BIORAMA #21

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.21 Meine Stadt: Paris – Lieblingsplätze und Eco-Hotspots an der Seine 15 Into the Wild: Ausstieg aus der Konsumgesellschaft – ein Selbstversuch in Lappland 42 Marktplatz: Der Apfel als Begleiter in allen Lebenslagen 74 VON FELL UND FLEISCH Wir streicheln und wir schlachten sie AUSGABE 21 — NOVEMBER / DEZEMBER 2012. WWW.BIORAMA.EU KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR P.B.B. — 11Z038861 M — 1040 WIEN —— WWW.FACEBOOK.COM/BIORAMA

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Von Fell und Fleisch – Tiere: Wir streicheln und wir schlachten sie

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Meine Stadt: Paris – Lieblingsplätze und Eco-Hotspots an der Seine — 15Into the Wild: Ausstieg aus der Konsumgesellschaft – ein Selbstversuch in Lappland — 42Marktplatz: Der Apfel als Begleiter in allen Lebenslagen — 74

VON FELL UND FLEISCH Wir streicheln und wir schlachten sie

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inhalt

into the wildEine Reminiszenz an Henry David Thoreau: Wie die biorama-Autoren Sebastian und Yannick die Wildnis Lapplands am eigenen Leib er- fahren haben.

im apfelparadiesPomologen, also Menschen, die sich mit Äpfeln beschäftigen, kennen insgesamt 20.000 Sorten. Wir haben Apfel-Produkte für alle Lebenslagen ausprobiert. Golden Delicious!

Biorama Nº. 21 auftakt

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05 Editorial06 Global Village

Die Welt im Großen & Kleinen

Cover:MenschundTier18 Mund auf, Augen zu

Die widersprüchliche Beziehung des Menschen zum Tier

22 Wenn die Mieze depri istHaustiere in seelischen Nöten

26 Die Zukunft des FleischessensDer Gastrosoph Harald Lemke im Interview

30 Der Tod muss überraschenVom Schlachten

34 Was isst eigentlich … ein »Feretarier«?

Magazin36 Smarte Verkehrsrevolution

Stadtverkehr als Social Game38 Stille Wasser sind giftig

Grundwasser im Marchfeld42 Zeit für Pilze

Ein Selbstversuch in Lappland52 Keine pannonischen Bananen

Auf einem »Markt der Erde«56 Die Welt, die wir uns wünschen

Die Energie-Revolution58 Konfliktparteienverkehr

Drei Fragen zur Velo-City 201362 Das Gefühl vom Punkt Null Vom Mythos des Primitiven64 Namaste unterm Uhrturm

Eine Yogastunde mitten in Graz77 Speis & Trank

Most Wanted79 Comic

Marktplatz70 Entspannen Sachen zum Schlafen72 DIY-Rezept

Tajine mit Butternusskürbis74 Food

Äpfel für alle Lebenslagen

Kolumnen50 Elternalltag82 Und hinter mir die Sintflut

von menschen und tierenWer hübsch ist, wird nicht gefressen. Wenn es um unser Essen geht, machen wir Menschen es uns gerne einfach. Den Tieren machen wir es dafür umso schwerer. Auf den Spuren der Anthrozoologie erforschen wir die widersprüch-liche Beziehung des Menschen zum Tier und begeben uns auf die Suche nach dem immanenten Widerspruch der Ideologie des Karnismus.

WARUM SICH MUXL JEDEN TAG DEN SONNENAUFGANG ANSIEHT?

WEIL ER ES KANN.

Aus artgerechter Tierhaltung.

Biorama Nº. 21 editorial, impressum

Es kann schon passieren, dass ich zwei, drei Wochen kein Fleisch esse, mir das nicht einmal auffällt, mich dann aber plötzlich die Lust packt. Anders als früher zieht es mich dann allerdings nicht an die Wursttheke oder an den Würstelstand, sondern

auf den Bauernmarkt oder in den Bioladen. Fleisch!In der gängigen Trendterminologie bin ich wohl »Fle-

xitarier«, also einer, der bewusst und gern, aber nur von Zeit zu Zeit Fleisch oder Fisch isst. Dennoch, das hab ich im Gefühl, werde ich früher oder später wohl noch zum »Feretarier« (siehe Seite 34/35), also zu einem, der selten Fleisch und wenn, dann nur Wild isst. Am liebsten noch selbst Erlegtes. Ich weiß, das klingt – selbst für die-jenigen, die sich am liebsten zweimal die Woche Schnit-zel oder Hackbraten servieren lassen – schrecklich rück-wärtsgewandt. Weil wir alle verdrängen. Vor allem das, was zum Fleischessen immer dazugehört: den Akt des Tötens (siehe Seite 30). Auch wenn es in ein paar Jahren wohl möglich sein sollte, Labor-»Fleisch« aus Zellkultu-ren zu konsumieren: Bis auf Weiteres ist Fleischkonsum unweigerlich mit dem Tod eines Lebewesens verbunden.

Nicht, um uns daran aufzugeilen, sondern um uns damit zu konfrontieren, wird uns die dritte biorama-Leser-Safari (zwei Termine: 18. und 25. November) deshalb zu einer Schlachtung führen. Auf dem Arche-Hof De Wiskentale, einem Bio-Betrieb, der Mangalitza-Schweine züchtet, wird das biorama-Team gemeinsam mit interessierten Lesern einen Schlachttag verbringen. Wir werden ein Schwein schlachten, zerlegen und ver-arbeiten. Wer weiß, vielleicht kehren manche von uns vom Arche-Hof als Vegetarier zurück – wir werden euch davon berichten. Und jetzt werde ich vorsorglich mein Martini-Gansl bestellen.

Schwein haben mit biORama.

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Thomas Weber, [email protected]@th_weber

impReSSum

HeRAUSGebeR Thomas weber CHeFReDAKTiOn Johanna stögmüller AUTORen

benjamin agostini, isabella arcucci, Mirjam bromundt, klaus buchholz, katharina

chavanne, Yannick gotthardt, christa grünberg, Robin Hauenstein, Jubin Honarfar,

Nina Daniela Jaksch, Micky klemsch, franz knipp, sarah krobath, Martin Mühl, ursel

Nendzig, karin Pointner, Nicola Powell, sebastian Rahs, Parvin Razavi, werner Reiter,

Martin Riedl, stefanie schabhüttl, wolfgang smejkal, Peter stuiber, erwin uhrmann,

Jonas Vogt PRAKTiKUM sandra adler, Lara anderson, Lisa schmid, katharina wiesler,

Jörg wipplinger FOTOGRAFie Jasmina bijeljinac, croce & wir, sig ganhoer, gersin Livia

Paya iLLUSTRATiOnen Nana Mandl COMiC Leopold Maurer ART DiReCTOR sig

ganhoer GeSTALTUnG Jasmina bijeljinac, Manuel fronhofer, sig ganhoer LeKTORAT

wolfgang smejkal, adalbert gratzer AnZeiGenVeRKAUF Herwig bauer, wolfgang

Hoffer, Nina Daniela Jaksch, Micky klemsch (Leitung), David kreytenberg, Thomas

weber Web super-fi, m-otion DRUCK Druckerei Janetschek, gußhausstraße 24–26,

1040 wien PRODUKTiOn & MeDieninHAbeR Monopol gmbH, favoritenstraße 4–6 /

iii, 1040 wien GeSCHÄFTSFÜHRUnG Martin Mühl KOnTAKT biorama c/o Monopol

gmbH, favoritenstraße 4–6 / iii, 1040 wien; Tel. +43 1 9076766; www.biorama.eu,

www.monopol.at, [email protected] bAnKVeRbinDUnG Monopol gmbH,

easybank, kontonummer 20010710457, bLZ 14200 AbOnneMenT siehe website:

www.biorama.eu eRSCHeinUnGSWeiSe 6 ausgaben pro Jahr eRSCHeinUnGSORT

wien VeRLAGSPOSTAMT 1040 wien

bLATTLinie biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem

nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, interviews, essays und

kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen welt angesiedelt. sie

zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten erde.

Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. biorama erscheint sechsmal im Jahr.

biORama LeSeR-SafaRi #3: scHLacHTTag aM aRcHe-HOf

wiR scHLacHTeN, ZeRLegeN uND VeRaRbeiTeN eiN scHweiN.weiTeRe iNfOs uNTeR www.biORama.eu / SafaRi

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Die Sammelkartenbox in handlicher Größe, mit vier Fä-chern zur individuellen Einordnung der Karten, ist an-sprechend gestaltet: mit Piktogrammen, um die Auswahl des jeweiligen Ausflugs zu erleichtern. So kann man zum Beispiel ganz leicht feststellen wieviele Kilo- oder Höhen-meter zurückgelegt werden, ob die Route kinderwagen-tauglich ist oder ob die Tour eher für den Sommer oder den Winter geeignet ist. Jede einzelne Route befindet sich auf einer eigenen Faltkarte, die falls gewünscht in eine ebenso in der Sammelbox enthaltene Klarsichthülle gesteckt und mit auf die Reise genommen werden kann.

Die Palette der Ausflugstipps reicht von Wander-routen, Klettertouren, Mountainbikestrecken bis hin zu kulturellen Trips oder Erkundungen alten lokalen Brauchtums. Die Sammelbox richtet sich an alle, die das Montafon kennenlernen oder wieder neu entde-cken möchten und all das mit Hilfe von öffentlichen Verkehrmitteln: auf jeder Faltkarte werden genau die Haltestellen von Bus und Bahn angeführt. Die Box wird periodisch erweitert und so finden noch einige Ausflüge mehr in den Fächern Platz.

»Tapetenwechsel – Ausflüge im Montafon« ist im Buchhandel sowie den Montafoner Museen und Tourismusbüros erhältlich.

DieFaltkarten-Sammelbox»Tapetenwechsel–Aus-flügeimMontafon«bieteteinentollenÜberblicküberAusflugsmöglichkeitenrundumsMontafon.

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oh wie schön ist’s montaFon

Biorama Nº. 21 Global VillaGe

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Gucki70, Pensionistin Der Garten. Wenn ich mich mit dem Garten beschäftige und in der Natur bin. Ich lebe in Amerika und da gibt es viele Tiere in meinem Garten. Da werd ich zwar selber nicht zum Tier, aber ich verstehe, worum es geht.

Kaffee.Stimme aus dem Off

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Karl34, PilotMeine Freundin weckt das Tier in mir. Oder aber auch einfach in der freien Natur, in der Wildnis zu sein, wenn ich zum Beispiel in der Badehose am Fluss sitze.

Maria62, PensionistinEs ist wahrscheinlich der Hunger. Weil da wird jeder gierig. Angst würde ich nur bedingt dazuzählen. Jeder Mensch hat Angst. Das treibt die Menschen und damit macht man dann Politik.

» waS weckt daS tieR in diR?«

StReet taLk wiR fRaGen, fünf hOmO SapienS antwORten.

Sofie21, StudentinMalerei. Ich male gerne und studiere Kunstgeschichte, bin also täglich damit in Kontakt. Das ist meine Leidenschaft. Das hält am Leben.

Clara 22, StudentKonzerte und Musik. Das weckt das Tier in mir, aber im positiven Sinne. Mein Bruder hat immer gesagt, dass ist wie Urlaub von sich selbst und genau so sehe ich das auch.

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DreiMillionenMobiltelefonewerdeninÖsterreichjährlichverkauft.AbernureinViertelalleraltenGe-rätewirdgespendetoderdemRecyclingzugeführt.

Wertvolle Rohstoffe wie Silber, Gold oder Palladium kön-nen durch Recycling zurückgewonnen werden. Besser ist jedoch die Wiederverwendung. Eine einfache Möglich-keit dazu ist der Rückkauf bei den Händlern. Moderne Geräte bringen bis zu mehrere hundert Euro, im Durch-schnitt sind es zirka 20 Euro. Defekte Geräte werden dort einer fachgerechten Entsorgung zugeführt. Funktionsfä-hige Geräte gelangen in den Wiederverkauf, hauptsäch-lich außerhalb Europas. Andere Geräte werden einfach repariert. Nur ein kleiner Prozentsatz (etwa drei Prozent) wird letztendlich dem Recycling zugeführt.

Um die Ressourcen zu schonen, sollte man sein Mo-biltelefon so lange wie möglich verwenden. Durch den Rückkauf bekommt man immerhin noch ein paar Euro und kann sich gewiss sein, dass es bestmöglich weiter-verwendet wird. www.janegoodall.atwww.altehandys.at

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Wunderbarer Winter!

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verlauf rückten dann jedoch sehr schnell ökologische Aspekte in den Vordergrund, die sehr eng mit unseren Ansprüchen verbunden waren.

Social Media gehört zu eurer Marketing-Strategie?Bei dieser Frage lässt sich Strategie mit Persönlich-

keit gleichsetzen. Wir haben uns mit Leidenschaft einer Idee hingegeben und lassen Interessierte daran teilha-ben. Letztendlich kehren wir hiermit einen Zustand um, den wir selber durchlebt haben. Das Interesse an Sneakern ging bei uns über das Besitzen und Tragen hinaus. Wir haben uns aktiv mit den Marken und De-signs auseinandergesetzt und auch häufig den direkten Dialog gesucht. Somit war es eine logische Konsequenz, aktiv zum Dialog und vor allem zur Kritik aufzufordern. Dieser Austausch generiert einen wertvollen Input, der die Grundlage für unsere Entwicklung und die unserer Produkte darstellt. www.flaek.com

biorama: Welche Geschichte steckt hinter Flaek?flaek: Das Label Flaek gibt es seit 2009, dem Jahr, in

dem wir beide unser Mediendesign-Studium beendeten. Wir benötigten ca. 2,5 Jahre, um den damaligen Proto-typen der Abschlussarbeit zur Serienreife zu bringen

– im Wesentlichen die Suche nach einem Produzenten und Modellentwicklung. Seit einem Jahr kann das erste Modell, der »Flaek Kaalen Hi«, bestellt werden. Die Aus-einandersetzung mit dem traditionellen Handwerk hat unseren Anspruch an Materialien und Verarbeitung auf ein sehr hohes Niveau gebracht. Aus diesem Prozess, hat sich eine Verbundenheit gegenüber dem »regionalen« und traditionellen Handwerk entwickelt.

Kaalen Hi ist gleichzeitig klassisch und modern. Was waren eure Prioritäten beim Design?

Unser Hauptziel war es, einen zeitlosen, schlichten Sneaker zu kreieren. Als leidenschaftliche Sneaker-Träger und -Sammler hatten wir sehr genaue Vorstellungen, wie unser eigener Traumschuh einmal aussehen sollte. Im Laufe des Prozesses wurden wir jedoch mehr und mehr vom traditionellen Schuhmacher-Handwerk beeinflusst. Wir verzichteten beispielsweise auf beinahe das gesamte Polstermaterial, um die Atmungsaktivität des hochwer-tigen Materials zu erhalten.

Was ist generell euer Zugang zu einem nachhal-tigen Lebensstil?

Zu Projektbeginn haben uns sicherlich verstärkt desi-gnorientierte Aspekte angetrieben. Im weiteren Projekt- Li

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SvenMatschinskyundOliverBaumgartentwickelnmitFlaekausihrerDesign-Bachelor-ArbeiteinSneaker-UnternehmenundentdeckendasHandwerk.

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sneaker nach handwerksidealen

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IntimePersönlichkeitsstudieundSurvival-DramavormächtigerNaturkulisse–dieRomanverfilmung»DieWand«bietetbeides.

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Eine Frau (Martina Gedeck) verbringt mit zwei Be-kannten ein Wochenende in den Bergen. Als Letztere von einem Spaziergang ins Dorf nicht zurückkehren, stößt sie bei der Suche nach ihnen auf eine unsicht-bare, unerklärbare Wand, die sie von allen Seiten ein-schließt. Keine Menschenseele ist in ihrer Nähe und so muss sie alleine ihr Überleben in der Hütte sichern. Die Handlung von »Die Wand« ist schnell erzählt. Sie bildet auch lediglich den Rahmen für ein Kammerspiel zwischen Mensch und Natur. Neben der Selbstversor-gung durch Jagd und Feldbau muss die Protagonistin lernen, mit der Einsamkeit umzugehen. Und mit ihren eigenen Ängsten. Schon in der erfolgreichen Roman-vorlage von Marlen Haushofer liegt der Fokus auf der persönlichen Entwicklung der Hauptfigur. Im Film verdeutlichen die beeindruckenden Cinemascope-Bilder der österreichischen Berglandschaft die para-doxe Situation vom Eingesperrtsein in der scheinbaren Weitläufigkeit der Natur.

»Die Wand« ist in ausgewählten Kinos zu sehen. Trailer und weitere Infos auf www.diewand-derfilm.at.

Die Saat-Box mit vielerlei inklusive enthält biologisch-dynamisch und organisch-biologisches, gentechnik-freies Saatgut aus Österreich und einen Pflanzkalender, damit man genauestens weiß, was wann gedeihen wird. Man kann Gemüse, Kräuter, Raritäten oder Tee selbst ziehen und bewusst genießen. Die Freude am eigenen Gärtchen ist mit der Beet-Box praktisch zu erreichen, ein beigelegter Folder, beschriftbare Holzstäbchen und ein Spagat, um die Pflanzen wie Tomaten oder anderes Kletter grünzeug zu bändigen oder einfach das Beet abzugrenzen, falls der Nachbar auch gleich mit-urban- gärtnert, erleichtern das Ziehen der Pflanzen. Das Züch-ten von eigenen Pflänzchen sensibilisiert die Wahrneh-mung, ist ein g’scheites Hobby und macht Freude. Das einzige, was man braucht, ist ein kleines Blumenkisterl oder einen Flecken Erde im Garten oder im Hof. www.beet-box.at

DasGärtnernamBalkon,amkleinenPlatzerlimHofoderimTopfanderHauswandgehtmitder»Beet-Box«leichtvonderHand.

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die unsichtbare Grenze

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Wien,Berlin,Budapest,Bratislava,Lubljana,ParisundLuxemburgrufendendiesjährigenNovemberalsMonatderFotografieaus.

