Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch...

12
29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann (Massenkalk, Givetium) Gastropoden-Forschung Im mittel- bis oberdevonischen Massenkalk sind sowohl im Rheinischen Schiefergebirge als auch im Harz an manchen Fundstellen Gastropoden (Schnecken) sowohl individuen- als auch artenreich vertreten. Da die meisten Gastropoden-Bearbeitungen ins 19. Jahr- hundert zurückreichen und in der Zwischenzeit „nur“ gesammelt wurde, gelten viele in früherer Zeit nicht nachgewiesene Formen als „unbestimmbar“, oder sie wurden ähnlich aussehenden Formen anderer stratigraphischer Einheiten zugeordnet. Umso bedeutungs- voller sind Arbeiten der letzten Jahre, in denen mitteldevonische Gastropoden-Faunen verschiedener Fundgebiete revidiert werden: Soetenich, Eifel (Heidelberger & Bandel 1999); Paffrath, Bergisches Land (Fr ´ yda 2000); Lahnmulde, Hessen (Heidelberger 2001); Elbingerode, Harz (Krawczynski 2001); Dornap, Bergisches Land (Heidelberger & Amler 2002). In der Folge jener Studien steht auch die kürzlich erschienene Abhandlung der Autoren dieser Arbeit (Heidelberger & Koch 2004) über Gastropoden aus dem Schwel- mer Kalk von den Fundorten Schwelm und Hohenlimburg, in der neben der Schwelmer Sammlung Zimmermann auch Material vom Fundort Schwelm aus den Sammlungen des Fuhlrott-Museums Wuppertal, des Naturkunde-Museums Berlin und der Universitäts- sammlungen Marburg und Göttingen bearbeitet wurde. Zudem waren Gegenstand der Untersuchung die Schnecken aus der Privat-Sammlung Höger, Hohenlimburg, die jetzt im Westfälischen Museum für Naturkunde in Münster aufbewahrt wird. Massenkalk-Vorkommen und Stratigraphie Im Bereich des heutigen Rechtsrheinischen Schiefergebirges entstanden während des Obe- ren Mitteldevon im Rheinisches Schelf vor der Südküste des ausgedehnten Nord-Kontinen- tes (Old-Red-Kontinent) große Riffkomplexe, deren Existenz bis ins Ober-Devon andauerte. Die kürzlich neu bearbeiteten Schnecken aus dem Schwelmer Massenkalk (mehr als 2000 Exemplare) wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts (bis 1923) von dem Schwelmer Lehrer Ernst Zimmermann größtenteils auf Abraumhalden des ehema- ligen Schwelmer Erzbergbaus, den „Roten Bergen“, gesammelt. Zimmermann selbst machte (1905) in einem Beitrag auf Fundstelle und Fossilführung aufmerksam. Aus dieser Zeit stammt auch die erste Erwähnung der Sammlung und besondere Hervor- hebung einzelner Stücke durch Paeckelmann (1922). Nach dem Tode Zimmermanns ging die gesamte Sammlung an den Verein für Heimatkunde Schwelm über und wurde nach mehrmaliger Umlagerung im Stallgebäude des Museums Haus Martfeld weitge- hend unbeachtet aufbewahrt. Erst 1989 wurde sie durch den zweiten Autor dieser Ar- beit wieder „ausgegraben“ und gesichtet. Einzelne Stücke wurden publiziert (Koch 1990, 1995). Ebenfalls wird seit 1998 eine Auswahl Schwelmer Massenkalk-Fossilien in der Kapelle des Hauses Martfeld im Rahmen einer Dauerausstellung präsentiert. Beiträge zur Heimatkunde Neue 53 29–40 Schwelm der Stadt Schwelm und ihrer Umgebung Folge 2004

Transcript of Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch...

