FOTOS: MARIO GEHRT BildervomLeben inSansibar...Band seiner „Kriminalgeschichte des...

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Mittwoch, 3. Juni 2015 – Nr. 125 VBW 33 TBB 32 OCH 32 WUES - Seite 33 WÜRZBURG Tagwerk: Viele Fischer bohren in den glasklaren Sandmulden am Strand nach fleischigen Meeresschnecken. Geschultert: Im großen Plastikeimer werden die kleinen Fische durch die Dorfgassen auf den Markt getragen. Flechterinnen: Maluum und ihre Töchter fertigen aus getrockneten und eingefärbten Grashalmen Säckchen, Handtaschen oder Geldbeutel. Bunte Tücher: Die traditionellen Kangas spielen eine wichtige Rolle. Inseltraum: Sansibar genießt einen legendären Stellenwert als exotisches Inselparadies mit kristallklarem Wasser und langen Stränden. Großer Fang: Fischer kehren nach der Fahrt aufs offene Meer zurück. Sammlerinnen: Sansibars Frauen suchen zwischen den scharfen Riffkanten kleine Meerestiere und Seegurken. Leben am und mit dem Meer: Die Arbeit der Fischer von Sansibar kennt keine Uhr und ist an den Zyklus der Natur angebunden. An Ebbe und Flut, an den Mond, an Regenzeit und Trockenzeit. FOTOS: MARIO GEHRT Bilder vom Leben in Sansibar Africa Festival zeigt Fotos von Mario Gerth Sansibar. Schon der Name löst Fern- weh aus. Eine Insel im Indischen Ozean. Tor zu Afrika. Gefangen vom Rhythmus der Gezeiten, geprägt von der Magie des Orients. Der Archipel vor der Küste Tansanias – er ist und hat eine ganz eigene Welt. Sansibar reflektiert bis heute die Synthese aus arabischen, indischen und schwarzafrikanischen Einflüs- sen. Die Insel ist ebenso multikultu- rell wie ihre Bewohner. Moscheen, Kirchen und Hindu-Tempel, afrika- nische Märkte, Kolonialbauten und britische Handelshäuser, ein omani- sches Fort und geschnitzte Holztü- ren ergänzen einander und formen das Leben der Bewohner. Der Fotograf Mario Gerth ist auf- gebrochen, um die alten Traditionen Sansibars zu porträtieren. Er hat die Türschnitzer in Stonetown besucht und sich in die traditionelle Taarab- Musik eingehört. Er ist über üppige Gewürzplantagen im Zentrum der Insel gelaufen, da wo der Pfeffer wächst. Und er ist in der Dunkel- heit mit den Fischern zur See ge- fahren, um Haie zu fischen. Er hat beobachtet, wie sich zur Ebbe der Ozean zurückzieht und einen lan- gen Korallenring freigibt, die Bühne für Tintenfischfrauen und Seegras- farmer. Mario Gerth ist ein Reisender: als Radnomade, als Journalist und Foto- graf. In mehr als 80 Ländern auf fünf Kontinenten war er unterwegs. Und er zeigt in seinen Arbeiten eine Welt, die sich durch Anmut und Schönheit charakterisiert. Mario Gerth: 37 Jahre alt, aus Thü- ringen, Bezirksleiter einer Bauspar- kasse, den es nicht am Schreibtisch hält. Heute wechselt er regelmäßig die Welten und arbeitet als Banker und Finanzdienstleister in Deutsch- land und Fotograf in Afrika. Seine Bilder sind in internationa- len Ausstellungen zu sehen – und der- zeit im Würzburger Spitäle: „Sansibar – Traditionen am Tor zu Afrika“ heißt die Foto-Schau anlässlich des Africa Festivals. Sie versammelt im großen Format Aufnahmen, die Gerth im Ja- nuar auf Sansibar gemacht hat. Man- cher mag sich gut erinnern: 2012 zum Africa Festival waren in Würzburg ebenfalls eindrucksvolle Fotografien von Gerth zu sehen: „Söhne und Töchter des Windes“. Aufnahmen seiner Besuche bei den letzten Noma- den und Halbnomaden Afrikas. Foto-Ausstellung: Im Würzburger Spi- täle in der Zeller Straße, zu sehen bis 21. Juni. Geöffnet ist sie täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr.