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Das Problem mit der Fahrrad-Lagerung, weil man es vor Regen, Diebstahl oder Verwahrlosung schützen will, kennt man. So nehmen viele Fahrräder bereits einen Platz im Wohnraum oder Büro ein. Doch irgendwie ist das eine sperrige Angelegenheit, die Mikili mit ihren Fahrradmö-beln ändern will. Sie entwickeln Möbel aus hochwertigen Materialien, die z.B. an der Wand befestigt werden, um so den Drahtesel besser in Szene zu setzen. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch stilvoll: Die Möbel fügen sich problemlos in den Wohn- oder Büroraum ein. Das einfach An-die-Wand-lehnen des Fahrrads mit den un-liebsamen Spuren von Lenker oder Reifen kann somit vermieden werden. Präsentiert wurden die qualitativ hochwertig gefertigten Fahrradhalterungen zum ersten Mal auf der Eurobike-Messe in Friedrichshafen. Mit Garage und undurchdachtem Design haben die Mikili-Fahrradmöbel nicht viel zu tun, noch dazu werden sie in sozialökonomischen Betrieben direkt in Berlin herge-stellt. Die Montage und der Aufbau der Möbel gestalten sich unkompliziert, da sie fertig zusammengesetzt und mit Gebrauchsanleitung versendet werden. www.mikili.de

Seit 2004 gibt es das Europäische Monat der Fotografie, für das sich zu Beginn renommierte Fotofestivals aus Berlin, Wien und Paris zusammenschlossen. Mittlerweile sind weitere Städte dazugekommen, die gemeinsam mit unzähligen Ausstellungen zeitgenössischer und histo-rischer Bilder, Vorträgen, Diskussionen und Seminaren die Aufmerksamkeit der Europäer auf das Medium Foto-grafie lenken wollen. Am deutlichsten zeigt sich der Koo-perationsgedanke in der gemeinsam kuratierten Ausstel-lung. Dieses Jahr werden unter dem Titel »disturbances« aktuelle Entwicklungen wie Globalisierung und digitaler Fortschritt, sowie ihr Einfluss auf Lebensstil, Mobilität und Wahrnehmung thematisiert.

Der europäische Monat der Fotografie findet in Wien vom 30. Oktober bis 30. November statt. Weitere Informationen gibt es unter www.eyes-on.at. Das Programm für den Monat der Fotografie Berlin, im Zeitraum vom 19. Oktober bis 25. November, findet man auf der Website.www.mdf-berlin.de

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Katharina Chavanne ist Presse-Attachée in einer internationalen Agentur und Markenbotschafterin von Less Is More. Ihre Mission: österreichische eco-chique Haarkosmetik auch in Frankreich bekannt zu machen. Hier verrät sie einige ihrer grünen Hot Spots und Oasen in ihrer neuen Heimat Paris.

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In der Modemetropole Paris trifft man an jeder Ecke auf neue Trends und schöne Kleider – das macht na-türlich Lust auf Shoppen. Die Boutique Ekyok vereint französischen Chic mit Bio. »Positive Fashion« nennen es die beiden Gründer, die vor fünf Jahren diese Marke gestartet haben – für ihre Tochter, damit sie in einer »anderen Welt« aufwächst. Hier kauft man mit gutem Gewissen ein. www.ekyog.com

Will man Paris abseits der Touristenströme erkunden, ist der Kanal Saint Martin, bekannt durch seine kleinen Brücken und Schleusen, einen Spaziergang wert.

Braucht man eine kurze Auszeit von der Stadt und sehnt sich nach Natur, ist für mich das Rosa Bonheur der ideale Ort. Auf der großen Terrasse, unter den sich langsam in Herbstfarben färbende Bäume, genießt man Bio-Häppchen und den Sonnenuntergang. Fällt die Nacht herein, wird drinnen gefeiert und getanzt. Tipp: Früh genug dort sein, sonst heißt es lange Schlange stehen. www.rosabonheur.fr

Für das Pique-nique à la Parisienne braucht es nicht viel, um glücklich zu sein: ein noch warmes Ba-guette, ein bisschen Käse und Wurst und auf jeden Fall frisches Obst. All das lässt sich en passant auf dem Weg zum Park bei einem kleinen Zwischenstopp am Markt besorgen. Samstags auf dem Weg zum Parc Monceau, einem kleinen aber feinen Park in der Nähe des Arc de Triomphe, gibt es ganzjährig einen Biomarkt mit Obst und Gemüse der Saison: Marché des Batignolles, Bou-levard des Batignolles. 75017 Metro Rome. Samstags von 9 bis 14 Uhr.

Am Sonntag am Rive Gauche gibt es Bio vom Feinsten. Nachher geht’s in den Jardin Luxembourg, einen der schönsten Parks von Paris. Marché Raspail. Boulevard Raspail, 75006 Paris. Métro Rennes ou Sè-vres-Babylone. Sonntags von 9 bis 14 Uhr.

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Am Quai befindet sich eine einzigartige Location in Paris. Events aller Art wechseln sich hier ab: junge Künstler, die ihre neuesten Fotos ausstellen, Jung-Desi-gner, die ihre Fair-Trade-Kollektion präsentieren oder Bands von weit her, die die alten Hallen mit exotischen Klängen erfüllt. Alles im Zeichen der Nachhaltigkeit, der Menschlichkeit und des Respekts füreinander und die Umwelt. www.lecomptoirgeneral.com

16Biorama Nº. 21 Global VillaGe

RundzweiMillionenMenschensindinPakistaninderTeppichindustriebeschäftigt.GearbeitetwirdoftinHeimarbeitzuextremniedrigenLöhnenundohnesozialeAbsicherung.LabelstepknüpftaneineranderenZukunftderTeppichindustrie.

Fairer teppichhandel

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auF den spuren der produzenten

»Als Label step 1996 seine Arbeit in Pakistan begann, begegneten die einheimischen Produzenten und Ex-porteure der Fair-Trade-Organisation mit Skepsis«, er-klärt Tanveer Jahan, Koordinatorin von Label step die Situation in Pakistan. »In der Zwischenzeit ist es unter anderem dank einer langjährigen Unterstützung von dutzenden Schulen für die Kinder der Knüpferfamilien gelungen, die pakistanische Teppichindustrie davon zu überzeugen, dass Label step die Interessen der gesamt-en Branche vertritt und fördert.« Damit möglichst viele Knüpferinnen und Knüpfer vom fairen Handel profi-tieren, wurde das Projekt »Participatory Monitoring & Verification« entwickelt.

mit sozialer verantwortunG zum wirtschaFtlichen erFolG

Dazu wurden insgesamt 50 Dorf-Komitees gegründet, die sich aus Knüpfern, Vertretern der Teppichbranche und lokaler Behörden, Lehrern und Dorfärzten zu-sammensetzen. Je zwei Komitee-Mitglieder werden in Menschen-, Arbeits- und Kinderrechten unterrichtet, erhalten Informationen zur Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz, werden für Umweltthemen sensibilisiert und zu den Grundsätzen des fairen Handels geschult. Da es immer schwieriger wird, qualifizierte Knüpfer zu finden, werden zusätzlich Spezialschulungen zur Ver-mittlung moderner Knüpftechniken angeboten. Zurück in ihren Dörfern geben die Workshop-Teilnehmer das erlernte Wissen an die ganze Gemeinde weiter.

von der knüpFerin zur JunGunternehmerin

Eine von ihnen ist die heute 27-jährige Saima Kha-lid. Obwohl sie als Kind zuhause beim Knüpfen helfen musste, konnte sie die Dorfschule besuchen. Nach ihrem Schulabschluss wurde sie Lehrerin und vor sechs Jahren auch Mitglied im Kontrollkomitee ihrer Gemeinde. »La-

bel step Pakistan hat mit diesem Projekt bei der Dorfbe-völkerung Bewusstsein für gute Arbeitsbedingungen und Bildung, ihre Gesundheit und nicht zuletzt für bessere Qualität der Teppiche geschaffen«, sagt Saima. Sie selbst ging noch einen Schritt weiter und fasste 2011 den Ent-schluss, Teppichproduzentin zu werden. Heute beschäf-tigt die Jungunternehmerin an fast 20 Knüpfstühlen Knüpfer aus ihrem Dorf und legt dabei größten Wert auf die Einhaltung der Fair-Trade-Standards von Label step.

reduzierunG von abhänGiGkeitenMehr als 4.000 Teppichknüpferinnen und Knüpfer

und deren Familien profitieren in 50 Dörfern der Regi-on Punjab von den Verbesserungen infolge des Projektes. Vielerorts ist es gelungen, lokale Ressourcen für ko-stenlose Gesundheitsversorgung oder Mikrokredite zu mobilisieren. Die Löhne wurden um bis zu 80 Prozent angehoben, die Fortschritte für die Frauen innerhalb der stark konservativen Gesellschaftsstrukturen sind bemerkenswert: Seit sie sich gemeinsam organisieren können, sind sie ihren Auftraggebern nicht mehr aus-geliefert und können derart gestärkt bessere Löhne und Bedingungen aushandeln. te

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Saima Khalid schaffte es von der Knüpferin zur Teppichproduzentin, führt heute ein Unternehmen

mit 25 Knüpfstühlen nach den strengen Label STEP-Standards für fairen Teppichhandel.

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18Biorama Nº. 21 mensch und tier

textKlaus Buchholz

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MancheTierestreichelnwir,dieanderenschmeckenuns.DerjungeForschungszweig

derAnthrozoologieuntersuchtdiewidersprüchlicheBeziehungdesMenschen

zumTierundgerätdabeivoneinermoralischen Zwickmühleindienächste.

Wer hübsch ist, wird nicht gefressen. Wenn es um unser Essen geht, machen wir Menschen es uns gerne einfach. Den Tieren machen wir es dafür umso schwe-rer. Besonders, wenn sie nicht unseren ästhetischen Anforderungen entsprechen. Ob wir sie in Massen-tierhaltungen etwa verunstaltet haben, um aus ihnen funktionierende Fleischspender zu machen, spielt in dieser Entscheidung kaum keine Rolle. Tiere mit dem falschen Äußeren oder unsympathischen Angewohnhei-ten wie Blut zu saugen oder Kot zu fressen können bei der menschlichen Gesellschaft so oder so wenig punk-ten. Denn der moralische Status wird ihnen ihrem Anse-hen nach zugebilligt, meint der US-Psychologe Hal Her-zog. Diese und andere Missverhältnisse verdeutlicht er in seinem Buch »Wir streicheln und wir essen sie«. So kommt es, dass wir uns lieber für Tiere einsetzen, die schön anzuschauen sind – Tiger, Elefanten oder Delfi-ne zum Beispiel. Andere hingegen, die vielleicht ebenso einzigartig und schützenswert sind, verabscheuen wir, weil sie hässlich sind. Der chinesische Riesensalaman-der ist beispielsweise das größte Amphibium der Welt (und der größte lebende Vertreter der Schwanzlurche). Seine Gattung ist vom Aussterben bedroht. Doch sein knapp zwei Meter großer und 60 Kilogramm schwerer

sackartiger Körper sieht nicht gerade fesch aus. Deshalb ist er den meisten Menschen auch egal, argumentiert Herzog. Seine Ausrottung ist also lediglich eine Frage der Zeit – oder nicht?

den widersprüchen auF der spurDie Menschen sehen sich als rational denkende

Wesen am oberen Ende der Nahrungskette. Die Wider-sprüche und Ungereimtheiten in unseren Beziehungen zu anderen Erdbewohnern sind jedoch unübersehbar. Abgesehen davon ist der menschliche Alltag natürlich voller moralischer Widersprüche. Nur werden diese, so Herzog, in unserem Verhältnis zu Tieren insbesonde-re sichtbar. Menschen reagieren oberflächlich auf Tiere, erklärt uns sein Buch. Den chinesischen Riesensalaman-der und dessen Imageproblem führt er als ein Beispiel dafür an, wie widersprüchlich das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren ist. Die Gründe dafür seien viel-fältig: »Instinkte verführen uns dazu, uns in großäugige Wesen mit weichen Gesichtszügen zu verlieben. Gene-tik und Erfahrung bewirken, dass wir vor manchen Tie-ren Angst haben und vor anderen nicht. Unsere Kultur bestimmt, welche Gattungen wir lieben, hassen oder essen sollen«. Erschwerend würde hinzukommen, dass

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wir oft im Konflikt zwischen Vernunft und Gefühl stün-den. Außerdem würden wir leider dazu neigen, unsere eigenen Vorstellungen auf andere zu projizieren, resü-miert der US-Wissenschaftler. Auf 315 Seiten findet er reichlich erschreckende wie unterhaltsame Exempel und Anekdoten, um diverse Paradoxien zu veranschau-lichen. Er schreibt von Vegetariern, die verlegen zuge-ben, Fleisch zu essen; Kampfhahnzüchtern, die ihre Tiere lieben und sie wie Athleten trainieren; von Hun-defreunden, deren Wunsch, eine Rasse zu verbessern, Generationen von genetischen Defekten geschaffen hat oder von Menschen, die Tiere unter üblen Bedingungen horten, aber behaupten, sie vor der schlechten Außen-welt zu retten.

es weniGstens versuchenHal Herzog gehört zu den Vorreitern der Human-

Animal Studies, der sogenannten Anthrozoologie. Die relativ junge interdisziplinäre Wissenschaft untersucht genau diese Gegensätzlichkeiten im Umgang der Men-schen mit anderen Lebewesen. Die zentrale existenziel-le Frage ist, was eigentlich darüber bestimmt, ob ein Tier schützenswert ist? Laut Herzog ist unsere Moral dies-bezüglich viel weniger von Logik abhängig als wir glau-ben. In der Auseinandersetzung mit Tieren seien für den Menschen Intuitionen und Gefühle viel entscheidender. Den eigenen Sinn für Nachhaltigkeit einmal aktiviert, drängen sich für Konsumenten fast täglich grundsätz-liche Fragen zum Umgang mit Tieren auf. Sie werden liebkost und geschlachtet, geschützt und gequält. Letz-teres ist häufig auch ein in der Forschung geübtes Mit-

tel zum Zweck wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. Wenn der Autor dabei von seinen inneren moralischen Konflikten im eigenen Forschungslabor berichtet (z.B. beim Kochen von lebenden Nagetieren im Sinne der Wissenschaft), ist sein Dilemma ein altbekanntes und erfreut sich als Fragestellung in der Öffentlichkeit gera-de wieder großer Beliebtheit: Dürfen wir töten, um bes-ser zu leben?

Herzog beobachtet jedenfalls, dass wir in öffentli-chen Debatten vermehrt über Tierrechte reden. Zur gleichen Zeit würden viele Arten mit zunehmender Geschwindigkeit ausgerottet werden. Noch nie zuvor hätten sich so viele Menschen für den Tierschutz enga-giert oder zumindest Interesse dafür gezeigt. Zeitgleich verschlechtere sich aber auf globaler Ebene die Situati-on für Tiere massiv. Was »Wir streicheln und wir essen sie« als Antwort liefert, ist keine befriedigende Hand-lungsanweisung, aber zumindest ein Anfang. Im persön-lichen Umgang mit den eigenen moralischen und ethi-schen Widersprüchen zu Tieren könne man weder dem Herz noch dem Kopf vertrauen, lautet hier das Fazit. Widersprüche sind nicht anormal, sondern unvermeid-lich. Ein moralisch unbeflecktes Verhältnis zu Tieren sei eben schwer möglich – aber zumindest erstrebenswert. Hal Herzog schlägt vor, sich an Menschen zu orientie-ren, die wenigstens versuchen, mit diesen Widersprü-chen reflektiert umzugehen. Die Anthrozoologie könne dabei helfen, sich diesen Dilemmas des Alltags anzunä-hern. Um sie wenigstens besser verstehen zu können, die Tiere und die Menschen.

Das Buch »Wir streicheln und wir essen sie. Unser paradoxes Verhältnis zu Tieren« von Hal Herzog ist im Hanser Verlag erschienen.

Instinkteverführenunsdazu,unsingroßäugigeWesenmitweichenGesichtszügenzuverlieben. Hal Herzog, Anthrozoologe

20Biorama Nº. 21 mensch und tier

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22Biorama Nº. 21 haustiere

Wenn die Miezedepri ist

Haustieremüssengehorchen,LebenspartnerundKindersatzsein.MancheinWellensittichkriegtdaeinenVogel.

DerKünstlerPatrickBonatohatdenseelischen Nöten der Haustiere nun ein Buch gewidmet.

Morli ist ein Teenager mit einem Problem: Er will endlich das weibliche Geschlecht kennenlernen – und darf es nicht. Morli lebt in einer Familie, in der es den Eltern am liebsten wäre, wenn er stets brav im Kinder-zimmer bliebe. Doch Morli sehnt sich nach Liebe, Sex und Zärtlichkeit. In seinem verzweifelten Verlangen vergreift er sich erst an der kratzbürstigen Hauskatze und dann an Mamas Wok. Die Familie ist entsetzt und Morli mit seinem Problem allein. Er kann nicht einmal, wie andere sexuell frustrierte Jugendliche, an das Dr. Sommer-Team schreiben, denn er ist eine griechische Landschildkröte.

So wie Morli, der als pädagogisch wertvoller Spiel-gefährte für den kleinen Sohn der Familie angeschafft wurde und sich nun als degoutanter Lustmolch ent-puppt, geht es vielen Haustieren. Sie werden in ihren natürlichen Bedürfnissen von den sie ach so lieb haben-den Menschen behindert und missverstanden. Die psy-chischen Folgen für das Tier sind oft fatal. Inzwischen darf Morli sich auch mit Schildkrötenweibchen zum

textIsabella Arcucci

biLdPatrick Bonato

Patient Tiddles leidet infolge schlechter und übermäßiger Fütterung an extremem Übergewicht. Das Frauchen auch.

