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Schwerpunktthemen F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2 73 1. Dieselkraftstofffilter In Deutschland sind zurzeit 43 Millionen PKW und 2,7 Millionen LKW zugelassen. Mehr als ein Viertel (27,7 %) der PKW und die Gesamtheit der LKW werden mit Diesel betrieben und verfü- gen somit über einen Dieselkraftstofffilter /1/. Dieselkraftstofffilter erfüllen unter Anderem zwei wichtige Funktionen: die Abscheidung von Schwebstoffen und Par- tikeln sowie die Abscheidung von Wasser aus Dieselkraftstoff. Im Zuge der Diskussion um den Klimawandel steht Mineral- öldiesel immer mehr in der Kritik und soll langfristig durch Biodiesel ersetzt wer- den. Bereits seit 2007 gilt in Deutschland das Biokraftstoffquotengesetz /2/. Im Jahr 2009 ist deutschlandweit die Bio- Kraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung in Kraft getreten /3/. Mittels dieser Gesetze und Verordnungen wird ein Mindestgehalt an Biodiesel als Blendkomponente in Mineralöldiesel festgelegt, welcher zur- zeit 7 % beträgt. Europaweit wird der Einsatz von Biodiesel über die Biokraft- stoffrichtlinie geregelt /4/. 2. Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern Insbesondere durch die gesetzliche Ver- ordnung zur Verblendung von Mineral- öl- mit Biodiesel ist die Wasserabschei- dung in Dieselkraftstofffiltern in den ver- gangenen Jahren in den Fokus gerückt. Biokraftstoffe, wie Biodiesel, unterscheiden sich von erdölbasierten Kraftstoffen. Sie sind nicht nur dünnflüssiger, sondern besit- zen aufgrund ihrer chemischen Struktur auch eine höhere Affinität zu Wasser und eine geringere Grenzflächenspannung /5/. Die Verteilung und die Größe der emul- gierten Wassertropfen im Dieselkraftstoff hat eine besondere Bedeutung sowohl für die Wasserabscheidung als auch für die Stabilität der Kraftstoff/Wasser-Emulsion. Je stabiler die Emulsion, umso homogener die Verteilung der Wassertropfen in der Emulsion und je kleiner die Tropfengröße, umso größer ist die Systemstabilität im Motorenraum. Die Tropfengröße ist dabei abhängig von der Additivierung des Kraftstoffs und des Wassergehaltes und beträgt im Mittel 15 - 23 μm /6/. Die Tropfengröße in stabilen Emulsionen, so wie es bei Biodiesel der Fall ist, kann allerdings weniger als 10 μm betragen /5/. Hinsichtlich der Wasserabscheidung besteht eine gegenläufige Beziehung. Je stabiler die Emulsion, umso schwieri- ger ist es das im Kraftstoff vorhandene Wasser zu extrahieren und abzuscheiden. Das bedeutet, dass eine hohe Stabilität der Emulsion eine niedrige Filtrationseffizienz zur Folge hat /6/. Im Bereich der textilen Filtermedien zur Dieselkraftstofffiltration werden fast ausnahmslos Vliesstoffe eingesetzt. Neben anorganischen Filtermaterialien, wie Glas- fasern, finden organische Polymere wie Polyester und Polyamid sowie deren Mischungen Anwendung in Dieselkraft- stofffiltern. Die Wasserabscheidung er- folgt derzeit insbesondere über Mikro- faservliesstoffe, welche das Wasser nach dem Koaleszenzprinzip aus dem Diesel- kraftstoff abscheiden. Bei der Verwendung von Mikrofaservliesstoffen steht die Faser- feinheit im Vordergrund. Das Funktions- prinzip basiert auf dem besonders hohen Verhältnis der Oberfläche zum Volumen der Faser. Durch die große Oberfläche verfügt die Faser über ein hohes Potenzial zur Bindung von Feuchtigkeit aus der Umgebung. Allerdings ist das Abscheide- vermögen von Mikrofasern begrenzt. Aufgrund der notwendigen krümmungs- bedingten Differenz im Laplace-Druck, besteht je nach Durchmesser der Mikro- faser eine Begrenzung in der minimalen Tropfengröße, welche abgeschieden wer- den kann /7/. Während der Nutzung eines Personen- oder Lastkraftwagens fließt Dieselkraft- stoff an einem hydrophilen Filtermaterial entlang. Am Filtermaterial scheiden sich kleine Wassertropfen aus der Emulsion ab und koaleszieren, d. h. sie fließen zu größe- ren Wassertropfen zusammen. Aufgrund der höheren spezifischen Dichte von Wasser im Vergleich zu Dieselkraftstoff wird das Wasser durch die Schwerkraft an der Unterseite des Filters abgeschieden und aufgefangen /8/. Bikomponentenfasern mit Wasserleitungskanälen für eine verbesserte Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern I. Noll, G. Seide, T. Gries * Die Wasserabscheidung ist ein essentielles Problem bei der Filtration von Dieselkraftstoffen. Insbesondere durch gesetzliche Verordnungen zur Erhöhung des Anteils an Biodiesel in Mineralöldiesel ist die Steigerung der Effizienz von Dieselkraftstofffiltern in den letzten zehn Jahren in den Fokus gerückt. Biodiesel verfügt aufgrund seiner chemischen Struktur über eine hohe Affinität zu Wasser, welche deutlich höher ist als die von Mineralöldiesel. Das Wasser kann zur Korrosion von Motorenkomponenten sowie zu einer hydrolytischen Zersetzung des Dieselkraftstoffs führen. Um diese technischen Herausforderungen zu lösen werden im Rahmen eines Forschungsprojektes kleeblatt- förmige Bikomponentenfasern mit hydrophilen Leitungskanälen zur Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffiltern entwickelt. Dazu wird einerseits ein Spinnpaket zum Extrusion der Fasern simulativ ausgelegt. Andererseits wird eine Bikomponentenfaser mit einer anwendungsspezifischen Materialkombinationen und einer neuartigen Querschnitts- geometrie erforscht. Die Fasern werden demonstrativ zu einem Filtervliesstoff verarbeitet und in einem Dauerversuch auf ihre Filtrationseffizienz getestet. Die Neuentwicklung soll dazu beitragen, die Wasserabscheidung in Dieselkraft- stofffilter zu erhöhen um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. * M.Sc. Inga Noll¹ Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Gunnar Seide Univ.-Prof. Prof. h.c. (Moscow State Univ.) Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries Institut für Textiltechnik Otto-Blumenthal-Str. 1 52074 Aachen Fax: 0241 80 22422 ¹ Tel.: 0241 8023429 ¹ E-Mail: [email protected] www.ita.rwth-aachen.de

