Bildungsstandards für die Allgemeine …...Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife:...
Transcript of Bildungsstandards für die Allgemeine …...Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife:...
Bildungsstandards für die
Allgemeine Hochschulreife: Konzeption und Entwicklung
Prof. Dr. Petra Stanat Prof. Dr. Hans Anand Pant
Fachkoordinatoren am IQB: Gabriele Gippner (Deutsch), Ralf Machnik (Englisch), Dr. Bernd Tesch (Französisch), Frank Weigand (Mathematik)
Gliederung des Vortrags
Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife:
1. Allgemeine Konzeption
2. Entwicklungsprozess
3. Beispiele mit Fokus auf das Fach Deutsch
Allgemeine Konzeption der Bildungsstandards
Bildungsstandards in Deutschland
beschreiben fachbezogene Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Bildungslaufbahn entwickelt haben sollen
werden in Deutschland abschlussbezogen in Form von Regelstandards definiert
sind primär Leistungsstandards / Output-Standards
legen verbindliche Zielkriterien für alle 16 Länder fest
Bildungsstandards …
Transparenz schulischer Anforderungen
Förderung eines kompetenzorientierten Unterrichts
Grundlage für die Qualitätsentwicklung in Schulen
Angleichung des Anforderungsniveaus
Grundlage für die Überprüfung der erreichten Ergebnisse
Ziele der Einführung von Bildungsstandards
Primarstufe Sekundarstufe I Sekundarstufe II
4. Jahrgangsstufe
Mittlerer Schulabschluss
Hauptschul-abschluss
Allgemeine Hochschulreife
Deutsch 18. Okt. 2012
Mathematik 18. Okt. 2012
1. Fremdsprache (Engl./Franz.) – 18. Okt. 2012
Naturwissen-schaften – – voraussichtl.
ab 2013/2014
Stand der Entwicklung von Bildungsstandards
• Weiterentwicklung der Einheitlichen Prüfungsanforderungen zu bundesweiten Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife
• Zunächst für die Fächer Deutsch, Mathematik, fortgeführte Fremdsprache (E, F)
• Ferner für die Naturwissenschaften
• Ziel der Vergleichbarkeit von Abschlüssen und Durchlässigkeit des Bildungswesens
Sechs Rahmenvorgaben für die Entwicklung…
Beschluss der 319. KMK, 17./18.10.2007
Ziele der gymnasialen Oberstufe (KMK 1972 i.d.F. von 2012)
Vertiefte Allgemein-
bildung
Wissenschafts-propädeutik
Allgemeine Studier-fähigkeit
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (1)
Kompetenzorientierung
Das von der KMK gewählte Konzept von Bildungsstandards legt fest, welche fachbezogenen Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Abschnitt in der Schullaufbahn entwickelt haben sollen. Unter einer Kompetenz wird dabei die Fähigkeit verstanden, Wissen und Können in den jeweiligen Fächern zur Lösung von Problemen anzuwenden. (Einleitung zu den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife)
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (2)
Anknüpfung an die Bildungsstandards für den MSA und die EPA
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (3)
Mindest-standards
Regelstandards
Optimal-standards
Definition von Regelstandards
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (4)
Differenzierung von grundlegendem und erhöhtem Niveau
grundlegendes Niveau
mind. 3 Wochen-stunden
erhöhtes Niveau
mind. 4 Wochen-stunden
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (5)
Einbeziehung von beruflichen Gymnasien, die zur Allgemeinen Hochschulreife führen (zunächst ohne Berufsoberschulen)
Rahmenvorgaben für die Entwicklung der Bildungsstandards für die AHR (6)
Prozess der Entwicklung der Bildungsstandards
Fachkoordinator/in am IQB und Team
Standardentwicklung (ca. 13 Arbeitstreffen)
3 Vertreter aus der Fachdidaktik
6-8 Vertreter der Ministerien und anderer Einrichtungen der Länder unter Einbezug der Beruflichen Gymnasien
Aufgabenentwicklung (ca. 13 Arbeitstreffen)
14-21 erfahrene Lehrkräfte aus den Ländern, darunter ca. 4 Vertreter der Beruflichen Gymnasien
4-8 Berater aus der Fachdidaktik
Arbeitsgruppen am IQB pro Fach
Entwürfe von Standards
und Aufgaben
Steuerungs-gruppe
Schulausschuss
Amtschefskommission
Schriftliche Rückmeldungen der Länder
Anhörung Verbände 13.12.2011
Prüflesung 09.02.2012
Feedbackschleifen
Kapitel der Dokumente
Allgemeine Einleitung
1. Fachpräambel
2. Bildungsstandards
3. Hinweise zur Prüfungsdurchführung zum Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife
4. Illustrierende Prüfungsaufgaben zum Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife
5. Illustrierende Lernaufgaben zu ausgewählten Standards für die Allgemeine Hochschulreife
Weiterentwicklung des Bestehenden (1)
Weiterentwicklung und Systematisierung der bereits in den EPA angebahnten Entwicklungen (Kompetenzorientierung, Definition von Standards).
