BEZUGSNORMEN UND MOTIVATION 13 · PDF file2 Begriffsklärungen Motivation, Motiv,...

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1 INHALTSVERZEICHNIS BEGRIFFSKLÄRUNGEN 2 MOTIVATION, MOTIV, BEDÜRFNIS 2 PRIMÄRE / SEKUNDÄRE BEDÜRFNISSE 3 EXTRINSISCHE/INTRINSISCHE MOTIVATION 3 MOTIVATION IN DER SCHULE 4 WIE KANN MAN SCHÜLER MOTIVIEREN? 4 DIE 4 GRUNDPRINZIPIEN MOTIVIERTEN ARBEITENS 5 MOTIVATION IM UNTERRICHT 7 ERWARTUNGEN UND BEDÜRFNISSE DER SCHÜLER 7 WENN NICHTS MEHR GEHT... 8 DAS EINSETZEN VON MUSIK 8 FANTASIEREISEN - EINE WELT VOLLER GEDANKEN 9 MANDALAS MALEN 10 ANREGUNG UND ENTSPANNUNG DURCH KÖRPERÜBUNGEN 10 ANDERE MOTIVATIONSMETHODEN 11 BEZUGSNORMEN UND MOTIVATION 13 LITERATURVERZEICHNIS 15

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Page 1: BEZUGSNORMEN UND MOTIVATION 13 · PDF file2 Begriffsklärungen Motivation, Motiv, Bedürfnis Bei der Motivation handelt es sich um keine direkt beobachtbare Größe. Sie ist lediglich

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INHALTSVERZEICHNIS

BEGRIFFSKLÄRUNGEN 2

MOTIVATION, MOTIV, BEDÜRFNIS 2 PRIMÄRE / SEKUNDÄRE BEDÜRFNISSE 3 EXTRINSISCHE/INTRINSISCHE MOTIVATION 3

MOTIVATION IN DER SCHULE 4

WIE KANN MAN SCHÜLER MOTIVIEREN? 4 DIE 4 GRUNDPRINZIPIEN MOTIVIERTEN ARBEITENS 5

MOTIVATION IM UNTERRICHT 7

ERWARTUNGEN UND BEDÜRFNISSE DER SCHÜLER 7

WENN NICHTS MEHR GEHT... 8

DAS EINSETZEN VON MUSIK 8 FANTASIEREISEN - EINE WELT VOLLER GEDANKEN 9 MANDALAS MALEN 10 ANREGUNG UND ENTSPANNUNG DURCH KÖRPERÜBUNGEN 10 ANDERE MOTIVATIONSMETHODEN 11

BEZUGSNORMEN UND MOTIVATION 13

LITERATURVERZEICHNIS 15

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Begriffsklärungen Motivation, Motiv, Bedürfnis

Bei der Motivation handelt es sich um keine direkt beobachtbare Größe. Sie ist lediglich ein hypothetisches Konstrukt, auf das durch eine Vielzahl von Beobachtungen geschlossen wird. Sie soll uns „bestimmte Verhaltensbesonderheiten erklären“1.

Wir alle kennen Zustände des Strebens, Begehrens, Wollens etc. All diese Phänomene haben eine „Komponente einer aktivierenden Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand“2. Motivation ist also ein Sammelbegriff für alle psychischen Erscheinungen, die unser Tun auf ein bestimmtes Ziel hinlenken (bzw. unerwünschte Zustände vermeiden sollen). Welche Zielzustände „positiv bewertet“ werden, hängt von der Person und der aktuellen Situation ab. Diese persönlichen Bewertungsvorlieben (d.h. welche zukünftigen Zustände für eine Person als besonders reizvoll gelten) bezeichnet man als Motive.

Beispielsweise werden manche Leute von dem Motiv angetrieben, Macht über andere zu erlangen. Andere Menschen suchen Herausforderungen, um sich selbst als fähig und tüchtig erleben zu können. Motive sind auf übergeordnete Ziele gerichtet. Sie sind nicht angeboren, sondern entwickeln sich im Lauf des Lebens unter dem Einfluss sozialer Normen. Man kann Motive damit als Beweggründe für unser Handeln ansehen. Auch die biologischen Notwendigkeiten - Erhaltung des Organismus und der Art - rufen Handlungen hervor, wie Essen, Trinken, Schlafen, Sex, usw. Diese sind allerdings biologisch bedingt; sie werden daher häufig als Bedürfnisse bezeichnet und von den Motiven abgegrenzt.

1 Rheinberg, Falko: Motivation. Stuttgart, Berlin, Köln: 2000³. S. 60. S. 14 2 a.a.O. S. 15

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sekundäre Bedürfnisse

Sobald die Karotte weg ist, bleibt der Esel stehen

Der Esel läuft über die Wiese, weil’s ihm Spaß macht.

Primäre / Sekundäre Bedürfnisse

Die Trennung von Motiven und Bedürfnissen wird allerdings nicht immer in dieser Weise durchgehalten. Häufig wird zwischen primären und sekundären Bedürfnissen unterschieden. Primäre Bedürfnisse sind angeboren und gelten als „biologisch sinnvoll“, da sie der Lebens- und Arterhaltung dienen. Sie umfassen Bedürfnisse wie jene nach Nahrung, Wasser, Ausscheidung, Sexualität und der Vermeidung von Schmerz.