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Schwerpunktthemen

F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2 73

1. Dieselkraftstofffi lter

In Deutschland sind zurzeit 43

Millionen PKW und 2,7 Millionen LKW

zugelassen. Mehr als ein Viertel (27,7 %)

der PKW und die Gesamtheit der LKW

werden mit Diesel betrieben und verfü-

gen somit über einen Dieselkraftstofffi lter

/1/. Dieselkraftstofffi lter erfüllen unter

Anderem zwei wichtige Funktionen: die

Abscheidung von Schwebstoffen und Par-

tikeln sowie die Abscheidung von Wasser

aus Dieselkraftstoff. Im Zuge der Diskussion

um den Klimawandel steht Mineral -

öldiesel immer mehr in der Kritik und soll

langfristig durch Biodiesel ersetzt wer-

den. Bereits seit 2007 gilt in Deutschland

das Biokraftstoffquotengesetz /2/. Im

Jahr 2009 ist deutschlandweit die Bio-

Kraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung in

Kraft getreten /3/. Mittels dieser Gesetze

und Verordnungen wird ein Mindestgehalt

an Biodiesel als Blendkomponente in

Mineralöldiesel festgelegt, welcher zur-

zeit 7 % beträgt. Europaweit wird der

Einsatz von Biodiesel über die Biokraft-

stoffrichtlinie geregelt /4/.

2. Wasserabscheidung in

Dieselkraftstofffi ltern

Insbesondere durch die gesetzliche Ver-

ordnung zur Verblendung von Mineral-

öl- mit Biodiesel ist die Wasser abschei-

dung in Diesel kraftstoff fi ltern in den ver-

gangenen Jahren in den Fokus gerückt.

