Bewertung Von Berechnungsmodellen Für Den Verdunstungsmassenstrom
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Transcript of Bewertung Von Berechnungsmodellen Für Den Verdunstungsmassenstrom
Bewertung verschiedener
Berechnungsmodelle für den
Verdunstungsmassenstrom
ThesisSecurity & Safety Engineering
Bachelor
Erstellt von:Julian Klein - 238001
Scheffelweg 871560 Sulzbach
Erstbetreuer: Prof. Dr. Stephan LambotteZweitbetreuer: B. Sc. Nadine Theurich
Abgabedatum: 19.02.2014Datum des Thesis Vortrags: 24.01.2014
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie Zitate kenntlich gemacht habe.
Ich bin damit einverstanden, dass die Arbeit durch Dritte eingesehen und unter
Wahrung urheberrechtliche Grundsätze zitiert werden darf.
____________________________________
Ort, Datum Unterschrift
ii
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis.................................................................................................. ivTabellenverzeichnis.......................................................................................................viSymbolverzeichnis....................................................................................................... vii1. Einleitung...................................................................................................................12. Grundlagen................................................................................................................2
2.1 Der Verdunstungsmassenstrom.......................................................................... 22.1.1 Der Dampfdruck...........................................................................................22.1.2 Weitere Einflussfaktoren..............................................................................3
2.2 Empirische Verdunstungsmodelle....................................................................... 32.2.1 Das Modell von Sutton und Pasquill............................................................42.2.2 Das Modell von Clancey ............................................................................. 42.2.3 Das Modell von Mackay und Matsugu.........................................................42.2.4 Das Modell von Deutsch..............................................................................52.2.5 Modell des TÜV Rheinland.......................................................................... 62.2.6 Das Modell von Meurer................................................................................62.2.7 Das Modell von Brötz...................................................................................6
2.3 Bekannte Grenzen der Modelle...........................................................................72.3.1 Begrenzung durch den Dampfdruck............................................................72.3.2 Begrenzung durch die Windgeschwindigkeit...............................................82.3.3 Einfluss der molaren Masse........................................................................ 92.3.4 Begrenzung durch die Bodenrauigkeit........................................................9
2.4 Grundlagen für die Untersuchung weiterer Grenzen.........................................102.4.1 Mögliche Begrenzung durch kleine Flüssigkeitsoberflächen....................102.4.2 Mögliche Begrenzung durch niedrige Dampfdrücke..................................11
2.5 Der Massenstrom von Flüssigkeitsgemischen.................................................113. Methode...................................................................................................................15
3.1 Stoffauswahl und Versuche............................................................................... 153.2 Versuchsaufbau................................................................................................. 17
3.1.1 Luftströmung.............................................................................................. 183.1.2 Flüssigkeitstemperatur...............................................................................183.1.3 Versuchsdauer und Messintervalle............................................................193.1.4 Die Umgebungsbedingungen.................................................................... 19
3.3 Vorgehensweise.................................................................................................193.3.1 Vorgehensweise bei der Auswertung........................................................193.3.2 Vorgehensweise bei der Diskussion..........................................................20
4. Ergebnisse und Auswertung....................................................................................224.1 Reine Flüssigkeiten........................................................................................... 224.2 Flüssigkeitsgemische.........................................................................................25
4.2.1 Gemische aus Ethanol und Butanol.......................................................... 254.2.2 Gemische aus Ethanol und Heptan...........................................................27
5. Diskussion............................................................................................................... 305.1 Kleine Flüssigkeitsoberfläche............................................................................ 305.2 Niedriger Dampfdruck .......................................................................................365.3 Flüssigkeitsgemische.........................................................................................375.4 Limitation............................................................................................................42
6. Fazit......................................................................................................................... 44Literaturverzeichnis..................................................................................................... 46
iii
Abbildungsverzeichnis
Anmerkung: Alle Abbildungen für die keine Quelle angegeben ist, wurden vom Verfasser
erstellt.
Abb. 2.1: Errechneter Massenstrom der vorgestellten Modelle in Abhängigkeit vom Dampf-
druck gegenüber experimentellen Messwerten (Habib, 2012; S. 63)..............................S. 7
Abb. 2.2: Experimentelle und errechnete Massenströme bei geringen Windgeschwindigkeiten
(Habib, 2012; S. 61)........................................................................................................ S. 8
Abb. 2.3: Massenstrom in Abhängigkeit vom Lachendurchmesser (Habib, 2012; S. 64)................S. 10
Abb. 2.4: Partialdrücke und Gesamtdruck abhängig vom Stoffmengenanteil der Flüssigkeiten
bei konstanter Temperatur (Mersman et al., 2005; S.36).................................................S. 13
Abb. 3.1: Skizzenhafte Darstellung des Versuchsaufbaus. ............................................................ S. 17
Abb. 4.1: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol, Butanol und Heptan.............................S. 22
Abb. 4.2: Temperaturverlauf der Verdunstungsversuche von Ethanol, Butanol und Heptan...........S. 23
Abb. 4.3: Temperaturabschnitte für Ethanol. Die schwarzen Trennstriche begrenzen den je-
weiligen Temperaturabschnitt.......................................................................................... S. 24
Abb. 4.4: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol und Butanol im Gemisch.......................S. 25
Abb. 4.5: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol und Heptan im Gemisch.......................S. 27
Abb. 4.6: Temperaturverlauf während der Versuche mit den E/H Gemischen................................S. 28
Abb. 4.7: Temperaturabhängige Massenströme der E/H Gemische...............................................S. 28
Abb. 5.1: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Ethanol.............S. 31
Abb. 5.2: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Heptan.............S. 31
Abb. 5.3: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Butanol.............S. 32
Abb. 5.4: Vergleich der in 590 Sekunden verdunsteten Masse mit den Ergebnissen der
Berechnungen................................................................................................................. S. 33
Abb. 5.5: Vergleich der gemessenen mit den anhand der Modelle berechneten Massenstrom-
dichten bei verschiedenen Lachendurchmessern (Habib, 2012; S.64). Modifiziert
durch den Verfasser........................................................................................................ S. 34
Abb. 5.6: Abweichung der aus den Modellen von Mackay-Matsugu und Deutsch errechneten
Werte von den Messwerten in %. Bezogen auf die Massenabnahme über 590
Sekunden........................................................................................................................ S. 36
Abb. 5.7: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenstrom (auf Basis der Kompo-
nenten) der Gemische aus Ethanol und Butanol bei 28°C.............................................. S. 37
iv
Abb. 5.7: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenströme der E/B Gemische bei
28°C ............................................................................................................................... S. 38
Abb. 5.8: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenströme der E/H Gemische bei
25°C................................................................................................................................ S. 40
Abb. 5.9: Abweichung der berechneten Massenströme von Ethanol vom gemessenen Massen-
strom in % bei einem Lachendurchmesser von einem Meter.......................................... S. 41
v
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Profilexponenten nach Deutsch (Schalau, 2004)........................................................ S. 5
Tabelle 3.1: Molare Masse und Dampfdrücke der verwendeten Stoffe („Ethanol“, 2012; „Butanol“,
2012 & „Heptan“, 2013)............................................................................................... S. 15
Tabelle 3.2: Überblick über alle durchgeführten Versuche..............................................................S. 16
Tabelle 4.1: Massenströme von Ethanol, Heptan und Butanol....................................................... S. 24
Tabelle 4.2: Temperaturabschnitte der Versuche mit E/B Gemischen............................................ S. 26
Tabelle 4.3: Massenströme der Gemische nach Temperaturabschnitten.......................................S. 26
Tabelle 5.1: Vergleich der Abweichungen der Ergebnisse des Modells von Sutton und Pasquill
von den Messergebnissen über 590 s mit der molaren Masse...................................S. 35
Tabelle 5.2: Stoffmengenanteil und Volumenanteil Ethanol/Butanol............................................... S. 37
Tabelle 5.3: Stoffmengen- und Volumenverhältnis Ethanol/Heptan................................................ S. 39
vi
Symbolverzeichnis
Symbol Einheit Beschreibung
m2 Lachenfläche
m Durchmesser
m2 / s Diffusionskoeffizient
h1 m Höhe bekannte Windgeschwindigkeit
h2 m Höhe unbekannte Windgeschwindigkeit
m Durchmesser der Lache
g / mol Molare Masse
ṁ kg / s Verdunstungsmassenstrom
ṁG kg / s Verdunstungsmassenstrom Gemisch
ṁa kg / s Verdunstungsmassenstrom Komponente a
ṁb kg / s Verdunstungsmassenstrom Komponente b
na mol Stoffmenge Komponente a
nb mol Stoffmenge Komponente b
bar Dampfdruck
bar Umgebungsdruck
pG bar Dampfdruck Gemisch
pa bar Dampfdruck Komponente a
pb bar Dampfdruck Komponente b
J / mol * K Universelle Gaskonstante
- Reynolds-Zahl
- Schmidt-Zahl
K Temperatur der Flüssigkeit
m / s Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe
v1 m / s Bekannte Wingeschwindigkeit bei h1
v2 m / s Unbekannte Windgeschwindigkeit bei h2
m Länge in Strömungsrichtung
m Länge quer zur Strömungsrichtung
vii
z0 m Rauigkeitslänge
m2 / s Kinematische Viskosität
β m / h Stoffübergangskoeffizient
α - Profilexponent
viii
1. Einleitung
Stellt man Ethanol bei Raumtemperatur in einen offenen Behälter, so wird es nach einer
gewissen Zeit nicht mehr in diesem Behälter sein. Die Flüssigkeit verdunstet, es bildet sich
ein Gas. Diese Eigenschaft bringen alle Flüssigkeiten mit sich. Durch die Bildung von
Gasen können über Flüssigkeiten explosionsfähige oder giftige Atmosphären entstehen.
Das hängt davon ab, wie schnell sich die Gase bilden und wie sich diese in der Umgebung
verteilen. Die Geschwindigkeit der Verdunstung lässt sich durch die Masse, welche aus
der Flüssigkeit in einer gewissen Zeit verdunstet, beschreiben. Lässt sich bestimmen, wie
die Gase sich dann in der Umgebung verteilen, kann man die Konzentration der Gase in
der Umgebungsluft der Flüssigkeit bestimmen (Brandes, et al., 2000).
Diese Arbeit beschäftigt sich mit Modellen zur Berechnung der Geschwindigkeit der Ver-
dunstung. Es gibt unterschiedliche empirische Berechnungsmodelle, die in der Vergangen-
heit auch schon auf ihre Genauigkeit hin überprüft wurden. Von den aktuelleren Arbeiten
seien hier die Arbeiten von Deutsch (1995) und Habib (2012) erwähnt. Berechnungsmo-
delle für den Verdunstungsmassenstrom werden vor allem verwendet, um Störfälle zu
simulieren. Dabei liegt der Fokus auf der Entstehung von explosionsfähigen Atmosphären.
Jedoch können vor der Entstehung von explosionsfähigen Atmosphären bereits giftige
oder gesundheitsschädliche Gaskonzentrationen in der Luft vorliegen. Für die Entstehung
von giftigen oder gesundheitsschädlichen Atmosphären können schon kleine Flüssigkeit-
soberflächen oder Flüssigkeiten, die langsam verdunsten, ausreichen (Hommel, 2004).
Ein Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, ob eine konservative Abschätzung des Ver-
dunstungsmassenstroms mit den untersuchten Berechnungsmodellen auch bei kleinen
Flüssigkeitsoberflächen bzw. bei Flüssigkeiten mit niedrigem Dampfdruck möglich ist. Eine
konservative Abschätzung liegt dann vor, wenn die berechneten Werte größer sind als die
tatsächlichen. Liegen Flüssigkeitsgemische vor, deren Eigenschaften nicht bekannt sind,
ist eine Berechnung des Verdunstungsmassenstroms nicht ohne weiteres möglich. Des-
halb soll weiterhin herausgefunden werden, ob es möglich ist, den Verdunstungsmassen-
strom eines homogenen, binären Flüssigkeitsgemisches anhand des Verdunstungsmas-
senströme der Komponenten konservativ abzuschätzen. Im Folgenden werden zuerst die
Grundlagen erklärt und danach der Versuchsaufbau. Anschließend werden die Ergebnisse
vorgestellt, ausgewertet und diskutiert.