Sekundäre Bedürfnisse sind nicht angeboren, sondern erlernt. Das hat zwei Folgen: Jeder Mensch kann unterschiedliche sekundäre Bedürfnisse haben. Und jedes sekundäre Bedürfnis kann auftauchen (erlernt werden) und auch wieder verschwinden (verlernt werden). Es gibt viele unterschiedliche sekundäre Bedürfnisse. Die Palette reicht von Interessen und Leidenschaften bis zur Sucht. Beispielsweise resultiert aus dem Interesse für Astronomie das Bedürfnis, mehr über Astronomie zu erfahren und etwa einschlägige Bücher zu lesen. Ein anderer mag eine Leidenschaft für die Oper entwickeln. Und schließlich sind auch Nikotin- und Drogensucht erlernte Bedürfnisse.

Das Auftreten sekundärer Bedürfnisse und ihre Stärke sind von Mensch zu Mensch verschieden. Auch die momentane Situation und Befindlichkeit ist von Bedeutung. Nach einem anstrengenden Arbeitstag etwa mag das Bedürfnis nach zeitgenössischer Experimentallyrik etwas kleiner sein als in anderen Situationen. Extrinsische/Intrinsische Motivation

Eine andere, häufig getroffene Unterscheidung betrifft den Ursprung der Motivation. Liegt dieser innerhalb der Sache, so spricht man von intrinsischer Motivation. Das heißt, eine Sache wird um ihrer selbst willen angestrebt. Jemand, der intrinsisch motiviert Französisch lernt, tut dies einfach, weil er Freude empfindet, wenn er seine Sprachkenntnisse erweitert. Äußere Faktoren wie etwa bessere Noten oder der Nutzen, der aus der Beherrschung einer Fremdsprache entspringt, sind nicht die Ursache des Lernens.

Bei der extrinsischen Motivation liegt genau der umgekehrte Fall vor. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern die angenehmen Folgen der Erreichung des Zieles. Anders ausgedrückt: Eine Handlung wird nicht um ihrer selbst willen ausgeführt, sondern weil sich der/die Handelnde positive Konsequenzen davon verspricht. Extrinsische Motivation verschwindet, sobald die äußeren Anreize verschwinden. Intrinsische Motivation ist hingegen von diesen äußeren Anreizen unabhängig. Unter diesem Blickwinkel erscheint intrinsische Motivation bei der Arbeit oder in der Schule günstiger. Am günstigsten ist wohl eine Kombination von beiden; wenn also intrinsisch motiviertes Verhalten durch extrinsische Motivation verstärkt wird, sprich: wenn eine Neigung von außen belohnt wird.

Primäre Bedürfnisse

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Motivation in der Schule Wie kann man Schüler motivieren?

- Ein `angenehmer´ Lehrer sein, sich für die Anliegen und Ideen der Schüler

interessieren Versuchen ein gutes, freundschaftliches Verhältnis aufzubauen, z. B. durch kurze persönliche oder private Gespräche.

- Mitglied in einem `Team´ sein, auf das man sich verlassen kann Wenn ich mich auf meine Schüler/innen verlassen möchte, muss ich ihnen zeigen, dass sie das auch von mir erwarten können.

- Niemand unter Druck setzen Zu viel Druck könnte ins Gegenteil ausarten – leider funktioniert Schule meist nicht ohne einem gewissen Druck.

- Sich gegenseitig respektieren Diese soziale Kompetenz sollte man schon in der Schule erlernen und erfahren, da sie für das weitere Leben der Schüler/innen sehr wichtig ist.

- `Leben´ und Energie in den Schulalltag bringen Den Unterricht durch verschiedene Übungen (siehe „Motivation als Unterbrechung“) auflockern.

- Die Schule nicht als selbstverständlich hinnehmen Die Schule nicht als lästige Pflicht sehen. Die Schüler/innen sollen merken welche Chancen sie haben und welche Möglichkeiten ihnen offen stehen.

- Spaß an der Arbeit in der Schule haben und Humor in die Klasse bringen Der Klasse zeigen, dass man gerne in die Schule geht, gerne Lehrer/in ist und von seinem Fach begeistert ist.

- Den Schülern bei Aufgaben das Gefühl geben es `alleine´ geschafft zu haben Siehe „Leistungsmotivation“

- Spielen

Spiele lockern den Unterricht auf – sie können als Unterbrechung, Belohnung oder zum Lernen verwendet werden.

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Die 4 Grundprinzipien motivierten Arbeitens

1) Wähle deine Einstellung Es liegt an uns, wie unser Arbeitstag verläuft. Sich bewusst für eine positive Einstellung

entscheiden – zum Beispiel: „Ich entscheide mich für Selbstvertrauen und den Glauben an Erfolg“. Falls es einmal nicht nach Wunsch läuft, ist es wichtig, nicht in eine Opferrolle zu verfallen. Ruhig etwas riskieren ohne dabei ständig Angst zu haben, es könnte etwas schief gehen. Den Mut zu Veränderungen haben (auch wenn das oft sehr schwierig ist).