Biokraftstoffe, wie Biodiesel, unter scheiden

sich von erdölbasierten Kraft stoffen. Sie

sind nicht nur dünnfl üssiger, sondern besit-

zen aufgrund ihrer chemischen Struktur

auch eine höhere Affi nität zu Wasser und

eine geringere Grenz fl ächen spannung /5/.

Die Verteilung und die Größe der emul-

gierten Wassertropfen im Dieselkraftstoff

hat eine besondere Bedeutung sowohl für

die Wasserabscheidung als auch für die

Stabilität der Kraftstoff/Wasser-Emulsion.

Je stabiler die Emulsion, umso homogener

die Verteilung der Wassertropfen in der

Emulsion und je kleiner die Tropfengröße,

umso größer ist die Systemstabilität im

Motorenraum. Die Tropfengröße ist dabei

abhängig von der Additivierung des

Kraft stoffs und des Wasser gehaltes und

beträgt im Mittel 15 - 23 μm /6/. Die

Tropfen größe in stabilen Emulsionen, so

wie es bei Biodiesel der Fall ist, kann

allerdings weniger als 10 μm betragen

/5/. Hinsichtlich der Wasser abscheidung

besteht eine gegenläufi ge Beziehung. Je

stabiler die Emulsion, umso schwieri-

ger ist es das im Kraftstoff vorhandene

Wasser zu extrahieren und abzuscheiden.

Das bedeutet, dass eine hohe Stabilität der

Emulsion eine niedrige Filtration seffi zienz

zur Folge hat /6/.

Im Bereich der textilen Filtermedien

zur Dieselkraftstofffi ltration werden fast

ausnahmslos Vliesstoffe eingesetzt. Neben

anorganischen Filter materia lien, wie Glas -

fasern, fi nden organi sche Poly mere wie

Polyester und Polyamid sowie deren

Mischungen Anwen dung in Diesel kraft -

stofffi ltern. Die Wasser abschei dung er-

folgt derzeit insbesondere über Mikro-

faser vliesstoffe, welche das Wasser nach

dem Koaleszenzprinzip aus dem Diesel-

kraftstoff abscheiden. Bei der Verwendung

von Mikrofaservliesstoffen steht die Faser-

feinheit im Vordergrund. Das Funktions-

prinzip basiert auf dem besonders hohen

Verhältnis der Oberfl äche zum Volumen

der Faser. Durch die große Oberfl äche

verfügt die Faser über ein hohes Po tenzial

zur Bindung von Feuchtigkeit aus der

Umgebung. Allerdings ist das Abscheide-

vermögen von Mikrofasern begrenzt.

Aufgrund der notwendigen krümmungs-

bedingten Differenz im Laplace-Druck,

besteht je nach Durchmesser der Mikro-

faser eine Begrenzung in der minimalen

Tropfengröße, welche abgeschieden wer-

den kann /7/.

Während der Nutzung eines Personen-

oder Lastkraftwagens fl ießt Diesel kraft-

stoff an einem hydrophilen Filtermaterial

entlang. Am Filtermaterial scheiden sich

kleine Wassertropfen aus der Emulsion ab

und koaleszieren, d. h. sie fl ießen zu größe-

ren Wassertropfen zusammen. Aufgrund

der höheren spezifi schen Dichte von

Wasser im Vergleich zu Dieselkraftstoff

wird das Wasser durch die Schwerkraft

an der Unterseite des Filters abgeschieden

und aufgefangen /8/.

Bikomponentenfasern mit Wasser leitungskanälen für eine verbesserte Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffi ltern I. Noll, G. Seide, T. Gries *

Die Wasserabscheidung ist ein essentielles Problem bei der Filtration von Dieselkraftstoffen. Insbesondere durch

gesetzliche Verordnungen zur Erhöhung des Anteils an Biodiesel in Mineralöldiesel ist die Steigerung der Effi zienz

von Dieselkraftstofffi ltern in den letzten zehn Jahren in den Fokus gerückt. Biodiesel verfügt aufgrund seiner

chemischen Struktur über eine hohe Affi nität zu Wasser, welche deutlich höher ist als die von Mineralöldiesel. Das

