheit von 517 – 77 – 89 (siehe Beitrag unter „Wirtschaft“). Einführung befristeter autonomer Handelsmaßnahmen für die Ukraine Die vertiefte und umfassende Freihandelszone, die die Wirtschafts- und Handelssäule des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der UKR darstellt, wird seit dem 01.01.2016 vorläufig angewandt. Mit dieser wird während eines Übergangszeitraums von höchstens zehn Jahren eine Freihandelszone für den Warenverkehr errichtet. Die Zollliberalisierung in der Freihandelszone verläuft asymmetrisch, da die EU ihre Zölle schneller senkt bzw. abschafft, als die UKR. Der aktuelle Vorschlag der Kommission wird in Anbetracht der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage in der UKR und der von dem Land unternommenen wirtschaftlichen Reformanstrengungen zusätzlich zu den

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Zugeständnissen der EU im Rahmen der Freihandelszone, die bereits in Kraft sind, vorgelegt. In Übereinstimmung mit den Zielsetzungen des Assoziierungsabkommens zielt der Vorschlag darauf ab, die bestehenden Handelsströme zwischen der EU und der UKR zu erhöhen. Der Vorschlag sieht die Gewährung autonomer Handelsmaßnahmen in Form von erhöhten Nullzollkontingenten für Mais, Weizen, Gerste, Hafer, natürlichen Honig, verarbeitete Tomaten und Traubensaft sowie in Form einer teilweisen oder vollständigen Beseitigung der Einfuhrzölle auf Industrieerzeugnisse, z. B. Düngemittel, Schuhe, Erzeugnisse aus Aluminium und elektrische Maschinen, vor. Es wird eine Anwendung über einen Zeitraum von drei Jahren vorgeschlagen. Die Zustimmung des EP im Rahmen des Berichts von MdEP Jarosław Wałęsa (EVP/POL) erfolgte am 04.07.2017 mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 566 – 96 – 28. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0285+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Reflexionspapier zur Zukunft der EU-Finanzen bis 2025 Am Nachmittag des 05.07.2017 stand eine Aussprache zum Reflexionspapier der Kommission zur Zukunft des EU-Haushalts auf der Tagesordnung (vgl. BaB 13/2017). Günther Oettinger erklärte, er lege großen Wert darauf, dass „unser Papier ein ergebnisoffenes Papier ist“. Man habe noch keine Prioritäten, keine Vorfestlegungen, keine Vorentscheidungen, sondern stelle die Fragen, die sich stellen. Er sehe derzeit zwei oder drei Lücken bei den Finanzen Europas im nächsten Jahrzehnt. Die erste Lücke: Nach einer Transformationsphase werden nach dem Ausscheiden von GBR strukturell und jährlich wiederkehrend zehn bis elf Mrd. EUR fehlen, weil die Briten Nettozahler gewesen seien – ob ihrer Wirtschaftskraft, ob ihres hohen Pro-Kopf-BNE. Man müsse diese Lücke schließen. Die zweite Lücke ergebe sich aus neuen Aufgaben, neuer Verantwortung, die man sinnvollerweise europäisch wahrnehme. Er wolle generell sagen, „es muss unser Ehrgeiz sein – ich will dies ausdrücklich zu einem Gebot für alle meine Überlegungen machen: Für jeden EUR, für jeden Cent, den wir über den europäischen Haushalt europäisch investieren, sollten wir den Mehrwert nachweisen – ,added value‘. Das ist der Grundsatz der Subsidiarität.“ Das heiße, wenn eine Aufgabe, ein Projekt genauso gut, genauso kostengünstig von den Mitgliedstaaten (MS) erbracht werden könne, dann sei kein „added value“ gegeben. Er wolle deswegen mit dem EP entlang des Papiers über die Frage sprechen: Was heiße denn Mehrwert? Neue Aufgaben seien Migration, Grenzschutz, Grenzkontrolle, Verteidigungsforschung, Verteidigung. Wenn man all diese neuen Aufgaben betrachte, die man sinnvoller, kostengünstiger, effizienter europäisch wahrnehme und damit die MS entlaste, dann komme nochmals eine Deckungslücke von zehn Mrd. hinzu. Eine wichtige Frage sei die Diversifizierung der Einnahmen. Sollten es nur Beiträge sein, etwa Zölle, sei die Umsatzsteuer noch aktuell, oder können nicht „own resources“, eigene neue Eigenmittel auf der Grundlage des Berichts von Mario Monti und seiner High-Level Group, eine sinnvolle Ergänzung sein? Wenn man neue Aufgaben habe, solle man auch den Mut haben, neue Einnahmen dafür vorzuschlagen – in Ergänzung zu bestehenden Einnahmequellen. Man warte auf Resonanz des EP und die der Öffentlichkeit und werde dann zwei bis drei dieser vorgeschlagenen Optionen auf der Einnahmeseite im MFR-Vorschlag im späten Frühjahr 2018 verankern. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20170704+ITEM-015+DOC+XML+V0//DE&language=DE

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Strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der EU gerichtetem Betrug Mit dem Bericht von MdEP Inge Gräßle (EVP/DEU) und MdEP Lopez Aguilar (S&D/ESP) legte das EP am 05.07.2017 in zweiter Lesung die Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft fest und schuf die Rechtsgrundlage für die Arbeit dieser Behörde. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0299+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Aufbau einer ambitionierten industriepolitischen Strategie der EU als strategische Priorität für Wachstum, Beschäftigung und Innovation in Europa Am 05.07.2017 nahm das EP eine gemeinsame Entschließung von EVP, S&D, ECR, ALDE und GRÜNEN zum Thema „Aufbau einer ambitionierten industriepolitischen Strategie der EU“ mehrheitlich per Handzeichen an. Darin fordert das EP die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten bis Anfang 2018 eine Strategie der EU und einen Aktionsplan für eine kohärente und umfassende Industriepolitik vorzulegen, die auf die Reindustrialisierung der EU abziele und Ziele, Indikatoren, Maßnahmen und einen Zeitplan umfassen (siehe Beitrag unter „Wirtschaft“). A u s s c h u s s d e r R e g i o n e n AdR; ENVE-Fachkommissionssitzung Am 03.07.2017 fand in Tallinn (EST) eine Sitzung der AdR-Fachkommission ENVE für Umwelt, Klimawandel und Energie statt. Dabei wurden Abstimmungen zu folgenden Stellungnahmen durchgeführt: „Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik“ sowie „Eine Weltraumstrategie für Europa“. Darüber hinaus fanden Meinungsaustausche zu folgenden Themen statt: „Beitrag der energetischen Verwertung von Abfällen zur Kreislaufwirtschaft“ und „Finanzierung des Klimaschutzes als wirksames Mittel zur Umsetzung des Übereinkommens von Paris“. https://memportal.cor.europa.eu/Agenda/Documents?meetingId=2135978&meetingSessionId=2168399 AdR; CIVEX-Fachkommissionssitzung Am 06.07.2017 fand in Brüssel eine Sitzung der AdR-Fachkommission CIVEX für Unionsbürgerschaft, Regieren, Institutionelle Fragen und Außenbeziehungen statt. Dabei wurden Abstimmungen zu folgenden Stellungnahmen durchgeführt: „Bericht über die Unionsbürgerschaft 2017“, „Schutz minderjähriger Migranten“ sowie „Rechtsakte, in denen auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle Bezug genommen wird“. Darüber hinaus fand ein Meinungsaustausch zu „Erasmus für lokale und regionale Mandatsträger“ statt. https://memportal.cor.europa.eu/Agenda/Documents?meetingId=2133704&meetingSessionId=2165398 AdR; 124. AdR-Plenarsitzung Am 12./13.07.2017 fand die 124. AdR-Plenarsitzung in Brüssel statt. Für HE nahm der Präsident des Hessischen Landtages Norbert Kartmann teil. Dabei wurden Abstimmungen zu folgenden Stellungnahmen durchgeführt: „Die lokale und regionale Dimension von Horizont 2020 und das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation“, „Die GAP nach 2020“, „auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft – Europäische Nachhaltigkeitspolitik“, „Migration über die zentrale Mittelmeerroute – Ströme steuern, Leben retten“, „internationale Meerespolitik: Der Beitrag der EU zum verantwortungsvollen Umgang mit den Weltmeeren“, „Koordinierung der Systeme der

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sozialen Sicherheit“, „Förderung von Start-up- und Scale-up-Unternehmen in Europa: die regionale und lokale Perspektive“, „Intelligente Regulierung für KMU“, „Bürger- und Kleinprojekte in Programmen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit“, „Territoriale Klassifikation und Typologien“, „Governance-System der Energieunion und saubere Energie“, „Energieeffizienz und Gebäude“, „Erneuerbare Energien und Elektrizitätsbinnenmarkt“ sowie „Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität“. Außerdem fanden Meinungsaustausche mit folgenden Persönlichkeiten statt: Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation, Matti Maasikas, stellvertretender EST-Minister für EU-Angelegenheiten, im Namen des EST-EU-Ratsvorsitzes sowie mit Violeta Bulc, EU-Kommissarin für Verkehr. https://memportal.cor.europa.eu/Agenda/Documents?meetingId=2128057&meetingSessionId=2158593 W i r t s c h a f t EP; Forderung an die Kommission zur Vorlage einer industriepolitischen Strategie der EU In seiner Entschließung vom 05.07.2017 fordert das EP die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten bis Anfang 2018 eine Strategie für eine kohärente und umfassende Industriepolitik vorzulegen, die auf die Reindustrialisierung der EU abzielt. Die industriepolitische Strategie soll Ziele, Indikatoren, Maßnahmen und einen Zeitplan umfassen. Die Strategie soll insgesamt die Wettbewerbsfähig und Nachhaltigkeit der europäischen Industrie verbessern und besonders auf dem digitalen Wandel, einer energieeffizienten und ressourcenschonenden Wirtschaft und dem Ansatz der Kreislaufwirtschaft basieren. Durch öffentliche und private Investitionen sowie neue Regelungsrahmen soll es Industrieunternehmen ermöglicht werden, sich den veränderten Bedingungen anzupassen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum zu begünstigen. Das EP betont, dass der Industrie wesentliche Bedeutung als Triebkraft für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und Innovation in der EU zukommt. Die europäische Industrie sei in vielen Wirtschaftszweigen weltweit führend, für mehr als die Hälfte an EU-Exporten und etwa 65% der Investitionen in Forschung und Entwicklung verantwortlich, und biete über 50 Mio. Arbeitsplätze. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP der EU sei jedoch in den letzten 20 Jahren von 19% auf 15,5% gesunken. In diesem Kontext müsse die industrielle Basis der EU gestärkt und modernisiert werden, um das Ziel der EU zu erreichen, bis 2020 den Anteil der Industrie am BIP der EU auf 20% zu bringen. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0305+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Kommission; Jährlicher Bericht über Handels- und Investitionshindernisse Die Kommission hat am 23.06.2017 ihren jährlichen Bericht über Handels- und Investitionshindernisse veröffentlicht. Der Bericht verzeichnet für 2016 einen globalen Anstieg von Handelshindernissen um 10%, was EU-Exporteure ca. 27 Mrd. EUR gekostet habe. Gleichzeitig konnte die Kommission im vergangenen Jahr durch ihre effektive Marktzugangsstrategie laut Bericht in 20 Fällen bestehende Handelshindernisse abbauen. Damit wären EU-Exporte im Wert von 4,2 Mrd. EUR erleichtert worden, besonders in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, sowie in der Automobilindustrie und Kosmetikbranche. Die Marktzugangsstrategie würde es der europäischen Wirtschaft ermöglichen, die besten Exportbedingungen weltweit zu erzielen und eine weltweite Durchsetzung internationaler Handlungsregeln zu garantieren. Schutzzölle sind vom Bericht nicht umfasst, da sie im Einklang mit WTO-Vorschriften eingesetzt werden, um faire Handelsbedingungen und gleiche

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Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Handelskommissarin Cecilia Malmström äußerte sich allerdings im Rahmen der Vorstellung des Berichts besorgt über den ansteigenden Protektionismus besonders in G20-Ländern wie RUS, BRA, CHN und IND. Dies hätte negative Folgen für europäische Unternehmen und Arbeitnehmer. http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2017/june/tradoc_155651.pdf Kommission; Gemeinsame Erklärung über die Festlegung eines Datums für die vorläufige Anwendung von CETA Am 08.07.2017, anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg, haben Kommissionspräsident Juncker und Justin Trudeau, Premierminister von CAN, vereinbart, den 21.09.2017 als Datum für die vorläufige Anwendung von CETA festzusetzen. Bis dahin sollen alle Maßnahmen, die für die Ratifizierung des Handels- und Wirtschaftsabkommens zwischen der EU und CAN erforderlich sind, abgeschlossen sein. In der Erklärung der Kommission heißt es, dass die EU und CAN mit CETA dazu beitragen können, Globalisierung aktiv mitzugestalten und dessen Vorteile zu nutzen. Beide Partner bekräftigen ihr Engagement für ein regelbasiertes internationales Handelssystem. Das Abkommen tritt aber erst endgültig in Kraft, wenn die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten den Wortlaut des Abkommens gemäß den Vorgaben ihrer jeweiligen nationalen Verfassungen ratifiziert haben (vgl. BaB 04/2017). http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-17-1959_de.htm Kommission; Übernahme von Stada gebilligt Am 29.06.2017 billigte die Kommission die Übernahme der Stada Arzneimittel AG mit Sitz in Bad Vilbel durch Fonds des Unternehmens Bain Capital Investors, LLC, und Fonds des Unternehmens Cinven Capital Management Limited Partnership Incorporated, gemäß der EU-Fusionskontrollverordnung. Die Übernahme scheiterte jedoch bereits einige Tage davor, da die Investoren die 75%-Mindestannahmeschwelle für das Angebot nicht erreichten. http://europa.eu/rapid/press-release_MEX-17-1866_en.htm Kommission; Grundsatzeinigung zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Japan Am 01.07.2017 veröffentlichte die Kommission ein „Factsheet“ zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und JPN, welches von der Kommission verhandelt wird. Darin wird dargelegt, welche Vorteile sich die EU aus dem Freihandelsabkommen erhofft. JPN ist momentan der zweitgrößte Handelspartner der EU in Asien. Durch das Freihandelsabkommen sollen europäische Unternehmen und Investoren noch besser Zugang zum japanischen Markt bekommen. Der japanische Markt wird für EU-Exporte geöffnet, besonders in den Bereichen der Agrarausfuhren, der Dienstleistungen und der Beschaffungsmärkte. Das Abkommen schützt außerdem sensible EU-Wirtschaftszweige wie den Automobilsektor durch Übergangsfristen. Gleichzeitig kann die EU durch das Abkommen aktiv zur Gestaltung globaler Handelsregeln beitragen und die hohen europäischen Standards und Werte verbreiten, insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Arbeitnehmerschutz. Zusammen erbringen die EU und JPN etwa ein Drittel des globalen Bruttoinlandsproduktes. Insgesamt wird das Freihandelsabkommen EU-Exporte bis zu einem Betrag von 20 Mrd. EUR steigern. Die Verhandlungen begannen offiziell am 25.03.2013. Die 18. Verhandlungsrunde fand im April 2017 in Tokyo statt. Beide Seiten einigten sich darauf, das Abkommen spätestens bis Ende 2017 abzuschließen. Parallel dazu wird auch ein Strategisches Partnerschaftsabkommen zwischen JPN und der EU verhandelt. http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2017/july/tradoc_155684.pdf