2) Bereite anderen Freude Immer nach Möglichkeiten suchen, bei den Schülern eine angenehme Erinnerung zu

hinterlassen. Indem man jemandem Freude bereitet, sorgt man für diese angenehme Erinnerung. Wichtig ist auch, sich nicht von den Schülern abzugrenzen, sondern diese in den Unterricht so viel wie möglich mit einzubeziehen. Das heißt nichts anderes als den Schüler/innen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden.

3) Sei präsent Wirklich präsent zu sein bedeutet geistig anwesend zu sein - in der Arbeit in der Klasse

aufzugehen. 4) Spiele Spiele lockern den Unterricht auf – sie können als Unterbrechung, Belohnung oder zum

Lernen verwendet werden.

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Leistungsmotivation Der Begriff Leistungsmotivation ist im schulischen Kontext von großem Interesse. Der psychologische Fachbegriff unterscheidet sich ein wenig von der alltagspsychologischen Auffassung von Leistungsmotivation als „Fleiß“ oder Eifer“.

Als leistungsmotiviert gilt ein Verhalten nur dann, „wenn es auf die Selbstbewertung eigener Tüchtigkeit zielt, und zwar in Auseinandersetzung mit einem Gütemaßstab, den es zu erreichen oder übertreffen gilt.“3

Es geht also darum, herauszufinden, welche Herausforderung man gerade noch bewältigt. Dieses Interesse ist der Antrieb für besonders engagiertes Verhalten. Wird das Ziel, das man sich gesteckt hat, erreicht, ist man auf die eigene Leistung stolz (man hat ein „Erfolgserlebnis“). Welche Herausforderungen sind nun für leistungsmotivierte Menschen besonders attraktiv? Hier spielen zwei Größen eine Rolle: Einerseits wächst – vorausgesetzt man ist erfolgreich – der Stolz auf die eigene Leistung mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe, weshalb sehr einfache Aufgaben wenig Attraktivität besitzen. Andererseits stellen extrem schwierige Aufgaben auch keine interessanten Herausforderungen dar, da sie offenbar die eigenen Fähigkeiten überfordern und daher keine Informationen über die „eigene Tüchtigkeit“ bieten. Es werden also mittlelschwere Aufgaben bevorzugt, die anspruchsvoll, aber realistisch sind.4 Dabei gibt es allerdings individuelle Unterschiede. Nicht jeder Mensch ist in gleicher Weise zu leistungsmotiviertem Verhalten bereit. Die Psychologie unterscheidet zwei Typen: die „Erfolgszuversichtlichen“ und die „Misserfolgsängstlichen (oder –vermeider)“. Diese repräsentieren allerdings nur die beiden Extreme eines Kontinuums mit allen Abstufungen dazwischen. Der Unterschied zwischen den zwei Typen liegt im Erleben und in der Bewertung von Erfolgs- und Misserfolgserlebnissen. Dabei sind die Ursachen, die der oder die Einzelne für Erfolg oder Misserfolg verantwortlich macht, entscheidend.

Erfolgszuversichtliche Menschen schreiben das gute Abschneiden bei einer Aufgabe (eher) ihren eigenen Fähigkeiten zu, wodurch das Erfolgserlebnis besonders angenehm empfunden wird. Im Falle eines Misserfolges werden eher externe Faktoren wie Pech oder das zu hohe Niveau der Aufgabe bzw. veränderliche interne Faktoren wie mangelnde Anstrengung als Erklärung herangezogen. Dadurch wird die Intensität des Misserfolgserlebnisses abgeschwächt. Geht man davon aus, dass Erfolg und Misserfolg mit der gleichen Häufigkeit auftreten, ergibt sich insgesamt eine positive Bilanz: Schwach empfundenen Niederlagen stehen gleich viele stark erlebte Triumphe gegenüber. Herausforderungen sind daher Möglichkeiten, zu Erfolgserlebnissen zu kommen und werden dementsprechend wohlwollend angenommen. Anders sieht die Situation bei Misserfolgsängstlichen aus. Im Erfolgsfall werden eher äußere Faktoren (Glück, leicht Aufgabe) und nicht etwa die eigene Tüchtigkeit als Erklärung herangezogen. Dadurch wird das Erfolgserlebnis nicht mehr so stark empfunden. Die Ursache für Misserfolg wird hingegen in den mangelnden eigenen Fähigkeiten gesehen. Misserfolge schmerzen daher besonders. In Summe ergibt dies eine negative Bilanz, d.h. jede Herausforderung wird als Gefahr für Misserfolg angesehen und so gut es geht gemieden5.

3 Rheinberg, Falko: Motivation. Stuttgart, Berlin, Köln: 2000³. S. 60 4 Dies macht auch durchaus Sinn: Schließlich lernt man nur etwas, wenn man über die Routine hinaus an seine Grenzen geht. 5 referiert nach Rheinberg, Falko: Motivation. Stuttgart, Berlin, Köln: 2000³. S. 60ff

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Motivation im Unterricht Erwartungen und Bedürfnisse der Schüler