23

Biorama Nº. 21 haustiere

Stelldichein treffen. Doch die Zurückweisung und Ein-samkeit hat aus Morlis ursprünglich gesundem sexu-ellen Appetit eine pervers anmutende, ausschließliche Vorliebe für Pfannen, Fahrradhelme und andere Gegen-stände, die sich nicht wehren können, gemacht. Da kann nur noch einer helfen: der Tierpsychologe.

die erForschunG der tierischen psycheMorli ist einer der vielen tierischen Patienten, die

der österreichische Illustrator Patrick Bonato in »Das Bunte Buch verhaltensgestörter Tiere« versammelt hat. Sechs Tierpsychologen und eine »Eselsflüsterin« hat Bonato interviewt, um die psychischen Nöte von Tie-ren besser zu verstehen. Für mich steckt etwas wahnsin-nig Spannendes in der Frage nach der Psyche eines Tie-res, denn hier stößt Wissenschaft an ihre Grenzen«, so Patrick Bonato. »Die Tierpsychologen haben, auch weil es keine geschützte Berufsbezeichnung ist, sehr unter-schiedliche Ansätze und Hintergründe. Manche ver-fahren eher wie Tierärzte, die das Verhalten des Tieres

– und des Halters – genau beobachten und daraus ihre Schlüsse ziehen.« Denn oft sind die wirklich Gestörten nicht die Tiere, sondern deren Besitzer. Katze Tiddles beispielsweise konnte nur deshalb so fett und depres-siv werden, da ihr übergewichtiges Frauchen sich selbst ständig mit Zwischensnacks belohnt und dies ebenso bei ihrem Schmusetiger handhabt. Welche tierpsycho-logische Richtung die passende für Tier und Halter ist, muss jeder selber herausfinden. Eine staatlich aner-kannte Ausbildung mit dem Abschluss Diplomtierpsy-chologe gibt es nicht. »So bieten Tierpsychologen unter

Umständen auch an, mit Haustieren mittels telepathi-scher Verbindung kommunizieren zu können.« Bonato sieht in beiden Ausrichtungen, der eher medizinischen und der esoterisch anmutenden, einen »blinden Fleck« der Wissenschaft.

»Dieser Gedanke hat auch den Stil der Arbeit geprägt, der angelehnt an wissenschaftlichen Illustrationen ist. Diesen, um möglichst anonyme, objektive Darstellung bemühten Stil, habe ich mit einem starken persönlichen Malduktus und einer gewissen Schlampigkeit in der Ausführung gebrochen.« Bonatos Illustrationen bringen, bei aller Sachlichkeit, die innere Verzweiflung der Tiere zum Ausdruck. Das Gesicht der hyperaktiven Jack-Rus-sel-Hündin Bella ist nur grob gezeichnet und zur Hälfte durch die Gitterstäbe des trostlosen Balkons verborgen, von dem sie, mit in Habachtstellung gestreckten Beinen, auf die Straße hinabblickt. Und doch überträgt sich dem Leser beim Betrachten dieses nüchternen Bildes sofort das Gefühl, unter dem Bella leidet: die Beklemmung, eingesperrt zu sein.

nur störend oder schon Gestört?Fast alle Tiere in Patrick Bonatos Buch sind Fallbei-

spiele, welche der Autor aus Interviews mit Tierpsy-chologen und durch Recherchen in Magazinen und im Internet konstruierte. Ein fast 100 Prozent deckungs-gleiches, lebendes Vorbild besitzt dagegen ausgerech-net der liebestolle Morli: Die Schildkröte einer Freundin stand Pate für diesen Fall. Interessant bei den Gesprä-chen mit Tierpsychologen fand Patrick Bonato beson-ders die Tatsache, dass diese zwischen »gestörtem« und

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Aus dem Winterschlaf erwacht sucht Patient Morli nach Ventilen für seine unbefriedigten Triebe.

»störendem« Verhalten des Haustieres unterscheiden. »Was wir an unseren Tieren zu behandeln wünschen, hängt also stark mit unseren Bedürfnissen zusammen, nach denen wir das Tier auch aussuchen und formen.« Das Bekämpfen von natürlichem, aber aus Sicht des Menschen störendem Verhalten, führt also oft erst zum gestörten Verhalten. Viele Menschen scheinen zudem, wie das übergewichtige Frauchen von Tiddles oder der alkoholabhängige Besitzer des Pferdes Cooper, ihre eigenen Probleme und Komplexe auf das Tier als bes-ten Freund zu übertragen. Doch was sagen solche unse-ligen Mensch-Tier-Symbiosen über den Zustand unse-rer Gesellschaft aus? »Das ist eine sehr schwierige Frage, auch wenn es im Grunde genau das war, was mich an dieser Arbeit interessierte: Die Tiere teilen unfreiwil-liger Weise unsere uns eigene Lebensweise. Wenn bei-de, sowohl Halter als auch Tier, psychisch erkranken, drängt sich die Frage auf, ob etwas mit unserer Lebens-weise nicht in Ordnung ist. Wobei sich für mich die Fra-ge noch nicht geklärt hat, ob Tiere in freier Wildbahn nicht auch unter psychischen Problemen leiden.«

Bonatos Buch stellt zu den Störungen auch die passen-den Behandlungsmöglichkeiten vor. Doch der Autor und Illustrator selbst hat momentan nicht den Wunsch, sein Wissen an einem eigenen Haustier zu testen. »Als Kind hatte ich zwei Wellensittiche. Der erste wurde leider in der Tür eingeklemmt und der zweite ist irgendwann aus-geflogen. Wir haben ihn, den zweiten, dann sogar noch auf einem Baum fröhlich zwitschernd wiedergefunden. Ich glaube er hatte es gut, seinen – wohl letzten – Tag in Freiheit, den hat er besonders genossen!«

Krautstrudelstatt Klimakrise.Sie haben richtig gelesen: Fleisch essen verursacht welt weit fast 40 % mehr Treibhaus-gase als alle Autos, Lastwägen und Flugzeuge zusammen. Entscheiden Sie sich zumindest freitags für Gemüse und schützen Sie damit Klima, Tiere und Ihre Gesundheit. www.fleischfrei-tag.at

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die zukunft des FLEISch essensInwenigenJahrenkönnteFleischessen ebenso geächtetseinwieAlkoholamSteuer.ZurzeitfindeteinemoralischeDe-battezumThema»FleischundVerantwortung«statt,beideresummehrgehtalsnurTierethikundgesundeErnährung.

der deutsche Philosoph und Gastrosoph Harald Lemke beschäftigt sich mit Ethik und Ästhetik der Ernährung, so auch in seinem aktuellen Buch »Politik des Essens –Wovon die Welt von morgen lebt«. Für ihn ist der in den Wohlstandsländern übliche massenhafte Fleischkonsum eine gefährlich unterschätzte Supermacht der globalen Politik – und zugleich einer der Hauptfakto-ren der Klimakatastrophe sowie der Wasserverschwen-dung und Umweltzerstörung seitens der industriellen Landwirtschaft und nicht zuletzt auch eine der Haup-tursachen für die Krise des Gesundheitswesens, kurz: »unser« tägliches Fleischessen ist die Krise aller Krisen. Aber haben wir nicht auch ein Recht auf unseren Bra-ten? In der öffentlichen Meinung darüber hat sich Ent-scheidendes geändert: Fleischessen ist nicht länger eine Selbstverständlichkeit, der Konsum von Tieren wird von vielen Menschen nicht mehr als reines Privatvergnügen akzeptiert, sondern immer öfter im Zusammenhang mit ethischen und ökologischen Fragestellungen betrachtet. Laut einer Studie der Universität Jena zur Motivation von Vegetariern verzichten zwei Drittel aus altruisti-schen Gründen auf Fleisch – in einer durch individu-ellen Konsum und Genuss geprägten Welt alles andere als selbstverständlich. Die Umwelt zu schützen und die Welt nicht zu gefährden, sind für sie wichtige Leitlini-en im Leben. Es sieht so aus, als sei die Idee, fleischlos zu leben, noch nie so weit in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen wie heute – auch wenn der geschätzte

Anteil an Vegetariern in Deutschland noch unter der 5-Prozent-Marke liegt.

karnismus: eine ideoloGie der Gewalt?Ähnlich wie der Vegetarismus von Überzeugungen

geleitet wird, vermutet ein neuer kritischer Denkan-satz auch hinter dem Fleischessen ein unsichtbares weil gewalttätiges Glaubenssystem. »Kann sich eine philo-sophische Ernährungsethik wirklich über den verbrei-teten Hedonismus hinwegsetzen, der es einer Mehrheit von uns kulturell von klein auf angewöhnt hat, ein Stück Fleisch auf dem Teller als eine unentbehrliche Erfah-rung eines guten Lebens zu begreifen?«, fragt Peter Singer, Begründer der modernen Tierethik, in seinem Standardwerk »Wie sollen wir leben?« provokant, ehe er seine Überlegungen in den kategorischen Imperativ einer veganen Lebensweise münden lässt, die allen tie-rischen Produkten entsagt. Und die amerikanische Psy-chologin Melanie Joy gibt einer Ideologie des Fleisch-konsums in ihrem Buch »Why We Love Dogs, Eat Pigs and Wear Cows« erstmals einen Namen: Karnismus. Was wir essen und was nicht, sei oft keine individuel-le Entscheidung, sondern durch Erziehung und Kul-tur geprägt. Karnismus sei eine gewalttätige Ideologie, und da die meisten Menschen Gewalt ablehnten, hätten wir eine Reihe von emotionalen Abwehrmechanismen entwickelt, die es uns ermöglichten, einige Tiere zu lie-ben und andere zu essen. Tierproduktion und Schlacht-

26Biorama Nº. 21 fleischkonsum

textWolfgang Smejkal

iLLuStRatiOnNana Mandl

höfe halten sich dabei verborgen, um den immanenten Widerspruch der Ideologie zu vertuschen. Dann sehe man auch nicht mehr Tiere hinter dem Schnitzel, son-dern eine Sorte Fleisch, nämlich »Rind« oder »Schwein«. Bei Hunden würde das derzeit nicht mehr funktionieren. Ethisch gibt es für dieses Verhalten auch für Melanie Joy keine überzeugende Rechtfertigung.

das leid der GeGessenenMüssen wir also, um ethisch gut zu essen, wirklich

auf Fleisch verzichten? Harald Lemke folgt in der Dar-legung seines »gastrosophischen Hedonismus« einer Logik, die einen gewissen Fleischkonsum trotz sei-ner prinzipiellen moralischen Verwerflichkeit ethisch rechtfertigt. Lemke setzt mit einer Kritik am vegetari-schen Moralismus an, indem er nicht nur Tieren, son-dern auch Pflanzen ein moralisches Recht auf das Glück eines guten Lebens in Form eines artgerechten Wohler-gehens zuerkennt und die Überwindung eines anthro-pozentristischen Denkens fordert. Wenn wir in jedem Fall – egal ob wir Fleisch essen oder nur Pflanzen – dem Gegessenen immer Leid antun und es töten müssten, um es essen zu können, dann könne eine ethisch gute Ernährungsweise nicht im Verzicht auf den Verzehr die-ser Lebensmittel liegen. So gelange man schließlich zum ethischen Grundsatz des gastrosophischen Hedonis-mus: Dieser besagt, dass wir für all die Lebewesen, die wir töten werden, um sie zu verspeisen, alles tun sollten,

damit diese das Glück eines artgerechten Wohlergehens haben, solange wir sie leben lassen. Mit anderen Worten: Wenn schon Fleisch, dann nur von glücklichen Tieren.

Nur lässt sich dieses Vorgabe bei den begrenzten Gegebenheiten nicht einfach durch die weltweite Umstellung von konventioneller auf biologische Tier-haltung erfüllen. Im Gegenteil: Der Fleischkonsum muss in den nächsten Jahrzehnten drastisch weniger werden, um eine größere Verteilungsgerechtigkeit auf der Erde herzustellen. Die entscheidende zukunftsethi-sche Frage lautet für den Gastrosophen Lemke also: Wie viel Fleisch steht jedem Menschen zu? Eine Berech-nung von derartigen »Fleischrechten« ähnlich der CO²-Emissionen hätte zu berücksichtigen, dass die weltwei-te Fleischproduktion nicht länger als Konkurrent des pflanzlichen Nahrungsanbaus auftreten darf. Entspre-chend gering fiele nach dieser Regelung das Fleischrecht für jeden einzelnen aus – es ist fraglich, ob es überhaupt für mehr als einen Braten pro Monat reichen würde.

So rät Lemke letztlich dem gastrosophischen Hedo-nisten neben dem seltenen qualitätsbewussten Fleisch-genuss zu einer jahrhundertealten buddhistisch inspi-rierten Kochkunst, um mit Soja- und Weizeneiweiß wie Tofu und Seitan auch ohne das Fleisch von Tieren in den Genuss von gutem Essen zu kommen.

Harald Lemke: »Politik des Essens – Wovon die Welt von morgen lebt« (Transcript, 2012)

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biorama: Vor dem Hintergrund der globalen Ernäh-rungskrise bezeichnen Sie in Ihrem neuen Buch die Erste Welt als ein »kulinarisch unterentwickeltes Schlaraffenland«. Welche Entwicklungshilfe benö-tigen wir?

harald lemke: Wir brauchen einen umfassenden Aktionsplan, der der gesellschaftlichen Bedeutung der Ernährungsfrage einigermaßen gerecht wird. Das beginnt bei der europäischen Welthandels- und Land-wirtschaftspolitik, die auf Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit und globalen Gerechtigkeit ausgerichtet werden müssen. Ein solcher Aktionsplan sollte ebenso die Ernährung zum einem zentralen Thema der schu-lischen und universitären Bildung machen. Insgesamt denke ich dabei an ein historisches und philosophisches Umdenken unserer Fastfood-Zivilisation.Kann der gänzliche oder teilweise Verzicht eines Einzelnen, Fleisch zu essen, global etwas bewirken?

Die Menschheit kommt nicht umhin, in Zukunft weniger Fleischprodukte zu produzieren und zu kon-sumieren. Wir alle wissen das, nur viele stellen ihre Lust auf Fleischgeschmack über ihr moralisches Gewissen. Und leider geht das in unserer Kultur sehr leicht. Wenn diejenigen, die jeden Tag Fleisch essen (das fast aus-schließlich aus Tierfabriken kommt), ihre Geschmacks-gewohnheiten etwas umstellen würden, hätte diese klei-ne Aktion bereits enorme Auswirkungen zum Wohle der Welt.In Ihrem Buch sprechen Sie von einer neuen »gast-ropolitanen« Bewegung aus Bauern und Aktivisten, die für eine andere Ernährungspolitik kämpfen. Wer ist damit gemeint?

In vielen Ländern sind Kleinbauern oder Landlose politisch organisiert. Die größte internationale Dachor-ganisation ist zweifelsohne La Via Campesina mit meh-reren Millionen Mitgliedern. Aber selbst hochrangige Politiker, wie der UN-Sonderbeauftragte für das Men-schenrecht auf Nahrung, kämpfen für eine gastrosophi-sche Politik.Das Zukunftswohl der Menschheit hängt also ganz entscheidend vom gesellschaftlichen Umgang mit der Nahrungsfrage ab?

So ist es. Wir sind gewohnt, die gesellschaftliche Macht des Essens zu unterschätzen. Es ist aber ein Lebensbereich, der sehr viele Realitäten schafft. Gut wäre, wenn wir diese Zusammenhänge verstehen und wahrnehmen lernen. Eine gastrosophische Tischgesell-schaft strebt ein gutes Leben an, bei dem die globalen Ernährungsverhältnisse den Prinzipien der ökologi-schen Nachhaltigkeit, des gerechten Handels, der loka-len Ernährungssouveränität sowie eines kulinarischen Genusslebens entsprechen.

interVieW: harald lemke

Fleisch 2050Die Fundamente der Welternährung weisen systemische Schäden auf: Die Ge-treidevorräte sind am niedrigsten Stand seit Anfang der 70er Jahre, die Preise für Lebensmittel auf einem Höchststand seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Boden, Wasser und Artenvielfalt sind geschwächt und drohen in Zukunft weiter auszuzehren. Nach der jüngsten Dürrekatastrophe in den USA stehen die Preise für die Futter-mittel Mais und Soja auf ihren Allzeit-Hochs und sind Teil der Spekulationsrallye an den Warenbörsen. Gleichzeitig aber soll sich der Bedarf an Nahrungsmitteln durch das Bevölkerungswachstum bis 2050 verdoppeln. Der steigende Konsum von Fleisch, zunehmend auch in der Mittelklasse Chinas und Indiens, und der Zugriff der Energiewirtschaft auf die Agrarflächen treiben die Nachfrage zu-sätzlich an. Doch schon heute verschlingt die globale Fleischproduktion drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzflächen der Erde. Die Welternährungsorganisation (FAO) rechnet damit, dass sich die Menge der gehaltenen und verzehrten Nutztiere durch den vermehrten Wohlstand einer wachsenden Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten noch einmal verdoppeln müsste – von derzeit 12 auf 24 Milliarden Tiere bis 2050.

28Biorama Nº. 21 fleischkonsum

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der todMuss überraschen

DamitwirFleischessenkönnen,werdenin Europas Schlachthöfen jährlich Millionen von Nutztieren getötet.

DabeipassierenFehler,dievielfachunnötigesLeidverursachen.EsgibtWegeausdemDilemma–diekostenaber.

textJonas Vogt

biLdMuammer Mujdat Uzel Karl Bretschneider

dieser Text beginnt mit einer einfachen Wahrheit: Auch ein Bio-Schnitzel war irgendwann mal Teil eines Schweins. Der Vorgang der Tötung ist ein elementarer Teil unseres Fleischkonsums. Und weil wir viel Fleisch essen, töten wir auch viel. Allein in Österreich beispiels-weise 5,6 Millionen Schweine pro Jahr.

Dürfen wir das eigentlich? »Da sind sich die Tierethi-ker nicht einig«, erklärt Herwig Grimm, Professor am Messerli-Forschungsinstitut, einer gemeinsamen Ein-richtung der Veterinärmedizinischen, der Medizini-schen und der Universität Wien. Mancher Kollege lehne die Schlachtung generell ab. Für andere, wie Peter Sin-ger, den Begründer der Tierethik, ist die Tötung theore-tisch nicht verwerflich. Ein Tier habe keine Zukunfts-pläne, die wir ihm rauben könnten. Trotzdem tritt der australische Philosoph in der Praxis gegen Fleischkon-sum und die damit verbundenen Schlachtungen ein, weil der Mensch nicht in der Lage sei, ein leidfreies System zu entwickeln. Die Statistik gibt Singer Recht. Herwig Grimm nicht. »Ich glaube, das lässt sich organi-sieren. Aber halt nicht in den aktuellen Größenordnun-gen.« Einig sind sich die Ethiker aber, dass der Mensch die Verantwortung hat, den heiklen Moment der Tötung möglichst frei von Stress und Leid zu gestalten.

31Biorama Nº. 21 schlachtunG

Und daran hakt es gewaltig. In den riesigen Schlacht-höfen wird im Akkord gearbeitet, die Mitarbeiter sind schlecht bezahlt und stehen unter einem enormen Druck. Die Zeit, die für die Betäubung und Tötung gewährt wird, ist zu kurz. Und oft steht der am wenigs-ten wertgeschätzte und entlohnte Arbeiter am Anfang der Produktionskette. Dabei sind die Betäubung und der Tötungsstich die entscheidenden Phasen der Schlachtung.