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Tagwerk: Viele Fischer bohren in den glasklaren Sandmulden am Strandnach fleischigen Meeresschnecken.

Geschultert: Im großen Plastikeimer werden die kleinen Fische durch dieDorfgassen auf den Markt getragen.

Flechterinnen: Maluum und ihre Töchter fertigen aus getrockneten undeingefärbten Grashalmen Säckchen, Handtaschen oder Geldbeutel.

Bunte Tücher: Die traditionellenKangas spielen eine wichtige Rolle.

Inseltraum: Sansibar genießt einen legendären Stellenwert als exotischesInselparadies mit kristallklarem Wasser und langen Stränden.

Großer Fang: Fischer kehren nachder Fahrt aufs offene Meer zurück.

Sammlerinnen: Sansibars Frauen suchen zwischen den scharfen Riffkantenkleine Meerestiere und Seegurken.

Leben am und mit dem Meer: Die Arbeit der Fischer von Sansibar kennt keine Uhr und ist an den Zyklus der Natur angebunden. An Ebbe und Flut, an den Mond, an Regenzeit und Trockenzeit. FOTOS: MARIO GEHRT

Bilder vom Lebenin Sansibar

Africa Festival zeigt Fotos von Mario GerthSansibar. Schon der Name löst Fern-weh aus. Eine Insel im IndischenOzean. Tor zu Afrika. Gefangen vomRhythmus der Gezeiten, geprägt vonder Magie des Orients. Der Archipelvor der Küste Tansanias – er ist undhat eine ganz eigene Welt.

Sansibar reflektiert bis heute dieSynthese aus arabischen, indischenund schwarzafrikanischen Einflüs-sen. Die Insel ist ebenso multikultu-rell wie ihre Bewohner. Moscheen,Kirchen und Hindu-Tempel, afrika-nische Märkte, Kolonialbauten undbritische Handelshäuser, ein omani-sches Fort und geschnitzte Holztü-ren ergänzen einander und formendas Leben der Bewohner.

Der Fotograf Mario Gerth ist auf-gebrochen, um die alten TraditionenSansibars zu porträtieren. Er hat dieTürschnitzer in Stonetown besuchtund sich in die traditionelle Taarab-Musik eingehört. Er ist über üppigeGewürzplantagen im Zentrum derInsel gelaufen, da wo der Pfefferwächst. Und er ist in der Dunkel-heit mit den Fischern zur See ge-fahren, um Haie zu fischen. Er hatbeobachtet, wie sich zur Ebbe derOzean zurückzieht und einen lan-gen Korallenring freigibt, die Bühnefür Tintenfischfrauen und Seegras-farmer.

Mario Gerth ist ein Reisender: alsRadnomade, als Journalist und Foto-graf. In mehr als 80 Ländern auf fünfKontinenten war er unterwegs. Under zeigt in seinen Arbeiten eineWelt,die sich durch Anmut und Schönheitcharakterisiert.

Mario Gerth: 37 Jahre alt, aus Thü-ringen, Bezirksleiter einer Bauspar-kasse, den es nicht am Schreibtischhält. Heute wechselt er regelmäßigdie Welten und arbeitet als Bankerund Finanzdienstleister in Deutsch-land und Fotograf in Afrika.

Seine Bilder sind in internationa-len Ausstellungen zu sehen – und der-zeit im Würzburger Spitäle: „Sansibar– Traditionen am Tor zu Afrika“ heißtdie Foto-Schau anlässlich des AfricaFestivals. Sie versammelt im großenFormat Aufnahmen, die Gerth im Ja-nuar auf Sansibar gemacht hat. Man-chermag sich gut erinnern: 2012 zumAfrica Festival waren in Würzburgebenfalls eindrucksvolle Fotografienvon Gerth zu sehen: „Söhne undTöchter des Windes“. Aufnahmenseiner Besuche bei den letzten Noma-den und Halbnomaden Afrikas.