1
2. Grundlagen
Neben dem Verdunstungsmassenstrom und den zugehörigen empirischen Berechnungs-
modellen werden in diesem Kapitel auch die allgemeinen Einflussgrößen und bekannten
Grenzen dieser Modelle vorgestellt. Die Grundlagen der in dieser Arbeit durchgeführten
Untersuchungen werden erläutert.
2.1 Der Verdunstungsmassenstrom
Der Verdunstungsmassenstrom ist die Masse, die durch Verdunstung aus einer Flüssigkeit
pro Zeiteinheit in den gasförmigen Zustand übergeht. Der Verdunstungsmassenstrom wird
in dieser Arbeit in Kilogramm pro Sekunde angegeben, da die Ergebnisse aller verwende-
ten empirischen Modelle dieser Dimension entsprechen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit
wird für den Verdunstungsmassenstrom der Ausdruck „Massenstrom“ verwendet. Zentral
für das Verständnis der Verdunstung einer Flüssigkeit ist der Dampfdruck.
2.1.1 Der Dampfdruck
Gehen Flüssigkeiten in den gasförmigen Zustand über, spricht man unterhalb des Siede-
punktes von Verdunstung und oberhalb des Siedepunktes von Verdampfung (Habib,
2012). Flüssige Stoffe können in den gasförmigen Zustand übergehen. Umgekehrt können
auch Stoffe aus dem gasförmigen Zustand wieder in den flüssigen Zustand übergehen.
Diese beiden Phasenübergänge erreichen ein Gleichgewicht. In diesem Gleichgewichtszu-
stand nennt man den Druck, der nur auf Grund des Phasenübergangs über der Flüssigkeit
entsteht, den Dampfdruck der Flüssigkeit (Harten, 2006). Befindet sich die Flüssigkeit im
Vakuum, wird der Druck über der Flüssigkeit genau dem Dampfdruck entsprechen. Befin-
det sich die Flüssigkeit in einer atmosphärischen Umgebung mit einem bestimmten Luft-
druck, so entsteht in einem abgegrenzten System bei ausreichender Flüssigkeitsmenge
ein Druck, welcher der Summe von Luftdruck und Dampfdruck entspricht (Harten, 2006).
Durch Erwärmung der Flüssigkeit können Moleküle leichter in die Gasphase übertreten.
Der Dampfdruck ist damit eine temperaturabhängige Größe. Er steigt mit zunehmender
Temperatur. Ist die Temperatur der Flüssigkeit so hoch, dass der Dampfdruck genau so
groß ist wie der Umgebungsdruck, fängt die Flüssigkeit an zu sieden. Der Dampfdruck
steigt mit zunehmender Temperatur nahezu exponentiell an (Harten, 2006).
2
2.1.2 Weitere Einflussfaktoren
Baehr und Stephan (2003) nennen den Druck-, Temperatur- und Konzentrationsunter-
schied als die treibenden Kräfte für den Stoffübergang, also auch für den Übergang von
der Flüssigphase in die Gasphase. Dadurch lässt sich der Einfluss zweier weiterer Fakto-
ren erklären. Bewegt sich Luft über eine Flüssigkeitsoberfläche werden Druck-, Tempera-
tur- und Konzentrationsunterschied zwischen Luft und Flüssigkeitsoberfläche mit der über-
strömten Länge immer geringer. Somit wird auch der Stoffübergang mit der überströmten
Länge geringer (Habib, 2012). Die Zeit, welche die Luft braucht um über die Flüssigkeit zu
strömen, wird bestimmt durch die Geschwindigkeit der Luft und die Länge der Flüssigkeit-
soberfläche in Strömungsrichtung. Eine Steigerung der Strömungsgeschwindigkeit, bzw.
eine Verkürzung der überströmten Flüssigkeitsoberfläche, erhöhen demnach den Stoff-
übergang „bis zum Erreichen des maximalen Diffusionsmassenstromes, welcher die Ober-
grenze der Verdunstung darstellt“ (Habib, 2012. S.3). Auch die Oberflächengröße der Flüs-
sigkeit ist maßgebend für den Massenstrom. Mit dieser nimmt auch die Fläche zu, an der
ein Stoffübergang stattfinden kann (Harten, 2006). Bei Betrachtung, der in dieser Arbeit
verwendeten Berechnungsmodelle, fällt auf, dass bei allen Modellen auch die molare
Masse Verwendung findet. Mit zunehmender Masse der Moleküle steigt, bei gleichem
Dampfdruck, der Massenstrom an (Harten, 2006). Einige Modelle beinhalten den Diffusi-
onskoeffizienten in Luft (Schalau, 2004). Dieser gibt die Durchlässigkeit von Luft gegen-
über den darin diffundierenden Teilchen an (Zilch, et al., 2012).
2.2 Empirische Verdunstungsmodelle
Die in dieser Arbeit verwendeten Modelle sind diejenigen, die in der Software Pronuss 8
zur Berechnung zur Verfügung stehen. Da diese Modelle in einem größeren Maßstab
schon in einer Untersuchung von Habib (2012) bewertet wurden, können die dort erlang-
ten Ergebnisse in die weiterführende Untersuchung dieser Arbeit mit einfließen. Habib
hatte diese Modelle nach einem Ausschlussverfahren ausgewählt (Habib, 2012).
Die Modelle werden im Folgenden vorgestellt. Für die Modelle von Sutton-Pasquill und
Clancey wird lediglich die Berechnungsgleichung für kreisförmige Lachen vorgestellt, da in
dieser Arbeit nur kreisförmige Flüssigkeitsoberflächen betrachtet werden. Bei allen ande-
ren Modellen wird nicht zwischen eckigen und runden Flüssigkeitsoberflächen unterschie-
den. Die folgenden Berechnungsformeln der Modelle sind direkt aus der Arbeit von Habib
entnommen.
3
2.2.1 Das Modell von Sutton und Pasquill
Der Massenstrom wird bei diesem Modell über den Dampfdruck, die überströmte Länge
der Lache, die Lachengröße sowie den Diffusionskoeffizienten und die molare Masse
berechnet (Habib, 2012). Ursprünglich hatte Sutton statt des Diffusionskoeffizienten die
kinematische Viskosität in die Berechnungen miteinbezogen. Pasquill konnte später aber
nachweisen, dass an der Stelle der Viskosität der Diffusionskoeffizient verwendet werden
muss. Diese Änderung wurde von Sutton akzeptiert (Lees, 1996). Viele weitere Modelle
verwenden das Modell von Sutton und Pasquill als Grundlage (Habib, 2012). Das Berech-
nungsmodell von Sutton und Pasquill lautet (Habib, 2012, S.12):
(1)
„ṁ“ steht für den Massenstrom in Kilogramm pro Sekunde. Die Windgeschwindigkeit wird
durch „u“ dargestellt. „d“ steht für den Durchmesser der Lache, „pLV“ für den Dampfdruck
der Flüssigkeit, „M“ für die molare Masse, „R“ für die universelle Gaskonstante, „TLache“ für
die Temperatur der Flüssigkeit und „DAB“ für den Diffusionskoeffizienten.
2.2.2 Das Modell von Clancey
Auf Basis des Modells von Sutton und Pasquill entwickelte Clancey eine neue Gleichung.
Diese ist allerdings physikalisch nicht nachvollziehbar und als reine Zahlenwertgleichung
anzusehen (Habib, 2012). Das Berechnungsmodell von Clancey lautet (Habib, 2012,
S.12):
(2)
2.2.3 Das Modell von Mackay und Matsugu
Mackay und Matsugu führten Freilandversuche zur Verdunstung aus etwa 2 x 2 und 2 x 4
Meter großen Lachen mit Wasser, Benzin und Benzol durch (Lees, 1996). Um den Einfluss
der Bebauung auf das Windprofil zu untersuchen, wurden die Versuche auf dem Dach
eines Hochhauses und in einem Hafenbecken durchgeführt (Habib, 2012).
4
Als Länge Lc wird „entweder der Durchmesser, oder bei einer rechteckigen Lache die
Länge in Windrichtung angesetzt“ (Habib, 2012; S.13). Das Berechnungsmodell von
Mackay und Matsugu lautet (Habib, 2012, S.13):
(3)
Der Umgebungsdruck wird hier durch „pUmgebung“ dargestellt. „ν“ steht für die kinematische
Viskosität und „ALache“ steht für die Lachenfläche.
2.2.4 Das Modell von Deutsch
Deutsch stellte bei seinen Windkanal- und Freilandversuchen fest, dass mit steigender
Turbulenz die von ihm untersuchten empirischen Modelle starke Abweichungen von sei-
nen experimentell ermittelten Werten aufwiesen. Deshalb erstellte er ein eigenes Modell,
in dem die Turbulenz der Atmosphäre besser mit einfließen soll. Dazu entwickelte Deutsch
Profilexponenten welche die Rauigkeit des Geländes wiedergeben sollen (Deutsch, 1995).
Das Berechnungsmodell von Deutsch lautet (Habib, 2012, S.14):
(4)
Die Profilexponenten nach Deutsch sind in Tabelle 2.1 aufgelistet. Der Profilexponent wird
in Gleichung 4 durch „α“ dargestellt. „Re“ steht für die Reynolds-Zahl und „Sc“ für die
Schmidt-Zahl.
Tabelle 2.1: Profilexponenten nach Deutsch (Schalau, 2004).
5
2.2.5 Modell des TÜV Rheinland
In einem Bericht des Umweltbundesamtes zur Berechnung von Störfallablaufszenarien
wird eine vom TÜV Rheinland entwickelte Gleichung zur Berechnung des Massenstromes
vorgestellt. Das Berechnungsmodell des TÜV Rheinland lautet (Habib, 2012, S.14):
(5)
2.2.6 Das Modell von Meurer
Meurer berechnet den Massenstrom über das arithmetische Mittel (Gleichung 8) der
Modelle von Clancey ( Gleichung 6) und von Lebuser-Schecker (Gleichung 7). Die For-
meln wurden nur für rechteckige Lachen aufgestellt, bei kreisförmigen Lachen wird ange-
nommen, dass es sich um eine rechteckige Lache gleicher Fläche handelt (Habib, 2012).
Das Berechnungsmodell von Meurer lautet (Habib, 2012, S.14):
(6)
(7)
(8)
2.2.7 Das Modell von Brötz
Brötz ermittelte für sein Modell einen Stoffübergangskoeffizienten β der sich aus der Wind-
geschwindigkeit ableiten lässt (Gleichung 10). Als minimalen Wert für β gibt Brötz β = 2 an,
womit er eine untere Grenze für die Gültigkeit seines Modells bezogen auf die Windge-
schwindigkeit angibt (Habib, 2012). Das Berechnungsmodell von Brötz lautet (Habib,
2012, S.15):
(9)
(10)
6
2.3 Bekannte Grenzen der Modelle
Änderungen der Eingabeparameter beeinflussen die Ergebnisse der verschiedenen
Modelle unterschiedlich stark. Es gibt allerdings gewisse Tendenzen die alle oder zumin-
dest die meisten der Modelle aufweisen, wenn gewisse Eingabeparameter verändert wer-
den (Habib, 2012). Durch Veränderung bestimmter Parameter weichen die Ergebnisse
einiger Modelle stark von Messwerten ab. Der Anwendungsbereich der Modelle wird
dadurch begrenzt. Im Folgenden sollen die bekannten Grenzen aufgezeigt werden.
2.3.1 Begrenzung durch den Dampfdruck
Der Dampfdruck wird in den vorgestellten Modellen unterschiedlich berücksichtigt.
