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Beugung und Interferenz PH / Gl Als Beugung bezeichnet man das Ph¨ anomen, dass ein Lichtb¨ undel z.B. beim Durchgang durch einen (engen) Spalt teilweise aus seiner urspr¨ unglichen Richtung abgelenkt wird und in den geometrischen Schattenraum hinter der ¨ Offnung eindringt. Dies ist im Rahmen der Strahlenoptik nat¨ urlich v¨ ollig unerkl¨ arlich, und kann nur mit Hilfe des Wellenmodells des Lichts verstanden werden. Wir werden zeigen, dass die Beugung sich als Interferenzerscheinung erkl¨ aren l¨ asst. Du kannst die Beugung ganz leicht selbst beobachten. Betrachte eine m¨ oglichst punktf¨ ormige Lichtquelle wie z.B. eine Standby-LED oder eine weit entfernte Kerze (beides im Dunkeln), oder noch besser einen Sonnenreflex z.B. auf einem Autodach. Kneife dann die Augen ganz eng zusammen. Siehst du, wie der Lichtpunkt pl¨ otzlich verschwimmt und viel breiter wird? Deine Wimpern (und Lider) wirken hierbei als “Beugungsgitter”. Bei genauerer Betrachtung wirst du sogar abwechselnd helle und dunkle Streifen erkennen: Interferenzmaxima und -minima! Einen noch eindrucksvolleren Effekt siehst du, wenn du durch einen sehr engmaschigen Stoff (Gardine, Nylonstrumpf, etc.) bei Nacht eine weit entfernte Laterne oder ein Autor¨ ucklicht anschaust. Hierbei wird der Lichtfleck sogar zweidimensional verzerrt. 1. Das Huygens’sche Prinzip in der Wellenoptik Um das Aussehen der Wasseroberfl¨ ache hinter einem Doppelspalt in der Wellenwanne zu er- kl¨ aren, war das Huygens’sche Prinzip ¨ außerst hilfreich. Zudem ist es hier auch sehr anschaulich, da ja die Wasserteilchen in den Spalten tats¨ achlich schwingen und dabei (Elementar-)Wellen aussenden. Wie ist das aber nun in der Optik? Sind hier vielleicht die Luftmolek¨ ule in den Spalten die Zentren der Lichtwellen? Dann w¨ are es jedenfalls ziemlich unerkl¨ arlich, dass auch im Vaku- um Interferenzmuster hinter einem Doppelspalt entstehen. H¨ oren wir, was der Nobelpreistr¨ ager Melvin Schwartz dazu zu sagen hat: We are all qualitatively familiar with the fact that a plane wave of light passing through a small hole in a wall exhibits a remarkable interference pattern on the far side. This pattern is generally explained in terms of the so-called Huygens’ principle, which tells us to consider each point on a wavefront as a new source of radiation and add the “radiation” from all of the new “sources” together. Physically this makes no sense at all. Light does not emit light; only accelerated charges emit light. Thus we will begin by throwing out Huygens’ principle completely; later we will see that it actually does give the right answer for the wrong reasons. (Aus: “Principles of Electrodynamics”; einem Juwel der Physik-Literatur, aber kein easy reading.) Tats¨ achlich regt das Licht die Elektronen der Atome in der Blende – vor allem an den R¨ andern der Spalte – zu erzwungenen Schwingungen an, wodurch diese zu neuen Lichtquellen werden. Da uns leider komplett die n¨ otige Mathematik fehlt, um die Beugung auf diese Weise “richtig” zu behandeln (mit der sogenannten Fresnel-Kirchhoff-Integralformel), m¨ ussen wir uns auf das Ende des Zitats berufen. Man kann die Huygens-Konstruktion n¨ amlich folgendermaßen f¨ ur die Optik retten: Man ver- schließt in Gedanken den Spalt durch einen “St¨ opsel” aus dem selben Material wie die Blende, und bestimmt das vom St¨ opsel emittierte Lichtwellenfeld. Es stellt sich heraus, dass dieses (bis auf das Vorzeichen) genau dem gesuchten Interferenzfeld hinter der Blende entspricht. Den St¨opsel betrachtet man dabei als Schicht, die aus nur einer Lage regelm¨aßig angeordneter Os- zillatoren besteht, die in Phase schwingen. Diese senden “Elementar-Lichtwellen” aus, die wir dann wie gewohnt ¨ uberlagern. Diese “St¨ opseln¨ aherung” erweist sich als gut, wenn man sich weit genug von der Blenden¨ offnung entfernt befindet, und die Blende viele Wellenl¨ angen breit ist (was bei uns immer der Fall ist). In der N¨ ahe der 1