Das produziert systemische Fehler. Die deutsche Bundesregierung stellte im Juni fest, dass auf deut-schen Schlachthöfen die sogenannte »Fehlbetäubungs-rate« bis zu 12 Prozent betrage. Diese Zahl wird noch erschreckender, wenn man sich die Größenordnungen klarmacht: 12 Prozent der 60 Millionen in Deutschland jährlich geschlachteten Schweine sind knapp 7 Millio-nen Tiere. 7 Millionen empfindsame soziale Lebewesen, die jedes Jahr nicht vollständig betäubt in den Verarbei-tungsprozess gelangen.

weGe aus dem dilemmaDas zentrale Element einer leidfreien Schlachtung

ist der Stress. »Die Tiere müssen von ihrem Tod über-rascht werden«, drückt es Grimm aus. Es gibt Projekte, bei denen die Tiere einen Tag vor der Tötung mehrfach durch den Schlachthof geführt werden, damit sie das Gelände bereits kennen. Auch die systemischen Pro-bleme können bereits durch Kleinigkeiten verbessert werden. In einigen dänischen Schlachthöfen rotieren die Arbeiter, um nur kurze Zeitspannen an bestimmten Positionen zu werken. Das beugt Unkonzentriertheit und damit Fehlern vor. Manche Pioniere gehen aller-dings noch weiter, weg von den riesigen Schlachthöfen. Zum Beispiel ein Rinderbauer in Augsburg, der sich über Jahre vor Gericht das Recht erstritten hat, seine Rinder direkt auf der Weide erschießen zu dürfen. Da-

von kann Herbert Schwaiger nur träumen. Der Pensio-nist aus Niederösterreich hatte in den späten 80er Jah-ren eine Idee: Wenn Tiere nur unter extremem Stress und Leid zum Schlachthof gebracht werden können, warum kommt dann nicht der Schlachthof zu ihnen? Schwaiger ließ sich seine Idee im Jahr 1992 paten-tieren und konstruierte einen Prototyp. Sein mobiles Schlachtsystem, das in einem LKW untergebracht ist, übernimmt den gesamten Prozess. Mit dem EU-Bei-tritt 1995 kam aber das Aus für Schwaigers Idee. Sie verstieß gegen Hygieneverordnungen. Seitdem adap-tiert der rüstige Landwirt seine Erfindung und kämpft einen Kampf gegen reale und imaginäre Gegner von Umweltministerium bis Raiffeisen. Ob seine Erfindung einmal über den Status eines Prototyps hinaus im Ein-satz sein wird, ist fraglich.

Ein Stück weiter ist Norbert Hackl, der Betreiber des steirischen Biohofs Labonca, berühmt für seine »Son-nenschweine«. Im Mai 2013 ist der Spatenstich für sein Weide-Schlachthaus. Der Kniff: Weideschlachtung ist zwar verboten, nicht aber ein Schlachthaus mit Wei-den drumherum, auf denen die Tiere ein paar Tage zur Gewöhnung verbringen, bevor es zur Schlachtbank geht. Das Ganze ist solide kalkuliert und passiert auch nicht aus reiner Tierliebe. Denn setzt bei einem Tier vor der Schlachtung der Fluchtreflex ein, verbrennt es die Zuckerreserven im Fleisch, was sich negativ auf dessen Qualität auswirkt. Das lässt sich nur verhindern, wenn die Betäubung in einem angstfreien Moment geschieht.Egal mit wem man redet, eines wird schnell klar: Das alles kostet Geld. In Hackls Schlachthaus wird nie im Akkord gearbeitet werden können. Und dort, wo es pas-siert, müssen Intervalle verlängert und die Schlachter besser bezahlt werden. Dem zuvor steht die Erkenntnis, dass die Schlachtung ein moralisch relevantes Datum ist. Für das Tier und für uns Menschen.

Betäubung, Tötungsstich , Zerlegung – ist großen Schlachthöfen bedeutet das oft Arbeit im Akkord.

32Biorama Nº. 21 schlachtunG

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Was isst eigentlich ...ein »feretarier«?

WerVeterinärmediziner,LebenmittelwissenschafterundTierschützerineinerPersonist,isstnichtzwangsläufigvegetarisch.RudolfWinkelmayerhatfürseine–»wilde« – Ernährungsform den Begriff Feretarismus

geprägt.Wirhabenihngetroffenunddazubefragt.

Biorama Nº. 21 wildfleisch

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biorama: Sie haben den Begriff »Feretarier« geprägt. Wozu braucht es eine Bezeichnung für Menschen, die, wenn sie Fleisch essen, nur solches von Wild verzehren?

rudolf winkelmayer: Fleisch essen ist nicht gleich Fleisch essen – seit 1930 hat sich die Nutztierhaltung aufgrund der geänderten Infrastruktur intensiver zu Lasten der Tiere geändert. Eine radikale Instrumenta-lisierung der Tiere hat stattgefunden, sie werden nicht mehr als Individuen wahrgenommen, sondern nur noch als Produkt. Auf der anderen Seite gibt es Wild-tiere, die in ihrer natürlichen Umgebung mit Nahrungs- und Bewegungsfreiheit leben. Diese Tiere kommen um ihrer selbst willen auf die Welt, leben ein freies Leben und es ist nicht gesagt, ob sie vom Jäger erlegt werden oder eines natürlichen Todes sterben. Daher ist es vom ethischen Standpunkt ein riesiger Unterschied, ob ich Wildtierfleisch esse oder das eines landwirtschaftlichen Nutztieres aus Intensivtierhaltung.

Steckt hinter der Einführung solch eines Begriffs ein Sendungsbewusstsein?

Ja, schon. Ich bin ein neugieriger Mensch und versu-che, verschiedenen Dingen seit Jahrzehnten auf die Spur zu kommen. Wo kommen wir her und welche Stellung haben wir in diesem System? Mit meiner naturwissen-schaftlichen Grundausbildung liegt mir die Biologie sehr nahe und ich weiß, dass wir eine Säugetierart mit vielen verschiedenen Alleinstellungsmerkmalen sind, die aber auch ethische Verantwortung hat und ich finde es einen grandiosen Irrtum der Menschheit, Tiere so zu instru-mentalisieren, wie wir das im Augenblick tun.

Sehen Sie im Feretarismus eine Bewegung?Das zu sagen wäre übertrieben. Wildfleisch wird sehr

wertgeschätzt und ist ernährungsphysiologisch ein sehr gesundes und für den Menschen sehr gut verdauliches Fleisch. Von der Gesamtmenge der uns zur Verfügung stehenden Menge an Wildfleisch wird es aber immer ein exklusives Segment bleiben.

Wie halten Sie es selbst? Sind Sie Feretarier?Man könnte die Welt ganz leicht ernähren, würden wir

nicht den Umweg über die Tiere nehmen. Wir müssen an die Zukunft denken und diesen intensiven Fleisch-konsum überwinden, dies wird durch die Begrenzt-heit der Ressourcen eines Tages ohnehin erzwungen werden. Fleisch wird massiv durch Ausgleichszulagen gestützt, da ist eine enorme Industrie dahinter. Hätten

»VomethischenStandpunktausisteseinriesigerUnterschied,obichWildtierfleischesseoderdaseineslandwirtschaftlichenNutztieresausIntensivtierhaltung.«.

Rudolf Winkelmayer

wir einen realen, ungestützten Preis, wäre das Fleisch wahrscheinlich doppelt bis dreifach so teuer und dies würde den Konsum sofort reduzieren.

In welcher Form kann sich der Feretarismus auf die Umwelt und unsere Gesellschaft auswirken?

Er wäre eine extrem vernünftige, Ressourcen und Umwelt schonende Möglichkeit. Wildtiere können Lebensräume nutzen, die sonst für die Fleischprodukti-on nicht genutzt werden können, dazu benötigt es auch eine Übergangszone zwischen Ackerland und Bereichen, in denen Wildtiere optimal leben können. Die Ethik und Philosophie hat diese Frage bereits gelöst, aber sie wird das Umdenken nicht vorantreiben können. Dieses wird erst durch die immer steigende Bevölkerungszahl und die Begrenztheit der Ressourcen beginnen.

In vielen Ländern gilt die Jagd als nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und ist laut inter-nationalen Konventionen eine anerkannte Form des Naturschutzes. Wie sehen Sie dies in Verbindung mit dem Trend, sich ausschließlich vom Wildbret zu ernähren?

Das geht, wenn wir wissen, was wir produzieren. Österreich ist ein sehr wildreiches Land, wir produ-zieren 1 bis 1,2 Kilo Wildfleisch pro Person jährlich. Wir haben aber einen Gesamtkonsum an Fleisch und Fleischprodukten von ca. 103 Kilo. Netto bezogen auf das Fleisch isst jeder Österreicher 60 Kilo Fleisch pro Jahr. Bei einer überwiegend vegetarischen Kost, mit gelegentlichem Konsum von Wild oder wildähnlich gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztieren, also sehr frei gehaltenen, wäre es möglich. Wenn wir nach Indi-en blicken – wo fast eine Milliarde Menschen sich ohne Probleme vegetarisch ernährt – könnte diese Illusion auch bei uns wahr werden. .

inteRviewParvin Razavi

iLLuStRatiOnJasmina Bijeljinac

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sMarte VerkehrsreVolutionEnergierückgewinnung auf der Straße,Mitfahr-servicesalsSocialGame:InternationaleStudenten-gruppenhabenVerkehrvonGrundaufneugedacht.

es ist wohl eine der drängendsten Fragen unserer Zeit: Wie können die individuellen Mobilitätsbedürf-nisse der Menschen so erfüllt werden, dass die natür-lichen Ressourcen geschont werden und der Verkehr trotzdem flüssig vonstatten geht? Auf Einladung von Kapsch haben Studierende der Uni St. Petersburg und der WU Wien zwei Wochen lang Konzepte ausgearbei-tet, die mögliche Antworten darauf liefern. Die Aufga-benstellung bestand darin, bestehende Technologien und Konzepte für »intelligente Verkehrssysteme«, wie Kapsch sie bereits anbietet, weiterzudenken und auch die dazugehörigen Business-Modelle, Marketing-Kon-zepte und Einführungsszenarien auszuarbeiten.

Biorama Nº. 21 mobilität

textWerner Reiter

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beweGunGsenerGie »ernten«Eine Gruppe hat eine Idee präsentiert, wie die Bewe-gungsenergie von Menschen und Fahrzeugen im Stra-ßenverkehr »geerntet« und als elektrische Energie nutz-bar gemacht werden kann. Die technische Basis dafür soll der Piezo-Effekt bilden, bei dem Kristalle durch mechanische Verformung elektrische Energie abgeben. Wenn Piezo-Kristalle in den Boden eingebracht werden, stellen sie eine Energiequelle dar, die das Abfallprodukt Bewegungsenergie wieder in den Kreislauf zurückführt. Die Studenten haben für ihre Berechnungen die 25 Kilo-meter lange Autobahn A23 (»Südosttangente«) herange-zogen und gehen davon aus, dass die Strommenge mehr als ausreichend für eine autarke Stromversorgung des Autobahnteilstücks (inklusive Beleuchtung, Mautanla-gen etc.) ist und dass sich der Energiepreis gerechnet auf einen Zeitraum von 30 Jahren sogar unter dem offi-ziellen Strompreis bewegen dürfte.

stadtverkehr als social GameHinter dem Projektnamen CarMe verbirgt sich eine Art Social Network für den Stadtverkehr. Autobesitzer bie-ten ihre Transport-Dienste an und erhalten dafür Incen-tives wie Gutscheine für Autowäschen oder Ähnliches. Eine Smartphone-App sowie CarMe Meetingpoints übernehmen die Vermittlung.

Diese Gruppe hat bei der Präsentation betont, dass das Konzept keine Plattform für private Taxiunterneh-mer sei, sondern ein Social Game, in dem die Fahrer Reputation gewinnen können. Für Wien gehen die Stu-dierenden von einem Potenzial von etwa 9.000 Fahrern und 135.000 Passagieren aus.

im zentrum Jeder lösunG: eine appDie restlichen Gruppen haben durchaus unterschiedli-che Ansätze verfolgt, aber bei allen ist eine Smartphone-App das Element, mit dem der persönliche Mobilitäts-bedarf besser koordiniert wird. Egal, ob es sich um ein Hybridsystem zwischen Straße und Schiene handelt, bei dem Elektrofahrzeuge nahtlos zwischen beiden Infra-strukturen wechseln können, um eine Flotte fahrerloser Elektro-Taxis, die registrierte Kunden zu Fahrgemein-schaften zusammenfassen oder um ein Service, das die aktuell schnellsten umweltfreundlichsten Verkehrsmit-tel empfiehlt und auch für Buchung und Abrechnung verwendet werden kann: Ohne App geht scheinbar auch im Verkehr nichts mehr.

utopien mit business-erdunGDie Sommeruni ist eine Kooperation zwischen der Graduate School of Management an der Universität St. Petersburg und dem Institute for Entrepreneurship and Innovation der Wirtschaftsuniversität Wien. Auch wenn manche der heuer entwickelten Ideen sehr gewagt sind, sie sind mehr als Utopien. Die Studierenden haben auf ihre ökonomische Erdung geachtet.

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38Biorama Nº. 21 Grundwasser

Die Daten des österreichischen Umweltbundesamtes zeigen: Die Schwerpunkte der Nitratbelastung liegen in Österreich in niederschlagsarmen, intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen.

stille Wasser sind giftigSauberesWasseristdiewichtigsteRessourceschlechthin.WährendinanderenLändernkriegerischeAuseinandersetzungenumdieseswertvolleGutdrohen,lässt Österreich im Marchfeld sein Grundwasser verkommen.

das Marchfeld, östlich von Wien gelegen, ist mit 900 km2 eine der größten Ebenen Österreichs und somit Kornkammer und Gemüselieferant. Seit den 50er Jah-ren wird hier intensiv Landwirtschaft betrieben, teils mit massivem Einsatz von mineralischem Dünger. Als Folge davon ist das Grundwasser zu sehr mit Nitrat belastet – seit Jahrzehnten und aller Wahrscheinlich-keit nach noch für Jahrzehnte. Das ist nicht neu, vor über zehn Jahren hat die EU schon einmal ein Umwelt-verfahren gegen Österreich deswegen eröffnet. Öster-reich ist verpflichtet, regelmäßig einen Bericht bezüg-lich der EU Nitratrichtlinie zu erstellen, im Juli erschien der Bericht für 2012. Der Missstand ist also nicht nur bekannt, sondern muss sogar regelmäßig neu aufgelegt werden. Im Vorwort zum aktuellen Bericht hebt Niki Berlakovich, sowohl Umwelt- als auch Landwirtschafts-minister, die Verbesserungen hervor. Im Datenmaterial zeigt sich dann der immer noch schlechte Zustand im Marchfeld: Bei 65,3 Prozent aller Messstellen ist der Nit-ratwert im Grundwasser höher als gefordert (>45 Mil-ligramm pro Liter). Das ist ganz exakt der gleiche Wert wie 1992. Damit wird der Sollwert an genau gleich vie-len Messstellen überschritten wie schon vor 20 Jahren. Das Grundwasser im Marchfeld eignet sich nach wie vor nicht als Trinkwasser.

probleme?»Das Erste, was ich hier gelernt habe, ist, dass man das

Leitungswasser nicht trinken sollte«, erzählt die Ange-stellte einer Biolandwirtschaft. Tatsächlich wird dort

am Hof auch nur Wasser aus der Flasche gereicht. Dabei ist das Leitungswasser der Gemeinden völlig unbedenk-lich - denn das wird aufbereitet, in vielen Gemeinden im Marchfeld von der evn Wasser. Die wurde vor über 50 Jahren gegründet, eben weil das Grundwasser in wei-ten Teilen Niederösterreichs nicht mehr als Trinkwas-ser geeignet war. evn Wasser betreibt am Brunnenfeld Obersiebenbrunn im Marchfeld seit 1999 eine biologi-sche Nitratentfernungsanlage. Laut eigenen Angaben wird dort der Nitratgehalt im Grundwasser von rund 50 mg/l (entspricht Grenzwert für Trinkwasser) auf ca. 20–25 mg/l reduziert. Die Anlage produziert im Jahr etwa 1,2 Millionen Kubikmeter Trinkwasser, rund 30.000 Einwohner werden von evn Wasser im March-feld versorgt.