Die Modelle in die der Dampfdruck logarithmisch eingeht, zeigen bei hohen Dampfdrücken
über 0,8 bar einen exponentiellen Anstieg des Massenstroms. Die Modelle von Sut-
ton-Pasquill, Clancey und Brötz berücksichtigen den Dampfdruck linear. Das Modell von
Clancey gibt den Einfluss des steigenden Dampfdrucks am besten wieder (Habib, 2012).
In Grafik 2.1 (Habib, 2012; S. 63) sind die berechneten Massenströme der Modelle in
Abhängigkeit vom Dampfdruck aufgetragen.
Abb. 2.1: Errechneter Massenstrom der vorgestellten Modelle in Abhängigkeit vom Dampfdruck gegenüber
experimentellen Messwerten. Bezogen auf eine Ethanollache mit einem Durchmesser von 0,74 m bei einer
Windgeschwindigkeit von 2,5 m/s (Habib, 2012; S. 63).
7
Für die Modelle, die den Dampfdruck logarithmisch berücksichtigen, nennt Habib (2012)
eine obere Grenze von 0,8 bar. Für die Modelle von Clancey, Brötz und Sutton-Pasquill
werden aufgrund unzureichender Messwerte im Bereich nahe des Siedepunktes keine
oberen Grenzen genannt (Habib, 2012).
2.3.2 Begrenzung durch die Windgeschwindigkeit
Aus der von Brötz angegebenen unteren Grenze für den Stoffübergangskoeffizient lässt
sich für die untere Grenze des Modells bezüglich der Windgeschwindigkeit ein Wert von
etwa 0,12 Meter pro Sekunde errechnen. Für die anderen Modelle wird keine untere
Grenze angegeben. Bei Windstille berechnen alle Modelle ausser das von Brötz einen
Massenstrom von null Kilogramm pro Sekunde. Diese Ergebnisse sind unrealistisch. Auf-
grund der Diffusion liegt auch bei Windstille ein Massenstrom vor (Harten, 2006). Abbil-
dung 2.2 zeigt die errechneten und experimentell ermittelten Massenströme bei geringen
Windgeschwindigkeiten (Habib, 2012; S. 61).
Abb. 2.2: Experimentelle und errechnete Massenströme bei geringen Windgeschwindigkeiten (Habib, 2012;
S. 61).
Für alle in Abbildung 2.2 aufgelisteten Modelle nennt Habib (2012) eine untere Grenze von
einem Meter pro Sekunde bezüglich der Windgeschwindigkeit.
8
2.3.3 Einfluss der molaren Masse
Die molare Masse findet sich in allen vorgestellten Modellen wieder. Jedoch wird sie in
den Modellen unterschiedlich berücksichtigt. Habib (2012) stellt außer für die Modelle von
Mackay-Matsugu und Deutsch fest, dass bei allen weiteren vorgestellten Modellen mit
zunehmender molarer Masse auch deren berechnete Werte zunehmend von den experi-
mentell ermittelten Werten abweichen. Dabei weichen die Ergebnisse positiv ab. Das
bedeutet, diese Modelle überschätzen den Massenstrom zunehmend mit der Zunahme
der molaren Masse (Habib, 2012). Eine Grenze für die Gültigkeit der Modelle wird in die-
sem Zusammenhang aber nicht genannt. Die konservative Abschätzung ist auch im
Bereich hoher molarer Massen möglich.
2.3.4 Begrenzung durch die Bodenrauigkeit
Bereits Sutton (Deutsch, 1995) beschreibt die Abhängigkeit der Windgeschwindigkeit in
bodennahen Schichten von der Bodenrauigkeit. Die Art des Geländes und der Bebauung
bestimmen die Bodenrauigkeit (Deutsch, 1995). Deutsch (1995) entwickelte aufgrund von
Experimenten eine Gleichung, welche die Bodenrauigkeit stärker als die anderen Modelle
berücksichtigt. Alle vorgestellten Berechnungsmodelle verwenden die Windgeschwindig-
keit, welche in zehn Meter Höhe über der Flüssigkeitsoberfläche gemessen wird (Habib,
2012). Schecker und Deutsch (1994) stellten in Untersuchungen fest, dass keines der
Modelle, ausgenommen das daraufhin von Deutsch entwickelte, den tatsächlichen Mas-
senstrom in Abhängigkeit von der Bodenrauigkeit des angeströmten Geländes ausrei-
chend gut wiedergibt. Als Resultat ihrer Windkanalversuche stellten Schecker und Deutsch
(1994) eine zunehmende Abweichung der Modelle von experimentellen Daten mit
Zunahme der Bodenrauigkeit fest. Habib (2012) stellt dagegen fest, dass bei Verwendung
der Windgeschwindigkeit in zehn Meter Höhe „der Einfluss der Bebauung auf den Mas-
senstrom eine untergeordnete Rolle spielt“ (Habib, 2012; S.55). Jedoch kommt auch
Habib (2012) zu dem Ergebnis, dass der Massenstrom in bebautem, und damit rauerem,
Gelände aufgrund der erhöhten Turbulenz höher ist als in glattem Gelände. Über den tat -
sächlichen Einfluss der Bodenrauigkeit auf den Massenstrom kann aufgrund der sich
widersprechenden Aussagen keine Angabe gemacht werden.
9
2.4 Grundlagen für die Untersuchung weiterer Grenzen
Anschließend an die Darstellung der bekannten Grenzen der Modelle, soll dieses Kapitel
die Grundlagen für die untersuchten weiteren Möglichkeiten der Begrenzung erläutern.
Untersucht werden die Auswirkungen von kleinen Flüssigkeitsoberflächen und geringem
Dampfdruck.
2.4.1 Mögliche Begrenzung durch kleine Flüssigkeitsoberflächen
Bereits in Kapitel 2.1.2 wurden Druck-, Temperatur-, und Konzentrationsunterschied als
treibende Kräfte für den Stoffübergang genannt (Baehr und Stephan, 2003). Das begrün-
det, dass der Massenstrom in Strömungsrichtung über der Flüssigkeit abnimmt. Aus den
Untersuchungen von Habib geht hervor, dass bei kleinen Flüssigkeitsoberflächen die Mas-
senstromdichte größer ist als bei großen. Die Massenstromdichte gibt den Massenstrom
umgerechnet auf einen Quadratmeter an, dadurch wird ein Vergleich von Massenströmen
unterschiedlich großer Flüssigkeitsoberflächen ermöglicht. In Abbildung 2.3 ist die von
Habib (2012; S. 64) gemessene Massenstromdichte für Ethanol im Vergleich zu den
berechneten Massenstromdichten dargestellt.
Abb. 2.3: Massenstrom in Abhängigkeit vom Lachendurchmesser (Habib, 2012; S. 64)
10
Habib zeigt, dass die Zunahme der Massenstromdichte durch die Berechnungsmodelle
unzureichend bzw. nicht wiedergegeben wird. Am ehesten gibt das Modell von Deutsch
diese Zunahme wieder (Habib, 2012). Aufgrund dieser Ergebnisse ist es denkbar, dass bei
einer weiteren Verkleinerung der Flüssigkeitsoberfläche der tatsächliche Massenstrom die
Ergebnisse aller verwendeten Berechnungsmodelle übertrifft. Trifft diese Annahme zu, ist
bei Unterschreitung einer gewissen Oberflächengröße eine konservative Abschätzung des
Massenstroms mit keinem der vorgestellten Modelle mehr möglich.
2.4.2 Mögliche Begrenzung durch niedrige Dampfdrücke
Habib (2012) stellte fest, dass einige Berechnungsmodelle nur bis etwa 0,8 bar Dampf-
druck anzuwenden sind. Es konnte keine Untersuchungen bezüglich Flüssigkeiten mit
sehr niedrigen Dampfdrücken gefunden werden. Lediglich Mackay und Matsugu verwen-
deten neben Benzol und Benzin auch Wasser. Der Dampfdruck von Wasser liegt bei 20°C
etwa bei 2300 Pascal („Wasser“, 2013). Deutsch (1995) verwendete in seinen Experimen-
ten Aceton, Isopropanol und Methanol. Habib (2012) verwendete Ethanol und Cyclohe-
xan. Habib (2012) fand heraus, dass mit zunehmendem Dampfruck die Ergebnisse der
Berechnungsmodelle zunehmend positiv von den Messwerten abweichen. Der Massen-
strom von Flüssigkeiten mit kleinen Dampfdrücken könnte umgekehrt oberhalb der errech-
neten Werte liegen. Sollte das der Fall sein, wäre bei niedrigen Dampfdrücken eine kon-
servative Abschätzung des Massenstroms nicht mehr möglich.
Neben der Untersuchung möglicher Grenzen beschäftigt sich diese Arbeit mit der Möglich-
keit, den Massenstrom von binären, homogenen Flüssigkeitsgemischen auf einfacher
Basis konventionell abzuschätzen.
2.5 Der Massenstrom von Flüssigkeitsgemischen
Sind Dampfdruck, mittlerer Diffusionskoeffizient und die mittlere molare Masse der Gas-
phase eines Flüssigkeitsgemisches bekannt, lassen sich die Berechnungsmodelle auch
für dieses Flüssigkeitsgemisch anwenden. Die mittlere molare Masse der Gasphase und
der mittlere Diffusionskoeffizient hängen dabei vom Anteil der jeweiligen Komponente an
der verdunstenden Stoffmenge ab (Mersmann, et al., 2005). Der Anteil an der verdunsten-
den Stoffmenge wird wiederum durch den partiellen Dampfdruck der Komponente im Stoff-
gemisch bestimmt. Dabei ist der Stoffmengenanteil einer Komponente im Gas gleich dem
Anteil ihres partiellen Dampfdrucks am Gesamtdampfdruck (Mersmann, et al., 2005).
11
Die partiellen Dampfdrücke eines Gemisches, sowie dessen Gesamtdampfdruck, lassen
sich für ideale Flüssigkeitsgemische mit dem Raoultschen Gesetz bestimmen (Mersmann,
et al., 2005).
pL= pa⋅( nana+nb )+ pb⋅(
nbna+na ) (11)
Das Raoultsche Gesetz gilt nur für ideale Flüssigkeitsgemische. Bei idealen Flüssigkeits-
gemischen ist die zwischenmolekulare Wechselwirkung der unterschiedlichen Moleküle im
Gemisch gleich wie die zwischen den gleichartigen Molekülen (Mersman et al., 2005).
Der Großteil der Flüssigkeitsgemische verhält sich allerdings nicht ideal. Real vorkom-
mende ideale Gemische sind meist Gemische aus sehr kleinen unpolaren Molekülen oder
gleich großen unpolaren Stoffen. Aber auch Stoffgemische aufeinander folgender Stoffe in
einer homologen Reihe gelten als weitgehend Ideal, wie zum Beispiel Propanol und Buta-
nol. Je unterschiedlicher die Stoffe in ihrer Polarität und Molekülgröße sind, desto weiter
weichen die Gemische vom Raoultschen Gesetz ab (Mersman et al., 2005).
Gemische die nicht ideal sind folgen nicht dem Raoultschen Gesetz. Die anziehenden
Kräfte zwischen den unterschiedlichen Molekülen im Gemisch sind größer oder kleiner als
zwischen den gleichartigen Molekülen. Sind die anziehenden Kräfte zwischen den unter-
schiedlichen Molekülen im Gemisch größer, ist die Abweichung vom Raoultschen Gesetz
negativ. In diesem Fall ist der Dampfdruck des Gemisches geringer als dieser durch das
Raoultsche Gesetz errechnet würde. Sind diese anziehenden Kräfte kleiner, ist die Abwei-
chung positiv. Der Dampfdruck im Gemisch ist dann höher, als der über das Raoultsche
Gesetz errechnete Dampfdruck (Mersman et al., 2005).
Abbildung 2.4 zeigt Partialdrücke der Komponenten und den Gesamtdruck, abhängig vom
Stoffmengenanteil der Flüssigkeit, in drei unterschiedlichen binären Flüssigkeitsgemi-
schen.