Ausgewählte Neuerungen
• Deutsch: Stärkung des propädeutischen Charakters des Deutschunterrichts, u.a. durch materialgestütztes Schreiben als Aufgabenformat (Verfassen informierender und argumentierender Texte auf der Grundlage umfangreichen Textmaterials).
• Mathematik: Stärkung des Stellenwerts von Stochastik, u.a. durch die Vorgabe, dass keines der drei Sachgebiete (lineare Algebra, Analysis, Stochastik) über mehrere Jahre von den Prüfungsaufgaben ausgeschlossen werden darf.
Weiterentwicklung des Bestehenden (2)
• Fremdsprachen:
- Stärkung des Mündlichen durch verpflichtende Überprüfung des Sprechens oder Hörverstehens (in Abitur- oder Klausurprüfung).
- Allgemein breitere Überprüfung fremdsprachlicher Kommunikationskompetenz durch die Vorgabe, dass verpflichtender Prüfungsteil Schreiben mit zwei Aufgaben zu unterschiedlichen Kompetenzbereichen (Leseverstehen, Hörverstehen, Sprechen, Sprachmittlung) kombiniert werden muss.
Beispiele für das Fach Deutsch a) Bildungsstandards
Kompetenzstrukturmodell Deutsch
Struktur der Standards im Fach Deutsch
2.1 Sprechen und Zuhören 2.1.1 Dialogische Gesprächsformen: mit anderen sprechen 2.1.2 Monologische Gesprächsformen: vor anderen sprechen 2.2 Schreiben 2.2.1 Schreibstrategien anwenden 2.2.2 In unterschiedlichen Textformen schreiben
- Informierend schreiben - Erklärend und argumentierend schreiben - Gestaltend schreiben
2.3 Lesen 2.4 Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen 2.4.1 Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen 2.4.2 Sich mit pragmatischen Texten auseinandersetzen 2.4.3 Sich mit Texten unterschiedlicher medialer Form und
Theaterinszenierungen auseinandersetzen 2.5 Sprache und Sprachgebrauch reflektieren
Vortext
Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich literarische Texte von der Aufklärung bis zur Gegenwart und verstehen das Ästhetische als eine spezifische Weise der Wahrnehmung, der Gestaltung und der Erkenntnis. Sie verfügen über ein literaturgeschichtliches und poetologisches Überblickswissen, das Werke aller Gattungen umfasst, und stellen Zusammenhänge zwischen literarischer Tradition und Gegenwartsliteratur auch unter interkulturellen Gesichtspunkten her.
