Berufen zur Freiheit - Jürgen · PDF file(Zitiert nach „Was halten Sie vom...

download Berufen zur Freiheit - Jürgen · PDF file(Zitiert nach „Was halten Sie vom Christentum“, Karl-Heinz Deschner, 1957) Wir brauchen in unseren Kir-chen darüber eine tiefgründige

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  • strzen. Oder: Nachdem seit dem 19. Jahrhun-dert Intellektuelle von Richard Wagner bis Konrad Lorenz vor der Verjudung des deutschen Volkes warnten und die Ausmerzung der Juden forderten, bernahm Hitler diese Befreiung mit typisch deutscher Grndlichkeit. Es gibt bis heute aber auch subtilere For-men der Unfreiheit. Wenn beispielswei-se eine Arbeitshypothese wie die Zu-

    fallsevolution zum einzig richtigen Denkansatz erklrt und mit politischen Mitteln gegen An-dersdenkende (und oft genug gegen andere wissen-schaftliche Er-kenntnis) durchge-setzt wird, dann beginnen Ideolo-gien zu herrschen und die Freiheit Andersdenkender einzuschrnken. Dafr gibt es be-reits eine Reihe Beispiele. Neben den groen ideologischen und politischen Tyran-nen gibt es aber auch Tyrannei und Freiheitsberaubung im Alltag: Tyranni-sche Ehepartner,

    Verwandte, Kollegen, Vorgesetzte, Nachbarn usw. Auch Kinder knnen ty-rannische und verstndnislose Eltern, mobbende Mitschler usw. erleben. Und es gibt noch einen weiteren Bereich gnadenloser Unfreiheit, wenn nmlich Menschen unter zwanghaften Gefhls-strukturen leiden, die ihr tgliches Leben zur Hlle machen: Zwanghafte ngste, Zwangsverhalten, chronisches Einsam-keitsgefhl, schwere depressive

    Als 1789 die Franzsische Revolution mit ihrer Losung Freiheit, Gleichheit, Brderlichkeit die Bhne der Geschich-te betrat und mit euphorischer Leiden-schaft den Adel Frankreichs hinwegfeg-te, wusste niemand, wie sich die Ge-schichte weiter entwickeln wrde. Sehr schnell bernahmen die neuen Herren den verlotterten Lebensstil ihrer Vorgn-ger. Sie erfinden die Guillotine, die Ma-schine zur Herstellung der Gleichheit. Erst wird der Knig gekpft, dann der Adel, dann die Mchtigen der Kir-che, dann die Giron-disten (= die gem-igten Revolution-re), danach selbst die, die ihre Mei-nung gegen die Re-volutionre oder Mutlosigkeit u-erten, zum Schluss selbst die treibenden Krfte, die Jakobi-ner. Mit der Hin-richtung Robespier-res (1794) naht die Stunde Napoleons. Die napoleonischen Kriege mit ihren un-geheuren Men-schenopfern finden nun bald in ganz Eu-ropa statt... Als Madam Roland (1754-1793) zum Tode verurteilt wurde, rief sie vor ihrer Hinrichtung durch die Guillotine: O Freiheit, o Freiheit, wie viele Verbre-chen begeht man in deinem Namen. Diese Geschichte wird sich immer wie-derholen: Ein Beispiel: Im Namen der Freiheit von den Ausbeutern und Unterdrckern werden die Tschekisten der Bolschewiki Massen von Kulaken umbringen und das ganze Land in ungeahnte Hungersnte

    Berufen zur Freiheit

    Evangelischer Arbeitskreis der CDU Sachsen-Anhalt (Hrsg.)

    c/o CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt

    Frstenwallstrae 17 Tel.:0391 566680

    39104 Magdeburg E-Mail:[email protected]

    Homepage: www.eak-sachsenanhalt.de

    Aus dieser Ausgabe:

    Berufen zur Freiheit 1-2

    Die Rolle der Religio-

    nen in unserer

    heutigen Welt

    3-5

    Zur Arbeit des EAK-

    Bundesvorstandes 6-7

    Breslau, die Kultur-

    hauptstadt Europas 5-8

    Demut und Verant-

    wortungsbernahme 9

    Wo ist der rechte Ort

    der CDU?