12
Abb. 2.4: Partialdrücke und Gesamtdruck abhängig vom Stoffmengenanteil der Flüssigkeiten bei konstanter
Temperatur (Mersman et al., 2005; S.36).
Auf der x-Achse ist der Stoffmengenanteil der Komponenten aufgetragen. Der Stoffmen-
genanteil der Komponente „a“ nimmt in Richtung der x-Achse zu, während der Stoffmen-
genanteil der Komponente „b“ in selber Richtung abnimmt. Bei x = 0 ist demnach der Par-
tialdruck der Komponente „a“ null und der Partialdruck der Komponente „b“ ist gleich dem
Gesamtdruck. Umgekehrt ist dies am Ende der x-Achse. Die Verbindungslinie der maxi-
malen Partialdrücke stellt den Gesamtdruck im System dar. Die linke Grafik zeigt eine
positive Abweichung vom Raoultschen Gesetz, die mittlere Grafik ein ideales Flüssigkeits-
gemisch und die rechte Grafik eine negative Abweichung vom Raoultschen Gesetz. Die
gestrichelten Linien entsprechen den über das Raoultsche Gesetz errechneten Werten.
Die Abweichungen vom Raoultschen Gesetz können mit in die Berechnung des Dampf-
drucks des Gemisches aufgenommen werden. Das erfordert allerdings einigen Aufwand
und die Kenntnis von gemischspezifischen Größen wie dem Aktivitätskoeffizienten (Mers-
man et al., 2005). In den seltensten Fällen werden diese Größen bekannt sein. Deshalb
wird diese Möglichkeit in dieser Arbeit nicht weiter in Betracht gezogen.
Die berechneten Massenströme sind oft wesentlich höher als die tatsächlichen Massen-
ströme (Habib, 2012). Deshalb könnte eine konservative Abschätzung auch dann möglich
sein, wenn die Abweichungen vom Raoultschen Gesetz nicht beachtet werden. Die
Abhängigkeit aller relevanter stoffspezifischer Eigenschaften vom Stoffmengenanteil
wurde bereits beschrieben. Diese Abhängigkeit und die Überschätzung der Massenströme
durch die Berechnungsmodelle führen zu der Annahme, dass der Massenstrom von Gemi-
schen durch folgenden vereinfachten Zusammenhang beschrieben werden kann:
13
ṁL=ṁa⋅( nana+nb )+ṁb⋅(
nbna+nb ) (12)
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden alle Massenströme, die über diesen angenom-
menen Zusammenhang errechnet wurden, als „Stoffmengen-Massenstrom“ bezeichnet.
Mit Flüssigkeitsgemischen sind ab sofort nur homogene, binäre Flüssigkeitsgemische
gemeint.
14
3. Methode
In diesem Kapitel werden die Versuche, der Versuchsaufbau und die Vorgehensweise
erläutert. Zuerst werden die ausgewählten Stoffe und die mit ihnen durchgeführten Versu-
che aufgezeigt. Darauf folgend wird der Versuchsaufbau in Einzelheiten erklärt und
anschließend die Vorgehensweise verdeutlicht.
3.1 Stoffauswahl und Versuche
Verwendet wurden die Stoffe Ethanol, n-Butanol und n-Heptan, im Folgenden zur Verein-
fachung als Ehtanol, Butanol und Heptan bezeichnet. In Tabelle 3.1 sind der Dampfdruck
und die molare Masse der Stoffe aufgelistet.
Tabelle 3.1: Molare Masse und Dampfdrücke der verwendeten Stoffe („Ethanol“, 2012;
„Butanol“, 2012 & „Heptan“, 2013).
Stoff Ethanol n-Butanol n-Heptan
Dampfdruck bei 20°C 59 hPa 6,7 hPa 48 hPa
Molare Masse 46 g/mol 74,12 g/mol 100,2 g/mol
Butanol eignet sich für die Untersuchung der Verdunstung einer Flüssigkeit mit geringem
Dampfdruck. Butanol hat einen Dampfdruck, der fast vier mal kleiner ist als der von Was-
ser. Ethanol wurde ausgewählt um einen möglichst guten Vergleich zu den Messungen
von größeren Flüssigkeitsoberflächen zu ermöglichen, die von Habib (2012) durchgeführt
wurden. Heptan hat einen etwas geringeren Dampfdruck als Ethanol, aber ein molares
Gewicht dass mehr als doppelt so hoch ist. Für die Untersuchung von kleinen Flüssigkeits-
oberflächen sind damit drei Stoffe ausgewählt, die sowohl die Auswirkung unterschiedli-
cher Dampfdrücke wie auch unterschiedlicher molarer Massen wiedergeben.
Für die Untersuchung der Flüssigkeitsgemische wurden Gemische aus Butanol und Etha-
nol sowie aus Ethanol und Heptan in den folgenden Volumenverhältnissen 1:2, 1:1 und 2:1
untersucht. Die Flüssigkeiten sind vollständig miteinander mischbar (Seilnacht, ohne
Datum a & Seilnacht, ohne Datum b). Die Notwendigkeit, unterschiedliche Konzentratio-
nen zu untersuchen, ergibt sich aus der Veränderung der Gemische über die Zeit. Es ist
anzunehmen, dass der flüchtigere Stoff schneller verdunstet. Damit verschiebt sich die
Zusammensetzung des Gemisches über die Zeit in Richtung des weniger flüchtigen Stof-
fes. Ethanol ist der Stoff mit dem höchsten Dampfdruck und damit der Stoff mit der höchs-
15
ten Flüchtigkeit. Über die unterschiedlichen Volumenverhältnisse wird die Konzentration
von Ethanol im Gemisch verändert. Der daraus entstehende Effekt auf den Massenstrom
kann somit untersucht werden. Auch wenn der Stoffmengen-Massenstrom über die Stoff-
menge bestimmt ist, kann mit dem Volumenverhältnis gearbeitet werden. Das ist einfacher
in der Handhabung und eignet sich für den oben beschrieben Zweck der unterschiedlichen
Mischungskonzentrationen.
Das Gemisch aus Ethanol und Butanol ist nach der Beschreibung idealer Gemische von
Mersman et al. (2005) nicht weit von einem idealen Gemisch entfernt. Während das
Gemisch aus unpolarem Heptan und polarem Ethanol mit stark unterschiedlichen molaren
Massen weit entfernt von einem idealen Flüssigkeitsgemisch ist (Mersman et al., 2005).
Tabelle 3.2 gibt einen Überblick über alle Versuche die durchgeführt wurden.
Tabelle 3.2: Überblick über alle durchgeführten Versuche.
Stoff oder Gemisch Anzahl Untersuchungsgegenstand
Wasser (Wärmebecken) 3 Verdunstende Masse des Wassers
Ethanol 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Heptan 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Butanol 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Butanol 2/1 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Butanol 1/1 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Butanol 1/2 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Heptan 2/1 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Heptan 1/1 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Ethanol / Heptan 1/2 1 Verdunstende Masse; Temperaturverlauf
Bei der Auswahl der Stoffe wurde darauf geachtet, dass deren Dämpfe nicht giftig sind und
die Menge der sich bildenden Gasphase nicht ausreicht, um eine explosionsfähige Atmo-
sphäre zu erzeugen. Um letzteres festzustellen, wurde der Massenstrom aller Stoffe bei
30°C über einer runden Flüssigkeitslache abgeschätzt. Da die konservative Abschätzung
des Massenstroms mit den Modellen nicht sicher anzunehmen ist, wurde die Berechnung
für eine Lache mit 60 cm Durchmesser durchgeführt. Den höchsten Massenstrom liefern
die Berechnungsmodelle für Heptan, welches gleichzeitig die niedrigste untere Explosions-
grenze aufweist. Das Modell von Sutton und Pasquill liefert hier das höchste Ergebnis
16
(Habib, 2012). Um die untere Explosionsgrenze zu erreichen, dürfte sich das Gas, wel-
ches sich innerhalb von 10 Minuten nach diesem Modell bildet, lediglich über 10 m³ vertei-
len. Diese Verteilung ist bei einer Luftströmung von 2,3 m/s über der Flüssigkeit unrealis-
tisch klein. Verteilt sich das Gas auf das halbe Raumvolumen ist die untere Explosions-
grenze bereits um das 15 fache unterschritten.
3.2 Versuchsaufbau
Der Versuchsaufbau war bei allen Versuchen derselbe, um eine Vergleichbarkeit der
Ergebnisse zu ermöglichen. Der Massenstrom wurde dabei über den Massenverlust
gemessen. Dazu wurden die Flüssigkeiten auf einer Waage einem bestimmten, konstan-
ten Luftstrom ausgesetzt. Zusätzlich wurde die Flüssigkeit durch ein Wasserbad gewärmt
um die Abkühlung herauszuzögern. Über die gesamte Dauer des Versuchs wurden die
Temperatur an der Flüssigkeitsoberfläche, die Windgeschwindigkeit und der Massenver-
lust gemessen. Abbildung 3.1 zeigt die skizzenhafte Darstellung der Versuchsaufbaus.
Abb. 3.1: Skizzenhafte Darstellung des Versuchsaufbaus. Der grüne Quader stellt einen Lüfter dar, die gelbe
Fläche die Flüssigkeit und die blaue Fläche das Wasserbad. Die Waage ist grau eingezeichnet.
Im Folgenden werden die Einzelheiten des Versuchsaufbaus bezüglich der Luftströmung,
der Flüssigkeitstemperatur, der Versuchsdauer und der Umgebungsbedingungen aufge-
zeigt.
17
3.1.1 Luftströmung
Die Luftströmung wurde mit einem Heizlüfter erzeugt, jedoch wurde dieser ohne Heizleis-
tung betrieben. Die Geschwindigkeit der Luftströmung war durchgehend bei 2,3 m/s.
Gemessen wurde diese 20 cm oberhalb der Flüssigkeit mit einem Heissdraht Anemome-
ter.
Habib (2012) untersuchte den Einfluss der Windgeschwindigkeit auf den Massenstrom von
Ethanol. Bei einer Windgeschwindigkeit von etwa 2,5 m/s erhält er die beste Übereinstim-
mung mit den vorgestellten Berechnungsmodellen. Habib untersuchte dafür eine Ethanol-
lache mit einem Durchmesser von 0,74m und einer Temperatur von 30°C (Habib, 2012).
Es wurde daher eine Windgeschwindigkeit von 2,5 m/s angestrebt. Die zur Verfügung ste-
hende Heizlüfter konnte allerdings nur einen Luftstrom mit einer Geschwindigkeit von 2,3
m/s erzeugen. Da der Wert von 2,5 m/s aufgrund der unterschiedlichen Versuchsbedin-
gungen jedoch nur als grober Richtwert zu sehen ist, bringt die geringere Geschwindigkeit
des Luftstroms keine absehbaren Nachteile mit sich.
Die Luftströmung wurde auf Grund der von Deutsch (1995) festgestellten zunehmenden
Abweichung einiger Modelle bei zunehmender Bodenrauigkeit darauf ausgelegt, die atmo-
sphärische Luftströmung über einem glatten Gelände wiederzugeben. Die Flüssigkeit
befand sich in einem Metallteller der in eine Styroporplatte eingelassen war. Direkt am
Rand dieser Styroporplatte, die etwa eine Größe von 45 x 45 cm hatte, wurde der Heizlüf-
ter platziert. Dieser wurde so platziert, dass sich das Gebläse auf einer Höhe mit der Ober-
fläche der Styroporplatte befand um Turbulenzen zu vermeiden. Die eigentliche Flüssig-
keitsoberfläche befand sich damit immer ungefähr 2 cm unterhalb der Styroporoberfläche.
Deutsch (1995), der den Effekt solcher Vertiefungen auf den Massenstrom untersuchte,
kam allerdings zu dem Ergebnis, dass daraus ein nur sehr geringer Effekt auftrat, der zu
vernachlässigen ist.
