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Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Julia Barthel Technische Universität Dresden Institut für Politikwissenschaft Wintersemester 2012/13 HS/Projektseminar: An den Grenzen des Rechts. Zur Politischen Theorie des Flüchtlings. Dozentin: Dr. Julia Schulze Wessel Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung: (Wie) Lassen sich anhand des Foucault’schen Begriffs der Biopolitik Prozesse der Exklusion denken? Autor_innen: Elisabeth Pohl, Julia Barthel

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Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte

Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Julia Barthel

Technische Universität Dresden Institut für Politikwissenschaft Wintersemester 2012/13 HS/Projektseminar: An den Grenzen des Rechts. Zur Politischen Theorie des Flüchtlings. Dozentin: Dr. Julia Schulze Wessel

Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung: (Wie) Lassen sich anhand des

Foucault’schen Begriffs der Biopolitik Prozesse der Exklusion denken?

Autor_innen: Elisabeth Pohl, Julia Barthel

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Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte

Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Julia Barthel

Inhalt

I Einleitung .................................................................................................................................. 1

II Theoretisches Fundament: Der Foucault’sche Biopolitikbegriff .................................................. 4

1 Von der Souveränitätsmacht zur Biomacht ............................................................................ 4

1.1 Genealogie der Macht .................................................................................................... 4

1.2 Leben ............................................................................................................................. 6

1.3 Wissen ............................................................................................................................ 6

2 Gouvernementalität ............................................................................................................... 7

2.1 Disziplinierung des Individualkörpers ............................................................................. 8

2.2 Regulierung der Bevölkerung ......................................................................................... 8

3 Sicherheitsdispositiv ............................................................................................................... 9

3.1 Machtmechanismen ....................................................................................................... 9

3.2 Normalisierung ............................................................................................................. 10

4 Rassismus ............................................................................................................................ 11

III Weiterentwicklung und Anwendung: Biopolitische Exklusionsprozesse? ............................ 15

1 Biopolitik – ein inklusives Konzept? ..................................................................................... 15

2 Moderne Migrationsregime: Biopolitische Konzeption des Flüchtlings im Lichte des Sicherheitsdispositivs ................................................................................................................... 17

2.1 Grenze als Ort der Generierung systematischen Wissens ............................................. 18

2.2 Zum Umgang mit dem Flüchtling: kollektive Regulierung und individuelle Disziplinierung ......................................................................................................................... 18

2.3 Dämonisierung des Flüchtlings als Katalysator des rassistischen Sicherheitsdispositivs19

2.4 Die biopolitische Legitimierung des Ausschlusses ........................................................ 21

2.5 Formwandel der Souveränität ...................................................................................... 21

2.6 Grenze als Instrument der Gouvernementalität ............................................................ 22

IV Schluss ................................................................................................................................. 23

Literatur ........................................................................................................................................... 26

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1 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

I Einleitung

Seit dem Westfälischen Frieden wurde auf der Welt ein Nationalstaatensystem etabliert, zusam-

mengesetzt aus der Triade von Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt. Doch was geschieht mit

dieser scheinbar untrennbaren Einheit, wenn ein Fremder, ein nicht dem Staatsvolk zugehöriger, die

Grenze zum Staatsgebiet überschreitet? Durch seine Person wird die Frage aufgeworfen nach der

Definition der Bevölkerung einerseits und nach dem Umgang mit dem Fremden andererseits. Wer

die Grenze überschreitet, provoziert gewissermaßen eine Entscheidung: Kann er zum Staatsvolk

dazugehören, oder bleibt er ausgeschlossen? Migration ist kein einmaliger Vorgang, sondern ver-

läuft in fließenden Bahnen, Grenzüberschreitungen ereignen sich immer wieder neu, und somit

wird auch die Frage nach der Definition der Bevölkerung und des Flüchtlings, nach Zugehörigkeit

und Nicht-Zugehörigkeit, nach Innen und Außen kontinuierlich gestellt. Auf diese Weise werden

sich konstituierende Prozesse der Einschließung und gleichzeitiger Ausgrenzung sichtbar. Doch auf

welche Weise lassen sich diese erfassen, in welchem Rahmen lassen sie sich einordnen?

Eine mögliche Betrachtungsperspektive dieser Entscheidung über Ein- und Ausschluss, und der

Wahl der Mittel für den Umgang mit dem Flüchtling, lässt sich anhand biopolitischer Kriterien

nachzeichnen. Was ist unter Biopolitik zu verstehen? Inzwischen ist der Begriff bereits sehr häufig

rezipiert, definiert und in immer neue Kontexte gesetzt worden. Doch reizt im Zusammenhang mit

Migrationsmanagement und Flüchtlingspolitik weniger die medizinische, biowissenschaftliche und

ethische Diskussion um Gen- und Reproduktionstheorien, als vielmehr das Verständnis von Biopoli-

tik als fundamentaler Einschnitt in das Wesen des Politischen. Biopolitik wird dabei nicht als De-

skriptiv eines spezifischen Politikfeldes aufgefasst, sondern als die Markierung der Wende zur Mo-

derne, als ein zentraler Begriff einer Analytik der Macht.

Als einen solchen machte ihn sich zuerst Michel Foucault in einem Vortrag von 1974 zu eigen

(Foucault 2003: 275; Pieper et al. 2011: 8). Er verwendet den Begriff der Biopolitik respektive der

Biomacht im Zusammenhang mit der kritischen Analyse moderner Gesellschaftsverhältnisse und

deren Machttechnologien. Zentrale Ausführungen dazu finden sich vor allem in der Vorlesung vom

17. März 1976 am Collège de France (Foucault 1999) und in seinem 1976 erschienenen Buch Der

Wille zum Wissen (Foucault 1977). Eingebettet in eine Genealogie der Macht charakterisiert er die

Zwillingsbegriffe Biomacht und Biopolitik als den Moment, in dem das Leben in die Politik eintritt.

Die Produktion des Lebens, dessen Steigerung und Optimierung werden nun zum primären Zweck

der Politik, es kommt zur „Vereinnahmung des Lebens durch die Macht“ (Foucault 1999: 276). Das

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2 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

Leben findet auf der kollektiven Ebene der Bevölkerung statt, welche es zu bewirtschaften und zu

regulieren gilt (Pieper et al. 2011: 10).

Foucaults Verständnis von Biopolitik, das er später in sein größeres Konzept der Gouvernementali-

tät einordnet, wird häufig aufgegriffen, weiterentwickelt und, dank seines ausgeprägten analyti-

schen Potenzials, auf die unterschiedlichsten Sachverhalte angewendet. Der Fokus liegt dabei ent-

weder auf Souveränität (Agamben 2002), auf biopolitischer Produktion von Leben (Hardt/Negri

2002) oder auf einer Analyse der Rationalität von Regierungshandeln und neoliberalen Machtstra-

tegien, welche die sogenannten Governmentality Studies verfolgen (Pieper et al. 2011: 14).

Interessant im Zusammenhang mit Migrationsregimen ist der Gedanke, dass es sich bei der Biopoli-

tik und Gouvernementalität Foucaults um inklusive Konzepte handelt. Die Produktion von Leben

und die Sicherheit des Bevölkerungskörpers konzentrieren sich auf eine biologisch-monistische Ge-

sellschaft, deren Außen nicht relevant erscheint. Es geht um die „Sicherheit des Ganzen vor seinen

inneren Gefahren“ (Foucault 1999: 288). Die Bestimmung dessen, was eine Gefahr darstellt und

was nicht, funktioniert über den von Foucault identifizierten modernen Staatsrassismus. Dieser

zieht eine Trennlinie zwischen lebenswertem und lebensunwertem leben innerhalb der Bevölke-

rung.

In dieser Arbeit wollen wir untersuchen, inwieweit Foucaults Konzeption auch auf den möglicher-

weise biopolitischen Umgang mit einem Außen anwendbar ist. Flüchtlinge treten von außen an die

Gesellschaft heran. Inwieweit speisen sich auf sie gerichtete Handlungen und Politiken aus einer

biopolitischen Denkweise? Wir sehen hier einen möglichen Anschluss an Foucault unter einer Per-

spektive der Exklusion. So stellen wir uns für diese Arbeit die Frage:

(Wie) lassen sich anhand des Foucault’schen Biopolitikbegriffs Exklusionsprozesse denken? Und

welche Bedeutung hat diese Perspektive für die Analyse moderner Migrationsregime?