    10-

    11

    Buchempfehlung 12

    September 2016 22. Jahrgang, Ausgabe 2

    Bernhard Ritter

  • Verstimmungen und viele andere innere Unfreihei-ten. Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief Kapitel 5, in den Versen 1 + 13:

    1Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wie-der das Joch der Knechtschaft auflegen! 13Ihr aber, liebe Brder, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht der Selbstsucht Raum gebt; sondern durch die Liebe diene einer dem andern.

    Diese Freiheit, die uere wie die innere, hat neben dem Frieden den hchsten Wert im christlichen Glauben. Unabhngig davon, dass die machtvollen Kirchen in den Entscheidungen ihrer Geschichte oft selbst die Freiheit der Andersdenkenden ignorierten, hat Gott den Menschen zur Freiheit bestimmt. Von Anfang an kann der Mensch den Worten Gottes fol-gen oder auch nicht. Er hat sogar die verhngnisvol-le Freiheit, sich von seinem Schpfer zu trennen (satanische und faschistische Mchte lassen dem Menschen diese Freiheit nicht!). Die Freiheit der Selbstbestimmung des eigenen Le-bens ist die Grundlage unserer Wrde. Einem Men-schen die Freiheit zu nehmen heit, ihm seine Wr-de zu nehmen. Gott will aber keine Marionetten, sondern selbstbe-stimmte Menschen, die mit dem ihnen gegebenen Verstand die Wahrheit erkennen knnen und zu selbstverantworteten Entscheidungen fhig sind. Der Mensch hat die Fhigkeit, sich nach seinen be-sonderen natrlichen Anlagen zu entfalten und auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen und seiner Ge-schichte seine persnlichen Entscheidungen zu fl-len und sein Leben zu gestalten. Und nur dann ist der Mensch fr seine Entscheidun-gen auch verantwortlich zu machen und kann er die-se Verantwortung auch bernehmen So ist die Freiheit die Voraussetzung dafr, dass der Mensch sein eigenes Leben in Wrde fhren kann. Deshalb warnt Paulus, sich nicht wieder die Joche der Unfreiheit und der Knechtschaft auflegen zu las-sen, weder die alten noch andere im neuen Gewand. Und er warnt explizit vor des Menschen grtem Feinde, seiner Neigung zur Selbstsucht. Das Pro-gramm der egozentrischen Selbstsucht lautete zu al-len Zeiten: Ich habe nicht, ich brauche, ich will auch haben, ich will haben, haben, haben, ich, ich, ich. Psychologisch gesehen lassen sich sehr viele Menschen von einem solchen Programm leiten. Man kann das gut an ihren Klagen erkennen und an ihren immer neuen ruhelosen Forderungen an ihre Mitmenschen und an die Gesellschaft, die speziell ihre persnlichen Wnsche erfllen sollen.