3.1.2 Flüssigkeitstemperatur
Um einen Vergleich der ermittelten Werte mit den Werten von Habib (2012) zu ermögli-
chen wurde die Flüssigkeit auf 30°C erhitzt. Eine konstante Temperatur über die Gesamt-
dauer des Versuchs wurde nicht angestrebt, jedoch wurde die Abkühlung durch ein Warm-
wasserbad hinausgezögert, um längere Phasen gleicher Temperatur und damit mehr
Messwerte in diesem Bereich zu erhalten. Das Warmwasser befand sich dabei in einem
isolierten Becken. In der oberen Styroporplatte befand sich ein Loch, in das der Teller
passgenau in das Wasserbecken gesetzt werden konnte. Der Flüssigkeitsbehälter wurde
18
mit einer Silikondichtung direkt mit der Styroporplatte verbunden, so dass kein Wasser ent-
weichen konnte. Durch die Passgenauigkeit wurde auch die Verdunstung des Wassers auf
ein Minimum reduziert. Das Wasserbad hatte bei allen Versuchen eine Temperatur von
etwa 35 °C und es befanden sich etwa 2,1 Liter Wasser darin.
3.1.3 Versuchsdauer und Messintervalle
Für alle Versuche wurde eine Messdauer von 590 Sekunden festgelegt. Dabei wurde über
10 Minuten alle 10 Sekunden die Massenabnahme notiert. Die Genauigkeit der verwende-
ten Waage liegt im Centigramm Bereich. In diesem Bereich ergaben sich durch die Luft -
strömung Schwankungen. Deshalb wurde stets der niedrigste Wert innerhalb eines 10
Sekunden Intervalls aufgezeichnet. Ausser bei Butanol, welches den niedrigsten Dampf-
druck aufweist, wurde der niedrigste Wert jedoch immer am Ende des 10 Sekunden Inter-
valls festgestellt. Die Änderung der Temperatur wurde immer dann erfasst, wenn die Zahl
hinter dem Komma 5 war, z.B. bei 27,5°C und bei 26,5°C. Zudem wurde die verstrichene
Zeit der 590 Sekunden, bei der eine solche Temperaturänderung stattfand, notiert.
3.1.4 Die Umgebungsbedingungen
Alle Versuche fanden in einem Labor statt. Die Umgebungstemperatur war dabei meist
zwischen 20°C und 22°C. Der Raum hat einen Luftwechsel von dem zehnfachen Raumvo-
lumen pro Stunde. Die gemessene Windgeschwindigkeit ohne Gebläse beträgt null Meter
pro Sekunde. Der Umgebungsdruck lag während der Versuche mit den Reinstoffen bei
etwa 1025 mbar und während der Versuche mit Flüssigkeitsgemischen bei etwa 945 mbar.
Die Luftdruckwerte wurden nur einmal am Tag aufgezeichnet, deswegen ist eine genaue
Aussage über den Luftdruck während eines Versuchs nicht gegeben.
3.3 Vorgehensweise
Die Vorgehensweise bei der Auswertung und die Vorgehensweise bei der Diskussion wer-
den im Folgenden getrennt betrachtet.
3.3.1 Vorgehensweise bei der Auswertung
Um einen Vergleich der verdunstenden Massen zwischen den einzelnen Stoffen zu
ermöglichen, muss die Temperatur der Stoffe berücksichtigt werden. Die Messdaten die
jeweils über 590 Sekunden aufgezeichnet wurden, werden darum in Temperaturabschnitte
aufgeteilt. Ein Temperaturabschnitt umfasst einen Bereich von 1°C und beinhaltet den
Bereich von 0,5°C oberhalb des vollen Wertes bis 0,5°C unterhalb des vollen Wertes. So
19
wurden zum Beispiel alle Temperaturen im Bereich von 30,5°C bis 29,5°C dem Tempera-
turbereich 30°C zugeordnet. Da die Masse nur alle 10 Sekunden aufgezeichnet wird, die
Temperaturänderung jedoch genau auf die Sekunde, ergeben sich gewisse Ungenauigkei-
ten bei der Zuordnung des Massenverlustes zu den Temperaturabschnitten. Durch die
Schwankungen der Waageanzeige aufgrund des Luftzuges konnte dies jedoch nicht ver-
mieden werden.
Für die so erhaltenen Temperaturabschnitte wird der Massenstrom in Kilogramm pro
Sekunde berechnet. Die so erhaltenen Massenströme können verglichen werden und
eventuell auf die Eigenschaften der Stoffe zurückgeführt werden.
3.3.2 Vorgehensweise bei der Diskussion
Die Berechnung des Massenstroms wurde mit den vorgestellten Berechnungsmodellen
unter Verwendung des Programms Pronuss 8 durchgeführt.
Da die Windgeschwindigkeit in 0,2m Höhe gemessen wurde, die vorgestellten Modelle
jedoch alle die Windgeschwindigkeit in 10m Höhe verwenden, mussten die gemessenen
Werte interpoliert werden. Zur Interpolation wurde das logarithmische Windprofil verwen-
det, das zur Ermittlung des bodennächsten Windprofils bei neutraler atmosphärischer
Schichtung geeignet ist (Kraus, 2008). Zur Ermittlung der Windgeschwindigkeit einer
bestimmten Höhe anhand eines Referenzwertes ergibt sich daraus die Gleichung (Kraus,
2008):
v2=
v1⋅(ln (h2z0 ))(ln (h1z0 ))
(13)
Auch hier wurde wieder von einem offenen Gelände mit glatter Oberfläche ausgegangen.
Der Wert für z0 der die Rauigkeitslänge angibt, beträgt daher 0,0024 („Windprofil“, ohne
Datum). Die Windgeschwindigkeit in zehn Meter Höhe beträgt demnach für alle Versuche
4,33 m/s.
20
Zur Untersuchung des Massenstroms über kleinen Flüssigkeitsoberflächen werden die
gemessenen Massenströme mit den berechneten verglichen. So wird festgestellt, ob die
Berechnungsmodelle den Massenstrom für die Stoffe konservativ abschätzen können. Die
Massenstromdichte für Ethanol wird ermittelt und mit den durch Habib (2012) ermittelten
Massenstromdichten für größere Flüssigkeitsoberflächen verglichen. Dadurch soll der tat-
sächliche Einfluss der Oberflächengröße der Flüssigkeit gezeigt werden.
Zur Untersuchung des Massenstroms von Flüssigkeiten mit geringem Dampfdruck wird die
Abweichung des berechneten Massenstroms für Butanol von den gemessenen Massen-
strömen betrachtet. Als Vergleich wird dasselbe für Heptan und Ethanol durchgeführt.
Zuletzt wird die Möglichkeit untersucht, den Massenstrom von Flüssigkeitsgemischen
durch die Berechnung des Stoffmengen-Massenstroms konservativ abzuschätzen.
Dafür wird der Stoffmengen-Massenstrom aus den Ergebnissen der Versuche mit den rei-
nen Komponenten und den Ergebnissen der Berechnungsmodelle berechnet. Die somit
erhaltenen Werte werden mit den gemessenen Massenströmen der Gemische verglichen.
21
4. Ergebnisse und Auswertung
Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Versuchen sollen in diesem Kapitel dargestellt
werden. Dabei wird zuerst auf die Versuche, welche die reinen Flüssigkeiten betreffen,
eingegangen und nachfolgend auf die Versuche, welche die Flüssigkeitsgemische betref-
fen.
4.1 Reine Flüssigkeiten
Zur Ermittlung der Einflüsse kleiner Flüssigkeitsoberflächen wurde die in 590 Sekunden
verdunstende Masse der Stoffe Ethanol, Butanol und Heptan gemessen. In Abbildung 4.1
ist der Verlauf des Massenverlustes durch Verdunstung für diese drei Stoffe abgebildet.
Aufgrund des nicht vollständig abgedichteten Wasserbeckens wurde die Masse des ver-
dunstenden Wassers in drei Versuchen über je 590 Sekunden ermittelt. Diese lieferten
sehr ähnliche Ergebnisse. Der ermittelte Massenfehler durch die Verdunstung von Wasser
beträgt demnach 0,87g. Bei allen folgenden Werten wurde der Anteil von Wasser in der
Verdunstung bereits linear abgezogen.
Abb. 4.1: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol, Butanol und Heptan.
Der größte Massenverlust beträgt 60,05 g und wurde bei der Verdunstung von Heptan
gemessen. Dieser Wert ist größer als der von Ethanol, welcher 46 g beträgt. Am niedrigs-
ten Ist die Verdunstung bei Butanol, mit lediglich 9,16 g. Bis auf eine unterschiedliche
Änderung im Temperaturverlauf waren die Bedingungen bei allen Versuchen gleich. Es
22
können also lediglich die Stoffeigenschaften und die unterschiedlichen Flüssigkeitstempe-
raturen die unterschiedlichen Massenverluste verursachen. In Abbildung 4.2 ist der Tem-
peraturverlauf der einzelnen Versuche abgebildet.
Abb. 4.2: Temperaturverlauf der Verdunstungsversuche von Ethanol, Butanol und Heptan.
Die Temperaturverlauf ist dabei sehr unterschiedlich. Die stärkste Abkühlung ist bei der
Verdunstung von Ethanol zu erkennen. Ethanol weist mit einer Verdunstung von etwa 1
mol Flüssigkeit auch die größte Molenstromdichte auf. Also die höchste Anzahl von Mole-
külen die von der Flüssig- in die Gasphase übergehen. Bei Heptan verdunsten etwa 0,6
mol Flüssigkeit und bei Butanol nur etwa 0,12 mol. Der Einfluss der Temperaturverände-
rung auf die Massenabnahme durch Verdunstung ist in Abbildung 4.1 besonders gut bei
Ethanol zu erkennen.
Um den Einfluss der Stoffeigenschaften zu erkennen, muss der Massenstrom der Flüssig-
keiten abhängig von der Temperatur verglichen werden. Um die temperaturabhängigen
Massenströme zu erhalten, wird pro Temperaturabschnitt die verdunstete Masse in Kilo-
gramm pro Sekunde errechnet. Abbildung 4.3 zeigt beispielhaft die Aufteilung der verduns-
tenden Masse auf die Temperaturabschnitte.
23
Abb. 4.3: Temperaturabschnitte für Ethanol. Die schwarzen Trennstriche begrenzen den jeweiligen Tempera-
turabschnitt.
Vergleichbare Werte für den Massenstrom liegen nur für die Temperaturbereiche um 29°C
und 28°C vor. Dies liegt an der geringen Temperaturspanne der Verdunstung von Butanol.
Tabelle 4.1 zeigt die Massenströme der Flüssigkeiten bei diesen Temperaturen.
Tabelle 4.1: Massenströme von Ethanol, Heptan und Butanol
Ethanol Heptan Butanol
Massenstrom in kg/sbei 29 °C
10,30 · 10 -5 10,45 · 10-5 1,58 · 10-5
Massenstrom in kg/sbei 28 °C
9,02 · 10-5 10,10 · 10-5 1,51 · 10-5
Der Massenstrom von Butanol ist wesentlich kleiner als der von Ethanol und Heptan. Der
Massenstrom von Heptan ist geringfügig größer als der von Ethanol. Der Unterschied in
der verdunstenden Masse von über 16 g im gesamten Zeitraum ist damit hauptsächlich
dem größeren Temperaturabfall bei Ethanol zuzuschreiben. Die Unterschiede im Massen-
strom bei gleicher Temperatur dagegen sind den Stoffeigenschaften zuzuschreiben. Der
Dampfdruck und die molare Masse sind die einzigen Stoffeigenschaften die in allen vorge-
stellten Modellen mit dem Massenstrom in Verbindung gebracht werden. Da der Dampf-
druck von Ethanol größer ist als der von Heptan ist anzunehmen, dass der größere Mas-
24
senstrom von Heptan maßgeblich durch seine mehr als doppelt so große molare Masse
bedingt ist. Butanol hingegen, das auch eine höhere molare Masse aufweist als Ethanol,
hat einen weit geringeren Massenstrom. Das aus den Versuchen hervorgehende Verhal-
ten der Verdunstung bezüglich der unterschiedlichen Eigenschaften der Flüssigkeiten ist
analog zu dem, was bereits in anderen Versuchen, z.B. von Habib (2012), beobachtet
wurde.