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Beugung und Interferenz PH / Gl

Als Beugung bezeichnet man das Phanomen, dass ein Lichtbundel z.B. beim Durchgang durcheinen (engen) Spalt teilweise aus seiner ursprunglichen Richtung abgelenkt wird und in dengeometrischen Schattenraum hinter der Offnung eindringt. Dies ist im Rahmen der Strahlenoptiknaturlich vollig unerklarlich, und kann nur mit Hilfe des Wellenmodells des Lichts verstandenwerden. Wir werden zeigen, dass die Beugung sich als Interferenzerscheinung erklaren lasst.

Du kannst die Beugung ganz leicht selbst beobachten. Betrachte eine moglichst punktformige Lichtquellewie z.B. eine Standby-LED oder eine weit entfernte Kerze (beides im Dunkeln), oder noch besser einenSonnenreflex z.B. auf einem Autodach. Kneife dann die Augen ganz eng zusammen. Siehst du, wie derLichtpunkt plotzlich verschwimmt und viel breiter wird? Deine Wimpern (und Lider) wirken hierbeials “Beugungsgitter”. Bei genauerer Betrachtung wirst du sogar abwechselnd helle und dunkle Streifenerkennen: Interferenzmaxima und -minima!Einen noch eindrucksvolleren Effekt siehst du, wenn du durch einen sehr engmaschigen Stoff (Gardine,Nylonstrumpf, etc.) bei Nacht eine weit entfernte Laterne oder ein Autorucklicht anschaust. Hierbei wirdder Lichtfleck sogar zweidimensional verzerrt.

1. Das Huygens’sche Prinzip in der Wellenoptik

Um das Aussehen der Wasseroberflache hinter einem Doppelspalt in der Wellenwanne zu er-klaren, war das Huygens’sche Prinzip außerst hilfreich. Zudem ist es hier auch sehr anschaulich,da ja die Wasserteilchen in den Spalten tatsachlich schwingen und dabei (Elementar-) Wellenaussenden.Wie ist das aber nun in der Optik? Sind hier vielleicht die Luftmolekule in den Spalten dieZentren der Lichtwellen? Dann ware es jedenfalls ziemlich unerklarlich, dass auch im Vaku-um Interferenzmuster hinter einem Doppelspalt entstehen. Horen wir, was der NobelpreistragerMelvin Schwartz dazu zu sagen hat:

We are all qualitatively familiar with the fact that a plane wave of light passingthrough a small hole in a wall exhibits a remarkable interference pattern on thefar side. This pattern is generally explained in terms of the so-called Huygens’principle, which tells us to consider each point on a wavefront as a new source ofradiation and add the “radiation” from all of the new “sources” together. Physicallythis makes no sense at all. Light does not emit light; only accelerated charges emitlight. Thus we will begin by throwing out Huygens’ principle completely; later wewill see that it actually does give the right answer for the wrong reasons.

(Aus: “Principles of Electrodynamics”; einem Juwel der Physik-Literatur, aber kein easy reading.)

Tatsachlich regt das Licht die Elektronen der Atome in der Blende – vor allem an den Randernder Spalte – zu erzwungenen Schwingungen an, wodurch diese zu neuen Lichtquellen werden.Da uns leider komplett die notige Mathematik fehlt, um die Beugung auf diese Weise “richtig”zu behandeln (mit der sogenannten Fresnel-Kirchhoff-Integralformel), mussen wir uns auf dasEnde des Zitats berufen.Man kann die Huygens-Konstruktion namlich folgendermaßen fur die Optik retten: Man ver-schließt in Gedanken den Spalt durch einen “Stopsel” aus dem selben Material wie die Blende,und bestimmt das vom Stopsel emittierte Lichtwellenfeld. Es stellt sich heraus, dass dieses (bisauf das Vorzeichen) genau dem gesuchten Interferenzfeld hinter der Blende entspricht. DenStopsel betrachtet man dabei als Schicht, die aus nur einer Lage regelmaßig angeordneter Os-zillatoren besteht, die in Phase schwingen. Diese senden “Elementar-Lichtwellen” aus, die wirdann wie gewohnt uberlagern.Diese “Stopselnaherung” erweist sich als gut, wenn man sich weit genug von der Blendenoffnung entferntbefindet, und die Blende viele Wellenlangen breit ist (was bei uns immer der Fall ist). In der Nahe der