Wasser kann zur Korrosion von Motorenkomponenten sowie zu einer hydrolytischen Zersetzung des Dieselkraftstoffs

führen. Um diese technischen Herausforderungen zu lösen werden im Rahmen eines Forschungsprojektes kleeblatt-

förmige Bikomponentenfasern mit hydrophilen Leitungskanälen zur Wasserabscheidung in Dieselkraftstofffi ltern

entwickelt. Dazu wird einerseits ein Spinnpaket zum Extrusion der Fasern simulativ ausgelegt. Andererseits wird eine

Bikomponentenfaser mit einer anwendungsspezifi schen Materialkombinationen und einer neuartigen Quer schnitts -

geometrie erforscht. Die Fasern werden demonstrativ zu einem Filtervliesstoff verarbeitet und in einem Dauerversuch

auf ihre Filtrationseffi zienz getestet. Die Neuentwicklung soll dazu beitragen, die Wasserabscheidung in Dieselkraft-

stofffi lter zu erhöhen um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

* M.Sc. Inga Noll¹Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Gunnar SeideUniv.-Prof. Prof. h.c. (Moscow State Univ.) Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries

Institut für TextiltechnikOtto-Blumenthal-Str. 152074 AachenFax: 0241 80 22422¹ Tel.: 0241 8023429¹E-Mail: [email protected]

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Schwerpunktthemen

74 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2

Neben dem Einsatz hydrophiler Filter-

medien werden zunehmend hydrophobe

Sperrfi lter oder Sperrschichten einge-

setzt. Die hydrophobe Sperrschicht sorgt

dafür, dass das Wasser in dem Filter

eingeschlossen bleibt und es zu keinem

Wasserdurchbruch kommt. Durch die

Verwendung einer hydrophoben Sperr-

schicht konnte die Testzeit des Filters bis

zum Wasserdurchbruch um das Vierfache

gesteigert werden /1/.

Die Kombination aus Hydrophobie und

Hydrophilie der Fasermaterialien wird

ebenfalls in einem Koaleszenzabscheider

angewandt. Hier werden keine separaten

Schichten, sondern eine Mischung aus

hydrophilen und hydrophoben Fasern ver-

wendet. Die hydrophoben Fasern bewir-

ken durch das Stoppen und Sammeln der

Wassertropfen eine verbesserte Koales-

zenzwirkung /9/.

Viele Hersteller von Dieselkraft stoff -

fi ltern geben für ihre Produkte eine Filtra-

tions effi zienz von bis zu über 95 % an.

Analysen der Filtrationseffi zienz wur-

den mit verschiedenen herkömmlichen

Filtern durchgeführt, die allerdings eine

starke Abhängigkeit von der Stabilität der

Emulsion nachweisen. Dabei wurden drei

verschiedene Dieselkraftstoffe mit unter-

schiedlichen Grenzflächenspannungen

zwischen Kraftstoff und Wasser (IFT,

Inter Facial Tension) und Mikroseparator

Klassifi zierung (MSEP, MicroSEParator

rating), ausgewählt. Insbesondere die

MSEP beeinfl usst die Filtrationseffi zienz

maßgeblich. Die Zusammenhänge zwi-

schen Grenz fl ächenspannung, Stabilität

der Emulsion und Filtra tionseffi zienz sind

der Tabelle 1 zu entnehmen.

Die Werte zeigen, dass je nach ein-

gesetztem Kraftstoff die angegebene

Filtrationseffi zienz nicht erreicht werden

kann. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit

einer Weiterentwicklung herkömmlicher

Filter zugunsten einer erhöhten Wasser-

abscheidung. /6/

Die entscheidenden Defi zite bestehen-

der Lösungen zur Wasserabscheidung in

Dieselkraftstofffi ltern sind:

- Die Filtrationseffi zienz bei stabilen Kraft -

stoff/Wasser-Emulsionen (insbesondere

Biokraftstoff/Wasser-Emul sio nen) mit

niedrigem IFT und MSEP ist bei vielen

herkömmlichen Filtern mit unter 40 %

unzureichend /6/.