Das Nitrat ist also keine direkte Bedrohung für die Trinkwasserversorgung. »Die stoffliche Belastung durch das Nitrat ist nicht wirklich schlimm. Der Salat wächst nur schneller«, so Reinhard Perfler vom Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz der Universität für Bodenkultur. Per-fler sieht in der Versorgung durch die evn aber noch einen anderen Aspekt: »Die Versorgung nimmt den poli-tischen Druck heraus. Und die Menschen gewöhnen sich daran, dass sie aufbereitetes Trinkwasser erhal-ten. Wenn ich überregional angebunden bin, ist mir das eigene Grundwasser egal.« Ganz egal ist der Landwirt-schaft das Grundwasser natürlich nicht. Auf einem Bio-hof würde man beispielsweise die Biokarotten gerne selber waschen, doch dafür braucht es Trinkwasserqua-

39textJörg Wipplinger

biLdEkkehard Lughofer

lität. Da das die eigenen Brunnen nicht bieten können, werden die Karotten von einer Firma gewaschen. Für die schlechte Grundwasserqualität am eigenen Boden kann der Biobetrieb nichts. Der Grundwasserkörper ist weitläufig und das Gefälle im Marchfeld gering; die Nit-rateinträge können keinem direkten Verursacher zuge-ordnet werden.

was wird Getan?Nicht nur aufgrund des Drucks der EU versucht

Österreich das Nitrat in den Griff zu bekommen. Das erste Aktionsprogramm wurde 1996 der EU übermit-telt. In vielen Regionen gab es auch Erfolge (siehe Kar-te). Maßnahmen wurden viele gesetzt, wer sich beim Umweltbundesamt nach dem Zustand des Grundwas-sers erkundigt, erhält die Informationen dazu automa-tisch. Einerseits gibt es das Agrar-Umweltprogramm öpul: das österreichische Programm zur Förderung einer »umweltgerechten, extensiven und den natürli-chen Lebensraum schützenden Landwirtschaft«. öpul gilt Leistungen der Bäuerinnen und Bauern für die Umwelt ab, also auch Leistungen für den Gewässer-schutz. Da es ein Förderprogramm ist, ist die Teilnah-me freiwillig. Einer der Haken daran: »In öpul kommt man nur rein, wenn man sich an eine gewisse maximale Bewirtschaftung hält. Das heißt aber auch, dass die ech-ten Problemfälle gar nicht erfasst werden, weil für die das Programm finanziell uninteressant ist«, beschreibt Perfler einen der Schwachpunkte. Dennoch setzt das Ministerium auf Freiwilligkeit; Robert Fenz, Leiter der Abteilung Nationale Wasserwirtschaft im Lebensminis-terium will es neben den bestehenden verbindlichen Maßnahmen mit Förderprogrammen versuchen: »Bis 2027 sollen alle Grundwasserkörper in gutem Zustand sein«, so das Ziel. Verpflichtende Vorgaben kommen aus der »Guten Landwirtschaftlichen Praxis«. Auch die ist in der Nitratrichtlinie beschrieben. Es gibt Höchstwer-

te für die Stickstoffdüngung, Düngeverbotszonen neben Wasserläufen und Düngeverbotszeiträume. Das Nitrat-Aktionsprogramm wird laufend angepasst, für die Kon-trolle ist die Agrarmarkt Austria (ama) zuständig. Der Tiefkühlkostkonzern Iglo lässt seit 50 Jahren im Mar-chfeld anbauen. Auch er hat Schritte gegen den hohen Nitratgehalt im Grundwasser gesetzt: eine siebenjährige Fruchtfolge mit reduzierter Stickstoffdüngung, laufen-de Stickstoffmessung der Ackerböden und wo es mög-lich ist, wird auf Gründüngung nach der Gemüseernte gesetzt. Doch reicht das?

kein Grund Für optimismus»Wir versuchen seit 40 Jahren, mit dem Nitratprob-

lem zurecht zu kommen, seit 20 Jahren stagnieren wir«, so Reinhard Perfler. Die Gründe sieht er einerseits dar-in, dass die Landwirte tatsächlich massiv unter wirt-schaftlichem Druck stehen und andererseits auch in der starken Lobby der Landwirtschaft. »öpul wurde im Jahr 2000 in seiner Umweltauswirkung evaluiert: Die Maßnahmen halten die Industrialisierung zurück, aber die Umweltauswirkungen selbst sind gering.« Ministe-rium und Umweltbundesamt sehen in der Trägheit des Grundwasserkörpers einen Grund, warum die Maßnah-men im Marchfeld nicht greifen. Die mittlere Verweil-zeit betrage im Marchfeld mehrere Jahrzehnte. Aber gibt es einen Grund anzunehmen, dass die Maßnahmen dann greifen werden?

Ein genauerer Blick in den Nitratbericht zeigt, dass die lange Regenerationszeit nicht der einzige Grund ist, warum kein positiver Trend zu erkennen ist. Noch heute wird zu viel Stickstoff in den Boden eingebracht. Robert Fenz vom Ministerium sieht ein Bemühen, das auch der Experte von der Boku nicht absprechen möchte. Doch Perfler ist wenig optimistisch: »Eine dauerhafte Verbes-serung ist mit den Maßnahmen, die man bereit ist zu treffen, nicht möglich.«

Wirversuchenseit40Jahren,mitdemNitratproblemzurechtzukommen,seit20Jahrenstagnierenwir. Reinhard Perfler

40Biorama Nº. 21 Grundwasser

was ist sauberes wasser wert?

kommentar �� Jörg Wipplinger

Aufs Land fahren, das Licht am Fahrzeug abschalten, in dunkler Kleidung und mit Tarnfarbe im Gesicht zum Brunnen auf dem Feld schleichen und heimlich Wasser-proben nehmen, ohne vom Bauern oder vom Hofhund erwischt zu werden. Solch abenteuerliche Bilder waren nach der Erstbesprechung zum Thema »Nitrat im March-feld« im Kopf. Gab es doch Gerüchte von gefälschten, verfälschten und unvollständigen Messwerten. Das wäre natürlich ein Skandal und biorama hätte dann auch noch das Standbein Aufdecker-Journalismus.

Aber das heimliche Probensammeln können wir uns sparen. Die spannende Frage ist nicht, ob das Grundwas-ser dort miese Qualität hat – denn das ist unbestritten. Alles, was man dazu wissen muss, steht im Österreichi-schen Bericht 2012 zur EU Nitratrichtlinie 91/676/EWG.

Befreit von allen Schönrede-Versuchen heißt es dort: »Die Nitratwerte in einigen Gegenden in Österreich sind zu hoch und werden es aller Wahrscheinlichkeit nach noch Jahrzehnte bleiben.«

Ist dauerhaft nitratverseuchtes Grundwasser ein Skandal? Es bringt uns nicht um, hat keine unmittelba-ren gesundheitlichen Folgen, nicht einmal die Trinkwas-serversorgung ist gefährdet, also was soll’s?

Die spannende Frage ist, ob sauberes Grundwasser einen Wert an sich darstellt. Die Antwort geben wir alle, mit der Politik die wir fordern und unserem Konsum-verhalten. Die letzten 20 Jahre legen nahe, dass wir das Grundwasser im Marchfeld quasi aufgegeben haben. Einerseits, weil der Wasserschutz die schwächere Lob-by hat als die Landwirtschaft und andererseits, weil wir es uns leisten können. Mittelfristig jedenfalls.

42Biorama Nº. 21 into the wild

Unser Plan lautete: Zwei Wochen Auszeit vom Alltag, Natur pur, mit allen dazugehörigen Risiken und ohne touristische Infrastruktur. Unser Ziel: Lappland, ein

wahres Sehnsuchtsland. Das Ergebnis: Die Wildnis birgt auch nicht mehr Gefahren als die sogenannte

Zivilisation, aber deutlich weniger Hilfen.

43

textYannick Gotthardt

Sebastian Rahs

biLdYannick Gotthardt

44Biorama Nº. 21 into the wild

handelt als es sich anhört, liegt nur zu einem geringen Teil daran, dass wir kein Schießgewehr haben. Vor allem aber liegt es an Björkliden selbst. Der Bahnhof besteht hier aus einem Holzsteg als Bahnsteigersatz, und einem ganzjährig beheizten Wellblechcontainer als Warte-raum. Das ist ziemlich wenig Bahnhof, aber wenn man bedenkt, dass Björkliden 20 Einwohner hat, ist die »Bahnhof-pro-Person-Ratio« ziemlich hoch. Björkliden liegt am Südufer des schwedischen Torneträsk-Sees in Lappland, 30 Kilometer vor der norwegischen Grenze entfernt. Der See ist mit 330 Quadratkilometern mehr als halb so groß wie der Bodensee. Im Einzugsgebiet des Bodensees leben rund 1,6 Millionen Menschen. Am Torneträsk leben gut 100 Menschen. Viel Platz pro Ein-wohner, besonders in den sieben Monaten im Jahr, in denen die 330 Quadratmeter gefroren sind. Da es von Björkliden aus nur sieben Kilometer bis zur Westspitze des Torneträsk sind, erreicht man dessen Nordufer in nur einer Tageswanderung. Von der Abzweigung in die Wildnis dauert es dennoch überraschend lange, den klei-nen nördlichen Zipfel an der Westspitze zu erreichen.

Ich bin Alpinist. Ich habe noch nie mit anderen als topografischen 1:25.000-Karten gearbeitet. Unsere Karte hier hat ein Abbildungsverhältnis von 1:100.000. Normalerweise wäre es eher eine Straßenkarte als eine topografische Karte, aber Straßen gibt es ja praktisch keine. Den ganzen Tag über bewegen wir uns nur weni-ge Zentimeter auf der Karte fort. Ein GPS wäre hilfreich gewesen. Eigentlich wollten wir bis zum Ende des ers-ten Tages einen geeigneten Platz finden, an dem sich in den folgenden Tagen eine Hütte bauen lässt. Als es dunkel wird, sind wir jedoch erst halb so weit gekom-men wie gedacht. Dafür finden wir am Ende des letzten Wanderweges, an genau der Stelle, an dem wir ihn zum unberührten Wald hin verlassen wollen, eine kleine rote Selbstversorgerhütte mit Ofen und Notfalltelefon. Die Pålno-Stuga. Wir verschieben, bleiben über Nacht.

Vor der Hütte macht sich Sebastian mit den örtlichen Charakteristika von Feuer vertraut. Dafür hat er am Wegesrand »Old Man’s Beards« gesammelt. Die baum-wollartigen Blüten irgendeines Busches eignen sich her-vorragend, um Feuer zu entfachen, meint er. Ich habe

it Axt, Angel und Steinschleuder sind wir losgezogen, um ganz im Sinne von Henry David Thoreau den Ausstieg aus der Gesell-schaft zu exerzieren. Um herauszufinden, ob Aussteigen wirklich so romantisch ist, zunächst im Feldversuch als zweiwöchiger Probelauf. Seitdem Thoreau in »Walden« zum ersten Mal seine bewusste Lebensentscheidung gegen die Industrialisierung und zurück zur Natur nie-derschrieb, sind bereits 150 Jahre vergangen. Zurück in Amerikas Gründerjahre wollten wir uns nicht begeben, aber seine Idee auf die Postmoderne übertragen – so viel Ehrgeiz ist schon mitgereist. Zwei Wochen in der Wildnis zu campen ist natürlich relativ leicht, wenn man Zelte, Kocher und Nahrung mitnimmt. Darum haben wir all das zuhause gelassen. Stattdessen lag ein Haufen Messer aus der Signature-Serie des britischen Fernseh-Pfadfinders Bear Grylls im Seesack – sicher ist sicher, die Werbung lügt schließlich nicht. Ansons-ten waren Schlafsäcke, Isomatten, ein aufspannbares Not-Shelter, Stirnlampen, eine Hightech-Angel, ein Topf, Parvin Razavis selbstgebackene Energieriegel (Rezept siehe Kasten) und etwas pappiges Brot vom Bahnhofsshop dabei. Verzichtet wurde auf GPS-Gerät, Solarpanel, Satellitentelefon, Kocher und getrocknete Trekking-Nahrung. Am Ende haben die Steinschleudern wider Erwarten nicht den entscheidenden Unterschied gemacht.

bärte, die nicht brennenyannick gotthardt

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Pilze gehören zu jener Sorte Essen, die sich äußerst leicht fangen lässt – das ist ihr größter Vorteil. Damit verhalten sie sich konträr zu Forellen, Rebhühnern, Rehen, Rentieren, Elchen und Braunbären. Um satt zu werden, braucht man aber ziemlich viele Pilze pro Per-son, ganz im Gegensatz zum Braunbär beispielsweise, bei dem die »Sattwerden-pro-Person-Ratio« äußerst gering ist. Vorausschauenderweise beginnt Sebastian daher bereits kurz nach dem Bahnhof von Björkliden mit dem Sammeln von Pilzen. Dass er damit rationaler

konsumieren kann jeder. doch auch als konsumenten kann man sich, sportlich betrachtet, gehobene ziele setzen. um es als solche zu wahrer meisterschaft zu bringen, machten wir uns auf, den ausstieg aus der konsumgesellschaft zu konsumieren. in mundgerechten dosen, als touristen, im sommerurlaub in lappland.

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keine Ahnung. Basti ist ein echter Pfadfinder, ich muss ihm glauben. Ich kann kein Feuer machen. Ich kann nur meinen 60 Gramm leichten High-Tech-Gaskocher anzünden, aber der musste leider zu Hause bleiben. Um in dieser Situation besonders authentisch agieren zu können, hat sich Sebastian wochenlang einen Vollbart wachsen lassen. Noch zu Hause in den Bars von Wien war es faszinierend zu beobachten, wie sein Bart für die Idee, nördlich des 68. Breitengrades ohne Nahrung und mit minimaler Ausrüstung Zeit zu verbringen, Anerken-nung erntete. Mein bübisches Gesicht wurde dagegen nur nach der Sinnhaftigkeit der Unternehmung befragt. Beim Feuermachen scheint der Bart jetzt aber umso weniger zu helfen …

kosmonauten auf der jagdsebastian rahs

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Die sagenhafte Idee zu dieser Mission verfolgt mich schon seit einer Zeit, als ich noch ohne Sekundärbehaa-rung auskommen musste. Seit mehr als fünfzehn Jah-ren habe ich jetzt schon die Grundriss-Skizze für die selbstgezimmerte Hütte im Kopf. Da erscheinen jetzt Nebensächlichkeiten wie ein viel zu kleines Zeitfenster oder der dafür obligate, aber organisatorisch kaum zu stemmende Jagd- und Waffenschein schnell als unwich-tiges Beiwerk. Yannick ist aus seiner Jugendmannschaft-Seilschaft professionelle Planung und pragmatische Herangehensweise bei Vorhaben solcher Art gewohnt. Die kann ich ihm nicht bieten, nur eine Idee, ein Gefühl, meinen nicht enden wollenden Enthusiasmus und den immer wiederkehrenden, beschwichtigenden Spruch, dass ich das alles schon tausende Male gemacht hätte. Zumindest im Gulliver. Doch Yannick ist ein Mann, der weiß, was es bedeutet, Missionen zu haben. Schließlich hat er schon versucht, mir das Bergsteigen unter dem Terminus »siegen lernen« nahe zu bringen. Mit seinen 25 Jahren kann er jederzeit argumentieren, warum er sich der jeweiligen Situation gerade besonders gut gewachsen fühlt. Entweder begründet er es mit Lob-hudeleien über den Erfindergeist der Schwaben, den Eigenheiten eines guten Alpinisten, oder, wenn sonst gar nichts mehr hilft, mit seiner speziellen Problemlösungs-kompetenz als steirischer Kosmonaut. Umso mehr ist es für mich verwunderlich, wie gering jemandes Resistenz gegenüber der plötzlich Realität gewordenen, erwarte-ten Stechmückeninvasion im ersten Birkenwäldchen kaum zwanzig Minuten nördlich des Bahnsteiges von Nirgendwo sein kann. Doch auch meine schier unend-liche Begeisterung erleidet schon am ersten Abend gehörig Schiffbruch. Die vorgefundene Feuerstelle vor der kleinen roten Stuga ist einseitig windgeschützt und scheint eine Art variablen Zug – ein rostiges Eisenblech

– zu besitzen. Trotz dieses – im Kontext der Ausstat-tungsklasse unserer Residenz – als Outdoor-Hightech zu wertenden Elements muss ich feststellen, dass nicht einmal mein angehäuftes Wissen über die Entfachung eines wärme- und in diesem speziellen Falle lebenspen-denden Feuers ausreichend vorhanden scheint. Meine Bushcraft-Künste sind dafür aber nicht allein verant-wortlich zu machen. Es gibt kein brennfähiges Holz in Lappland. Die mickrigen Bäumchen verfaulen hier schon zu Lebzeiten. Da hilft auch die 3.000 °C-Feuer-stange nichts. Nein, auch kein Feuerzeug.

Mit dem Erwachen am nächsten Morgen verliere ich mein Zeitgefühl. Es ist vermutlich Mittag, als wir die Pålno Stuga hinter uns lassen. Der Himmel über dem See wirkt auf mich nichtssagend blass und unge-sund. Wir entscheiden uns für die weitere Suche nach der Grundfeste unserer Hütte gegen das Hinterland und somit dem Fjell als temporären Lebensraum und beschließen das Ufer entlangzugehen. Das Landschafts-bild wechselt immer wieder zwischen grasbedecktem, modrigem Sumpf, lichtem Zwergbirkenwald und den für Lappland charakteristischen Beerensträuchern. Ich versuche Yannick – ganz in Survival-Manier – zum Fastfood zu animieren, Pilze und Beeren gibt es hier en masse, auch lassen Wildpfade, Wildautobahnen und Herbivoren-Haufen auf rege Fauna schließen. Bei nähe-rem Hinsehen entpuppt sich die einzig reife Beerenart in dieser Gegend als Wachholder; Blau- und Preisel-beeren scheinen in diesem Jahr nicht Saison zu haben. Manche Kötteln schauen mehr nach Fleischfressern aus, was zwar dem Jagderfolg nicht direkt im Wege stehen sollte, jedoch Konkurrenz vermuten lässt. Immerhin die Pilze scheinen schmackhaft oder zumindest genießbar, zumindest, falls das Pilzbestimmungsbuch aus der Bil-ligecke Recht behalten sollte.

Als sich der Tag dem Ende zuneigt, stehen wir vor der Wahl zwischen drei potenziellen Bauplätzen für die Errichtung unseres Eigenheims. Wir entscheiden uns gegen jegliche Vernunft für eine ausgesetzte Landzun-ge. Ein trotziger Versuch, der Natur einen Rest an Macht entgegenzubringen. Und ein Eingeständnis an unsere geplagten Nerven. Die omnipräsenten, kleinen Arsch-löcher sind zu schwach für die steife Seebrise. Nach dem Errichten einer Feuerstelle, die mich ziemlich zufrieden stimmt – sie besitzt sogar eine dünne Spaltgranit-Koch-platte, purer Luxus, wie mir erscheint – und dem Erar-beiten der Erkenntnis, dass Schwemmholz zwar keinen Brennwert, aber zumindest – nennen wir es »Brenn«

– besitzt, ist es bereits zu düster, um zu jagen. Der wis-sende Jäger würde hierbei seinen bestirnlampten Hut schütteln, doch düster erscheint es mir hier in beiderlei Bedeutung. Um dem ersten Schauder vor dem finsteren Hinterland zu entgehen, versuche ich in unmittelbarer Nähe des Lagers mein Glück mit meinem Supertrumpf,

46Biorama Nº. 21 into the wild

einer an einem abgesägtem Griff montierten Angelspu-le mit dem in Nordschweden beliebten Blinker-Köder. Doch der Torneträsk ist offensichtlich zu kalt, um Fische in befischbarer, seichter Ufernähe überleben zu lassen. Und das verheißungsvolle, an der Bundesstraße vernommene Vertikalangel-Verbotsschild bestätigt mir insgeheim meine Vermutung über den Verbleib unse-res Abendessens in den fernen Tiefen des mittlerweile nachtschwarzen Sees. Fische sind die einzige Nahrung, mir der wir, auch falls sonst alle Stricke reißen sollten, fix gerechnet haben.