Page 1: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

29

Doris Heidelberger und Lutz Koch

Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann (Massenkalk, Givetium)

Gastropoden-Forschung

Im mittel- bis oberdevonischen Massenkalk sind sowohl im Rheinischen Schiefergebirge als auch im Harz an manchen Fundstellen Gastropoden (Schnecken) sowohl individuen- als auch artenreich vertreten. Da die meisten Gastropoden-Bearbeitungen ins 19. Jahr-hundert zurückreichen und in der Zwischenzeit „nur“ gesammelt wurde, gelten viele in früherer Zeit nicht nachgewiesene Formen als „unbestimmbar“, oder sie wurden ähnlich aussehenden Formen anderer stratigraphischer Einheiten zugeordnet. Umso bedeutungs-voller sind Arbeiten der letzten Jahre, in denen mitteldevonische Gastropoden-Faunen verschiedener Fundgebiete revidiert werden: Soetenich, Eifel (Heidelberger & Bandel 1999); Paffrath, Bergisches Land (Fryda 2000); Lahnmulde, Hessen (Heidelberger 2001); Elbingerode, Harz (Krawczynski 2001); Dornap, Bergisches Land (Heidelberger & Amler 2002). In der Folge jener Studien steht auch die kürzlich erschienene Abhandlung der Au toren dieser Arbeit (Heidelberger & Koch 2004) über Gastropoden aus dem Schwel-mer Kalk von den Fundorten Schwelm und Hohenlimburg, in der neben der Schwelmer Sammlung Zimmermann auch Material vom Fundort Schwelm aus den Sammlungen des Fuhlrott-Museums Wuppertal, des Naturkunde-Museums Berlin und der Universitäts-sammlungen Marburg und Göttingen bearbeitet wurde. Zudem waren Gegenstand der Untersuchung die Schnecken aus der Privat-Sammlung Höger, Hohenlimburg, die jetzt im Westfälischen Museum für Naturkunde in Münster aufbewahrt wird.

Massenkalk-Vorkommen und Stratigraphie

Im Bereich des heutigen Rechtsrheinischen Schiefergebirges entstanden während des Obe-ren Mitteldevon im Rheinisches Schelf vor der Südküste des ausgedehnten Nord-Kontinen-tes (Old-Red-Kontinent) große Riffkomplexe, deren Existenz bis ins Ober- Devon andauerte.

Die kürzlich neu bearbeiteten Schnecken aus dem Schwelmer Massenkalk (mehr als 2000 Exemplare) wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts (bis 1923) von dem Schwelmer Lehrer Ernst Zimmermann größtenteils auf Abraumhalden des ehema-ligen Schwelmer Erzbergbaus, den „Roten Bergen“, gesammelt. Zimmermann selbst machte (1905) in einem Beitrag auf Fundstelle und Fossilführung aufmerksam. Aus dieser Zeit stammt auch die erste Erwähnung der Sammlung und besondere Hervor-hebung einzelner Stücke durch Paeckelmann (1922). Nach dem Tode Zimmermanns ging die gesamte Sammlung an den Verein für Heimatkunde Schwelm über und wurde nach mehrmaliger Umlagerung im Stallgebäude des Museums Haus Martfeld weitge-hend unbeachtet aufbewahrt. Erst 1989 wurde sie durch den zweiten Autor dieser Ar-beit wieder „ausgegraben“ und gesichtet. Einzelne Stücke wurden pub liziert (Koch 1990, 1995). Ebenfalls wird seit 1998 eine Auswahl Schwelmer Massenkalk-Fossilien in der Kapelle des Hauses Martfeld im Rahmen einer Dauerausstellung präsentiert.

Beiträge zur Heimatkunde Neue 53 29–40 Schwelmder Stadt Schwelm und ihrer Umgebung Folge 2004

Page 2: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Zu ihren fossilen Überresten gehört u. a. auch der langgestreckte Massenkalk-Zug am Nord-rand des Remscheid-Altena-Sattels, der im Bergischen Land im Neandertal östlich von Düs-seldorf beginnt und sich über Wuppertal bis Schwelm fortsetzt. Vom Raum Hagen-Iserlohn erstreckt er sich bis nach Balve und taucht im Warstein- sowie Brilon-Sattel wieder auf. Zwi-schen Schwelm und Hagen werden die über 500 Meter mächtigen Massenkalk-Sedimente aufgrund der Ennepe-Störung, der bedeutendsten Überschiebung am Nordrand des Rheini-schen Schiefergebirges, völlig unterdrückt bzw. auf wenige zehn Meter zusammengepreßt.