Die hierarchische Ordnung der Bedürfnisse

Abraham Maslow entwickelte 1954 ein Modell, wonach die Bedürfnisse des Menschen hierarchisch gegliedert sind. Die Basis dieser „Bedürfnispyramide“ bilden physiologische Bedürfnisse (Hunger, Durst, etc.). Sicherheitsbedürfnisse (wie Schutz vor Gefahren oder eine stabile Lebenssituation) stellen die zweite Stufe dar. Darüber finden sich Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnisse (wie Zuneigung und Identifizierung). Die Bedürfnisse nach Wertschätzung (Prestige, Selbstachtung) und Selbstverwirklichung stellen die 4. und 5. Stufe dar. Nachträglich hat Maslow das Bedürfnis nach Transzendenz (also den spirituellen Bereich) hinzugefügt. Damit sich ein höheres Bedürfnis voll entwickeln kann, müssen nach Maslow zuerst die niedrigeren Bedürfnisse befriedigt sein. Ein Beispiel: Ein Schüler, dessen Lebenssituation momentan instabil ist (etwa durch die Scheidung der Eltern), verliert das Bedürfnis, seinem Interesse für Geographie nachzugehen oder die Wertschätzung der Lehrperson zu erlangen. Erst wenn sich „die Wogen geglättet haben“ (wenn er sich z.B. an die neue Situation gewöhnt hat und die Scheidung einigermaßen verarbeitet wurde), kann sein Interesse für Geographie wieder erwachen.6 - Geltung Jeder Schüler hat ein natürliches Geltungsstreben und betrachtet das Unterrichtsgeschehen aus dieser Sicht, wenn er z. B. registriert, wer wie oft „drankommt“, wem welche Chancen geboten werden, wie viel Gerechtigkeit innerhalb der Stunde waltet. Jeder möchte zum Zuge kommen und sich vor den anderen zur Geltung bringen.

- Wettkampf und Vergleich Leistungsvergleiche mit den anderen stellen ein natürliches Grundbedürfnis des Schülers dar. Es ist ein legitimes Anliegen der Schüler, ihren Stand zu bestimmen, einmal zu denen ganz vorne zu zählen oder zusammen mit einer Gruppe Sieger zu sein.

- Spiel und Spaß In diesem Bereich kommt der Spieltrieb des Menschen zum Tragen. Der Bereich schließt Bewegungsfreude, Bedürfnis nach Partnern und Geselligkeit, Nachahmungs- und Ausdrucksfreude ein.

- Zuwendung Das Zuwendungsbedürfnis ist nicht nur auf den Lehrer/die Lehrerin bezogen. Eine große Rolle spielen in diesem Kontext auch die Sitznachbarn, Klassenkameraden und Freunde.

- Abwechslung Der methodisch versierte Lehrer weiß um dieses Bedürfnis und entspricht ihm mit entsprechenden Maßnahmen, wie zum Beispiel Wechsel der Arbeitsform, Medienwechsel, Überraschung, Spannung und Veranschaulichung.

Es gibt noch ein weiteres primäres Bedürfnis, nämlich Neugier, also das Bedürfnis nach Reizen und Informationen. Der totale Entzug von Reizen wird als äußerst unangenehm erlebt, wie in Versuchen demonstriert wurde7. Neugier wird durch Explorationsverhalten befriedigt. Das sind all jene Verhaltensweisen, die geeignet sind, uns Informationen über eine Situation oder unsere Umgebung (wobei diese Begriffe sehr weit gefasst sein können) zu verschaffen. Umgekehrt wird auch eine Reizüberflutung als unangenehm empfunden. Generell wird eine mittlere Reizmenge bevorzugt, wobei das Optimum für jede Situation und für jedes Individuum spezifisch ist.

6 referiert Krech, David, Crutchfield, Richard et al.: Grundlagen der Psychologie [Bd.5]. Weinheim: Beltz Verlagsunion, 1992. S.35 7 Bexton, Heron und Scott (1954). Siehe: Herkner, Werner: Psychologie. Wien, New York: Springer, 1992² , 196

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Wenn nichts mehr geht... - Motivation als Unterbrechung Im Leben jedes Lehrers gibt es Situationen, in denen er das Gefühl hat: Mit dieser Klasse, in dieser Stunde oder unter diesen Umständen ist es unmöglich, den Unterricht wie geplant fortzusetzen. Schlicht: Es geht nichts mehr! Seien es die vierte Unterrichtsstunde an einem Samstag, die Rückgabe einer Schularbeit in der folgenden Stunde oder das schlechte Klima innerhalb einer Klasse etc., die die Motivation der Schüler, sich mit dem Lehrstoff zu befassen, in den Keller sausen lassen. Es stellt sich die Frage, was man als Lehrperson tun kann, um dennoch einen ansprechenden Unterricht – wenn auch in einer etwas anderen Form – zu gestalten. Ein paar Möglichkeiten der Unterbrechung, die die Motivation wieder ansteigen lassen soll, werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Das Einsetzen von Musik8

