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Beschluss 250-4003.20-2257/2010-025-WE In dem Nachprüfungsverfahren, §§ 102 ff. GWB, aufgrund des Antrages vom 04.06.2010, 1. der Firma xxxx GmbH, xxx ./. 2. die xxxxx, betreffend die Ausschreibung "Erarbeitung eines museumspädagogischen Führungskonzeptes und dessen Umsetzung vermittels zu liefernder Audioguide-Geräte" Verfahrensbeteiligte: 1. Fa.xxxx GmbH vertr. d.d. Geschäftsführerin xxx xxxxx - Antragstellerin - (AST) Verfahrensbevollmächtigte: xxxxx gegen 2. die xxxxx - Vergabestelle - (VST) Verfahrensbevollmächtigte: FRP xxxxxx beigeladen: 3. Fa. xxxxxx - Beigeladene - (BEI) Verfahrensbevollmächtigte: RA´e xxxxx 1

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Beschluss

250-4003.20-2257/2010-025-WE

In dem Nachprüfungsverfahren, §§ 102 ff. GWB, aufgrund des Antrages vom 04.06.2010, 1. der Firma xxxx GmbH, xxx ./. 2. die xxxxx, betreffend die Ausschreibung "Erarbeitung eines museumspädagogischen Führungskonzeptes und dessen Umsetzung vermittels zu liefernder Audioguide-Geräte" Verfahrensbeteiligte: 1. Fa.xxxx GmbH vertr. d.d. Geschäftsführerin xxx xxxxx

- Antragstellerin - (AST)

Verfahrensbevollmächtigte: xxxxx gegen 2. die xxxxx

- Vergabestelle - (VST)

Verfahrensbevollmächtigte: FRP xxxxxx beigeladen: 3. Fa. xxxxxx

- Beigeladene - (BEI)

Verfahrensbevollmächtigte: RA´e xxxxx

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hat die Vergabekammer Freistaat Thüringen, in der Besetzung mit Herrn Oberregierungsrat Scheid als Vorsitzendem, Herrn Dr. Bilzer als hauptamtlichem Beisitzer und Herrn Fischer als ehrenamtlichem Beisitzer, ohne mündliche Verhandlung am 18.06.2010 beschlossen : 1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet.

Die Vergabestelle wird für den Fall der weiteren Vergabeabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Ausgabe der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen und dieses unter Beachtung der Rechtsansicht der Vergabekammer zu wiederholen.

2. Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens hat die

Vergabestelle zu tragen. 3. Die Gebühren des Nachprüfungsverfahrens werden auf xxxxxx,- € festgesetzt. 4. Die Vergabestelle hat die notwendigen Kosten der Antragstellerin zur

zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren zu tragen. 5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin wird für

notwendig erklärt. 6. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst. 7. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt (§ 128 Abs. 4

Satz 5 GWB).

II. Begründung

1. Sachverhalt Die VST schrieb den Dienstleistungsauftrag „Erarbeitung eines museumspädagogisch– didaktischen Führungskonzeptes und dessen Umsetzung vermittels zu liefernder Audioguide-Geräte im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, im Wege eines Verhandlungsverfahrens, europaweit aus. Zuschlagskriterien lt. Bekanntmachung des ursprünglichen Vergabeverfahrens: 1. Preis Gewichtung: 20, 2. Hörbeispiele Gewichtung: 20, 3. Konzept Gewichtung: 20, 4. Geräte Gewichtung: 30, 5. Lieferfrist Gewichtung: 10.

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Nach Vorinformation gemäß § 101a GWB, Rüge, Antragszustellung und Beiladung, teilte die VST der Vergabekammer mit Datum vom 24.02.2010 mit, dass entgegen der Vorinformation der Zuschlag nicht der damaligen BEI erteilt werden solle. Im Interesse eines transparenten und rechtssicheren Verfahrens sei entschieden worden, dieses in den Stand zum Zeitpunkt der Auswahl der zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Bewerber zurückzuversetzen. Die Mitteilung erfolge ebenfalls an die ausgewählten Bewerber. Die AST des Ursprungsverfahrens erklärte unter Bezugnahme auf das obige Schreiben der VST vom 24.02.2010 und die von der VST angekündigte Verfahrensweise ihren Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 05.03.2010 für erledigt. Mit Beschluss vom 09.03.2010 stellte die Vergabekammer fest, dass sich das Nachprüfungsverfahren (Aktenzeichen 250-4003.20-623/2010-006-WE) aufgrund der Rückversetzung nach Teilnahmeverfahren durch die Vergabestelle und durch die (insoweit übereinstimmende) Erledigungserklärung auch der Antragstellerin erledigt hat. Mit Schreiben vom 24.03.2010 teilte die VST den Bewerbern die nunmehr konkretisierte Aufgabenstellung mit und forderte diese auf bis zum 15.04.2010, 10.00 Uhr die Angebote bei der VST einzureichen. Die konkretisierte Aufgabenstellung gliedert sich wie folgend (Inhalte stichpunktartig gekürzt durch Vergabekammer, kursiv gedruckt Wertungsangaben):

1. Vorbemerkungen (Angabe der Objekte, in denen das System zur Anwendung kommen soll)

2. Geräte (Anzahl Geräte, Kaufabsicht, Zukauf besonderer Geräte, Alternative Miete, Abgabe Gerätebeschreibung, fabrikneue Geräte, Ausschluss von Rechten Dritter) „Bei der Bewertung der Geräte werden die folgenden Kriterien mit jeweils gleichem Anteil berücksichtigt:“

2.1 (Handhabbarkeit, Funktionalität bei Beachtung der jeweiligen Objekte) 2.2 Speicherkapazität 2.3 (Betriebsdauer, Art Aufladung, Lademöglichkeit in den jeweiligen Objekten,

Darstellung optimaler Betrieb bei Beachtung der Lade- und Ausgabezeiten, Ausgabelogistik am Beispielobjekt)

3. Konzept Texte fest vorgegebene Führung und freier Rundgang, Einführung,

Vertiefungsebenen der Objekte, Serviceinformationen, Zweisprachigkeit, Motivation zum Besuch weniger frequentierter Objekte, Einbeziehung aller Disziplinen der Xxxx Xxxx, Verwendung von Originalzitaten, Verknüpfung Objekt, Raum, Lage und Gesamtarchitektur, Vorlage Gesamtkonzept zur Umsetzung der Ziele, Besuchermotivation,

„Bei der Bewertung des Konzeptes werden die Originalität des Ansatzes und das Eingehen auf die Besonderheiten der KSW bewertet. Darüber hinaus wird beurteilt, wie die oben genannten Punkte durch die Bieter umgesetzt wurden.“

4. Audioproduktion (Benennung der Objekte und Dauer Hörtexte, Festlegungen zur Produktion - Texte durch Geisteswissenschaftler, eigene Literaturbeschaffung, VST gibt Schwerpunkte Struktur Inhalte vor, Produktion in Profihörstudio, professionelle Sprecher, Dauer der Tracks, Dauer Vertiefungsebenen max. 15%, Rechte der Aufnahmen an VST, Angabe der Tonträger, Angabe der Textbearbeitung im Nachgang, Anzahl der Probetexte „Bei der Bewertung der Hörtexte werden die folgenden Kriterien quotal angewendet: - der methodische und konzeptionelle Aufbau der Hörbeispiele (40%) - Dramaturgischer Aufbau (40%) - Qualität der deutschen Sprecher (10%) - bei den englischsprachigen Führungen Übersetzung, Einbeziehung interkultureller

Unterschiede, Qualität der Sprecher. (10%)“

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5. Lieferfristen „Hinsichtlich des Ablaufes der Produktion und Lieferung soll der folgende Zeitplan als Anhaltspunkt dienen:“ (3 Monate Lieferzeit ab Zuschlag für konkret benannte Objekte, 4 Monate Lieferzeit für restliche Objekte, Vorlage Hörskripte zur Abnahme 6 Wochen nach Zuschlag, 3 Wochen nach Abnahme soll deutsche Produktion fertig sein, Produktion in Englisch max. 6 Wochen nach Ablieferung der Texte in Deutsch, Übersetzung 5 Wochen nach Abnahme der deutschen Texte, 4 Wochen nach Abnahme der Übersetzung Fertigstellung Produktion) „Der hier angegebene Rahmen soll als Anhaltspunkt dienen. Die Bieter haben verbindliche Fristen anzugeben.“

6. Auspreisung „der Bieter hat sein Angebot wie folgt preislich aufzugliedern:“ (Kaufpreis, Mietpreis, Kaufpreis Audioproduktion Deutsch und Englisch, Optionen Sondergeräte-Kaufpreis, Mietpreis, Kaufpreis Zusatzgeräte, Wartungsvertrag, Preis Textänderungen/min., Kaufpreis Audioproduktion in mehreren Sprachen, Gehörlose, Blinde, Kinder)

7. Weitere Bedingungen (Festlegungen zur Entlohnung, Installation der Audioproduktionen, Schulung Personal).

Eine Information zur weiteren Untersetzung der Zuschlagskriterien (Wertungsmatrix, Punktsystem usw.) erfolgte nicht.

