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Bewertung von Architektur durch Touristen
Auswertung einiger Sonderfragen der Reiseanalyse 2008 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen
F.U.R.
im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Prof.Dr.Felizitas Romeiß-Stracke
Plattform für Tourismusarchitektur
München
www.tourismusarchitektur.de
Plattform für Tourismusarchitektur München
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Warum ist Architektur im Tourismus ein Thema?
1. Touristen fahren dorthin, wo es „schön“ ist: Landschaft und Architektur/Kultur.
2. Tourismusarchitektur bewegt sich heute zwischen Kitsch und „Depressionsarchitektur“. Eine angemessene Ästhetik ist dringend erforderlich.
3. Regionale Authentizität wird (wieder) zur touristischen Attraktion. Architektur/Baukultur entwickelt Authentizität weiter.
4. Touristen segmentieren sich in Lebensstil-Gruppen. Design und Architektur sind Lebensstil-Merkmale.
5. Ästhetische Ansprüche steigen mit Bildungsniveau und Reiseerfahrung. Neue (Tourismus-) Architekturen setzen weltweit Maßstäbe.
6. Gebäude und Ensembles sind zentraler Bestandteil von Kultur. Gute zeitgenössische Architektur stützt das Wachstums-Segment Kultur-Tourismus.
7. Neo-Ökologie erfasst auch den Tourismus. Tourismusarchitektur muss nachhaltig sein.
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Die ausgewerteten RA-Fragen:
14 a. Präferenzen für bestimmte Aspekte eines Urlaubszieles: - Schönes Ortsbild/Architektur
16 Auf welche Weise gestalten sie am liebsten Ihren Urlaub?
1. Ort mit ursprünglichem unverfälschten Charakter
2. International bekanntes und beliebtes Urlaubsgebiet
24 Gesichtspunkte bei der Auswahl eines Urlaubs-Hotels
24 Sonderfrage zur Architektur-Wahrnehmung
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Frage 14a Präferenzen für bestimmte Aspekte eines Urlaubszieles
Schönes Ortsbild/Architektur gesamt: 25 % sehr wichtig
Mindestens 5 % wichtiger als 25 %
• 40-59 Jahre und oberste Einkommensgruppe
• 60 + alle Einkommensgruppen, aber besonders oberste Einkommensgruppe
• Bildung: je besser gebildet (und je älter), um so wichtiger
• Deutschlandurlauber wichtiger als für Auslandsurlauber !
Folgerung: wenn deutsche Destinationen die Einkommensstärkeren und besser Gebildeten holen/halten wollen, müssen sie hier investieren!
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Frage 16 Auf welche Weise gestalten Sie am liebsten Ihren Urlaub?
• Ursprünglichen, unverfälschten Charakter des Ortes und seiner Menschen erleben
– trifft zu Stufe 1 und 2: 48,5 %• deutliche Tendenz: 40-59, Abitur, EK 2.500 +, sowie 60 +, Abitur, EK 2500 +
– trifft nicht zu Stufe 4 und 5: 20,1 %• deutliche Tendenz: 14-29, Hauptschule+Realschule
• In international bekannten und beliebten Urlaubsgebieten, mittendrin im quirligen Leben
– trifft zu Stufe 1 und 2: 19,2 %• deutliche Tendenz: 14-29, Realschüler, EK 2.500 +
– trifft nicht zu Stufe 4 und 5: 55 %• deutliche Tendenz 60+, Hauptschule, EK unter 1.500
Folgerung: der unverfälschte Charakter eines Ortes ist der Mehrzahl der Urlauber wichtig,Je älter, je besser gebildet und je höher das Einkommen.
Also: in Ortscharakter investieren, Leistungsträger zusammenführen, Sanierungsprogramme auflegen!