Musik hat verschiedene Einflüsse auf den Menschen und kann, ausgehend von ihrem Rhythmus, ihrer Tonart und Lautstärke sowie ihrer Zusammensetzung (Instrumente, Stimmen) vor allem zwei unterschiedliche Reaktionen bewirken. Einerseits kann sie Entspannung, Erholung und Regeneration hervorrufen, andererseits schafft sie es zu aktivieren und zu einer erhöhten Leistungsbereitschaft anzuregen. Von daher lässt sie sich im Unterricht gut einsetzen. Zur Entspannung, d.h. als Hintergrundmusik bei Entspannungsübungen oder ausschließlich zum Hören eignet sich Musik mit einem langsamen Tempo, deren Rhythmus nicht zum Mitklopfen einlädt. Sie kann beispielsweise in einer Klasse mit hyperaktiven Kindern am Beginn der Stunde eingesetzt werden. Von der Lehrperson sollte beachtet werden, dass die Schüler dem Anhören der Musik zustimmen. Konkrete Beispiele: Wolfgang Amadeus Mozart: Violinenkonzert Nr. 3 (Adagio); Andante aus dem Klavierkonzert Nr. 21, KV46 Johann Sebastian Bach: „Air“ aus der Suite Nr. 3 Antonio Vivaldi: Concerto für Guitarre in D: Largo Mike Rowland: Titania Peter Hübner: Entspannung B Cat Stevens: Morning has broken Robbie Williams: Eternity Vangelis: Chariots of fire Forrest Gump Suite (die ersten zweieinhalb Minuten) Sally Oldfield: Celebration Es gibt auch die Möglichkeit, die Schüler bei der Auswahl der Musik mitbestimmen zu lassen, und beispielsweise eine Hitparade der zehn besten Entspannungsstücke zusammenzustellen.

8 Vgl. Puchbauer-Schnabel, Konrad: Die 111 besten Lern-Tipps, Wien 2002, S. 62ff. sowie Menn-Hauptvogel Marion, Smolka Dieter: Entspannung fördert die Konzentration, Motivation und das Lernen, in: Smolka, Dieter (Hg.): Schülermotivation – Konzepte und Anregungen für die Praxis, München 2004, S. 207f.

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Fantasiereisen - eine Welt voller Gedanken9

Schon einmal mit einem Tier geredet oder am Sonntagnachmittag über Wiesen und Felder geflogen? Nein? Dann wird es vielleicht Zeit für eine Fantasiereise. Die meisten Kinder verfügen über sehr viel Fantasie. Mit einer Fantasiereise kann man ihren Gedanken eine bestimmte Richtung geben und dadurch verschiedene Dinge bewirken. Fantasiereisen können Kindern Ruhe und Ausgeglichenheit vermitteln und zu körperlich-seelischer Entspannung führen. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Lernbereitschaft

und die Konzentration aus. Zudem können Kinder durch Fantasiereisen ihre eigene Persönlichkeit besser kennen lernen und Kraft schöpfen oder verborgene Fähigkeiten entdecken und nutzen. Ein konkretes Beispiel nennen Marion Menn-Hauptvogel und Dieter Smolka: „Wenn Schüler sich in der Phantasie beim Lernen erfolgreich und sicher erleben, kann dies eine günstige Wirkung auf ihre Lernmotivation haben. Auch ein selbstverantwortliches Handeln kann dadurch gefestigt werden.“10 Ein paar wichtige Dinge gibt es bei der Durchführung von Fantasiereisen zu beachten:

1) Die SchülerInnen müssen freiwillig daran teilnehmen. 2) Jede Fantasiereise braucht eine Einleitung (ruhiges Atmen, Spüren des Körpers...)

und die SchülerInnen müssen auch wieder zurückgeholt werden (sich langsam zu bewegen beginnen, Augen öffnen...).

3) Die Kinder sollen es sich bequem machen. Sie können sitzen oder liegen. Die Augen müssen nicht unbedingt geschlossen werden.

4) Manche Kinder haben negative Erfahrungen mit Fantasiereisen gemacht. Beispiel: Ein Schüler hat Höhenangst und wird in der Fantasiereise an die Brüstung eines Turmes gestellt. Auf solche Eventualitäten sollte bei der Vorbereitung Rücksicht genommen werden.

5) Es sollen möglichst viele Sinne in die Fantasiereise eingebunden werden: was siehst, hörst, fühlst, riechst, schmeckst du...?

6) Es ist nicht schlimm, wenn Kinder bei einer Fantasiereise einschlafen. Im Gegenteil: Das zeigt, dass sie sich wirklich gut entspannen konnten.

7) Nach einer Fantasiereise kann man SchülerInnen über das Erlebte ein Bild malen oder eine Geschichte schreiben lassen.

Aus der Praxis: Ich habe mit meiner zweiten Klasse AHS eine Fantasiereise zur Klassenlektüre („Charlie und die Schokoladenfabrik“) gemacht. Wir reisten in die Fabrik, besichtigten sie und kehrten mit dem Gläsernen Fahrstuhl wieder zurück. Ich war zunächst irritiert, dass etliche Kinder die Augen offen ließen. Im Gespräch mit meiner Betreuungslehrerin stellte sich heraus, dass meine Einleitung viel zu kurz war. Sie meinte auch, dass sie den Kindern immer sagt, sie sollen ihre Augen schließen. Außerdem war meine Stimme am Beginn zu laut. Ich sprach auch relativ schnell weiter und hätte ruhig Mut zu längeren Pausen haben können. Bei den nachfolgenden Schilderungen der Schüler fiel mir auf, dass sie Dinge irrsinnig genau und bis ins kleinste Detail beschreiben konnten. 9 Vgl. Preuschoff, Gisela: Kinder zur Stille führen. Meditative Spiele, Geschichten und Übungen, Freiburg 1996, S.97ff. sowie Menn-Hauptvogel Marion, Smolka Dieter: Entspannung fördert die Konzentration, Motivation und das Lernen; in: Smolka, Dieter (Hg.): Schülermotivation – Konzepte und Anregungen für die Praxis, München 2004, S.208ff. 10 Menn-Hauptvogel, Smolka: Entspannung, S.210

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Mandalas malen11

Als ich einer Kollegin von einer Klasse berichtete, in der mir das Unterrichten alles andere als leicht fiel, meinte sie wie selbstverständlich: „Na, lass sie doch Mandalas malen. Das funktioniert immer!“ Tatsächlich bittet mich auch eine andere Klasse immer wieder darum, Mandalas zu malen.