- Durch eine Verwendung von Mikrofasern

kann im Vergleich zu Fasern mit grö-

ßeren Querschnitten eine Verbesserung

des Wasserabscheidevermögens erreicht

werden. Dennoch ist das Abscheide-

ver mögen von Tropfen aus stabilen

Emulsionen insbesondere in stabilen

Biokraftstoff/Wasser-Emulsionen mit

einer Tröpfchengröße kleiner 10 μm

immer noch unzureichend ist /5/ /6/.

Wasser im Diesel kann zu Korrosion

metallischer Motorenkomponenten füh-

ren, wenn sie in ständigem Kontakt mit

dem Diesel stehen. Weiterhin kann das

Wasser eine hydrolytische Zersetzung des

Biodiesels zur Folge haben. Die Steigerung

des Wasserabscheidevermögens in Diesel-

kraftstofffi ltern ist folglich ein zentrales

Thema in der Forschung. Insbesondere

im Nutzfahrzeugbereich ist angesichts

der Bedeutung dieses Absatzmarktes eine

Neuentwicklung von Dieselkraftstofffi ltern

von höchster Relevanz /10/.

3. Technologische Entwicklung

zur Erhöhung der

Wasserabscheidung

Untersuchungen im Bereich der Klima-

physiologie zeigen, dass insbesondere

die Fasergeometrie einen erheblichen

Einfl uss auf die Wasseraufnahme hat.

Die Erkenntnisse aus der klimaphysiolo-

gischen Forschung wurden bisher noch

nicht auf die Filtrationstechnik übertragen.

Es ist bewiesen, dass die Fasergeometrie

einen deutlich größeren Einfl uss auf die

Absorptionseigenschaften von Wasser hat

als die Faserfeinheit /11/ /12/. Insbesondere

Furchen weisen eine hohe Kapillarkräfte

auf, die die Wasserabsorption begünstigen

/12/ /13/. Neben der Absorption wird auch

der Transport von Flüssigkeiten maßgeb-

lich von der Fasergeometrie beeinfl usst /14/.

Basierend auf den Defi ziten aktuell ver-

fügbarer Kraftstofffi lter und den Erkennt-

nissen aus der Klimaphysiologie wird

am Institut für Textiltechnik der RWTH

Aachen (ITA) eine Entwicklung von neu-

artigen Dieselkraftstofffi ltern durch den

Einsatz von Bikomponentenfasern mit

Wasserleitungskanälen angestrebt.

4. Funktionsweise der

Bikomponentenfasern mit

Wasserleitungskanal 

Ziel des Forschungsvorhabens am Institut

für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA)

ist die Entwicklung von kleeblattförmigen

Bikomponentenfasern zur Steigerung des

Wasserabscheidevermögens von Diesel-

kraftstofffi ltern. Die Bikomponentenfasern

basieren auf Polyamid 6 (PA6) und wei-

sen einen hydrophilen Bereich mit einem

Wasserkontaktwinkel kleiner als 50°

sowie mehreren nanostrukturierte Aus-

buchtungen mit einem Wasser kontakt-

winkel kleiner als 90° auf. Auf diese

Weise wird zwischen den Komponenten

der Bikomponentenfaser ein Gradient im

Wasserkontaktwinkel eingestellt, wodurch

das aus dem Biodiesel abgeschiede-

ne Wasser bevorzugt im hydrophilen

Wasserleitungskanal transportiert wird.

Der Aufbau der Bikomponentenfasern

mit dem Kern als hydrophilem Wasser-

leitungskanal ist in der Abb. 1 dargestellt.

Durch die Kleeblattform wird eine

Kapillar wirkung erzeugt. Die Wasser-

tropfen aus der Emulsion werden ent -

lang des hydrophilen Wasser leitungskanals

der Faser transportiert. Durch die Nano-

struk turierung der Faserober fl äche kann

eine Verbesserung des Wasser abscheide-

vermögens erreicht werden, da insbeson-

dere kleine Tropfen abgeschieden werden

können /5/. Hier sind die entscheiden-

den physikalischen Mechanismen die

Differenz im Laplace-Druck sowie das

Wenzel-Modell.