„Alle meine Bücher […] sind, wenn Sie so wollen, kleine Werkzeugkisten." (Foucault 1976b: 53),

erklärte bereits Foucault selbst. Um uns dieser Werkzeugkisten zur Beantwortung unserer For-

schungsfrage ganz in seinem Sinne bedienen zu können, ist im ersten Teil der Arbeit eine Nach-

zeichnung und Kontextualisierung des Biopolitikbegriffs bei Foucault erforderlich. Eingebettet in

eine Genealogie der Macht und Konzeption der Gouvernementalität ist es hierfür sinnvoll, zuerst

den Weg von der Souveränitätsmacht zur Biomacht nachzuvollziehen. Daran anschließend wird der

Gouvernementalitätsbegriff Foucaults erarbeitet. Zentral für unsere Arbeit ist auch Foucaults Darle-

gung der verschiedenen Machtmechanismen, insbesondere des Sicherheitsdispositivs. Zuletzt soll

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auf Foucaults Verständnis des Rassismus eingegangen werden, dem er eine vitale Bedeutung für

das Funktionieren moderner Staaten zuschreibt. Das so erarbeitete theoretische Fundament soll im

Anschluss auf eine Analyse der Gegenwart angewandt werden. Wir wollen daher im zweiten Teil

erproben, ob und auf welche Weise der Foucault’sche Biopolitikbegriff aus einer exklusionistischen

Perspektive gedacht werden kann, um ihn dann auf die konkreten Ausgrenzungsprozesse anzu-

wenden, die dem gegenwärtigem Migrationsmanagement inhärent sind. Dabei liegt unserer Arbeit

die - durchaus deterministische - These zugrunde, dass ein rassistisches Sicherheitsdispositiv zu

biopolitisch legitimierten Exklusionsprozessen führt. Zwar orientieren wir uns für unsere Analyse an

Foucault und seinem Konzept der Biomacht, gehen jedoch darüber hinaus und entwickeln es wei-

ter. Abschließend wollen wir daher bewerten, welche Relevanz die Foucault'sche Anwendung auf

aktuelle Migrationsregime haben kann. Dabei bleibt uns bewusst, dass dies nur eine Weise ist, sich

der Thematik zu nähern, die uns zu bestimmten Einsichten führen wird, während andere Aspekte

des Themas unbeleuchtet bleiben. Abschließend wollen wir daher darlegen, welche Erkenntnisse

sich für uns aus der so gerichteten Auseinandersetzung mit der Thematik ergeben haben.

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II Theoretisches Fundament: Der Foucault’sche Biopolitikbegriff

1 Von der Souveränitätsmacht zur Biomacht Seit 1969 bis in die 1970er Jahre setzt sich Foucault eingehend mit der Frage der Macht auseinan-

der. Die Vielzahl der Antworten auf die er dabei stößt, lassen ihn jedoch beständig mit seiner eige-

nen Theorie hadern. Unaufhörlich modifiziert er seinen Machtbegriff, verwirft Erklärungsansätze,

konzipiert weite Teile von Neuem und wendet sich schließlich resigniert von seinem Biomachtkon-

zept ab (z.B. Foucault 1978: 114; Foucault 1999: 9f., 28).

Dennoch stützt sich seine theoretische Arbeit maßgeblich auf seine Untersuchungen gesellschaftli-

cher Machtverhältnisse im Wandel der Zeit. Die Auseinandersetzung mit der Machtkonzeption

Foucaults ist daher konstitutiv für das Verständnis seines Werkes und den Versuch, sein analyti-

sches Instrumentarium für eigene Arbeiten fruchtbar zu machen.

Deshalb soll zunächst untersucht werden, wie sich der diffuse Machtbegriff Foucaults fassen lässt.

Worauf gründet Macht nach Foucault? Wer besitzt sie? Ist sie positiv oder negativ, schöpferisch

oder zerstörend?

1.1 Genealogie der Macht Als zentrales Analyseraster dient Foucault die historische und analytische Abgrenzung dreier

Machtmechanismen, die er im Laufe seiner Arbeiten entwirft. In der 1969 erschienenen Archäologie

des Wissens konzipiert er Macht zunächst als juridische Souveränitätsmacht, die rational-legal legi-

timiert Gewalt ausübt (Foucault 1978: 34f.). Der Souverän bedient sich dabei dem Mittel der „Ab-

schöpfung“ („soustraction“), welche Foucault als Entzug von Gütern, Dienstleistungen oder, im

Extremfall, des Lebens selbst (Foucault 1977: 131) beschreibt. So manifestiert sich die souveräne

Macht, über Leben und Tod zu entscheiden und somit das Recht „sterben zu machen oder leben zu

lassen“ (Foucault 1999: 278). Foucault konzipiert Macht folglich als monopolisiertes, repressives

Zugriffsrecht.

In Überwachen und Strafen wendet sich Foucault von seiner juridischen Machtkonzeption ab1. Im

Zentrum steht nun ein strategisch-produktives Verständnis von Macht. Diese, so Foucault, beruht

1 Diesem Schritt gehen ausführliche theoretische Auseinandersetzungen mit der Konzeption des Krieges voraus, den Foucault als Ausgangspunkt für den Wandel der Realität der Machtverhältnisse sieht. Er argumentiert, die mit dem monopolisierten Gewaltanwendungsrecht einhergehende „Verstaatlichung des Krieges“ (Foucault 1999: 58) führe zur gesellschaftlichen Kritik der Souveränitätsmacht. Durch die binäre Struktur des Kriegsdiskurses, der die Gesellschaft in zwei Lager teilt, wird die neutrale und universale Position des juridischen Subjekts revi-diert. Infolgedessen zerbricht die identifizierende Kontinuität zwischen Souverän und Bevölkerung und löst einen Wandel der Machtverhältnisse aus.

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nicht mehr auf gewaltsamer Unterdrückung, sondern auf vernunftbegründeter Disziplinierung der

Bevölkerung (Ruoff 2007: 146). Anstelle der direkten Gewaltausübung eines Einzelnen entsteht ein

undurchsichtiges, körperloses System gegenseitiger Überwachung, gezielte Repressionen werden

durch normierende Sanktionen ersetzt. So etabliert sich ein universales Netzwerk der

Macht(beziehungen), in dem jeder in unterschiedlichem Maße zum Objekt, Träger und Mittel von

Macht wird. Macht ist nunmehr „keine Sache, die man innehat, kein Eigentum, das man überträgt;

sondern eine Maschinerie, die funktioniert." (Foucault 1976a: 228ff.). Damit wird ein Paradigmen-

wechsel von der Souveränitäts- zur Disziplinarmacht eingeleitet.

In Der Wille zum Wissen analysiert Foucault staatliche Machtstrategien im Kontext der entstehen-

den Nationalstaaten des 17. und 18. Jahrhunderts. Er kommt zu dem Schluss, dass Souveränitäts-

und Disziplinarmacht nicht umfassend bzw. flexibel genug sind, um den demographischen und

sozialen Herausforderungen der Moderne effektiv begegnen zu können. Demgegenüber steigt die

Bedeutung der „health of the public“ als „Gesundheit“ der Allgemeinheit, die in der Summe aller

Individuen den Leviathan formt (Bishop 2008: 545).

Diese gegenläufigen Entwicklungstendenzen kulminieren schließlich im „Eintritt des Lebens und

seiner Mechanismen in den Bereich der bewussten Kalküle“ (Foucault 1977: 138) und verändern

damit den Kern von Politik. Als neue Prämisse politischen Handelns gilt es, „die Gesellschaftskräfte

zu steigern“ (Foucault 1976a: 267) und „das Leben zu optimieren“ (Foucault 1999: 284). Einher

mit diesem fundamentalen Rationalitätswandel geht die Etablierung eines radikal neuen Machtme-

chanismus, den Foucault als „Biomacht“ bezeichnet. Diese neue Macht ist dazu bestimmt „Kräfte

hervorzubringen, wachsen zu lassen und zu ordnen, anstatt sie zu hemmen, zu beugen oder zu

vernichten.“ (Foucault 1977: 132). Dazu reformuliert er seinen Souveränitätsbegriff, modifiziert

seine Konzeption von Disziplin und ordnet beide Machtformen anschließend einem umfassenderen

Konzept von Politik unter (Lemke 2008: 80). Foucault skizziert so eine Art der Machtausübung, die

nicht länger auf der Drohung mit dem Tod beruht, sondern vielmehr die Übernahme von Verant-

wortung für das Leben impliziert. Damit grenzt er die Souveränitätsmacht deutlich von der Bio-

macht ab: Aus der repressiven Deduktion wird schöpferische Produktion, gewaltsame Abschöpfung

verkehrt sich in produktive Wertschöpfung – kurzum: der Macht über den Tod setzt er die Macht

über das Leben entgegen (vgl. Oksala 2010: 36f.).

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1.2 Leben Diese fundamental neue Konzeption von Macht wirkt sich auch unmittelbar auf das Verständnis

ihrer „Adressaten“ aus: Durch den „Eintritt des Lebens […] in das Feld der politischen Techniken“

(Foucault 1977: 137) konstituiert das „Leben“ nicht nur den Gegenstand politischen Handelns,

sondern wird zum primären Objekt des Politischen (Foucault 1999: 284). Politisches Handeln im

biopolitischen Kontext erfolgt demzufolge nicht lediglich in Bezug auf bloße Rechtssubjekte, son-

dern begreift den Menschen als Lebewesen. Infolgedessen wird „Leben“ zu einer eigenständigen

und quantifizierbaren Größe, einer „kollektiven Realität“, die losgelöst von seinen substanzhaften

Trägern und deren individuellen Erfahrungen betrachtet werden kann (Lemke 2008: 81f.). „Nicht

die singuläre Existenz von Menschen, sondern deren biologische Eigenschaften, die auf der Ebene

von Bevölkerungen erhoben werden, sind Gegenstand der Biopolitik.“ (Lemke 2008: 81). Biopolitik

prägt auf diese Weise ein Verständnis von „Leben“ als abstraktes Prinzip, das allen Organismen

inhärent ist. Leben und Tod haben dabei keine statischen, sondern fließende Grenzen. Diese Gren-

zen sind biopolitisch (Bishop 2008: 545).

1.3 Wissen Wie aber wird die Verbindung von Politik und Leben hergestellt? Was legitimiert die Politisierung

des Lebens? Und wie lässt sich politische Autorität jenseits gewaltbasierter Repressionsregime ma-

nifestieren? Um diese Fragen beantworten zu können, ergänzt Foucault seinen Machtbegriff um ein

weiteres konstituierendes Element: das Wissen.