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Frage 24Gesichtspunkte bei der Auswahl eines Urlaubshotels
1. Die Lage 73,1 % • deutlicheTendenz: höhere Bildung und Alter (40 +)
2. Der Baustil/die Architektur 22,4 % • deutliche Tendenz: höhere Bildung, höheres EK
3. Die Inneneinrichtung/ das Ambiente: 46,3 %• deutliche Tendenz: höhere Bildung und Alter (40+), höheres EK
4. Die Ausstattung mit Swimming-Pool., Sauna, Sport- und ähnlichen Einrichtungen: 49,4 %• leichte Tendenz: jüngere (14-39), mittlere Bildung, höheres EK
5. Die Außenanlagen (Garten/Park): 37,1 %• leichte Tendenz: ältere (40+), untere bis mittlere Bildung, höheres EK
6. Der Preis 82,8 %• Tendenz: untere bis mittlere Bildung, unteres EK
Folgerung: mit der besseren Bildung der Bevölkerung wird die Bedeutung von Architektur und Ambiente
wachsen und unbefriedigende Verhältnisse werden weniger hingenommen. Darüber sollte die Dominanz des Preises nicht hinwegtäuschen!
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Sonderfrage zur Wahrnehmung von Architektur
Vorlauf *
• Diskussion von Architektur-Typologien
• Beschränkung auf zeitgenössische Bauten
• (zunächst) Beschränkung auf Hotels
• Festlegung der ästhetischen Stimuli und Hypothesen
• Testen der besten Darstellungsweise (Foto, Handskizze, CAD)
Architektur-Wahrnehmung ist in einer geschlossenen Befragung nur oberflächlich zu erforschen!
* am Lehrstuhl für Planen und Bauen im ländlichen Raum, Architekturfakultät der Technischen Universität München, Prof. Matthias Reichenbach-Klinke (†), Assistent Dipl.Ing. Martin Frank, HiWis Max Zitzelsberger und Claudia Schott
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Die Sonderfrage 25: „zieht mich an“ - „stößt mich ab“
Vorlage
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Darstellung: Max Zitzelsberger/Claudia Schott
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„Arkadenbau“
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Hypothese: die formenreiche, geschwungene Architekturentspricht dem bevorzugten Bild von „Ferien-Architektur“ mit vielen baulichen Zitaten; sie symbolisiert soziale und ästhetische Vertrautheit, Mittelklasse-Standard
Ergebnisse:
Zieht mich an 81,8 %
Stößt mich ab 13,5 %
Deutliche* Tendenz Anziehung für Jüngere/Abitur und höhere EK, deutliche Abstoßung für Hauptschüler, 60+, unteres EK
Bei unteren drei Schichten und Senioren-Paaren deutlich „stößt mich ab“
Urlaubsmotive: keine ausgeprägten Korrelationen, weder positiv noch negativ
Präferenz für international bekannten Ort, Mittelklasse bis Komfort bzw. Luxus
Urlaubsziel: Südeuropa-/Mittelmeer-Urlauber leichte** Tendenz Anziehung
Deutschland kaum Varianz
* = < 10 % über dem Durchschnitt
** = 5-10% über Durchschnitt
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„Dorf“
Hypothese: die Dorfstruktur entspricht nostalgischen Träumen von Geborgenheit, Familiarität, persönlicher Freiheit und intakter Umwelt auf dem Lande, symbolisiert aber auch preiswerten Urlaub und „nichts los“
Ergebnisse:
Zieht mich an 69,7 %Stößt mich ab 24,3 %
Deutliche Anziehung für 40-59 höhere Bildung/EKDeutliche Ablehnung bei 14-29 Hauptschule, mittl. bis höheres EKLeichte Tendenz Ablehnung in Mittelschicht (Stufe 4) und obere Unterschicht (Stufe 6)Starke Tendenz Ablehnung bei jungen Unverheirateten
Urlaubsmotive: leichte Korrelation zu schöne Landschaft, unberührte Natur, intakte Umwelt und nicht überlaufener UrlaubsortPräferenz: ursprünglicher Ort, preiswert bis MittelklasseUrlaubsziel: leichte Tendenz Anziehung bei Mitteleuropa-Urlaubern (Deutschland, Österreich, Südtirol, Italien)