Beispiel: „Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen“
Standards zu
2.3.4 Auseinandersetzung mit Texten unterschiedlicher medialer Form und Theaterinszenierungen
Grundlegendes Niveau: Die Schülerinnen und Schüler können • Theaterinszenierungen und
Literaturverfilmungen als Textinterpretationen erfassen und beurteilen
• Theaterinszenierungen, Hörtexte und Filme sachgerecht analysieren
Erhöhtes Niveau: Die Schülerinnen und Schüler können darüber hinaus • die ästhetische Qualität von
Theaterinszenierungen, Hörtexten oder Filmen beurteilen, auch vor dem Hintergrund ihrer kulturellen und historischen Dimension
• sich mit Filmkritik und Aspekten der Filmtheorie auseinandersetzen
Beispiel: „Sich mit Texten unterschiedl. medialer Form & Theaterinszenierungen auseinandersetzen“
Beispiele für das Fach Deutsch b) Hinweise zur
Prüfungs-durchführung
Aufgabenarten (aus den „Hinweisen zur Prüfungsdurchführung“)
Textbezogenes Schreiben Materialgestütztes
Schreiben
Au
fgab
enar
t In
terp
reta
tion
liter
aris
cher
Text
e
An
alys
e
pra
gm
atis
cher
Text
e
Erör
teru
ng
liter
aris
cher
Text
e
Erör
teru
ng
pra
gm
atis
cher
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
info
rmie
ren
der
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
arg
um
enti
eren
der
Tex
te
Prüfungsaufgaben
Beispiele für das Fach Deutsch c) Illustrierende
Aufgaben
Textbezogenes Schreiben Materialgestütztes
Schreiben
Au
fgab
enar
t In
terp
reta
tion
liter
aris
cher
Text
e
An
alys
e
pra
gm
atis
cher
Text
e
Erör
teru
ng
liter
aris
cher
Text
e
Erör
teru
ng
pra
gm
atis
cher
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
info
rmie
ren
der
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
arg
um
enti
eren
der
Tex
te
Aufgabenarten
Beispiel 1: Interpretation literarischer Texte
Menschenblick Interpretieren Sie „Menschenblick“ von Franz Werfel im Vergleich mit „Fabrikstraße Tags“ von Paul Zech, indem Sie die beiden folgenden Teilaufgaben in einem strukturierten zusammenhängenden Text bearbeiten und im Rahmen Ihrer Interpretation auch Bezüge zum literarischen Expressionismus herstellen. [01] Erschließen Sie Werfels „Menschenblick“. Legen Sie den Schwerpunkt auf den gedanklichen Aufbau sowie die Metaphorik hinsichtlich der Befindlichkeit des Menschen in der Großstadt. [02] Erschließen Sie den gedanklichen Aufbau und die zentrale Metaphorik in Zechs „Fabrikstraße Tags“, um anschließend die Funktion des „Blickes“ für das Textverständnis in beiden Gedichten zu vergleichen.
Standardbezug
• Insgesamt 20 Standards aus den Kompetenzbereichen „sich mit literarischen Texten auseinandersetzen“, „Schreiben“ und „Lesen“
Im Zentrum:
• Mehrdeutigkeit als konstitutives Mittel literarischer Texte nachweisen
• Sinnzusammenhänge als Geflechte innerer Bezüge und Abhängigkeiten erfassen
• synchrone Zusammenhänge zwischen Texten ermitteln
Textvorlage 1 (Schwerpunkt der Aufgabe)
Franz Werfel: Menschenblick (ca. 1927) In der trägen Abendheimkehr der Gasse, Die uns durch die Schläuche der Städte preßt, Treiben wir ichlos in strudelnder Masse, Leib mit Leibern, undurchscheinlich und fest. Doch da weckt aus dem Schlaf des Massengeschickes Jäh uns ein Antlitz, berückenden Sinnes schwer, Und aus dem Wolkenriß eines träumenden Blickes Starrt eine Ewigkeit, größer als Sonne und Meer.
Textvorlage 2 (Vergleichstext)
Paul Zech: Fabrikstraße Tags (1911) Nichts als Mauern. Ohne Gras und Glas zieht die Straße den gescheckten Gurt der Fassaden. Keine Bahnspur surrt. Immer glänzt das Pflaster wassernaß. Streift ein Mensch dich, trifft sein Blick dich kalt bis ins Mark; die harten Schritte haun Feuer aus dem turmhoch steilen Zaun, noch sein kurzes Atmen wolkt geballt. Keine Zuchthauszelle klemmt so in Eis das Denken wie dies Gehn zwischen Mauern, die nur sich besehn. Trägst du Purpur oder Büßerhemd –: immer drückt mit riesigem Gewicht Gottes Bannfluch: uhrenlose Schicht.