In seinem Frühwerk betrachtet er insbesondere die Entstehung von Wissen, dessen Organisation in

Diskursformationen und ihren Einfluss auf die Auslegung, Relevanz und Reliabilität von Informatio-

nen (Rouse 2003: 95f.). Ab Mitte der 1970er Jahre widmet er sich zunehmend dem Zusammenhang

von Macht und Wissen, zwischen denen er eine enge Bindung feststellt. Ausgangspunkt für seine

Untersuchung dieser Verknüpfung ist eine Auseinandersetzung mit dem westlichen Strafsystem. So

beschreibt Foucault in Überwachen und Strafen einen starken Wandel der Sanktionsmethoden mit

Beginn der Moderne: Vor dem 17. und 18. Jahrhundert basierten Bestrafungstechniken auf der

punktuellen Ausübung körperlicher Gewalt mit dem Ziel der Zerstörung des Körpers. Seit der Auf-

klärung wurde dieses destruktive, in seiner Anwendung unregelmäßige, Strafsystem radikal verän-

dert und an die neuen Machtstrukturen angepasst. Strafen erfolgen nun kontinuierlich durch die

systematische und permanente Disziplinierung des zu Bestrafenden. Sie zielen dabei nicht mehr auf

die Vernichtung des Menschen ab, sondern bezwecken seine Umerziehung und gesellschaftliche

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Reintegration (Mangion 2011: 80). Der Erfolg dieser Disziplinierungsmethode setzt jedoch eine

profunde Kenntnis des Zielobjekts voraus.

Es ist diese schlichte Einsicht, die für Foucault den Ansatzpunkt bildet, um die Verflechtung von

Wissen und Macht zu skizzieren und damit die Lücke zwischen Politik und „Leben“ zu schließen. Er

schlussfolgert, je detailreicher und weitschweifiger das Wissen der Politik über die Bevölkerung ist,

desto zielgerichteter und nachhaltiger kann soziale Kontrolle ausgeübt und umso intensivere Maß-

nahmen der Überwachung, Ahndung und Disziplinierung ergriffen werden. Durch die verstärkte

Eindringtiefe der Politik in die Gesellschaft erfolgt eine Offenlegung weiterer Informationen, die

wiederum zur Generierung neuen Wissens über den Menschen beiträgt (Rouse 2003: 97). Foucault

konstatiert daher, „dass es keine Machtbeziehung gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wis-

sensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und

konstituiert.“ (Foucault 1976a: 39). Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Bedeutungen von

Wissen für die Politik. Erstens eine historische Relevanz insofern, als dass durch die kontinuierliche

Generierung, Weitergabe und Unterdrückung von Wissen Probleme identifiziert, Ziele definiert und

Strategien entwickelt werden, die das Bestehen des Staates gewährleisten (Lemke 2007: 53). Zwei-

tens eine systemische Bedeutung von Wissen durch die Konstitution einer sozialen Ordnung und

Strukturierung der zu regierenden Subjekte und Objekte (Lemke 2007: 53f.). Zudem wirkt sich die

Berufung auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Ziel der produktiven Gesellschaftssteigerung posi-

tiv auf die Akzeptabilität eines Systems aus.

2 Gouvernementalität Im Rahmen seiner Vorlesung am Collège de France 1977/78 nimmt Foucault eine erneute theoreti-

sche Erweiterung und Korrektur seiner Machtkonzeption vor. Anlass dafür war der von ihm diag-

nostizierte Bruch seiner Theorie hinsichtlich des Verhältnisses von Herrschaftsformen zu Subjektivie-

rungsprozessen. Um diese Lücke zu schließen, führt er die „Regierung“ als neue Dimension in seine

Machtkonzeption ein, sodass Macht nun als „Führung“ verstanden und damit jenseits juridischer

oder gewaltbasierter Konzepte gedacht werden kann. Dieser analytischen Weiterentwicklung ist

somit eine "Scharnierfunktion" inhärent: Entworfen als Brücke von taktischen Machtbeziehungen

zur Herrschaftsrealität, ermöglicht es die neue Dimension der Regierung nun erstmals, Macht und

Herrschaft als separate Konzepte zu untersuchen (Bröckling et. al 2000: 8).

Ausgehend von dieser konzeptionellen Umorientierung führt Foucault in seiner Vorlesung vom 1.

Februar 1978 einen neuen gesellschaftspolitischen Begriff ein, zu dessen Gunsten er sich allmählich

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von seinem Konzept der Biopolitik abwandte: die Gouvernementalität. Der Wortstamm setzt sich

zusammen aus den französischen Begriffen für „Regieren“ (gouverner) und „Mentalität“ (menta-

lité) und kann demzufolge als eine neue spezifische Art zu Regieren verstanden werden.

Foucaults Vision einer modernen Regierungskunst basiert auf der Weiterentwicklung zweier zentra-

ler Motive seiner Biopolitikkonzeption: der Disziplinierung des individuellen "Lebens" und der Re-

gulierung eines statischen Bevölkerungskörpers (Sarasin 2005: 176).

2.1 Disziplinierung des Individualkörpers „Wie kann man jemanden überwachen, sein Verhalten und seine Eignung kontrollieren, seine Leis-

tung steigern, seine Fähigkeiten verbessern? Wie kann man ihn an den Platz stellen, an dem er am

nützlichsten ist?“ (Foucault 2005: 233). So beschreibt Foucault in Die Maschen der Macht den Ge-

dankengang, der dem politischen Handeln einer "gouvernementalisierten" Regierung zugrunde

liegt. Durch die Generierung systematischen Wissens über den Einzelnen soll dessen individueller

Nutzen für die Gesamtgesellschaft maximiert werden. Zahlreiche Überwachungsmechanismen,

Programme und Berichte ermöglichen es, jedes Individuum zu analysieren, zu identifizieren und zu

klassifizieren. Analog zur Biomachtkonzeption Foucaults verkommt der Mensch auch im Rahmen

der Gouvernementalität vom wesenhaften Subjekt zum analysierbaren Objekt, wird degradiert zu

einem bloßen Datenberg und reduziert auf seine messbaren Eigenschaften (Lemke 2008: 81).

Die Eindringtiefe gouvernementaler Macht übersteigt jene der Biopolitik jedoch um ein Vielfaches.

Denn in einem zweiten Schritt konstituiert und strukturiert die Regierung anhand der erhobenen

Daten die Ansichten und Gewohnheiten des Einzelnen und „dressiert“ (Foucault 1980: 115) ihn auf

ein gewisses Personenprofil. Diese gewissermaßen fremd-konstituierte gesellschaftliche Verortung

bestimmt das Selbstbild des Menschen, die Festlegung seiner Ziele und Bedürfnisse. Die Regierung

bestimmt somit auch das Unterbewusstsein des Menschen. Ihre Macht ist omnipräsent, multizent-

risch und im Alltag permanent spürbar.

2.2 Regulierung der Bevölkerung Der zweite Pol "gouvernementalisierter" Machtausübung zielt auf den gesamten Volkskörper ab.

Dabei geht Foucault von einem holistischen Verständnis des Zielobjekts aus: Er konzipiert die Be-

völkerung als eigenständige biologische Entität im Sinne eines „Gattungskörpers“, „als eine Gege-

benheit, als ein Interventionsfeld und als das Ziel der Regierungstechniken“ (Foucault 1978: 64). Im

Rahmen dieser Machttechnik wird die Bevölkerung permanent überwacht, reguliert und normiert.

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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Foucault‘sche Gouvernementalitätsbegriff ein

umfassendes polity-Konzept skizziert, in dessen Rahmen der Einzelne sowie die Bevölkerung mithil-

fe juridischer Gesetzgebung und unbewusster Wahrnehmungsprägung erfasst und ihre Handlungen

permanent kontrolliert und gelenkt werden. Die Gouvernementalitätskonzeption Foucaults greift

somit gleichsam Elemente der Disziplinar- sowie der Biomacht auf und integriert sie in die moderne

„Regierungskunst“.

3 Sicherheitsdispositiv

3.1 Machtmechanismen

Mit dieser neuen „Kunst des Regierens“ gehen Technologien der Macht einher, die sich von voran-

gegangenen unterscheiden. In Geschichte der Gouvernementalität I: Sicherheit, Territorium, Bevöl-

kerung von 1977/78 beschreibt Foucault drei Mechanismen der Macht: Den juridisch-rechtlichen

Mechanismus, den Disziplinarmechanismus und das Sicherheitsdispositiv (Foucault 2004: 19). Er

spürt ihren Besonderheiten nach und stellt die Frage, ob „die Gesamtökonomie der Macht in unse-

ren Gesellschaften dabei ist, zur Sicherheitsordnung zu werden?“ (Foucault 2004: 26), sich also

eine „Sicherheitsgesellschaft“ (Foucault 2004: 26) konstituiert. Dazu kontrastiert er die Technolo-

gien des Sicherheitsdispositivs mit denen des Rechts und der Disziplin: Während das für die Souve-

ränitätsmacht charakteristische juridische System mit der binären Unterscheidung zwischen Erlaub-

tem und Verbotenem agiert und auf Verbotenes eine festgelegte Strafe folgen lässt, beschäftigt

sich der Disziplinarmechanismus des Polizeistaates mit dem Schuldigen und dessen Überwachung

und Erziehung. Sicherheitsmechanismen hingegen hantieren mit Wahrscheinlichkeiten und Kosten-

kalkulationen, mit der Regulierung und Kontrolle von Zirkulationen aller Art. Sichtbar wird die Un-

terscheidung auch an dem Raum, auf den der jeweilige Mechanismus gerichtet ist: Die Souveränität

bezieht ihre rechtlichen Unterscheidungen auf ein bestimmtes Territorium und grenzt dieses ab; die