Die Nanostrukturierung der Kleeblatt-

Komponente hat entscheidenden Ein-

fl uss auf das Abscheidevermögen von

Tröpfchen mit einer Größe kleiner als

10 μm aus einer stabilen Emulsion.

Studien an Pfl anzen, die Wasser aus der

Umgebungsluft aufnehmen, wie zum

Beispiel Kakteen und Wüstengräser,

haben Aufschluss über die physikalischen

Mechanismen der Wasserabscheidung ins-

besondere kleiner Wassertropfen aus einem

Umgebungsmedium gegeben /7/ /15/ /16/.

Daraus kann abgeleitet werden, dass eine

Differenz im Laplace-Druck vorliegen

muss, um Wassertropfen an einer Struktur

abzuscheiden. Im beispielhaften Fall eines

näherungsweise runden Nanopartikels

läuft der Abscheidemechanismus in meh-

reren Schritten ab:

- Der Wassertropfen trifft auf den Nano-

partikel.

- Aufgrund der Wölbung, die der Nano-

partikel auf der Faseroberfl äche verur-

sacht, ist der Laplace-Druck auf den

Wassertropfen am höchsten Punkt des

Nanopartikels höher. Grund dafür ist der

geringere Radius des Partikels.

- Durch die krümmungsbedingte Differenz

Tab. 1: Filtrationseffi zienz in Abhängigkeit der Grenzfl ächenspannung und der Mikroseparator Klassifi zierung /6/

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Schwerpunktthemen

F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2 75

im Laplace-Druck aufgrund der Radius änderung wird der

Wassertropfen bei Berührung der Faser abgeschieden und ent-

lang des Nanopartikels zur Faser basis, hier zum hydrophilen

Wasser leitungskanal, transportiert /7/.

Damit ein Tropfen basierend auf diesem Prinzip abgeschieden

werden kann, muss der Wassertropfen folglich eine Krümmung

erfahren. Durch das Ausspinnen eines nano-additivierten Polymers

lagern sich Nanopartikel in der Faser so an, dass viele mikros-

kopisch sichtbare Ausbuchtungen auf der Faseroberfl äche. Die

erwünschte Oberfl ächenrauheit auf der extrudierten Faser kann

durch eine Additivierung mit Nanopartikeln aus Titandioxid oder

Siliziumdioxid erzielt werden /17/. Die Rauheit hat zudem einen

Einfl uss auf die Benetzbarkeit der Oberfl äche. Nach Wenzel

hängt der Wasserkontaktwinkel direkt von dem Rauheitsfaktor

der Oberfl äche ab. Dabei erhöht eine rauhe Oberfl äche die

Hydrophilie einer hydrophilen und die Hydrophobie einer hydro-

phoben Oberfl äche (Wenzel-Modell) /18/. Letzeres zeichnet bei-

spielsweise den Lotus-Effekt aus. Da für die hier entwickelte

Faser ein hydrophiles Material verwendet wird, erhöht sich

die Benetzbarkeit der Faser durch die Nanostrukturierung wie

gewünscht.

Das Prinzip der Wasserabscheidung aus der Emulsion ist in Abb.

2 skizziert. Die aus der Emulsion abgeschiedenen Tropfen fl ießen

entlang der hydrophilierten Komponente der Fasern und koaleszie-

ren mit weiteren abgeschiedenen Tropfen. Dies erfolgt insbeson-

dere an Überkreuzungspunkten von Fasern im Vliesstoff. Durch

die Koaleszenz der Tropfen entstehen größere Tropfen, die entlang

der Fasern in Strömungsrichtung zum Koaleszenzgitter transpor-

tiert werden. Dieses besteht aus einem hydrophoben Vlies, an dem

die Wassertropfen wie in herkömmlichen Dieselkraftstofffi ltern

durch die Schwerkraft abgeschieden werden.

5. Projektschritte im Forschungs- und

Entwicklungsvorhaben

Zur Realisierung der angestrebten Er höhung der Wasser-

abscheidung in Dieselkraftstofffi ltern wird als Fasertyp eine

Bikomponentenfaser ausgewählt. Diese Technologie erlaubt die

gemeinsame Extrusion von zwei Komponenten. Als Form wird

ein vierblättriges Kleeblatt gewählt, wodurch vier Zugänge zum

Wasser leitungskanal entstehen, über den Wasser tropfen mit-

Abb. 1: Querschnitt der Bikomponentenfaser mit hydrophilem Wasserleitungskanal und nanostrukturierten Ausbuchtungen.