Mit Datum vom 07.04.2010 (S.31 Vergabeakte) führte die VST in einem Vermerk aus: „In Umsetzung der durch Bekanntmachung und Aufgabenstellung erkennbaren Bewertungsmatrix wurden für den konkreten Bewertungsprozess Formblätter - in Zusammenarbeit von Vergabestelle und Referat Forschung und Bildung - entwickelt.“ Zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung (16.04.2010, 13.00 Uhr) lagen lt. Protokoll der Angebotseröffnung von vier Bietern Angebote vor (4 Hauptangebote, 1 Nebenangebot). Die VST führte die Angebotsbewertung nach einem internen Wertungsbogen durch. Für die quantifizierbaren Zuschlagskriterien (Preis, Fristen) ist die Bewertungssystematik vorgegeben. Für die überwiegend nichtquantifizierbaren Zuschlagskriterien (Konzept, Geräte, Hörbeispiele) wurde die Maximalpunktzahl 10 vorgegeben. Wann und unter welchen Umständen diese Punktzahl erreicht werden sollte, sowie wann es unter welchen Umständen Punktabzüge geben sollte, geht aus dem Wertungsbogen nicht hervor. Der Wertungsbogen und die in ihm enthaltenen Modalitäten der Wertung (Punktbewertung der nichtquantifizierbaren Kriterien, Modalität Preis und Lieferfristenbewertung) wurden den Bewerbern vor der Angebotsabgabe nicht zur Kenntnis gegeben. Wertungsbogen:

„Auswertung der Preise: Es wurden die Bruttopreise von Geräten und Audioführung (einschließlich aller notwendigen Zusatzgeräte) gewertet. Auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten erhielt der teuerste Bieter 0 und der günstigste Bieter 10 Punkte. Die Punkte für die übrigen Bieter wurden mittels Verhältnisrechnung ermittelt.

Preis Preisdifferenz Verhältnis Auswertung der Fristen:

Die von den Bietern angebotenen Fristen für die Erstellung der Audiotouren wurden wie folgt bewertet:

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Die kürzeste Frist erhielt 10 Punkte die längste 0 Punkte, die übrigen Punktzahlen wurden durch Verhältnisrechnung ermittelt. Die Einzelpunkte wurden summiert und (gemäß der Anzahl der Einzelstationen) durch 4 geteilt.

Touren1 Touren 2 Deutsch Englisch Deutsch Englisch Wochen Punkte Wochen Punkte Wochen Punkte Wochen Punkte Gesamtpunkte addiert durch 4 Bewertungsmatrix Die ermittelten Punkte wurden gemäß den in der Bekanntmachung genannten Quoten gewichtet.

Bewertungsmatrix Preis Hörbeispiele Konzept Geräte Frist Gesamt Gewichtung 20 20 20 30 10 Bewertung Kurzfassung Audioguidetouren Für alle zu bewertenden Bereiche werden jeweils max. 10 Punkte vergeben. Konzept:

Fest vorgegebener und freier Rundgang

Verknüpfung/Motivation für Weniger besuchte Häuser

Zitate kulturgeschichtlicher Ansatz Originalität Gesamtbewertung Hörtexte:

Methodisch/konzeptioneller Aufbau der Hörbeispiele

40%

Dramaturgischer Aufbau 40% Qualität der deutschen Sprecher

10%

bei den englischsprachigen Führungen/Übersetzung, Einbeziehung interkultureller Unterschiede, Qualität der Sprecher

10%

Gesamtbewertung Geräte/Technik:

Handhabbarkeit und Funktionalität

Speicherkapazität Betriebsdauer, Art der Aufladung

Gesamtbewertung Mit Schreiben vom 26.05.2010 teilte die VST der AST mit, dass der Zuschlag am 07.06.2010 an die BEI erfolgen solle. Sie habe nicht das wirtschaftlichste Angebot, könne den Zuschlag nicht erhalten. Ihr Angebot schneide beim Preis, Gerät und Lieferfrist schlechter als dasjenige der BEI ab. Mit Schreiben vom 28.05.2010 rügte die AST die vorgesehene Vergabe und forderte die VST unter Fristsetzung zur Abhilfe auf. Falls dieses nicht erfolge, werde die Vergabekammer eingeschaltet.

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Aus Sicht der AST sei die Wertung der Kriterien weder klar vorgegeben, noch nachvollziehbar, nicht transparent kommuniziert. Dieses träfe für die Bekanntmachung und die korrigierte Aufgabenstellung vom 24.03.2010 zu. Es sei unklar, nach welcher Methode vergeben würde, was das Optimum darstelle, wie die Abstände zwischen den Bietern bemessen würden. Mittels der bekanntgegebenen Kriterien lasse sich keine Wertung durchführen. Die Mitteilung transparenter Kriterien sowie die anschließende Neuabgabe der Angebote seien erforderlich. Betreffend der Unverzüglichkeit der Rüge werde auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 28.01.2010-C-406/08) verwiesen. Mit Schreiben vom 01.06.2010 teilte die VST der AST mit, dass deren Rüge unbegründet sei. Die in der Bekanntmachung enthaltenen Zuschlagskriterien wären in der überarbeiteten Aufgabenstellung konkretisiert worden. Eine diesbezügliche Beanstandung sei durch die AST nicht erfolgt. Die Rüge vom 28.05.2010 enthalte keinen substantiierten Vortrag bezüglich Verstößen gegen den Transparenzgrundsatz der Zuschlagskriterien, die Angabe des gerügten Verstoßes fehle. Im Übrigen sei selbst bei Vorliegen einer substantiierten Rüge diese nach § 107 Abs. 3 Ziff. 2,3 GWB präkludiert. Dieses treffe ungeachtet der aktuellen EuGH-Rechtsprechung vom 28.01.2010 zu, da die Präklusionsregel aus § 107 Abs. 2 und 3 GWB klar bestimmt sei und nicht gegen die Rechtsmittelrichtlinie verstoße. Die AST erhalte zu ihrer Information die von der VST bei der Wertung verwendeten Wertungsbögen. Aus diesen sei erkennbar, dass die Wertungskriterien eine transparente, gleichbehandelnde Wertung zulassen würden und so auch verfahren worden sei. (Inhalt Wertungsbögen siehe oben) Mit Schreiben vom 03.06.2010 führte die AST gegenüber der VST aus, dass sie sich sicher sei, dass es die Wertungsbögen bereits vor der Angebotsabgabe gegeben habe und diese auch ohne Änderung eingesetzt worden wären. Die Wertungsbögen hätten allen Bewerbern mitgeteilt werden müssen; da diese Grundlage für ein „maßgeschneidertes Angebot“ und ein transparentes Verfahren wären. Die Bekanntgabe der Bewertungsbögen sei nicht erfolgt, somit müsse allen Bewerbern - unter Beachtung des Inhalts der Bewertungsbögen - erneut Gelegenheit zur Abgabe eines Angebotes gegeben werden müssen. Mit Schreiben vom 04.06.2010 beantragte die AST bei der Vergabekammer des Freistaates Thüringen: 1. der VST zu untersagen den Zuschlag auf das Angebot der BEI zu erteilen, 2. der VST aufzugeben der AST und den anderen Bewerbern die Abgabe neuer Angebote

zu gestatten, 3. der VST aufzugeben das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der

Vergabekammer fortzusetzen, 4. die Gewährung der Akteneinsicht: Die AST führte zur Unverzüglichkeit ihrer Rügen aus und verwies auf die EuGH-Entscheidung vom 28.01.2010. Zur Begründung führte die AST aus, dass die AST aufgrund der konkretisierten Aufgabenstellung ein erneutes Angebot abgegeben habe, welches von der VST als nicht das Wirtschaftlichste beurteilt worden sei (siehe Sachverhalt oben): Auf die Rüge der AST vom 28.05.2010 (Inhalt siehe oben) habe die VST der AST erstmalig die Verwendung von Bewertungsbögen bei der Angebotsbewertung mitgeteilt. Aus der Formulierung in den Bewertungsbögen (siehe oben) schließe die AST, dass diese bereits vor Angebotsgabe vorgelegen hätten. Da es bereits ein Nachprüfungsverfahren zum Vergabeverfahren gegeben hätte, müsse davon ausgegangen werden, dass die anwaltlich beratene VST das Bewertungskonzept schon vor Angebotsabgabe festgelegt habe. Dieses hätte den Bewerbern vor der Angebotsabgabe mitgeteilt werden müssen. Die Nichtmitteilung