Die untersuchten Massenkalk-Ablagerungen von Schwelm sind westlich dieser Störung gelegen und repräsentieren den „Schwelmer Kalk“. Dieser Begriff, den Paeckelmann (1922) einführte und damit das unterste Schichtglied einer zeitlichen Abfolge im Riff-wachstum definierte, wurde abgelöst von der Fazies-Terminologie (Krebs 1971, 1974), wobei mit Schwelm-Fazies das Anfangsstadium des Riffs, eine Riffplattform gemeint ist. Riffplattformen entstanden insbesondere im Bereich der Lagune zwischen Kern-Riff und Festland (lagunärer Massenkalk), jedoch auch im Bereich ausgedehnter Gezeitenflächen, die nicht durch einen Riffkern vom offenen Meer getrennt und daher Wasserströmungen und Wellenbewegung ausgesetzt waren (May 1988: 186).

Stratigraphisch gehört der Massenkalk aufgrund zahlreicher Brachiopoden (Armfüßer)-Funde der Gattungen Stringocephalus und Uncites zum Givetium (Oberes Mitteldevon). Als Lebensraum bevorzugten Stringocephalen Bereiche schwach bewegten Wassers einer submarinen schüsselförmigen Einsenkung hinter dem Riff (Lagune), wo sie, nur fixiert durch ihr Eigengewicht, auf dem Meeresgrund oder flachen Riffuntergrund lagen (Struve 1989: 132). Sie waren vergesellschaftet mit dickschaligen Muscheln (u.a. Megalodon) so wie großen Schnecken (Macrochilinen und Murchisonien). Uncites gilt als typischer Riffbewohner, siedelte aber auch auf lagunären Ablagerungen im Riffschatten, mit Bys-susfäden in Korallen (Amphipora)-Rasen angeheftet, dichtgedrängt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Organismen (Jux & Strauch 1966): Tabulate Korallen, Muscheln und zahlreich vorkommende Murchisonien.

Bemerkungen zu den Schwelmer Fundstellen

Der Massenkalk durchzieht die Schwelmer Talmulde in ostnordöstlicher Richtung und wird im Süden begrenzt von Honsel- und Brandenberg-Schichten des Remscheid-Altena-Sattels. Ihre größte Breite (2 km) erlangen die Ablagerungen im Westen bei Langerfeld, ehe sie sich bei Jesinghausen in zwei Kalkzüge teilen. Im Norden grenzt an die nördliche, die Linderhausener Massenkalkscholle, der aus oberdevonischen bis oberkarbonischen Sedimenten aufgebaute Südflügel der Herzkamp-Mulde. Östlich von Schwelm (Wupper-mannshof) begrenzt die Ennepe-Störung den Massenkalk abrupt. Im Liegenden des Massenkalkes befinden sich die Oberhonsel-Schichten; die Grenze ist im Eisenbahneinschnitt bei Martfeld aufgeschlossen.

Der Schwelmer Massenkalk ist sowohl im südlichen als auch im nördlichen Ast stark verkarstet: Während sich in der Linderhausener Scholle ein Trockental, zahlreiche Doli-nen, Bachschwinden und Höhlen entwickelten, bildeten sich im Süden insbesondere in Dolinen und Verwerfungsspalten durch aufsteigende sulfidische Lösungen reichhaltige Erzlagerstätten, die seit dem Mittelalter im Tagebau ausgebeutet wurden (Paeckelmann 1979: 78ff). Lediglich bei Martfeld wurde zeitweise durch die „Zeche Schwelm“ Tiefbau mit Hilfe eines 50 m tiefen Schachtes betrieben. Nicht verwendbares Gestein, haupt-sächlich Kalkstein, wurde auf einer Halde, den „Roten Bergen“, gelagert. Zwar wurde der letzte Tagebau 1922 geschlossen, doch bestand die Halde noch bis 1970.

30

Page 3: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

31

Abb. 1: Die Roten Berge mit „Schwefelteich“. Ansichtspostkarte um 1920 (aus: G. Kleinhempel, Bild 30). Der Teich diente noch nach dem Ersten Weltkrieg der Schwelmer Jugend als Eislaufplatz. An die-sem Bereich (Am Alten Schacht) befindet sich seit Beginn der 50er Jahre der Sportplatz „Rote Berge“.