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Schwerpunktthemen

76 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 30 (2016) Nr. 2

tels Kapillarkräften transpor tiert werden.

Die Zugänge zum Wasserleitungs kanal

sind so breit (~10 μm), dass das Wasser

nicht über dem Wasser leitungskanal

sitzt (Lotuseffekt), sondern zur Basis

des Wasserkanals fl ießt. Die Übersicht

über die Fasereigenschaften der zu ent-

wickelnden Faser mit den technischen

Funktionalitäten und den relevanten

Parametern ist in Tabelle 2 aufgelistet.

Die Fasereigenschaften sowie die

technischen Funktionalitäten dienen als

Eingangsgrößen für die fertigungs- und

konstruktionstechnische Auslegung der

Spinndüsen. Dieser Schritt wird durch

eine Simulation unterstützt.

Die entwickelten Fasern werden hin -

sichtlich der Geometrie, der Faser eigen-

schaften sowie der Wasser abschei dung

untersucht. Zum Nachweis der Funk tio-

nalität werden die Bikom po nenten fasern

zu einem Filtervliesstoff verarbeitet. Dabei

wird die Integration des neu entwickel ten

Vlies stoffes in herkömmliche Diesel kraft-

stoff fi lter beachtet. Dieser Aspekt wird

durch die Verwendung des Prinzips der

Koales zenzabscheidung mittels Schwer-

kraft berücksichtigt. An der Oberfl äche

der Bi kompo nentenfasern können auf-

grund der entwickelten Geometrie und

Struktur nicht nur größere, sondern auch

feinste Tropfen (≤ 10 μm) aus einer sta-

bilen Kraftstoff/Wasser-Emulsion abge-

schieden werden.

Ziel ist es, einen Filtervliesstoff zu

entwickeln, der im Dauerversuch von min-

destens 8 Stunden einen – im Vergleich zu

konventionellen Filtervliesstoffen – vier-

mal höheren Trenngrad von mindestens

80 % bei einer dispergierten Tropfengröße

von kleiner 10 μm in Biodiesel erreicht.

Tab. 2: Eigenschaften der zu entwickelnden Faser unter Berücksichtigung technischer Funktionalitäten und relevanter Parameter

Tab. 3: Gegenüberstellung von Konkurrenzprodukten mit neuer Fasertechnologie

Abb. 2: Prinzip der Wasserabscheidung über das neu entwickelte Filtrationsvlies

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Schwerpunktthemen

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6. Nutzen der neu entwickelten

Fasertechnologie

In dem beschriebenen Forschungs-

vorhaben werden die Herausforderungen

der Wasserabscheidung in Dieselkraft stoff -

fi ltern aufgegriffen. Bisherige Lösungen

zur Wasserabscheidung in Diesel kraft -

stofffi ltern, insbesondere bei der Wasser -

abscheidung aus einer stabilen Biokraft-

stoff/Wasser-Emulsion, weisen ein großes

Entwicklungspotenzial auf /5/ /6/. Die

Defi zite führender Konkurrenzprodukte

werden in Tab. 3 mit dem Nutzen der neu

entwickelten Fasertechnologie gegenüber-

gestellt.

Durch die Verwendung von Fasern

mit einer kleeblattförmigen Quer schnitts-

geometrie wird erwartet, dass über die

Kapillarkräfte eine deutliche Verbesserung

der Wasseraufnahmefähigkeit erreicht

wird /11/ /12/ /14/.

Gleich zeitig weist die dargestellte

Fasertechnologie ein großes Anwendungs-

potenzial auch in anderen Bereichen, in

denen eine Wasserabscheidung oder

-auf nahme relevant ist, auf. Dies betrifft

Bereiche wie Medizintextilien (z.B. Wund -

aufl agen) oder Sportbekleidung (z.B.

Feuchtigkeitstransport).