„Mandala“ ist ein altindisches Wort und bedeutet „Kreis“. Der Kreis ist etwas Vollkommenes. Er spielt in allen Kulturen eine Rolle. Mandalas gelten als Meditationssymbole und werden auch als „Weg zur Mitte“ bezeichnet. Genauer beschreibt es Gudrun Preuschoff: „Mandalas sind Kreise, die uns beruhigen und in die Stille führen, dahin, wo unsere eigene Mitte ist.“ Die Entspannung ergibt sich aus dem Umgang mit Farben und Formen.

Für das Malen von Mandalas gilt:

1) Es eignet sich für alle Altersgruppen und ist auch ohne vorherige Information über Mandalas möglich und sinnvoll.

2) Es kann neben dem Malen Musik gehört werden. Auch der Raum kann stimmungsvoll gestaltet werden, etwa mit Kerzen oder Duftlampen.

3) Man kann entweder ein Mandala für alle Schüler oder verschiedene Mandalas kopieren. Dann sucht sich jeder Schüler aus, welches ihm am besten gefällt.

Aus der Praxis: Ich habe in Religion zum Kapitel „Selbstfindung“ Mandalas malen lassen. Obwohl ich zwanzig verschiedene Mandalas kopiert habe (bei 17 SchülerInnen), wollte niemand genau dasselbe. Die Stunde verlief sehr ruhig und verging wie im Flug. Manche malten akribisch von außen nach innen (Weg zur Mitte), andere wieder ganz anders. Im Hintergrund hörten wir Musik. Interessant war, dass kein Mandala dem anderen auch nur ähnelte und dass viele ihr Mandala zu Hause fertig malten. Anregung und Entspannung durch Körperübungen12

Besonders Kindern fällt langes Sitzen – so wie es in der Schule vorkommt – häufig schwer. Und das zu Recht! Denn langes Sitzen bringt mit sich, dass man schneller müde wird und die Lust am Lernen verliert. Außerdem kann es zu flacher Atmung und zu Verspannungen führen. Ein paar Bewegungsübungen können da viel bewirken. Denn durch Bewegung wird der Puls erhöht und der Blutkreislauf angeregt. Dadurch bekommt das Gehirn mehr Sauerstoff und die Konzentrationsfähigkeit steigt wieder. Strengt man sich körperlich an, wird der Botenstoff Dopamin erzeugt. Dieser erleichtert die Aufnahme von Informationen und steigert Energie und Wohlbefinden.

11 Vgl. Preuschoff, Gisela: Kinder zur Stille führen. Meditative Spiele, Geschichten und Übungen, Freiburg 1996, S.89ff. sowie www.wikipedia.org 12 Vgl. Vopel, Klaus W.: Dem Geist Flügel geben – Motivation und Lernbereitschaft steigern. In: Smolka, Dieter (Hg.): Schülermotivation – Konzepte und Anregungen für die Praxis, München 2004 S.234ff. sowie Menn-Hauptvogel Marion, Smolka Dieter: Entspannung fördert die Konzentration, Motivation und das Lernen; in: Smolka, Dieter (Hrsg.): Schülermotivation – Konzepte und Anregungen für die Praxis Luchterhand München 2004 S.208ff. sowie Denig-Helms, Katharina: Klassenarbeiten erfolgreich bestehen. Das Programm für gute Noten im Schriftlichen. Klassen 5-10, Wien 1995, Kapitel 5.

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Die einfachste Methode, Schwung in den Unterricht zu bringen, ist, die Schüler aufzufordern, möglichst schnell durch den Raum zu gehen. Ist dieser zu klein, kann man auf den Gang oder in die Aula ausweichen. Das Gehen kann verschiedenste Formen annehmen. Die Schüler können sich dabei klein oder groß machen, sie können dabei traurig oder lustig sein, sie können kriechen, schleichen, stapfen, hüpfen, sie können einander grüßen, einander aus dem Weg gehen usw. Eine weitere Methode der Bewegung ist die Muskelentspannung. Hier werden einfach nacheinander verschiedene Muskeln fünf bis acht Sekunden lang angespannt und wieder locker gelassen. Dies führt zu einem entspannten, erholten Zustand des Körpers und hilft, Hast oder Leistungsdruck abzubauen. Einfache Atemübungen sind eine andere Alternative. Sie empfehlen sich vor allem vor Situationen, in denen Leistungen erbracht werden sollen. Es geht darum möglichst ruhig und tief in den Bauch zu atmen und bewusst auszuatmen (siehe auch Anhang). Einige Beispiele für Übungen, die Energie steigern oder Stress vermindern, sind im Anhang angefügt.