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Kommission; Übernahme von Opel durch Peugeot genehmigt Die Kommission hat am 06.07.2017 die Übernahme von Opel durch Peugeot Société Anonyme (PSA) gemäß der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Die Untersuchung der Kommission ergab, dass der Zusammenschluss keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufwirft, da weiterhin ein starker Wettbewerb von anderen Autoherstellern besteht. Im Bereich Herstellung und Verkauf von Kraftfahrzeugen sind die gemeinsamen Marktanteile vergleichsweise gering, fand die Kommission. Im Bereich Groß- und Einzelhandelsmärkte schloss die Kommission nachteilige Auswirkungen auch aus, da PSA und Opel unterschiedliche Vertriebskanäle nutzen und unabhängige Vertreiber, Importeure und Einzelhändler haben. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1916_de.htm EuGH; Rechtssache Uber France SAS (C-320/16) Am 04.07.2017 wurden die Schlussanträge in der Rechtssache des Unternehmens Uber France SAS (C-320/16) abgegeben. Uber France wird in FRA strafrechtlich verfolgt, weil es über den Dienst UberPop ein System der entgeltlichen Kundenbeförderung durch Fahrer organisiert, die keine Berufskraftfahrer sind. Uber trägt vor, dass die französische Richtlinie (RL), nach der das Unternehmen verfolgt wird, eine technische Vorschrift darstellt. Im Sinne der EU-RL über Normen und technische Vorschriften müssen Mitgliedstaaten (MS) jeden Gesetzesentwurf (GE), der technische Vorschriften für Dienstleistungen der Informationsgesellschaft einführt, der Kommission vorab mitteilen. FRA hat den GE jedoch nicht der Kommission vorgelegt. Deshalb argumentiert Uber, dass es nicht belangt werden kann. Generalanwalt Maciej Szpunar vertritt die Auffassung, dass MS die rechtswidrige Ausübung einer Beförderungstätigkeit, wie der von UberPop, verbieten können, ohne der Kommission den GE mitteilen zu müssen. Der Dienst UberPop gehöre zum Verkehrssektor und nicht zum Informationsgeschäft. Daher wäre die RL nicht anwendbar. Selbst wenn der EuGH entscheiden sollte, dass UberPop einen Dienst der Informationsgesellschaft darstellt, wäre eine Mitteilung des GE an die Kommission nicht notwendig. Die Mitteilungspflicht gelte nur für technische Vorschriften, die ausdrücklich den Zugang zu Diensten der Informationsgesellschaft regelten, jedoch nicht für Vorschriften, die sich nur indirekt auf den Dienst auswirken. Dies sei bei UperPop der Fall. Uber France könne daher trotzdem in FRA strafrechtlich verfolgt werden. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30d67b0663b4beca486d8337fc29df1ea8e8.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxyMax10?text=&docid=192325&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=866351 Kommission; Empfehlungen zur Erleichterung des Zugangs zu Strukturfondsmitteln Die Hochrangige Gruppe Unabhängiger Experten (HLG) für Kohäsionspolitik hat am 11.07.2017 nach zwei Jahren ihren Abschlussbericht zur Vereinfachung des Rechtsrahmens für die Gewährung von Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) vor allem mit Blick auf die neue Periode ab 2021 vorgelegt. Die Gruppe ist zu der Auffassung gelangt, dass der bestehen Rechtsrahmen eine gute Struktur biete, aber grundlegend bereinigt werden müsse durch radikale Vereinfachung oder Abschaffung von überflüssigen Regelungen. Außerdem sollten in Bezug auf staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und Methoden der Kostenerstattung die Rechtsvorschriften der verschiedenen EU-Fonds und Instrumente harmonisiert werden, damit Antragsteller in die Lage versetzt werden, für dasselbe Projekt EU-Mittel aus unterschiedlichen Quellen zu beantragen. Für Mitgliedstaaten und Regionen, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie u.a. zuverlässige Verwaltungs- und Kontrollsysteme,

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aber auch wichtige Strukturreformen umsetzen, soll nach ihren Vorschlägen ein einfacherer Zugang ermöglicht werden, in dem bei der Auszahlung der EU-Mittel die vorhandenen nationalen Verwaltungsverfahren zur Anwendung kommen und die Kommission keine ergänzenden umfangreichen Prüfungen durchführen würde. Der Vorsitzende der HLG, Siim Kallas, erhofft sich, dass die Vereinfachung dazu beitragen wird, die EU bürgernäher zu gestalten. Die Empfehlungen der HLG richten sich, wie Kallas im Vorwort des Berichts erklärt, nicht nur an die Kommission, sondern auch an die nationale und regionale Ebene als Mitgesetzgeber der ESI-Fonds. http://ec.europa.eu/regional_policy/en/information/publications/reports/2017/esif-simplification-hlg-proposal-for-policymakers-for-post-2020 Kommission; Anstoß zur Debatte über Nachhaltigkeit in Freihandelsabkommen Am 11.07.2017 veröffentlichte die Kommission ein „Non-Paper“ zum Thema der nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf Freihandelsabkommen. Das Papier soll die Debatte über Nachhaltigkeit und Handel anstoßen, um einen möglichst großen Nutzen aus der Globalisierung zu ziehen und ein regelbasiertes internationales Handelssystem zu fördern, welches auf hohen Standards, Kooperation und starken multilateralen Institutionen beruht. Insbesondere soll debattiert werden, ob die aktuellen Ziele bezüglich Handel und Nachhaltigkeit erreicht werden, und was getan werden kann, um diese zu verbessern. Es soll diskutiert werden, ob Nachhaltigkeit im Handel durch stärkere Partnerschaften als Teil von Freihandelsabkommen besser gefördert würde, oder zum Beispiel durch Sanktionen. Dies ist Teil der Strategie der Kommission, die Werte, auf denen die EU basiert, zu verbreiten. Bisher beinhalten Freihandelsabkommen Kapitel über Umwelt- und Arbeitnehmerschutz. Dieser Ansatz soll ausgeweitet werden. http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2017/july/tradoc_155686.pdf EuRH; Start von Untersuchungen zur Breitbandpolitik in den Mitgliedstaaten Laut Presseverlautbarung des EuRH vom 05.07.2017 startet er mit einer Prüfung, ob Kommission und Mitgliedstaaten auf dem richtigen Weg sind, die Breitbandziele bis 2020 zu erreichen. Nach der digitalen Agenda der Kommission sollen bis September 2020 alle Haushalte mit 30 MB/s versorgt sein. 50% der Haushalte sollen über 100 MB/s erhalten. Laut Studien der Kommission und der Europäischen Investitionsbank würden schätzungsweise bis zu 270 Mrd. EUR benötigt, um die Breitbandziele für 2020 zu erreichen. Es geht dem EuRH daher u.a. darum, zu analysieren, ob das Risiko besteht, dass die Finanzierung nicht ausreichen könnte, um die festgelegten Breitbandziele zu erreichen. Die Prüfer werden Prüfungen in fünf Mitgliedstaaten durchführen (DEU, HUN, ITL, IRL und POL). Die Veröffentlichung der Prüfergebnisse wird für Frühjahr 2018 erwartet. http://www.eca.europa.eu/Lists/News/NEWS1707_04/INSR_Audit_Announce_BROADBAND_DE.pdf V e r k e h r Kommission; Vorschlagsliste für Verkehrsinvestitionen im Rahmen der Fazilität Connecting Europe Die Kommission hat am 23.06.2017 einen Vorschlag für die Bereitstellung von insgesamt 2,7 Mrd. EUR Investment für 152 zentrale europäische Verkehrsprojekte vorgelegt. Um einen maximalen Mehrwert für die EU und eine möglichst große Wirkung zu erzielen, konzentrieren sich die ausgewählten Projekte vor allem auf die unter das Kernnetz fallenden strategischen Abschnitte des europäischen Verkehrsnetzes. Der größte Teil der Fördermittel soll für den Ausbau des europäischen

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Schienennetzes (1,8 Mrd. EUR), die Dekarbonisierung und Modernisierung des Straßenverkehrs und die Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme (359,2 Mio. EUR) sowie für den Einsatz von Flugverkehrsmanagementsystemen (311,3 Mio. EUR) bereitgestellt werden. Von diesem Gesamtinvestment sollen laut Kommission ca. 200 Mio. EUR in 20 deutsche Verkehrsprojekte investiert werden, u.a. für geräuscharme Bremssysteme für Güterzüge und für den Einsatz des Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS auf Güterverkehrskorridoren. Zu den europaweiten Projekten gehört auch der Aufbau eines Schnellladenetzes für Elektrofahrzeuge u.a. in DEU. Die Investitionen werden im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ getätigt, welche die EU-Infrastrukturnetze durch öffentliche und private Kofinanzierung unterstützt. Die Investitionen sollen nicht nur das europäische Verkehrsnetz modernisieren und grenzüberschreitende Verbindungen verbessern, sondern auch Impulse für Wirtschaftstätigkeit und Arbeitsplätze schaffen. Der Koordinierungsausschuss der Fazilität, in denen die Mitgliedstaaten vertreten sind, hat am 06.07.2017 den Beschluss der Kommission formal genehmigt. Nun ist noch ein formaler Beschluss durch die Kommission über das Investitionspaket erforderlich, mit dem bis Ende Juli gerechnet wird. Die entsprechenden Abkommen sollen bis Ende 2017 mit den Begünstigten der einzelnen Projekte geschlossen werden. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1729_de.htm https://ec.europa.eu/transport/sites/transport/files/2016-cef-call-selected-projects.pdf E n e r g i e Kommission; Informationstabellen zur Energienutzung der Mitgliedstaaten Am 03.07.2017 veröffentlichte die Kommission aktualisierte Informationstabellen zur Energienutzung der Mitgliedstaaten (MS). Die Informationstabellen enthalten Daten von 1990 bis 2015. Damit gewährt die Kommission jährlich einen Überblick, wie die Energienutzung der MS und der jeweilige Anteil an Treibhausgasemissionen sich über die Zeit verändert. Die Informationen beziehen sich auf Statistiken von Eurostat und dem Beobachtungsmechanismus für Treibhausgasemissionen. Die Tabellen enthalten Informationen zu Energieverbrauch, Energieeffizienz und dem Grad der Abhängigkeit von Energieimporten jedes MS. Man kann verfolgen, wieviel Energie verschiedene Wirtschaftssektoren verbrauchen, handeln und produzieren. Außerdem kann man gut sehen, wie die Solarenergie sich über die Jahre immer weiter verbreitet hat, und wie sich die Emission von Treibhausgasen in verschiedenen Sektoren und auf nationalen Ebenen verändert hat. 2015 wurde in DEU beispielsweise 29,9% der Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen, gegenüber 26,8% im Jahr 2014 und 3,9% im Jahr 1990. https://ec.europa.eu/energy/en/news/get-latest-energy-data-all-eu-countries F o r s c h u n g Kommission; Zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens im Zusammenhang mit dem ungarischen Hochschulgesetz eingeleitet Am 13.07.2017 hat die Kommission beschlossen, HUN eine mit Gründen versehene Stellungnahme zur Vereinbarkeit des am 04.04.2017 geänderten Hochschulgesetzes mit EU-Recht zu übermitteln. Das geänderte Gesetz stellt nach Auffassung der Kommission ein Verstoß gegen die Freiheit von Hochschuleinrichtungen, sich in der gesamten EU Dienstleistungen anzubieten oder niederzulassen, dar. Ferner hält die Kommission nach wie vor daran fest, dass die neuen Rechtsvorschriften dem Recht auf akademische Freiheit, dem Recht auf Bildung und der unternehmerischen Freiheit,

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die in der Charta der Grundrechte der EU verankert sind, sowie den rechtlichen Verpflichtungen der EU gemäß dem internationalen Handelsrecht zuwiderlaufen. Damit hält die Kommission nach der Analyse der Antwort HUN auf ihr Aufforderungsschreiben vom 27.04.2017 weiter an ihren Schlussfolgerungen fest, die im April 2017 zur Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens führten. HUN hat nun einen Monat Zeit, Maßnahmen zur Behebung dieses Problems zu ergreifen und diese der Kommission mitzuteilen. Kommt das Land dem nicht nach, so kann die Kommission beim Gerichtshof der EU Klage erheben. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1952_en.htm Kommission; Gemeinsame Forschungsstelle öffnet Laboratorien für Wissenschaftler Die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC), der wissenschaftliche Dienst der Kommission, öffnete am 13.07.2017 ihre Labore und Anlagen für Wissenschaftler und Forscher aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor. Forscher können ab Dezember 2017 während der Pilotphase (bis 2018) drei JRC-Forschungsanlagen in Ispra (ITL) benutzen. Es handelt sich um die Reaktionswand und die Hopkinson-Bar-Anlage des Europäischen Labors für Strukturprüfungen (ELSA) sowie um das Nanobiotechnologie-Labor. Später stehen den Forschern Anlagen in Geel (BEL), Karlsruhe (DEU) und Petten (NDL) offen. JRC will damit dazu beitragen, wissenschaftliche Kenntnisse zu verbreiten, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und letztlich die Kluft zwischen Forschung und Industrie zu verringern. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-2002_de.htm Kommission; EU steigert Forschungskooperation mit Brasilien und Südafrika Am 13.07.2017 haben die EU und ihre Partner BRA sowie ZAF die sog. Belém- Erklärung (Statement on Atlantic Research and Innovation Cooperation) unterzeichnet. Die Parteien verpflichten sich damit, im Rahmen einer atlantischen Kooperation für Forschung und Innovation, zum besseren Verständnis des marinen Ökosystems, dessen Ressourcen sowie Einfluss auf das Klima, zusammenzuarbeiten. http://europa.eu/rapid/midday-express.htm Kommission; Legislativvorschlag zur Unterbindung des illegalen Imports von Kulturgütern zur Finanzierung des Terrorismus Die Kommission hat am 13.07.2017 einen Legislativvorschlag für eine Verordnung (VO) über Einfuhr von Kulturgütern in die EU sowie Handel damit vorgestellt. Dieser ergeht im Rahmen der Europäischen Sicherheitsagenda 2015 und des Aktionsplans 2016 für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung und andere kriminelle Aktivitäten. Der Vorschlag markiert einen der letzten Schritte im genannten Aktionsplan zur Stärkung der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Der VO-Entwurf wird nun dem EP und dem Rat zur Beratung vorgelegt. Bei Einigkeit aller Organe folgt Annahme im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. http://europa.eu/rapid/midday-express.htm Kommission; Empfehlungen der Lamy-Gruppe zur zukünftigen EU-Forschungs- und Innovationspolitik Die von EU-Forschungskommissar Carlos Moedas im September 2016 eingesetzte zwölfköpfige Expertengruppe („High Level Group on maximising the impact of EU Research & Innovation Programmes“) hat unter dem Vorsitz von Pascal Lamy (ehemaliger Präsident des Jacques-Delors-Instituts und EU-Kommissar für Außenhandel) am 03.07.2017 ihren Abschlussbericht „LAB – FAB – APP: Investing in the European future we want“ im Rahmen einer von der Kommission durchgeführten Konferenz zur Rolle von Forschung und Innovation für die Zukunft Europas vor dem