Textbezogenes Schreiben Materialgestütztes
Schreiben
Au
fgab
enar
t In
terp
reta
tion
liter
aris
cher
Text
e
An
alys
e
pra
gm
atis
cher
Text
e
Erör
teru
ng
liter
aris
cher
Text
e
Erör
teru
ng
pra
gm
atis
cher
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
info
rmie
ren
der
Text
e
Mat
eria
lges
tütz
tes
Ver
fass
en
arg
um
enti
eren
der
Tex
te
Aufgabenarten
Beispiel 2: Materialgestütztes Schreiben
Analphabetismus Verfassen Sie auf der Basis der Materialien 1 – 4 einen Informationstext über Analphabetismus. Der Text soll sich an junge Erwachsene ohne spezielle Vorkenntnisse richten. Dabei soll zum einen über Art und Umfang des Analphabetismus informiert werden. Zum anderen sollen mögliche Ursachen sowie Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung der Betroffenen erklärt werden. Sie können eigenes Wissen über Sprache, Kommunikation und Denken sowie eigene Beispiele einsetzen, um Zusammenhänge zu verdeutlichen. Verweisen Sie in Ihrem Text auf die Quellen, denen Ihre Informationen entstammen.
Standardbezug
• Insgesamt 14 Standards aus den Kompetenzbereichen „Schreiben“, „Lesen“, „sich mit pragmat. Texten auseinandersetzen, „Sprache und Sprachgebrauch reflektieren“
Im Zentrum:
• anspruchsvolle Aufgabenstellungen in konkrete Schreibziele und Schreibpläne überführen und komplexe Texte unter Beachtung von Textkonventionen eigenständig […] strukturieren […]
• aus […] Informationsquellen Relevantes für die eigene Textproduktion auswählen und in geeigneter Form aufbereiten
• Schlussfolgerungen aus ihren Analysen, Vergleichen oder Diskussionen von Sachverhalten und Texten ziehen und die Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen
• ein grundlegendes Verständnis der kognitiven und kommunikativen Funktion von Sprache formulieren
Material 1: Zitat der Leiterin der leo.-Studie
Material 2: Auszüge aus dem Presseheft zu leo.
Material 2: Auszüge aus dem Presseheft zu leo.
Abb. 1: Funktionaler Analphabetismus und Fehlerhaftes Schreiben in der deutsch sprechenden erwachsenen Bevölkerung (18-64 Jahre) (*Abweichung der Summen von 100 Prozent aufgrund von Rundungsungenauigkeiten)
Material 3: Wissenschaftlicher Text von S. Nickel (Auszug)
Material 4: Wissenschaftlicher Text von H. Günther (Auszug)
Auszug aus „Zum Zusammenhang von Denken und Schrift“ „ […] Wir können also sagen, dass die Schrift die Möglichkeit schafft, Sprache aus ihrem unmittelbaren Zusammenhang des gesprochenen Wortes herauszulösen. Wir können Sprache auf diese Weise dauerhaft speichern und an andere Orte und in zukünftige Zeiten überliefern; wir können aber auch unser Geschriebenes noch einmal lesen, wir können es verändern, kürzen oder ergänzen, bevor wir es aus der Hand geben. Aber auch das Lesen von Texten unterscheidet sich vom Zuhören. Wir selber bestimmen unser Lesetempo, wir können einzelne Stelle mehrfach lesen und andere überspringen. Wir können Texte längst verstorbener Menschen lesen und uns so ein Bild der Geschichte machen. Wir können unsere eigenen Texte mit denen anderer vergleichen. Darin ist die Schrift den Musikinstrumenten vergleichbar, die uns ganz neue Möglichkeiten zum Musizieren schaffen, ohne dass deswegen die Stimme oder der Gesang überflüssig würden. Wir können also sagen, dass mit der Alphabetschrift ein neues Werkzeug des Denkens zur Verfügung steht, das unsere kognitiven Möglichkeiten erweitert. Das bedeutet aber nicht, dass deshalb die vorhandenen kognitiven Möglichkeiten entwertet oder gar überflüssig würden. Auch wer lesen und schreiben kann, muss sich weiterhin im Gespräch verständigen und sich Dinge merken können, ohne sie aufzuschreiben. […]“