Für diesen Abend setzen wir also voll auf Pilze. Yan-nick will nur ein bis zwei kosten, damit – sollte die Giftkeule verspätet zuschlagen – er noch in der Lage sei, einen Rettungsversuch zu starten. Der Gedanke missfällt mir. Mit Absicht esse ich mehr als ich für rich-tig halte. Wir verkriechen uns in unseren Schlafsäcken und bauen uns rings um das angeblich schützende Feuer auf. Morgen wird sicher alles gut. Dann werden wir die lieblich erscheinenden Südhänge bejagen, an denen wir schon auf dem Weg hierher kleine Hühner beobachten konnten, und sie am Abend mit Preiselbeeren verspeisen.

leere im rebhuhnlandyannick gotthardt

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Am Morgen des dritten Tages machen wir uns nach dem Tee früh auf, um Tiere zu erlegen. Der heutige Tag fühlt sich ernst an. Heute müssen wir etwas zu essen auftreiben. Bereits nach einer halben Stunde des gemeinsamen Herumschleichens trennen wir uns halb zufällig und wortlos. In den Rebhuhnländern sind keine Hühner mehr. Dafür ist es heiß. Ich steige automatisch am Hang nach oben, ich will zur Baumgrenze und bil-de mir ein, auf dem Weg dorthin am effektivsten alle Vegetationsräume auf essbare Fauna hin kategorisieren zu können. Der Versuch bleibt ergebnislos. Auf dem Rückweg finde ich die Hühner in den Sumpflandschaf-ten. Sie lassen mich auf acht Meter an sich heran, was prinzipiell nah genug wäre, doch ich sehe sie bis dahin im hohen Gras nicht. Erst wenn sie plötzlich auffliegen, sind sie zu entdecken. Ab diesem Moment bleiben sie jedoch auf 15 Meter Distanz, gerade außer Reichweite. Sie scheinen sich auszukennen mit den Gefahren von Steinschleudern. Die restliche Lebendnahrung ist leider zu groß für die Steinschleuder. Irgendwie scheint es mir blöd, die Bewaffnung frühzeitig auf Rebhühner festge-legt zu haben. Die theoretische Unbefristetheit macht mir an meiner neuen Outdoor-Existenz immer mehr zu schaffen. Ich bin mir jetzt schon ziemlich sicher, uns mit den zur Verfügung stehenden Mitteln hier nicht dau-erhaft ernähren zu können. Zudem empfinde ich jetzt schon eine sich beschleunigende körperliche und men-

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toolbox Für den perFekten ausstieG______________________________________________________________

• Energieriegel• gescheites Zelt• gescheite Axt• Schießgewehr• gescheites Schuhwerk

parvin razavis 1000-kcal-power-rieGel______________________________________________________________

Für (beinahe) einen Kilo Power-Riegel benötigt man:

65 g Sesamsamen 390 kcal80 g Sonnenblumenkerne, 30 g davon gehackt 487 kcal50 g Cashewkerne, gehackt 292 kcal65 g Hanfsamen 397 kcal125 g getrocknete Marillen 315 kcal50 g getrocknete Cranberries 141 kcal25 g Maulbeeren 66 kcal50 g Haferflocken, zart schmelzend 181 kcal50 g Erdmandel / Tigernuss, geröstet 217 kcal200 g Erdnussbutter 1280 kcal90 g Reissirup (6 EL) 283 kcal90 g Agavensirup (6 EL) 273 kcal______________________________________________________________

940 g Masse 4322 kcal______________________________________________________________

217 g masse 1000 kcal

Um die Konsistenz zu verbessern, Marillen zu Zesten schneiden, Cranberries und Maulbeeren halbieren, Cashewkerne sehr grob hacken. Die vermengte Masse fingerdick auf ein Backblech walken und 15 min bei 200 °C backen.

Yannick beim Bereiten des letzten Mahles: geröstete Schwammerl auf Toast mit Parvins Spezial-Salzgewürzmischung. Wir nannten es »Zaubersalz«. Auch im Bild: selbstgebauter Ofen aus Spaltgranitplatten mit verstellbarem Zug.

48Biorama Nº. 21 into the wild

tale Verrohung. Irgendwie ist das alles grob unroman-tisch hier. Normalerweise, beim Klettern, versuche ich meinen Körper möglichst lange in Ordnung zu halten. Hier ist mir alles egal. Der Schweiß, der Schmutz und ab Tag 3 mittlerweile selbst die Gelsen. Die körperliche Belastung ist in großen Alpenwänden zwar um ein Viel-faches höher, aber sie ist zielgerichtet und selbst wenn man eine Woche am Berg ist, sind die Tage gezählt. Hier wollen wir ja theoretisch einen stabilen Zustand erreichen. Doch dafür müsste sich brauchbares Essen finden. Den entscheidenden emotionalen Unterschied zwischen Outdoor-Sport und Outdoor-Leben mache ich folgendermaßen fest: Während hungriger Nächte auf alpinen Biwakschachteln nehme ich mir fest vor, im Tal beim ersten Mc Donald’s zwei bis drei Big Mac-Menüs zu ordern. Hier in Lappland stelle ich mir vor, als ers-te Maßnahme in der Zivilisation zwei Kilo Nudeln zu kaufen und mit viel Sauce Bolognese zu verputzen. Die Wildnis sorgt scheinbar für authentischeren Hunger.

bären und t-rex sind auch nur jägersebastian rahs

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Mit der lächerlichen Steinschleuder in Autodrom-Optik im Anschlag fühle ich mich unglaublich gut. »British-Ready«, fällt mir ein. Das Bleischrot wirkt solide genug, um einem der vielen umherflatternden Hühnchen den Garaus zu machen. Ich wünsche mir einen Hasen. Nach kurzer Zeit schon stelle ich mir vor, wie viele andere »Jäger« jetzt gerade zeitgleich mit mir hier umherschleichen. Heimische Bären, murmle ich in meinen Bart und muss unweigerlich an die fina-le Filmszene aus »Jurassic Park« denken. Die kurz vor dem Angriff stehenden Raptoren werden vom blitzartig unbemerkt im Besucherzentrum stehenden acht Meter hohen T-Rex gefressen. »Als die Dinosaurier die Erde beherrschten«. Ich bin begeistert von diesem Vergleich und will ihn sofort notieren. Mir gruselt. Ich verstoße gerade gegen die Bären-Regel Nummer Eins, sich immer laut bemerkbar durchs Dickicht zu bewegen. Ein großer Haufen Scheiße lässt mich richtig unrund laufen und ich beschließe den Abstieg. In der Nähe unserer »Insel« steh ich plötzlich weniger als zehn Meter entfernt von einem kleinen Rehlein. In den wenigen Sekunden der Entscheidung beschließe ich, es nicht anzuschießen, nur um es dann nach stundenlanger Verfolgung zu verlieren. So gut sind wir nicht. Von der Situation begeistert, fange ich sofort an, einen riesigen Speer zu schnitzen, den ich ursprünglich sogar auf der Ausrüstungsliste stehen hat-te. Dieser wird später leider nur mehr als Fahnenstange dienen.

Zurück im Lager will ich mein Anglerglück ein weite-res Mal herausfordern. Noch hoch enthusiasmiert von

meiner Jagderfahrung, verlier ich auf einer großen, spie-gelglatten Granitkuppe das Gleichgewicht und rutschte in Richtung vier Grad kaltes Wasser. In letzter Sekun-de kann ich mich mit wenigen Fingern in einem Riss halten und nach einer Sekunde der Besinnung über die Wichtigkeit jeder Bewegung stabilisieren. Als Yannick wieder im Lager eintrifft, sitze ich mit nassen Schuhen am Feuer. Ich kann so klar und geordnet denken wie nie zuvor. Das Hier und Jetzt – unsere Situation – ist mir schlagartig unwichtig geworden. Ich muss intensiv über mein Zuhause und dessen Definition nachdenken. Dar-über, was ich an meinem Leben ändern könnte, damit es mir und allen Menschen, die ich gerne habe, noch besser geht. Alles erscheint mir wichtiger als das Hier. Ich will nach Hause. Nahtoderfahrung wahrscheinlich. Ich kann diese Überlegungen nicht detailliert wiederge-ben, Yannick jedenfalls wirkt nicht sehr überzeugt, eher verschwitzt und abgekämpft. Auch er hat sich offen-sichtlich Gedanken gemacht – mehr auf das Hier und Jetzt bezogene vielleicht. Die erfolglose Jagd, die noch nicht begonnene Hütte, gerade spricht einiges gegen uns. Nach einem kurzen, kargen Gespräch sind wir uns einig. Wir brechen an dieser Stelle unser Projekt ab.

Mit unserem Entschluss dreht auch der Wind Rich-tung Süden. Zusehends belegt Polarluft die umliegenden Berge mit Frost. Beschleunigt von der Wetterstimmung sammeln wir alles an Treibholz im Umkreis eines Kilo-meters, sortieren es nach Brennbarkeit und errichten unser Not-Shelter für die kommende Nacht. Der Wald klingt wie ein Bienenstock – das könnte Gulbranssen gemeint haben. Yannick beschließt, um gefühlt drei Uhr nachmittags schlafen zu gehen. Ich koche Pilzsuppe.

epilogyannick gotthardt

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Im Grunde sind Sebastian und ich uns einig: Ausstei-gen im Schnelldurchlauf – das geht nicht. Auf praktika-ble Gegenstände wie Zelte und Kocher zu verzichten, weil der kurze Aufenthalt sonst zum Campingurlaub degradiert werden würde, macht zwar vordergründig Sinn, sich aber das Leben schwer zu machen, indem man auf relevante Werkzeuge verzichtet, macht das erfolg-reiche Aussteigen nicht realistischer. Im Grunde ist die richtige Lösung naheliegend: Das nächste Mal schaffen wir einfach hunderte Kilo Material in eine noch entle-genere Wildnis und schauen, was die Jahreszeiten so bringen. Oder wir machen einfach nochmal alles genau gleich, und ergänzen unsere Ausrüstung um moderne Handfeuerwaffen. Steyr Mannlicher Pro Hunter bei-spielsweise – aber das wussten wir ja eigentlich schon im Voraus.

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050 »Das kiND seTZTe wieDeR DieseN bLick auf, DiesMaL MiT NOcH MeHR MiTLeiD.«

Zugegeben, das war ziemlich abstrakt, dass in dem dicken Wamst, den das Elternteil da vor sich herschob, ein Baby drin sein sollte. Das Kind nahm

diese Behauptung mit skeptischem Blick zur Kenntnis, mit diesem Jetzt-spinnt-sie-kom-plett-aber-ich-sag’s-ihr-sicher-nicht-Blick, jedes Kind hat den drauf. Und je mehr man darauf besteht, dass das eben Gesagte wirk-lich, wirklich wahr wäre, desto mehr verän-dert sich dieser Blick in Richtung Mitleid. Oje, die glaubt das wirklich. Das Kind tat also dem Elternteil zuliebe so, als würde es an die Baby-im-Bauch-Theorie glauben, dachte sich aber wahrscheinlich insge-heim, dass die Mutter mal wieder zuviel gefuttert hätte, sich das aber nicht ein-gestehen würde. Deshalb machte das Kind auch immer und immer wieder das Urpeinliche, nämlich auf ande-re Frauenbäuche zu zeigen und zu sagen: »Schau mal, Babybauch.« So geschehen bei seiner Oma. Und der dicken Frau an der Kasse. Und der an der Haltestelle. Ja, und bei ein paar Männern. Zurecht.

Endlich war also dieser Bauch weg und dafür dieses Baby da.

Trotzdem sah man dem Kind an, dass es nicht so recht dran

glaubte, dass das aus dem Bauch gekommen war. Vielmehr setzte

es wieder diesen Blick auf, diesmal mit noch mehr Mitleid. Und dachte sich wahrscheinlich insgeheim, dass

die doch tatsächlich ein Baby range-schafft haben, um den vom vielen

Fressen aufgegangenen Bauch zu er-klären. Wie armselig. Aber da war das

Baby, der kleine Bub, jedenfalls. Und es kam also zum ersten Zusammentreffen der beiden Brüder. (Interessant für das

Elternteil war dabei übrigens, dass nicht das Baby winzig klein wirkte neben dem

großen Bruder, sondern genau umgekehrt. Das Kind wirkte unnatürlich riesig! Dieser mächtige Kopf mit den riesengroßen Au-

gen und noch riesigeren Ohren!) Das Kind war nicht einmal irritiert, sondern wollte das Baby sofort halten. Das Elternteil bugsierte das kleine, zerbrechliche Ding also auf den

Schoß des Kindes, der seiner Begeisterung mit sirenenhaftem Kreischen Ausdruck verlieh,

direkt in das neugeborene Öhrchen. Das Baby riss die Augen auf und streckte vor Schreck die

Hände von sich, mit gespreizten Fingerchen. Das fand das Kind noch toller, kreischte noch lauter,

packte mit seinen Pranken die winzigen Händ-chen und sprach folgenden, in höchster Tonlage

ebenfalls gekreischten Satz: »Schau mal, der hat Mähdrescher!«

Das Elternteil war nun doch etwas verwundert, aber das Kind blieb bei seiner Beobachtung. Auch

die nächsten Tage. In der Familie trat dieser Satz ein Rätselraten los, leider ohne Lösung. Es wird ein Ge-heimnis bleiben, was das Kind damit meinte.

Das Elternteil hat ja eine Theorie dazu: Es war eine kleine Retourkutsche für dieses Getue von wegen »Da

ist ein Baby drin«. Nun gut. Gleichstand.

Biorama Nº. 21 elternalltaG / Ursel Nendzig

Kein Verpackungsmüll! Schon 1990 hatte man bei FamilieWeiß die Nase voll vom allgemei-nen Verpackungsmüll. Deswegenerfand Agnes Ziegleder-Weiß

Emil – die Flasche®, die wiederverwendbare, trans-portsichere Pausenflasche aus Glas, damit ihre Tochter Magdalena in der Schule weder PET- oder Aluminium-Flaschen noch Dosen benutzen musste.Tochter Magdalena arbeitet heute in der Geschäfts-leitung des Familienunternehmens mit.

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Absolut dicht und wärmeisolierendEmil®-Flaschen haben einen Schraubverschluss — nur der ist auch bei Getränken mit Kohlensäure absolut dicht. Als Zubehör ist ein Trink-Cap zum Aufziehen erhältlich, wie ihn Kinder und Sportler gerne mögen. Der Thermo-becher zwischen Bezug und Flasche schützt nicht nur vor Stößen, sondern hält auch den Inhalt länger kalt - oder warm: Emil® kann problemlos bis 60°C befüllt werden.

Emil – die Flasche®: Ein Herz aus Glas ist seine Stärke

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Für Kinder

Design: Rosina Wachtmeister

keine pannonischen bananen

SkandalerundumLebensmittelmachenKonsumentendasLebenschwer.AuchdieBio-IndustriestehtamPranger.

WobleibendaderGenussunddieLustamEssenundEinkaufen?Auf einem »Markt der Erde« könnte man wieder fündig werden.

52Biorama Nº. 21 auf dem markt

Mitte Mai, irgendwo im Burgenland bei einem Ausflug an den Neusiedlersee. Die ersten warmen Tage machen Lust auf saftiges Obst. Obststände am Straßen-rand bieten Erdbeeren, Marillen und Kirschen aus der Region feil. Sind Marillen und Kirschen jetzt schon reif? Und wenn ja, wächst dieses Obst im Burgenland? Wie kann man sicher sein, dass die Obstfrau wirklich hei-misches und saisonales Obst aus der Region verkauft? Ein ansässiger Agrarlandesrat formulierte es kürzlich so: »Es werden uns bald burgenländische Bananen ver-kauft werden.« Die Konsumenten müssen sensibilisiert werden, aber auch die Produzenten haben eine Bring-schuld. Er plädiert für Chargennummern, mit denen man rückverfolgen kann, wann und von welchem Bau-ern Obst und Gemüse geerntet wurde. Ein einfacherer und sicherer Weg führt ein paar Kilometer weiter nach Parndorf. Versteckt in einer Seitenstraße befindet sich der einzige Markt der Erde in Österreich und im gesam-ten deutschsprachigen Raum.

der konsument als koproduzentMärkte der Erde, Earth Markets oder Mercati del-

la Terra sind eine weltweite Initiative der in Italien gegründeten Slow Food-Bewegung. Carlo Petrini, der den gemeinnützigen und inzwischen weltweit agieren-den Slow Food-Verein 1989 ins Leben rief, wünscht sich besser informierte Verbraucher, die mit mehr Bewusst-sein einkaufen und essen: »Wir müssen den Status des Konsumenten verlassen und zu Koproduzenten jener Menschen werden, die unser Essen anbauen. Also der Bauern.« Aus diesem Gedankengut entstand 2005 eines der ehrgeizigsten Projekte von Slow Food – die Einrich-tung eines Netzwerks von Orten, an denen Lebensmit-telprodukte durch die Bauern und lokale handwerkliche Erzeuger selbst vorgestellt und verkauft werden.

Kurze Vertriebswege, lokale Wirtschaft, Saisonbezug und Geschmacksschulung sind die Stichworte für die-se einzigartigen Märkte, von denen es derzeit weltweit 29 gibt. Etabliert im Ursprungsland Italien (20 Märkte), entstanden sie – teils zum Aufbau der Nahversorgung – darüber hinaus in Bulgarien (1), Rumänien (1), Türkei (1), in den USA und sogar im Libanon (2) und in Israel (1).