In Deutschland besonders: Nord- und Ostseeküste, Schwarzwald, Bodensee, Bayern (Voralpen, Franken)
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„Hochhaus“
Hypothese: das Hochhaus mit seiner glatten, kühlen Fassade ohne Schnörkel symbolisiert Funktion vor Form („Quartier,
Unterkunft“), Internationalität, Standardisierung, teuren und billigen Urlaub
Ergebnisse:
Zieht mich an 20,6 %Stößt mich ab 76,6 %
Deutliche Tendenz „zieht mich an“: 14-29, Hauptschule und Realschule, deutliche Ablehnung 60 + Hauptschule/Realschule, untere bis mittlere EKLeichte Tendenz anziehend: unterste soziale Schicht und junge Unverheiratete
Urlaubsmotive: deutliche Korrelation zu frei sein, viel Abwechslung, viel unternehmen, neue Leute kennen lernen, sich unterhalten lassen, faulenzen, Spaß, sich verwöhnen lassen, herumkommen, Flirt, braun werden, Sonne
Präferenz: Mittelklasse, Komfort, Luxus in internationalem Ort
Urlaubsziel: für Mittelmeer-Urlauber (Spanien, Italien, Frankreich, Türkei, Tunesien) deutlich höhere Anziehung
Deutschland kaum Varianz
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Die Sonderfrage:
„Modern am Hang“
Hypothese: die Architektur signalisiert Offenheit gegenüber Neuem, Modernität, Design und Individualität in der gehobenen Kategorie
Ergebnisse:
Zieht mich an 46,0 %Stößt mich ab 46,3 %
Deutliche Tendenz „anziehend“: 14-29 Jahre (fast unabhängig von EK und Bildung), deutliche Ablehnung 60+ Haupt-/Realschule alle EKKein ausgeprägter Schicht-Bezug, für untere 3 Schichten leichte Tendenz „stößt mich ab“Junge Unverheiratete deutliche Anziehung, Senioren deutliche Ablehnung
Urlaubsmotive: deutliche Korrelation mit Spaß, Sonne, gute Bademöglichkeiten; leichte Korrelation mit neue Leute kennen lernen, viel erleben, neue Eindrücke gewinnen, unterwegs sein, mit netten Leuten etwas unternehmen, etwas für die Schönheit tun, Sonne
Präferenz: Luxus in international bekanntem Ort
Urlaubsziel: Spanien- und Italien-Urlauber leichte Tendenz „zieht mich an“Deutschland-Urlauber allgemein:
• in den letzten 3 Jahren gemacht leichte Tendenz „stößt mich ab“,• kommt generell in Frage leichte Tendenz „zieht mich an“
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Folgerungen:• Architektur wird von Touristen sehr wohl wahrgenommen.• Intakte bauliche Ortsstrukturen sind nicht allen, aber einem nicht zu kleinen Teil der
Urlauber wichtig. Destinationen, die hier Defizite haben, müssen investieren.• Zitatenreiche, eher romantische Architektur wird im Einzelgebäude generell
vorgezogen. Diese starke Akzeptanz sollte Architekten zu denken geben. Wichtig wäre aber die moderne Weiterentwicklung von vertrauten Architekturformen.
• Dörfliche Architektur-Strukturen erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit, der Erfolg von „nachgebauten“ Dörfern bestätigt dies. Wahrscheinlich wird diese Akzeptanz noch zunehmen.
• Das Hochhaus wird deutlich abgelehnt, allerdings wird es von jüngeren, aktiven, auf den Preis achtenden und eher international ausgerichteten Urlaubergruppen akzeptiert, wahrscheinlich weil sie es einfach „gewöhnt“ sind.
• Moderne Architektur polarisiert erwartungsgemäß stärker als vertraute Architektur-Sprache. Ihre hohe Akzeptanz bei Jüngeren und die positiven Assoziationen machen sie aber interessant für Destinationen, die sich hier profilieren wollen.
Eine regionale Präzisierung und Weiterentwicklung ist dringend erforderlich für die Schaffung zeitgemäßer Identität