Abb. 2: Die Roten Berge, östlicher Teil (Photo: K. F. Sandermann, um 1960). Tiefe Rinnen in der Halde sind durch abfließendes Regenwasser gebildet worden. Die durch Verwitterung von Markasit ent-standenen Schwefelverbindungen ließen kaum Pflanzenwuchs zu. Auch um 1960 konnten hier noch fossilreiche Kalksteine gefunden werden.

Page 4: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Fundortbezeichnungen der Stücke aus der Sammlung Zimmermann sind hauptsächlich solche, die als Ursprung den Bergbau ausweisen: „Zeche Schwelm“ (Das Material stammt aus dem Untertage-Abbau oder einem der Tagebaue der Zeche Schwelm.), „Schwelm, Rote Berge“ (Die Stücke wurden auf der Halde gesammelt.) und „Schwelm, Martfeld“ (Das Material kommt wahrscheinlich vom Eisenbahneinschnitt Martfeld). Als weitere Bezeichnung wird „Rittershausen“ genannt; hierbei handelt es sich um große, stillgeleg-te, aber heute z. T. noch begehbare ehemalige Steinbrüche westlich von Schwelm in Wup-pertal-Oberbarmen (u.a. Spielplatz Berliner Straße und Sportplatz Höfen). Die Sammlung enthält Stromatoporen, rugose und tabulate Korallen, zahlreiche Exemplare von Unciten und Stringocephalen und anderen Brachiopoden, Muscheln und Nautiliden. Von beson-derer Bedeutung wegen ihrer großen Anzahl von Exemplaren sowie Artenvielfalt ist die Gastropoden-Fauna.

Die Schwelmer Gastropoden-Fauna

Die Neubearbeitung der Schwelmer Massenkalk-Schnecken zeigt, daß fast alle bis 2004 aufgestellten mitteldevonischen Schnecken-Gattungen nachgewiesen werden konnten. Von den Schwelmer Fundorten werden zudem 3 Gattungen erstmals beschrieben, von insgesamt 48 Arten wurden 6 neue Arten aufgestellt. Zahlreiche schon bekannte Formen werden aufgrund neuer Erkenntnisse und einer differenzierteren Sichtweise anderen Gattungen zugewiesen. Bei der Studie handelt es sich bei um eine komplette Revision der Paeckelmannschen Arbeit von 1922.

Folgende Taxa wurden an den verschiedenen Schwelmer Fundstellen geborgen:

Schwelm-Martfeld (24 Arten)Porcellia nuetzeliTeutonophon striatusRetispira schwelmensisDevonorhineoderma tricincta

32

Abb. 3: Einer der ehemaligen Massenkalk-Steinbrüche in Ritters-hausen (Wuppertal-Oberbarmen, Spielplatz Berliner Straße).

Abb. 4: In Oberbarmen kann man an den Felswänden an der Berliner Straße und am Sportplatz Höfen zahlreiche eingeschlossene Fossilien (Ko-rallen, Schalentiere) vorfinden (Photos: L. Koch, 2003).

Page 5: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Devonorhineoderma orbignyanaVillmaria catenulataEuryzone delphinuloidesMurchisonia archiaciM. paeckelmanni var. praebilineataM. paeckelmanni var. praepagodeformisM. paeckelmanni var. praecoronataM. bicoronataM. zimmermanniCatantostoma clathratumSerpulospira serpulaNodeuomphalus labadyeiAntirotella helicinaeformeNerrhena aequistriataLotzia schaeferkalkiPlagiothyra purpureaPaffrathopsis subcostataTurbonitella ussheriNaticopsis protogaeaBensbergia arculataHolopella cf. piligeraHolopella antiqua