4.2 Flüssigkeitsgemische
Um die Verdunstung von Flüssigkeitsgemischen zu untersuchen, wurden Flüssigkeitsge-
mische aus Ethanol und Heptan sowie aus Ethanol und Butanol hergestellt. Dabei waren
die Versuchsbedingungen dieselben wie bei den Reinstoffen. Die Gemische wurden in den
Volumenverhältnissen 1:1, 2:1 und 1:2 verwendet.
4.2.1 Gemische aus Ethanol und Butanol
In Abbildung 4.4 ist der Verlauf der Massenabnahme durch Verdunstung der Gemische
aus Ethanol und Butanol im Vergleich mit dem Verlauf der Massenabnahme der Kompo-
nenten dargestellt.
Abb. 4.4: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol und Butanol im Gemisch.
Die Mischungen sind in Abbildung 4.4 mit dem Anfangsbuchstaben der Komponenten und
deren Volumenanteil im Gemisch gekennzeichnet. E1/B2 steht beispielsweise für das
25
Gemisch aus einem Teil Ethanol und zwei Teilen Butanol. Im Folgenden werden alle Gemi-
sche auf diese Art und Weise bezeichnet. Die Massenabnahme von E1/B1 ist über den
gesamten Zeitraum der Messung etwa mittig zwischen der Massenabnahme von Butanol
und der von Ethanol. Die Massenabnahme von E2/B1 weicht davon positiv ab und ist
damit näher an der von Ethanol. Die Massenabnahme von E1/B2 ist näher an der von
Butanol. Die Massenabnahme der Gemische folgt damit in gewissem Umfang dem Anteil
von Ethanol im Gemisch.
Aufgrund der geringen Anzahl an Temperaturbereichen werden diese in Form einer Tabelle
dargestellt. Tabelle 4.2 zeigt die Temperaturabschnitte für die Versuche mit E/B Gemi-
schen. Für jeden Temperaturabschnitt der Gemische wird dessen Dauer und die in diesem
Abschnitt verdunstete Masse angegeben.
Tabelle 4.2: Temperaturabschnitte der Versuche mit E/B Gemischen.
E2/B1 E1/B1 E1/B2
T in °C Dauer Massenverlust Dauer Massenverlust Dauer Massenverlust
29 100 s 4,79 g - - - -
28 200 s 10,93 g 100 s 4,78 g 40 s 1,79 g
27 290 s 14,82 g 200 s 9,71 g 120 s 4,75 g
26 - - 290 s 13,64 g 430 s 15,88 g
Über die Dauer und den Massenverlust lassen sich die temperaturabhängigen Massen-
ströme berechnen. Diese sind in Tabelle 4.3 dargestellt.
Tabelle 4.3: Massenströme der Gemische nach Temperaturabschnitten.
E2/B1 E1/B1 E1/B2
T in °C Massenstrom in Kg/s Massenstrom in Kg/s Massenstrom in Kg/s
29 4,79 · 10 -5 - -
28 5,47 · 10 -5 4,78 · 10 -5 4,47 · 10 -5
27 5,11 · 10 -5 4,86 · 10 -5 3,96 · 10 -5
26 - 4,70 · 10 -5 3,69 · 10 -5
Der Vergleich der Massenströme führt hier zu den selben Beobachtungen wie der Ver-
gleich der gesamten Verdunstungsmassen über 590 Sekunden.
26
4.2.2 Gemische aus Ethanol und Heptan
Anders verhalten sich die Gemische aus Heptan und Ethanol. In Abbildung 4.5 ist der Ver-
lauf der Massenabnahme durch Verdunstung der Gemische aus Ethanol und Heptan und
deren Komponenten dargestellt.
Abb. 4.5: Massenverlust durch Verdunstung von Ethanol und Heptan im Gemisch.
Der Massenverlust der Gemische liegt bei E1/H1 und E2/H1 nicht zwischen denen der
Komponenten. Der Massenverlust von E1/H1 ist geringer als der von Ethanol. Der Mas-
senverlust von E2/H1 ist größer als der von Heptan und damit der größte gemessene
Massenverlust. Durch die Erhöhung des Stoffmengenanteils von Heptan verringert sich
der Massenverlust zuerst und steigt dann wieder an. Eine stetige Verringerung des Mas-
senverlustes durch Zunahme des Stoffmengenanteils einer Komponente, wie sie beim
Gemisch E/B erkennbar ist, kann nicht erkannt werden.
Der Temperaturverlauf der Versuche mit den E/H Gemischen ist in Abbildung 4.6 darge-
stellt. Den stärksten Temperaturabfall weist E1/H1 auf. Den geringsten Temperaturabfall
weist E1/H2 auf. Es fällt auf, dass ein wesentlich stärkerer Temperaturabfall vorliegt als bei
den Versuchen mit den Reinstoffen. Die übernächste Abbildung, Abbildung 4.7, zeigt die
temperaturabhängigen Massenströme der E/H Gemische.
27
Abb. 4.6: Temperaturverlauf während der Versuche mit den E/H Gemischen.
Abb. 4.7: Temperaturabhängige Massenströme der E/H Gemische.
Wie in Abbildung 4.7 zu erkennen wird der Massenstrom von E1/H1 mit abnehmender
Temperatur tendenziell immer kleiner. Dieses Verhalten wurde bereits bei den reinen Flüs-
sigkeiten beobachtet. Anders Verhalten sich jedoch die Gemische E2/H1 und E1/H2.
Beim Gemisch E1/H2 schwankt der Massenstrom mit abnehmender Temperatur stets um
28
den selben Wert, eine Abnahme ist nicht zu erkennen. Ein ganz anderes Verhalten zeigt
der Massenstrom des Gemisches E2/H1. Bei abnehmender Temperatur steigt dieser
zuerst an, fällt dann kurz ab und steigt wieder an bevor er wieder abfällt. Verbindet man
die Massenströme von E2/H1 zu einer Kurve, kann man so zwei lokale Maxima erkennen.
Einer dieser Maximalwerte liegt bei 25°C und der andere bei 18°C. Bei 18°C wurde der
höchste Massenstrom gemessen. Die Änderung der Zusammensetzung des Gemisches
E2/H1 hat daher allem Anschein nach eine stärkere Auswirkung auf den Massenstrom als
die Temperaturabnahme. Genaue Aussagen über den gesamten Konzentrationsverlauf
von E/H Gemischen können nicht getroffen werden. Aus den vorhandenen Messdaten
kann aber die Tendenz erkannt werden, dass der Massenstrom mit sinkendem Ethanol
Anteil im Gemisch erst sinkt und später wieder etwas ansteigt, aber nicht mehr so hohe
Werte erreicht wie zu Beginn. Jedoch gibt es bei geringen Änderungen der Konzentration
Schwankungen, die diese Tendenz nicht aufweisen.
29
5. Diskussion
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Berechnungsmodelle mit den Versuchser-
gebnissen verglichen. Es wird betrachtet, ob das in den Versuchen beobachtete Verhalten
des Massenstroms auch durch die Berechnungsmodelle wiedergegeben wird.
Zuerst werden die Übereinstimmungen der Berechnungen mit den Massenströmen aus
kleinen Flüssigkeitsoberflächen und anschließend aus einer Flüssigkeit mit niedrigem
Dampfdruck geprüft. Darauf folgend wird untersucht, ob es möglich ist, den Massenstrom
von Flüssigkeitsgemischen mit der Berechnung des Stoffmengen-Massenstroms konser-
vativ abzuschätzen.
5.1 Kleine Flüssigkeitsoberfläche
Um den Einfluss der Oberflächengröße einer Flüssigkeit auf die Abweichung der vorge-
stellten Modelle von den Messwerten zu bestimmen, werden im Folgenden die Berech-
nungsergebnisse mit den gemessenen Massenströmen verglichen. Da der Massenstrom
abhängig von der Temperatur ist, wurde dieser für die einzelnen Temperaturabschnitte
berechnet. Die größte Temperaturänderung zeigt der Versuch mit Ethanol. Dementspre-
chend sind für Ethanol die meisten Massenströme errechnet worden. Allerdings ist die
Anzahl der Werte, die der jeweiligen Berechnung zur Verfügung standen, damit auch am
geringsten. Der Messfehler ist dann größer als bei den anderen Werten. Dadurch kommt
es zu Abweichungen vom theoretisch zu erwartenden Verlauf des Massenstroms. Zu
erwarten wäre dass der Massenstrom mit sinkender Temperatur und somit sinkendem
Dampfdruck abnimmt.
Abbildung 5.1 zeigt den aus der Messung ermittelten Massenstrom im Vergleich mit den
berechneten Massenströmen von Ethanol. Die beste Übereinstimmung mit den Mess-
ergebnissen zu Ethanol liefert das Modell von Mackay-Matsugu, dicht gefolgt von den
Modellen von Deutsch und Sutton-Pasquill, in genannter Reihenfolge. Alle weiteren
errechneten Werte weichen bei allen gemessenen Temperaturen mindestens 25% negativ
von den Messwerten ab. Keines der Modelle gibt durchgehend Werte oberhalb der Mess-
werte wieder. Die Messwerte sind außer bei 25°C und bei 28°C die höchsten Werte.
30
Abb. 5.1: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Ethanol.
Der Heptan Versuch weist die zweitgrößte Temperaturänderung auf. Auch hier gibt es
Abweichungen vom zu erwartenden Verlauf, wie in Abbildung 5.2 zu erkennen ist. Wie
bereits bei Ethanol, wird angenommen, dass diese Abweichungen auf geringe Datenmen-
gen und dadurch entstehende größere Messfehler zurückzuführen sind.
Abb. 5.2: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Heptan.
31
Die beste Übereinstimmung mit den Messergebnissen zu Heptan liefert wie bereits bei
Ethanol das Modell von Mackay Matsugu. Das Modell von Brötz liefert hier vergleichbar
genaue Werte. Die errechneten Werte nach Deutsch, welche eine gute Übereinstimmung
bei Ethanol aufweisen, weichen hier etwa 10% negativ von den Messwerten ab. Die
Berechnungsergebnisse nach Sutton-Pasquill weichen etwa im selben Umfang positiv von
den Messewerten ab. Zudem stellen die Werte nach dem Modell von Sutton und Pasquill
durchgehend die höchsten Werte dar. Alle weiteren berechneten Werte weichen etwa um
20% negativ von den Messwerten ab.
Der Versuch mit Butanol zeigt die geringste Temperaturänderung und hat somit die
kleinste Anzahl an errechneten Massenströmen. Anders als bei Ethanol und Butanol wird
der Massenstrom hier mit abnehmender Temperatur wie zu erwarten stetig kleiner. Abbil-
dung 5.3 zeigt den gemessenen Massenstrom im Vergleich mit den errechneten Massen-
strömen.
Abb. 5.3: Vergleich zwischen berechnetem und gemessenem Massenstrom von Butanol
Auch im Fall von Butanol zeigt das Modell von Mackay Matsugu die beste Übereinstim-
mung. Lediglich der aus der Messung bei 30°C ermittelte Massenstrom wird besser durch
das Modell von Sutton und Pasquill wiedergegeben. Jedoch standen für die Ermittlung die-
ses Wertes am wenigsten Werte zur Verfügung. Daher sind die Werte bei 29°C und 28°C
32
für die Betrachtung von höherer Relevanz. Bei diesen Temperaturen weichen die nach
Sutton-Pasquill errechneten Werte etwa um 10% positiv von den Messwerten ab. Die aus
den Modellen von Deutsch und Brötz ermittelten Werte weichen etwa um 10% negativ
von den gemessenen Werten ab. Alle anderen Berechnungen weichen über 50% negativ
von den Messwerten ab.