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Hintergrund der laufenden Diskussionen um die Zukunft der EU (s. Weißbuch und die fünf Reflexionspapiere) veröffentlicht. Der Titel steht für Forschung („Labs“), Innovation (competitive fabrication „Fabs“) sowie Anwendung zum Nutzen Aller („Apps“). Die HLG wurde von der Kommission eingesetzt, um auf der Grundlage der Ergebnisse der Zwischenevaluierung des Programms Horizont 2020 eine Vision zu entwerfen, strategische Empfehlungen zu geben, die die Wirkung der EU-Programme für Forschung und Innovation nach Horizont 2020 weiter verbessern. Der Bericht enthält ausgehend von der Analyse, dass die EU in der Produktion von Wissen führend sei, hieraus aber nur unzureichend Innovationen und Wachstum schöpfe, elf Empfehlungen zur Weiterentwicklung der EU-Forschungs- und Innovationspolitik und für das neunte EU-Rahmenprogramm für die Jahre 2021-27 (Arbeitstitel „FP9“). Die Empfehlungen der Expertengruppe:

1. Verdoppelung des Budgets des nächsten EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation bis 160 Mrd. EUR; 2. Investitionen in innovative Ideen bzw. Unterstützung des schnellen Wachstums von innovativen und marktschaffenden Unternehmen durch den European Innovation Council; 3. Stärkung von Innovations-/Entrepreneurship-Fähigkeiten in der Ausbildung durch EU-Förderprogramme zur Modernisierung von Hochschulen; 4. Neuausrichtung der EU-Forschungs- und Innovationsförderung auf den größtmöglichen „Impact“ der geförderten Maßnahmen; 5. Ausrichtung der EU-Forschungs- und Innovationsförderung an „Missionen“ (etwa an globale Nachhaltigkeitsziele); 6. Reduzierung bzw. Reorganisation bestehender EU-Förderprogramme durch Zusammenlegung der Programme mit vergleichbaren Zielen (z.B. das KMU-Programm COSME mit Horizont 2020), Verbesserung der Kombinationsmöglichkeiten mit den Strukturfonds sowie Modernisierung der EU-Beihilfevorschriften; 7. Fortführung der Vereinfachung der Implementierung der EU-Rahmenprogramme; 8. Verbesserung der Bürgerbeteiligung in der EU-Forschungs- und Innovationsförderung, etwa durch Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Auswahl von neuen „Missionen“ oder durch das Co-Design von Forschungs- und Innovationsagenden; 9. Verstärkung komplementärer Abstimmung von Forschung- und Innovationsstrategien bzw. entsprechenden Förderprogrammen der EU sowie der Mitgliedstaaten; 10. Intensivierung internationaler Kooperationen in der EU-Forschungsförderung, beispielsweise durch uneingeschränkte Assoziierungsmöglichkeiten an das EU-Rahmenprogramm und 11. Verbesserung der systematischen Erfassung sowie öffentlichkeitswirksamen Vermittlung des „Impact“ von EU-geförderten Forschungs- und Innovationsmaßnahmen. https://ec.europa.eu/research/evaluations/pdf/archive/other_reports_studies_and_documents/hlg_2017_report.pdf#view=fit&pagemode=none Kommission; Verleihung der Ehrendoktorwürde an Kommissionspräsident Juncker an der Aristoteles-Universität Thessaloniki Am 13.07.2017 wurde Kommissionspräsident Juncker von der Juristischen Fakultät zum Ehrendoktor der Aristoteles-Universität Thessaloniki (APTh; GRI) gekürt. Juncker hielt zu diesem Anlass eine Rede mit dem Titel: „Griechenland und Europa: Eine Reise des Humanismus“. Zu seinen Ehren wurde die „Ode an die Freude“ der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven gespielt (ohne Text ist die Melodie die Hymne der EU). Juncker traf sich zu bilateralen Gesprächen auch mit Premierminister Tsipras, den Mitgliedern der griechischen Regierung sowie Abgeordneten des Parlaments.

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http://europa.eu/rapid/midday-express.htm F i n a n z d i e n s t l e i s t u n g e n EP; Anhörung mit SRM-Direktorin Elke König im ECON-Ausschuss Am 11.07.2017 fand im ECON-Ausschuss eine Anhörung mit Elke König, Direktorin des Einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM) statt. In ihren einführenden Worten wies sie darauf hin, dass im jüngst veröffentlichten Jahresbericht verdeutlicht werde, dass im vergangenen Jahr insgesamt 90 Abwicklungspläne für die wichtigsten EU-Banken erstellt worden seien. Auch sei das derzeit von Rat und EP beratene Paket zur Reduzierung von Risiken im Bankenbereich bedeutsam zur weiteren Stabilisierung des europäischen Finanzmarktes. Insbesondere die Etablierung von Verlustabsorptionspuffern, die im Falle einer Bankabwicklung ein klares Prozedere und Instrumente zur Schonung der Steuerzahler zur Verfügung stellen, sei eine notwendige Ergänzung des bestehenden Systems. Ergänzend sei der einheitliche Abwicklungsfonds (SRF) mit 17,4 Mrd. EUR mittlerweile gut gefüllt und auch die Arbeiten an einer gemeinsamen Letztsicherung kämen voran. Wichtig seien aber auch die Erfahrungen aus den aktuellen Bankenabwicklungsverfahren in ESP und ITL, die sehr unterschiedlich verlaufen seien. Während in ESP eine Abwicklung innerhalb von 24 Stunden gemäß den Regularien des SRM erfolgt sei, sei im Fall der beiden strauchelnden Banken in ITL auf das nationale Insolvenzverfahren zurückgegriffen worden, da keine negativen Auswirkungen auf das öffentliche Interesse zu erkennen war. Grundsätzlich müsse überlegt werden, so König, ob die Bankenmitteilung von 2013, wonach in einzelnen Fällen nationale Insolvenzverfahren in Übereinstimmung der geltenden Beihilferegeln greifen, an die mittlerweile existierenden Mechanismen wie die Abwicklungsrichtlinie BRRD angepasst werden müsste. http://web.ep.streamovations.be/index.php/event/stream/170711-1600-committee-econ Rat; Schlussfolgerungen zu notleidende Kredite beschlossen Der Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) hat am 11.07.2017 einen Aktionsplan zur Bekämpfung ausfallgefährdeter Kredite („non-performing loans“, NPL) beschlossen. Darin werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, um deren hohen Anteil in den Bankbilanzen zu reduzieren, der gegenwärtig die Kreditvergabe einschränkt und ein Stabilitätsrisiko darstellt. Laut eines aktuellen Berichts des Finanzdienstleistungskomitees des Rates (FSC) summieren sich europaweit die nicht-bedienbaren Kredite auf knapp eine Billion EUR, was etwa 6,7% des EU-Bruttoinlandprodukts bzw. über 5% aller Bankkredite entspricht. In einigen Mitgliedstaaten wie GRI und CYP liegt der Anteil fauler Kredit gleichwohl bei über 40%. Der EST-Finanzminister und amtierende Ratsvorsitzende, Toomas Tõniste, erklärte, die bisher gefundenen Lösungen bei den NPL seien auf die nationale Ebene beschränkt gewesen. Hier müsse künftig grenzüberschreitend vorgegangen werden. Mittels verschiedener Maßnahmen wie einer verbesserten Bankenaufsicht, einer weiteren Harmonisierung nationaler Insolvenzrahmen und Strafverfolgung sowie der Schaffung eines Sekundärmarktes für notleidende Kredite, über den solche NPLs veräußert werden können, sollen NPLs kontinuierlich abgebaut werden, um die Kreditvergabemöglichkeit der Banken und damit auch die Finanzierung der Realwirtschaft zu verbessern. http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/07/11-banking-action-plan-non-performing-loans/

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Rat; ECOFIN-Schlussfolgerungen zum Zwischenbericht zur Schaffung einer Kapitalmarktunion verabschiedet Am 11.07.2017 verabschiedeten die EU-Wirtschafts- und Finanzminister Schlussfolgerungen zu dem von der Kommission Anfang Juni veröffentlichten Zwischenbericht zur Schaffung einer Kapitalmarktunion. Insbesondere die Zielsetzung der Diversifizierung der Finanzierungsmöglichkeiten als auch die aufgrund des Brexit notwendig gewordenen zusätzlichen Themen seien nach wie vor richtig und wichtiger denn je. Aufgrund der zentralen Bedeutung gerade für KMU seien Fortschritte bei der Kapitalmarktunion eines der zentralen Themen des EST-Ratsvorsitzes, betonte der estnische Finanzminister und Ratsvorsitzende Tõniste. http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/07/11-conclusions-mid-term-review-capital-markets-union-action-plan/ Rat; Eurogruppe berät über Bankenabwicklung und notleidende Kredite Die Finanz- und Wirtschaftsminister der Eurozone haben bei ihrem Treffen am 10.07.2017 die jüngsten Fälle von Bankrettungen in ESP und ITL sowie den weiteren Umgang mit ausfallgefährdeten Krediten (NPL) debattiert. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem betonte, dass bei der Abwicklung der italienischen Banken zwar der EU-Rechtsrahmen voll eingehalten worden sei, gleichwohl aber der Fall Fragen aufwerfe. Demnach bedürfe es eines weiteren „Feinschliffs“ und einer Harmonisierung der nationalen Insolvenzregeln in der EU. Gleichzeitig war sich die Eurogruppe einig, dass eine Reduzierung des Volumens fauler Kredite von entscheidender Bedeutung für die Stabilität der Bankenunion sei. http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/07/10-eurogroup-jd-remarks/ Kommission; Konsultation zu notleidenden Krediten gestartet Parallel zu den Beratungen in der Eurogruppe und im ECOFIN-Rat hat die Kommission am 11.07.2017 eine bis 20.10.2017 laufende Konsultation zum Umgang mit notleidenden Krediten gestartet. Ziel der Konsultation ist, verschiedene Ansätze zu eruieren, die zur Senkung der weiterhin hohen Anteile an solch notleidenden Kredite in den Bilanzen von Banken beitragen können. Insbesondere die Schaffung eines Sekundärmarktes für solche Kredite wertet die Kommission als zukunftsweisenden Ansatz. Der für den EUR und den sozialen Dialog zuständige Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, betonte, dass der hohe Anteil von faulen Krediten die Finanzierung der Realwirtschaft verhindere und zudem Stabilitätsrisiken mit sich brächten. Indem Banken solche Kredite künftig über Sekundärmärkte veräußern, könnten Kapazitäten freigemacht werden für die originären Aufgaben der Banken. http://ec.europa.eu/info/consultations/finance-2017-non-performing-loans_en Kommission; Vorsorgliche Rekapitalisierung der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) genehmigt Die Kommission hat am 04.07.2017 eine staatliche Beihilfe in Höhe von 5,4 Mrd. EUR für eine vorsorgliche Rekapitalisierung der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) genehmigt. Bereits am 01.06.2017 war im Vorfeld zwischen Kommissarin Margrethe Vestager und dem ITL-Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan eine grundsätzliche Einigung über den Plan zur Umstrukturierung der MPS erzielt worden. Diese Einigung unterlag zwei Bedingungen, die jetzt beide erfüllt sind: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion bestätigt, dass die MPS solvent ist und die Mindestkapitalanforderungen erfüllt, ITL wiederum verfügt über eine förmliche Zusage privater Investoren, die zum Ankauf der notleidenden Kredite der Bank bereit sind. Der Plan ermöglicht es der MPS, den Kapitalbedarf zu decken, der bei einer etwaigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen

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entstehen würde. Die Anteilseigner und nachrangigen Gläubiger der MPS haben 4,3 Mrd. EUR beigesteuert, damit die staatliche Beihilfe genehmigt werden kann und, wie im EU-Beihilferecht vorgeschrieben, nur beschränkt Steuergeld eingesetzt werden muss. Unabhängig davon können anspruchsberechtigte Kleinanleger, die Anleihen halten, bei der Bank einen Ausgleich beantragen, weil ihnen missbräuchlich nachrangige Anleihen verkauft wurden. Ferner wird die Bank grundlegend umstrukturiert werden, damit sie fortbestehen kann und ITL eine ausreichende Rendite für die von ihm getätigte Investition erhält. Der für Finanzstabilität zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis erläuterte, dass je nach den konkreten Umständen die für die Bankenunion geltenden Vorschriften unterschiedliche Lösungen für Banken zulassen würden, die frisches Kapital brauchen. In jedem Fall sollte durch die jeweiligen Lösungen sichergestellt sein, dass die Finanzstabilität in Europa gewahrt und die Belastung für die Steuerzahler geringgehalten werde. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1905_de.htm EIOPA; Versicherungsaufsichtsbehörde fordert Rahmen für Sanierung und Abwicklung von Versicherungen Die in Frankfurt angesiedelte Europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA hat am 05.07.2017 eine Mitteilung veröffentlicht, wonach die Sanierung und Abwicklung von in Schieflage geratenen (Rück-)Versicherern harmonisiert werden müsse. Ähnlich wie Instrumente für Banken oder Zentrale Gegenparteien (CCP) sollte demnach auch im Versicherungsbereich ein Mindestmaß an Harmonisierung existieren, um im Ernstfall schnell und effizient agieren zu können, ohne die Stabilität zu gefährden. Wichtige Bestandteile seien dabei ähnliche Verfahren bei der Planung und Vorbereitung, der frühzeitigen Intervention, der tatsächlichen Abwicklung und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. https://eiopa.europa.eu/Publications/Press%20Releases/EIOPA%20calls%20for%20a%20European%20recovery%20and%20resolution%20framework%20for%20%28re%29insurers.pdf F i n a n z e n Kommission; Empfehlung zur Einstellung des Defizitverfahrens gegen GRI Am 12.07.2017 beschloss die Kommission, dem Rat die Einstellung des Defizitverfahrens gegen GRI zu empfehlen. Hintergrund seien die erheblichen Anstrengungen, die das Land in den letzten Jahren zur Konsolidierung seiner öffentlichen Finanzen unternommen habe, sowie die Fortschritte, die bei der Umsetzung des Stabilitätshilfeprogramms im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erzielt worden seien. Würde der Rat der Empfehlung der Kommission folgen, unterlägen nur noch drei Mitgliedstaaten der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (FRA, ESP und GBR), während es bei der Finanzkrise 2011 noch 24 Länder waren. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1962_de.htm EP; Maßnahmen nach Panama Leaks: Debatte mit Finanzministern Am 11.07.2017 fand im Panama-Papers-Untersuchungsausschuss eine Aussprache mit den Finanzministern von DEU, IRL, ITL und NDL statt. Wolfgang Schäuble, Paschal Donohoe, Carlo Padoan und Jeroen Dijsselbloem debattierten mit den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses über die Maßnahmen, die nach den Panama-Papers-Enthüllungen getroffen worden sind. Gegenstand der Debatte waren auch die neuesten Initiativen der EU gegen Steuerhinterziehung. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, MdEP Werner Langen (EVP/DEU), hieß die vier

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Finanzminister herzlich willkommen. Er wies darauf hin, dass der Panama-Papers-Untersuchungsausschuss nun seit einem Jahr über ein Mandat verfüge. Der Ausschuss werde im Oktober/November seine Empfehlungen und seinen endgültigen Bericht vorlegen. Die erste Debatte über den Berichtsentwurf der beiden Berichterstatter MdEP Jeppe Kofod (S&D/DNK) und MdEP Petr Jezek (ALDE/CZR) hatte am 10.07.2017 stattgefunden. http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/economy/20170711STO79507/massnahmen-nach-panama-leaks-debatte-mit-finanzministern EP; Standpunkt zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen (länderspezifische Berichte) Das EP legte am 04.07.2017 seinen Standpunkt für Verhandlungen mit dem Rat über den Vorschlag der Kommission hinsichtlich der Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen (sogen. Public-Country-by-Country-Reporting) fest. Der Bericht des EP sieht wie der Kommissionsvorschlag eine Offenlegungspflicht für alle multinationalen EU- und Nicht-EU-Unternehmen mit einem konsolidierten Jahresumsatz der Muttergesellschaft von mindestens 750 Mio. EUR vor. Zum Schutz wirtschaftlich sensibler Daten können Mitgliedstaaten eine Ausnahme von den öffentlichen Berichtspflichten auf jährlicher Basis gewähren. Das Mandat für den Trilog wurde mit großer Mehrheit beschlossen. http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170629IPR78639/mehr-steuertransparenz-fur-multinationale-unternehmen EP; Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der EU Das EP billigte am 06.07.2017 im Verfahren der Konsultation den Vorschlag für eine RL des Rates über Verfahren zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der EU in einer geänderten Fassung. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0314+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE ESM; Eurorettungsfonds gibt 8,5 Mrd. EUR für GRI frei Das Direktorium des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bewilligte am 07.07.2017 die Auszahlung einer neuen Hilfstranche für GRI in Höhe von 8,5 Mrd. EUR. Zuvor hatte der Gouverneursrat des ESM (Finanzminister der EUR-Länder) am 05.07.2017 in einer Telefonkonferenz einer Änderung der Reformverpflichtungen zugestimmt und darauf bestanden, dass drei Privatisierungsexperten aus ESP, ITL, SLK Straffreiheit zugesichert wird und dass die Kosten der Rechtsverteidigung des früheren Direktors des Griechischen Statistikamts (Elstat) vom Staat übernommen werden. GRI erhält 7,7 Mrd. EUR am 10.07.2017 (6,9 für Schuldendienst und 0,8 für Zahlungsrückstände). Nach dem 01.09.2017 erfolgt nach einem weiteren Beschluss des Direktoriums die Auszahlung von 0,8 Mrd. EUR für Zahlungsrückstände. https://www.esm.europa.eu/press-releases/esm-board-directors-approves-%E2%82%AC85-billion-loan-tranchegreece https://www.esm.europa.eu/press-releases/esm-board-governors-approves-supplemental-mou-greece Kommission, EZB; Sechste PTL-Überprüfung durchgeführt Vom 26.06. bis 04.07.2017 führten Mitarbeiter der EU-Kommission und der EZB die sechste Überprüfung nach Ende des Rettungsprogramms von PTL durch. Der Eurorettungsfonds ESM beteiligte sich im Rahmen seines Frühwarnsystems. Die Prüfer kamen zum Ergebnis, dass sich verglichen mit der letzten Mission, die

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kurzzeitige wirtschaftliche und finanzielle Lage verbessert habe. Die Erholung habe sich beschleunigt. Die Sanierung des Bankensektors müsse aber fortgesetzt werden. http://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2017/html/ecb.pr170705_1.en.html EP; Standpunkt für Haushaltsverhandlungen festgelegt Das EP beschloss am 05.07.2017 sein Mandat für den Trilog über den Entwurf des Haushaltsplans 2018. Das EP sah den Vorschlag der Kommission als guten Ausgangspunkt für die diesjährigen Verhandlungen. Das EP begrüßte auch die Möglichkeiten für stärkere Flexibilität im Haushaltsplanentwurf. Das EP hielt jedoch weitere Aufstockungen von Horizont 2020, „Connecting Europe“ (CEF) und von Erasmus+ für erforderlich. Aufzustocken sei auch das KMU-Programm COSME. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0302+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP// Kommission; Steuertrends in der EU Am 11.07.2017 veröffentlichte die Kommission eine detaillierte statistische und ökonomische Analyse der Steuersysteme in den Mitgliedstaaten (MS), sowie der Steuersysteme ISL und NOR, die Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums sind. Neben der Analyse der europaweiten Trends im ersten Teil des Berichts, enthält der Bericht in Teil 2 Länderkapitel mit Informationen zu den 28 MS, ISL und NOR. Für jedes Land werden die wichtigsten Steuerindikatoren in Prozent des BIP für die Jahre 2003 bis 2015 präsentiert. Die Daten werden ergänzt durch Information zu den jüngsten Steuerreformen in jedem Land. Anhang A enthält mehr als 80 Tabellen mit verschiedenen Steuerindikatoren. Anhang B beschreibt die den Berechnungen zugrundeliegenden Methodologie. Die Zahlen im Bericht basieren auf dem einheitlichen statistischen System ESVG 2010 (Europäisches System der Volkswirtschaftlichen und Regionalen Gesamtrechnungen 2010). https://ec.europa.eu/taxation_customs/business/economic-analysis-taxation/taxation-trends-eu-union_de EP; Berichtigungshaushalt Nr. 2 für 2017 gebilligt Das EP billigte am 04.07.2017 den Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2017, der insbesondere dem Ziel dient, den Überschuss des Haushaltsjahres 2016, der sich auf 6,4 Mrd. EUR beläuft, in den Haushaltsplan 2017 einzustellen. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2017-0286+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE Rat; Verständigung auf Position zum EU-Haushalt 2018 und Erhöhung des EU-Haushalts 2017 Die Ständigen Vertreter verständigten sich am 12.07.2017 auf ihren Standpunkt des Rates zum Entwurf des EU-Haushaltplans für 2018, bevor im Oktober die Verhandlungen mit dem EP beginnen. Der Standpunkt des Rates für 2018 sieht 158,9 Mrd. EUR an Verpflichtungen und 144,4 Mrd. EUR an Zahlungen vor, was einer Aufstockung um 0,6% bzw. 7,4% gegenüber dem EU-Haushalt 2017 entspricht. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rates billigte außerdem zwei Kommissionsvorschläge, mit denen die EU junge Arbeitslose stärker bei ihrer Arbeitssuche unterstützt und den ITL-Regionen, die 2016 von Erdbeben betroffen waren, beim Wiederaufbau hilft. Im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3 werden die Mittel des EU-Haushalts 2017 um 500 Mio. EUR an Verpflichtungen für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen erhöht. Im Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 4 werden im Rahmen des Solidaritätsfonds der EU

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1,2 Mrd. EUR für die von Erdbeben betroffenen ITL-Regionen Abruzzen, Latium, Marken und Umbrien mobilisiert. Der Rat wird seinen Standpunkt voraussichtlich Anfang September förmlich festlegen. Dieser Standpunkt wird dem EST-Vorsitz als Mandat für die Verhandlungen mit dem EP über den EU-Haushalt 2018 dienen. http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/07/12-eu-budget-position/ Rat; Länderspezifische Empfehlungen 2017 gebilligt Am 11.07.2017 gab der Rat seine Empfehlungen und Stellungnahmen 2017 zur Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten ab. Dies war die letzte Etappe des Europäischen Semesters 2017, der jährlichen Überwachung der Politik. Die Empfehlungen waren vom Europäischen Rat im Juni bestätigt worden. Die Empfehlungen wurden nun auf einer Tagung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) ohne Aussprache angenommen. http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/07/11-2017-country-specific-recommendations/ Kommission; Berichte über den EU-Haushalt 2016 Mit der Pressemitteilung „Berichte über den EU-Haushalt 2016: jeder ausgegebene Euro schafft Mehrwert“ veröffentlichte die Kommission am 11.07.2017 drei Berichte über die Ausführung des EU-Haushalts 2016. Aus den Berichten gehe hervor, dass der EU-Haushalt 2016 nicht nur im Einklang mit den EU-Vorschriften ausgeführt worden sei, sondern auch zur Verwirklichung der politischen Prioritäten der EU sowie zur Schaffung eines Mehrwerts für die Bürger der EU beigetragen habe. Der für Haushalt und Humanressourcen zuständige Kommissar Oettinger erklärte hierzu, wie die Daten zeigten, liefere der EU-Haushalt konkrete Ergebnisse, so die Ankurbelung von Forschung und Innovation, die Unterstützung von Landwirten, die Hilfestellung für Europäer bei der Suche nach Arbeitsplätzen, die Förderung von Investitionen, die Bekämpfung des Klimawandels oder die Leistung humanitärer Hilfe in der ganzen Welt. Dies sei ein echter Mehrwert, den nur der gemeinsame EU-Haushalt erbringen könne. Die drei Berichte markierten den Beginn des jährlichen Verfahrens, durch das das EP die Ausführung des EU-Haushalts durch die Kommission im Jahr 2016 beurteilt. Am Ende des Verfahrens entscheidet das EP, ob es die Jahresrechnung der EU abzeichne. Außer den drei nun veröffentlichten Berichten wird das EP dabei den Jahresbericht des EuRH in Betracht ziehen, der im September 2017 erwartet wird. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1942_de.htm Kommission; Staatliche Beihilfen: POL-Einzelhandelssteuer für mit EU-Recht unvereinbar erklärt Wie die Kommission am 30.06.2017 mitteilte, kam sie zu dem Schluss, dass die polnische Einzelhandelssteuer gegen die EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen verstoße. Sie ist der Auffassung, dass der umsatzbasierte progressive Steuersatz Unternehmen mit geringem Umsatz einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz einräumt. http://ec.europa.eu/competition/elojade/isef/case_details.cfm?proc_code=3_SA_44351 S o z i a l e s Rat; Beginn der Verhandlungen zum RL-Entwurf Vereinbarkeit Beruf & Familie Die Ratsarbeitsgruppe (RAG) Sozialfragen tagte am 10.07.2017 erstmalig zum Vorschlag für eine RL des EP und des Europäischen Rates zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der RL

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2010/18/EU des Rates (COM/2017/0253 final). Grundsätzlich begrüßten nahezu alle Mitgliedstaaten (MS) den RL-Entwurf und seine Ziele. Besondere Kritiken und Prüfvorbehalte ergaben sich zu Fragen der Kosten, der Dauer der einzelnen Urlaube und zur Beibehaltung einzelner nationaler Regelungen, die teils erheblich über den Kommissionsvorschlag hinausgingen. Zahlreiche MS sahen klare Subsidiaritätsverstöße; NDL hat bereits eine Subsidiaritätsrüge beschlossen. Andere Parlaments- und Regierungsbeschlüsse lagen dagegen mit positiven Votum vor (v.a. CZR, ITL, FIN). Die RL ist Bestandteil der ESSR. Die Kommission will damit maßgebliche Änderungen bei der Frauenerwerbsquote erreichen. Zudem solle das völlige Ausscheiden von Frauen aus dem Erwerbsleben vermieden werden. Dazu betont die Kommission die Notwendigkeit von Flexibilität bei den neuen Regelungen. Um mehr Männer in die Betreuung von Kindern einzubinden müssten klare Vorteile erkennbar sein, z.B. beim Lohnausgleich. Der neue Vaterschaftsurlaub soll in den wichtigen Tagen nach der Geburt sicherstellen, dass eine Vater-Kind-Bindung entstehen kann. http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52017PC0253&from=EN EuGH; Gewerbliches Flugverbot für Piloten über 65 Jahren Die 1. Kammer des EuGHs urteilte am 05.07.2017 in der Rechtssache C-190/16, Klage von Werner Fries gegen Lufthansa CityLine GmbH, dass die unionsrechtlich vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren für im gewerblichen Luftverkehr zur Beförderung von Fluggästen, Fracht oder Post eingesetzte Piloten, gültig sei. Sie sei durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt, auch wenn sie de facto eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters und eine Einschränkung der beruflichen Freiheit bedeute. Weitere Tätigkeiten, die nicht der Beförderung von Fluggästen oder Fracht dienen, wie Leerflüge und Ausbildung, seien jedoch möglich. Herr Fries war der Ansicht, dass die fragliche Altersgrenze eine Diskriminierung wegen des Alters darstelle und gegen seine Berufsfreiheit verstoße, so dass sie im Widerspruch zur Charta der Grundrechte der EU stehe. Der EuGH bestätigt, dass die streitige Altersgrenze eine Ungleichbehandlung wegen des Alters begründet. Die Rechtfertigung bestehe, weil es nicht zu bestreiten sei, dass die für den Beruf des Verkehrspiloten erforderlichen körperlichen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter abnehmen. Mit der fraglichen Altersgrenze kann ausgeschlossen werden, dass ein Abnehmen dieser körperlichen Fähigkeiten nach dem 65. Lebensjahr zur Unfallursache wird, ohne dass jedoch gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde. Der EuGH führte hierzu aus, dass die fragliche Altersgrenze nur auf den gewerblichen Luftverkehr Anwendung findet, der durch eine größere technische Komplexität der Luftfahrzeuge und eine höhere Anzahl betroffener Personen als im nichtgewerblichen Luftverkehr gekennzeichnet ist. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=192366&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=568195 Kommission; Aktionsplan II zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen Die Kommission hat am 29.06.2017 einen neuen Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (AMR) verabschiedet. Die Kommissare Andriukaitis (Gesundheit) und Moedas (Forschung, Wissenschaft, Innovation) sagten dabei, dass AMR eine wachsende weltweite Bedrohung darstellten. Wenn man jetzt nicht mehr dagegen tue, könnten sie bis 2050 mehr Todesfälle verursachen als Krebs. Die ehrgeizige Agenda, die man nun vorstelle, ziele auf die Schlüsselbereiche mit dem höchsten Mehrwert für die Mitgliedstaaten (MS). AMR seien bereits für den Tod von Tausenden verantwortlich und seien eine erhebliche Bürde für Gesellschaft und

