Beschaffung und Logistik Lernheft 6 - Studienwelt …...Arten der Fremdlagerung: Die Güter aller...

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© Copyright Laudius GmbH DE-1022-00-00 Beschaffung und Logistik Lernheft 6 Lagerwirtschaft Inhaltsverzeichnis: 6.1 Einleitung ............................................................................................... 2 6.2 Bestimmungsgründe für Lagerhaltung .................................................. 2 6.2.1 Eigenlagerung und Fremdlagerung ....................................................... 4 6.2.2 Vorratslose Versorgung ......................................................................... 5 6.3 Lagerorganisation .................................................................................. 6 6.3.1 Lagerarten und -typen ........................................................................... 6 6.3.2 Lagersteuerung und Verwaltung ........................................................... 10 6.3.3 Lagerordnungssysteme ......................................................................... 11 6.3.4 Auslagerung........................................................................................... 12 6.4 Lagerbestands- und Lagerverbrauchsrechnung ................................... 14 6.5 Kosten der Lagerhaltung ....................................................................... 19 6.6 Selbstlernaufgaben ................................................................................ 21 6.7 Zusammenfassung ................................................................................ 21 6.8 Hausaufgabe ......................................................................................... 22 6.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben ................................................... 23 6.10 Anhang .................................................................................................. 24

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Beschaffung und Logistik

Lernheft 6

Lagerwirtschaft

Inhaltsverzeichnis:

6.1 Einleitung ............................................................................................... 2

6.2 Bestimmungsgründe für Lagerhaltung .................................................. 2 6.2.1 Eigenlagerung und Fremdlagerung ....................................................... 4 6.2.2 Vorratslose Versorgung ......................................................................... 5

6.3 Lagerorganisation .................................................................................. 6 6.3.1 Lagerarten und -typen ........................................................................... 6 6.3.2 Lagersteuerung und Verwaltung ........................................................... 10 6.3.3 Lagerordnungssysteme ......................................................................... 11 6.3.4 Auslagerung........................................................................................... 12

6.4 Lagerbestands- und Lagerverbrauchsrechnung ................................... 14

6.5 Kosten der Lagerhaltung ....................................................................... 19

6.6 Selbstlernaufgaben ................................................................................ 21

6.7 Zusammenfassung ................................................................................ 21

6.8 Hausaufgabe ......................................................................................... 22

6.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben ................................................... 23

6.10 Anhang .................................................................................................. 24

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6.1 Einleitung

Sie sollten nach diesem Lernheft in der Lage sein, das Ziel und die Aufgaben eines Lagers, die Lagerarten sowie die Forderungen an ein Lager zu formulieren.

Lernziele:

Nach Durcharbeitung dieses Lernhefts …

– kennen Sie die Ziele und Aufgaben eines Lagers.

– können Sie Vor- und Nachteile von Eigen- und Fremdlagerung benennen.

– können Sie verschiedene Lagerarten unterscheiden.

– kennen Sie Grundlagen der Lagersteuerung und -verwaltung. 6.2 Bestimmungsgründe für Lagerhaltung

Produktionsvorgänge finden in allen Betrieben einer Volkswirtschaft statt. Die erstellten Leistungen sollen am Arbeitsmarkt verkauft werden. In der Praxis ist aber eine reibungslose und unmittelbare Aufeinanderfolge der Funktionsbereiche Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz technisch in den wenigsten Fällen zu erreichen und aus wirtschaftlichen Gründen nicht immer empfehlenswert. Folglich bilden sich zwangsläufig oder geplant Lager. Lagern ist das Aufbewahren und Bereithalten der Bestände einer Anzahl von Artikeln. Dabei unterscheidet man zum einen den Raum, in dem die Güter auf Vorrat aufbewahrt werden und zum anderen die Gegenstände selbst, die gelagert werden. Eine eindeutige Definition des Lagerbegriffs in seiner Vielfalt erweist sich als schwierig, weil das Lager zunächst einmal je nach Wirtschaftszweig unterschiedliche Funktionen zu erfüllen hat. Je nachdem, ob es sich um ein Lager in einem Industriebetrieb, in einem Handelsbetrieb oder sogar in einem Verkehrsbetrieb handelt, ist die Lagerfunktion eine Folge der typischen Aufgabe, die der spezifische Wirtschaftszweig in der Wirtschaft zu lösen hat.

Lagerungsmotive:

Einkaufs- und transportbedingte Lagerung (Spekulationsfunktion):

Lagerbestände sind erforderlich, wenn ein Unternehmen Vorteile durch günstige Einkaufs- und/oder Transportmöglichkeiten ausnutzen möchte. Beispiel: Ein deutscher Papierhersteller kauft einen größeren Posten Zellulose in den USA wegen des günstigen Wechselkurses und der niedrigen Frachtraten im Überseeverkehr. Der Aufbau eines Lagers kann auch aus spekulativen Gründen erfolgen, wenn Preissteigerungen erwartet werden. Beispiel: Der Markt für Altpapier ist durch Preisverfall gekennzeichnet. Ein Papierhersteller deckt sich mit einem größeren Posten ein, da er einen Anstieg der Preise in nächster Zeit erwartet.

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Fasst man die drei Arten von Lagern und ihre grundsätzlichen Aufgaben zusammen, erfüllt die Lagerhaltung im Industriebetrieb folgende Funktionen:

Beschaffungsbedingte Lagerung (Ausgleichs- und Sicherheitsfunktion):

Die Beschaffung von Gütern ist Unsicherheiten unterworfen. Durch die Bildung von Reservebeständen soll ein Ausgleich von nicht vorhersehbaren Veränderungen auf dem Beschaffungsmarkt erreicht werden. SicherheitsLager sind wegen ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung auch gesetzlich vorgeschrieben.

Beispiel:

Importeure und Weiterverarbeiter von Erdölprodukten sind nach dem Erdölbevorratungsgesetz verpflichtet, diejenigen Mengen als Vorrat zu halten, die sie im letzten Kalenderjahr durchschnittlich im Laufe von 65 Tagen eingeführt oder aus eingeführtem Erdöl hergestellt haben.

Produktionsbedingte Lagerung (Lieferfähigkeit):

Die Leistungserstellung unterliegt in bestimmten Betrieben saisonalen Schwankungen, während die hergestellten Produkte gleichmäßig nachgefragt werden.

Beispiel:

Landwirtschaftliche Betriebe können ihre Getreideenten nur innerhalb bestimmter Zeiträume einbringen. Folglich übersteigen die produzierten Mengen den aktuellen Bedarf bei weitem. Durch die Lagerung des überschüssigen Getreides wird gewährleistet, dass der Bedarf auch noch in jenen Zeiten gedeckt werden kann, in denen kein Getreide geerntet werden kann.

Absatzbedingte Lagerung (Lieferfähigkeit):

Betriebe sind an einer gleichmäßigen Leistungserstellung interessiert, obwohl die Nachfrage saisonalen Schwankungen unterliegt.

Beispiel:

Konsumgüter, die besonders zur Oster- und/oder Weihnachtszeit nachgefragt werden, werden bereits Monate vor den festlichen Ereignissen auf Lager produziert. Ansonsten wären die Hersteller gezwungen, die Kapazitäten ihrer Betriebe nach der höchsten Absatzmenge der betreffenden Zeiträume auszurichten. Die hätte zwangsläufig zur Folge, dass außerhalb der Spitzenzeiten betriebliche Kapazitäten ungenutzt blieben.