Aus der Praxis: Beim Hospitieren habe ich gesehen, wie viel Bewegung bewirken kann. Eine wirklich müde Klasse kann damit „zum Leben erweckt werden“. Daher habe ich mir angewöhnt, ab und zu Körperübungen einfließen zu lassen, und festgestellt: Es macht sehr viel Spaß! Andere Motivationsmethoden13

- Murmelphase In der Murmelphase wird den SchülerInnen ein Zeitrahmen vorgegeben (z.B. fünf Minuten), in dem sie sich über ein bestimmtes Thema mit ihren MitschülerInnen austauschen können. Diese Methode empfiehlt sich, wenn die Klasse aus irgendeinem Grund in einem aufgeregten Zustand ist, z.B. nach einer Schularbeit. Nach der Murmelphase, einer Zeit, die die Lehrperson den Schülern geschenkt hat, sollte wieder Ruhe einkehren und die Aufmerksamkeit auf das Fach gewandt werden. - Blitzlicht Hier wird der augenblickliche Stand der Teilnehmer zu einer bestimmten Frage sichtbar gemacht. Die Lehrperson stellt eine bestimmte Frage (z.B. Wie fühle ich mich gerade? Worauf freue ich mich besonders?) Jeder Schüler/jede Schülerin beantwortet die Frage mit einem Satz. Er/sie spricht dabei über seine/ihre persönliche Sicht und benutzt das Wort „ich“ (Ich fühle mich... ; Ich freue mich besonders auf...). Wichtig ist, dass es während der Stellungnahmen keinen Kommentar und keine Diskussion zu den gemachten Aussagen gibt. - Eine Aufgabe stellen Die Klasse bekommt in jeder Stunde eine Aufgabe, die alle gemeinsam lösen sollen. Sie soll in der von der Lehrperson vorgegebenen Zeit gelöst werden. Schaffen es die Schüler, die Aufgabe zu lösen, gibt es verschiedene „Zuckerl“. Zum Beispiel: bei zehn gelösten Aufgaben auf ein Eis einladen, drei Minuten früher Schluss machen, positive Auswirkung auf die Noten,... Aus der Praxis: Diese Methode habe ich mir in der 1.HASCH, einer schwer zu unterrichtenden Klasse, angewöhnt. Vor allem deswegen, weil die Klassengemeinschaft nicht besonders gut ist. In der ersten Stunde stellte ich die Aufgabe, sie sollten ihre bemalten Arbeitsblätter so miteinander verbinden, dass sie einander berühren. Sie lösten die Aufgabe ganz anders, als ich das getan hätte. Dann kam die Meldung: „Können wir nicht jede Stunde eine Aufgabe lösen?“ Und seither läuft die Sache.

13 www.learn-line.nrw.de

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- Belohnen Schüler lieben Belohnungen. Hat man es nicht gesehen, kann man sich kaum vorstellen, wie sie sich z.B. über ein Stück Schokolade freuen. Bei uns im Konferenzzimmer gibt es sogar Lehrer, die einen ständigen Vorrat an kleinen Geschenken (Sticker, Lesezeichen, Luftballons,...) angehäuft haben. Belohnen kann man aber auch, in dem man die Klasse lobt, dem Einzelnen einen positiven Kommentar unter schriftliche Leistungen schreibt, sich gemeinsam einen Film ansieht oder eine Stunde im Computerraum verbringt. Manchmal kann man mit Belohnungen auch weiterarbeiten. Ich habe z.B. zu Ostern Ostereier versteckt, über die (bzw. über deren Suche) die SchülerInnen im Anschluss ein Gedicht verfasst haben. - Mitbestimmen lassen

Origin vs. Pawn DeCharms hat darauf hingewiesen, dass in der Praxis besonders wichtig ist, dass sich Lehrer und Schüler als Urheber eigenen Handelns wahrnehmen können. Er unterscheidet zwei Zustände: Im Origin-Zustand erlebt eine Person kausale Autonomie, d.h. sie erfährt, dass sie selbst bestimmt, was sie tut, und dass ihre Handlungen Auswirkungen haben. Im Pawn-Zustand fühlt sich eine Person wie ein Bauer auf dem Schachbrett, von äußeren Kräften hin- und hergeschoben und ohne Einfluss auf die Konsequenzen. Wie unschwer nachzuvollziehen ist, behindert dieser Zustand Engagement, Eigeninitiative und „erlebte Selbstverantwortlichkeit für eingetretene Veränderungen“14.

Habe ich die Zügel in der Hand…

…oder bin ich nur eine Figur auf dem Schachbrett?

Die SchülerInnen gehen motivierter an den Unterricht heran, wenn man sie bestimmte Dinge mitbestimmen lässt. Das funktioniert bereits bei den Jüngsten. Man kann sie eine Unterrichtsmethode wählen lassen, die Gruppen für eine Gruppenarbeit selbst einteilen lassen, einen Termin (z.B. für die Abgabe einer schriftlichen Arbeit) vorschlagen lassen, die Gewichtung des Lehrstoffes mitbestimmen lassen, ein Referatsthema selbst wählen lassen... Aus der Praxis: In Religion stelle ich den SchülerInnen am Beginn des Jahres die Themenbereiche vor und lasse sie mit einem Punktesystem auswerten, was sie am meisten interessiert. Die Bereiche mit den meisten Punkten behandle ich dann etwas ausführlicher.