Disziplin konzentriert sich auf die mannigfaltigen Körper von Individuen mit dem Ziel, diese auf

eine bestimmte Art zu erziehen oder dressieren, widmet sich also der Konstruktion eines künstli-

chen Raumes. Eine Regierung, die unter dem Dispositiv der Sicherheit handelt, greift dagegen auf

der Ebene der Bevölkerung ein, welche sie als eine natürliche, von diversen Variablen abhängige

Gegebenheit begreift. Es soll nicht willkürlich etwas geformt, sondern in das Vorhandene sinnvoll

eingegriffen werden, um einen gewissen Grad an Regulierung zu erhalten (Foucault 2004). Sicher-

heitsdispositive schaffen sich daher nicht einen künstlichen Raum, sondern arbeiten in der Realität:

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10 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

„Anders gesagt, das Gesetz verbietet, die Disziplin schreibt vor, und die Sicherheit hat – ohne zu untersagen und ohne vorzuschreiben, wobei sie sich eventuell einiger In-strumente in Richtung Verbot und Vorschrift bedient – die wesentliche Funktion, auf eine Realität zu antworten, so daß diese Antwort jene Realität aufhebt, auf sie antwor-tet – sie aufhebt oder einschränkt oder bremst oder regelt. Diese Steuerung im Element der Realität ist, denke ich, grundlegend für die Sicherheitsdispositive.“ (Foucault 2004: 76)

Nun wird auch ersichtlich, weshalb Foucault für die Bezeichnung dieses neuen Mechanismus den

Begriff des Dispositivs verwendet. Ein Dispositiv ist nach Foucault ein

„Ensemble, das Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philantropische Lehrsätze, kurz: Gesagtes ebensowohl wie Ungesagtes umfaßt. […] Das Dispositiv selbst ist das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft werden kann.“ (Foucault 1978: 119f.).

Ihm ist eine strategische Funktion inhärent, „Strategien von Kräfteverhältnissen, die Typen von

Wissen stützen und von diesen gestützt werden.“ (Foucault 1978: 123). Im Falle des Sicherheitsdis-

positives ist das erklärte Ziel, Strategien zu entwickeln, um die Sicherheit der Bevölkerung zu ge-

währleisten beziehungsweise Gefahren für dieselbe einzuschränken und durch Eingriffe in die Reali-

tät zu regulieren. Daraus erwachsende Aufgabenbereiche sind beispielsweise die Sicherstellung der

Nahrungsversorgung und das Bekämpfen von statistisch erfassbaren Erkrankungen mittels flächen-

deckender Impfungen, also Gesundheits- und Sozialpolitik.

3.2 Normalisierung

Welche Bedeutung hat das besagte „Element der Realität“ für die Regierung der Bevölkerung qua

Sicherheitsmechanismen? Dies wird deutlich, wenn Foucault das Verhältnis der Machtmechanismen

gegenüber der sogenannten „Normalisierung“ beleuchtet. Das Recht bestimmt eine Norm, von der

es Gesetze ableitet; die Disziplinarmacht nutzt eine im Vorhinein festgelegte „optimale“ Norm, um

die Körper der Individuen daran auszurichten und zwischen „Normalem“ und „Anormalem“ zu

differenzieren. Dieser normativen Normalität steht die deskriptive Normalität gegenüber: Unter

dem Sicherheitsdispositiv wird auf der Ebene der Bevölkerung Wissen gesammelt, werden Statisti-

ken erstellt, Geburten- und Sterberaten ermittelt, Lebensdauer gemessen und dergleichen, um eine

Normalverteilung festzustellen, welche dann als Norm gilt. Eingriffe werden vorgenommen, um

Abweichungen von diesem nachträglich ermittelten statistischen Normalzustand auszugleichen und

zu regulieren (Foucault 2004: 88ff.). „Statt die Grenzlinie zu ziehen, die die gehorsamen Unterta-

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11 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

nen von den Feinden des Souveräns scheidet, richtet sie die Subjekte an der Norm aus, indem sie

sie um diese herum anordnet.“ (Foucault 1977: 139). Die Norm wird somit zu einem zentralen Be-

zugspunkt für die Biomacht, da sich an derselben sowohl Körper disziplinieren als auch Bevölke-

rungen regulieren lassen (Foucault 1999: 292). Genau dieser Verknüpfung der Mechanismen be-

dient sich die Biomacht, um das Leben zu organisieren und im Wert zu steigern, und zwar das Le-

ben der Individuen auf der einen und der Bevölkerung auf der anderen Seite.

Zwar ordnet Foucault die verschiedenen Machtmechanismen jeweils einer bestimmten historischen

Epoche zu, unterstreicht dabei jedoch, dass diese nicht eindeutig voneinander zu trennen sind, son-

dern sich wechselseitig der jeweiligen Techniken bedienen. Die Sicherheitsmechanismen, die er als

in der Moderne vorherrschend ansieht, sorgen geradezu für ein Anwachsen sowohl rechtlicher Re-

gelungen als auch disziplinarischer Überwachungs-, Diagnose- und ähnlicher Mechanismen, um die

angestrebte Sicherheit überhaupt erst ermöglichen zu können (Foucault 2004: 22). Das Wesen der

Sicherheitstechnologien besteht demnach „zu einem großen Teil in der Reaktivierung und Trans-

formation der juridisch-rechtlichen und disziplinarischen Techniken“ (Foucault 2004: 24).

Wir haben also eine Regulierung von Wahrscheinlichkeiten, um eine Angleichung an den Normal-

zustand zu erzielen, der auf Ebene der Bevölkerung erreicht werden soll. Zu diesem Zweck können

durchaus bestimmte Abweichungen in Kauf genommen werden, sofern sie in einem akzeptablen

Rahmen bleiben und das große Ziel der Sicherheit der Gesamtheit befördern. Dies zieht die Anwen-

dung disziplinarischer Techniken auf individuelle Körper nach sich. Woran kann jedoch festgemacht

werden, gegen welche Teile der Bevölkerung disziplinarisch vorgegangen werden muss, um die

allgemeine Sicherheit zu erhalten? Wer unterscheidet Gesundes von Bedrohlichem? Woher nimmt

man überhaupt die Rechtfertigung, gegen individuelles Leben vorzugehen, wenn das kollektive

Leben sich als Staatszweck in die Politik eingeschrieben hat? Oder, um es mit Foucault auszudrü-

cken:

„Durch welches Ausschließungssystem, durch wessen Ausmerzung, durch die Ziehung welcher Scheidelinie, durch welches Spiel von Negation und Ausgrenzung kann eine Gesellschaft beginnen zu funktionieren?“ (Foucault 1976: 48)

4 Rassismus

„Das Gesetz kann nicht unbewaffnet sein, und seine hervorragendste Waffe ist der Tod.“ (Foucault

1977: 139), schreibt Foucault in Der Wille zum Wissen. Er fragt danach, wie unter der neuen Form

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12 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

der Biomacht als einer auf das Leben gerichteten Macht mit dem Ziel, dieses zu steigern, zu opti-

mieren und zu schützen, die Funktion des Todes ausgeübt werden kann (Foucault 1999: 294). An

dieser Stelle kommt der Rassismus ins Spiel, jedoch eine neue, moderne Form desselben. Der mo-

derne Rassismus bedient sich zwar des Rassenkampf-Diskurses, ersetzt jedoch die zentrale Bedeu-

tung der kriegerischen Schlacht „durch das biologische, post-evolutionistische Thema des Kampfes

ums Überleben“ (Foucault 1999: 94). Der Rassismus wird zu einem Selektionsmechanismus, dem es

um die „Differenzierung der Arten, Selektion des Stärksten, Bewahrung der am besten angepaßten

Rassen“ (Foucault 1999: 94) geht. Dies ist gleichzeitig der Beginn des Staatsrassismus. Einerseits

wird der Staat nicht mehr als „Instrument einer Rasse gegen eine andere“ (Foucault 1999: 95) an-

gesehen, sondern gilt als Verfechter der „Reinheit“ und „Überlegenheit“ einer Rasse. Doch nicht

nur der Rassismus bedarf des Staates, auch der Staat, der sich der Lebensmacht verschrieben hat,

benötigt die Mechanismen, die ihm der Rassismus an die Hand gibt.

Foucault unterscheidet zwei Funktionen, die der Rassismus notwendigerweise erfüllt: Zum einen

erlaubt er es, in der als homogen vorgestellten Masse der Bevölkerung eine biologische Trennlinie

zu ziehen, eine „Zäsur zwischen dem, was leben, und dem, was sterben muß.“ (Foucault 1999:

295). Für diesen Schritt ist es notwendig, zu erkennen, dass die Fragmentierung „innerhalb des

biologischen Kontinuums“ (Foucault 1999: 295) dessen Herstellung voraussetzt (Lemke 2003: 162).

Der veränderte rassistische Diskurs ersetzt die Vorstellung einer „binär strukturierten Gesellschaft,

die […] in zwei Rassen und zwei Gruppen geteilt ist“ (Foucault 1999: 94) mit dem Thema einer

biologisch monistischen Gesellschaft (Foucault 1999: 94). Innerhalb dieser muss das Fremde, Ab-

normale, Bedrohliche herausgefiltert werden, eben um die oben beschriebene Normalität herzustel-

len – diesen Schnitt, diese Differenzierung nimmt der Rassismus vor (Foucault 1999: 295; Lemke

2003: 162).