In bestimmten Fällen kann die Lagerung (Produktivlager) auch als Teil des Leistungsprozesses angesehen werden. Durch die Lagerung kann bei einer Reihe von Materialien eine Materialveränderung, Verbesserung der Qualität oder eine Veredelung erzielt werden. Hierzu gehört die Aufbewahrung und Pflege von Materialien und Produkten für eine gewisse Reifungsdauer (z. B. Holz, Wein, Tabak; Käse).

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6.2.1 Eigenlagerung und Fremdlagerung

Kein Betrieb kommt heute ohne ein eigenes Lager aus. Dieses Lager wird, im Gegensatz zu einem Fremdlager, das von einem Lagerhalter verwaltet wird, vom Unternehmen selbst betrieben. Trotzdem kann es sinnvoll sein, die Güter einem anderen Unternehmen zur Lagerung zu überlassen. Die Fremdlagerung kann z. B. aus Platzmangel und/oder Kostengründen erfolgen oder wenn erforderliche Lagereinrichtungen im eigenen Lager nicht vorhanden sind.

Vorteile der Fremdlagerung sind:

– keine Investitionskosten für den Bau eines eigenen Lagers,

– Einsparung von Lagerkosten für Personal, Material und Einrichtung,

– keine Leerkosten bei schlechter Lagerauslastung,

– qualifizierteres Personal,

– neueste Lagertechnik (Speziallager, z. B. gefährliche Stoffe nicht lagern darf aufgrund gesetzlicher Bestimmungen),

– mehr Know-how,

– Verminderung des Lagerrisikos.

Weitere Gründe für eine Fremdlagerung können sein:

– Eigene Lagerkapazität reicht nicht aus.

– Der Standort des Unternehmens lässt keine Lagererweiterungsmöglichkeit zu.

– Standortvorteile des Fremdlagers sollen genutzt werden.

– Besserer Lieferservice durch Lagerung in unmittelbarer Nähe,

– Dienstleistungsangebot (Warenpflege, Auftragsbearbeitung, Auslieferung usw.) des Lagerhalters soll genutzt werden.

Nachteile der Fremdlagerung:

– Gefahr der Unzuverlässigkeit des Logistikdienstleisters,

– Abhängigkeit von Logistikdienstleister,

– umständlicher Informationsfluss über den Logistikdienstleister.

Arten der Fremdlagerung:

Die Güter aller Einlagerer werden getrennt gelagert (Trennungslagerung). Gleiche Güter verschiedener Einlagerer werden gemeinsam gelagert (z. B. Getreide) (Sammellagerung). Der Einlagerer mietet nur einen Lagerraum und ist für Pflege und Verwaltung seiner Ware selbst zuständig.

Vorteile der Eigenlagerung sind im Wesentlichen:

– schnellerer/direkter Zugriff auf die Lagerware,

– geringere variable Kosten, dafür Fixkosten,

– besserer Informationsfluss,

– hoher Grad an Flexibilität, Lager ist jederzeit zugriffbereit, dadurch ist schnelle Reaktion auf unvorhersehbaren Bedarf möglich.

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Kostenvergleich zwischen Eigen- und Fremdlagerung:

Um festzustellen, ob Eigen- oder Fremdlagerung kostengünstiger ist, werden die Kosten der beiden Lagermöglichkeiten miteinander verglichen. Beispiel: Die Muster-GmbH will ihr Sortiment um den Bereich Werbegeschenke erweitern. Für die neue Warengruppe wird mit einem durchschnittlichen Lagerbestand von 400 Artikel gerechnet. Pro Artikel wird 1 qm Lagerfläche (400 qm) benötigt. Die vorhandenen Lagerkapazitäten sind begrenzt. Es wird erwogen einen Lagerhalter einzuschalten. Die Mietkosten für ein Fremdlager betragen jährlich 50,00 € pro qm.

Für die Eigenlagerung fallen folgende Kosten an:

Fixe Kosten: kalkulatorische Miete 12.000 € Variable Kosten pro Einheit (qm): Verwaltungskosten (Personal-, Energie, Abschreibungen) 25,00 € pro qm Die Lagerkosten für die Fremdlagerung betragen 50,00 € pro qm Es wird die Lagerfläche (x) gesucht, bei der die Kosten der Eigen- und Fremdlagerung gleich hoch sind.

Rechnerische Lösung:

Kosten der Eigenlagerung = Kosten der Fremdlagerung 12.000 + 25x = 50 x

12.000 = 25 x

x = 480 Bei Nutzung einer Lagerfläche von 480 qm sind die Kosten für die Eigen- und Fremdlagerung gleich hoch (jeweils 24.000 € und 480 Artikel). Man nennt diese Lagerfläche die kritische Lagerfläche bzw. die kritische Lagermenge. Die Eigen-lagerung ist erst ab einer Lagerfläche von 480 qm wirtschaftlich sinnvoll. Da nur 400 qm benötigt werden, lohnt sich die Fremdlagerung. 6.2.2 Vorratslose Versorgung

Viele Unternehmen versuchen, ihre Lagerkosten auf ein Mindestmaß zu senken, dabei aber das Risiko eines eventuellen Produktionstopps bzw. eines Liefereng-passes auf Null zu halten. Dazu werden die in der Fertigung benötigten Rohstoffe und Teile so kurzfristig angeliefert, dass diese sofort in die Produktion eingehen können. Dadurch entfällt die Lagerung. Da diese Lieferungen genau im richtigen Moment erfolgen, spricht man von Just-in-Time (JiT). In der Autoindustrie wird dieses System erfolgreich angewandt. Die Automobilhersteller erhalten von ihren Lieferanten die minutengenaue Anlieferung von Zubehör (z. B. Sitze). Ergebnis dieses Vorgangs ist die Minimierung, im optimalen Falle die Vermeidung von Lagerkosten. Vielfach wird hier das Speditionslagermodell angewandt. Bei diesem Modell liefert der Lieferant die Waren, die vom Abnehmer bei ihm abgerufen werden, in das Speditionslager. Der Spediteur kommissioniert die kurzfristig benötigten Teile auf Abruf vom Abnehmer und liefert sie Just-in-Time an. Der Spediteur übernimmt

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Aufgaben der Warenannahme, Lagerhaltung, Bestandsführung, Kommissionierung und des Transports und darüber hinaus im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen bzw. von Rechtsvorschriften die Risiken des Untergangs, der Nichtlieferung, Spätlieferung usw. 6.3 Lagerorganisation

6.3.1 Lagerarten und -typen

Die Lager können nach folgenden Gesichtspunkten unterschieden werden:

Unterscheidung nach Wirtschaftszweigen:

Industriebetrieb:

Roh-, Hilfs- und Betriebststofflager: Diese Lager erfüllen vorwiegend eine Sicherungsaufgabe, d. h. die reibungslose Versorgung der Produktion. Beim Einkauf großer Mengen aufgrund günstiger Preise üben die Lager aber auch die Über-brückungs- und Spekulationsfunktion aus. Puffer-, Werkstatt- oder Zwischenlager: Beim Durchlaufen mehrere Fertigungs-stufen (z. B. zwischen Lackierung und Endmontage im Automobilbau) entstehen häufig Wartezeiten und damit Zwischenlager, die eine Überbrückungsfunktion erfüllen. Bereitstellungslager/Handlager: Das Bereitstellungslager oder Handlager wird dem jeweiligen Arbeitsplatz zugeordnet (z. B. Behälter mit Schrauben). Fertigwaren- oder Erzeugnislager/Ausgangslager: Ihre Aufgabe ist die Über-brückung zwischen Produktion und Verkauf, wenn nicht auf Vorbestellung oder im Kundenauftrag gefertigt wurde. Sonderlager: Werkzeuglager, Büromateriallager, Ersatzteillager, Packmittellager

Großhandel:

Großhandelsbetriebe verkaufen Waren an Wiederverkäufer (z. B. Einzelhandel), Weiterverarbeiter (z. B. Industrie, Handwerk) und Großverbraucher (z. B. Gaststätten, Hotels, Kantinen). Dafür sind eigene Auslieferungslager notwendig. Bei einem Kommissions- oder Konsignationslager stellt ein Lieferant (z. B. Hersteller) seinem Kunden (z. B. Großhändler) auf eigene Kosten seine Ware zur Verfügung. Die Ware bleibt Eigentum des Lieferanten, lagert aber beim Kunden. Die Entnahmen durch den Kunden werden monatlich abgerechnet. Für den Kunden verringert sich die Kapital-bildung, aber der reibungslose Arbeitsablauf bleibt erhalten.

Einzelhandel:

Der Einzelhändler bezieht seine Waren direkt vom Hersteller oder über den Groß-händler und verkauft sie in kleinen Mengen an den Endverbraucher weiter. Dafür unterhält er ein oder mehrere Reservelager, in dem die Ware angenommen, ausgepackt, geprüft, ausgezeichnet und gelagert, bis sie im Verkauf benötigt wird.

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Verwendungszweck:

Um die Aufgaben eines Lagers zu verdeutlichen, empfiehlt sich die Unterscheidung der Lager. Je nach Typ dienen sie vorrangig zur Überbrückung einer Zeitdauer oder zum Wechsel der Zusammensetzungsstruktur der eingelagerten Güter zwischen Zu- und Abgang. Bleibt die Zusammensetzung der Lade- bzw. Lagereinheiten zwischen Ein- und Auslagerung gleich, so spricht man auch von einem Einheitenlager. Sofern die Zusammensetzung aber geändert wird, bezeichnet man das Lager als

Kommissionierlager.

Dauerlager dienen Bevorratungszwecken. Die Güter werden über einen längeren Zeitraum gelagert, ohne dass wesentliche Lagerbewegungen vorgenommen werden (z. B. Ankäufe von Getreide, Magermilchprodukte). Umschlagslager sind zur kurzfristigen Vor-, Zwischen- oder Nachlagerung von Gütern bestimmt. Die Lagerbildung ist ausschließlich verkehrsbedingt (z. B. Transitgut). Sie sind auf eine hohe Umschlagsleistung anstelle einer hohen Lagerkapazität ausgelegt. Zwischen Wareneingang und -ausgang erfolgt dabei im Wesentlichen eine Sortierung der Güter. Vorratslager dienen dem Ausgleich von Bedarfsschwankungen und stellen zwischen den Zeitpunkten des Zugangs Material für die Produktion zur Verfügung. Typisches Merkmal von Vorratslagern ist, dass die Ein- und Auslagerungen unregelmäßig sein können. Pufferlager gleichen Schwankungen zwischen Zu- und Abgängen in kürzeren Zeitintervallen aus. Sie dienen der Zeitüberbrückung zwischen zwei Arbeitsgängen in der Produktion oder auch bei Ausfall einer Produktionsmaschine. Charakteristisches Merkmal von Pufferlagern sind nur geringe Schwankungen in der Zahl der Ein- und Auslagerungsvorgänge pro Zeiteinheit. Die erreichbare Umschlagshäufigkeit liegt entsprechend hoch. Sowohl Vorrats- als auch Pufferlager dienen vorrangig der Überbrückung einer Zeitdauer. Sammellager stellen das Gegenteil der Verteillager dar. In Sammellagern werden Teilmengen einer Transportladung zu einer größeren Gesamtladung zusammen-gefügt. In jüngster Zeit werden derartige Lager bei der Warenversorgung der Innenstädte im Rahmen fortschrittlicher City-Logistik-Konzepte konzipiert. Zu den Aufgaben im Lager bzw. in der Lagervorzone gehört auch, Güter zu verpacken und Ladeeinheiten zu bilden sowie die Ladeeinheiten an den Schnittstellen zwischen dem Lager und den vor- und nach geschalteten Materialfluss- bzw. Verkehrssystemen umzuschlagen.

Standort der Lager:

Wasserseitige Lager verfügen über eine Binnenwasserstraße-, Kanal- oder Seeverbindung, die einen direkten Umschlag vom Schiff ins Lager oder umgekehrt ermöglicht. Landseitige Lager sind vorwiegend in den Industriezentren der Großstädte angesiedelt. Sie haben Straßenverkehrsverbindungen und/oder Gleisanschlüsse, die einen direkten Umschlag vom LKW bzw. Waggon ins Lager und umgekehrt zulassen.

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Bauart der Lager: Offene Lager: Freilagerflächen eignen sich für jene Güter, die keine Qualitätsein-bußen durch Witterungseinflüsse erleiden können (z. B. Kies, Schrott). Geschlossene Lager: Der überwiegende Teil der Stückgüter wird in Gebäuden aufbewahrt, wobei zwischen folgenden Bauformen unterschieden werden kann:

– Etagenlager bestehen aus mehreren Stockwerken, die durch Lastenaufzüge miteinander verbunden sind.

– Flachlager sind eingeschossige Lagergebäude bis ca. 8 m Höhe, in denen mit oder ohne Lagergestelle eingelagert wird. Lager mit einer Höhe zwischen 8 und 12 m werden zuweilen als Hochflachlager bezeichnet.

– Hochregallager sind eingeschossige Lagergebäude mit einer Höhe von über 12 m. Die Regalanlage ist entweder als gebäudetragende Konstruktion ausgeführt oder wird freistehend in einen festen Betonbau eingebracht. Hochregallager sind grundsätzlich Einzweckanlagen.

Speziallager: Die Bauart richtet sich vornehmlich nach den physischen Eigenschaften der Lagergüter (z. B. Silos für Getreide, Tanks für Flüssigbrennstoffe, Kühlhäuser für Gefrierprodukte).

Einrichtungstechnik der Lager:

Lager ohne Lagergestelle

– Einzellagerung: Die Güter werden einzeln – z. T. palettiert – auf dem Boden gelagert.

– Blocklagerung: Das palettierte Gut wird auf-, neben- und hintereinander gestellt. Ein direkter Zugriff zum Gut ist somit nicht immer gegeben.

Lager mit Lagergestellen

– Fachbodenregale: Zwischen Seitenstützen sind durchgehende Fachböden befestigt, deren Höhe sich nach dem Lagergut richtet. Diese Regale sind zur Lagerung von Kleinteilen geeignet. Die Bedienung der Regale erfolgt vorwiegend manuell.