Je nach der Dauer eines Temperaturabschnitts haben die Massenströme einen unter-
schiedlich hohen Einfluss auf die insgesamt verdunstete Masse. Der tatsächliche Einfluss
der jeweiligen Massenströme wird durch die Betrachtung der gesamten verdunsteten
Masse beachtet. Abbildung 5.4 zeigt die Masse der über 590 Sekunden verdunstenden
Flüssigkeiten im Vergleich zu den errechneten Werten. Hierbei wurden die oberhalb vorge-
stellten Massenstromwerte mit der jeweiligen Zeitdauer des zugehörigen Temperaturab-
schnitts multipliziert. Anschließend wurden je Modell die so erhaltenen Verdunstungsmas-
sen pro Temperaturabschnitt aufaddiert, um die Verdunstungsmasse über 590 Sekunden
zu erhalten.
Abb. 5.4: Vergleich der in 590 Sekunden verdunsteten Masse mit den Ergebnissen der Berechnungen.
Der Vergleich der über 590 Sekunden gemessenen Verdunstungsmasse mit den berech-
neten Verdunstungsmassen führt etwa zu den selben Abweichungen wie der Vergleich der
Massenströme.
33
Die Betrachtung aller vorgestellten Vergleiche zeigt, dass nur das Modell von Sutton und
Pasquill größere Werte für die Verdunstung angibt als gemessen wurden. Bei Ethanol ist
das allerdings nicht der Fall. Bei Butanol ist bei diesem Modell eine geringe Überschät-
zung des Massenstroms von etwa 8% festzustellen, während diese bei Heptan schon bei
etwa 11% liegt. Es ist zu erkennen, dass der mit dem Modell von Sutton und Pasquill
berechnete Massenstrom mit steigender molarer Masse des Stoffes stärker ansteigt, als
dies in den Messungen der Fall ist. Dieses Verhalten wurde bereits von Habib (2012)
beschrieben. Das Modell von Mackay Matsugu zeigt insgesamt die besten Übereinstim-
mungen. Jedoch liegt der daraus errechnete Massenverlust in keinem der Fälle oberhalb
des gemessenen Massenverlustes. Ein Einfluss der molaren Masse wie bei dem Modell
von Sutton und Pasquill ist hier nicht zu erkennen. Alle weiteren Modelle liefern Werte die
stärker negativ von den Messwerten abweichen. Wobei die Modelle von Deutsch und
Brötz teilweise noch einigermaßen übereinstimmende Werte liefern.
Abbildung 5.5 zeigt die von Habib (2012; S. 64) ermittelten Massenstromdichten im Ver-
gleich mit berechneten Massenstromdichten bei Verdunstung von Ethanol in Abhängigkeit
von der Größe der Flüssigkeitsoberfläche. Ergänzt wurde die Grafik durch die gemessene
Massenstromdichte bei einem Lachendurchmesser von 0,21 m.
Abb. 5.5: Vergleich der gemessenen mit den anhand der Modelle berechneten Massenstromdichten bei ver-
schiedenen Lachendurchmessern (Habib, 2012; S.64). Modifiziert durch den Verfasser.
34
Die Werte für die Massenstromdichte bei 0,21 m Lachendurchmesser beziehen sich auf
eine Temperatur von 29°C, alle anderen auf 30°C. Die gestrichelten Verbindungslinien die-
nen daher nur zur Orientierung. Bei 0,21m Lachendurchmesser liegt der Messwert schon
oberhalb aller berechneten Werte. Es ist erkennbar, dass die aus den Messergebnissen
errechneten Massenstromdichten mit Verkleinerung des Durchmessers wesentlich stärker
zunehmen, als die berechneten Massenstromdichten. Das bedeutet, die untersuchten
Modelle unterschätzen den Massenstrom bei kleinen Flüssigkeitsoberflächen. Die Modelle
können somit ab der Unterschreitung einer gewissen Größe der Flüssigkeitsoberfläche
keine konservativen Abschätzungen mehr liefern.
Ab welcher Größe der Flüssigkeitsoberfläche die Modelle konservative Abschätzungen lie-
fern, ist von Modell zu Modell unterschiedlich. Der hier untersuchte Lachendurchmesser
von 0,21 m liegt für alle vorgestellten Modelle, ausser dem von Sutton und Pasquill,
bereits unterhalb dieser Größe. Eine konservative Abschätzung des Massenstroms mit
dem Modell von Sutton und Pasquill ist auch bei einem Lachendurchmesser von 0,21 m
für die Stoffe Butanol und Heptan noch möglich. Die molare Masse des Bezugstoffes hat
Einfluss auf die Abweichung der Ergebnisse dieses Modells von den Messwerten. Die
Abweichungen werden in Tabelle 5.1 gezeigt.
Tabelle 5.1: Vergleich der Abweichungen der Ergebnisse des Modells von Sutton und
Pasquill von den Messergebnissen über 590 s mit der molaren Masse.
Stoff Molare Masse in g/mol Abweichung in %
Ethanol 46 - 10,55%
Butanol 74,12 + 7,7%
Heptan 100,2 + 11,8%
Bereits Habib (2012) beschreibt diesen Effekt, der von der molaren Masse ausgeht für alle
Modelle außer denen von Deutsch und Mackay-Matsugu. Auch die Ergebnisse der hier
durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass nur bei diesen beiden Modellen kein solcher
Effekt auftritt.
35
5.2 Niedriger Dampfdruck
Butanol hat einen wesentlich niedrigeren Dampfdruck als Ethanol und Heptan. Um festzu-
stellen, ob die Berechnungsmodelle für Stoffe mit kleinen Dampfdrücken ungenauere
Ergebnisse liefern, werden die Ergebnisse der Modelle von Mackay-Matsugu und Deutsch
im Folgenden für alle verwendeten Stoffe verglichen. Die Genauigkeit dieser Modelle wird
nicht durch die molare Masse beeinflusst (Habib, 2012).
Abb. 5.6: Abweichung der aus den Modellen von Mackay-Matsugu und Deutsch errechneten Werte von den
Messwerten in %. Bezogen auf die Massenabnahme über 590 Sekunden.
Die Abweichung der mit den Modellen von Mackay-Matsugu und Deutsch errechneten
Werte von den Messwerten ist in Abbildung 5.6 dargestellt. Das Modell von Mackay und
Matsugu liefert für Butanol eine geringere Abweichung als für Ethanol und Heptan. Die mit
dem Modell von Deutsch errechneten Werte stimmen am besten mit den Messwerten von
Ethanol überein, die zweitbeste Übereinstimmung mit den Messwerten wird bei Butanol
erreicht. Für Heptan, das einen Dampfdruck hat, der zwischen dem von Butanol und Etha-
nol liegt, wird in beiden Fällen die größte Abweichung vom Messwert beobachtet. Dem
Dampfdruck sind die Unterschiede in der Abweichung damit nicht zuzuordnen. Bei diesen
Modellen kann daher davon ausgegangen werden dass die Berechnung des Massen-
stroms für Flüssigkeiten mit niedrigem Dampfdruck vergleichbar genaue Ergebnisse liefert,
wie die Berechnung für Flüssigkeiten mit höheren Dampfdrücken. Dies gilt zumindest bis
zu einem Dampfdruck von 0,3 bar bis zu dem Habib keinen „Einfluss auf die Ergebnisse
36
der Verhältnisse der Modelle zueinander“ (Habib, 2012, S.62) feststellt. Da sich diese Ver-
hältnisse nicht ändern, lässt sich die hier gewonnene Erkenntnis auf alle weiteren vorge-
stellten Modelle übertragen. Das bedeutet, dass für alle Modelle die Abweichung der
berechneten von den tatsächlichen Massenströmen für kleine Dampfdrücke nicht größer
wird.
5.3 Flüssigkeitsgemische
In Abbildung 4.5 ist der gemessene Massenstrom gegenüber dem auf den Messergebnis-
sen der Komponenten basierenden Stoffmengen-Massenstrom bei 28°C aufgetragen. Da
der Stoffmengen-Massenstrom über den Stoffmengenanteil berechnet wird, kann der Volu-
menanteil hier nicht verwendet werden. In Tabelle 5.2 ist der Stoffmengenanteil bei ent-
sprechendem Volumenanteil dargestellt.
Tabelle 5.2: Stoffmengenanteil und Volumenanteil Ethanol/Butanol.
Volumenanteil Ethanol/Butanol Stoffmengenanteil Ethanol/Butanol
1 / 1 0,61 / 0,39
2 / 1 0,76 / 0,24
1 / 2 0,44 / 0,56
Abb. 5.7: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenstrom (auf Basis der Komponenten) der
Gemische aus Ethanol und Butanol bei 28°C. Der Stoffmengen-Massenstrom hat in der Legende die
Bezeichnung „Komponenten“.
37
Der Stoffmengen-Massenstrom zeigt in allen Fällen eine positive Abweichung vom gemes-
senen Massenstrom der Gemische. Daraus ist zu schließen, dass Ethanol und Butanol
kein ideales Flüssigkeitsgemisch bilden. Die Gemische weichen negativ vom Raoultschen
Gesetz ab. Der Dampfdruck der Gemische ist niedriger als durch das Raoultsche Gesetz
berechnet. Daher ist auch der gemessene Massenstrom kleiner als der berechnete Stoff-
mengen-Massenstrom. Die Abweichung vom Raoultschen Gesetz wird mit abnehmendem
Ethanol Anteil im Gemisch geringer.
Für alle Gemische die durchgehend nicht oder negativ vom Raoultschen Gesetz abwei-
chen, kann man annehmen, dass eine konservative Abschätzung, durch die Berechnung
des Stoffmengen-Massenstroms auf Basis der gemessenen Massenströme der Kompo-
nenten möglich ist.
Da in den meisten Fällen keine gemessenen Massenströme der Komponenten vorliegen,
muss auf die berechneten Massenströme zurückgegriffen werden. In Abbildung 5.7 ist der
gemessene Massenstrom der E/B Gemische neben den verschiedenen errechneten Stoff-
mengen-Massenströmen aufgetragen. Die Stoffmengen-Massenströme basieren auf den
errechneten, im Fall „Komponenten“ auf den gemessenen Massenströmen der Kompo-
nenten.
Abb. 5.7: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenströme der E/B Gemische bei 28°C. Erläute-
rung siehe Text. Die Verbindungslinien zwischen den Punkten dienen nur der Orientierung.
38
In der Abbildung erkennt man, dass der Massenstrom für alle untersuchten E/B Gemische
durch die Modelle von Mackay-Matsugu, Deutsch und Sutton-Pasquill konservativ abge-
schätzt werden kann. Der Massenstrom kann dann konservativ durch den Stoffmengen-
Massenstrom abgeschätzt werden, wenn die als Grundlage dienenden Berechnungser-
gebnisse für die Komponenten auch konservativ sind. Diese Aussage gilt nur für Gemi-
sche, die ideal sind oder negativ vom Raoultschen Gesetz abweichen.
Probleme können bei der Abschätzung des Massenstroms aufkommen, wenn Gemische
mit positiver Abweichung vom Raoultschen Gesetz vorliegen. In diesen Fällen können die
Massenströme größer sein als die auf Basis der Massenströme der Komponenten berech-
neten Stoffmengen-Massenströme. Zudem kann nicht bestimmt werden ob der Massen-
strom über die Zeit mit der abfallenden Temperatur sinkt oder steigt. Die temperaturabhän-
gigen Massenströme von E2/H1, die in Abbildung 4.7 dargestellt wurden, hängen allem
Anschein nach mehr von der Änderung der Gemischzusammensetzung als von der Tem-
peraturänderung ab. Der Massenstrom kann also mit Abnahme der Temperatur auch
ansteigen. Deshalb wird der höchste gemessene und vergleichbare Massenstromwert als
Bewertungsmaßstab herangezogen und nicht der Mittelwert der Massenströme. Dieser
wurde bei 25°C für das Gemisch E2/H1 gemessen. Abbildung 5.8 zeigt den Massenstrom
der E/H Gemische neben den errechneten Stoffmengen-Massenströmen bei 25°C. Die
Stoffmengen-Massenströme basieren auf den errechneten, im Fall „Komponenten“ auf
den gemessenen Massenströmen der Komponenten. Die Stoffmengen-Massenströme
wurden anhand der in Tabelle 5.3 genannten Stoffmengenverhältnisse errechnet.