Zum anderen liefert der Rassismus die ideologische Unterfütterung und Rechtfertigung, das so

identifizierte lebensunwerte Leben von lebenswertem Leben abzugrenzen und zu töten, und zwar

durch die Formulierung der positiven Beziehung zwischen dem Tod der Anderen und dem eigenen

Leben, eine Beziehung nicht mehr militärischer oder kriegerischer Art, sondern von einem biolo-

gisch-medizinischen Wesen: Je mehr „Degenerierte“, Entartete, Anormale dem Tod ausgesetzt

sind, umso besser ist es um die Gesundheit der eigenen Gattung bestellt. Es steht nicht (allein) die

Sicherheit der Bevölkerung, sondern die Verbesserung, die Steigerung des Lebens, die Optimierung

der Reinheit und Gesundheit der Rasse auf dem Spiel (Foucault 1999: 296). Eben dies ist das Anlie-

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13 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

gen der Biomacht, und aus diesem Grund bedarf sie des Rassismus: Wenn Gegner nicht mehr als

politische Gegner gelten, sondern als biologische Gefahr kategorisiert sind, die beseitigt werden

muss, so ist es der Macht über das Leben wiederum möglich, die souveräne Funktion des Todes

einzusetzen (Foucault 1999: 296). In Foucaults Worten ist der Rassismus „die Bedingung für die

Akzeptanz des Tötens in einer Normalisierungsgesellschaft.“ (Foucault 1999: 297). Die Aufgabe,

die Foucault dem modernen Rassismus zuschreibt, einem Rassismus, der umfassender wirkt als

seine historischen Vorläufer, lässt ihn schlussfolgern, „daß es kaum ein modernes Funktionieren

des Staates gibt, das sich nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einer gewissen Grenze und un-

ter bestimmten Bedingungen des Rassismus bedient.“ (Foucault 1999: 295).

Diese von Foucault festgestellte „vitale Bedeutung“ (Foucault 1999: 297) des Rassismus für mo-

derne Staaten kann leicht missverstanden werden, wenn eine klare Abgrenzung von alltagsver-

ständlichem Rassismus fehlt. Thomas Lemke (2004) arbeitet drei zentrale Unterschiede des

Foucault’schen Begriffes gegenüber herkömmlich-gesellschaftlichen Vorstellungen von Rassismus

wie folgt heraus: Zum einen stellt der Staatsrassismus keine Form der Irrationalität dar, sondern

konstituiert im Gegenteil eine handlungsleitende Rationalität, die Politik und Gesellschaft inne-

wohnt und diese strukturiert, und zwar als gemeinsames Merkmal sowohl liberaler Demokratien als

auch totalitärer Diktaturen. Daher ist Faschismus kein „Unfall“ (Lemke 2004: 267), sondern die

logische Zuspitzung rassistisch-biopolitischer Denkweise, die in weniger extremer Ausprägung in

der Mitte der gesellschaftlichen Normalität zu lokalisieren ist. Zum anderen hebt Lemke die „physi-

sche Qualität“ (Lemke 2004: 267) des in die staatlichen Institutionen eingeschriebenen Rassismus

hervor, der kein Problem von Mentalität und Ideologie mehr darstellt, sondern sich alltäglich in der

Gesellschaft materialisiert (Foucault 1999: 299). Schließlich ist noch festzuhalten, dass der Rassis-

mus eben nicht aus sozialen Spaltungen erwächst und sich in bestimmten, voneinander abgrenzba-

ren Gruppen konstituiert, sondern im Gegenteil, wie bereits beschrieben, die als biologisch-

monistisch geschlossene Gesamtheit gedachte Gesellschaft mit Trennungslinien versieht (Lemke

2004: 267f.).

Den Begriff der Tötung verwendet Foucault nicht verengt, sondern in einem weiten Sinn. Er ver-

steht darunter „alle Formen des indirekten Mordes: jemanden der Gefahr des Todes ausliefern, für

bestimmte Leute das Todesrisiko oder ganz einfach den politischen Tod, die Vertreibung, Abschie-

bung usw. erhöhen.“ (Foucault 1999: 297). Dieser erweiterte Begriff des Todes, der Ausgrenzung

und politische Irrelevanz mit einschließt, ist von Bedeutung für die Annahme, dass ein rassistisch

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14 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

motiviertes Sicherheitsdispositiv zu biopolitischen Exklusionsprozessen führt. Die offene Auslegung

der Funktion des Rassismus sowie die weitläufige und kaum disjunkte Konzeption des Rassismus

an sich erlaubt dessen Anwendung auf neue Sachverhalte, die Foucault nur am Rande beachtet

oder von vornherein nicht in seine Überlegungen mit einbezieht, Sachverhalte, die durch die Per-

spektive des modernen Staatsrassismus neu gegliedert und analysiert werden können (Lemke 2003:

162f.). In unserem Fall handelt es sich hierbei in einem ersten Schritt um eine Diskussion des Be-

griffs der Exklusion, um in einem zweiten Schritt moderne Migrationspolitik zu untersuchen.

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15 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

III Weiterentwicklung und Anwendung: Biopolitische Exklusionsprozesse?

1 Biopolitik – ein inklusives Konzept?

Die Biomacht, die die Individualkörper diszipliniert und die Bevölkerung reguliert, um das Leben im

Allgemeinen zu steigern und zu optimieren, bedarf, wie oben beschrieben, des Rassismus, um die

Funktion des Todes ausüben zu können. Für Foucault ist dieser rassistische Blick auf Gesundheit,

Reinheit und Verbesserung der Gattung oder der Rasse auf das Innere der Bevölkerung gerichtet.

Die biologisch-monistische Gesellschaft wird von internen Elementen bedroht: „Es ist die Vorstel-

lung von Fremden, die sich einschleichen, und von Abweichlern, die Nebenprodukte dieser Gesell-

schaft sind.“ (Foucault 1999: 95). Die Souveränitätsmacht, die sich noch auf die repressive Siche-

rung eines abgegrenzten Territoriums konzentrierte, wird in der Moderne abgelöst von den Diszip-

linar- und Sicherheitsmechanismen der Biomacht. Diese neuen Arten der Machtausübung arbeiten

inklusiv, sie produzieren ein „Feld der Sichtbarkeit“ (Foucault 1999: 95), und indem Foucault sie

von der historischen souveränen, ausschließenden Macht abgrenzt, wird die Biomacht zu einer

„Macht ohne Außen“ (Foucault 1999: 95). Ausgrenzung oder Ausschließung wird von Foucault als

„Merkmal einer längst überwundenen Machtform identifiziert“ (Krasmann/Opitz 2007: 130). In der

Foucault-Rezeption führt diese Konzeption von Biomacht und Gouvernementalität zu Anschlussstu-

dien unter einem bevorzugt „inklusionistischen Paradigma“ (Krasmann/Opitz 2007: 130), was die

Vernachlässigung einer potenziellen Analytik der Exklusion mit sich bringt.

Um Foucaults Überlegungen zu Biopolitik und Rassismus in Begriffen der Exklusion zu denken, wird

ein adäquates Verständnis des Exklusionsbegriffs benötigt. Hierfür orientieren wir uns an Niklas

Luhmanns systemtheoretischen Konzeptionen zu Inklusion und Exklusion. Darin enthalten ist der

Gedanke, dass ein Einschluss immer auch einen Ausschluss produziert. „Inklusion“ ist das Innere

einer Form, „Exklusion“ deren Äußeres. Die sinnvolle Verwendung des einen Begriffs setzt das

Vorhandensein des anderen voraus (Luhmann 1995: 241). Im Bezug auf das soziale System bedeu-

tet Inklusion, dass Menschen in einem Kommunikationszusammenhang „für relevant gehalten

werden“, also als „Personen“ gelten (Luhmann 1995: 241). Wenn Exklusion das bezeichnet, „was

fehlt, wenn Inklusion nicht zustandekommt“ (Luhmann 1995: 239), so handelt es sich im Umkehr-

schluss um einen Ausschluss aus der Kommunikation, um eine Verweigerung des Status einer rele-

vanten „Person“. Susanne Krasmann und Sven Opitz fassen in einem Text von 2007 einige Vorteile

des systemtheoretischen Exklusionsverständnis für eine Anwendung auf die Foucault‘schen Theo-

riebausteine zusammen (Krasmann/Opitz 2007: 129): Zum einen wird das Objekt des Ausschlusses

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16 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

klar bestimmt als die Unmöglichkeit, als relevante Person betrachtet zu werden. Zum anderen wird

deutlich, woraus ausgeschlossen wird, und zwar „aus sozialen Systemen“ (Krasmann/Opitz 2007:

129), wobei dieser Ausschluss nicht einfach von innen nach außen, sondern über eine Änderung

des systemischen Kontextes erfolgt. Dies erlaubt wiederum, den Ausschluss als „gesellschaftsin-

tern“ zu betrachten: „Die Unterscheidung von Inklusion/Exklusion tritt auf ihrer Innenseite wieder

ein, denn im Ablauf spezifischer Kommunikation wird bei der Exklusion systemintern die Möglich-

keit ausgeschlossen, als Person kommunikativ in Erscheinung zu treten.“ (Krasmann/Opitz 2007:

129).