– Palettenregale: Die Regale bestehen lediglich aus Quer- oder Längstraversen zur Auflage für das palettierte Lagergut. Sie sind der Höhe nach verstellbar. Die Bedienung erfolgt üblicherweise durch Gabelstapler.

– Durchlaufregale: Die palettierten Güter fließen auf geneigten Rollbahnen von der Einlagerungs- zur Auslagerungsseite. Der Antrieb erfolgt durch die eigene Schwerkraft des Lagergutes. Bremsen regulieren die Geschwindigkeit und verhindern das Überfahren der Ausgabestation.

– Hochregale: Dies sind Fachboden- oder Palettenregale mit großen Regalhöhen, die vorwiegend von automatisierten Regalförderzeugen bedient werden.

Lagerstandorte

Für eine Standortwahl des Lagers muss vorher entschieden werden, ob zentral oder dezentral gelagert werden soll. Dabei wird die Entscheidung vor allem von folgenden Faktoren beeinflusst:

– Höhe der Kapitalbildung,

– Größe des Lagers, Standort, Kommissionierung,

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– Kosten der Warenauslieferung und -bereitstellung,

– Sortimentsstruktur. Zentrale Lager werden hauptsächlich zur Bevorratung für die Belieferung von Filialen, Niederlassungen, Großkunden und RegionalLagern eingerichtet. Alle Aufgaben werden von einer einzelnen Organisationseinheit wahrgenommen. Vorteile:

– geringer Grundstücks- und Gebäudebedarf,

– gute Flächenausnutzung,

– wirtschaftliche Lagerung infolge hoher Lagermengen,

– geringe Lagerraumkosten,

– gute Ausnutzung der Lagerraumkosten,

– reduzierte Personalkosen infolge eines konzentrierten EDV-Einsatzes,

– geringere Bestände durch Zusammenfassung von Sicherheitsbeständen, durch bessere Übersicht und durch einen leichter zu gestaltenden Informationsfluss,

– gute Möglichkeit der Bestandsführung und Disposition,

– gute Organisationsmöglichkeit,

– kurze Auslieferzeiten. Nachteile:

– in längere Transportwegen,

– hohe Kosten bei schlechter Kapazitätsauslastung,

– schlechtere Kontakten zum Verbraucher,

– Schwerfälligkeit bei sich häufig ändernden Bedingungen. Dezentrale Lager werden überwiegend zur Bevorratung für die Belieferung von Kunden im Regionalbereich unterhalten. Die Aufgaben der Lagerwirtschaft werden von mehreren Organisationseinheiten nebeneinander wahrgenommen. Vorteile:

– kurze Wege zum Verbraucher,

– Kundenwünsche können in der Bevorratung besser berücksichtigt werden,

– Sortimentsanpassung an die regionalen Bedürfnisse,

– bessere warenspezifische Lagerung möglich (Kühlung, Beheizung). Nachteile:

– hoher Raum- und Verwaltungskostenaufwand,

– hoher Personaleinsatz. In der Praxis ist häufig eine Kombination aus zentraler und dezentraler Lagerhaltung üblich. Die Entscheidung für oder gegen eine zentrale Lagerung und damit auch die Festlegung des Vertriebssystems bestimmt vorrangig die Wahl des Standorts.

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Die Wahl der Lagerstandorte ist insofern von logistischer Relevanz, als sie unter dem Aspekt der Minimierung von Transportwegen zu den Abnehmern erfolgt. Die Kosten des Transports und die Kosten der Lagerhaltung spielen dabei ebenso eine Rolle wie das Investitionsvolumen. 6.3.2 Lagersteuerung und Verwaltung

Zur wirtschaftlichen Führung eines komplexen Lagers müssen alle Lagerbestände sowie alle Bestandsveränderungen (Zu- und Abgänge, Umlagerungen, Reser-vierungen usw.) systematisch und fortlaufend erfasst werden. Dies kann konventionell, also z. B. per Karteikarten, oder computerunterstützt mit Hilfe eines Lagerverwaltungssystems erfolgen. Auf Basis der erfassten Zahlen gibt das Lagerverwaltungssystem jederzeit Auskunft über den Lagerstatus. Man kann also feststellen, welche Artikel sich an welchem Lagerort befinden und wie oft diese umgeschlagen werden. Das Lagerverwaltungs-system verwaltet den Wareneingang von der Vereinnahmung der Lagerhilfsmittel über Chargenkennzeichen, Gewichtskontrollen bis zur optimalen Lagerplatzbestimmung. Das gleiche System organisiert und strukturiert ebenso den Transport der Waren im Lager. Durch moderne Barcodetechnologie können die kompletten Warenbewe-gungen überwacht und gesteuert werden. Die Transporte selbst finden mittels automatischer Fördertechnik oder optimierter Staplerleitsysteme statt. Vom einfachen Fachbodenregal bis hin zum vollautomatischen Hochregallager optimiert das Lagerverwaltungssystem die vorhandenen Lagerkapazitäten und verwaltet sämtliche Lagerstrukturen unter Berücksichtigung wichtiger Lagerkriterien. Dazu gehören beispielsweise Klassifizierungen der Ware, Gefahrgut, Lagerungszonen usw. Die Lagersteuerung erhält ihre Anweisungen von der Lagerverwaltung. Die Aufgaben der Lagerverwaltung sind somit:

– Annahme, Speicherung und Ausführungsüberwachung der anstehenden Ein- und Auslagerungsaufträge,

– Platzzuweisung der einzulagernden Ladeeinheiten nach optimalen Belegungsstrategien,

– Bestandsverwaltung aller Ladeeinheiten, die sich zwischen der Einlagerung und Auslagerung befinden,

– Anweisung und Koordination der Ein- und Auslagerungen durch die Lagergeräte und die Fördertechnik nach optimalen Bewegungsstrategien,

– Erzeugung von Transportaufträgen für ein Stapler- oder Transportleitsystem. Die Aufgaben der Lagerverwaltung können von einem Lagerverwalter oder von einem Lagerverwaltungssystem ausgeführt werden. Für die spezifischen Aufgaben der Lagerverwaltung gibt es heute leistungsfähige Lagerverwaltungsrechner mit entsprechender Standardsoftware.