Foto-Ausstellung: Im Würzburger Spi-täle in der Zeller Straße, zu sehen bis21. Juni. Geöffnet ist sie täglich außermontags von 11 bis 18 Uhr.

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Leserforum

HalbWürzburgbeschallt

Zum Thema Lärm aus demDallenberg-Stadion:Anscheinend haben die WürzburgerKickers den Aufstieg in die 3. Ligagewonnen. Das ist ihnen zu gönnenund ich gratuliere auch sehr herzlich.Aber die Betreiber des Stadions soll-ten etwas mehr auf die Nachbarn,das ist die gesamte Sanderau, Teiledes Frauenlandes, die Keesburg undTeile Heidingsfeld, Rücksicht neh-men. Schon schlimm genug, wennwährend Spieles die Lautsprecher-ansagen halb Würzburg beschallen.Aber dann noch das Gegröle über-begeisterter Fans und dazwischenschallende Musik, ist zu viel undeine Nötigung der Bewohner. Nochdazu wenn das dann, so wie nachdem Spiel am Sonntag noch stun-denlang weiter geht: Nach 17 Uhr istnoch immer keine Ruhe!Das kann ja heiter werden, wenndann die Spiele der 3. Liga beginnen.Wie oft wird dann auch noch dieFlutlichtanlage eingeschaltet?Der Sponsor Flyeralarm sollte sichüberlegen, ob dies nicht seinem Rufschadet. Wo bleibt der städtischeOrdnungsdienst? Warum schreitet ernicht ein und erteilt empfindlicheStrafen?

Bernhard Edler von Lapp97072 Würzburg

Zu viele ungelösteProbleme

Zu den Berichten „Der Fall Zimme-rer“ vom 27. Mai:Einst Carl-Diem-Halle. Jetzt Dr.Hel-muth-Zimmerer-Straße. Hoffentlichhaben all jene, die jetzt mit demFinger auf ihn zeigen, eine saubereWeste!(?)Ich habe wirklich nicht viele Sym-pathien für den Würzburger Stadt-rat übrig, schiebt der doch zu vieleungelöste Probleme vor sich her.Auch kann und will ich ihm zur Be-wältigung derselben keinerlei Rat-schläge erteilen, hat er doch soebenauf überragende Weise die Troglö-sung in trockene Tücher . . .Naja, diese Kuh ist ja vom Eis!Und so ein Bürgerentscheid! Undjetzt bald schon wieder einer!Auf einen Missstand muss ich dieRatsherren und -damen jedoch un-bedingt hinweisen: Im neuntenBand seiner „Kriminalgeschichtedes Christentums“ bezeichnet Karl-heinz Deschner den WürzburgerBischof Julius Echter „als einenMann, der nicht alle Zehn Gebotegleichermaßen schätzte und auchnach weltlichen Maßstäben einschwerer Junge war. Die Vorwürfe:Mord und Totschlag, Körperverlet-zung, Nötigung, Raub, Betrug, Dieb-stahl, Vertreibung, Störung der To-tentruhe.“Da ist es doch nur logisch, dass derWürzburger über die Umbenen-nung der Juliuspromenade nach-denkt. Oder?Allerdings muss erst noch das Prob-lem Hofstraße gelöst werden... unddas der Straßenbahnlinie zum Hub-land ... und ... Werden da eigent-lich die Anlieger an den anfallen-den Kosten beteiligt?

Gerd Rosenbaum97218 Gerbrunn

Der Urenkel von Prinzessin SalmeHelmut Schwinge aus Fulda war zu Besuch in der Sansibar-Ausstellung im Spitäle

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Von unserem RedaktionsmitgliedKARL-GEORG RÖTTER

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WÜRZBURG Ein Überraschungsbe-sucher war am Wochenende im Spi-täle an der AltenMainbrücke zuGast.Dort sind gerade Bilder des Fotogra-fenMario Gerth ausgestellt, die im Ja-nuar in Sansibar entstanden. DieInsel im Indischen Ozean ist in die-sem JahrGastland des Africa Festivals.