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Offnung ist die Naherung schlecht; dort ist allerdings das Feldmuster meist auch sehr kompliziert, und nurfur wenige Offnungstypen bisher exakt gelost. Außerdem macht diese Naherung keinerlei Aussage uberdie an der Blende reflektierte “Ruckwartsstrahlung”, da Phasen- und Amplitudenanderungen zwischenVorder- und Hinterflache des Stopsels vernachlassigt werden; diese hangen außerdem noch davon ab, obdie Blende glanzend oder schwarz ist.Tja, die Realitat ist oft eben sehr kompliziert; trotzdem werden wir mit dieser physikalisch unsinnigenaber rechnerisch hilfreichen Abwandlung des Huygens’schen Prinzips einen Intensitatsverlauf fur Spaltund Gitter erhalten, der verbluffend gut mit dem Experiment ubereinstimmt!

2. Beugung am Einzelspalt

Ein koharentes, paralleles Lichtbundel, z.B. von einem Laser, beleuchte in x2-Richtung einenSpalt der Breite b. Nach dem erweiterten Huygens-Prinzip denken wir uns den Spalt als “Huygens-Stopsel”, der aus n Oszillatoren im Abstand g voneinander besteht. Das elektrische Feld dereinfallenden ebenen Lichtwelle regt diese zu erzwungenen Schwingungen an, so dass sie selbst zuphasengleichen Strahlungszentren werden, die in der Papierebene halbkreisformige Elementar-wellen nach rechts aussenden. (Man denke sich die Oszillatoren als Dipole, die in x1-Richtung –senkrecht zum Papier – schwingen und erinnere sich an deren Abstrahlungsverhalten.)

Wir fragen uns nun, wie groß die Intensitat in einem Punkt P ist, der nicht in der ursprunglichenAusbreitungsrichtung des Lichtbundels liegt, sondern unter einem Winkel φ dazu. Wie immersei P dabei so weit entfernt (oder es befinde sich eine Sammellinse hinter dem Spalt), dass wirdie Fraunhofer-Naherung anwenden konnen, d.h. wir gehen von parallelen Wellenstrahlen aus.

Um die Gesamtamplitude des in P ankommenden elektrischen Feldes zu bestimmen, bedienenwir uns der guten alten Zeigerdarstellung. Die vom k-ten Oszillator in P erzeugte elektrischeFeldstarke wird durch einen rotierenden Zeiger, d.h. eine komplexe Zahl der Gestalt

zk = E e i (ωt+ϕk)

beschrieben. Ihr Realteil, Re zk = E cos(ωt+ϕk), gibt dabei die k-te Feldstarke in P wieder. AlleZeiger haben denselben Betrag |zk| = E, welcher der Amplitude des von Teilchen k ausgehendenE-Feldes entspricht (von einer Abnahme der Amplitude mit der Entfernung wird vereinfachendabgesehen), und sie rotieren mit ω = 2πf . Der Winkel ϕk beschreibt die Phasenverschiebungder Zeiger untereinander, die hier durch die unterschiedlich langen Wege zu P entsteht.Der Gangunterschied zweier benachbarter Teilwellen ist δ = g sinφ (siehe Bild), was zu einemPhasenunterschied von

∆ϕ =2πλδ =

2πλg sinφ

2

in P fuhrt. Setzen wir die Phase der ersten Teilwelle ϕ1 = 0, dann ist

z1 = E e iωt , z2 = E e i (ωt+∆ϕ) , z3 = E e i (ωt+2∆ϕ) , . . . , zn = E e i (ωt+(n−1)∆ϕ) .