In einem nächsten Schritt sollen die von Foucault charakterisierten modernen Machtmechanismen

mit dem Werkzeug des systemtheoretischen Exklusionsbegriffs auf ihr ausschließendes Potenzial

geprüft werden. Schon die Disziplin, die entlang einer vorgelagerten Norm Zuordnungen vornimmt,

identifiziert das „Normale“ und das „Anormale“ (Foucault 2004: 98), nimmt also spezifische sozia-

le Grenzziehungen vor. Das Anormale wird zwar im sichtbaren Bereich bearbeitet und beispielswei-

se in Gefängnissen oder Zuchtanstalten zu „normalisieren“ versucht, dafür findet aber ein Aus-

schluss aus anderen systemischen Bereichen des Sozialen statt – es erfolgt eine soziale Bearbeitung

der „Passage zwischen Ein- und Ausschluss“ (Krasmann/Opitz 2007: 131). Damit wird das Außen

relativ, es konstituiert sich über disziplinarische Diskurse und Praktiken und wird nie vollständig

aus dem sozialen System herausgelöst. Dabei heben Krasmann und Opitz hervor, dass in system-

theoretischen Begriffen die disziplinäre Einschließung noch nicht „Inklusion“ als Gegensatz der

„Exklusion“ bedeutet, da der Kontext der sichtbaren Einschließung auch umcodiert als „Unsicht-

barkeit nicht-relevanter Personen“ gelesen werden kann (Krasmann/Opitz 2007: 132).

Ein Außen der Regulierungsmechanismen der Sicherheitsdispositive zu bestimmen gestaltet sich

noch etwas komplexer. Während die Disziplinarmacht Körper zu einer Norm hin erzieht, richten sich

die Sicherheitsdispositive auf die gegebene Natürlichkeit der Gesamtheit der Bevölkerung, an eine

„Multiplizität von Individuen“ (Foucault 2004: 41), die in ihre Eigengesetzlichkeiten eingebettet ist.

Ein Eingreifen gestaltet sich über regulierende, hemmende, anreizende, fördernde, ausgleichende

Techniken. Die Grenze des Regulierbaren bildet somit den Rahmen der Inklusion/Exklusion. Ausge-

schlossen wird, was nicht in die regulierten Zirkulationsströme integrierbar ist und somit jenseits

der gouvernementalen Berechenbarkeit liegt (Krasmann/Opitz 2007: 133). Es entsteht die Differenz

zwischen der Bevölkerung und dem nicht in der Regulierung der Verhältnisse verrechneten „Volk“

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17 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

(Foucault 2004: 72). Damit definiert die Regierung die Bedingungen, unter welchen eingeschlossen

werden kann und legt Schwellen der Exklusion fest (Krasmann/Opitz 2007: 134).

An dieser Stelle ist die Unterscheidung der relevanten Ebenen von Bedeutung: Die Regulierungsme-

chanismen der Sicherheitsdispositive haben die Gesamtbevölkerung als Gegenstand, die Sicherheit

wird zum kollektiven Phänomen, das es zu verteidigen gilt. Die Vielheit an Individuen ist nach

Foucault nicht mehr Objekt der Absicherung, sondern „lediglich als Instrument relevant, als Relais

oder Bedingung, um etwas auf der Ebene der Bevölkerung durchzusetzen.“ (Foucault 2004: 70).

Innerhalb der festgelegten Grenzen des Akzeptablen kann daher durchaus das Herausfallen Einzel-

ner in Kauf genommen werden, wenn es dem Gesamtziel dient: Der „Sicherheit des Ganzen vor

seinen inneren Gefahren“ (Foucault 1999: 288). Dies kann die disziplinäre Einschließung und Un-

freiheit des Einzelnen nach sich ziehen. Entlang der identifizierten Bedrohung ist die Gewaltanwen-

dung nur ein weiteres Mittel, um die Sicherheit und das Leben in der Bevölkerung zu gewährleis-

ten.

Mit eben diesen Überlegungen ist es nun evident, wie der Begriff der Exklusion mit denen der Bio-

macht und des Rassismus zusammenzuführen ist. Die Regierung, die vor allem unter dem Sicher-

heitsdispositiv agiert, reguliert die Realität (Foucault 2004: 76). Dieses Reagieren und Antworten

auf natürliche Gegebenheiten räumt ihr eine höhere Flexibilität ein, als es bei einer rein juridisch-

rechtlich agierenden Souveränitätsmacht oder einer an vorher festgelegte Normen gebundenen

Disziplinarmacht der Fall ist (Krasmann/Opitz 2007: 136). Die auf den Schutz und die Steigerung

des Lebens ausgerichtete Biomacht verwendet die Grenzziehungen, die ihr der Rassismus liefert,

um über Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit zur Bevölkerung, Ein- oder Ausschluss zu entschei-

den (Krasmann/Opitz 2007: 137). Potenzielle Bedrohungen des Überlebens oder der Reinheit und

Lebensqualität der Rasse erfordern dementsprechend deren Ausmerzung. Die Funktion des Todes,

die bei Foucault die unterschiedlichen Ausprägungen des sozialen und tatsächlichen Todes beinhal-

ten kann, wird über die durch eine rassistische Sicherheitslogik legitimierte Exklusion ausgeübt.

2 Moderne Migrationsregime: Biopolitische Konzeption des Flüchtlings im Lichte des Sicher-heitsdispositivs

Aus-Grenzungen bedingen immer auch das Vorhandensein einer Grenze, so suggeriert es bereits

der Wortstamm des Begriffs. Daher werden wir unsere These in einem zweiten Schritt von der abs-

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18 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

trakten Ebene des „Lebens“ lösen und auf eine mögliche, spezifische Stellung des Flüchtlings in

Foucaults politischer Theorie anwenden. Dazu nehmen wir eine Veränderung unserer Analyseper-

spektive – von der Bevölkerung zur Nicht-Bevölkerung – vor und untersuchen: Welche Auswirkun-

gen hat das biopolitische Verständnis von Bevölkerung auf jene, die nicht Teil des „Gesellschafts-

körpers“ sind? (Wie) Lassen sich im Foucault‘schen Sinne biopolitische Ausschlussprozesse an der

Grenze denken? Und in welchem Verhältnis können ausgehend von dieser Betrachtungsweise

Grenze und gouvernementale Macht stehen?

2.1 Grenze als Ort der Generierung systematischen Wissens

Im Rahmen biopolitischer Gesellschaftsstrukturen käme der Grenze eine immense Bedeutung als

Ort der Generierung systematischen Wissens über Bevölkerung und Nicht-Bevölkerung zu: Durch

umfangreiche Grenzkontrollen lassen sich Personen an und bereits vor der Grenze gezielt erfassen

und ihre Bewegungen langfristig dokumentieren. Mittels dieser Informationen wird der Einzelne

identifiziert, kategorisiert und klassifiziert (Holloway 2002: 91) und damit im Foucault‘schen Sinne

systematisch auf seine quantifizierbaren Eigenschaften reduziert. Moderne Technologien, wie die

Biometrik, steigern die Komplexität der individuellen Erfassung des Menschen und tragen dazu bei,

die Maschen des weitreichenden Kontroll- und Überwachungsnetzes enger zu ziehen. Anhand der

so generierten Daten wird die untergliederte „Biomasse“ in sogenannte „Risikokategorien“ (zum

Beispiel „terrorverdächtig“) eingeteilt. Diese Klassifizierung determiniert das Verhalten der gouver-

nementalen Regierung gegenüber dem Einreisewilligen und liegt dementsprechend jeglichen Hand-

lungsentscheidungen zugrunde.

2.2 Zum Umgang mit dem Flüchtling: kollektive Regulierung und individuelle Disziplinierung Um die Effektivität und Gesundheit der eigenen Bevölkerung zu steigern und den „Gesellschafts-

körper“ möglichst nutzenmaximierend einzusetzen, ist es im Interesse der Regierung, Migration

flexibel steuern zu können. Zu diesem Zwecke erstellen Behörden klassischer Zielländer nationale

oder internationale Konzepte des Migrationsmanagements. Exemplarisch für diesen Steuerungswil-

len ist die International Agenda for Migration Management des heutigen Schweizer Bundesamtes

für Migration2. Das Dokument definiert als Ziel der Einwanderungspolitik, Migration nicht zu unter-

drücken, sondern zu koordinieren, um „Sicherheit und Ordnung“ zu gewährleisten (IAMM 2004:

17). Der Schutz der eigenen Bevölkerung soll, analog zum Foucault’schen Gouvernementalitätsge- 2 Die Agenda wurde 2004 von der „Berner Initiative“ verabschiedet, initiiert durch das heutige Bundesamt für Migration (ehemals „Schweizerisches Bundesamt für Flüchtlinge“).

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19 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

danken durch zwei parallel ablaufende Maßnahmen gesichert werden: erstens die kollektive Regu-

lierung der Mobilität und zweitens die individuelle Disziplinierung der Einreisewilligen. Hinsichtlich

der kollektiven Steuerung von Bevölkerungsbewegungen bestehen weitreichende internationale

Regelungen im Rahmen bi- und multilateraler Absprachen zu Einreisebestimmungen und zur allge-

meinen Lenkung von Migrationsströmen.