Gleich am ersten Tag der Aus-stellungmachte sichHelmut Schwin-ge aus Petersberg bei Fulda auf denWeg, um sich die Bilder anzusehen,denn er hat eine ganz besondere Be-ziehung zu Sansibar. Schwinge ist einUrenkel der legendären sansibari-schenPrinzessin Salme, diewegenderverbotenen Liebe zu einem deut-schen Kaufmann ihre Heimat hatteverlassen müssen.

Der 85-jährige Schwinge ist auf sol-che Ausstellungen oder Bildbändeüber Sansibar angewiesen. Denn dieOrte, an denen seine Urgroßmuttervor ihrer Flucht aus Sansibar lebte, hater noch nie gesehen. „Ich setze michin kein Flugzeug“, sagt er im Ge-spräch und lacht dabei etwas ver-schämt. „Ich behelfe mir mit der ver-fügbaren Literatur und habe mir mitvielen Bildbänden eine Vorstellungder räumlichen und architektoni-schen Verhältnisse verschafft.“

Und auch in der Würzburger Aus-stellung, die bis 21. Juni zu sehen ist,hat der Nachfahr ein paar neue Ein-

drücke gewonnen. Erfahren hatSchwinge über die Ausstellung seinerSchwester Ursula Stumpf: Sie lebt inNorth Carolina in den USA und ver-folgt stetig, ob undwas über die Fami-lie berichtet wird. Auch sein in Zellam Main lebender Freund Dieter

Erhardt hat denSalme-Urenkelauf die Sansibar-Fotos aufmerk-sam gemacht.Erhardt mussteihm auch einenStapel Main-Post-Ausgabenbesorgen, alsdort vor zehn Ta-gen ein großerBericht über

Prinzessin Salme zu lesen war. ZurFreude von Schwinge: „Den schickeich jetzt Verwandten und Bekanntenin aller Welt zu.“

Schwinge ist ein Sohn von EmilySchwinge, geborene Troemer. Sie wareine Tochter von Rosalie Troemer, ge-borene Ruete. Rosalie, 1870 geboren,war eines von drei Kindern von Prin-zessin Salme und dem deutschenKaufmann Rudolph Heinrich Ruete.Helmut Schwinge stammt also in di-rekter Linie von der sansibarischenPrinzessin ab, die sich als junge Frauin dendeutschenKaufmannverliebteund von ihm ein Kind erwartete – imstreng muslimischen Sansibar des 19.Jahrhunderts ein Tabubruch ohne-

gleichen. Dass eine Muslimin, nochdazu eine Tochter des Sultans, voneinem deutschen christlichen Mannschwanger wurde – bei äußerst drasti-schen Strafen war dies untersagt. Alsomussten Salme und Ruete Sansibarverlassen.

Auf ihrer Reise nach Hamburg ließsich die Prinzessin in Aden taufen. Soerklärt sich, dass der Name Emily indie Familie kam: „Die abtrünnigeMuslimin Salme wurde von einemanglikanischen Geistlichen getauft,und von ihm hat sie den Namen

Emily erhalten“, erzählt Schwinge.Nach der Hochzeit mit Heinrich Rue-te wurde aus der afrikanischen Prin-zessin Salme die deutsche Kauf-mannsgattin Emiliy Ruete. Der Namehat sich bis heute in der Familie erhal-ten. Schwinges Mutter hieß Emily,und auch Helmut Schwinges Tochterträgt diesen Vornamen.

Geboren wurde Schwinge in Jena,„im gleichen Haus, in dem EmilyRuete lebte und1924 starb“, berichtetder promovierte Jurist. Man merktihm an, dass er ein wenig stolz ist aufseine Verwandtschaftmit der Prinzes-sin. Schwinges Eltern waren Juristen,so schlug auch er dieses Studium ein.Er entschied sich für die kommunaleLaufbahn, brachte es bis zum Bürger-meister von Bad Soden im Taunusund wechselte dann in den Notarbe-ruf. Seine Mutter habe die Prinzessinnoch persönlich kennengelernt, sagtder Urenkel. Und er erzählt von einer„etwas anderen Charakterperson alssonst in ihrer Umwelt“ berichtet.Aber man sei gut miteinander ausge-kommen. Auch Salmes Tochter Rosa-lie, die Großmutter von HelmutSchwinge, habe „einen etwas ande-ren Wesenszug“ gehabt, erinnert ersich: „Da hatte sich etwas vom Cha-rakter der Araberin erhalten.“