Tabelle 5.3: Stoffmengen- und Volumenverhältnis Ethanol/Heptan.
Volumenverhältnis E/H Stoffmengenverhältnis E/H
1 / 1 0,71 / 0,29
2 / 1 0,83 / 0,17
1 / 2 0,56 / 0,44
39
Abb. 5.8: Gemessener Massenstrom und Stoffmengen-Massenströme der E/H Gemische bei 25°C. Erläute-
rung siehe Text. Die Verbindungslinien zwischen den Punkten dienen nur der Orientierung.
In Abbildung 5.8 ist zu erkennen, dass die Messwerte von E2/H1 und E1/H2 weit oberhalb
der errechneten Werte liegen. Für das Gemisch E1/H1 liegt der Messwert unterhalb des
auf den gemessenen Massenströmen der Komponenten basierenden Stoffmengen-Mas-
senstroms. Das Gemisch zeigt also in dieser Zusammensetzung keine positive Abwei-
chung vom Raoultschen Gesetz. Für die Gemische E2/H1 und E1/H2 ist eine konservative
Abschätzung durch den Stoffmengen-Massenstrom nicht möglich. Allerdings ist auch bei
den Komponenten eine konservative Abschätzung nur bei Heptan und nur mit dem Modell
von Sutton und Pasquill möglich. Ob eine konservative Abschätzung durch den Stoffmen-
gen-Massenstrom möglich ist, wenn der Massenstrom der Komponenten konservativ
abgeschätzt werden kann, kann bei diesen Versuchsbedingungen nicht erkannt werden.
Es ist daher nötig die Ergebnisse auf größere Flüssigkeitsoberflächen zu übertragen, bei
denen der Massenstrom durch alle Modelle konservativ abgeschätzt wird (Habib, 2012).
Die größte Abweichung des gemessenen Massenstroms von dem auf den gemessenen
Massenströmen der Komponenten basierenden Stoffmengen-Massenstrom beträgt etwa
68%. Gemessen wurde diese beim Gemisch E2/H1 bei 25°C. Es wird angenommen, dass
diese Abweichung unabhängig von der Größe der Flüssigkeitsoberfläche in etwa gleich
bleibt, da die Stoffeigenschaften sich nicht ändern. Die auf den gemessenen Massenströ-
40
men der Komponenten basierenden Stoffmengen-Massenströme des Gemisches E2/H1
sind in etwa gleich, wie die für reines Ethanol gemessenen Massenströme. Genauso sind
die berechneten Massenströme von Ethanol etwa gleich, wie die Stoffmengenmassen-
ströme für E2/H1 die auf den errechneten Massenströmen der Komponenten beruhen.
Daher können diese Massenströme gleichgestellt werden.
Für die folgende Betrachtung können daher die von Habib (2012) gemessenen Ethanol
Massenströme für größere Flüssigkeitsoberflächen herangezogen werden. Diese reprä-
sentieren die auf den gemessenen Massenströmen der Komponenten basierenden Stoff-
mengen-Massenströme des Gemisches E2/H1. Die von Habib (2012) berechneten Mas-
senströme für Ethanol repräsentieren die auf den Berechnungen basierenden Stoffmen-
gen-Massenströme von E2/H1. Die Abweichung der berechneten Massenströme von
Ethanol zu dem gemessenen Massenstrom wird für einen Lachendurchmesser von einem
Meter in Abbildung 5.9 dargestellt. Zum Vergleich ist die maximal gemessene Abweichung
(68%) vom auf den gemessenen Massenströmen der Komponenten basierenden Stoff-
mengen-Massenstrom von E2/H1 (= gemessener Massenstrom Ethanol) aufgetragen.
Abb. 5.9: Abweichung der berechneten Massenströme von Ethanol vom gemessenen Massenstrom in % bei
einem Lachendurchmesser von einem Meter.
Aus Abbildung 5.9 kann man folgern, dass die Modelle von Clancey, Meurer und das TÜV
Modell für die gegebenen Umstände keine konservative Abschätzung mehr liefern.
41
Alle anderen untersuchten Modelle wären unter denselben Umständen noch für eine kon-
servative Abschätzung geeignet. Es kann daher angenommen werden, dass diese ande-
ren Modelle im untersuchten Temperaturbereich und bei einem Lachendurchmesser von
einem Meter und größer für eine konservative Abschätzung geeignet wären.
Über einen weiteren Temperaturbereich kann aufgrund der unberechenbaren Schwankun-
gen der Abweichungen keine Angabe gemacht werden. Auch kann diese Betrachtung nicht
auf andere Gemische als das Untersuchte bezogen werden. Es kann durchaus sein, dass
andere Gemische eine noch weit größere Abweichung vom Raoultschen Gesetz aufzei-
gen. Es kann daher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Massen-
strom durch den Stoffmengen-Massenstrom konservativ abgeschätzt werden kann.
Jedoch wurde gezeigt, dass eine konservative Abschätzung mit dem Stoffmengen-Mas-
senstrom auch bei Gemischen möglich sein kann, die nicht ideal sind.
5.4 Limitation
Der Aufbau und der Ablauf der Versuche führte dazu, dass die Temperaturbereiche der
einzelnen Versuche sehr unterschiedlich waren. Das liegt vor allem daran, dass für alle
Versuche die selben Ausgangsbedingungen verwendet wurden. Die Wärmezufuhr durch
das Wasserbad war somit bei allen Versuchen gleich. Der Wärmeverlust war jedoch von
Versuch zu Versuch unterschiedlich. Daraus gehen zwei Probleme hervor:
1. Die Bandbreite der vergleichbaren Massenströme ist teilweise sehr klein.
2. Die berechneten Massenströme basieren auf unterschiedlichen Zeitintervallen. Sie
haben damit nicht dieselbe Genauigkeit.
Eine Anfangstemperatur von 30°C konnte nicht bei allen Versuchen eingehalten werden.
Insbesondere bei den Versuchen mit den Flüssigkeitsgemischen nicht. Der Wärmeverlust
war dabei zu Beginn so stark, dass die Temperatur bei Versuchsbeginn schon einige Grad
Celcius unterhalb von 30°C lag. Dadurch konnte ein Vergleich zwischen den Massenströ-
men der Reinstoffe und der Gemische nur in Teilbereichen der gesamten Versuchsdauer
durchgeführt werden. Dies hat allerdings keinen Einfluss auf die zentralen Aussagen. Auf
die Diskussion von kleinen Flüssigkeitsoberflächen und geringen Dampfdrücken hatten die
oben genannten Punkte keine bedeutende Auswirkung. Hier wurde der Massenstrom über
590 Sekunden temperaturabhängig berechnet. Es wurde nicht direkt untereinander vergli-
42
chen, sondern über die Abweichungen von den berechneten Werten.
Eine weitere Problematik für den Vergleich der Versuchsergebnisse entstand durch den
unterschiedlichen Luftdruck der Gemische. Bei den Reinstoffversuchen war der Luftdruck
etwa 80 hPa höher als bei den Gemischversuchen. Der Luftdruck bei den Reinstoffversu-
chen betrug etwa 1025 hPa. Die Berechnungen basieren auf einem Luftdruck von 1013,25
hPa. Mit zunehmendem Umgebungsdruck verringert sich die Verdunstungsgeschwindig-
keit (Docekal, ohne Datum) und somit auch der Massenstrom. Daher wäre der Massen-
strom der Gemische bei 1013,25 hPa etwas niedriger anzusetzen. Eine konservative
Abschätzung wäre dann sogar eher möglich. Die zentrale Aussage wird damit durch den
Druckunterschied nicht beeinflusst.
43
6. Fazit
In dieser Arbeit wurden Berechnungsmodelle daraufhin überprüft, ob diese unter
bestimmten Bedingungen den Massenstrom konservativ abschätzen können. Dabei
konnte festgestellt werden, dass bei dem verwendeten Lachendurchmesser von 0,21 m
eine konservative Abschätzung in fast allen Fällen nicht mehr gegeben ist. Lediglich das
Modell von Sutton und Pasquill lieferte eine knappe konservative Abschätzung für Heptan.
Aufgrund der Ergebnisse ist anzunehmen, dass für alle Stoffe und Berechnungsmodelle
die Möglichkeit einer konservativen Abschätzung des Massenstroms durch kleine Flüssig-
keitsoberflächen beschränkt wird.
Mit Butanol wurde ein Stoff mit einem sehr niedrigen Dampfdruck untersucht. Die Versu-
che mit Butanol wurden durchgeführt um herauszufinden, ob die Berechnungsmodelle
auch für Stoffe mit niedrigen Dampfdrücken anwendbar sind. Die Untersuchungen zeigen,
dass kein auf den niedrigen Dampfdruck zurückzuführender Unterschied in der Genauig-
keit der Berechnungsmodelle vorliegt. Die Berechnungsmodelle können somit für Stoffe
mit niedrigem Dampfdruck genau so angewendet werden wie für Stoffe mit höheren
Dampfdrücken.
Es wurden zudem binäre, homogene Flüssigkeitsgemische untersucht. Hintergrund dieser
Untersuchung war die Frage, ob sich über den Stoffmengenanteil der Komponenten der
Massenstrom des Gemisches konservativ abschätzen lässt. Dabei wurde ein möglichst
einfacher Zusammenhang zwischen dem Massenstrom des Gemisches und dem der
Komponenten angenommen. Die Aktivität der Komponenten wurde dabei nicht berücksich-
tigt. Das bedeutet, es wurde bewusst die falsche Annahme gemacht, es würde sich bei
den verwendeten Gemischen um ideale Flüssigkeitsgemische handeln. Untersucht wur-
den Gemische aus Ethanol und Butanol sowie Ethanol und Heptan. Die untersuchten
Gemische aus Ethanol und Butanol weichen negativ vom Raoultschen Gesetz ab. Damit
ist eine konservative Abschätzung des Gemisches über den Stoffmengenanteil der Kom-
ponenten dann möglich, wenn Umgebungsbedingungen vorliegen, bei denen auch die
Massenströme der beiden Komponenten durch das verwendete Modell konservativ abge-
schätzt werden können.
Zwei von drei untersuchten Gemischen aus Ethanol und Heptan weichen positiv vom
Raoultschen Gesetz ab. Der gemessene Massenstrom lag maximal 68% oberhalb des
44
über die Stoffmengen berechneten Massenstroms. Bei größeren Flüssigkeitsoberflächen
überschätzen die Berechnungsmodelle den Massenstrom stärker (Habib, 2012). Über-
schätzen die Berechnungsmodelle den Massenstrom stark genug, kann die positive
Abweichung vom Raoultschen Gesetz kompensiert werden. Es konnte gezeigt werden,
dass bei einem Lachendurchmesser von einem Meter bereits vier Modelle geeignet waren,
mit dem Stoffmengen-Massenstrom konservative Abschätzungen des Massenstroms für
alle untersuchten Gemische aus Ethanol und Heptan zu liefern. Aussagen über andere,
positiv vom Raoultschen Gesetz abweichenden Gemische können daraus nicht gezogen
werden.
Durch die teilweise sehr hohe Überschätzung des Massenstroms bei größeren Flüssigkeit-
soberflächen, wie sie Habib (2012) feststellte, könnte eine konservative Abschätzung sol-
cher Gemische über die hier verwendeten, vereinfachten Zusammenhänge in vielen Fällen
möglich sein. Ein Ansatz um dieser Frage nachzugehen, wäre herauszufinden, welches
Flüssigkeitsgemisch die stärkste positive Abweichung vom Raoultschen Gesetz aufweist.
Anhand von Untersuchungen dieses Gemisches könnte festgestellt werden, ob das ver-
wendete, vereinfachte Berechnungsverfahren unter geeigneten Umständen für alle Flüs-
sigkeitsgemische den Massenstrom konservativ abschätzen kann.
45
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