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habe zur Folge, dass die Bewerber erneut zur Angebotsabgabe aufgefordert werden müssten. Angesichts der überschaubaren Teilnehmeranzahl würden bereits kleinste Abweichungen zu großen Bewertungsdifferenzen führen. Umso mehr wäre es erforderlich gewesen den Bewerbern die Bewertungsmodalitäten (Bewertungsbögen) mitzuteilen, damit diese ihre Angebote nach deren Kenntnis hätten ausrichten und optimieren können. Beim Zuschlagskriterium Preis führe bereits die kleinste Preisabweichung zu einer Punktbewertung „Null“. Gleiches gelte für das Zuschlagskriterium Fristen. Bei diesem Zuschlagskriterium sei die AST davon ausgegangen, dass die Einhaltung der von der VST geforderte Frist von 3 Monaten ausreichend sei. Unklar sei gewesen, ob eine Fristverkürzung überhaupt möglich, diese sogar zur Erlangung von mehr Punkten geführt hätte. Durch die Nichtmitteilung der von der VST verwendeten Bewertungsbögen (Bewertungskonzept) sei es ihr verwehrt worden; ein an diesem Bewertungskonzept ausgerichtetes Angebot zu erarbeiten und abzugeben. Damit sei ihr die reale Chance auf den Zuschlag verwehrt worden. Mit Datum vom 04.06.2010 beschloss die Vergabekammer des Freistaates Thüringen die Übermittlung des Antrags der AST an die VST und forderte diese unter Fristsetzung zur Übergabe der durchnummerierten vollständigen Vergabeakte, der Kostenberechnung, eines Blanketts der Vergabeunterlagen und ohne Terminsetzung zur Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag auf. Mit Schreiben vom 04.06.2010 führte die VST gegenüber der AST zu dem dieser übergebenen Wertungsbogen aus, dass es sich bei diesem nicht um zu kommunizierende Wertungskriterien handele. Diese wären in der Bekanntmachung bzw. der Aufgabenstellung ausreichend bekannt gemacht worden. Die Wertungsbögen würden lediglich interne Bewertungsregeln für die Beurteilung der bekannt gemachten Wertungskriterien darstellen. Sie dienten der Verfahrenstransparenz und Gleichbehandlung sowie als Grundlage für eine Entscheidung in einem Nachprüfungsverfahren durch die Vergabelammer. Die VST habe die Wertungsbögen der AST übergeben, um deren Behauptung – transparente Wertung mittels der bekanntgemachten Wertungskriterien unmöglich – zu widerlegen. Mit Schreiben vom 04.06.2010 ergänzte die AST ihren Vortrag unter Bezug auf das obige Schreiben der VST vom 04.06.2010. Aus diesem Schreiben gehe indirekt hervor, dass der Wertungsbogen bereits vor Ablauf der Angebotsfrist vorgelegen habe. Die VST sei auf das Argument der AST – Wertungsbogen lag vor Angebotsabgabe vor und damit Bekanntgabepflicht – nicht eingegangen. Sie habe sich nur auf den Hinweis beschränkt, dass es sich bei dem Wertungsbogen um ein internes, nicht den Bewerbern bekanntzugebendes Dokument handele. Mit Datum vom 16.06.2010 lag von VST, AST und BEI die Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung vor. Mit Schreiben vom 17.06.2010 führte die BEI aus, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig und unbegründet sei. Die Rüge vom 28.05.2010 (Rüge 1), betreffend die Unmöglichkeit, Unklarheit der Angebotsbewertung anhand der bekanntgemachten Zuschlagskriterien, sei präkludiert, da die Angaben dazu bereits in den Vergabeunterlagen enthalten wären, die Zuschlagskriterien in der Bekanntmachung bekanntgegeben worden wären, der Verstoß bis zur Angebotsabgabe hätte gerügt werden müssen. Die AST sei ein sehr großer Anbieter, des an zahlreichen Ausschreibungen teilgenommen habe, demzufolge auch vom Prozedere des Vergabeverfahrens Kenntnis haben müsse. Die von der AST zitierte Rechtsprechung des EuGH stehe der Rügepräklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht entgegen (siehe Entscheidung OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010-WVerg 6/10).

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Die Rüge vom 03.06.2010 (Rüge 2) sei präkludiert, da diese nicht bis zum Ablauf der Angebotsfrist erfolgt sei. Die Vergabeunterlagen enthielten keinen Bewertungsmodus. Falls die AST diesen für erforderlich angesehen hätte, hätte dieses bis zum Abgabetermin gerügt werden müssen. Der Antrag sei unbegründet, da die VST die Zuschlagskriterien, Unterkriterien, deren Gewichtung und die Aufgabenstellung klar und nachvollziehbar angegeben habe. Die in den Bewertungsbögen vorgegebene Bewertung verändere nicht die Zuschlagskriterien, diskriminiere keinen Bieter. Die Bewertungsbögen enthielten keine die Angebote verändernden Angaben, wären im Übrigen bereits aus der Vergabeakte erkennbar. Ein schlüssiger Vortrag, betreffend den Einfluss der Bewertungsbögen auf die Angebotserarbeitung, fehle. Aus der korrigierten Aufgabenstellung (siehe Sachverhalt) habe die AST ohne weiteres erkennen können, dass eine kürzere Frist auch zu einer günstigeren Wertung führe. Darüber hinaus sei der Antrag auch unzulässig bzw. unbegründet, da die AST im ursprünglichen Vergabeverfahren ein hochwertiges Gerät als Probeexemplar abgegeben habe, die Produktbeschreibung jedoch auf ein qualitativ minderwertigeres Geräte Bezug nehme. Dies begründe die Unzuverlässigkeit der AST und führe zu deren Ausschluss. Mit Schreiben vom 17.06.2010 beantrage die VST bei der Vergabekammer des Freistaates Thüringen:

1. den Antrag der AST zurückzuweisen, 2. die Kostentragung des Verfahrens durch die AST, 3. die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die

VST. Zur Begründung führte die VST aus, dass die Zuschlagskriterien und deren Wichtung bereits in der Bekanntmachung von Oktober 2009 bekanntgegeben worden wären. Diese wären nach Zurückversetzung des ursprünglichen Vergabeverfahrens beibehalten worden und mit der korrigierten Aufgabenstellung weiter untersetzt worden. Gegen diese Zuschlagskriterien wäre die AST erstmals mit Schreiben vom 28.05.2010 (nach Erhalt der § 101a Information) vorgegangen (siehe Sachverhalt) und habe die Unmöglichkeit der Angebotswertung mittels der Zuschlagskriterien gerügt, was die VST mit Schreiben vom 01.06.2010 (siehe Sachverhalt) zurückgewiesen habe. Die nochmalige Rüge der AST vom 03.06.2010 (Nichtbekanntgabe der Bewertungsbögen) sei mit Schreiben vom 04.06.2010 zurückgewiesen worden. Die Rüge der AST, die bis zum spätesten Abgabetermin hätte eingereicht werden müssen, sei präkludiert, darüber hinaus pauschal. Inwieweit die Kenntnis der Bewertungsbögen ein anderes Angebot der AST ergeben hätte, sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Antrag sei als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag sei auch unbegründet, da die VST die bekanntgegebenen Zuschlagskriterien angewandt und ein transparentes, die Gleichbehandlung sicherndes Punktsystem verwendet habe. Das Punktsystem ändere weder die Zuschlagskriterien noch die Gewichtung, setze diese nur inhaltlich um, sei deshalb nicht bekanntzumachen. Hinsichtlich des Inhaltes der Unterlagen, insbesondere der eingereichten Angebote, wird auf die Vergabeakte in Gestalt der bei der Vergabekammer vorliegenden Nachprüfungsakte verwiesen.

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2. Entscheidungsbegründung 2.1. Zuständigkeit 2.1.1 Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens erfolgte nach dem 24.04.2009. Die Vergabekammer beim Thüringer Landesverwaltungsamt ist zuständig, wenn nach

§ 104 Abs. 1, 2.Halbsatz GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 der Thüringer Verordnung zur Regelung der Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern (ThürVkVO) die VST ein Auftraggeber mit Sitz im Freistaat Thüringen ist und der maßgebliche Schwellenwert überschritten ist.

2.1.2 Die VST ist Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB aus dem Freistaat Thüringen, der nach

§ 4 Abs. 1 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) bei der Vergabe von Dienstleistungen den Abschnitt 2 des Teiles A der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) anzuwenden hat, wenn sich der geschätzte Auftragswert wenigstens auf den in § 2 Nr. 3 VgV genannten Wert beläuft.

2.1.3 Gemäß § 100 Abs. 1 GWB gelten die Nachprüfungsvorschriften des GWB nur für

Aufträge, bei denen die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschritten sind. Die nach § 127 Abs. 1 GWB vorgesehene Rechtsverordnung ist per 01.02.2001 in Kraft getreten. Der für Dienstleistungen maßgebliche Schwellenwert wurde in § 2 Nr. 3 VgV vom 09.01.2001 festgelegt und betrug im Jahr 2009 206.000,- € netto. Der vorliegend geschätzte Gesamtauftragswert liegt lt. Angabe der VST bei ca. 450.000 € netto und überschreitet damit den gemäß § 2 Nr. 3 VgV angegebenen Schwellenwert.