Um den resultierenden Zeiger in P zu erhalten, muss man lediglich die Summe dieser n kom-plexen Zahlen bilden. (Erinnere: Die Addition komplexer Zahlen entspricht geometrisch derParallelogrammregel der Vektoraddition).

zres = z1 + z2 + z3 + . . .+ zn

= E(e iωt + e i (ωt+∆ϕ) + e i (ωt+2∆ϕ) + . . .+ e i (ωt+(n−1)∆ϕ)

)= E e iωt

(1 + e i ∆ϕ + e i 2∆ϕ + . . .+ e i (n−1)∆ϕ

)= E e iωt

(1 + e i ∆ϕ + (e i ∆ϕ)2 + . . .+ (e i ∆ϕ)n−1

)Um die Summe in der Klammer zu vereinfachen, wenden wir die geometrische Reihe an, welchebesagt, dass fur jedes z 6= 1

1 + z + z2 + . . .+ zn−1 =zn − 1z − 1

gilt. Beweisen kann man dies ganz leicht durch Multiplikation mit z − 1 und Ausrechnen derdabei entstehenden linken Seite (Ubung). Mit z = e i ∆ϕ folgt

1 + e i ∆ϕ + (e i ∆ϕ)2 + . . .+ (e i ∆ϕ)n−1 =(e i ∆ϕ)n − 1e i ∆ϕ − 1

=e in∆ϕ − 1e i ∆ϕ − 1

=e i n

2∆ϕ ·

(e i n

2∆ϕ − e− i n

2∆ϕ)

e i ∆ϕ2 ·(e i ∆ϕ

2 − e− i ∆ϕ2

) = e i n−12

∆ϕ ·sin(n2 ∆ϕ)

sin(∆ϕ2 )

,

wobei im letzten Schritt e ix − e− ix = 2 i sinx eingeht, und das 2 i gekurzt wurde. Auf denmiesen Trick mit dem Ausklammern muss man naturlich erst mal kommen, ansonsten erkenntman die Sinus-Ausdrucke nicht. Insgesamt gilt also fur den Summenzeiger

zres = E e iωt · e i n−12

∆ϕ ·sin(n2 ∆ϕ)

sin(∆ϕ2 )

= E ew ·sin(n2 ∆ϕ)

sin(∆ϕ2 )

,

wobei zur Abkurzung w = i (ωt + n−12 ∆ϕ) gesetzt wurde. Uns interessiert allerdings nicht zres

selbst, sondern nur sein Betrag(squadrat), da wir die Intensitat in P bestimmen wollen. Es ist

E2res = |zres|2 = zres · zres = E ew

sin(n2 ∆ϕ)

sin(∆ϕ2 )· E e−w

sin(n2 ∆ϕ)

sin(∆ϕ2 )

= E2 sin2(n2 ∆ϕ)

sin2(∆ϕ2 )

,

denn ew · e−w = e0 = 1. Aus der Theorie der elektromagnetischen Wellen wissen wir, dass furdie Intensitat I (oder mittlere Bestrahlungsstarke) gilt

I =c ε0

2E2

res .

Wir setzen obiges Ergebnis gepaart mit ∆ϕ = 2πλ g sinφ ein; zudem fassen wir die irrelevanten

Konstanten c ε02 E2 zu I0 zusammen (uns interessiert nur der qualitative Verlauf der Intensitat),

und erhalten ��

��I(φ) = I0

sin2(nπ gλ sinφ)sin2(π gλ sinφ)

.

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Sieht komisch aus, is aber so. Rechts istder Intensitatsverlauf fur n = 200 Streu-zentren im Abstand von g = λ

2 dargestellt.Fur rotes Laserlicht z.B. waren dies ca.0,3 µm, und der gesamte Spalt ware ca.b = 63 µm breit.

Beachte: Obwohl jeder der n Oszilla-toren halbkreisformige Wellen aussendet(φ ∈ [−π;π]), fuhrt deren Interferenz da-zu, dass die resultierende Welle im wesent-lichen “geradeaus” weiterlauft! Fur Beu-gungswinkel |φ| uber 1◦ sinkt die Inten-sitat rapide ab.Diese Kurve entspricht allerdings noch nicht dem beobachteten Intensitatsverlauf beim Einzel-spalt. Tatsachlich muss man den Grenzubergang zu unendlich vielen Oszillatoren vollziehen, d.h.die Anzahl der interferierenden Strahlen beliebig erhohen, um das korrekte Ergebnis fur denSpalt zu erhalten !Lassen wir also n → ∞ gehen, und damit gleichzeitig g = b

n → 0 (tatsachlich ist (n − 1)g = b,aber fur große n ist (n− 1)g ≈ ng). Weil mit g = b

n auch π gλ sinφ beliebig klein wird, darf imNenner der Intensitatsformel die Naherung sin(x) ≈ x angewendet werden:

I(φ) = I0

sin2(nπ gλ sinφ)sin2(π gλ sinφ)

≈ I0

sin2(π bλ sinφ)(π bnλ sinφ

)2 = n2I0

sin2(π bλ sinφ)(π bλ sinφ

)2 .