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Der Einsatz eines Lagerverwaltungssystems hat folgende Vorteile:

– Reduzierung des Lagervolumens,

– Reduzierung der Lagerkosten,

– optimaler Einsatz von Technik und Lagerpersonal,

– Kontrolle lagerrelevanter Daten,

– Optimierung der Warenflüsse. 6.3.3 Lagerordnungssysteme

Das Lagerordnungssystem gibt Auskunft über die Zuordnung von Lagerraum und Lagergut, also was liegt wo. Bei der Lagerordnung ist zwischen der festen Lagerplatzordnung und der freien Lagerplatzwahl zu unterscheiden. Der Vorteil der festen Lagerplatzordnung ist die einfachere Platzorganisation. Jedoch ergeben sich Nachteile wie z. B. eine Ausnutzung der Anzahl der Lagerplätze bis nur ca. 60 – 80 %, ein hoher Änderungsaufwand bei Neubelegung, ein Entstehen von Leerplätzen bei Wegfall von Artikeln und einer Auslegung der Plätze für die größte Artikelmenge. Die Nachteile können durch das Prinzip der freien Lagerplatzhauswahl (chaotische Lagerung) vermieden werden. Jeder freier Lagerplatz kann von irgendeinem Artikel belegt werden. Der einzelne Lagerplatz wird in einem Koordinatensystem definiert und diesem Lagerplatz wird dann ein Artikel zugeordnet. So kann die Auslastung der Anzahl der Lagerplätze bis fast 100 % ansteigen. Üblicherweise werden bei einer chaotischen Lagerung Belegungsgrade um die 80 % gefahren, um einen gewissen Spielraum zu Optimierung zu gewährleisten. Als großer Nachteil dieses Systems ergibt sich die aufwendigere Organisation. Da die Güter bei der chaotischen Organisation an zufällig freien Lagerplätzen gelagert werden, wird bei einer großen Anzahl von Lagerplätzen der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung zur Steuerung und Kontrolle der Ein- und Auslagerung erforderlich. Damit ist diese Art der Lagerplatzzuordnung an eine aufwendige Technik im Lager gekoppelt.

Festplatzsystem

Jede Artikelnummer hat ihren festen reservierten Platz. Die Lagerfläche je Artikel orientiert sich am erwarteten Bestandsvolumen.

Freiplatzsystem (chaotische Lagerung)

Eingehendes Material wird auf einen verfügbaren freien Platz gestellt. Es gibt keine Reservierungen wie im Festplatzsystem.

Festplatzsystem Freiplatzsystem

Vorteile – Lagerplatz bekannt – Kein Lagerverwaltungs-

system notwendig – Einmaliger Aufwand für

Systemerstellung

– Bessere Raumausnutzung – ABC-Orientierung in der

Lagerplatzanordnung – Verfahren FIFO denkbar – Höhere Flexibilität

Nachteile – Schlechte Raumaus-nutzung

– Gefahr von Verderb – Hoher Umorganisations-

aufwand – Längere Wege – Längere Zeiten

– EDV notwendig und 100 %-ig verfügbar

– Aktuelle Pflege des Lager- platz-Informationssystems

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Festplatzsystem Freiplatzsystem

Geeignet für – Kleinartikellager – Lager mit weitgehend

konstantem Vorratsvolumen pro Lagergut

– Lager ohne DV

– Alle Lager mit Lagerplatzverwaltung – Lager mit stark schwankendem

Vorratsvolumen der Lagergüter

Zwingende Voraussetzungen

– EDV zwingend erforderlich

Tab. 1: Vergleich Festplatz- und Freiplatzsystem Quelle: eigene Darstellung

In der Praxis werden häufig Mischformen, d. h. feste und wahlfreie Lagermethoden angewandt. Beispielsweise haben Waren in Verkaufsregalen einen festen Lagerplatz, während überzählige Warenmengen bis zur Nachbestückung chaotisch gelagert werden können. Auch die Mischung der verschiedenen Lagerungssysteme (Blocklager, Hochregallager, Kleinteil-Lager) innerhalb der chaotischen Lagerordnung ist möglich und wird vor allem von Unternehmen mit sehr umfangreichen Sortimenten angewendet (z. B. Elektrogroßhandel). 6.3.4 Auslagerung

Unter Kommissionierung − Auslagerung− versteht man das kundenindividuelle Zusammenstellen von Artikeln aus einer Gesamtmenge (Sortiment) für einen Auftrag. Dabei wird unterschieden in Kommissioniersysteme:

– „Mann zur Ware“ − statische Warenbereitstellung

Der Mann geht ins Lager und holt sich seine Ware.

– „Ware zum Mann“ − dynamische Bereitstellung

Die Ware wird z. B. von einem Hochregallager zum Mann gebracht. Das bedeutet, dass der tatsächliche Bestand mit dem theoretischen Bestand übereinstimmen müsste.

Kommissioniermethoden:

– Serielle Kommissionierung

Die Aufträge werden in den verschiedenen Lagerzonen nacheinander bearbeitet.

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Abb. 1: Serielle Kommissionierung Quelle: eigene Darstellung

Merkmale:

– für A-Artikel geeignet,

– geringer Organisationsaufwand,

– lange Auftragsdurchlaufzeiten und lange Kommissionierwege.

– Parallele Kommissionierung Jeder Kundenauftrag wird entsprechend den Lagerzonen in Teilaufträge getrennt, so dass die Kommissionierung in den einzelnen Lagerzonen parallel erfolgen kann. Danach erfolgt eine Zusammenführung der Teilaufträge.

Verfügbarkeitsprüfung

Lagerbereich 2

Auslieferung

Lagerbereich 1 Lagerbereich 3

Abb. 2: Parallele Kommissionierung Quelle: eigene Darstellung

Merkmale:

– kürzere Prozesszeiten,

– aufwendige Auftragsteilung und Zusammenführung,

Verfügbarkeitsprüfung

Lagerbereich 1

Lagerbereich 2

Lagerbereich 3

Auslieferung

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– für C-Artikel geeignet.

– Einstufige (auftragsorientierte) Kommissionierung

Jeder Auftrag wird für sich separat kommissioniert und bereitgestellt. Dies bedeutet, das Verfahren lässt eine Priorisierung zu.

– Mehrstufige (artikelorientierte) Kommissionierung

Mehrere Aufträge werden gleichzeitig zusammengefasst und bereitgestellt. D. h., es ist ein sehr schnelles Verfahren.

– Bringsystem

Voraussetzungen:

• Vertrauen der Mitarbeiter in das System,

• gute Bedarfsplanung zwingend notwendig,

• rechtzeitige Bedarfsanmeldung der Verbraucher,

• Transportmittel und Personalkapazitäten müssen verfügbar sein.

Vorteile • optimale Transportwege (Postbotenprinzip),

• bessere Planbarkeit der Transportmittel und Personalkapazitäten,

• Kostentransparenz. Diese Vorgänge können teil- bzw. vollautomatisch oder händisch ablaufen. Der Trend geht immer mehr zur automatisierten Kommissionierung. Im Zuge dessen kommen immer mehr Kommissionierroboter zum Einsatz. Dies sind Maschinen, deren Aufgabe es ist, sich wiederholende Kommissionierabläufe schneller, sicherer und fehlerfreier durchzuführen.

FIFO-Prinzip

In der Warenwirtschaft bedeutet First In First Out, dass die ältesten Bestände (die zuerst eingelagert wurden) auch zuerst verbraucht werden sollen. Besonders anschaulich bei verderblichen Gütern, z. B. Lebensmitteln. Nahe dem Verfalldatum sind Lebensmittel nicht mehr verkäuflich, deshalb muss die Entnahme nach dem FIFO-Prinzip erfolgen, damit die ältesten Bestände zuerst verbraucht werden. 6.4 Lagerbestands- und Lagerverbrauchs-

rechnung

Die Hauptaufgabe der Lagerbuchhaltung ist die Bestandsrechnung. Die laufende Erfassung aller Lagerbewegungen, d. h. Lagerzu- und -abgänge steht hier im Vordergrund. Bestände können mengen- und wertmäßig ermittelt werden. Der Informationsbedarf besteht hierbei in mehreren Teilen des Unternehmens. Beispielsweise wird der Einkauf mengenmäßige Daten zur Disposition verwenden. Wertmäßige Informationen können dem Rechnungswesen zugute kommen, zum Beispiel zur Erstellung von Bilanzen.