2.1.4 Da der maßgebliche Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV mit der o. g. voraussichtlichen

Gesamtauftragssumme überschritten wird und die VST Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB aus dem Freistaat Thüringen ist, ist entsprechend § 100 Abs. 1 und § 104 Abs. 1, 2.Halbsatz GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 ThürVkVO die Zuständigkeit der Vergabekammer des Freistaates Thüringen gegeben.

2.2 Zulässigkeit a) Die Anforderungen, die gem. §§ 107 Abs. 1 und 2, 108 GWB an einen zulässigen Antrag

zu stellen sind, wurden durch die AST erfüllt. Die AST hat deutlich herausgestellt, dass sie ein Interesse an den ausgeschriebenen Leistungen hat. Sie hat sich mit ihrem Angebot um diesen Auftrag beworben. Sie hat ferner vorgetragen und begründet, dass sie sich im Rahmen der von der VST durchgeführten Angebotsbewertung in ihren Rechten verletzt fühlt. Die AST hat mit Schreiben vom 28.05.2010 und 03.06.2010 Vergabeverstöße bei der Prüfung durch die VST (siehe Sachverhalt) formgerecht gerügt. Rüge 1: Die AST rügte die Unmöglichkeit der Angebotsbewertung anhand der bekanntgemachten Zuschlagskriterien, da unklar sei, wie die Bemessung der Abstände zwischen den Angeboten erfolge. Rüge 2: Die AST rügte die nicht erfolgte Bekanntgabe von Bewertungsbögen (Bewertungsschema), die vor der Angebotsabgabe vorgelegen hätten und die Grundlage der durchgeführten Angebotsbewertung waren. Die AST trug auch vor, dass sie bei Kenntnis des von der VST verwendeten Bewertungsschemas ihr Angebot an diesem hätte ausrichten können, damit ihre Zuschlagschancen gestiegen wären, sie eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.

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b) Die Rügen der AST erfolgte nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB teilweise unverzüglich. Danach muss die Rüge nach Kenntniserlangung des Vergabeverstoßes so bald erklärt werden, als es dem Antragsteller nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Es ist ein für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendiger Zeitraum anzuerkennen. Auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist auch bei der Fristenberechnung Rücksicht zu nehmen. Absolute Obergrenze stellt hierbei, je nach Einzelfall, ein Zeitraum bis zu 14 Tagen - entsprechend § 121 BGB – dar. Rüge 1: Die Rüge 1 erfolgte durch die AST nicht mehr unverzüglich, die AST ist mit dem Antrag betreffend die Rüge 1 präkludiert. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Die VST veröffentlichte im Oktober 2009 die Bekanntmachung betreffend den o.g. Auftragsgegenstand. In der Bekanntmachung erfolgte unter Pkt. IV.2.1 die Angabe der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung (siehe Sachverhalt). Die VST setzte das Vergabeverfahren, in Kenntnis der voraussichtlichen Ergebnisses eines anstehenden Nachprüfungsverfahrens, in den Zeitpunkt nach der Auswahl der Bewerber zurück, korrigierte die Aufgabenstellung, die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung jedoch nicht und forderte die Bewerber zur erneuten Angebotsabgabe auf (24.03.2010). Unterstellt, die beiden Angebotsabgaben, zum gleichen Verfahrensgegenstand im gleichen Vergabeverfahren, müssten betreffend die Unverzüglichkeit jeweils für sich, also wie zwei getrennte Verfahren betrachtet werden, hätte die AST bei Beachtung des § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB spätestens zum Zeitpunkt des „ersten Angebotsabgabetermins“ rügen müssen (27.11.2009), bzw. zum spätesten Zeitpunkt des „zweiten Angebotsabgabetermins“ (15.04.2010) rügen müssen. In beiden Fällen erfolgte keine Rüge zum lt. GWB definierten spätesten Zeitpunkt (Abgabetermin). Die Rüge erfolgte mit Schreiben der AST vom 28.05.2010, also ca. 6 Wochen nach dem „zweiten Angebotsabgabetermin“ (15.04.2010) und ca. 25 Wochen nach dem „ersten Angebotsabgabetermin“ (27.11.2009). Da die „zweite Angebotsabgabe“ das gleiche Vergabeverfahren betrifft, sich die Zuschlagskriterien gegenüber der „ersten Angebotsabgabe“ nicht änderten, ergibt sich betreffend die Unverzüglichkeit der Rüge (Zeitraum) noch eine weitere erschwerende Sicht betreffend die Beurteilung der Unverzüglichkeit. Bei Beachtung des vergangenen Zeitraumes seit Bekanntmachung des Vergabeverfahrens (Oktober 2009) und Rüge der AST (28.05.2010) ist selbst bei großzügigster Bewertung des Zeitraumes (ca. 8 Monate) nicht von einer Unverzüglichkeit auszugehen. Insoweit die AST in ihrem Antrag ausführte, dass sie sich erstmals nach anwaltlicher Beratung des Problems der Unmöglichkeit der Angebotsbewertung mittels der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien bewusst geworden sei, ist dieses nicht zutreffend. Voraussetzung für ein erfolgreiches Angebot ist zwangsläufig die Ausrichtung des Angebots an den von der VST vorgegebenen Zuschlagskriterien. Demzufolge war für die AST spätestens bei der Angebotserarbeitung die Auseinandersetzung mit den vorgegebenen Zuschlagskriterien geboten, um das eigene Angebot bei Beachtung der vorhandenen eigenen Möglichkeiten optimal zu gestalten. Der Vortrag der AST ist als ein mutwilliges Verschließen zu qualifizieren, da sie bei zweimaliger Angebotsbearbeitung nicht in der Lage gewesen sein will die Bedeutung der vorgegebenen Zuschlagskriterien zu erkennen.

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Insoweit die AST erstmalig mit Schreiben vom 28.05.2010 die Unmöglichkeit der Angebotsbewertung mittels der bekanntgemachten Zuschlagskriterien rügte, war die AST mit dieser Rüge präkludiert. Soweit die AST auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 28.01.2010-C-406/08) zur Unbestimmtheit des Begriffs „unverzüglich“ verwies, ist die Vergabekammer der Auffassung, dass diese Entscheidung für den § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB nicht einschlägig ist. Der § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB enthält im Gegensatz zur vom EuGH entschiedenen Rechtssache keine Frist zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, sondern nur eine Präklusionsregel, nach der sich Bewerber/Bieter nicht mehr auf erkannte Vergaberechtsverstöße berufen können, wenn sie diese nicht rechtzeitig rügten. (siehe Entscheidung OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010 – WVerg 6/10) Rüge 2: Die Rüge 2 erfolgte durch die AST unverzüglich. Die VST teilte der AST mit Schreiben vom 01.06.2010 (siehe Sachverhalt) u.a. mit, dass die bekanntgemachten Zuschlagskriterien eine transparente Angebotsbewertung zulassen würden. Als Beleg für die transparente und alle Angebote gleichbehandelnde Wertung fügte die VST die verwendeten Bewertungsbögen bei, in denen Festlegungen darüber enthalten waren, wie die Angebotsbewertung (Aufteilung der Zuschlagskriterien in Unterkriterien, Bewertungssystem, Punktverteilung, Gewichtung gebildeter Unterkriterien) erfolgen sollte und auch erfolgte. Von diesem Sachverhalt erhielt die AST erstmalig mit dem Schreiben der VST vom 01.06.2010 Kenntnis und rügte mit Schreiben vom 03.06.2010 die Nichtbekanntgabe der Bewertungsmodalitäten. Die resultierende Zeitspanne zwischen Information durch die VST und Rüge der AST bei der VST kann hier als unverzüglich im Sinn der Vorschrift erachtet werden. Der Rügeverpflichtung ist gemäß § 107 Abs. 3 Genüge getan. Insoweit die BEI und die VST ausführten, dass die AST die Nichtbekanntgabe der Wertungsmodalitäten, bzw. deren Nichtvorhandensein bis zum spätesten Abgabetermin hätte rügen müssen, trifft dieses nicht zu. Die AST musste davon ausgehen, dass die Angebotsbewertung mittels der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien unter Beachtung der Wichtung und der weiteren Bewertungshinweise aus der korrigierten Aufgabenstellung erfolgt. Die VST kam mit den bekanntgegebenen Zuschlagskriterien ihrer Pflicht nach. Eine Rüge nach einer weiteren, zwingenden Untergliederung war somit nicht erforderlich, aber auch nicht angebracht. Insoweit die AST die Unklarheit/Unmöglichkeit der Bewertung mittels der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien rügte, war diese Rüge präkludiert (siehe Rüge 1). Dass die VST aber entgegen der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien in der Wertung tatsächlich weitere Aufgliederungen der Zuschlagskriterien Schwerpunktbildungen und ein Punktsystem zur Bewertung einsetzen würde, war der AST erst mit dem Schreiben der VST vom 01.06.2010 bekannt. Mit dieser erstmaligen Kenntnis von der tatsächlichen Wertungsabfolge, inhaltlichen Bewertung war die AST mit ihrer Rüge nicht präkludiert. Ob die obige, bisher in der Rechtsprechung verwendete zeitliche Definition von „Unverzüglichkeit“ der Rügeerhebung nach der EuGH-Entscheidung (Urteil vom 28.01.2010 - Rs. C-406/08) weiterhin Anwendung finden kann, ist fraglich, vorliegend aber unerheblich, da die AST durch die daraus entstandene Rechtsunsicherheit zumindest für die Rüge 2 nicht in der Wahrnehmung ihrer subjektiven Rechte beeinträchtigt wird.