Dabei geht n2I0 gegen Imax, die Intensitat des Spalt-Hauptmaximums1. Insgesamt gilt fur denIntensitatsverlauf beim Einzelspalt der Breite b:�

���I(φ) = Imax

sin2(x)x2

mit x = π bλ sinφ .

In der folgenden Grafik ist der Verlauf einiger Intensitatskurven fur verschiedene Spaltbreiten inAbhangigkeit von der Wellenlange λ des verwendeten Lichts dargestellt. (Die einfallende Intensitatwird dabei so variiert, dass alle Kurven dasselbe Imax aufweisen.)

Es gibt im Wesentlichen drei Falle. Ist die Spaltbreite b sehr viel großer als die Wellenlange λ(graue Kurve mit b = 50λ), so wird die Beugungskurve sehr schmal, und das Licht geht fastungebeugt geradeaus durch den Spalt (Grenzfall der Strahlenoptik).

1Auf den ersten Blick scheint n2I0 zu divergieren. Dabei darf man jedoch nicht ubersehen, dass I0 in folgendemSinne von 1

n2 abhangt: Es ist I0 ∼ E2, wobei E = E(n) die Amplitude eines der n gedachten Oszillatoren ist.

Erhoht man nun die Anzahl n, so muss man E(n) proportional zu 1n

absenken, denn die von uns gewahlte Anzahln darf naturlich keinen Einfluss auf die vom Spalt insgesamt ausgestrahlte Energie haben!

Zudem ist tatsachlich I(0) = Imax, denn es gilt limx→0

sin2(x)

x2 = 1

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Liegt jedoch b im Bereich von wenigen λ, so werden die Beugungseffekte immer deutlicher. Furb = 4λ sieht man den Verlauf, der zu einem gut erkennbaren Interferenzmuster mit hellen unddunklen Streifen (Intensitatsmaxima und -minima) gehort.Wird schließlich b ≤ λ, so besitzt I(φ) keine Minima mehr, d.h. man sieht auch kein Interferenz-muster mehr. Fur einen unendlich schmalen Spalt, d.h. b → 0, wird die Intensitat gleichmaßiguber den gesamten Winkelbereich von −90◦ bis +90◦ “verschmiert”, d.h. der Spalt kann alsQuelle einer Elementarwelle betrachtet werden (halbkreisformige Wellenfronten).

Das folgende Ergebnis ist von besondererWichtigkeit, wenn es um die Bestimmungder Spaltbreite von Mehrfachspalten oderGitter geht (vergleiche Abiaufgaben). DieIntensitatsminima des Einzelspaltes liegendort, wo der Zahler von I(φ) Null wird,d.h. wo das Argument x = π bλ sinφ desSinus ein ganzzahliges Vielfaches von π ist:

π bλ sinφk = kπ ,

bzw. b sinφk = kλ ,

mit n ∈ Z\{0}. Dabei entfallt n = 0 weil hier auch der Nenner x2 von I(φ) Null wird, und wieoben bereits erwahnt sin2(x)

x2 fur x→ 0 gegen Eins strebt.Insbesondere tritt das erste Minimum des Einzelspaltes fur den Beugungswinkel φ1 auf, der

b sinφ1 = λ

erfullt. Dieses Ergebnis lasst sich auch anschaulich begrunden (mit Vorsicht zu genießen!).

Man teilt das unter dem Winkel φ1 gebeugte Lichtbundelin zwei gleich große Teilbundel auf. Dann paart man im-mer jeweils einen “blauen” und einen “roten” Strahl imAbstand von b

2 . Deren Gangunterschied betragt

δ = b2 sinφ1 ,

d.h. fur b sinφ1 = λ wird δ = λ2 , und alle Strahlen der

beiden Teilbundel loschen sich durch destruktive Interfe-renz gegenseitig aus.Die genaue Lage der Nebenmaxima lasst sich auf dieseWeise jedoch nicht ermitteln. Aber auch mit Hilfe derI(φ)-Formel findet man keinen einfachen Ausdruck furdie Winkel der Nebenmaxima.