Gerhard Zoubek

”Wir

bringen Bio in die Stadt.“

Frisch von unseren Feldern im Marchfeld liefern wir gesundes Bio Gemüse und eine Vielfalt von Bio Lebensmittel im ADAMAH BioKistl direkt zu dir nach Hause und auf die Bauernmärkte in Wien und Umgebung. Wähle aus der Vielfalt in unsererm Webshop und probier´ unser Service doch einfach einmal aus. Frische Infos unter 02248 2224 // www.adamah.at

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Das bin ich.BioHof

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textChrista Grünberg

biLdSlow Food

Für Kerstin Rohrer, Leiterin der regionalen Slow Food Burgenland-Gruppierung – im Fachjargon Convivien genannt – motivieren Earth Markets die regionalen bäu-erlichen Kleinstproduzenten zum Verkauf in der Regi-on: »Es ist eine Win-Win-Situation für Produzenten und Konsumenten. Die Produzenten haben den Vorteil, ihre Produkte vor der Haustüre abzusetzen, gleichzeitig kann damit die Wertschätzung der lokalen Bevölkerung für traditionelle Lebensmittel gefördert werden.«

Von der Idee bis zur Eröffnung des Parndorfer Mark-tes Ende August 2010 dauerte es dank der Initiative der vor Ort ansässigen Ziegenkäse-Erzeugerin Monika Liehl nur knappe vier Monate. Die ausgestiegene Ex-Finanzberaterin suchte nach einer Möglichkeit, ihren Ziegenkäse direkt zu vermarkten: »Zufällig habe ich dabei von Convivien Slow Food Burgenland erfahren und bei unseren Treffen hat sich herausgestellt, dass es in der Umgebung einige solcher Produzenten wie mich gibt und gleichzeitig viele Verbraucher, die es mühsam fanden, von Hof zu Hof fahren zu müssen, um ihre Ein-käufe zu erledigen.«

steppenrind und manGalitzaschweinEin Markt der Erde-Aussteller und seine qualita-

tiv hochwertigen Produkte müssen die Kriterien der Slow Food-Stiftung für Biodiversität erfüllen, die zwar wesentlich strenger sind als für reguläre Wochenmärk-te, aber nicht ganz so rigorose Anforderungen stellen wie Bio. »Slow Food ist keine Zertifizierungsorganisa-tion und schließt per se keinen Produzenten aus. Das Netzwerk der Earth Markets zieht sich bis nach Asien und im Vergleich zu Österreich ist es dort relativ schwie-rig und teuer, seine Produkte biozertifizieren zu lassen«, begründet Rohrer die tolerante Einstellung. Auch für Carlo Petrini ist bewusster Konsum nicht ausschließlich Bio, aber eine respektable und geschätzte Option. Wich-tiger sind ihm aber der direkte Bezug zum Erzeuger und die Stärkung der lokalen Wirtschaft. Beide Ziele werden in Parndorf verwirklicht.

Jeden ersten Samstag im Monat kommen dieselben rund 15 Familienbetriebe, darunter auch einige zertifi-zierte Biolandwirte, aus ein einem Umkreis von höchs-tens 40 Kilometer Entfernung zusammen und präsen-tieren je nach Saison ihre Lebensmittel – erntefrisches Obst und Gemüse, Eier, Milchprodukte, Brot, Fleisch und Wurst vom Steppenrind, Mangalitzaschwein, Lamm oder Wild, Marmeladen, Honig, Schaf- und Zie-

54Biorama Nº. 21 auf dem markt

Ob in Parndorf (1 und 3) oder Bologna (2 und 4) – die weltweit veranstalteten Earth Markets haben ein Ziel: Die Einrichtung eines Netzwerks von Orten, an denen Lebensmittelprodukte durch die Bauern und lokale handwerkliche Erzeuger selbst vorgestellt und verkauft werden.

Kaum zu erwarten: der neue Sonnentor Tee-Adventkalender mit seinen aufklappbaren Flügeln und idyllischen Motiven, den 24 verschiedenen Bio-Tees in Aufgussbeuteln und dem beigelegten Büchlein mit stimmungsvollen Ge-danken für jeden Adventtag –ein Weihnachtstraum! Zu entdecken im gut sortierten Fachhandel und natürlich auf www.sonnentor.com

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genkäse, Fruchtsäfte, Liköre und vieles mehr. In einem umgebauten Stadel plus Sitzgarten, auf Privatgrund kos-tenlos zur Verfügung gestellt, holen sich Neugierige über Produkte und deren handwerkliche Herstellungsweisen die Informationen gleich vom Erzeuger selbst.

Während interessierte Konsumenten an der Weinbar oder beim Genuss einer Köstlichkeit aus der Schaukü-che ihr Wissen bereichern können, kann im Kontakt mit den Herstellern das in jüngster Vergangenheit hart auf die Probe gestellte Vertrauen in Lebensmittel wieder zurückkehren. Alles, was auf diesem Markt angeboten wird, muss aus der Region stammen. Eine Ausnahme macht man für Gastproduzenten, die alte, fast verges-sene Spezialitäten wieder in Erinnerung rufen, wie z.B. das oststeirische Kraut aus der Grube. Für alle Produkte gilt, dass sie handwerklich, traditionell und ökologisch verträglich hergestellt werden. Überprüft wird dies durch italienische Slow Food-Repräsentanten, die vor dem Marktauftritt eines Produzenten seinen Hof besu-chen. Später wachen dann Produzenten, Organisatoren, Slow Food Burgenland und die Gemeinde im Markt-komitee darüber, dass schwarze Schafe keine Chance haben. Zudem achtet man auf den nachhaltigen Umgang mit Müll, Energie und Verpackung. Wiederverwendbare Glasflaschen für Joghurt und die generelle Vermeidung von Plastikverpackung sind daher Alltag in Parndorf.

Innerhalb des internationalen Earth Markets-Netz-werk stellt die Organisationsform des burgenländischen Markt der Erde allerdings eher die Ausnahme dar. Der Marktstandort befindet sich in der Regel auf öffentli-chem Boden, die Suche nach einem passenden Standort, Genehmigungen und Finanzierung machen eine private Lösung ungleich schwieriger. Deswegen ist im eigent-lich so begünstigten weil kleinstrukturierten landwirt-schaftlichen Österreich gerade erst der zweite Markt der Erde im Weinviertel im Entstehen.

Aber, mit den Worten Petrinis ausgedrückt, es braucht nicht unbedingt mehr Märkte der Erde, sondern mehr Menschen, die sich für eine bewusste Art des Konsums von natürlichen Lebensmitteln einsetzen – sie sollen gut schmecken, möglichst umweltverträglich hergestellt sein und zu einem fairen Preis verkauft werden.

� www.marktdererde.at� www.slowfoodburgenland.at� www.earthmarkets.net� www.slowfood.co

die energie- reVolution beginntGeräte,diemehrEnergieliefern,alssieselbstverbrauchen?WeitgehendunbemerktvonderÖffentlichkeittüftelntechnischeVisionäreanfreienEnergieerzeugern.Welche Technologien sind dabei maßgeblich beteiligt und wie weit sind sie noch von der Marktreife entfernt?

für die nächsten Jahrzehnte zeichnen sich deutliche Veränderungen unseres Energiesystems ab: Bis zum Jahr 2030 wird – sofern es nicht gelingt, den Bedarf dramatisch zu senken – eine weltweite Energienach-frage von zusätzlich 55 Prozent erwartet. Die Redukti-on des Verbrauchs einerseits und die Bereitstellung der benötigten Energie andererseits sind gewaltige Her-ausforderungen. Die Tage der Ausbeutung natürlicher Ressourcen mit Technologien, die einen Verbrauchszäh-ler benötigen, um für die großen Energieversorger mit ihren veralteten Netzen profitabel zu sein, scheinen aber gezählt. Der entscheidende Unterschied aller künftigen Systeme liegt in der Autarkie ihrer dezentralen Energie-versorgung. Auch wenn die EU gerade die ökologisch fragwürdige Idee diskutiert, mit dem Grundnahrungs-mittel Getreide nicht nur Biogas-Anlagen in der Schwei-nemast, sondern auch Heizungen in Einfamilienhäusern zu betreiben und deren Einbau sogar zu fördern – Wis-senschafter sehen die Energiegewinnung der Zukunft zunehmend aus der Perspektive der Quantenchemie.

Feuer aus eisWas einst als Hirngespinst und unmöglich abgetan

wurde, gewinnt heute immer mehr Gestalt. Ingenieure greifen in ihrer Arbeit teils alte Konzepte wie Wasser-stoffumwandlung wieder auf und forschen weiter dar-an. Eine der erstaunlichsten Entwicklungen im Feld der freien Energiegewinnung wird mit dem Begriff »Kalte Fusion« oder »Low Energy Nuclear Reactions (LENR)« umschrieben. 1989 gelang zwei US-Forschern erstmals die Fusion von zwei Wasserstoffkernen bei Raumtem-peratur. Bei dem Experiment war mehr Energie frei

geworden als hineingesteckt wurde; diese Überschus-senergie hatte sich als Wärme gezeigt. Obwohl von der etablierten Wissenschaft lange nicht ernst genommen und als junk science diskreditiert, hat Andrea Rossi von der Universität Bologna die lenr-Technologie durch die Transmutation von Nickel und Wasserstoff zu Kup-fer inzwischen zur Serienreife gebracht. Die verwende-te Energie-Katalysator-Technik befinde sich derzeit im Zertifizierungsverfahren und werde in der Anschaffung unschlagbar günstig sein und die Energiekosten drama-tisch senken, erklärte der italienische Wissenschafter Anfang September beim 1. E-Cat-Kongress in Zürich.

Mit dem sogenannten »Home E-Cat« könnte die Stromversorgung in naher Zukunft tatsächlich dezen-tralisiert werden und jedes Haus sich selbst beheizen und seinen eigenen Strom gewinnen. Für die Energie-erzeugung werden dabei lediglich geringe Mengen von Nickelpulver, Wasserstoffgas und ein Katalysator benö-tigt. Hitze und etwas Druck setzen große Mengen an kalorischer Energie frei, mit einem Anstoßaufwand von 400 Watt können laut Rossi 12.400 Watt erzeugt werden. Während des gesamten Zyklus werden keine Schadstoffe abgegeben und das System verursacht auch keinerlei radioaktiven Abfälle. Der Reaktorkern des Home E-Cat befindet sich in einer Kartusche von der Größe einer Zigarettenschachtel und produziert 10 kWh an thermischer Energie, die Größe der gesamten Ein-heit entspricht einem Koffer. Wenn die Kartusche nach 180 Betriebstagen zur Neige geht, meldet sich das Sys-tem. Man wechselt die Kartusche, die dann von Rossis Herstellerfirma Leonardo Corporation recycelt wird. Der Preis für eine Kartusche soll bei ca. 10 US-Dollar

56Biorama Nº. 21 die welt, die wir uns wünschen

liegen, die Anschaffungskosten für das gesamte Heim-Kraftwerk sollen laut Angaben unter der 1.500-Dollar-Marke bleiben, um einerseits die Leistbarkeit für alle zu gewährleisten und andererseits Nachahmern vorzu-beugen. Wenn bis Jahresende 10.000 Vorbestellungen für den Home E-Cat vorliegen, soll 2013 mit der Mas-senproduktion begonnen werden. Die Prototypen der 10-kW-Anlage erzeugen vorerst nur Wärme für Hei-zung und Warmwasser, während die 1-MW-Kraftwerk-Version mittels Dampf-Turbine auch Strom liefert. Die Gestehungskosten für eine Kilowattstunde Strom wer-den dabei auf 1 Cent geschätzt.

strom aus dem nichts Vom anderen Ende des Spannungsspektrums her

tritt ein kleiner amerikanischer Entwicklungs- und Forschungsbetrieb zur Energie-Revolution an: Dort hat man zwei Typen von Festkörper-Generatoren entwi-ckelt, die, einmal hergestellt, keinerlei chemische Reak-tionen oder nukleares Material mehr benötigen, um einen schwachen aber regelmäßigen Stromfluss herzu-stellen. Vereinfacht beschrieben funktioniert der End-loskondensator-Prozess so: Eine erste Schicht besteht aus einer Metalllegierung, die Elektrizität erzeugt, wenn sie stimuliert wird. Die zweite Schicht erregt die erste Schicht, um die Elektrizität zu erzeugen. Jetzt braucht es noch ein drittes Material, um die zweite Schicht zur Elektrizitätserzeugung anzuregen. Erst die Verbindung der drei Materialien und ihre Komposition bestimmen die Spannung. Die Materialien können mehrschichtig übereinander angeordnet werden, um eine entsprechen-de Leistung zu erzeugen. Die Ströme variieren in ihren

Spannungen zwischen 1 und 100 Volt Gleichstrom. Beim zweiten Modell werden die Materialien miteinander vermischt und durch einen einfachen Prozess geschickt, dessen Endprodukt dann ein permanentes elektri-sches Feld ist. Tests der letzten drei Jahre haben kei-nerlei Materialabnutzung oder Veränderungen gezeigt. Momentan wird eine Laufzeit von etwa 20 Jahren ohne den geringsten Leistungsabfall angenommen, aber auch eine Bestandsdauer von 100 Jahren ist denkbar. Die ver-wendeten Materialien sind billig, ungiftig und im Über-maß vorhanden. Derzeit ist man auf der Suche nach einem finanzstarken Investor zur Massenherstellung der Elemente. Wenn die Bausteine erst einmal seriell entwickelt sind, sollte es auch möglich sein, die Leis-tung des Systems mit entsprechenden Anordnungen in Serie fast grenzenlos zu erhöhen. Und die Anwendungs-bereiche wären eigentlich ebenso unbegrenzt: von Nied-rigverbrauchern wie Batterien, Kondensatoren, Handys und Laptops bis zum Einbau in Großgeräte ist alles vor-stellbar.

Im Bereich der zukunftsfähigen Energieerzeugung sind Festkörper-Generatoren und Energie-Katalysato-ren heute noch absolutes Neuland, auf dem nach langer Forschung gerade die ersten wissenschaftlich gesicher-ten Durchbrüche erzielt werden. Man darf also gespannt sein, auf welche Weise sie hoffentlich schon in naher Zukunft als saubere und ökonomische Energielieferan-ten zur Marktreife gelangen und die Energie-Revolution zur Realität für jedermann machen werden.

www.ecat.com

textWolfgang Smejkal

57

konfliktparteienVerkehrAls»Velo-City«wirdWien2013offiziellzurweltweitenFahrradhauptstadt.InderStadtselbstherrschenwenigeMonatedavorheftigeVerteilungs-

kämpfeumöffentlichenRaum.Gestritten wird um die neue und künftige Nutzung von Verkehrswegen.VierAuskennerantworteten

bioramaaufbaldzuklärendeFragen.

im kommenden Jahr ist Wien ganz offiziell »Velo-City«. Auf internationaler Ebene blicken damit die weltweite Fahrrad-Community und die nachgelager-te Branche nach Österreich. In der Stadt selbst ist der Straßenverkehr Brennpunkt territorialer Kämpfe zwi-schen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern. Wobei den motorisierten Individualverkehrsteilnehmern oft die Rolle als »Platzhirschen« angedichtet wird. Die auf medialer Ebene ausgetragenen Debatten um jeden Quadratmeter potenzieller, öffentlicher Verkehrsflä-che wirken manchmal wie rein politisch motivierte Schlammschlachten um Wählerstimmen und erinnern an Diskussionen um bedeutsame Schauplätze wie das Ring-Rund, den Naschmarkt respektive Wiental-Rad-weg oder einer Wiedner Hauptstraße.

Dabei sollte vielmehr sachlich gefragt werden: Sind Wiens Häuserschluchten wirklich zu eng, um allen Ver-kehrteilnehmern ausreichend Raum zur sicheren Fort-bewegung zu verschaffen? Sind damit Grünstreifen- und Gehwegverknappungen zu rechtfertigen?

Ist der raue Ton unter den Verkehrsteilnehmern eine Wiener Eigenheit oder ein natürliches Phänomen?

Und: Was bleibt Wien nach 2013? biorama fragt loka-le Auskenner nach ihrer Einschätzung, welche Verände-rungen eine »Velo-City« langzeitlich mit sich bringen könnte.

Drei Fragen von biorama, zwölf Antworten von Martin Riedl, Alec Hager (beide oben, von links nach rechts), Roman Stiftner und Renate Kaufmann.

58Biorama Nº. 21 Velo-city 2013

textSebastian Rahs

Benjamin Agostini

Martin Friedl (Organisator argus Bike Festival)Ich fahre seit meinem zehnten Lebensjahr, also seit

nunmehr 36 Jahren, praktisch täglich in Wien mit dem Rad, und erlebe eigentlich nie Konflikte. Als Radler bin ich mit den Augen des Autofahrers unterwegs, und wenn ich Auto fahre, dann setze ich die »Radler-Brille« auf. Ich habe festgestellt: Das ist für mich und mein Gegen-über komfortabel und sicher.

Alec Hager (Vereinsobmann IG Fahrrad)Konflikte sind natürlich bei allen menschlichen Inter-

aktionen, auch beim Verkehr. Aggressionen lassen sich nicht gänzlich vermeiden. Die wichtige Unterschei-dung ist jedoch: Wie ist Macht und Raum verteilt und wie wirkt sich das auf die Konflikte aus? Die moderne westliche Stadt ist nun am Ende eins Umgestaltungs-prozesses für die perfekte Autonutzung, das hat in den 50ern begonnen und kann so nicht mehr weitergehen, denn die schädlichen Auswirkungen sind offensichtlich: Umweltschäden, Platzmangel, Staus. Unterstützt durch den Benzinpreisanstieg sind viele Menschen aufs Rad umgestiegen, dafür ist aber durch die autozentrierte Verkehrsgestaltung nicht genug Platz, und dadurch ent-stehen hausgemachte Konflikte. Das Rad braucht mehr Raum und verkehrsberuhigte Fahrbahnen – dadurch profitiert der Gesamtorganismus Stadt, nicht zuletzt die Fußgänger.

Roman Stiftner (ÖVP, Verkehrssprecher)Natürlich darf man nicht pauschalieren. Aber ganz

allgemein hat man den Eindruck, dass es unter allen Verkehrsteilnehmergruppen eine mangelnde Bereit-schaft dafür gibt, die Verkehrsregeln auch immer einzu-halten. Da ist ein gewisses Unrechtsbewusstsein einge-rissen. Allerdings wird bei manchen Radfahrern dieses Unrechtsbewusstsein noch dadurch bestärkt, dass sich manche als einzige ökologische Alternative zum übrigen Straßenverkehr fühlen. Was auch immer die Ursache ist, die Fahrradunfälle haben in den letzten Jahren zuge-nommen. Und es gibt leider auch immer mehr Fußgän-ger, die sich durch die Zunahme des Fahrradverkehrs in ihrer Verkehrssicherheit beeinträchtigt fühlen.

Renate Kaufmann (SPÖ, Bezirksvorsteherin Wien 6)In Wien wurde leider lange Zeit Verkehrspolitik aus

der »Windschutzscheibenperspektive« gemacht. Die Fußgänger und Radfahrer kamen dabei zu kurz. Beim Rückerobern des öffentlichen Raumes sind beide Grup-pen demnach Konkurrenten. Würde mehr Straßenraum für die schwächsten Verkehrsteilnehmer zur Verfügung gestellt werden, gäbe es sicher weniger Konflikte.

konflikte unter den Verkehrsteilnehmern stehen – nicht nur in Wien – an der tages- ordnung. Woran liegt das?