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2.3 Entscheidungsbegründung Der Antrag der AST ist begründet. Die VST verstieß gegen den § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, indem sie bei der Angebotswertung Bewertungsschemata verwendete, die sie den Bewerbern im Vorfeld der Angebotsbearbeitung (Bekanntmachung § 17a VOL/A oder Vergabeunterlagen § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A, hätte bekanntgeben müssen. Zur Auslegung der Regelungen aus den Art. 36 der Richtlinie 92/50 und Art. 34 der Richtlinie 93/38, die im § 9a VOL/A umgesetzt sind, formulierte der EuGH im Rahmen seiner Entscheidung vom 24.11.2005 (Rechtssache C-331/04) betreffend den von der VST anzuwendenden Wertungsmodus (Festlegung/Bekanntgabe von Wertungskriterien oder Unterkriterien) drei Regeln zur Auslegung der o.g. Rechtsnormen: 1. keine Abänderung der bekanntgemachten Wertungskriterien oder deren Unterkriterien

durch den von der VST festgelegten Wertungsmodus zur Bewertung dieser Kriterien, 2. keine Festlegungen im nachträglich bestimmten Wertungsmodus, die die Bewerber bei

deren Kenntnis veranlasst hätten ihre Angebote inhaltlich anders zu gestalten, 3. keine Festlegung der Wertungsmatrix, des Wertungsmodus unter Berücksichtigung von

Umständen, die einen Bewerber/Bieter diskriminieren könnten. Zum spätesten Zeitpunkt, wann der komplette Wertungsmodus zur Bewertung der Wertungskriterien/Unterkriterien der Angebote feststehen muss, wurde seitens des EuGH keine konkrete Festlegung getroffen, sodass davon auszugehen ist, dass diese Grundsätze, unabhängig von dem konkreten Zeitpunkt der Aufstellung des anzuwendenden Wertungsmodus ihre Gültigkeit besitzen. Abzuleiten ist die vom Verfahrenszeitpunkt unabhängige Gültigkeit der o.g. vom EuGH aufgestellten Grundsätze auch daher, dass die o.g. Grundsätze nichts anderes als die Verfahrenstransparenz, die Bietergleichbehandlung und die Verhinderung von Manipulationen im Vergabeverfahren gewährleisten sollen, die für jedes Vergabeverfahren prinzipiell, unabhängig vom Verfahrenszeitpunkt, gelten.

2.3.1 Weitere Aufgliederung der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien und Einführung eines Punktsystems zur Bewertung der Angebote unterhalb der Ebene der bekanntgemachten Wertungskriterien.

Die weitere Aufgliederung der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien durch die Bildung von faktischen Unterkriterien und die Einführung eines Punktsystems unterhalb der Ebene der bekanntgemachten Zuschlagskriterien (Preis, Fristen) bzw. der nunmehrigen Unterkriterien zu den Zuschlagskriterien Geräte, Hörbeispiele Konzepte zur Bewertung der Angebote, ohne dieses den Bewerbern bekanntzugeben und diesen damit die Möglichkeit zu nehmen ihren Angebotsinhalt daran auszurichten, ist vergaberechtswidrig und verstößt gegen die in § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A enthaltene Verpflichtung zur Bekanntgabe aller vorgegebenen Wertungskriterien (siehe dazu auch die o.g. EuGH Entscheidung betreffend die Veröffentlichungspflicht von Wertungskriterien, Unterkriterien usw. und die vom EuGH dazu unter Bezugnahme auf die im § 9a VOL/A erfolgte Umsetzung der EG-Richtlinien entwickelten Grundsätze) und verstößt auch gegen § 97 Abs. 1 GWB (Verstoß gegen das Transparenzgebot). Da die VST das Vergabeverfahren nicht vor Bekanntmachung zurückversetzte, waren die veröffentlichten Zuschlagskriterien weiterhin gültig (siehe Sachverhalt). Eine weitere Unterteilung der bekanntgegebenen Wertungskriterien wurde den Bewerbern mit der Bekanntmachung nicht mitgeteilt.

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Die korrigierte Aufgabenstellung vom 24.03.2010 war eine Vermischung aus Leistungsbeschreibung, Festlegungen zu Zuschlagskriterien, Bewertungshinweisen und Bildung von Unterkriterien (siehe Sachverhalt). Damit mussten die Bewerber auf der Grundlage der ihnen von der VST zur Wertung angegebenen Verfahrensweise (Bekanntmachung, korrigierte Aufgabenstellung) davon ausgehen, dass

- alle die die Leistungsausführung betreffenden und von der VST abgeforderten Angaben lt. LV Gegenstand der Angebotsbewertung sein würden,

- die VST die Angebotsbewertung innerhalb der Zuschlagskriterien direkt mittels der den Zuschlagskriterien zuordenbaren abgeforderten Angaben (zuordenbare Sachbezüge) ohne Schwerpunktbildung (Ausnahme Konzept) durchführen würde:

-- Preis - keine zusätzlichen Angaben zur Wertung (siehe Sachverhalt)

„der Bieter hat sein Angebot wie folgt preislich aufzugliedern:“ Zuschlagskriterium lt. Bekanntmachung unverändert mit Wichtung

-- Lieferfristen – keine zusätzlichen Angaben zur Wertung (siehe Sachverhalt)

„Hinsichtlich des Ablaufes der Produktion und Lieferung soll der folgende Zeitplan als Anhaltspunkt dienen:“…. „Der hier angegebene Rahmen soll als Anhaltspunkt dienen. Die Bieter haben verbindliche Fristen anzugeben.“ (Fristen siehe Sachverhalt) Zeitplan und Angaben sind kein Hinweis auf Wertung (Anhaltspunkt), Zuschlagskriterium lt. Bekanntmachung unverändert mit Wichtung

-- Audioproduktion/Hörbeispiele, zusätzliche Aufgliederung Zuschlagskriterium,

„Bei der Bewertung der Hörtexte werden die folgenden Kriterien quotal angewendet: -der methodische und konzeptionelle Aufbau der Hörbeispiele (40%) -Dramaturgischer Aufbau (40%) -Qualität der deutschen Sprecher (10%) -bei den englischsprachigen Führungen Übersetzung, Einbeziehung interkultureller Unterschiede, Qualität der Sprecher. (10%)“ Bildung von zusätzlichen Unterkriterien mit Wichtung,

-- Konzept – keine zusätzlichen Unterkriterien (siehe Sachverhalt)

„Bei der Bewertung des Konzeptes werden die Originalität des Ansatzes und das Eingehen auf die Besonderheiten der KSW bewertet. Darüber hinaus wird beurteilt, wie die oben genannten Punkte durch die Bieter umgesetzt wurden.“ Keine Bildung von Unterkriterien, aber Benennung von zwei Bewertungsschwerpunkten ohne Wichtung

-- Geräte – Zusätzliche Aufgliederung Kriterien?(siehe Sachverhalt) „Bei der Bewertung der Geräte werden die folgenden Kriterien mit jeweils gleichem Anteil berücksichtigt:“ (Kriterien Handhabbarkeit u. Funktionalität, Speicherkapazität, Betriebsdauer)) Wurden hier drei Unterkriterien mit gleichem Anteil – also 3x33,3% gebildet?

- die VST die den Wertungskriterien lt. LV zuordenbaren Sachbezüge (abgeforderte

Angaben) nicht mittels eines Bewertungssystems (weitere Aufgliederung der Zuschlagskriterien, Punktvergabe, Wertungsmatrix o.ä.) bewerten würde.

Wie aus der obigen Zusammenstellung hervorgeht, gab es betreffend die Zuschlagskriterien für die Bewerber erkennbar unterschiedlich zugeordnete Bewertungsabläufen.