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Wirtschaft. Kein Land könne diese Bedrohung allein in den Griff bekommen. Was man brauche, sei eine echte europäische Forschungsinitiative zur Rettung von Menschenleben, Tieren und Umwelt. Deshalb sei dieser Aktionsplan so wichtig: Er werde dafür sorgen, dass Koordinierung und Zusammenarbeit in der Forschung zwischen den MS sowie öffentlichem und privatem Sektor in Europa und darüber hinaus besser gelinge. Der Aktionsplan sei die Fortsetzung des ersten Aktionsplans 2011-2016 und bestehe aus 75 Maßnahmen in den drei Säulen: Die EU als Best-Practice-Region / Forschungsförderung / Gestaltung der globalen Agenda. Damit die EU zu einer Region werden kann, die beispielhaft vorangeht, müssen Daten, Koordinierung und Überwachung sowie die Kontrollen verbessert werden. Dadurch werden die MS bei der Aufstellung, Durchführung und Überwachung einschlägiger nationaler Aktionspläne zur AMR-Bekämpfung, die sie bei der Weltgesundheitsversammlung 2015 zugesagt haben, unterstützt. https://ec.europa.eu/health/amr/antimicrobial-resistance_en EuGH; Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen mit einer kombinierten Erlaubnis Die 7. Kammer des EuGHs urteilte am 21.06.2017 in der Rechtssache C‑449/16, Klage von Kerly Silva gegen das Nationale Institut für soziale Sicherheit (INPS, ITL) bzw. die Stadt Genua (ITL), dass ein Drittstaatsangehöriger, der Inhaber einer kombinierten Arbeitserlaubnis in einem Mitgliedstaat (MS) ist, im Allgemeinen Anspruch auf die für die Staatsangehörigen dieses MS vorgesehenen Leistungen der sozialen Sicherheit hat. Mit seinem Urteil stellte der EuGH fest, dass die Beihilfe, die Gegenstand der Klage ist, eine Leistung der sozialen Sicherheit ist, die unter Familienleistungen nach der VO der EU zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit fällt (VO (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der Fassung vom 16.09.2009). Der EuGH weist darauf hin, dass das Recht auf Gleichbehandlung die allgemeine Regel bildet und die RL die Ausnahmen von diesem Recht aufführt, die die MS vorsehen können. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=192044&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=566262 G e s u n d h e i t u n d V e r b r a u c h e r s c h u t z Kommission; EP; Rat; Einigung über besseren Schutz der Arbeitnehmer vor krebserregenden Chemikalien EP und Europäischer Rat haben am 11.07.2017 eine Einigung über den Vorschlag der Kommission zur Festlegung neuer oder strengerer Arbeitsplatzgrenzwerte für mehrere krebserregende chemische Stoffe erzielt. Kommissarin Thyssen (Beschäftigung, Soziales) begrüßte die Einigung. Durch Krebs sterben mehr Arbeitnehmer als durch jede andere berufsbedingte Erkrankung. Daher sei die erzielte Einigung ein Meilenstein im Arbeitsschutz, vor allem im Hinblick auf arbeitsplatzbedingte Krebserkrankungen. Der Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Arbeitnehmer, insbesondere die Bekämpfung berufsbedingter Krebserkrankungen, liegt der Kommission sehr am Herzen. Seit Mai 2016 wurden zwei Vorschläge vorgelegt, um die Exposition am Arbeitsplatz gegenüber 20 krebserregenden Chemikalien zu senken. Beide Vorschläge würden dazu beitragen, dass in den nächsten 50 Jahren mehr als 100.000 Todesfälle bei Arbeitnehmern vermieden werden könnten. Die Arbeit der Kommission sei damit allerdings nicht getan. Sie habe bereits begonnen, einen Vorschlag für die nächste Gruppe von chemischen Stoffen vorzubereiten, den sie Anfang 2018 vorlegen will. Zudem hat die Kommission im Januar 2017 eine breiter angelegte Initiative zur Förderung des Arbeitsschutzes in die Wege geleitet.

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http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-17-1864_de.htm Kommission; Beginn Öffentlicher Konsultationen zur Aluminiumbelastung in Spielwaren Die Kommission begann am 07.07.2017 die Öffentlichen Konsultationen zur Aluminiumbelastung von importierten Spielwaren. Die Durchführung obliegt dem Wissenschaftlichen Gesundheitskomitee SCHEER. Alle verfügbaren Daten zur Giftigkeit von Aluminium sollen ausgewertet werden. Als Grundlage sollen die 2008 von der European Food Safety Authority (EFSA) und 2011 vom Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) festgelegten Grenzwerte berücksichtigt werden. Als vorläufige Grenze sehe man eine tägliche Aufnahme von 0,3 mg je Kilo Körpergewicht an. Nach der bestehenden Gesetzlage dürfen davon nur 10% der täglichen Aufnahme durch Spielwaren erfolgen, z.B. durch Stäube und Abrieb. SCHEER wies darauf hin, dass die wöchentliche Aufnahme von Aluminium durch Nahrung bereits die Grenzwerte überschreite. Daher solle die zusätzliche Aufnahme aus Spielwaren weitest möglich reduziert werden. Alle Interessenvertreter sind aufgerufen, sich mit schriftlichen Mitteilungen an den Öffentlichen Konsultationen bis zum 10.09.2017 zu beteiligen. https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/consultations/public_consultations/scheer_consultation_04_en EuGH; Haftung für fehlerhafte Produkte, hier: Impfstoffe Die 2. Kammer des EuGHs urteilte am 21.06.2017 in der Rechtssache C‑621/15, Klage der Familie W. gegen den französisch-deutschen Impfstoffkonzern Sanofi Pasteur, in einer Haftungsfrage zur Impfstoffherstellung. Dabei ging es um die Auslegung zu RL 85/374/EWG – Haftung für fehlerhafte Produkte, insbesondere Art. 4 (Beweis des Zusammenhangs zwischen Fehler und Schaden durch den Geschädigten). Nach drei Impfungen 1998/99 gegen Hepatitis B mit einem von Sanofi Pasteur hergestellten Impfstoff traten ab August 1999 bei Herrn J.W. verschiedene Beschwerden auf, die im November 2000 zur Diagnose einer Multiplen Sklerose führten. Berufsunfähig ab 2001 verstarb Herr W. 2011. Bereits 2006 hatten Herr W. und seine Familie Klage gegen Sanofi Pasteur auf Ersatz des Schadens erhoben, der ihm durch den Impfstoff entstanden sei. Das Urteil besagt, dass der Fehler eines Impfstoffs und der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem Fehler und einer Krankheit bei fehlendem wissenschaftlichem Konsens durch ein Bündel ernsthafter, klarer und übereinstimmender Indizien bewiesen werden könne. Die zeitliche Nähe zwischen der Verabreichung eines Impfstoffs und dem Auftreten einer Krankheit, fehlende Vorerkrankungen bei der geimpften Person selbst und in ihrer Familie sowie das Vorliegen einer bedeutenden Anzahl erfasster Fälle des Auftretens der Krankheit nach solchen Verabreichungen können hinreichende Indizien für die Erbringung dieses Beweises darstellen. Sanofi Pasteur hat seine Deutschlandzentrale als Sanofi Aventis im Industriepark Höchst ansässig, hier arbeiten 7.300 Mitarbeiter in Forschung, Entwicklung, Produktion und Verwaltung. Im Bereich Impfstoffe ist der Konzern Weltmarktführer. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=9ea7d2dc30d6a1ed08b6998340b3b6e0d1314d208ef5.e34KaxiLc3qMb40Rch0SaxyMaxb0?text=&docid=192054&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=566103 EFSA; Hepatitis E Infektionen u.a. durch rohes Schweinefleisch angestiegen Am 11.07.2017 gab die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bekannt, dass der Verzehr von rohem und ungekochten Schweinefleisch und Leber eine der häufigsten Ursachen für eine Infektion mit Hepatitis E sei. Mehr als 21.000 Fälle der Infektion beim Menschen wurden europaweit in den letzten zehn Jahren

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aktenkundig, es wurde ein zehnfacher Anstieg der Neuinfektionen in diesem Zeitraum festgestellt. Die Vorsitzende der EFSA-Arbeitsgruppe zu Hepatitis E stellte klar, dass die Hauptquelle der Infektion nicht das auf Reisen außerhalb der EU aufgenommene kontaminierte Trinkwasser sei, sondern innerhalb der EU-Grenzen die Hauptquelle die Nahrung ist. Inländische Schweine sind die Hauptträger von Hepatitis E. Auch bei Wildschweinen ist dies möglich, diese werden jedoch weniger zum Verzehr gebraucht. Die EFSA empfiehlt den Mitgliedstaaten, durch Sensibilisierung den sachgerechten Umgang mit ungekochtem Schweinefleisch zu fördern und auf die Gesundheitsrisiken aufmerksam zu machen. So sollten Verbraucher dieses vor dem Verzehr gründlich kochen. https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/170711 EFSA; OpenFoodTox-Datenbank Am 10.07.2017 stellte die EFSA ihre OpenFoodTox-Datenbank mit chemischen Gefahren in Lebens- und Futtermitteln vor. Diese Datenbank ist eine Informations-plattform für toxikologische Informationen und Risikobewertung, die möglicherweise zur Verringerung der Tierversuche dienen kann. Wissenschaftler des Mario-Negri-Instituts für Pharmakologische Forschung in Mailand (ITL) haben ein EFSA-finanziertes Projekt zur Entwicklung alternativer computergestützter Modellierungswerkzeuge auf Basis der OpenFoodTox-Datenbank abgeschlossen. In dem Projektbericht wird erklärt, wie die Datenbank als Werkzeug den Risikobewertern helfen kann, toxikologische Teststrategien zu priorisieren und Risikobewertungen für entstehende Kontaminanten durchzuführen, wenn Daten fehlen. http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/170710 EFSA; Personalisierung von ANS- und CEF-Gremien erfolgt Am 06.07.2017 teilte die EFSA mit, dass die Personalisierung in zwei wissenschaftlichen Einheiten bis zum 31.05.2018 verlängert wurde. Es handelt sich dabei um die Gremien Lebensmittelzusatzstoffe und Nährstoffquellen (ANS) sowie Lebensmittelkontaktmaterialien, Enzyme, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe (CEF). Die beiden Panels haben für ihre einjährigen Mandate anspruchsvolle Arbeits-programme. Das ANS-Gremium beurteilt die Sicherheit von Lebensmittelzusatz-stoffen, Nährstoffquellen und anderen Stoffen, welche bewusst Lebensmitteln zugegeben werden. In den nächsten zwölf Monaten wird das Gremium an der Neubewertung dieser Stoffe arbeiten. Das CEF-Gremium befasst sich mit der Frage der Sicherheit der Verwendung von Lebensmittelkontaktmaterialien sowie den Fragen zur Sicherheit von Kunststoffrecyclingprozessen. http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/170706 EFSA; Neue Leitlinien zur Absorption von Pflanzenschutzmitteln Am 03.07.2017 veröffentlichte die EFSA eine Anleitung zur Hautabsorption von Pflanzenschutzmitteln, welche vorschlägt, dass Standardwerte für fehlende experimentelle Daten durch Risikobewertungen der in Pflanzenschutzmitteln verwendeten Wirkstoffen verwendet werden können. Diese Anleitung aktualisiert die von der EFSA im Jahr 2012 veröffentlichte Leitlinie und wirft auch ein Augenmerk auf die neu verfügbare Human-In-Vitro-Studien. Die Analyse der neuen Informationen, welche vom Bundesinstitut für Risikobewertung und der European Crop Protection Association zur Verfügung gestellt wurden, zeigte an, dass die Dichteabsorption durch die Konzentration des Wirkstoffs in der Zubereitung und der Art der Rezeptierung auf neuen Standardwerten basieren. Die EFSA empfiehlt weiterhin, die Dokumente der OECD zur Hauabsorptions- und Prüfrichtlinie zu überarbeiten, da dies bei der Bewertung der Hautabsorption von Chemikalien unterstützen und durch umfangreiche Erfahrungen besser wiedergespiegelt werden kann. Zudem würde es die globale