14 Rheinberg, Falko: Motivation. Stuttgart, Berlin, Köln: 2000³. S. 89

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Soziale Bezugsnorm

Individuelle Bezugsnorm

Bezugsnormen und Motivation Bei der Beurteilung der Leistungen eines Schülers/einer Schülerin gibt es für LehrerInnen verschiedene Normen, an denen er/sie sich orientieren kann. Zum ersten ist da die sachliche Bezugsnorm, also von außen vorgegebene Standards, Ansprüche oder Lernziele. Zum zweiten ist die soziale Bezugsnorm zu nennen; das ist der Vergleich mit den anderen Schülern oder dem Durchschnittsniveau der Klasse (Querschnitt). Und drittens: die individuelle Bezugsnorm. Dabei wird ein Schüler daran gemessen, was ihm nach vorangegangen Ergebnissen zuzutrauen war (Längsschnitt). Demnach ist eine deutliche Leistungssteigerung gut (unabhängig vom Ausgangsniveau), ein Rückschritt hinter zuvor erbrachte Leistungen hingegen schlecht.

Ein Lehrer oder eine Lehrerin kann durchaus die Bezugsnormen wechseln, je nach Kontext (z.B. Notenvergabe oder persönliches Beratungsgespräch mit einem Schüler). Es ist sogar wichtig, die Vielfalt der Bezugsnormen zu vermitteln. Denn die Wirkung der Bezugsnormen ist verschieden, vor allem was soziale und individuelle Bezugsnormen angeht. Bei sozialer Bezugsnorm verschwindet z.B. der Unterschied zwischen „Nicht genügend“ und „Genügend“, wenn der Klassendurchschnitt bei „Gut“ liegt. Unabhängig von der persönlichen Anstrengung des Schülers bleibt die Leistung stets „unterdurchschnittlich“. Da die eigene Anstrengung scheinbar keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, bleibt als mögliche Ursache für den dauernden Misserfolg nur die eigene (Un-) Fähigkeit. Wozu soll man sich dann also noch anstrengen?

Wird hingegen die eigene Leistungsentwicklung in den Vordergrund gestellt, werden auch die Auswirkungen von Anstrengung und Übung deutlicher sichtbar. Dies gilt vor allem dann, wenn der Lehrer/die Lehrerin entsprechende Rückmeldungen in diese Richtung gibt. Es gibt auch alle möglichen Kombinationen von Bezugsnormen. Aus motivationspsycho-logischer Sicht wird dabei die Kombination von sachlicher und individueller Bezugsnorm am günstigsten bewertet. Dabei wird im Längsschnitt beobachtet, welche Schritte auf dem Weg zur Erreichung eines Lernzieles erfolgt sind. Lehrer/innen, die individuelle Bezugsnormen anwenden, gestalten ihren Unterricht – meist, ohne es zu wissen – so, wie es von Motivationsförderungs-programmen empfohlen wird. Der geneigte Leser, die geneigte Leserin betrachte dazu die Tabelle auf der nächsten Seite15.

15 Rheinberg, Falko: Motivationsförderung im Schulalltag [Ergebnisse der pädagogischen Psychologie; 8]. Göttingen [u.a.]: Verl. für Psychologi, Hogrefe, 1999. S. 34

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Elemente aus Motivations-förderungsprogrammen

Unterrichtselemente bei individueller Bezugsnorm-orientierung

A) Zielsetzung und Aufgabenstellung

Training zur realistischen Anspruchsniveausetzung (Ziele/Aufgaben, die gemessen an eigenen Fähigkeiten weder zu schwer noch zu leicht sind)

Individualisierungstendenzen bei der Aufgabenstellung (je nach Kenntnisstand des Schülers Aufgaben, die weder zu schwer noch zu leicht sind)

B) Affekte bei Erfolg und Misserfolg

Vermittlung positiver Affektbilanz (mehr Freude/Zufriedenheit bei Erfolg als Ärger/Beschämung bei Misserfolg)

Sanktionierungsstrategie führt häufiger zu Anerkennung/Lob als zu Missbilligung/Tadel (sofern der Unterricht dazu führt, dass die Schüler über Zeit dazu lernen)

C) Kausalattribuierung Vermittlung günstiger Voreingenommenheit (Erfolg eigene Fähigkeit, Anstrengung; Misserfolg mangelnde Anstrengung, Pech). Besonders: Abbau der Fähigkeits-/Begabungsattribuierung nach Misserfolg

Kaum Ursachenerklärung mit zeitkonstanten Faktoren wie Begabung; häufiger: jeweiliges Interesse, Anstrengung, Motiviertheit, Unterrichtsinhalte und –methodik

D) Leistungsbeurteilung

Anregung zur Leistungsbeurteilung am Ausmaß eigenen Lernzuwachses Leistungsbeurteilung unter individueller

Bezugsnorm

E) Persönliche Wirksamkeit Überzeugung stärken, dass Gegebenheiten (z.B. der eigene Kenntnisstand) nicht festgeschrieben und unabänderlich sind, sondern durch eigenes Handeln zu bewegen sind

Annahme, Schulleistungen seien eher flexibel und über Zeit weniger festgeschrieben, somit langfristig kaum vorhersagbar

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Literaturverzeichnis

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