An seine Urgroßmutter erinnernihn nur ein paar Kleinigkeiten, wieArbeiten aus Holz oder Gebrauchs-gegenstände. Das genügt ihm. Wich-tiger sind die Erinnerungen im Kopf.Wurde Strafe

ausgehandeltZum Artikel „Serien-Einbrecher mussins Gefängnis“ vom 30. Mai:Der Strafkatalog, den unsere Ge-richte anwenden, wird mir immerunverständlicher. Zwei Jahre undzehn Monate wegen Einbruchdieb-stahl und Sachbeschädigung.Korrekt diese Strafe wurde auch beidem tödlichen Verkehrsunfall vonzwei Menschen, vor mehr als dreiJahren in Eibelstadt, verhängt.Ist das die Gerechtigkeit in Deutsch-land? Oder wurde diese Strafe aus-gehandelt, wie so viele andere auch?

Heiner Röschert97246 Eibelstadt

Leserzuschriften werden nur veröffent-licht, wenn sie die komplette Anschriftder Autorin oder des Autors enthalten.Bitte geben Sie für mögliche Rückfragenimmer eine Telefonnummer an. AusPlatzgründen kann nicht jeder Brief ver-öffentlicht werden. Die Redaktion be-hält sich Kürzungen vor.

Frag-würdig

Stadt will keinenMietspiegel

Sozialreferentin Düberzur Mietpreisbremse

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Die Fragen stellteERNST LAUTERBACH

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An diesem Montag, 1. Juni, ist dievom Bundestag als „Mietpreisbrem-se“ beschlossene Mietrechtsnovellie-rung in Kraft getreten. Damit will derGesetzgeber unter anderem die un-eingeschränkte Steigerung der Mie-ten besser regulieren. Und was be-deutet das für dieMieter undVermie-ter in Würzburg? Die neue Sozialre-ferentin Dr. Hülya Düber antwortetauf Fragen über die Situation in derStadt.

FRAGE: Frau Düber, seit Montag ist siein Kraft: Was beinhaltet diese Miet-rechtsnovellierung?HÜLYA DÜBER: Bei Bestandswoh-nungen darf künftig bei einem Mie-terwechsel die neue Miete maximalzehn Prozent über dem ortsüblichenNiveau liegen. Die Novelle gilt je-doch nicht für Wohnungen, dienach dem 1. Oktober 2014 gebautworden sind und erstmals vermietetwerden. Und auch nicht für Woh-nungen, die so umfassend renoviertwurden, dass die Kosten dafür einDrittel eines Neubaues erreichen.

Und was heißt das für WürzburgerMieter: Wie ist nun die Situation inWürzburg?DÜBER: Die Länder werden ermäch-tigt, Gebiete auszuweisen, in denendiese Mietpreisbremse, wie die Rege-lung genannt wird, angewandt wer-den darf. Bereits imAugust vergange-nen Jahres hat das Bayerische Innen-ministerium in Würzburg eineDatenerhebung durchgeführt. DieseZahlen werden derzeit noch ausge-wertet. Aber es liegt mittlerweile eineAnfrage der StadtWürzburg beim In-nenministerium mit entsprechen-dem Auskunftsersuchen vor.

Wartet auf die Daten aus München:Hülya Düber hat für die StadtWürzburg beim Innenministeriumum Auskunft ersucht. FOTO: PETER

Was passiert, wenn Würzburg zu denGebieten gehört, in denen die Regelungangewendet wird? Gilt das dann fürdas gesamte Stadtgebiet oder kann dieStadt selbst entscheiden, in welchenQuartieren sie die „Bremse“ anwendenwill?DÜBER: Eine entsprechende Rege-lung wird in der Länderverordnunggetroffen werden. Voraussichtlichwird die Stadt also nicht selbst darü-ber entscheiden können. Abergrundsätzlich wäre sowohl die Aus-weisung einzelner Stadtteile als auchdie Ausweisung des gesamten Stadt-gebietes denkbar. Allerdings ist je-doch zu erwarten, dass sich die Ver-ordnung des Freistaates – bei Berück-sichtigung der Stadt Würzburg – aufdas ganze Stadtgebiet beziehen wird,um die gewünschten Effekte zu er-reichen.