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Bestandsarten:

Inventurbestand

Die Inventur ist der an einer Stichtaginventur oder durch eine permanente Inventur gezählte Bestand (physisch) am Lager (inkl. Ware in Arbeit und Transport).

Lagerbestand

Der Lagerbestand kann identisch mit dem Inventurbestand sein, weicht jedoch oft davon ab wegen Schwund, Verderb oder Zähl- und Buchungsfehler. Lagerbestand ist physischer Bestand am Lager (inkl. Ware in Arbeit und Transport).

Verfügbarer Bestand (theoretisch)

Der verfügbare Bestand ist Teil des Lagerbestands. Er wird ermittelt:

Lagerbestand + disponierter (offener Bestell-) Bestand - Reservationsbestand für Kunden- oder Fertigungsaufträge - Rückstände ___________________________________________________________ = Verfügbarer Bestand

Reservierter Bestand

Reservierter Bestand wird für Kunden-/Fertigungsaufträge reserviert, die bereits ausgelöst oder geplant sind.

Disponierter Bestand

Unter disponiertem Bestand wird der reservierte Bestand verstanden, oder bestellte Artikel, die noch nicht am Lager sind.

Durchschnittlicher Lagerbestand

Der durchschnittliche Lagerbestand wird für Vergleichs- und Planzwecke ermittelt. Folgende Berechnungen sind möglich, z. B.: – (Anfangsbestand + Endbestand) : 12 – (Anfangsbestand + 12 monatsbestände) : 13 – Losgröße : 2 + Sicherheitsbestand = theoretischer mittlerer Lagerbestand

Sperrbestand

Der Sperrbestand (Q-lager/Qualitätsfälle) ist der Bestand, der wegen noch zu erfolgendem Prüfen nicht entnommen werden darf.

Meldebestand

Der Meldebestand wird vor allem bei der verbrauchsgesteuerten Bewirtschaftung gebraucht. Er kann folgendermaßen ermittelt werden:

Bm = Vt + tB + Re Bm = Meldebestand Vt = Verbrauch/Zeiteinheit tB = Beschaffungszeit Re = Sicherheitsbestand bzw. täglicher Bedarf x Beschaffungszeit in Tagen + Mindestbestand Meldebestand

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Der Meldebestand berücksichtigt die vorhersehbaren Verzögerungen durch den Bestell und Lieferprozess. Er deckt den Sicherheitsbestand und den Verbrauch in der Wiederbeschaffungszeit ab. Bestellungen müssen spätestens beim Erreichen des Meldebestandes ausgelöst werden.

Sicherheitsbestand

Der Sicherheitsbestand (Mindestbestand) ist für die stochastische Bewirtschaftung notwendig und stellt eine Sicherheitsreserve dar.

Der Sicherheitsbestand dient zur Abdeckung externer und interner Risikofaktoren, d. h. unvorhergesehener Lieferschwierigkeiten (z. B. Transportstörungen) oder eines unerwarteten Mehrbedarfs. Seine Höhe hängt u. a. vom Servicegrad, vom Bedarfs-verlauf und seiner Vorhersehbarkeit, von der Wiederbeschaffungszeit und vom Wert des Materials ab. Der Mindestbedarf soll nicht unterschritten und somit auch nicht in die laufende Bedarfs- bzw. Bestelldisposition einbezogen werden (sog. „eiserne Reserve“). Die Wiederbeschaffungszeit ist abhängig von der:

– Bedarfsrechnungszeit: Zeit, die benötigt wird, den Bedarf unter Zuhilfenahme der jeweiligen Bedarfsrechnungsverfahren zu bestimmen

– Bestellabwicklungszeit: Zeit, die der Einkauf benötigt, um rechtsverbindliche Bestellungen an den Lieferanten zu übermitteln.

– Übermittlungszeit um Lieferanten: Zeit die benötigt wird, um die Bestellung dem Lieferanten zu übermitteln.

– Lieferzeit: Zeit, die der Lieferant benötigt, um die Ware vom Eintreffen der Bestellung zum Versand zu bringen.

– Ein-,Ab- und Auslagerungszeit: Zeit, die benötigt wird, um die angelieferte Ware der weiteren Verarbeitung/Manipulation zuzuführen.

Höchstbestand

Der Höchstbestand limitiert den Bestand nach oben. Diese Begrenzung erfolgt aus Kostengründen (Raum- und Kapitalkosten) und wegen physischer Beschränkungen der Lagerkapazität. Folgende Abbildung zeigt den idealtypischen Fall eines kontinuierlichen Verbrauchs mit einer Nachbestellung zum sog. Bestellpunkt, Ein kontinuierlicher Verbrauch ist in der Praxis selten, erleichtert jedoch die Modellbildung.

Sicherheitsbestand = durchschnittlicher Verbrauch je Zeitperiode + Beschaffungsdauer oder errechneter Verbrauch in der Zeit der Beschaffung + Zuschlag für Verbrauchsschwankungen

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Menge

Bestellzeitpunkt Beschaffungszeit Eingang der

Lieferung

Bestellpolitik

Bestellpunktverfahren: Hierbei wird bei jedem Lagerabgang geprüft, ob ein bestimmter Bestand (Meldebestand oder Bestellpunkt) erreicht oder unterschritten ist.

Merkmale:

– feste Bestellmenge

– variable Bestelltermine Bestellrhythmusverfahren: Hierbei wird der Bestand in festen zeitlichen Intervallen überprüft. Er wird dann auf einen vorher fixierten Höchstbestand aufgefüllt.

Merkmale:

– feste Bestelltermine

– variable Bestellmengen Die Verbrauchsrechnung beschäftigt sich mit der Ermittlung der Verbräuche. Alle Betrachtungen sollten sich hierbei auf eine Periode beziehen, um Vergleiche zu vorhergegangenen Perioden ziehen zu können. Es gibt verschiedene Methoden um eine Verbrauchsermittlung durchzuführen. Formen der Verbrauchsrechnung:

– Die einfachste Form, den mengenmäßigen Materialverbrauch zu ermitteln, ist die Zugangsmethode. Bei der Zugangsmethode wird davon aus gegangen, dass die angelieferten Materialmengen mit den mengenmäßigen Materialverbräuchen übereinstimmen (Materialeingang = Materialverbrauch). Die während einer Abrechnungsperiode angelieferten Materialmengen werden gleichzeitig auch als Materialverbrauchsmengen aufgefasst. Auf eine Bestandsführung wird dabei vollkommen verzichtet. Da der Materialverbrauch in der Regel nicht mit den Zugängen übereinstimmt, ist das Verfahren nur in wenigen Fällen einsetzbar.