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Akzeptanz von der In-Vitro-Methode als Alternative für Tierversuche erhöhen. Ein technisches Treffen mit den Stakeholdern findet vom 27.-28.09.2017 in Parma (ITL) statt. Ziel dieses Treffens ist es, die Unterschiede der neuen Leitlinie zu der Fassung von 2012 zu erläutern, zu diskutieren und Feedback für das neue Dokument zu bekommen. http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4873 Kommission; Öffentliche Konsultation zur Verbraucherschutz-RL gestartet Am 30.06.2017 gab die Kommission bekannt, dass sie eine gezielte Revision der EU-Verbraucherschutz-Richtlinien durchführen möchte. Hierzu wird für den Zeitraum von 4 Wochen eine öffentliche Konsultation über die Folgenabschätzung vom 30.06.2017 bis 28.07.2017 durchgeführt. Betroffen sind die Richtlinien 93/13/EWG vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Richtlinie 98/6/EG vom 16.02.1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse, Richtlinie 2005/29/EG vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken sowie Richtlinie 2011/83/EC über Verbraucherrechte. Die Konsultation richtet sich an alle Betroffenen. Rückmeldungen sind sowohl unter Angabe der personenbezogenen Daten als auch anonym möglich. Die Rück-meldungen werden unverzüglich auf der Konsultationswebsite veröffentlicht. http://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2017-3287178_en U m w e l t Kommission; Kriterien für endokrine Disruptoren verabschiedet Am 04.07.2017 stimmten die Vertreter der Mitgliedstaaten für den Entwurf der Kommission zu einer Delegierten-Verordnung über wissenschaftliche Kriterien zur Identifizierung von endokrinen Disruptoren im Bereich Pflanzenschutzmittel. Dies stellt nach Aussage von Kommissar Andriukaitis einen wichtigen Schritt für den Schutz der Bürger da. Die neuen Kriterien für Stoffe, die unter die Pflanzenschutzmittel-gesetzgebung fallen, basieren auf der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie identifizieren bekannte und vermutete endokrine Disruptoren. Sie legen auch fest, dass die Identifizierung eines endokrinen Disruptors unter Berücksichtigung aller relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse einschließlich tierischer, In-vitro- oder In-silico-Studien und unter Verwendung eines evidenzbasierten Ansatzes erfolgen sollte. Die Kommission beabsichtigt, dieselben Kriterien für Biozide zu erlassen. Dies ist wichtig, weil die Eigenschaften, die eine Substanz zu einem endokrinen Disruptor machen, nicht von der Verwendung des Stoffes abhängen. Die Kommission bestärkte die Entschlossenheit, eine EU-Politik für endokrine Disruptoren zu entwickeln. Es gibt nun ein Regulierungssystem mit rechtsverbindlichen Kriterien, um zu definieren, was ein endokriner Disruptor ist. Das wird letztendlich dafür sorgen, dass die Exposition von EU-Bürgern gegenüber endokrinen Disruptoren, über Pestizide und Biozide hinaus, minimiert wird. Parallel dazu wird im Rahmen des nächsten Horizont 2020-Arbeitsprogramms im Jahr 2018 eine substanzielle neue Forschung zu endokrinen Disruptoren mit einem Budget von rund 50 Mio. EUR für 10 Projekte vergeben. http://ec.europa.eu/health/sites/health/files/endocrine_disruptors/docs/20170530_ppp_draft_en.pdf Kommission; Evaluierung zu Umweltzeichensystem und EMAS vorgelegt Am 30.06.2017 hat die Kommission einen Bericht über die Schlussfolgerungen der Evaluierung des EU-Umweltzeichensystems sowie des Umweltmanagementsystems (EMAS) verabschiedet. Der Fitness-Check der beiden Systeme ergab, dass die

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Umsetzung verbessert werden muss, um das volle Potential als zirkuläres Wirtschafts-werkzeug zu erreichen. Das EU-Umweltzeichen ist ein freiwilliges Etikett, welches die Umwelt-Exzellenz fördert, indem es als glaubwürdige und vertrauensvolle Referenz für Verbraucher dient. Es zielt darauf ab, die oberen 20% der besten produzierten Produkte zu erkennen. Das EMAS ist ein freiwilliges Management-System für Unter-nehmen und andere Organisationen zu Verbesserung der Umweltleistung. Es umfasst alle Wirtschafts- und Dienstleistungssektoren und hat weltweite Gültigkeit. Die Kommission selbst sparte durch Anwendung von EMAS 74 Mio. EUR ein. Zudem bekräftigt sie die stärker fokussierte und wirksame Umsetzung beider Systeme in den Mitgliedstaaten. Um die Effektivität des Umweltzeichens zu stärken und die Aufnahme zu erhöhen, verfolgt die Kommission u.a. den strategischen Ansatz, Produktgruppen stärker zu bündeln, Kommunikation zu verstärken und Verwaltungskosten zu senken. http://ec.europa.eu/environment/ecolabel/index_en.htm Kommission; Climate Action Pacific Partnership Am 05.07.2017 berichtete die Kommission über die vom 03.-04.07.2017 durchgeführte Eröffnungsveranstaltung der Climate Action Pacific Partnership in Suva (FJI). Diese dient der Bewältigung der nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels. Im Zentrum der Veranstaltung stand die Anerkennung der Notwenigkeit, die „Pacific Small Island Developing States“ in der globalen Klimaschutz-Agenda zu unterstützen und zu stärken. Es wurden Stakeholder aus dem privaten und öffentlichen Sektor zusammengebracht, um gemeinsam Ideen und Lösungen auszutauschen, um die Klimapolitik im pazifischen Raum zu intensivieren. Wichtige Empfehlungen aus der Veranstaltung beinhalteten das „Mainstreaming“ von klimarelevanten Überlegungen und Resilienz in allen Politikbereichen sowie in öffentlichen und privaten Investitions- und Finanzierungsstrategien. Die Regierung von FJI wird vom 06.-17.11.2017 die nächsten jährlichen UN-Klimaschutzverhandlungen - die 23. Sitzung der Konferenz der Vertragsparteien (COP23) - in Bonn gestalten. Die EU wird ein ehrgeiziges Ergebnis auf der COP23 drängen, welches für die Vorbereitung des „Facilitative Dialogue” im Jahr 2018 benötigt wird. https://ec.europa.eu/clima/news/eu-reiterates-commitment-helping-pacific-islands-cope-impacts-climate-change_en Kommission; Öffentliche Konsultation über Evaluierung der SUP-Richtlinie Am 11.07.2017 gab die Kommission bekannt, dass sie eine öffentliche Konsultation zu Aktualisierung des Fahrplans für die Evaluierung der RL 2001/42/EC über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (Strategische Umweltprüfung - SUP) durchführt. Die Konsultation wird über einen Zeitraum von vier Wochen vom 11.07.2017 bis 08.08.2017 durchgeführt und richtet sich an alle Betroffenen. Rückmeldungen sind sowohl unter Angabe der personenbezogenen Daten als auch anonym möglich. Die Rückmeldungen werden unverzüglich auf der Konsultationswebsite veröffentlicht. http://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2017-3481432_en L a n d w i r t s c h a f t Kommission; Zukünftige GAP soll Landwirte und Umweltschutz sichern Die Kommission führte am 07.07.2017 eine Konferenz über die Herausforderungen der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) durch. Ein wesentliches Ergebnis der Konsultation aus dem ersten Halbjahr 2017 war, dass die Agrarpolitik am besten auf EU-Ebene gesteuert werde und schwerpunktmäßig auf Kernfragen der Unterstützung für Landwirte und den Umweltschutz ausgerichtet sein soll. Bei der Konsultation zur

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Modernisierung und Vereinfachung der GAP wurden über 322.000 Beiträge aus einem breiten Spektrums von Interessenträgern eingereicht, darunter von Landwirten, Bürgern, Organisationen und anderen interessierten Parteien. https://ec.europa.eu/agriculture/events/cap-have-your-say_de Kommission; Neue EU-Zuckermarktbeobachtungsstelle eingerichtet Am 11.07.2017 fand ein erstes Treffen der EU-Zuckerexperten mit der Kommission zur Einrichtung einer Beobachtungsstelle für den Zuckermarkt statt. Kommissar Hogan (Landwirtschaft und ländliche Entwicklung) kündigte die Gründung an, um dem EU-Agrarsektor zu helfen, die Marktvolatilität besser zu steuern sowie Marktsignale zu analysieren, um somit den Produzenten zu helfen. Ziel der Beobachtungsstelle ist die Erweiterung der Transparenz des EU-Zuckersektors. Sie wird sich aus 14 Organisationen zusammensetzen, welche aus Zucker- und Süßstoffversorgungsketten sowie EU-Beamten bestehen. Bei der Auftaktver-anstaltung wurden Struktur und Funktionsweise der Zuckermarktbeobachtungsstelle beschlossen. https://ec.europa.eu/agriculture/market-observatory/sugar_en Kommission; EU-Japan-Abkommen ein Gewinn für EU-Landwirtschaft Das am 06.07.2017 abgeschlossenen neue Wirtschaftspartnerabkommen zwischen der EU und JPN wird als große neue Chance in Japan für die exportierenden Landwirtschafts- und Nahrungsmittelproduzenten begrüßt. Bezüglich der Landwirt-schaft trifft das Abkommen Vereinbarungen in den Bereichen der Einfuhrzölle auf Käse (29,8%) und auf Weinexporte (derzeit durchschnittlich 15%), die Erhöhung der Rindfleischausfuhren nach JPN sowie der Schutz von 200 hochwertigen europäischen Agrarprodukten mit geschützten geografischen Herkunftsbezeichnungen. Kommissar Hogan bezeichnete das Abkommen als das bedeutendste und weitreichendste Geschäft des Landwirtschafts- und Ernährungshandels, welches zwischen JPN und der EU abgeschlossen wurde. Er bezeichnet es als einen Win-Win-Deal, welcher die Beziehungen zu JPN stärkt. http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1684 Kommission; Reflexion zu jüngstem Milchmarktprogramm vorgelegt Am 30.06.2017 reflektierte die Kommission das im letzten Quartal 2016 bis Januar 2017 stattfindenden Entschädigungsprogrammes für Milchbauern. So nahmen etwa 48.000 Milchbauern an der Regelung teil, was zu einer Reduktion der Gesamtmilch-produktion von 834.000t führte. Von dem ursprünglich für die Entschädigung der Landwirte angedachten Budget wurden von 150 Mio. EUR lediglich 112 Mio. genutzt. Ziel der Vereinbarung mit den Milchbauern war es, die Auswirkungen der Milchkrise zu reduzieren und somit beispielsweise die Milchpreise zu erhöhen. Die Entschädigung des Programms beläuft sich auf 14 Eurocent je reduziertem Kilo Milchprodukt. Das Programm trug zudem zu einer Neuausrichtung des Milchmarktes bei, was sich in dem Anstieg der Milchpreise um 21% wiederspiegelt. https://ec.europa.eu/info/news/final-figures-reflect-success-eu-milk-production-reduction-scheme_en Kommission; Perspektiven des Landwirtschaftssektors in Afrika Am 02.07.2017 trafen sich Minister der Afrikanischen Union mit den Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zum Thema nachhaltiger Landwirtschaft. Es wurde erklärt, dass die Investitionen in die nachhaltige Nahrungsmittelproduktion und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Afrika verbessert werden sollte, dafür wurden neue Impulse gegeben. Es wurde eine gemeinsame Vision, wie man nachhaltiges und integratives Wachstum generiert, beschlossen. Kommissar Hogan unterstrich, dass die Entwicklung des

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afrikanischen Agrar- und Ernährungssektors im Mittelpunkt der derzeitigen europäischen Maßnahmen in Afrika stehe. Diese Entwicklungen sollen vor allem der afrikanischen Jugend Perspektiven aufzeigen. Es sei zudem notwendig, ein Umfeld für private Investitionen zu schaffen, um so zum Wachstumsprozess beizutragen. Hierbei würden die Landwirtschaftsminister eine entscheidende Rolle spielen. Er betonte außerdem die Bedeutung der Jugend für die Entwicklung des afrikanischen Landwirtschaftssektors: mit einer Bevölkerung von 2,4 Mrd. im Jahr 2050, eine faktische Verdopplung des bisherigen Standes, müssen auf dem Kontinent bis 2035 18 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen werden, zitierte er den IWF. Ein Landwirt solle als Unternehmer gesehen werden, nur so könne man den Sektor attraktiv für junge Arbeitnehmer gestalten. http://ec.europa.eu/europeaid/regions/africa/continental-cooperation/africa-eu-dialogue_en EFSA; Fotowettbewerb zur EU-Bienenpartnerschaft gestartet Am 06.07.2017 gab die EFSA bekannt, dass sie in Anlehnung an die europäische Bienenwoche vom 26.-30.06.2017 einen Fotowettbewerb startet, um das Bewusstsein für die Gefahren der Bienen und anderer Bestäuber zu wecken. Es wird aufgerufen, Fotos, welche die Biene oder Aspekte ihrer Gesundheit zeigen, als direkte Nachricht oder an das Instagram-Konto @EFSA_EU zu schicken. Die Einreichungen werden auf dieser Seite veröffentlicht und sind unter dem Hashtag: #the3bs zu finden. Die Fotos mit der höchsten Anzahl an Likes werden am 30.09.2017 auf der Website der EFSA präsentiert. http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/170706-0 J u s t i z Rat; Informelles Justizministertreffen in Tallinn Die EU-Justizminister sind am 06./07.07.2017 zu einem informellen Treffen in Tallinn (EST) zusammengekommen. Einen Schwerpunkt der Diskussionen bildete die Weiterentwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs (eJustice). Die Minister kamen überein, die Zukunft von eJustice und den Aktionsplan zu ihrer Weiterentwicklung in den Jahren 2019-2023 auch künftig auf Ministerebene zu diskutieren. Ein Meinungsaustausch wurde auch geführt zum Richtlinienvorschlag für den Online-Warenhandel aus dem Jahr 2015. Der Vorschlag wird derzeit im Rat und EP beraten; dabei stellt sich vor allem die Frage, ob sein Geltungsbereich auf den stationären Handel ausgedehnt werden soll. Die Justizminister sprachen sich für einen kohärenten Rechtsrahmen für Online- und Offline-Käufe aus, wiesen aber auch auf verfahrensrechtliche Probleme der Erweiterung des Anwendungsbereichs im laufenden Gesetzgebungsverfahren hin. Förmliche Beschlüsse wurden dem Charakter als informellen Treffen entsprechend nicht gefasst. Der nächste formelle Justizrat findet am 12.10.2017 in LUX statt. https://www.eu2017.ee/news/press-releases/future-e-justice-discussed-during-justice-ministers-informal-meeting-tallinn EP; Berichtsentwurf zum Schutz von Whistleblowern vorgelegt Im EP-Rechtsausschuss (JURI) hat die Berichterstatterin, MdEP Virginie Rozière (S&D/FRA), am 12.07.2017 ihren Berichtsentwurf zum Schutz von Hinweisgebern, sog. „Whistleblowern“, vorgestellt. Sie fordert ein horizontales EU-Legislativinstrument zum Schutz von „Whistleblowern“. Die Kommission wird aufgerufen, bis Ende 2017 einen Vorschlag vorzulegen. Die Definition des „Whistleblowers“ soll darin weit gefasst sein und „Whistleblowing“ inner- und außerhalb einer Organisation gleichermaßen