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Aus der Bekanntmachung und der konkretisierten Aufgabenstellung war erkennbar (siehe oben): Preis: Bewertung des Angebotspreises mit zugeordneter Wichtung lt. Bekanntmachung (20%), Lieferfristen: Bewertung der Lieferfristen mit zugeordneter Wichtung lt. Bekanntmachung (10%), Audioproduktion/Hörbeispiele: Bewertung der Audioproduktion/Hörbeispiele mit zugeordneter Wichtung lt. Bekanntmachung (20%), 4 Unterkriterien mit Wichtung lt. Aktualisierung Aufgabenstellung, Konzept: Bewertung des Konzepts mit zugeordneter Wichtung lt. Bekanntmachung (20%), zusätzliche Angabe von zwei Bewertungsschwerpunkten (vielleicht doch Unterkriterien) ohne Wichtung, Geräte: Bewertung der Geräte mit zugeordneter Wichtung lt. Bekanntmachung (30%), weitere Aufgliederung drei Kriterien mit gleichem Anteil (also 3 Unterkriterien mit Wichtung 33,33%). Die Formulierungen der VST in der Aktualisierung der Aufgabenstellung sind leicht verwirrend, da für die gleichen prinzipiellen Bewertungsansätze unterschiedliche Formulierungen, ja Umschreibungen gewählt wurden. Gleichwohl konnten und mussten die Bewerber ihre Angebote nur unter Berücksichtigung dieser Aspekte ausrichten. Wie aus der Vergabeakte (S. 62-74 Vergabeakte) zu entnehmen ist, wurden alle bekanntgemachten Wertungskriterien (Preis, Lieferfristen, Hörbeispiel, Konzept, Geräte) zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen. Die Verfahrensakte lässt jedoch eindeutig erkennen, dass die Bewertung der Angebote innerhalb der Wertungskriterien über Punktbewertungen erfolgte. Bereits der Wille der VST, die Angebotswertung innerhalb der Wertungskriterien überhaupt mittels einer Punktbewertung durchführen zu wollen, geschweige denn, wie die Punktverteilung bei welcher Erfüllung, Untererfüllung, Übererfüllung der Leistungsvorgaben bzw. auf welche Leistungsvorgaben überhaupt erfolgen sollte, wurde den Bewerbern aber nicht mitgeteilt. Die Bewertung abgefragter Sachbezüge mittels eines Punktsystems ermöglicht durch die höhere Punktzuordnung zu bestimmten Abfragebereichen eine Schwerpunkt bildende Bewertung, gleichzeitig aber auch eine detailliertere Bewertung durch die differenziertere Bepunktung bestimmter Abfragebereiche. Über die Möglichkeit der Festlegung dessen, was innerhalb der Wertungskriterien zur höchsten oder Abstufung bis zur niedrigsten Punktbewertung führt, kann die VST den Rahmen vorgeben, was wie zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen wird. Damit ist der VST ein Instrument in die Hand gegeben, welches ihr ermöglicht, den Entscheidungsalgorithmus betreffend die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes und damit die Zuschlagsentscheidung gezielt zu steuern (Voraussetzung Erstellung einer detaillierten Bewertungsmatrix). Es besteht die Möglichkeit, die Bewertung in eine bestimmte Richtung zu lenken, um so das im Sinn der von ihr angestrebten Leistungserfüllung optimalste Angebot zu ermitteln. Der negative Aspekt, betreffend die Möglichkeit der Bevorzugung eines bestimmten Produkts oder Bieters, also die Manipulation einer Vergabeentscheidung, sei nur ansatzweise erwähnt.

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Wenn für die VST die Möglichkeit besteht, mit Hilfe der Anwendung eines Punktsystems oder Wertungsmatrix die Bewertung auf individuelle Schwerpunkte eines Vergabekriteriums zu lenken, um so das für sie optimale Angebot entsprechend der auszuführenden Aufgaben zu erhalten, ist ihr dieses nur dann von Nutzen, wenn die Bewerber auch von diesem Willen der VST Kenntnis bekommen und entsprechend darauf reagieren können. Kenntnis bekommen bedeutet Bekanntmachung. Bekanntmachung bedeutet gleichzeitig Verfahrenstransparenz, Gleichbehandlung, Verhinderung von Manipulationen. Damit die Bewerber ihren Anteil im Vergabeverfahren (Lieferung günstiger Angebote) erbringen können, ist für diese, betreffend die Angebotserstellung, nicht nur Kenntnis von dem abgeforderten Leistungsinhalt (LV), sondern auch Kenntnis darüber wichtig, welche von den abgeforderten Angaben für die VST welche Bedeutung besitzt (Wertungskriterien und deren Wichtung, Unterkriterien und deren Wichtung, weitere Aufgliederungen in Unterunterkriterien und evtl. anzuwendende Bewertungssysteme (bsp. Punktsysteme)). Nur dann kann ein Bieter darauf im Rahmen seiner Angebotserarbeitung gezielt reagieren, um dann das nach seinen individuellen Möglichkeiten optimale (wirtschaftlichste) Angebot abzugeben. Beleg für die Wesentlichkeit des verwendeten Punktsystems als Bewertungshilfe sind die Festlegungen der VST in dem Bewertungsschema, in welchem zu den einzelnen Zuschlagskriterien die Bewertungsmodalitäten: „Auswertung der Preise: Es wurden die Bruttopreise von Geräten und Audioführung (einschließlich aller notwendigen Zusatzgeräte) gewertet. Auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten erhielt der teuerste Bieter 0 und der günstigste Bieter 10 Punkte. Die Punkte für die übrigen Bieter wurden mittels Verhältnisrechnung ermittelt.

Preis Preisdifferenz Verhältnis Auswertung der Fristen: Die von den Bietern angebotenen Fristen für die Erstellung der Audiotouren wurden wie folgt bewertet: Die kürzeste Frist erhielt 10 Punkte die längste 0 Punkte, die übrigen Punktzahlen wurden durch Verhältnisrechnung ermittelt. Die Einzelpunkte wurden summiert und (gemäß der Anzahl der Einzelstationen) durch 4 geteilt.

Touren1 Touren 2 Deutsch Englisch Deutsch Englisch Wochen Punkte Wochen Punkte Wochen Punkte Wochen Punkte Gesamtpunkte addiert durch 4 Bewertung Kurzfassung Audioguidetouren Für alle zu bewertenden Bereiche werden jeweils max. 10 Punkte vergeben. Konzept:

Fest vorgegebener und freier Rundgang

Verknüpfung/Motivation für Weniger besuchte Häuser

Zitate kulturgeschichtlicher Ansatz Originalität Gesamtbewertung

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Hörtexte:

Methodisch/konzeptioneller Aufbau der Hörbeispiele

40%

Dramaturgischer Aufbau 40% Qualität der deutschen Sprecher

10%

bei den englischsprachigen Führungen/Übersetzung, Einbeziehung interkultureller Unterschiede, Qualität der Sprecher

10%

Gesamtbewertung Geräte/Technik:

Handhabbarkeit und Funktionalität

Speicherkapazität Betriebsdauer, Art der Aufladung

Gesamtbewertung festgelegt worden sind. Diese Festlegungen, die unmittelbare Wirkung bei der Angebotswertung entfalteten, auf die die Bewerber gezielt mit ihren Angeboten hätten eingehen können, wurden den Bewerbern nicht mitgeteilt. Das obige Bewertungsschema zeigt darüber hinaus auch noch, dass die VST bspw. beim Zuschlagskriterium Konzept eine weitere Aufteilung in 5 Bewertungspunkte vornahm, die jeweils von 0 – 10 Pkte. bewertet wurden. Dieses steht aber im Gegensatz zur den Bewerbern mitgeteilten korrigierten Aufgabenstellung, in welcher angeben wurde:

„Bei der Bewertung des Konzeptes werden die Originalität des Ansatzes und das Eingehen auf die Besonderheiten der KSW bewertet. Darüber hinaus wird beurteilt, wie die oben genannten Punkte durch die Bieter umgesetzt wurden.“

Damit verwendete die VST nicht nur ein Punktsystem mit konkreten Auswirkungen auf die Angebotswertung, sondern nahm auch nachträglich eine Veränderung der von ihr in der Aufgabenstellung benannten Wertungsschwerpunkte vor. Das von der VST verwendete Punktsystem lag der VST auch bereits schon vor der Angebotsabgabe vor. Nach eigenem Aktenvermerk der VST (S. 31 Vergabeakte) wurden die Bewertungstabellen, die Bewertungssystematik vor dem 07.04.2010, also wenigstens eine Woche vor dem Abgabetermin aufgestellt (siehe Sachverhalt). Insoweit die VST ausführte, dass das von der VST zur Bewertung verwendete Punktsystem nicht den Bewerbern bekanntzugeben war, dass es auf die Angebotserarbeitung keinen Einfluss habe, trifft gerade dieses nicht zu. Die Zuschlagskriterien stellen nur die Angebotsbereiche dar, die zur Angebotsbewertung herangezogen werden. In welchem Rahmen diese Einfluss auf die Ermittlung des günstigsten Angebotes haben, findet seine Berücksichtigung über die jeweilige Gewichtung. Gleiches gilt im Fall der Bildung von Unterkriterien. Die Erkenntnis für den Bewerber daraus ist also nur, welches Zuschlagskriterium hat welchen Einfluss (Gewichtung) auf die Zuschlagsentscheidung. In Verbindung mit den Vergabeunterlagen weiß der Bewerber auch, welche Inhalte (Abfragen) dem jeweiligen Zuschlagskriterium zugeordnet sind. Welche Bedeutung aber die einzelne Inhaltliche Abfrage (Bildung von Schwerpunkten, eigentlich bereits wieder Unterkriterien) und welche Bewertung welcher Abfrageinhalt bekommt, weiß der Bewerber nicht. Da die Bewertung aber auf der untersten Ebene der Bewertungspyramide erfolgt – für welchen Punktwert steht welche Angebotsaussage, sei es