    Seite 2 Rundbrief des EAK Sachsen-Anhalt

    Interessanterweise ist das Werk Christi ein Befrei-ungswerk, die Befreiung aus Snde, Tod und Teu-fel (wie nicht erst Luther formulierte). Die Freiheit Christi ist eine Freiheit aus Bindungen und Ver-hngnissen, eine Freiheit zum Leben. Es ist eine Freiheit von verhngnisvollen Abhngigkeiten. Aber es ist auch eine Freiheit zu einem ethisch ver-antworteten Handeln. Wenn der Mensch Einsicht in die Wirkungsgeschichte verschiedener Handlungs-strukturen gewinnt, kann er die zuknftige Wirkung seines Handelns durchschauen und sich fr das er-kennbar Gute entscheiden. Der Mensch ist dazu f-hig, wenn er verlssliche Mastbe hat und sich selbst dazu verpflichten will, in Eigenverantwor-tung das Gute zu tun. Und schlielich nennt Paulus als das angemessene christliche Handlungsmotiv die Liebe. Damit ist nicht irgendein sentimentales oder romantisches Gefhl gemeint, sondern die Liebe, die in vielflti-ger Weise in der Heiligen Schrift als eine Lebens-haltung beschrieben ist, insbesondere erkennbar am Erlsungswerk Christi: aus Liebe zu uns. Der franzsische Philosoph Gabriel Marcel, Be-grnder des Existenzialismus, ist vor dem Hinter-grund der Schrecken des 1. Weltkrieges, und im Nachdenken ber die Liebe Christi als skularer Ju-de selbst Christ geworden. Er beschrieb die Liebe als eine Haltung der Hingabe und der Verfgbar-keit: Suchen kann nur suchen, um zu geben sein. Wir sollen den Garten Eden (auch ein Synonym fr die Schpfung, 1Mo 2,15) bebauen und bewah-ren. Wir werden ihn nur im Frieden bewahren knnen, wenn wir die Freiheit zu sichern helfen. Sie war zu allen Zeiten bedroht. Die Freiheit ist nicht nur eine freundliche Zugabe zu unserem Wohlstand, sondern die Voraussetzung fr ein Le-ben in Frieden nach Gottes Willen. Deshalb lasst uns fr die Unversehrtheit der Freiheit eintreten, wo immer es uns mglich ist: In unseren Familie, in unserer Kirchen, in unseren Kommunen wie in der ganzen Gesellschaft und auch in den Strukturen der Politik, wo immer wir dazu die Gelegenheit haben. Ein gutes Beispiel dafr, dass es tatschliche Befreiung auch ohne Gewalt und Blutvergieen geben kann, bleibt fr mich die politische Wende 1989 in der DDR. Die damals gewonnene Freiheit haben wir mit all unseren Krften zu bewahren und immer neu zu gestalten. Ich bin nach wie vor voller Dankbarkeit dafr. Bernhard Ritter Mitglied im EAK-Landesvorstand

    Berufen zur Freiheit

  • 22. Jahrgang, Ausgabe 2 Seite 3

    Die Rolle der Religionen in unserer heutigen Welt

    Es ist eine gute Tradition, dass die Kirchen in Sachsen-Anhalt (Die Evangelische Landeskirche Anhalts, die Evangelische-lutherische Landeskirche in Braun-schweig, die Evangelische Kirche in Mitteldeutsch-land, das Erzbistum Berlin und das Bistum Magde-burg) zu einem kumenischen Jahresempfang einla-den. Der diesjhrige fand im Mai in der Kathedral-pfarrei St. Sebastian in Magdeburg statt. Zum Beginn des Empfangs sprach Alois Glck zum Thema Die Rolle der Religionen in unserer heutigen Welt. A. Glck war u.a. langjhrig Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion, Prsident des Bayrischen Landtages und von 2009-2015 Prsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. In dieser Ausgabe unseres Rund-briefes wollen wir mit seiner freundlichen Genehmigung Aus-zge seines Vortrages verffent-lichen bzw. referieren: Offensichtlich gestalten immer weniger Menschen ihr eigenes Leben nach den Mastben der christlichen Religion. Gleichzei-tig wird immer hufiger ber die wachsende Bedeutung der Reli-gionen fr unser Zusammenle-ben, fr den gesellschaftlichen und den politischen Prozess dis-kutiert. Die Diskussion um die Zuwanderung ist religis aufge-laden. Glck fragte, wie denn dieses zusammenpasse. Ist dies ein Beispiel fr die Widersprch-lichkeiten unserer Zeit? Er unter-suchte zwei Spuren der letzten Jahre, die neue Konjunktur der Wertedebatten und die anschei-nend weltweit wachsende Angst vor Identittsverlust. Die erste Spur: Zur Wertedebatte Geld regiert die Welt!? Die jeweils prgenden Wert-vorstellungen prgen die Entwicklungen! Es gibt eine Wirkungskette: Werte- Leitbilder- Prioritten- Strukturen. Die Wertedebatte erhielt einen Auf-schwung in der Finanzkrise. Es gibt die Entdeckung, dass