Meldebestand

Höchstbestand

Mindestbestand

Verbrauchsmenge in der Wiederbeschaffungszeit

Zeit

Verbrauch

Bestellpunkt

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– Fortschreibungsmethode (Skontration) Die Fortschreibungsmethode befasst sich ausschließlich mit den Materialentnahmen. Es werden alle Entnahmen laut Materialentnahmeschein einer Periode zusammenaddiert, um den Gesamtverbrauch zu errechnen. Hier wird eine ziemlich genaue Berechnung ermöglicht. Unbestimmte Verbräuche wie zum Beispiel Schwund, werden nicht einbezogen.

Anfangsbestand + Zugänge – Abgänge = Sollbestand

(genau) (fehlerbehaftet) (theoretischer Bestand) Der Anfangsbestand ist hierbei der Endbestand der vorangegangenen Periode. Der Endbestand kann durch die Bestandsrechnung wiedergegeben werden oder durch Führung einer kompletten Inventur. Hier fließen Schwund usw. mit in die Berechnung ein und es kann ein exakter Verbrauch dargestellt werden.

– Befundrechnung (Inventurmethode) Eine weitere Variante ist die Inventurmethode. Sie wird auch Befundsrechnung oder Bestandsdifferenzrechnung genannt. Die folgende Formel beschreibt diese Rechnung genauer:

Anfangsbestand + Zugänge - Inventur = Verbrauch

(genau) (fehlerbehaftet) (genau) (fehlerbehaftet)

Lagerverbräuche lassen sich direkt einer Kostenstelle bzw. einem Produkt zuordnen. Es entfällt die sonst übliche permanente Auslagerbuchung. Dieser eingesparte Aufwand rechtfertigt die Durchführung der notwendigen Inventur. Dieses Verfahren ist genauer als die Fortschreibungsmethode.

– Retrograde Methode (Rückrechnung) Bei der retrograden Methode geht man von der Anzahl der produzierten Enderzeugnisse aus, um den Materialverbrauch zu ermitteln. Die Ermittlung erfolgt in Form einer Rückrechnung vom Endprodukt zu den Materialien. Um das Verfahren anwenden zu können, müssen die Materialmengen bekannt sein, die in eine Einheit des Erzeugnisses eingehen. Informationen darüber erhält man aus den Stücklisten bzw. Rezepturen. Ist die Standardverbrauchsmenge je Stück bekannt, so muss nur noch die Anzahl der produzierten Endprodukte mit der Standardverbrauchsmenge multipliziert werden.

Standardverbrauch je Einheit

Hergestellte * Erzeugnisse der Periode

= Materialverbrauchsmenge

Ausgangspunkt der Überlegung ist das fertige Erzeugnis. Weitere Basis ist die Stückliste zur Auflösung des fertigen Produktes. Die aufgelösten Einzelteile werden EDV-technisch vom Bestand abgebucht. Vorteile:

– Es entfällt die permanente Buchung vom entnommenen Material.

– Das Rechnungswesen mit seinen Belangen wird voll befriedigt, da der Kostenträger (das Produkt) bekannt ist.

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Voraussetzungen für ein Funktionieren des Systems:

– Stücklisten, Dokumentation,

– Schwund, Falschverbauungen und Ausschuss muss erfasst werden als Einzelbuchung,

– exakte Einsatzsteuerung für Artikeleinkauf und Artikelauslauf,

– Versuchsprodukte müssen vollständig dokumentiert sein oder es müssen Einzelbelege für die Auslagerung geschrieben werden,

– es gibt genau einen Verantwortlichen für Zugang, Abgang und Abriegelung des Lagers und der Auslieferung.

6.5 Kosten der Lagerhaltung

Einlagern, Lagern, Auslagern, Kommissionieren verursacht je nach Lagergut, -art und -dauer unterschiedlich hohe Kosten. Durch die optimale Nutzung des verfügbaren Lagerraums (Hochregal- oder Durchlauflager usw.) und den Einsatz einer speziellen Lagertechnik, die auf das jeweilige Lagergut genau abgestimmt ist (z. B. Kühlung, Lüftung, Heizung), lassen sich Kosten minimieren. Transportwege und damit verbundene Kosten für Personal und Transportmittel können durch eine optimale Lagerorganisation (kurze Kommissionierwege, EDV-Einsatz u. a.) reduziert werden. Durch Lagereinrichtungen (z. B. Verschieberegale, Paletten, spezielle genormte Behälter-Module) werden Zugriffszeiten verkürzt und Kosten sowie Lagerrisiken gesenkt.

Die Aufgaben und Anforderungen im Bereich der Lagerhaltung verursachen u. a. folgende Kosten:

Lagerräume Lagerbestände

– Abschreibungen für Grundstück und Gebäude; Lagereinrichtung und Ausrüstung

– Verzinsung des Kapitals – Versicherungsprämien – Energiekosten – Reparatur, Wartungs- und

Reinigungskosten – Kosten für Entsorgung – Miete für Fremdhalle und Geräte

– Verzinsung des investierten Kapitals – Versicherungsprämien – Verderb, Schwund, Veralten

Lagerverwaltungskosten Behandlungskosten für Lagergut

– Personalkosten – Kosten für Büromaterial und -geräte – Miete für fremde Lagerbüroräume – Kosten für Datenkommunikation – Steuern für Grundsteuer,

Gewerbesteuer

– Kosten für Gütertransporte (Gleisanlagen, Aufzüge usw.)

– Kosten für Gütererhaltung (Klima- und Kühlanlagen usw.)

– Kosten für Güterveränderungen, z. B. Vermischen, Aufteilen

Tab. 2: Übersicht: Kosten im Bereich der Lagerhaltung Quelle: eigene Darstellung

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Die Kosten der Lagerhaltung können mit folgendem vereinfachten Verfahren errechnet werden:

Lagerkostensatz = Lagerkosten / Ǿ im Lager gebundenes Kapital * 100

Lagerhaltungskostensatz = Zinssatz des im Lager gebundenen Vorratskapitals + Lagerkostensatz

Lagerzinssatz = Kapitalmarktzinssatz / 360 * Ǿ Lagerdauer

Lagerzinsen = Ǿ Lagerbestand * Lagerzinssatz / 100

Will ein Unternehmen Kosten senken, muss es feststellen, in welchen Bereichen Kostensenkungsmöglichkeiten vorhanden sind. Im Lager sind diese Potenziale die Vorgänge und die Einrichtungen. Die Vorgänge erstrecken sich auf die Tätigkeitsfelder:

– Wareneingang,

– Identifizierung,

– Positionierung,

– körperliche Einlagerung,

– Bestandsüberwachung,

– Bestandspflege,

– Kommissionierung,

– Warenausgang. Bei den Einrichtungen des Lagers handelt es sich um

– die Lagereinrichtungstechnik,

– die Fördermittel,

– die Förderhilfsmittel. Zur kostenoptimalen Durchführung der Vorgänge sind die Instrumente und Verfahren der Analyse, Planung und Kostenrechnung einzusetzen. Die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen und damit die Möglichkeit der Kostensenkung wird in erster Linie mit Hilfe der Methoden der Investitionsrechnung und der Nutzwertanalyse festgestellt.

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6.6 Selbstlernaufgaben

1. Welche Lagerhaltungsmotive sind den folgenden Fällen gegeben?

a. Ein Handelsbetrieb benötigt Lagerfläche bei einem Spediteur, um die Mengenrabatte des Lieferanten ausnutzen zu können.

b. Ein Spediteur betreibt ein Lager für Auftausalz, das besonders während der Sommermonate aufgefüllt wird.