Literatur:

/1/ http://www.hydac.com/de/produkte/fi ltration-und-pfl ege/diesel-kraftstofffi lter

/2/ Bundesrepublik Deutschland: Gesetz zur Einführung einer Biokraftstoff-quote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz, BioKraftQuG), Inkrafttreten: 01.01.2007

/3/ Bundesrepublik Deutschland: Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung, BioKraft-NachV), Inkrafttreten: 01.01.2009

/4/ Europäisches Parlament und Rat: Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Richtlinie 2009/28/EG) (2009)

/5/ S. Agarwal: Nanoskalig strukturierte Textilfi ltermedien für die Trennung von Öl-Wasser-Emulsionen, Dissertation, Universität Stuttgart (2012)

/6/ C. Yang; S. Larsen; S. Wagner: Understanding emulsifi ed water fi ltration from diesel fuels, 8th International Filtration Conference, San Antonio, USA (2007)

/7/ J. Ju; Y. Zheng; T. Zhao; R. Fang; L. Jiang: A multi-structural and multi-functional integrated fog collection system in cactus; nature communications (2012)

/8/ G. Girondi: Vorrichtung zur automatischen Wasser ab-scheidung in einem Fahrzeugbrennstofffi lter, insbesondere für Dieselbrennkraftmaschinen, Antragsteller: Ufi Filters S.P.A., Porto Mantovano, Italien, Patent: DE 60026724 T2, Veröffentlichungsdatum: 17.08.2006

/9/ M. Klein; M. Veit: Kraftstofffi lter einer Brennkraft-maschine und Filterelement eines Kraftstofffi lters, Antrag-steller: Mann + Hummel GmbH, Ludwigsburg, Patent: DE 102011120647 A1, Veröffentlichungsdatum: 13.06.2013

/10/ Bockey, D.: „Biodiesel - Situation und Entwicklungsperspektive, Union zur Förderung von Oel- und Proteinpfl anzen e.V., FVS Tagung, 2003

/11/ R. Varshney; V. Kothari; S. Dhamija: A study on thermophysiological comfort properties of fabrics in relation to constituent fi bre fi neness and cross-sectional shape, The Journal of The Textile Institute, Volume 101, Issue 6 (2010)

/12/ M. Tascan; E. Vaughn; K. Stevens; P. Brown: Effects of total surface area and fabric density on the acoustic behavior of traditional thermal-bonded highloft nonwoven fabrics, The Journal of The Textile Institute, Volume 102, Issue 9 (2011)

/13/ Y. Zhang; C. Wang; Y. Chen: Capillary Effect of Hydrophobic Polyester Fiber Bundles with noncirucular cross section, Journal of Applied Polymer Science, Volume 102, Issue 2, pages 1405–1412, 15 October (2006)

/14/ B. Das; A. Das; V. Kothari; R. Fanguiero; M. Araújo: Effect of fi bre diameter and cross-sectional shape on moisture transmission through fabrics, Fibers and Polymers, Volume 9, Issue 2 (2008)

/15/ J. Ju; K. Xiao; X. Yao; H. Bai; L. Jiang: Bioinspired Conical Copper Wire with Gradient Wettability for Continuous and Effi cient Fog Collection; Advanced Materials, 25 (2013)

/16/ A. Roth-Nebelsick; M. Ebner; T. Miranda; V. Gottschalk; D. Voigt; S. Gorb; T. Stegmaier; J. Sarsour; M. Linke; W. Konrad: Leaf surface structures enable the endemic Namib desert grass Stipagrostis sabulicola to irrigate itself with fog water; Journal of the Royal Society Interface, 9 (2012)

/17/ Y. Huang; T. Chen; J. Tang; C. Yeh; C. Tien: Effect of PET Melt Spinning on TiO2 Nanoparticle Aggregation and Friction Behavior of Fiber Surface; Ind. Eng. Chem. Res., 46 (2007)

/18/ B. Viel: Strukturierte Kolloidpartikel für ultrahydrophobe, schmutzabweisende Oberfl ächen, Dissertation TU Darmstadt (2008)

/19/ Kuhnke Automation GmbH & Co. KG: Chemische Beständigkeit von Kunststoffen, Kuhnke Technologies Know-how Medizintechnik; Herausgeber: Bürkle GmbH, Rheinauen (2003)

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