Schwelm und Schwelm „Rote Berge“ (35 Arten)Teutonophon striatusRetispira schwelmensisBuechelia goldfussiEuryzone delphinuloidesPlatyloron bischofiDevonorhineoderma tricinctaKirchneriella striataVillmaria catenulataMurchisonia archiaciMurchisonia bicoronataMurchisonia zimmermanniMurchisonia paeckelmanni praebilineataMurchisonia paeckelmanni praecoronataMurchisonia paeckelmanni praeturbinataMurchisonia paeckelmanni praepagodeformisMurchisonia sandbergeriMurchisonia bilineataMurchisonia bilineata intermediaMurchisonia bilineata coronataMurchisonia bilineata turbinataMurchisonia steltenbergensis monocinctaMurchisonia steltenbergensis simplexSylvestria zimmermanniAntirotella helicinaeformisHolopella cf. piligera

33

Page 6: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Serpulospira serpulaNodeuomphalus labadyeiNodeuomphalus paffrathianusPlagiothyra tubericostaNaticopsis protogaeaTurbonitella ussheriPraeturbonitella kochiNaticopsis ? cf. macrostomaStrothia schwelmensisLotzia schaeferkalkiNerrhena aequistriataNerrhena nonecincta?Soleniscus paludinoidesBensbergia arculataMacrochilina sp.Holopella antiquaMurchisonia paeckelmanni var.

Tagebau am Schwelmer Brunnen (10 Arten)Holopella cf. sandbergeriLoxonema sp.Odontomaria semiplicataMurchisonia bicoronataMurchisonia paeckelmanni praebilineataMurchisonia paeckelmanni praepagodeformisMurchisonia paeckelmanni praeturbinataStrothia schwelmensisNaticopsis kayseriNaticopsis protogaeaTurbonitella ussheriHolopella antiqua

Schwelm-Loh (nur 3 Arten mit eindeutiger Zuordnung)Murchisonia paeckelmanni praecoronataEuryzone delphinuloidesMacrochilina sp.

Barmen-Rittershausen und Jesinghausen (2 Arten)Murchisonia bilineataMurchisonia bilineata intermediaMurchisonia bilineata coronataMurchisonia bilineata turbinataMurchisonia bicoronata

34

Page 7: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

35

Taf. 1Fig. a: Bensbergia arculata (Schlotheim, 1820), Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmer-

mann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/41.1).Fig. b: Euryzone delphinuloides (Schlotheim, 1820), Seitenansicht mit Mundöffnung, Schwelm, Rote

Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/4.1).Fig. c: Lotzia schaeferkalki Heidelberger, 2001, Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmer-

mann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/35.1).Fig. d: Lotzia schaeferkalki Heidelberger, 2001, Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmer-

mann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/35.2).Fig. e: Serpulospira serpula (De Koninck in Archiac & Verneuil, 1842), Basalansicht, Schwelm, Rote

Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/26.1).Fig. f: Devonorhineoderma tricincta (Goldfuss, 1844), Seitenansicht mit erhaltenem Schlitz und

Schlitzband, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/6.3).

Fig. g: Seitenansicht mit Mundöffnung; gleiches Exemplar wie in Fig. f.

5 mm

5 mm

1 mm

b

a 1 mm

5 mm

5 mm

f g

d

e

c

Page 8: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Informationen zu einigen neuen Gattungen und Arten

Retispira schwelmensis Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004Bei dieser Art handelt es sich um bilateral symmetrisch aufgewundene Schnecken, die in ihrer allgemeinen Form der Gattung Bellerophon ähneln, im Gegensatz zu dieser aber stets ein gleichmäßiges Gittermuster aus Anwachslinien und Spiralleisten aufweisen. Im Mitteldevon treten mehrere Arten dieser Gattung auf; Retispira schwelmensis zeich-net sich durch ein flaches, breites Schlitzband aus. Das Gittermuster ist oft nur unter dem Mikroskop eindeutig sichtbar.