3. Der Doppelspalt

Nach diesem Stuck harter Arbeit, fallen uns alle weiteren Ergebnisse wie von selbst in denSchoß. Betrachten wir zunachst einen idealen Doppelspalt, d.h. zwei unendlich dunne Spalte(b → 0), die im Abstand g voneinander angebracht sind. Wir konnen diese Spalte als zweiOszillatoren betrachten, die Elementarwellen aussenden. Um den Intensitatsverlauf auf einem(weit entfernten) Schirm hinter dem Doppelspalt zu erhalten, brauchen wir also bloß in der obenfur n Oszillatoren hergeleiteten Formel n = 2 setzen, und uns an die trigonometrische Identitatsin(2x) = 2 sinx cosx zu erinnern:

I(φ) = I0

sin2(2∆ϕ2 )

sin2(∆ϕ2 )

= I0

4 sin2(∆ϕ2 ) cos2(∆ϕ

2 )

sin2(∆ϕ2 )

= 4I0 cos2(∆ϕ2 ) = 4I0 cos2(π gλ sinφ) ,

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also genau das Ergebnis, das wir bereits von fruher kennen. Die Grafik zeigt den Verlauf derI(φ)-Kurve fur einen Doppelspalt mit einem Spaltabstand von g = 4λ.

Die Lage der Maxima und Minima wurdebereits fruher mit Hilfe der Zeigerdarstel-lung bestimmt. Mit obiger Formel findetman sie ebenso schnell: Damit der cos2 ma-ximal (also Eins) wird, muss sein Argumentkπ mit k ∈ Z betragen, was auf

π gλ sinαk = kπ

fuhrt, d.h. die Maxima beim Doppelspalttreten auf fur

g sinαk = kλ.

Analog findet man das k-te Minimum fur einen Winkel βk mit g sinβk = (2k − 1)λ2 .(Wir benennen die Maximal- und Minimalwinkel des Doppelspaltes wie gewohnt mit αk und βk,auch um sie von den Minimalwinkeln φk des Einzelspaltes abzuheben.)

Nun entspricht der Kurvenverlauf aber nicht der Realitat, denn die beobachtbare Helligkeit derInterferenzmaxima ist keinesfalls immer dieselbe, sondern nimmt nach außen hin rapide ab. Dasliegt daran, dass wir von einem idealen Doppelspalt ausgegangen sind; beim realen Doppelspaltmuss der Einfluss der beiden Einzelspalte der Breite b berucksichtigt werden. Diese strahlennamlich nicht mit konstanter Intensitat in alle Winkelrichtungen, sondern eben gemaß der In-tensitatskurve Ieinzel(φ), die wir weiter oben hergeleitet haben. Um den Intensitatsverlauf desrealen Doppelspaltes (mit endlicher Spaltbreite) zu erhalten, muss Iideal(φ) mit Ieinzel(φ) modu-liert werden, d.h. wir multiplizieren:

Ireal(φ) = Iideal(φ) · Ieinzel(φ) = Imax cos2(π gλ sinφ)sin2(π bλ sinφ)(π bλ sinφ

)2 .

(Dabei wurden alle Vorfaktoren zu Imax, der Intensitat des zentralen Interferenzmaximums,zusammengefasst.) Nochmal in Worten: Der erste Faktor beschreibt die Interferenz der beidenSpalte, wahrend der zweite Faktor die Beugungseffekte am Einzelspalt beinhaltet. Und so siehtdann theoretisch der Intensitatsverlauf beim realen Doppelspalt aus (fur g = 4λ und b = λ):

Die blau gestrichelte Einhullende ist die Beugungskurve Ieinzel(φ) des Einzelspaltes. Die graueKurve gehort zum idealen Doppelspalt mit unendlich dunnen Spalten. Und die rote Kurve stimmtverbluffend genau mit dem experimentell bestimmten Intensitatsverlauf des realen Doppelspaltesuberein (Abtasten des Interferenzbildes mit einer Fotodiode)!

Wichtig: Bei einem Minimum des Einzelspaltes herrscht im Interferenzbild immer Dunkelheit,egal ob der Doppelspalt dort ein Maximum hatte oder nicht! Ist namlich Ieinzel(φ) = 0, soverschwindet auch das Produkt Ireal(φ) = Iideal(φ) · Ieinzel(φ).

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Ubung: Die rote Kurve wurde fur einen Doppelspalt mit g = 20 µm aufgenommen. Wie großist die Breite b seiner beiden Spalte?