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einschließen. Hinweisgeber sollen bei Nachteilen in Folge ihrer Meldung von einer Beweislastumkehr profitieren, und finanzielle und psychologische Unterstützung sowie Schadensersatz erhalten können. Die Mitgliedstaaten und die EU sollen eine unabhängige Stelle zur Entgegennahme von Hinweisen und zur Unterstützung der „Whistleblower“ einrichten. In der Aussprache im JURI zeigte sich, dass vor allem die Forderung nach einer Beweislastumkehr und der Umgang mit anonymen Hinweisen umstritten sind. Die Frist für Änderungsanträge wurde um eine Woche auf den 25.07.2017 verlängert. Der Ausschuss wird voraussichtlich Ende September 2017 abstimmen. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=COMPARL&reference=PE-606.289&format=PDF&language=EN&secondRef=01 Kommission; Fahrplan und Konsultation zur Reform des EU-Verbraucherschutzrechts Die Kommission hat am 01.07.2017 einen neuen Fahrplan („Inception Impact Assessment“) für eine „gezielte Revision“ von Richtlinien (RL) im EU-Verbraucherschutzrecht veröffentlicht. Gleichzeitig startete sie eine öffentliche Konsultation. Der Fahrplan stellt mögliche legislative und nicht-legislative Maßnahmen dar, die die Kommission als Folge der Überprüfung des geltenden Rechtsrahmens in Betracht zieht. Betroffen sind u.a. die RL 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, die RL 98/6/EG über Preisangaben auf Verbraucherprodukten, die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und die VerbraucherrechteRL 2011/83/EU. Als legislative Maßnahme wird eine gezielte, punktuelle Revision der entsprechenden RL erwogen. Die Kommission nennt als mögliche Themen der Revision u.a. Rechte auf individuellen Schadensersatz bei unlauteren Geschäftspraktiken, effektivere Strafen bei Verletzung des Verbraucherschutzrechts, mehr Transparenzanforderungen für Online-Plattformen, Ausdehnung der Verbraucherrechte auf Verträge für Online-Dienstleistungen, bei denen die Verbraucher mit Daten statt mit Geld zahlen, sowie die Vereinfachung von Regeln. Die am 30.06.2017 eingeleitete öffentliche Online-Konsultation zur Reform des EU-Verbraucherschutzrechts endet am 08.10.2017. Der Legislativvorschlag wird für Ende 2017 erwartet. http://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2017-3287178 (Fahrplan) http://ec.europa.eu/info/consultations/public-consultation-targeted-revision-eu-consumer-law-directives_de (Konsultation) EuGH; Stornogebühren von Luftfahrtunternehmen unterliegen der Kontrolle der Missbräuchlichkeit Der EuGH hat mit Urteil vom 06.07.2017 in der Rechtssache C-290/16 entschieden, dass die Stornierungsgebühren von Luftfahrtunternehmen auf Missbräuchlichkeit überprüft werden können. Zudem sind die verschiedenen Bestandteile des an die Luftfahrtunternehmen zu zahlenden Endpreises gesondert auszuweisen. In dem vor dem Bundesgerichtshof geführten Rechtsstreit geht es um die Frage, ob nationale Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie (RL) 93/13/EG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen angewendet werden können, oder ob die durch die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 über Luftverkehrsdienste den Luftfahrtunternehmen eingeräumte Preisfreiheit „Vorrang“ hat. Der EuGH bejaht die Möglichkeit der Missbräuchlichkeitskontrolle entsprechend der RL 93/13/EG: Die allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln sind seiner Ansicht nach auch auf Luftbeförderungsverträge anwendbar. Er führt aus, dass die RL eine in allen Wirtschaftszweigen anwendbare allgemeine RL zum Schutz der Verbraucher ist. Im Ausgangsfall beanstandet der deutsche Bundesverband der Verbraucherzentralen eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Air

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Berlin, wonach die Fluglinie eine Bearbeitungsgebühr von 25 EUR erhebt, wenn ein Passagier seinen Flug storniert oder nicht antritt. http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=C-290/16&td=ALL EuGH; Rechtsmittelentscheidung gegen Kartell für gasisolierte Schaltanlagen Der EuGH hat mit Urteil vom 06.07.2017 in der Rechtssache C-180/16 P das Rechtsmittel von Toshiba gegen eine im Kartellverfahren ergangene Bußgeldentscheidung zurückgewiesen. Er bestätigt die gegen Toshiba wegen der Beteiligung am Kartell auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen verhängte Geldbuße von 61,44 Mio. EUR. Mit Entscheidung vom 24.01.2007 hatte die Kommission gegen 20 europäische und japanische Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 750,71 Mio. EUR wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen zwischen 1988 und 2004 verhängt. In dem Rechtsstreit über die Höhe der Geldbußen hatte die Kommission die Geldbuße nach einer Gerichtsentscheidung neu berechnen müssen. Toshiba hatte geltend gemacht, dass seine Verteidigungsrechte bei der Neuberechnung verletzt worden sind, weil die Kommission vor der zweiten Berechnung die Beschwerdepunkte nicht nochmals mitgeteilt hat. Dem ist der EuGH nicht gefolgt. Das Urteil ist rechtkräftig. http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=C-180/16%20P&td=ALL EuGH; ESP verurteilt zur Zahlung wegen Nichtdurchführung eines EuGH-Urteils Der EuGH hat mit Urteil vom 13.07.2017 in der Rechtssache C-388/16 ESP zur Zahlung eines Pauschalbetrages in Höhe von drei Mio. EUR verurteilt, weil ESP den Sektor der Ladungsumschlagsdienste in Häfen zu spät liberalisiert hat. Die Kommission hatte Klage erhoben, weil ESP einem EuGH-Urteil vom 11.12.2014 nicht nachgekommen war. In dem Vertragsverletzungsverfahren von 2014 hatte der EuGH festgestellt, dass ESP gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, weil es Unternehmen anderer Mitgliedstaaten, die in den spanischen Häfen Ladungsumschlagsdienste erbringen wollen, dazu verpflichtet, sich bei einer Hafenarbeiter-Überlassungsgesellschaft eintragen zu lassen. Zwar hat ESP am 12.05.2017 neue Rechtsvorschriften erlassen, mit denen die Regelung für Arbeitnehmer im Bereich der Ladungsumschlagsdienste in Häfen geändert worden ist. Die Kommission hatte deshalb auch die Klage hinsichtlich des beantragten Zwangsgelds zurückgenommen, und nur hinsichtlich der Festsetzung eines Pauschalbetrags aufrechterhalten. Der EuGH hat ESP aber zur Zahlung des Pauschalbetrages verurteilt, weil die Vertragsverletzung während eines erheblichen Zeitraums angedauert hat (29 Monate). http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=C-388/16&td=ALL EuGH; Gerichtliche Zuständigkeit für Klagen gegen Rufschädigung im Internet Generalanwalt Bobek hat am 13.07.2017 in der Rechtssache C-194/16 seine Schlussanträge vorgelegt. Er vertritt die Auffassung, dass eine Gesellschaft, die eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung von Angaben im Internet behauptet, hinsichtlich des gesamten geltend gemachten Schadens in dem Mitgliedstaat klagen kann, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet. Bei Klagen wegen Verleumdung im Internet sei der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der Interessen einer Gesellschaft befindet, wahrscheinlich der Ort, an dem ihr Ansehen durch die Verleumdung am stärksten beeinträchtigt worden ist. Im Ausgangsfall hat ein in EST ansässiges Unternehmen ein in SWE ansässiges Unternehmen vor einem estnischen Gericht wegen Rufschädigung verklagt. Anlass ist die von der Beklagten auf einer auch in EST zugänglichen Internetseite geführte „schwarze Liste“ von angeblich betrügerischen Firmen. Das erstinstanzliche estnische Gericht hat die Klage

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mangels Zuständigkeit abgewiesen. Der estnische Staatsgerichtshof hat den EuGH um Auslegung der Brüssel-I-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit ersucht. http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&jur=C,T,F&num=C-194/16&td=ALL I n n e r e s EP; Sonderausschuss zur Bewältigung der Defizite bei der Terrorismusbekämpfung eingesetzt Das Plenum des EP hat am 06.07.2017 die Einsetzung eines auf zwölf Monate befristeten Sonderausschusses zur Bewältigung der Defizite bei der Terrorismusbekämpfung beschlossen. Dessen Aufgaben werden u.a. die Prüfung von Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, die Identifizierung von Defiziten bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und beim Informationsaustausch sowie die Untersuchung von Auswirkungen von Maßnahmen auf die Grundrechte sein. Darüber hinaus sollen nationale Programme zur Deradikalisierung, Maßnahmen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie der Austausch von bewährten Verfahren hinsichtlich des Schutzes sogenannter weicher Ziele, beispielsweise Flughäfen und Bahnhöfe, untersucht werden. Der Sonderausschuss wird über 30 Mitglieder verfügen und einen Halbzeitbericht sowie einen Abschlussbericht vorlegen, die neben Tatsachenfeststellungen auch Empfehlungen für Maßnahmen oder Initiativen enthalten sollen. http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170629IPR78658/sonderausschuss-zur-bewaltigung-der-defizite-bei-der-terrorbekampfung-eingesetzt EP; Afrika-Investitionsinitiative im Plenum verabschiedet Das Plenum des EP hat am 06.07.2017 das EU-Programm zur Mobilisierung von Investitionen aus dem Privatsektor für Afrika angenommen. Der neue Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) ist Teil der Europäischen Investitionsoffensive für Drittländer und soll private Investoren ermuntern, bis zu 44 Mrd. EUR in fragilen Staaten anzulegen. Dafür soll der Fonds eine Kombination von Finanzhilfen mit Darlehen und finanziellen Garantien anbieten, die sich auf insgesamt 3,3 Mrd. EUR belaufen. So sollen Beschäftigung, Wachstum und Stabilität gefördert und die Hauptursachen der Migration bewältigt werden. Mindestens 28% der Investitionen werden für den Klimaschutz verwendet. Die Zustimmung des Rats steht noch aus. http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170629IPR78662/eu-investitionsplan-zur-bewaltigung-der-hauptursachen-der-migration-gebilligt Rat; EU-Innenminister begrüßen Aktionsplan für ITL Anlässlich ihrer informellen Tagung vom 06./07.07.2017 haben die EU-Innenminister den Aktionsplan der Kommission zur Unterstützung von ITL angesichts neuer Rekordwerte ankommender Migranten unterstützt. Unterstützt wurde auch der von der italienischen Regierung vorgeschlagene Kodex, der das Verhalten der NRO im Mittelmeer regulieren soll. Ferner sagten die Innenminister zu, sich stärker am EU-Afrika-Treuhandfonds zu beteiligen, Umsiedlungsmaßnahmen zu beschleunigen, maritime Operationen gemeinsam mit TUN, EGY, DZA und LBY besser zu koordinieren sowie die Rückkehrpolitik zu verbessern. http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-17-1933_en.htm

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Kommission; BUL und GRI erhalten weitere Soforthilfe für Flüchtlingsversorgung Die Kommission hat am 10.07.2017 weitere Soforthilfe zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen auf den griechischen Inseln und in BUL bereitgestellt. Nach GRI fließen 6,48 Mio. EUR, nach BUL 1,22 Mio. EUR. Mit der zusätzlichen Soforthilfe wird das UNHCR die beiden Länder bei der Verpflegung, Unterbringung, Gesundheits- und Schulversorgung von Flüchtlingen unterstützen. Die Soforthilfe für GRI soll die Situation auf den Inseln Lesbos und Chios verbessern. In BUL werden die zusätzlichen Sofortmittel u.a. zur Bereitstellung von rechtlicher, psychologischer und psychosozialer Unterstützung, insb. für Kinder, eingesetzt. http://ec.europa.eu/germany/news/griechenland-und-bulgarien-erhalten-weitere-soforthilfe-f%C3%BCr-fl%C3%BCchtlingsversorgung_de V e r a n s t a l t u n g e n Europäischer Presseclub Am 06.07.2017 fand auf Einladung von Europaministerin Lucia Puttrich der VII. Europäische Presseclub in der Vertretung des Landes Hessen bei der EU statt. Über das Thema „Halbzeit 2017 – Wohin steuert die EU?“ diskutierten die Journalisten Griselda Pastor, Cadena Ser, Isabelle Ory, Europe 1 und Thomas Mayer, Der Standard. Moderiert wurde der Presseclub von Michael Stabenow, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Herausforderungen der EU im Jahr 2017, wie die Brexitverhandlungen, die Wahlen in den NDL, FRA, GBR und im September in DEU, der Weißbuchprozess und die Beziehungen mit der Türkei werfen die Frage auf: wohin steuert die EU? Stabenow fragte zunächst, wie es nach der Wahl in FRA dort weitergehen würde. Ory erläuterte, die Franzosen werden Präsident Emmanuel Macron bald an den Ergebnissen seiner Politik messen, vor allem beim Thema Arbeitslosigkeit. Sie hob positiv hervor, dass Macron der erste Politiker in FRA sei, der über die EU und deren Entscheidungen sprechen würde. Anschließend sprach Stabenow das Thema Solidarität in der EU an. Insbesondere hinterfragte er die mangelnde Bereitschaft der osteuropäischen Staaten (OE) Flüchtlinge aufzunehmen. Pastor erklärte man müsse Rücksicht auf die OE-Staaten nehmen und der Dialog müsste erneuert werden. Ory wandte ein, nicht nur diese würden keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, bei der französischen Bevölkerung sei dies ebenfalls der Fall. Im Gegensatz zu FRA würden die OE-Staaten Migration nicht kennen und man könne es nicht erzwingen. Mayer zeigte sich überzeugt, dass die Radikalisierung in der politischen Landschaft von der Flüchtlingskrise komme. Alle waren sich einig, dass die neu auflebende deutsch-französische Partnerschaft für die EU wichtig sei, man jedoch aufpassen müsse, andere Staaten nicht auszuschließen oder ihnen etwas aufzudrängen. Die EU befinde sich derzeit im Umbruch, die deutsch-französische Partnerschaft sei daher ein ermutigendes Zeichen. Zukunft der EU-Finanzen - Veranstaltung mit Haushaltskommissar Oettinger Am 28.06.2017 hatten Haushaltskommissar Günther H. Oettinger und Regionalkommissarin Corina Cretu das Reflexionspapier zur Zukunft der EU-Finanzen – insbesondere zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen vorgelegt, das zur Debatte zur Zukunft der EU beitragen solle. Auf Einladung der Hessischen Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Lucia Puttrich, fand am 07.07.2017 in der Reihe „Europa im Gespräch“ eine mit sehr großem Publikumsinteresse verfolgte Diskussionsveranstaltung zu diesem Thema und zum Reflexionspapier in der Landesvertretung statt. Als hochrangiger Gast sprach der Haushaltskommissar selbst. Er stand nach seinem Impulsvortrag Andreas Meyer-Feist, EU-Korrespondent des