Murchisonia paeckelmanni Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004Murchisonia paeckelmanni gehört zu der mit Abstand individuenreichsten Art am Fund ort Schwelm. Die Ornamentierung bei dieser Art variiert stark: unter den Suturen (Nähten) beobachtet man schwache Wülste (var. praebilineata) oder gar einzelne Knoten (var. praecoronata), zudem sind die Suturen oftmals nur wenig vertieft (var. praeturbina-ta) oder verschmelzen fast vollständig mit den Windungen (var. praepagodeformis). Die Abgrenzung deutlich unterschiedlicher Arten ist jedoch nicht möglich, da immer wieder Übergänge zu beobachten sind. Paeckelmann (1922) rechnete noch sämtliche Varianten der in Schwelm auftretenden Murchisonien zu Murchisonia archiaci. Seine Ausgangs-form – ohne Ornamentierung – läßt sich aber klar von den übrigen, hier als Murchisonia paeckelmanni zu seinen Ehren neu definierten Variantengruppe unterscheiden. Über-gänge zu Murchisonia archiaci fehlen. Murchisonia paeckelmanni ist auch nicht mit der ebenfalls variantenreichen Art Murchisonia bilineata gleichzusetzen, die in großen Exemplaren in Paffrath, dem Harz und der Lahnmulde auftritt, bei der aber ein deutlicher Wechsel zwischen Apikal- und Pleuralwinkel zu beobachten ist.

Murchisonia zimmermanni Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004Paeckelmann (1922) bestimmte diese extrem schlanke Murchisonienart mit einer zu-sätzlichen basalen Leiste als Murchisonia tricincta Münster. Leider konnten die Origi-nale von Münster bislang noch nicht aufgespürt werden. Allerdings stammt diese Art aus St. Cassian (Trias) und ist in ihrer Gestalt auch verschieden von den Schwelmer Exem -plaren – größer, breiter und mit einem breiten Schlitzband. Deshalb muß die Art aus Schwelm einen neuen Namen erhalten. Zu Ehren Ernst Zimmermanns nennen wir sie Murchisonia zimmermanni.

Sylvestria zimmermanni Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004In der Schauvitrine befindet sich ein besonders großer Gastropode, der durch seine kuge-lige Form auffällt. Er ähnelt am meisten der Art Sylvestria (= Turbo) soetenichensis (Kirchner, 1915) aus der Eifel, die zwar ebenfalls recht groß, allerdings wesentlich kleiner als das Schwelmer Exemplar ist. Bei unseren Nachforschungen fanden wir in Göttingen (!) auch einen Namenszettel, der in Stichworten die Merkmale beschreibt und auf diese Ähnlichkeit hinweist. Paeckelmann, von dem diese Anmerkungen mit großer Wahr-scheinlichkeit stammen, hat diese Art allerdings nie in seinen Publikationen beschrie-ben, und so durften wir sie ebenfalls zu Ehren Ernst Zimmermanns benennen.

Gattung Praeturbonitella Heidelberger & Koch, 2004Natica-ähnliches Gehäuse mit deutlicher Spitze. Die ersten Windungen sind konvex, die letzte Windung weist schmale, abgerundete Windungsschultern und eine nur wenig

36

Page 9: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

konvexe Flanke auf. Die Suturen sind deutlich. Die Basis ist konvex und weist keinen Nabel auf. Die Mundöffnung ist tropfenförmig, die Außenlippe stößt in spitzem Winkel an die vorhergehende Windung. Die Innenlippe ist wenig verdickt und umgebogen. Man erkennt einen undeutlichen Zahn in Höhe der Spindel (Columella). Die Ornamentierung besteht aus dichten Anwachslinien.Die neu beschriebene Gattung Praeturbonitella wird als Verwandte der Gattung Turbo-nitella betrachtet, die eine breitere Windungsschulter, flache Nähte, eine flache Basis und eine ausgehöhlte Innenlippe besitzt.

Praeturbonitella kochi Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004Einzige Art, die bisher zur oben beschriebenen Gattung zu rechnen ist. Sie wurde nach Lutz Koch benannt, der die Sammlung Ernst Zimmermanns nach über 60 Jahren wieder „ausgegraben“ und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.

Gattung Strothia Heidelberger & Koch, 2004Diese neue Gattung wurde zu Ehren von „Steiger Stroth“ (Steiger an der Zeche Schwelm) benannt, dem Sammler, dessen Stücke Kayser (1889) zur Festlegung seiner neuen Art (s.u.) vorlagen. Sie werden heute in der Sammlung des Geologisch-Paläontologischen In-stituts der Philipps-Universität in Marburg aufbewahrt.Es handelt sich um große Schnecken, die sich durch eine kräftige Schale und charakteri-stische Knotenreihen auszeichnen.