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qualitativ oder quantitativ – ist gerade dieses für die Bewerber von Interesse und für diese Voraussetzung für eine zielgerichtete Angebotserstellung. Dieses gilt umso mehr, wenn neben dem Preis noch andere Zuschlagskriterien verwendet werden. Gerade in einem solchen Fall besteht die Möglichkeit für den Bewerber, die Angebote unter Beachtung der Wechselwirkung der einzelnen Zuschlagskriterien, letztendlich der einzelnen geforderten Angebotsabforderungen zu gestalten. Dieses setzt aber die Kenntnis voraus, welche Auswirkung welche zu bewertende Angebotsangabe hat (welcher Punktwert steht für welchen Inhalt). Belegt wird dieses auch durch die von der VST durchgeführte Angebotswertung (Bsp. Speicherkapazität, siehe auch Pkt. 2.3.3). Angesicht der Tatsache, dass VST eine ungenügende Speicherkapazität, also eigentlich nicht verwertbar, mit 5 Punkten bewertete und eine „gute Speicherkapazität“, also gute Leistungserfüllung, nur mit zwei Punkten mehr (7) bewertete, wäre es für die Bewerber bei der Angebotserstellung schon von Interesse, die Abwägung zwischen Preis und vorliegend Leistungshöhe Speicherkapazität vorzunehmen. Insoweit die VST auch die Bewertungsmethodik lt. Bewertungsbogen der anderen Zuschlagskriterien auch nur als rechnerische Umsetzung der Zuschlagskriterien bezeichnete, gilt vom Prinzip das Gleiche wie bei obigem Beispiel. Unabhängig davon wird auf Pkt. 2.3.2 verwiesen, in dem belegt wird, dass die im Berechnungsbogen der VST durchgeführte Bewertung der Zuschlagskriterien Preis und Fristen nicht für diese erfolgte, sondern im Ergebnis faktisch eine Änderung der Zuschlagskriterien erfolgte. Sowohl das Prozedere zur Bewertung des Angebotspreises und der Fristen, als auch die Tatsache einer Punktwertung hätte den Bewerbern bekanntgegeben werden müssen, was jedoch nicht erfolgte. Damit liegt ein Verstoß gegen den zweiten Grundsatz des EuGH zur Verfahrensweise mit Wertungskriterien bzw. Unterkriterien im Vergabeverfahren, also gegen die in § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A enthaltene Verpflichtung zu deren Bekanntgabe, aber auch gegen § 97 Abs. 1 GWB (Verstoß gegen das Transparenzgebot) vor. 2.3.2 Bewertung der Zuschlagskriterien Preis und Fristen durch die VST Die VST verstieß gegen die Bestimmungen des § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, indem sie rechtswidrig entgegen den in der Bekanntmachung angegebenen Zuschlagskriterien Preis und Fristen andere Zuschlagskriterien bewertete. Die Bewertung der Zuschlagskriterien Preis und Fristen fand nicht statt. - Bewertung Zuschlagskriterium Preis (Gewichtung 20%)

Lt. der Bekanntmachung hätte der Preis/Angebotspreis mit einer Wichtung von 20% gewertet werden müssen. Das bedeutet, dass die VST das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis - da die Ermittlung in der vierten Wertungsstufe erfolgt müsste dieser Preis auch angemessen sein - mit der höchsten Wertung, also 20%, hätte bewerten müssen. Die Angebotspreise der anderen Bieter hätten, gemessen am Angebotspreis des niedrigste Angebotes, im Verhältnis dazu mit einer minderen Bewertung versehen werden müssen. Maßstab für die Bewertung der anderen Angebotspreise wäre also der niedrigste Angebotspreis. % bewertetes Angebot=20%-(bewertetes Ang.-niedrigstes Ang.)/(niedrigstes Ang./20%) Die VST führte die Bewertung entsprechend der von ihr nicht veröffentlichten Systematik wie folgend durch:

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Die Bewertung des Zuschlagskriteriums Preis lt. VST Bewertungsbogen (neutrales Bsp.): „Auswertung der Preise: Es wurden die Bruttopreise von Geräten und Audioführung (einschließlich aller notwendigen Zusatzgeräte) gewertet. Auf einer Skala von 0 bis 10Punkten erhielt der teuerste Bieter 0 und der günstigste Bieter 10 Punkte. Die Punkte für die übrigen Bieter wurden mittels Verhältnisrechnung ermittelt.“ Angebotssumme höchstes Angebot 150.000,-€ -Angebotssumme niedrigstes Angebot 100.000,-€ Angebotsdifferenz höchstes - niedrigstes Angebot 50.000,-€ Angebotsdifferenz € : 10 Pkte.= Angebotsdifferenz €/Pkt. 50.000,-€ : 10Pkt.= 5.000,-€/Pkt. Angebotssumme Bieter A: 139.000,-€ Angebotssumme höchstes Angebot 150.000,-€ –Angebotssumme Bieter A 139.000,-€ Preisdifferenz Bieter A zu Höchstangebot 11.000,-€ erreichte Punktzahl für Zuschlagskriterium Preis Bieter A: Preisdifferenz : 5.000€/Pkt.= erreichte Punktzahl Bieter A 11.000,-€ : 5.000,-€/Pkt.= 2,20 Pkt. Bewertung Zuschlagskriterium Preis Bieter A: erreichte Punktzahl X Wichtung Preis= Bewertung Preis des Angebots Bieter A 2,20 Pkt. X 20%= 0,44 Wie aus dem Wertungsbeispiel erstens erkennbar ist, erfolgte die Bewertung nicht unmittelbar über den Angebotspreis. Es wurde unter den Preis als Zuschlagskriterium eine weitere Bewertungsebene eingezogen (Punktbewertung). Zweitens geht aus dem dargestellten Bewertungsablauf für den Preis (Zahlen fiktiv, bis auf Wichtung Preis) eindeutig hervor, dass die VST bereits formal, aber auch tatsächlich, betrachtet nicht den „Preis/Angebotspreis“, sondern die „Differenz zwischen niedrigstem und höchstem Angebot“ bewertete. Die Punktverteilung berücksichtigt den Angebotspreis des konkreten Angebotes im Verhältnis zum höchsten Angebot, also um wieviel ist der Angebotspreis des konkreten Angebots, unter Beachtung der Angebotsdifferenz zwischen höchstem und niedrigsten Angebot, günstiger. Die Bewertung der Angebote erfolgte nicht am Maßstab „niedrigste Angebotssumme“ und daraus ableitend die Minderung der Bewertung von Angeboten mit höheren Angebotssummen. - Bewertung Zuschlagskriterium Fristen (Gewichtung 20%) Für das Zuschlagskriterium gelten die gleichen Ausführungen wie oben diejenigen zu den Preisen. Auch beim Zuschlagskriterium Fristen wurde unter das Zuschlagskriterium Fristen lt. Bekanntmachung, eine weitere Bewertungsebene mit der durchgeführten Punktbewertung daruntergesetzt. Wie bei dem Zuschlagskriterium Preis erfolgte auch beim Zuschlagskriterium Fristen nicht die Bewertung der Fristen, sondern die Bewertung der Differenz zwischen kürzester und längster Frist, wie das nachfolgende Prinzipbeispiel zeigt.