Eine deutlich spezifischere Perspektive auf den Flüchtling wird im Rahmen der Disziplinierung des

Einzelnen eingenommen. Den Zusammenhang zwischen disziplinarischen Maßnahmen und Migra-

tionsmanagement verdeutlicht Foucault in Überwachen und Strafen. Er argumentiert: „Eines der

ersten Ziele der Disziplin ist das Festsetzen – sie ist ein gegen das Nomadentum gerichtetes Verfah-

ren.“ (Foucault 1976a: 280). Der Umgang mit dem Flüchtling wird dabei maßgeblich durch die Un-

terscheidung regulärer/erwünschter und irregulärer/unerwünschter Migranten bestimmt. Die erste

Gruppe rekrutiert sich vor allem aus qualifizierten Fachkräften, an denen es der Bevölkerung in

spezifischen Arbeitsfeldern mangelt. Da die betreffenden Personen einen Beitrag zur gesellschaftli-

chen Nutzenmaximierung leisten können, wird der Arbeitsmarkt und somit auch die Grenze gezielt

für sie geöffnet. Mittels erleichterter Einreiseregelungen und einer zielorientierten „Willkommens-

politik“ stimuliert die Regierung erwünschte Migrationsbewegungen und gliedert Einreisewillige

nachhaltig in die Bevölkerung ein. Dieser „sanften Disziplinierung“ (Meyer/Purtschert 2008: 162)

steht der schonungslose Umgang mit unwillkommenen Migranten diametral gegenüber. Rigoros

werden sie am Betreten des Landes gehindert. Zwangsmaßnahmen im Ausländerrecht fungieren als

souveränes Zugriffsrecht im Foucault’schen Sinne und ermöglichen das direkte und gewaltsame

Bekämpfen unerwünschter Migrationsströme. In beiden Fällen wird die Disziplinierung qua An-

reizsystem realisiert, das sich in einer komplexen Kombination aus internationaler Koordination,

gezielter Setzung von Rahmenbedingungen und einem umfangreichen Kontroll- und Sanktionsap-

parat manifestiert. „Migrationssteuerung gilt als effektiv, wenn es ihr gelingt, das Feld der Hand-

lungsmöglichkeiten „proaktiv“ zu strukturieren, und Interessen, Handlungen und Märkte zu gene-

rieren, die sich selbstständig reproduzieren.“ (Meyer/Purtschert 2008: 156).

2.3 Dämonisierung des Flüchtlings als Katalysator des rassistischen Sicherheitsdispositivs Neben der Regulierung der Nicht-Bevölkerung lenkt die Regierung auch den Diskurs über Migration

innerhalb der Bevölkerung. Dabei werden Asylbewerber als Ursprung wachsender Kriminalität und

nationaler Instabilität dargestellt. Durch starke mediale und politische Aufmerksamkeit im Zusam-

menhang mit internationalen Terroranschlägen, Straftaten und Drogendelikten in ausländerdomi-

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20 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

nierten Stadtteilen werden Assoziationen von Migranten mit Kriminalität, Rauschgifthandel und

religiösem Fanatismus geschaffen (O’Dowd/Wilson 1996: 2). Ausländer gelten als Bedrohung, wer-

den als „nicht-integrierbare, unerwünschte oder gefährliche Eindringlinge“ (Meyer/Purtschert 2008:

150) stigmatisiert, denen jegliche sinnstiftende Beschäftigung abgesprochen wird (Lanz 2006: 32).

An dieser Stelle lassen sich deutliche Parallelen zu Foucaults Rassismusbegriff erkennen: Die kon-

struierte Personifizierung von Bedrohung stimuliert das rassistische Phantasma (Sarasin 2003: 67),

das den Blick auf Ausländer als „gefährliche[n] Klassen“ (Sarasin 2003: 67) von Menschen lenkt.

So wird der Staatsrassismus befördert und die Meinung zu bzw. der Umgang mit Fremden negativ

beeinflusst.

Hier wird auch deutlich, dass Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Migration immer primär

an der nationalen Bevölkerung orientiert sind. Handlungsweisend ist somit nicht der Schutz der

Flüchtlinge, sondern die Kriminalitätsbekämpfung im Land. Dementsprechend einseitig und pole-

misch wird die Diskussion über Asylpolitik in den Zielländern geführt. Ein anschauliches Beispiel für

die rhetorische Verschärfung des rassistischen Sicherheitsdispositivs durch die Regierung zeigt die

Ansprache des politisch rechts außen einzuordnenden Schweizer Bundesrates Blocher zur Bern II

Konferenz 2004. Er warnte, „unkontrollierte Migration" bedeute schwierige Herausforderungen für

die betroffenen Staaten, da sie „Fragen nach der Integration von Migranten in die Gesellschaften

ihrer Zielstaaten, der Durchführung von Grenzkontrollen, Fragen der nationalen Sicherheit und Fra-

gen nach der Rückübernahme von Personen durch ihre Heimatstaaten“ aufwerfen würden (Blocher

2004).

An dieser Stelle ist auf Agamben zu verweisen, der in seiner Auseinandersetzung mit Foucault das

Konzept der Biopolitik erweitert und so auf das Thema Flucht und Migration anwendbar macht: Er

beschreibt einen „Ausnahmezustand“, in dem sämtliche Rechtsvorschriften zeitlich befristet aus-

gehebelt werden. Zunächst lediglich in Gefahrensituationen ausgerufen, manifestiert sich dieser im

Lager zu einer dauerhaften Situation (Agamben 2002: 177f.). Wendet man Agamben auf die Migra-

tionsdebatte an, kann die künstlich geschürte und beständig polemisierte Angstsituation als per-

manenter Ausnahmezustand verstanden werden. Foucaults Sicherheitsdispositiv wandelt sich so

gesehen in ein allgemeines Risikodispositiv, das von einer faktischen, zeitlich beschränkten Gefah-

rensituation zunehmend losgelöst ist.

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21 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

2.4 Die biopolitische Legitimierung des Ausschlusses Die Ausgrenzung von Flüchtlingen wird mit der oben beschriebenen Strategie einer selektiven, der

eigenen Bevölkerung zugewandten Sicherheitspolitik legitimiert. Ziel ist es dabei, die eigene gesell-

schaftliche Ordnung vor migrationsbedingten Veränderungen zu schützen, die sich andernfalls ne-

gativ auf die innere Stabilität auswirken könnten. Durch die rassistische Prägung des (Migrations-

)Diskurses wird die Bevölkerung als integraler Körper konstituiert, der sich klar von seiner Außen-

welt abgrenzt (Meyer/Purtschert 2008: 164). Damit erzeugt die Regierung bewusst das Bild eines

quasi-organischen Gesellschaftskörpers, der gegen jene Individuen verteidigt werden muss, die

seine „gesunde Homogenität“ bedrohen: „So wie der Schutz des Heims ein entscheidendes Anlie-

gen des Bürgers und Privatmannes ist, so ist die Integrität seiner Grenzen die Existenzbedingung

des Staates.“ (Curzon 1907: 7).

Die spezifisch biopolitische Prägung dieser Herrschaftsmentalität wird mit Blick auf ihre Selektions-

logik deutlich, die Leben auf seine Grundeigenschaften reduziert und dabei wertvolles von wertlo-

sem trennt (Foucault 1999: 300ff.). Den Ausschluss des Flüchtlings legitimiert demnach, so

Foucault, das Bestreben „die Gesellschaft zu verteidigen gegen all die biologischen Gefährdungen

dieser anderen Rasse, dieser Unterrasse, dieser Gegenrasse.“ (Foucault 1999: 27).

Das Recht verkommt dabei zu einer variablen Kategorie. Es orientiert sich nicht mehr an einer na-

türlichen Gerechtigkeit, sondern reguliert vielmehr die Ungerechtigkeiten der Natur. Folglich be-

stimmt das Recht nicht mehr die Grundsätze des sozialen Miteinanders, sondern kodifiziert sie le-

diglich. Es wird willkürlich, „interventionistisch und sozialkorrektiv und Natur zu einem negativen

Referenzpunkt“ (Lemke 1997: 231).

2.5 Formwandel der Souveränität Wir haben also herausgearbeitet, dass die Grenze aus Sicht der Regierung ein entscheidender Ort

für die Sicherheit und Integrität eines Staates ist. Gleichzeitig bewirkt sie jedoch auch ein Aufbre-

chen und Dezentralisieren der souveränen Entscheidungsgewalt durch die diffuse, territorial unbe-

grenzte Struktur ihres Kontrollsystems: Neben staatlichen Steuerungsgremien besitzen auch andere

Akteure weitreichende Entscheidungskompetenzen, Beschlüsse werden nicht mehr vorrangig in den

Regierungszentralen, sondern an den Schnittstellen zwischenstaatlicher Institutionen gefasst. So

vollzieht sich analog zum Foucault‘schen Biopolitikkonzept auch in der Migrationspolitik ein

„Formwandel der Souveränität“ (Walters 2011: 315; Hardt/Negri 2002: 9ff.): Die zentralistische

Regierungsgewalt bricht auf und zerfällt in ein dichtes Netzwerk von Machtbeziehungen, das sich

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im Bereich der Migration vor allem in der Entstehung neuer Zuständigkeiten, dem internationalen

Austausch von Informationen und der virtuellen Einhegung der Grenze in ein internationales Netz-

werk elektronischer Datenbanken manifestiert.