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Hessischen Rundfunks, Rede und Antwort. Eingangs dankte der Kommissar Hessen für die Veranstaltungsreihe zum Weißbuchprozess. Genau diese Diskussion sei mit diesem und den Reflexionspapieren beabsichtigt. Die Kommission wolle ihre Ideen und Optionen darlegen und erfahren, was Partner in den Mitgliedstaaten, Bürger und Sozialpartner erwarteten. Vorentscheidungen seien mit den Papieren nicht verbunden. Man adressiere materielle und formelle Fragen, Optionen und erwarte Antworten. Konfrontation mit der eigenen Zukunft sei nötig. Es müsse Schluss gemacht werden mit der Nationalisierung von europäischen Erfolgen und Europäisierung von Misserfolgen. Von 100 EUR, die ein EU-Bürger erwirtschafte, betrage die EU-durchschnittliche Staatsquote rund 50%. 50 EUR müsse er also abgeben. 1 EUR hiervon gehe an die EU. Der EU-Haushalt betrage jährlich rund 150 Mrd. EUR, ohne Möglichkeiten der Verschuldung. Er halte ein Verschuldensrecht des EU-Haushalts für falsch. Auch seien Verpflichtungen bei Zeiten einzulösen. Die Briten hätten Ihre Schlussrate eines hohen zweistelligen Mrd.-Beitrages einzulösen. Die Frage, die über allen Ausgaben stehe, seien EU-Mehrwert und Subsidiarität. Wo kein EU-Mehrwert erreicht werde, lasse man das Geld lieber auf der bürgernäheren Ebene. Sommerempfang der European Women Lawyers Association Die European Women Lawyers Association (EWLA) richtete am 10.07.2016 zum zweiten Mal einen Sommerempfang in der Hessischen Landesvertretung aus. EWLA-Präsidentin Jackie Jones eröffnete den Empfang. Als Gastrednerin sprach Tiina Astola, Generaldirektorin der Generaldirektion Justiz und Verbraucher der Kommission. Sie stellte die aktuellen EU-Gesetzgebungsinitiativen im Bereich Justizpolitik dar und verwies insbesondere auf den im April vorgelegten Vorschlag einer Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige sowie die Ratifikation der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Astola nahm aber auch Bezug auf ihren eigenen Werdegang und berichtete von persönlichen Erfahrungen mit Gleichberechtigung und Frauenrechten. EWLA ist ein internationaler regierungsunabhängiger, gemeinnütziger Verband von Anwältinnen und Juristinnen aus den Mitgliedstaaten sowie aus den EFTA-Ländern. Der Verband hat sich u.a. zur Aufgabe gemacht, das Verständnis für die Gesetzgebung der EU, besonders unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung der Geschlechter, zu verbessern. Abendveranstaltung Das Weißbuch zur Zukunft Europas - Ein Ausblick auf die EU 2025 Am 11.07.2017 fand auf Einladung der Hessischen Ministerin für Bundes-und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich eine Veranstaltung zum Weißbuchprozess mit dem Kabinettchef von Kommissionspräsident Juncker, Prof. Dr. Martin Selmayr, statt. Über 400 Gäste folgten der Einladung in die Hessische Landesvertretung und diskutierten nach einem Impulsreferat von Prof. Selmayr unter der Moderation von Cornelia Primosch, EU-Korrespondentin des Österreichischen Rundfunks über das Thema. Unter den Gästen waren zahlreiche Europaabgeordnete, EU-Botschafter und hohe Beamte der EU-Institutionen. Prof. Selmayr ging als erstes auf die Bedeutsamkeit der Einbeziehung der Bevölkerung beim Weißbuchprozess ein. In seinem Impulsreferat erläuterte er zunächst die Identität Europas, anschließend die Krisen Europas und ging schlussendlich auf die Zukunft Europas ein. Die EU sei ein freiwilliger Zusammenschluss souveräner Staaten, welche gemeinsam stärker seien und sich vor allem drei Versprechen gegeben hätten. Dies seien das wirtschaftliche Wohlstandsversprechen, das Freiheits- und Werteversprechen und das Friedens- und Sicherheitsversprechen. Ein Grundspannungsfeld bestehe darin, dass die EU zwar kein Staat sei, oft aber wie einer wirke. Er legte dar, wie wichtig es für die EU sei, in Krisen wie z.B. der Flüchtlings-, Russland-, Terrorismus- oder der Finanzkrise geeint

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und solidarisch aufzutreten. Die Krisen hätten jedoch auch Konstruktionsschwächen der EU aufgezeigt, die es zu lösen gelte. Europa müsse sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, das Hauptthema sei nicht der Brexit, sondern die Zukunft der EU-27. Selmayr zeigte sich überzeugt, es müsse eine erneute positive Identität der EU durch den Weißbuchprozess geschaffen werden. In Kommissionspräsident Junckers Rede zur Lage der EU im September 2017 würden erste Aussagen getroffen werden, welches Szenario die Kommission sich für die Zukunft Europas vorstellen könne. Auf den Einwand von Moderatorin Primosch, dass der Weißbuchprozess in den Mitgliedstaaten noch nicht richtig in Schwung geraten sei, erwiderte Selmayr, es habe bereits über 400 öffentliche Debatten gegeben und das Weißbuch zur Zukunft Europas sei als ein Spiegel zu verstehen, der den Europäern vorgehalten werde, um ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Jeder Europäer müsse diese Möglichkeit der Debatte nutzen und Aussagen treffen, wie er sich die EU 2025 vorstelle. Diskussionsveranstaltung zur Cybersicherheit von Internet-of-thing-Geräten und die Manipulation von Medien Das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz sowie die Manipulation der (sozialen) Medien standen am 12.07.2017 im Mittelpunkt einer „Round-Table-Diskussion“ zum Thema Cybersicherheit, die die Vertretung des Landes Hessen gemeinsam mit dem European Security Round-Table und MdEP Monika Hohlmeier (EVP/DEU) ausrichtete. Im ersten Panel diskutierten Graham Willmott (Kommission/Abteilungsleiter Cybercrime in der Generaldirektion Inneres und Migration), Steven Wilson (Europol, Leiter des Cyber Crime Centers/EC3) und Paulo Empadinhas (Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit/ENISA, Leiter der Abteilung für Stakeholder Relations und Verwaltung) welche technischen Risiken der zunehmenden Digitalisierung alltäglicher Gebrauchsgegenstände innewohnen. Während Willmott unterstrich, dass die Kommission aktuelle Trends beobachte und auf aktuelle Arbeiten zur den für September 2017 angekündigten Vorschlägen für eine neue EU-Cybersicherheitsstrategie verwies, berichtete Wilson über die Arbeit des EC3 und die Notwendigkeit besserer Standards für technische Geräte. Empadinhas berichtete, dass die „Wannacry-Ransomware-Attacke“ der erste gemeinsame Einsatz der neu eingerichteten Computer Emergency Response Teams (CERT) auf EU-Ebene war und sehr positiv verlief. Im anschließenden Panel berichteten Ciaran Martin (Geschäftsführer des nationalen britischen Cybersicherheitscenters) sowie Jakub Kalensky (Europäischer Auswärtiger Dienst/EAD, Mitglied der East StratCom Task Force im EAD) über die Aufgaben und Tätigkeiten ihrer Einrichtungen beim Kampf gegen Cyberkriminalität bzw. (drittstaatsgesteuerte) Versuche zur Verbreitung von „Fake News“ in der EU. Einig waren sich beide in der Einschätzung, dass die durch Angreifer im Cyberraum verursachte wachsende Unsicherheit mit unterschiedlichsten Mitteln bekämpft werden müsse. Hierfür seien sowohl technische Abwehrmaßnahmen als auch Tätigkeiten, die den Inhalt falscher Nachrichten richtigstellen, von Bedeutung. Deutscher Bankenverband organisiert erstes Brüsseler Gespräch zum Brexit Am 12.07.2017 fand in der Vertretung des Landes Hessen bei der EU auf Einladung des Bundesverbands Deutscher Banken das erste „Brüsseler Gespräch zum Brexit“ mit Teilnehmern aus EU-Institutionen und Interessenvertretungen statt. Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Dr. Michael Kemmer führte in die Thematik ein und erläuterte, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr offene Fragen als Antworten bestünden. Anschließend berichtet Dr. Thomas Eckert, Antici in der Ständigen Vertretung DEU bei der EU, von den bisherigen Verhandlungen im Rat und gab einen Ausblick über die bevorstehenden Treffen. Auch er gab zu erkennen, dass es angesichts der innenpolitischen Lage in GBR überaus ambitioniert sei, bereits bis Oktober substanzielle Fortschritte zu erzielen. In der anschließenden Diskussion

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äußerten sich die anwesenden Abgeordnete, darunter MdEP Elmar Brok (EVP/DEU), MdEP Michael Gahler (EVP/DEU), MdEP Thomas Mann (EVP/DEU), MdEP Prof. Dr. Angelika Niebler (EVP/DEU) und MdEP Jakob von Weizsäcker (S&D/DEU) zu den verschiedenen Dimensionen und Herausforderungen des Brexit, machten aber gleichzeitig deutlich, dass dieser gerade für den Finanzplatz Frankfurt auch mit großen Chancen verbunden sei. V o r s c h a u Auf folgende Tagesordnungspunkte von Sitzungen der nächsten zwei Wochen wird insbesondere hingewiesen: Rat 17.07.2017 Rat für Auswärtige Angelegenheiten 17./18.07.2017 Rat für Landwirtschaft und Fischerei 17./18.07.2017 Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie (informell) 19./20.07.2017 Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und

Verbraucherschutz (informell) 24.07.2017 Rat für Wirtschaft und Finanzen Europäische Kommission 19.07.2017 Hybride Bedrohung Europäisches Parlament Sitzungsfreie Zeit bis 25.08.2017 Europäischer Gerichtshof 18.07.2017 Urteil (Große Kammer) in der Rechtssache C-566/15 Erzberger -

Aufsichtsratswahl bei grenzüberschreitendem Konzern 18.07.2017 Urteil (Große Kammer) in der Rechtssache C-213/15 P

Kommission / Breyer - Zugang zu Dokumenten aus EuGH-Verfahren

18.07.2017 Mündliche Verhandlung (Große Kammer) in der Rechtssache C-

414/16 Egenberger - Konfessionsgebundene Stellenaus-schreibung

19.07.2017 Mündliche Verhandlung in der Rechtssache C-498/16 Schrems

gegen Facebook Ireland - Gerichtliche Zuständigkeit für Sammelklage gegen Facebook

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Bericht aus Brüssel 14 /2017 vom 14.07.2017 39

20.07.2017 Schlussanträge in der Rechtssache C 187/16 Kommission / Österreich - Direktvergabe öffentlicher Aufträge an die Österreichische Staatsdruckerei GmbH

20.07.2017 Schlussanträge in der Rechtssache C 201/16 Shiri - Dublin-III-

Verordnung: Zuständigkeit für Asylantragsprüfung 20.07.2017 Schlussanträge in der Rechtssache C 393/16 Comité

Interprofessionnel du Vin de Champagne / Aldi Einkauf GmbH & Co. OHG Süd - Champagner-Sorbet bei Aldi

26.07.2017 Gutachten (Große Kammer) in der Gutachtensache (Avis) 1/15 -

Geplantes Fluggastdaten-Abkommen EU-Kanada 26.07.2017 Urteile (Große Kammer) in den Rechtssachen C-599/14 P Rat /

LTTE und C-79/15 P Rat / Hamas - Einfrieren von Geldern 26.07.2017 Urteile (Große Kammer) in den Rechtssachen C-490/16 A.S. und

C-646/16 Jafari - Dublin-III-Verordnung: Zuständigkeit für Asylantragsprüfung

26.07.2017 Schlussanträge in den Rechtssachen C-643/15 Slowakei / Rat

und C-647/15 Ungarn / Rat – Flüchtlingsquoten 26.07.2017 Schlussanträge in der Rechtssache C-230/16 Coty Germany

GmbH / Parfümerie Akzente GmbH - Internethandel mit Luxuskosmetik

26.07.2017 Schlussanträge in der Rechtssache C-358/16 UBS Europe, Alain

Hondequin, Holzem, u.a. - Zugang zu den Akten der Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor

Gericht der Europäischen Union 20.07.2017 Urteil T-619/15 BADICA und KARDIAM / Rat - Einfrieren der

Gelder des zentralafrikanischen Diamantenverkaufsbüros Gerichtsferien vom 24.07.2017 bis 01.09.2017 Der nächste Bericht aus Brüssel erscheint am 28.07.2017.

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Bericht aus Brüssel 14 /2017 vom 14.07.2017 40

A b k ü r z u n g s v e r z e i c h n i s

Europäisches Parlament

Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) EVP

Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament

S&D

Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa ALDE

Fraktion der Grünen /Freie Europäische Allianz GRÜNE

Europäische Konservative und Reformisten ECR

Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken /Nordische Grüne Linke

GUE

Fraktion „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie“ EFDD

Europa der Nationen und der Freiheit ENF

Fraktionslos FL

EU-Mitgliedstaaten

Belgien BEL

Bulgarien BUL

Dänemark DNK

Deutschland DEU

Estland EST

Finnland FIN

Frankreich FRA

Griechenland GRI

Irland IRL

Italien ITL

Kroatien KRO

Lettland LET

Litauen LIT

Luxemburg LUX

Malta MTA

Niederlande NDL

Österreich AUT

Polen POL

Portugal PTL

Rumänien ROM

Schweden SWE

Slowakei SLK

Slowenien SLO

Spanien ESP

Tschechische Republik CZR

Ungarn HUN

Vereinigtes Königreich GBR

Zypern CYP