Wenn nicht?DÜBER: Eine Beschränkung auf ein-zelne Bereiche der Stadt könnte in-nerstädtische Prozesse in Gang set-zen, die gegebenenfalls Druck auf dieanderen Stadtteile ausüben könn-ten. Mit einer stadtweiten Regelungwürde eine einheitliche Lösung fürWürzburg geschaffen werden.

Sehen Sie mehr Vorteile oder mehrmögliche Nachteile falls diese Regelungin de Stadt eintreten könnte?DÜBER: Das Mietrechtsnovellie-rungsgesetz bedient sich als „Miet-preisbremse“ einer ortsüblichen Ver-gleichsmiete. Diesbezüglich lässtsich aus der Gesetzesnovelle keineVerpflichtung der Stadt zur Erstel-lung eines Mietspiegels ableiten. Da-rüber hinaus steht die Stadt Würz-burg der Erstellung eines Mietspie-gels sehr kritisch gegenüber, da dieKonsequenz hieraus einemittelfristi-ge Erhöhung der Mieten sein würde.

H. Schwinge

Kinderstube im Fahrradkorb

Die städtische Fahrradgarage in der Karmelitenstraße mal fremdgenutzt – als Kinderstube. Eine Amsel hat sich da offenbar den Korb einesabgestellten Fahrrads als Nistplatz ausgeguckt. Und der Nachwuchs wächst und piept schon eifrig. Danke an Leser Fabian Höhmann, der unsauf das ungewöhnliche Nest aufmerksam gemacht hat! FOTO: THERESA MÜLLER

Mussten absagen: Alhous Ag Tajou (rechts) und El Kassim aus Mali sindeigentlich Stammgäste beim Africa Festival. Dieses Mal bauen sie ihr Tua-reg-Zelt auf den Mainwiesen nicht auf. ARCHIVFOTO: NORBERT SCHWARZOTT

Die Tuareg kommen nichtStammgäste aus Mali nicht bei Africa Festival dabei – wegen der Wirren in Mali

WÜRZBURG (Rö) Wer Jahr für Jahrdas Africa Festival besucht – derkennt die beiden. Zehn Jahre langwaren Alhous Ag Tajou und ElKassim aus Mali Stammgäste beimWürzburger Festival, und ihr Tuareg-Zelt war stets ein beliebter Treff-punkt bei den Festivalbesuchern.Doch in diesem Jahr werden die Tua-reg erstmals fehlen, obwohl die Ver-anstalter von Afro Project und auchsie selbst den Besuch in Würzburgfest eingeplant hatten.

Der Grund für ihr Fernbleiben, dassie selbst am meisten bedauern, istdie nach wie vor herrschende Unru-he im Norden Malis. Dort liegt ihrHeimat- und Wohnort Timbuktu.

Die Stadt war im Jahr 2012 vonDschihadisten und Terroristen ein-genommen worden, die wiederum

im Januar 2013 von französischenTruppen vertrieben wurden. Die da-mit erhoffte Ruhe im Norden Malisist aber nichtwie erhofft eingetreten.Immer wieder kommt es in Tim-buktu und der Region zu Attackender Terroristen. Nur mit einem be-waffneten Militärkonvoi ist es der-zeit möglich Timbuktu zu verlassen,berichtete Alhous Ag Tajou vor kur-zem in einem Telefonat mit Festival-chef Stefan Oschmann. Das ist zumeinen sehr aufwändig, aber auch mitgroßen Geldzahlungen verbunden.

Deshalb können die beiden Tua-reg derzeit Timbuktu nicht verlas-sen, um zum Flughafen in dieHauptstadt Bamako zu kommen. Siegrüßen alle Fans, die sie vermissen –und wollen aber im nächsten Jahrwieder beim Festival dabei sein.

Prinzessin Salme: Die Aufnahmestammt aus der Zeit vor 1880.FOTO: LEIDEN UNIVERSITY LIBRARIES/H. TIESSEUR