Losung: Offenbar fehlt das Interferenz-maximum 2. Ordnung, d.h. der zugehorigeWinkel α2 fallt mit dem Winkel φ1 des er-sten Einzelspaltminimums zusammen. Aus

g sinα2 = 2λ

(Doppelspaltmaximum 2. Ordnung) und

b sinφ1 = λ

(erstes Einzelspaltminimum)folgt nach Division beider Bedingungen wegen α2 = φ1

b sinφ1

g sinα2=

λ

2λ, d.h. b =

g

2= 10 µm .

4. Der Dreifachspalt

Der Intensitatsverlauf eines realen Dreifachspaltes ist gegeben durch

I(φ) = Imaxsin2(3π gλ sinφ)sin2(π gλ sinφ)

·sin2(π bλ sinφ)(π bλ sinφ

)2 .

Der erste Faktor beschreibt die Interferenz der drei Spalte untereinander, wahrend der zweiteFaktor wieder den Beugungseffekten am Einzelspalt Rechnung tragt. Und so sieht die Kurve aus(wieder fur g = 4λ und b = λ).

Zwischen je zwei Hauptmaximis liegt jeweils ein weniger stark ausgepragtes Nebenmaximum.Von der Lagebestimmung Letzterer lassen wir schon die Finger weg; sie z.B. durch eine Kur-vendiskussion des Bruches mit den Sinus-Quadraten finden zu wollen, ist nur was fur Mathe-Masochisten. Man sollte sich jedoch merken, dass die Hauptmaxima bei denselben Winkeln wiebeim Doppelspalt auftreten (fur gleichen Spaltabstand g versteht sich), was wir bereits mit Hilfeder Zeigerdarstellung im Unterricht begrundet haben (siehe auch Seite 8 unten).

5. Beugung am Gitter

Im Folgenden ist der Intensitatsverlauf bei einem Gitter mit n = 8 Spalten dargestellt. Zwischenden immer schmaler werdenden Hauptmaximis befinden sich allgemein n − 2 Nebenmaxima(hier also 6), deren Auspragung mit steigendem n aber immer schwacher wird, so dass mansie vernachlassigen kann. Bei den von uns verwendeten optischen Gittern ist n mindestens imdreistelligen Bereich, so dass man sagen kann, dass beim Gitter nur die Hauptmaxima ubrigbleiben und dazwischen Dunkelheit herrscht.

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Zur Abwechslung wurde hier eine Spaltbreite von b = g2 gewahlt, so dass das Hauptmaximum

zweiter Ordnung vom Einzelspaltminimum verschluckt wird (vgl. mit der Ubung oben).Es ist wieder g = 4λ, also b = 2λ, und die Gleichung der geplotteten Kurve lautet explizit

I(φ) = Imaxsin2(32π sinφ)sin2(4π sinφ)

·sin2(2π sinφ)(2π sinφ)2

.

Abschließend soll noch ein direkter Vergleich von Doppelspalt (grau), Dreifachspalt (blau) undGitter2 (rot) erfolgen. Der Einzelspalt-Einfluss wird hierbei ignoriert.

Die Hauptmaxima treten jeweils fur dieselben Winkel auf. Dies ist klar, da benachbarte Spalte(unabhangig von n) immer die gleiche Bedingung fur konstruktive Interferenz, namlich

g sinαk = kλ ,

erfullen mussen. Je großer n, desto heller sind die Hauptmaxima. Auch das leuchtet ein, dennwenn n Teilbundel konstruktiv interferieren, wird es eben heller als bei nur zwei oder dreien3.Die Schmalheit der Hauptmaxima und die zunehmende Dunkelheit dazwischen lasst sich an-schaulich so verstehen, dass es mit steigendem n “immer mehr Moglichkeiten” fur destruktiveInterferenz gibt, sobald der Beugungswinkel von einem der φk abweicht.

In einem Satz: Beim Gitter wird das Beugungsmuster scharfer und heller.

2Hier nur fur n = 6 gezeichnet; fur große n werden die Nebenmaxima noch deutlich kleiner.3Dieser Vergleich setzt allerdings voraus, dass die Einzelspaltbreiten jeweils gleich sind. Werden die Spalte mit

steigendem n dunner, so liefert jeder Spalt fur sich naturlich weniger Intensitat.

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