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Die Bewertung des Zuschlagskriteriums Fristen lt. VST Bewertungsbogen (neutrales Bsp.): „Auswertung der Fristen:

Die von den Bietern angebotenen Fristen für die Erstellung der Audiotouren wurden wie folgt bewertet: Die kürzeste Frist erhielt 10 Punkte die längste 0 Punkte, die übrigen Punktzahlen wurden durch Verhältnisrechnung ermittelt. (Die Einzelpunkte wurden summiert und (gemäß der Anzahl der Einzelstationen) durch 4 geteilt.“ Längste Frist 20 Wochen -Kürzeste Frist 18 Wochen Fristdifferenz längste –kürzeste Frist 2 Woche Fristdifferenz Wochen : 10Pkte.= Fristdifferenz Woche/Pkt. 2 Wochen : 10Pkt.= 0,2 Wochen /Pkt. Frist Bieter A: 19 Wochen Längste Frist 20 Wochen -Frist Bieter A 19 Wochen Fristdifferenz Bieter A zu Höchstfrist 1 Wochen erreichte Punktzahl für Zuschlagskriterium Fristen Bieter A: Fristdifferenz Bieter A zu Höchstfrist : Fristdifferenz Woche/Pkt.= erreichte Punkte Bieter A 1 Wochen : 0,20 Wochen/Pkt.= 5 Pkt. Bewertung Zuschlagskriterium Fristen Bieter A Erreichte Punktzahl Bieter A X Wichtung Fristen= Bewertung Fristen Bieter A 0,20Pkt. X 20%= 1 Die Auswirkung der von der VST gewählten Bewertungsmodalität zeigt im Ergebnis keinen objektiven Vergleich der von den Bietern angebotenen Fristen. Das zeigt sich insbesondere in einem Fall, wenn der Bieter mit der niedrigsten Frist Bspw. 10 Wochen angeboten hätte, der Bieter mit der längsten Frist dagegen 10 Wochen und zwei Tage. Bei der Festlegung der VST würde dieser Bieter 0 Punkte erhalten, der nur 2 Tage länger, als der Bieter mit der kürzesten Frist, angeboten hätte. Dieses Beispiel zeigt eindeutig, Gleiches gilt auch für die Bewertung des Preises, dass der Gegenstand der Bewertung der VST nicht die „Frist“ war, sondern die „Differenz zwischen kürzester und längster Frist“ bzw. die „Differenz zwischen niedrigstem und höchstem Angebotspreis“ war. Darüber hinaus wurde den Bietern auch nicht mitgeteilt, dass sich die Bewertung der Fristen aus vier Einzelbewertungen („gemäß der Anzahl der Einzelstationen“) zusammensetzt. 2.3.3 Einheitlichkeit der durchgeführten Bewertung Unabhängig von den obigen Ausführungen ergeben sich aus der von der VST durchgeführten Bewertung Probleme hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Bewertungen. Für die Begründung der Punktvergabe werden teilweise konkret angebotene Daten genannt mit einer verbalen Einschätzung, es gibt aber auch Bewertungen ohne Angabe der konkret bewerteten Datenangabe. Wenn aber konkrete Daten zur Bewertung herangezogen werden, hat das bei Absicherung der Gleichbehandlung bei allen Bietern zu erfolgen. Unlogisch ist auch die vorgenommene Bewertung, wie es sich am Unterkriterium Speicherkapazität zeigt:

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Bereits die Bewertungsformulierungen lassen formal die Uneinheitlichkeit der Bewertung erkennen. Die sechs Bewertungen weisen keine einheitlichen Bewertungsinhalte auf, die Punktvergabe ist nicht nachvollziehbar. - 26 Std. Speicherkapazität nicht ausreichend 5 Pkt. - Speicherkapazität gut 7 Pkt. - Speicherkapazität gut 8 Pkt. - Speicherkapazität mehr als ausreichend 10 Pkt. - 74 Std. Speicherkapazität sehr gut 10 Pkt. - 48 Std. Speicherkapazität (1GB) ausreichend, 1000 Ladezyklen 10 Pkt. Es ist fraglich, warum im Fall „nicht ausreichend“, also Leistungsziel nicht erreicht, noch 5 Punkte vergeben werden. Sieben/ acht Punkte werden vergeben im Fall „Speicherkapazität ist gut“, also nur zwei/drei Punkte mehr als bei Nichterfüllung. Unbegründet ist bei der Einschätzung „gut“, weshalb dann sieben bzw. acht Punkte vergeben wurden. Bei den drei Bewertungen mit 10 Punkten wurden unterschiedliche Daten zur Bewertung herangezogen. Unstreitig ist es, dass bei der Beurteilung der Angebote der VST ein Beurteilungsspielraum zusteht. Allerdings ist die VST bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens in der Pflicht, auch die Verhältnismäßigkeit bei der Angebotsbewertung einzuhalten, die Grundsätze der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Vorliegend ist die Nachvollziehbarkeit nicht gegeben, das Maß der VST ist nicht erkennbar. Mit den im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen, insbesondere mit den von den Bewerbern/Bietern ausdrücklich zu beantwortenden Abfragen zu Erzeugnissen, Parametern, Arbeitskräften, Zeitangaben, Preisen usw., die die abgeforderte Leistung betreffen, bringt eine VST gegenüber dem Bewerber klar ersichtlich zum Ausdruck, dass diese Punkte für sie von Bedeutung sind. Wenn diese Angaben aber für die VST von Bedeutung sind, ist die logische Konsequenz daraus, dass diese Angaben bei Angebotsbewertung herangezogen werden. Vorliegend gab die VST den Bewerbern in der korrigierten Aufgabenstellung betreffend das Zuschlagskriterium Lieferfristen, Fristen zur Ablieferung der geforderten Produktionen an. Gleichzeitig gab die VST an:

„Hinsichtlich des Ablaufes der Produktion und Lieferung soll der folgende Zeitplan als Anhaltspunkt dienen:“…. „Der hier angegebene Rahmen soll als Anhaltspunkt dienen. Die Bieter haben verbindliche Fristen anzugeben.“

Die Formulierung „Anhaltspunkt“ bedeutet demzufolge keine Vorgabe. Der Zeitplan/Rahmen findet in der Wertung keine Berücksichtig, tritt nicht als Wertungsmaßstab auf. Unerheblich für die Beurteilung des von der AST gerügten Vergaberechtsverstoßes (Rüge 2) sind die Konsequenzen, die sich aus der von der VST durchgeführten vergaberechtswidrigen Angebotswertung ergeben, da der Vergaberechtsverstoß der Nichtbekanntgabe der Punktbewertung in der zeitlichen Abfolge bereits vor der Angebotsöffnung und somit auch vor der durchgeführten Angebotswertung lag. Dies gilt auch gleichermaßen für den Vortrag der BEI in Bezug auf die behauptete nicht vorhandene Zuverlässigkeit der AST. Die VST ist deshalb für den Fall, dass sie an der Vergabeabsicht weiterhin festhält, zu verpflichten, das Vergabeverfahren in den Stand vor der Abgabe der Verdingungsunterlagen an die Bewerber zurückzuversetzen. Mit den Verdingungsunterlagen sind dann den bisherigen Bewerbern auch die von der VST für die Angebotsbewertung beabsichtigten Wertungskriterien, eventuelle Unterkriterien, Wichtungen, eventuelle Punktbewertungssysteme usw. mitzuteilen. Die Bewertung hat mittels der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien, Unterkriterien Bewertungssysteme zu erfolgen. Im Rahmen der Angebotswertung hat diese einheitlich unter Verwendung der von den Bietern geforderten Leistungsdaten zu erfolgen. Die Bewertung ist nachvollziehbar zu dokumentieren.

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4. Kostenentscheidung Die Entscheidung über die Kosten (Gebühren und Auslagen) beruht auf § 128 Abs. 1 und 3 GWB. Die Entscheidung über die Höhe der zu zahlenden Gebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 2 und 3 GWB. Ausweislich des Tenors der Entscheidung hat die VST die Kosten des angestrengten Nachprüfungsverfahrens zu tragen, da sie im Verfahren die Unterlegene ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB).

Die Höhe der Gebühr war nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabe-kammer unter der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens festzusetzen (§ 128 Abs. 2 GWB).

Die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens bestimmt sich regelmäßig danach, welches wirtschaftliche Risiko der Verfahrensbeteiligte übernommen hat (vorliegend: Angebotssumme der AST in Höhe von xxxxxxx €).

Dies führt im vorliegenden Fall, gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB, für die VST zu einer Gebühr in Höhe von insgesamt xxxxxx,- €. Ausgehend vom Brutto-Auftragswert des Angebotes der AST (Angebotssumme der AST und bei Berücksichtigung von deren Nebenangeboten xxxxx €) sowie der dazu entwickelten und regelmäßig angewandten Gebührentabelle der Vergabekammer Freistaat Thüringen (Stand: 01.01.2010) war die Gebühr insgesamt auf den o.g. Betrag für die VST festzusetzen.

Die VST wird gebeten den Betrag

in Höhe vonxxxx,- €

auf das nachfolgende Konto x Der AST wird der bereits gezahlte Vorschuss nach Bestandskraft zurück überwiesen. Die AST wird gebeten, zwecks Rücküberweisung des von ihr bereits gezahlten Vorschusses, der Vergabekammer die zutreffende Bankverbindung mitzuteilen. Die VST hat als die im Verfahren Unterlegene die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der AST zu tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die AST war aufgrund der Komplexität des Verfahrens notwendig. Da die BEI keine eigenen Anträge gestellt hat, trägt sie ihre Kosten selbst. Hinweis Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht (mehr) statt (§ 128 Abs. 4 Satz 5 GWB).

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Page 22: Beschluss - thueringen.de · Die VST führte die Angebotsbewertung nach einem internen Wertungsbogen durch. Für die quantifizierbaren Zuschlagskriterien (Preis, Fristen) ist die

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III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer, beim Thüringer Oberlandesgericht Jena, Rathenaustraße 13, 07745 Jena, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung der Vergabekammer beantragt wird, und Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

Scheid Dr. Bilzer Vorsitzender Hauptamtlicher Beisitzer