2.6 Grenze als Instrument der Gouvernementalität Einher mit dem Wandel der Machtkonzeption geht auch die Veränderung der theoretischen Stel-

lung der Grenze. Galt diese einst als Sinnbild für die territoriale Reichweite des souveränen Rechts,

wird sie heute zunehmend zum Instrument der Gouvernementalität. Die Regierung nutzt dabei die

Außengrenze, um den Gesellschaftkörper sichtbar von seiner Umwelt abzutrennen. So kann einer-

seits die innere Integration und Homogenisierung uneingeschränkt vorangetrieben, andererseits

mittels der „Filterfunktion von Grenzkontrollen“ (den Boer 1995: 92) ein effektives Kontroll- und

Ausgrenzungsregime aufrechterhalten werden. Durch die vehemente Abschottung nach außen

werden Flüchtlinge daran gehindert, physisch Teil der Bevölkerung zu werden und sind somit be-

reits vorab der Möglichkeit beraubt, (Rechts-)Sub-jekte zu werden.

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23 Die Grenzen der Menschenrechte Biopolitik – Rassismus – Ausgrenzung / Elisabeth Pohl, Claudia Barthel

IV Schluss

Welches Gesamtbild zeichnete unsere Arbeit nun in Bezug auf unsere Forschungsfragen,

(Wie) Lassen sich anhand des Foucault‘schen Biopolitikbegriffes Exklusionsprozesse denken? Und

welche Bedeutung hat diese Perspektive für die Analyse moderner Migrationsregime?

In einem ersten Schritt haben wir Foucaults Biopolitikkonzeption als theoretisches Fundament un-

serer Arbeit nachgezeichnet. Wir haben gezeigt, dass Machtbeziehungen im Laufe der Zeit einem

starken Wandel unterworfen sind, der sich auch auf die staatlichen Bestrafungs- bzw. Kontrolltech-

niken auswirkt. Die Transformation der gewaltbasierten Souveränitätsmacht zur strategisch-

produktiven Disziplinarmacht und schließlich zur beide Konzepte einhegenden Biomacht wirkt sich

auch auf ihre Adressaten aus. So rückt das „Leben" ins Zentrum biopolitischen Regierungshan-

delns, seine Effektivierung ist fortan Ziel und Konstitutionszweck ihres Daseins. Mittels der Generie-

rung systematischen Wissens über den Einzelnen sowie die Gesamtgesellschaft wird dazu eine Ver-

bindung von Politik und Leben geschaffen, die eine gezielte Disziplinierung der Individuen und eine

kollektive Regulierung der Gemeinschaft ermöglicht. Macht spiegelt sich somit in der Fähigkeit zur

gesamtgesellschaftlichen, wissensbasierten Steuerung und Steigerung wieder, sie wird zur omni-

präsenten „Regierungskunst", eingehegt in eine universale, allumfassende Sphäre, die Foucault als

„Gouvernementalität" bezeichnet.

Wir zeigten auf, wie die Sicherheitsmechanismen auf Ebene der Bevölkerung regulierend eingreifen,

um auf natürliche Gegebenheiten zu antworten. Dabei deutet sich bereits an, dass für die kollektive

Sicherheit auch individuelle Körper aus der Regulierung herausfallen können und zum Gegenstand

der Disziplinierung werden. Zur Erfüllung der Todesfunktion bedürfen moderne, an der Biopolitik

ausgerichtete Staaten des Rassismus. Dieser ermöglicht die Identifizierung und Ausmerzung von

Fremdem oder Bedrohlichem zum Zweck der Steigerung der Gesundheit und Reinheit der Rasse, zur

Sicherung des Lebens der Bevölkerung. Der in einem weiten Sinn verstandene Tod ermöglicht die

Anwendung des Erarbeiteten auf Ausgrenzungsprozesse: Mithilfe des systemtheoretischen Be-

griffspaares der Inklusion/Exklusion stellten wir das exklusionistische Potenzial der Theorie

Foucaults dar, was uns zu dem Schluss führt, dass ein rassistisches Sicherheitsdispositiv Exklusion

biopolitisch rechtfertigt.

In einem zweiten Schritt lösten wir uns von der abstrakten Ebene der Foucault‘schen Theorie und

versuchten, unsere theoretische Weiterentwicklung des Biopolitikkonzeptes auf die spezifische Stel-

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lung des Flüchtlings anzuwenden. Für die dabei entstandene Neubeschreibung der Flüchtlingsfigur

und ihrer Exklusion durch die gouvernementale Regierung ist die Grenze konstitutiv. Erstens, setzt

sie als Ort der Generierung systematischen Wissens über Bevölkerung und Nicht-Bevölkerung die

Grundlage einer effektiven Regulierung und Disziplinierung des Gesellschaftskörpers und ermög-

licht somit ein gezieltes und flexibles Migrationsmanagement. Zweitens dient sie der Abschottung

und Verteidigung des Volkskörpers vor den als Bedrohung der Homogenität und Stabilität der Ge-

sellschaft personifizierten „Fremden". Drittens legitimiert sie den biopolitischen Ausschluss von

Flüchtlingen durch rassistisch geschürte Ängste im Lichte des Sicherheitsdispositivs.

Im Zuge dieses Prozesses, so unsere Schlussfolgerung, vollzieht sich die Biopolitisierung der Grenze

und damit letztlich die praktische Anwendung des Foucault‘schen Gouvernementalitätsgedankens

auf Migrationsregime. Exklusionsprozesse im Sinne unserer theoretischen Konzeption lassen sich

demzufolge täglich an den Grenzen westlicher Staaten erkennen: immer dann, wenn sich eine Re-

gierung der Grenze bedient, um die eigene Gesellschaft vor dem Eindringen Fremder zu schützen;

wenn statistische Erhebungen, virtuelle Datenbanken und einzelne Personenangaben nationale

Einreisebestimmungen determinieren, und immer dann, wenn ein Pass über Leben und Tod ent-

scheidet.

In unserer Arbeit haben wir gezeigt, wie sich Foucaults Biopolitikkonzeption auf Exklusionsprozesse

im Allgemeinen und auf den Ausschluss des Flüchtlings im Besonderen anwenden lässt. Dabei ha-

ben wir uns Foucaults Theorie jedoch bisweilen mit einem pragmatischen Determinismus angenä-

hert und das Eintreten der einzelnen genealogischen Entwicklungsstufen nicht gesondert hinter-

fragt. Diese Herangehensweise war zwar notwendig, um die Komplexität des theoretischen Ge-

samtwerkes bewältigen zu können, gleichzeitig bietet sie jedoch Anknüpfungspunkte für weitere

Betrachtungen.

Diese sehen wir besonders im Hinblick auf die Frage nach dem Widerstand. Zukünftige Arbeiten

könnten beispielsweise untersuchen, inwiefern sich Teile der Gesellschaft gegen die obrigkeitliche

Disziplinierung und Kollektivierung wehren bzw. welche Möglichkeiten es gibt, sich der Biomacht

zu widersetzen. Ist es möglich, sich von dieser fremdgesteuerten Daseinsform freizumachen? Lässt

sich Biopolitik überwinden? Und wenn ja, was kommt danach? Ferner könnte man Widerstand

auch auf der Ebene der Regierung betrachten. Im Zuge des biopolitischen Wandels zerfällt die zent-

ralistische Universalmacht des Souveräns in ein diffuses Netz der Machtbeziehungen. Doch wie

geht der Souverän mit dem Verlust seiner Zugriffsrechte um? Was tut er, um ein Recht zu verteidi-

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gen, das ihm immer schon oblag? Kann er durch seine Argumentation einen Beitrag leisten, um die

Souveränitätsmacht neu hervorzubringen? Und falls ja, welche Folgen hätte das für den biopoliti-

schen Transformationsprozess? All diese Fragen könnten Gegenstand künftiger thematischer Aus-

einandersetzungen sein.

Was aber zeigt uns die Auseinandersetzung mit Foucault heute? Und was sind die Lehren, die aus

dieser Arbeit gezogen werden können?

Es ist zunächst die Einsicht, dass menschliche Existenz nicht auf biologisches Leben reduziert wer-

den darf. Dass nicht Natur, nicht übergeordnete Steuerungsstrukturen und auch nicht gesellschaft-

liche Effektivitätsideale die Grenze menschlichen Handelns beschränken. Dass der Wert eines Le-

bens nicht von Wissenschaft und Statistik bestimmt wird. Nur wer das versteht, kann sich von der

Furcht vor dem Fremden lösen. Verliert sich diese Angst, stoppt auch ihr Katalysator: der Rassis-

mus.

Das bringt uns zu unserer zweiten Einsicht: Gesellschaft ist keine homogene „Biomasse“. Sie ist

vielfältig – heute mehr denn je – und sie lebt von dieser Vielfalt. Die Steigerung gesellschaftlicher

Kräfte gelingt daher nicht durch Förderung ihrer Konformität, sondern im Gegenteil durch Stimulie-

rung ihrer Verschiedenheit.

Damit einher geht unsere letzte Einsicht: Die biopolitische Effektivierung des Gesellschaftskörpers

führt zur Entwertung des Menschen. Wie ein Zahnrad in der gesellschaftlichen Maschinerie rotiert

er beständig um seine eigene Achse und ist dabei jederzeit durch ein besseres Teil austauschbar.

Verbessert sich die Maschine, verliert er an Nutzen für das Gesamtsystem. Die Subjektform

„Mensch“ wird damit an den Rand des Systems gedrängt und zunehmend aufgelöst.

Die Relevanz der Foucault’schen Biopolitikkonzeption in Bezug auf Migration ergibt sich daher so-

wohl aus dem Negativszenario, das sie entwirft, als auch aus dem gesellschaftlichen Bestreben,

sich dieser Entwicklung gemeinsam zu widersetzen. Nur so kann eine Gesellschaft geformt werden,

in der man, mit den Worten Adornos, „ohne Angst verschieden sein kann.“ (Adorno 1970: 131).

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