Strothia schwelmensis (Kayser, 1889)Die berühmteste mit-teldevonische Art vom Fundort Schwelm ist als „Turbo“ schwel-mensis in der Literatur zu finden. Zahlreiche große, meist jedoch nicht vollständig erhal-tene Exemplare sind von den Fundorten Schwelm „Rote Berge“, Schwelm-Martfeld, Ta-gebau am Schwelmer Brunnen, Schwelm Ober berge und auch vom Steinbruch „Stel-tenberg“ bei Hohen-limburg bekannt. Da-neben tritt sie sehr sel-ten in Paffrath auf. In der Sammlung Zimmermann (Haus Martfeld) befinden sich 3 Gipsabdrücke eines be-sonders großen, gut erhaltenen Exemplars, das heute im Museum für Naturkunde in Ber-lin hinterlegt ist. Dort finden sich auch mehrere, relativ schlecht erhaltene Exemplare, die von Kirchhoff 1924 (also erst nach der Bearbeitung durch Paeckelmann) hinterlegt worden sind.

37

Abb. 5: Etikett des Geologischen Instituts der Universität Marburg, das dem Holotyp der Schnecke Turbo schwelmensis beiliegt (unten: Hin-weis auf den Finder „Steiger Stroth, 1886“).

Page 10: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

38

Taf. 2Fig. a: Murchisonia zimmermanni Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Holotyp, Seiten-

ansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/11.1).

Fig. b: Murchisonia archiaci Paeckelmann, 1922, Lectotyp, Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/9.1).

Fig. c: Murchisonia paeckelmanni praecoronata Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Seiten-ansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/13.1).

Fig. d: Murchisonia paeckelmanni praeturbinata Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Seiten-ansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/14.2).

Fig. e: Retispira schwelmensis Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Holotyp, Rückenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/2.1).

Fig. f: Praeturbonitella kochi Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Holotyp, Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/32.1).

5 mm

a

d

e f

b c

5 mm

1 mm1 mm

5 mm1 mm

Page 11: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

39

Taf. 3Fig. a: Strothia schwelmensis (Kayser, 1889), Seitenansicht, Gipsabdruck (Original im Museum für

Naturkunde, Berlin), Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/34.1).

Fig. b: Strothia schwelmensis (Kayser, 1889), Seitenansicht, juveniles Exemplar, Schwelm, Rote Ber-ge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/34.6).

Fig. c: Sylvestria zimmermanni Heidelberger in Heidelberger & Koch, 2004, Holotyp, Seitenansicht, Schwelm, Rote Berge; coll. Zimmermann, Museum Haus Martfeld, Schwelm (Nr. 03/23.1).

Fig. d: Seitenansicht mit Mundöffnung, das gleiche Exemplar wie in Fig. c.

5 mm

5 mm

5 mm

1 mm

a

c

b

d

Page 12: Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der ... · 29 Doris Heidelberger und Lutz Koch Bericht über die Neubearbeitung der Gastropoden aus der Schwelmer Sammlung Zimmermann

Literatur:Fryda, Jirí (2000): Some new Givetian (late Middle Devonian) gastropods from the Paffrath area (Ber-

gisches Land, Germany). – Memoirs of the Queensland Museum, 45: 359–374; Brisbane. Fuchs, Alexander & Paeckelmann, Werner (1979): Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen,

Erläuterungen zu Blatt 4709 Wuppertal-Barmen, 2. Aufl.: I–VII und 1–96, 7 Abb., 1 Taf.; Krefeld.Heidelberger, Doris (2001): Mitteldevonische (Givetische) Gastropoden (Mollusca) aus der Lahnmulde

(südliches Rheinisches Schiefergebirge). – Geologische Abhandlungen Hessen, 106: 1–291, Tab. 1–2, Taf. 1–21; Wiesbaden.

Heidelberger, Doris & Amler, Michael R. W. (2002): Devonian Gastropoda from the Dornap „Massen-kalk“ complex (Bergisches Land, Germany). – Paläontologische Zeitschrift, 76 (2): 317–329, Abb. 1– 21; Stuttgart.