2. Nennen Sie die Aufgabe eines Kommissionierungslagers.

3. Nennen Sie Vor- und Nachteile des Festplatzsystems und des Freiplatzsystems.

6.7 Zusammenfassung

Lagerung ist die Unterbrechung des Güterflusses mit Übergang in ein Lager zur Bevorratung, zum Zweck der Weiterverarbeitung, des Verkaufs usw. Die Funktion des Lagers besteht in einem zeitlichen und mengenmäßigen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage von Gütern, die vom Produktionsbetrieb zum Kunden gelangen sollen. Eine Gliederung der Lagerarten lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien durchführen. Die am häufigsten verwendeten Gesichtspunkte werden entsprechend der Gliederung nach

– Lagergut (Lager für Stück-, Schütt-, Flüssiggut),

– Lagerzweck (Spekulations-, Pufferlager),

– Stellung des Lagers im Unternehmen (Beschaffungslager, Zwischenlager, Distributionslager),

– Stellung des Lagergutes zum Fertigungsprozess (Rohstoff-, Zwischenprodukte-, Hilfsstoff-, Fertigprodukte-, Betriebsstoffe-, Abfall- und Leergutlager)

unterteilt. Eine Gliederung nach dem Kriterium der benutzten Förder- und Lagerhilfsmittel ist gleichzeitig als eine Beschreibung anwendbarer Lagerungsmöglichkeiten anzusehen. Folgende Möglichkeiten der Lagerung werden unterschieden:

– Lagerung im Freien,

– Lagerung in Gebäuden. Die Lagerstrukturierung gibt die Aufteilung und die Anordnung der Lager in einem Unternehmensbereich wieder. Dabei unterscheidet man zwei Prinzipien:

– die zentrale Lagerung und

– die dezentrale Lagerung.

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Die Entscheidung zwischen Zentrallagerung und dezentralem Lager ist aufgrund einer Kostenminimierung zu treffen. Dabei sollen die Gesamtkosten der Lager und des Transports minimiert werden. Ein Lagerordnungssystem stellt ein Regelwerk dar, gemäß dem einem Artikel ein Lagerplatz zugeordnet wird. Dieses Regelwerk baut sich aus einzelnen Lagerprinzipien auf. Dabei kann ein Lagerordnungssystem nur ein Lagerprinzip oder eine Kombination mehrerer Lagerprinzipien sein und ist je nach Aufbau des Lagerbereichs unterschiedlich. Aus Sicht der Qualitätssicherung steht vor allem folgendes System im Vordergrund: Das First-in- First-out-Prinzip. Bei der Anwendung des First-in-First-out-Prinzips werden die einzelnen Artikel in der Reihenfolge der Einlagerung wieder ausgelagert. Ziel des First-in-First-out-Prinzips ist es, die Überalterung einzelner Artikel zu vermeiden und einen kontinuierlichen Absatz von Anbruchware sicherzustellen. Aufgabe der Lagerverwaltung und Lagersteuerung ist es, Lagerabläufe wie Einlagerung, Kommissionierung und Auslagerung zu steuern und die erforderliche Auskunftsfunktion verfügbar zu halten. Für die Lagerkosten gilt stets: Je kürzer die Lagerdauer, desto geringer der Kostenanteil des Lagerguts. Deshalb ist jeder Unternehmer bemüht, die Lagerhaltung durch möglichst genaue Abstimmung mit anderen Bereichen, z. B. der Produktion, zu minimieren. Dies gelingt besonders gut nach dem JiT-System. 6.8 Hausaufgabe

1. Moderne Lagerverwaltungssysteme sind häufig in Form der „chaotischen Lagerplatzordnung“ aufgebaut.

a. Was ist unter „chaotischer Lagerplatzordnung“ zu verstehen?

b. Welche Voraussetzungen sind für die Durchführung der chaotischen Lagerplatzordnung erforderlich?

c. Erläutern Sie die logistische Bedeutung und skizzieren Sie Möglichkeiten der praktischen Umsetzung.

2. Berechnen Sie, bei welcher Menge eine Fremdlagerung günstiger ist als die Eigenlagerung.

Durch die Eigenlagerung entstehen folgende Kosten: Personalkosten: 180.000 € Abschreibungen: 220.000 € Mietkosten: 78.000 € Für jedes Stück entfallen noch zusätzlich 0,48 € pro Stück. Fremdlagerung: 1,86 € pro Stück

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3. a. Berechnen Sie den durchschnittlichen Lagerbestand aus Anfangs- und

Endbestand.

b. Berechnen Sie den durchschnittlichen Lagerbestand aus den Quartalsbeständen bzw. Monatsendbeständen.

Sie haben folgende Zahlen: Anfangsbestand 200 St.; Endbestand 240 St. Endbestand März 315 St. Endbestand Juni 315 St. Endbestand September 265 St. Endbestand Dezember 240 St.

Monatsendbestände (St.) Januar 185 April 295 Juli 275 Okt. 295 Februar 270 Mai 290 August 281 Nov. 310 März 315 Juni 315 Sept. 265 Dez. 240

6.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben

1. a. Einkaufs- und transportbedingte Lagerung. In diesem Beispiel soll die

günstige Einkaufsmöglichkeit (Rabatt) ausgenutzt werden.

b. Absatzbedingte Lagerung. Im Winter wird vermehrt nach Auftausalz nachgefragt.

2. Die Liefereinheiten des Herstellers (z. B. Paletten) sind in der Regel wesentlich größer als die Verkaufseinheiten (z. B. Kartonware). Folglich ist in den Lagern die Ware zunächst zu kommissionieren, damit auch mittlere und kleinere Abnehmer versorgt werden können.

3.

Festplatzsystem Freiplatzsystem

Vorteile – Lagerplatz bekannt – Kein Lagerverwaltungs-system

notwendig – Einmaliger Aufwand für

Systemerstellung

– Bessere Raumausnutzung – ABC-Orientierung in der

Lagerplatzanordnung – Verfahren FIFO denkbar – Höhere Flexibilität

Nachteile – Schlechte Raumaus-nutzung – Gefahr von Verderb – Hoher Umorganisations-

aufwand – Längere Wege – Längere Zeiten

– EDV notwendig und 100 %-ig verfügbar

– Aktuelle Pflege des Lager-platz-Informationssystems

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6.10 Anhang

Quellen:

Arnold, Dieter: Materialflusslehre, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft Braunschweig/Wiesbaden, 2. Auflage 1998

Bartmann, Dieter/Beckmann, Martin J.: Lagerhaltung, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 1989

Eichner, Wolfgang: Lagerwirtschaft, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler Wiesbaden, 1. Aufl. 2. Nachdruck Januar 2001

Martin, Heinrich: Transport- und Lagerlogistik, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft Braunschweig/Wiesbaden, 1995

Pfohl, H.-Chr.: Logistiksysteme, hrgs. Von Jünemann, r.; Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 6. Aufl. 2000

Rupper, Peter: Lager- und Transportlogistik, hrsg. Von Scheuchzer, R.; Verlag Industrielle Organisation Zürich, 1988