Heidelberger, Doris & Bandel, Klaus (1999): Micromorph gastropoda from the Middle Devonian (Give-tian) limestone of the Sötenich Syncline (Eifel). – Mitteilungen aus dem Geologisch-Paläontolo-gischen Institut der Universität Hamburg, 83: 129–162; Hamburg.

Heidelberger, Doris & Koch, Lutz (2004): Gastropoda from the Givetian „Massenkalk“ of Schwelm and Hohenlimburg (Sauerland, Rheinisches Schiefergebirge, Germany). – Geologica et Palaeontolo-gica, Sonderband 4; Marburg.

Jux, Ulrich & Strauch, Friedrich (1966): Die mitteldevonische Brachiopodengattung Uncites DeFrance 1825. – Palaeontographica, Abt. A, 125 (Liefg. 4–6): 176–222, Abb. 1–18, Taf. 21–25; Stuttgart.

Kleinhempel, Gerhard (1982): Schwelm in alten Ansichten, Band 1, 4. Aufl. – Europäische Bibliothek; Zaltbommel/Niederlande.

Koch, Lutz (1990): Der Schwelmer Kalk. – in: Weidert, Werner K. (Hg.): Klassische Fundstellen der Paläontologie, 2: 37–48 u. 242–243, 19 Abb.; Korb (Goldschneck).

Koch, Lutz [Hg.](1995): Fossilien aus dem Schwelmer Kalk. – 56 S., 59 Abb.; Gelsenkirchen (Edition Archaea).

Krawczynski, Wojciech (2001): Givetian Gastropoda from the Elbingerode Reef Complex (Harz Mountains, Germany). – Abhandlungen und Berichte für Naturkunde, 24: 39–67, Abb. 1–3, Taf. 1–4; Magdeburg.

Krebs, Wolfgang (1968): Reef development in the Devonian of the eastern Rhenisch Slate Mountains, Germany. – International Symposium Devonian System Calgary 1967, 2: 295–306, 4 Abb., 2 Tab.; Calgary/Alberta.

Krebs, Wolfgang (1978): Massenkalk. – In: Ziegler, W.: Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen, Erläuterungen zu Blatt 4813 Attendorn, 2. neu bearb. Aufl.: 78–94, 4 Abb.; Krefeld.

Kürten, Wilhelm von (1962): Der Schwelmer Erzbergbau. . – Beiträge zur Heimatkunde der Stadt Schwelm und ihrer Umgebung, 12: 16–28, Abb. 1–5; Schwelm.

May, Andreas (1988): Fossilführung und Palökologie des lagunären Massenkalkes (Devon) im Sauer-land (Rheinisches Schiefergebirge). – Paläontologische Zeitschrift, 62 (3/4): 175–192, Abb. 1–6, Tab. 1–4; Stuttgart.

Paeckelmann, Werner (1922): Der mitteldevonische Massenkalk des Bergischen Landes. – Abhandlun-gen der preußischen geologischen Landesanstalt, N.F., 91: 1–112, 2 Abb., 1 Taf; Berlin.

Struve, Wolfgang (1989): Zur Lebensweise von Schalentieren auf mitteldevonischen Karbonat-Platt-formen. – Natur und Museum, 119 (4): 128–139; Frankfurt am Main.

Struve, Wolfgang (1992): Neues zur Stratigraphie und Fauna des rhenotypen Mittel-Devon. – Sencken-bergiana lethaea, 71 (5/6): 503–624, Tab. 1–6; Frankfurt am Main.

Weddige, Karsten [Hg.] (1996): Devon-Korrelationstabelle. – Senckenbergiana lethaea, 76 (1/2): 267–286, Abb. 1–7, 43 Tab.-Spalten; Frankfurt am Main.

Zimmermann, Ernst (1905): Beiträge zur Heimatkunde des rheinisch-westfälischen Industriebezirks. – In: Gehrig, H. (Hg.): Lese- und Lehrbuch für bergmännische Vorschulen und hüttenmännische Fortbildungsschulen sowie ähnliche Anstalten: 1–25, 28 Abb.; Leipzig – Berlin.

40