59

velo-city 2013biorama stellt im Vorfeld der Velo-City, die von 11. bis 14. Juni 2013 Radexperten und Radbegeisterte aus aller Welt in Wien ver-sammeln wird, das Konzept »Rad-Stadt« auf den Prüfstand. In einer Artikelserie diskutieren wir Entwicklungen auf dem Sektor Radverkehr und verschiedenste Aspekte der Fahrradkultur mit Experten und Aktivisten.

— www.velo-city2013.com

— www.ecf.com

das radwegnetz in Wien ist noch se lückenhaft. Manche bezirke sammeln

kilometer für die statisti es fehl allerdings an zusammenhän enden

konzepten. Wie löst man diese unkoordinierth eit

Martin Friedl (Organisator argus Bike Festival)Zusammenhängende Konzepte gibt es sehr wohl, nur

sind diese wegen der Mitsprachemöglichkeit oft partei-politisch motivierter Bezirkspolitik nicht immer reali-sierbar. Mein Tipp: Radeln statt raunzen! Radfahren ist ein Quell täglicher Lebensfreude, soll ich mir das wirk-lich vermiesen lassen von Leuten, die keine Ahnung davon haben, was ihnen entgeht?

Alec Hager (Vereinsobmann IG Fahrrad)Durch stringente Radverkehrsbaumaßnahmen und

verkehrsberuhigte Fahrbahnlösungen. Hier sind die neue Leitstelle Radverkehr der Stadtverwaltung und die zuständigen Magistrate MA18, 28 und 46 gefordert, sowie eine strikte Zielvorgabe seitens der Politik im Ver-kehrsressort von Maria Vassilakou.

Renate Kaufmann (SPÖ, Bezirksvorsteherin Wien 6)Der richtige Lösungsansatz ist bereits mit der Re-Zen-

tralisierung der Radwegeplanung gesetzt worden. Da die Stadt Wien vor zwei Jahren die Radwegekompetenz wieder von den Bezirken übernommen hat, selbst plant und finanziert, entscheidet daher die Wiener Verkehrs-stadträtin auch wieder alleine über die bezirksübergrei-fende Radwegegestaltung. Die Zeit der unkoordinierten Radwegegestaltung sollte also vorbei sein.

Roman Stiftner (ÖVP, Verkehrssprecher)Seit Jahren gibt es einen Radfahrkoordinator, jetzt hat

man auch eine Radfahragentur geschaffen, in die will man auch noch einen Fußgängerbeauftragten hineinre-klamieren. An den personellen Voraussetzungen schei-tert die Koordination der Fahrradwege nicht – es fehlt viel mehr der politische Wille hier vernünftige Lösun-gen für alle Verkehrsteilnehmer zu realisieren.

Wenn neue radwege gebaut werden müssen tendenziell gehwege und grün

flächen weichen. das schafft böses blu gegen die radfahrer. Wäre es nicht eine

alternative, teile der straße umzuwidmen?

Martin Friedl (Organisator argus Bike Festival)Da ich schon im Straßenverkehr Rad gefahren bin,

als es noch kaum Radwege und Mehrzweckstreifen gab, empfinde ich den jetzigen Ausbau des Radwegnetzes als großen Luxus. Und wenn ein Radweg mal wo endet: Was soll’s – dann fahre ich halt auf der Straße weiter. Das Rad bietet so viel Flexibilität, man kann es auch mal über einen Gehweg schieben, durch Hinterhöfe schlüpfen, Parks oder Nebenfahrbahnen für das Weiterkommen nutzen, dass ich dem ewigen Gejammere, die Radinfra-struktur wäre zu schlecht, wenig abgewinnen kann. Für Radwege wesentliche Teile der Fahrbahn zu verwenden, wird gesellschaftlich wohl erst durchsetzbar sein, wenn in Wien endlich ganzjährig geradelt wird – Radler also auch im Winter präsent bleiben im Verkehr. Auf dieses Ziel sollten wir gemeinsam losradeln!

Alec Hager (Vereinsobmann IG Fahrrad)Ja, das ist eine dringend notwendige Alternative und

eigentlich die einzige zulässige Lösung. Vor allem der ruhende Verkehr, also Parkplätze, vernichtet Lebens-raum.

Renate Kaufmann (SPÖ, Bezirksvorsteherin Wien 6)Beim Errichten neuer Radwege sollte man keinesfalls

den Fußgehern, also den noch schwächeren Verkehrs-teilnehmern, Platz wegnehmen. Verkehrsfreien Bewe-gungsraum gibt es in Wien ohnehin zu wenig. Da wir mit besseren Radwegeangeboten die Autofahrer zum Umsteigen aufs Rad bringen wollen, ist es logisch, Rad-wege auf Kosten der Fahrbahnen zu errichten.

Roman Stiftner (ÖVP, Verkehrssprecher)Wenn man den Fahrradverkehr als ökologischen

Ergänzungsverkehrsträger betrachtet, und es sprechen einige Gründe dafür, dann muss hierfür eine entspre-chende Verkehrsinfrastruktur geschaffen werden, die die Sicherheit auf den Straßen gewährleistet. Die dafür vorgesehenen Verkehrseinrichtungen dürfen aber nicht auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer gehen, und auch nicht auf Kosten der Grünraumversorgung dieser Stadt. Man sollte daher in Wien endlich aufhören, die Interessen der Radfahrer gegen die aller anderen Ver-kehrsteilnehmer auszuspielen und die Verkehrspolitik danach dementsprechend ausrichten.

das radwegnetz in Wien ist noch sehr lückenhaft. Manche bezirke sammeln kilometer für die statistik, es fehlt allerdings an zusammenhängenden konzepten. Wie löst man diese unkoordiniertheit?

Wenn neue radwege gebaut werden, müssen tendenziell gehwege und grün- flächen weichen. das schafft böses blut gegen die radfahrer. Wäre es nicht eine alternative, teile der straße umzuwidmen?

60Biorama Nº. 21 Velo-city 2013

Gula Java Matcha von Amanprana sorgt für Fokus, innere Ruhe, Energie und Antioxidantien in einer Tasse

AMANPRANA

AusgeglicheNe leBeNsKRAFT

Verbessere deine Konzentration: Aufmerksa-mer sein beim sport, bei der Arbeit und im Verkehr? Mehr Fokus haben beim studieren und anderen Tätigkeiten. Nicht mehr so schnell abgelenkt sein und konzentrierter arbeiten für bessere Resulta-te. Die natürliche Kombination der Aminosäure l-theanin mit Koffein in gula Java Matcha sorgt für Aufmerksamkeit, Fokus und Konzentration.

Genieße mehr innere Ruhe: Matcha wird in Japan schon jahrhundertelang als zeremonieller Tee verwendet. Zen-Buddhisten trinken Matcha für die Meditation, um sich selbst zu finden und für innere Ruhe. Für Zen.

Brausende Energie: Der gula Java bringt dir die energie aus den Kokosblüten. Der süße Nektar aus der Kokosblüte ist ein geschätzter Reichtum. Mitar-beiter ernten den Nektar in großer höhe aus den Kokosbäumen. Danach wird er über einem holz-feuer in einem Kessel langsam gerührt, bis er süß ist und jede Menge energie enthält. Du erhältst damit während des ganzen Tages eine optimale energie.

Tagesdosierung Antioxidantien in 1 Tasse: Antioxidantien helfen, Alterung zu bremsen und geben dem Körper die Kraft, die Anfälle der Oxidan-tien zu neutralisieren. sie verbessern das immun-system, also die gesundheit. Der ORAc-Wert beschreibt den antioxidativen Wert der Nahrung. Täglich empfohlen wird 3.000 bis 5.000 ORAc.

1 Teelöffel (8,5g) gula Java Matcha enthält 3500 ORAc. Die aktiven Antioxidantien in gula Java Matcha sind eine natürliche Kombination aus 4 catechinen, Taninen, chlorophyll und einem weite-ren Reichtum an Mineralen und Aminosäuren. Die antioxidative Kraft des gula Java Matcha ist vielfältig höher im Vergleich zu Vitamin c oder e.

Was ist Gula Java Matcha? gula Java ist konzen-trierter Kokosblüten-Nektar, welcher seine energie langzeitig abgibt. ein Matcha besteht aus dem fein-gemahlenem Teeblatt der camellia sinensis. Man trinkt von gula Java Matcha das ganze Blatt. Bei grü-nem Tee wirft man die Blätter weg. Die Amanprana Matcha-Qualität wird mit einer granitmühle sehr langsam gemahlen (nur 40g pro stunde). Amanprana

verwendet ausschließlich grüne Teeblätter, die sehr jung und nicht beschä-digt sind. Das nennt man ‘Kotobuki’-Qualität. ‘Kotobuki’ bedeutet in der japanischen sprache ‘lang leben’ – und das ist nicht zufällig die Aman-prana-Qualität.

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▲ Nehmen Sie 1 Kaffeelöffel (nur 28 kcal) Gula Java Matcha. Geben Sie beliebig kaltes oder warmes Wasser, Milch (Gula Java Matcha Latte) oder einen Getreidedrink hinzu. Für Suppen, Brot oder Gebäck. Als Streu-Garnierung für Müsli, Joghurt, Salate und Fertiggerichte.

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55•Biorama Gula Java Matcha OKT2012.indd 1 2/10/12 14:34

das gefühl VoM punkt nullEineAusstellunginWienstelltRecherchen zum Mythos des Primitivenan.KuratorinBrigitteFeldererimInterviewübergesellschaftlicheSehnsuchtsmodelleunddenUrsprungalsLabel.

biorama: Eigentlich versuchen aufgeklärte Gesell-schaften seit Jahrhunderten, sich vom Primitiven zu distanzieren. Hat das nicht funktioniert?

brigitte felderer: Wir haben das Wort primitiv ganz bewusst verwendet, weil es ein provokanter Begriff ist. Das Interessante an dem Wort ist: Es scheint eine widersprüchliche Bedeutung zu haben. Einerseits ist es negativ, es ist das Gegenteil von kultiviert, industri-alisiert und aufgeklärt. Es wird mit Instinkt, mit dem Körperlichen und dem Rausch in Verbindung gebracht. Aber zugleich birgt das Wort in unserer heutigen Gesell-schaft auch ein Sehnsuchtsmodell. Genau das, was ständig von uns abverlangt wird, nämlich die Dinge zu verstehen, etwas zu befolgen, uns zu kontrollieren, zu unterwerfen, einen Ehrgeiz zu entwickeln, all das wird in der Bedeutung des Wortes beiseite gelassen. Mit der Ausstellung wollen wir Fragen stellen: Wohin geht unse-re Sehnsucht? Wohin geht unser Wünschen, wenn wir an die Zukunft der Gesellschaft oder unsere persönliche Zukunft denken? Wollen wir zurück zu den einfachen Dingen oder wollen wir uns in eine kritisch reflektier-te Distanz zu dem begeben, was uns unsere technisier-te Kultur bedeutet – ohne aber das Bild des klassischen Aussteigertums zu bedienen.Wie manifestieren sich diese Sehnsuchtsmodelle im künstlerischen Arbeiten?

Es werden keine einfachen Rezepte gestrickt. Es sind sehr sinnliche Konzepte, aber die Künstler wissen natürlich, dass man dabei keine eindimensionalen Ant-worten geben kann. Ein Künstler hat aber den Vorteil, dass man ihn gar nicht um ein Rezept bittet oder keines erwartet. Vielmehr ist es seine Aufgabe, uns zu helfen, einen veränderten Blickwinkel einzunehmen. Es gibt etliche Künstler, die mit Materialien arbeiten, die in der zeitgenössischen Kunst lang verpönt waren, weil ihnen etwas Handwerkliches anhaftet – Leder oder Porzel-lan und Keramik. Lange Zeit haben sich da nur Wenige drübergetraut, weil man schnell in die Kunsthandwerk-Ecke gesteckt wird. Überlegungen zum Ursprünglichen im Digitalen, zum Primitivismus des Technischen stehen im Zen-trum der Ausstellung. Wie geht das zusammen?

Wir selbst sehen uns als eine Kultur, die überzeugt ist von der Macht der Vernunft. Wir müssen aber bedenken, wie kurz das Zeitalter der Aufklärung erst währt und wie stark unsere Gesellschaft immer noch von primiti-ven Aspekten durchwachsen ist. Wenn man sich heu-te für das Ursprüngliche, für eine Urkunst interessiert, kann man die Medien nicht wegräumen und so tun, als hätte es sie nie gegeben. Wenn man heute vom Ursprung spricht, meint man nicht immer zwangsläufig den Punkt Null, sondern ganz oft auch das Analoge. Im Vergleich

62Biorama Nº. 21 ausstellunG: »the scientific people«

zum Digitalen kann ich mit analogen Dingen die mediale Welt ausreizen, herumprobieren und etwas faken. Welche Bedeutung hat das Ursprüngliche für unsere Gesellschaft?

Ich glaube, Ursprung ist für uns etwas sehr Entrück-tes. Wir haben zwar vage Vorstellungen davon und meistens sind diese von Erinnerungen an die Kindheit geprägt, aber das ist meist etwas sehr Persönliches, das nicht allgemein gültig sein kann. Man hat so ein Gefühl, eine Ahnung, was es sein könnte. Und oft ist der Gedan-ke an den Ursprung eine Art Fluchtfantasie, bei der man aber nicht genau weiß, wo man hin will und schon gar nicht, ob man dort wirklich landen möchte. Ist die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen gleich-zusetzen mit einem Gefühl der Sentimentalität?

Kindheitserinnerungen sind etwas sehr Wichtiges für unsere ganze Identität und Sentimentalität kann was natürlich schön sein. Aber man muss bei dieser Koexis-tenz von Ursprung und Sentimentalität vorsichtig sein, dem Ursprung ist nämlich prinzipiell zu misstrauen. Denn: Was ist der Ursprung überhaupt? Wo ist er? Der Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, dem Primitiven, dem Einfachen kann man sich nur mit gebotener Skep-sis hingeben. Der Ursprung ist ja ein Label und die Kon-sumgüterindustrie hat das längst erkannt. Was kann das Label Ursprung für uns bedeuten?

Während mit der einen Verwendung etwas Positives in Verbindung gebracht wird, etwas Unmittelbares im Sin-ne von »guten« Produkten, wird das Label Ursprung mit dem Etikett »Made in Slovakia« aber genauso bedient. Das ist auch eine Ursprungszertifizierung, aber sie ist viel negativer behaftet, weil die Slowakei ein Billigar-beitsland ist usw. Wir wollen also immer etwas über den Ursprung wissen und gleichzeitig wird dabei unglaub-lich viel manipuliert. Das ist auch mit dem Mythos des Primitiven gemeint – wir dürfen darauf nicht reinfallen, denn der Ursprung ist ein Begriff und ein Wert, der im 20. Jahrhundert massiv missbraucht wurde. Wir sagen zwar »Zurück zum Ursprung«, können aber die Rich-tung gar nicht ändern, weil wir uns nicht zurückbewe-gen können. Es gibt also eigentlich nur ein »Vorwärts zum Ursprung«.

»The Scientific People – Recherchen zum Mythos des Primitiven«: Kunstraum Niederösterreich, Wien.19. Oktober bis 7. Dezember 2012www.kunstraum.net

inteRviewJohanna Stögmüller

biLdKunstraum Niederösterreich

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fOtOCroce & Wir Fotostudio

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»FliegendeHunde«und»sitzendeSchildkröten«amGrazer Mariahilfer-platz.bioramawarbeimersten Yoga-PicknickmitteninderStadtdabei.

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Spätsommer, Sonne und Susanne: Unter der Leitung von Yoga-Trainerin Susanne Lietz wird gedehnt und geatmet. Und so mancher Yogi schielt schon auf die Picknickkörbe.

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Darf’s ein bisschen mehr sein? Susanne achtet auf die richtige Ausführung der einzelnen Übungen.

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UnsereinnereUhrwill,dasswirruhen.Dennwährendwirschlafen,

trittderKörperindenStand-by-Modus,inseinewohlverdiente

Erholungsphase.Von gutem Schlaf und Pflege zur Nacht.

1 // sleep therapyEine gute Mütze voll Schlaf steckt in dieser Kräuter-teemischung: Schafgarbe, Melisse und Lavendelblüten helfen die Alltagssorgen hinter sich zu lassen. Duftet würzig-mediterran mit einer feinen Honignote.www.sonnentor.com

2 // FettFreie FeuchtiGkeitspFleGeRegenerationsserum mit Auszügen von Quitte, Rotklee, Brutblatt vitalisiert und strafft anspruchsvolle Haut und reguliert die Feuchtigkeit. Mit praktischem Pump-spender für die sparsame Anwendung. Für die fettfreie Nachtpflege zwei Spenderhübe des Gels auf die gereini-gte Haut geben. Feiner, angenehmer Duft.www.dr.hauschka.com

3 // einFach abtauchenIm duftenden Bad setzt Tiefenerholung ein. Das Aroma-badekissen Zwischen Tag und Traum mit Hopfen und Lavendelblüten hilft den Alltagsstress abzuspülen und pflegt die Haut mit Kleie und Weizenproteinen. bdih zertifiziert.www.sensena.de

4 // schönheitselixirGlättet und pflegt intensiv. 100 Prozent reine Bio-Samen öle von Nachtkerze, Hagebutte, Maracuja im extra-rich Beauty-Elixir verleihen trockener, sensib-ler Haut Elastizität und Geschmeidigkeit mit vitalstoff-reichen lipiden Nährstoffen und Antioxidantien.www.santaverde.de

Biorama Nº. 21 marktplatz entspannen

kummer mit dem Schlummer? Dann empfehlen sich die bewährten Regeln der Schlafhygiene: das Vermeiden von Koffein, schwerem Essen und schlechter Luft, das Ausschalten von Störquellen wie Lärm oder Licht und die regelmäßige Bettgehzeit. Guter Schlaf ist wichtig. Für körperliche und geistige Erholung, fürs Immunsys-tem und unsere Leistungskraft. Ätherische Öle, Tee- und Badekräuter sowie Wohlfühlrituale können helfen, Ent-spannung zu finden, loszulassen und den Stress abzuwer-fen. Auch die Haut geht nachts in die Regenerationspha-se, der Hautstoffwechsel läuft dann auf Touren, die Haut erneuert sich. Denn tagsüber ist sie vielen Belastungen ausgesetzt, Umwelteinflüsse, Wetter, Stress, trockene Heizungsluft haben ihre Spuren hinterlassen. Naturkos-metik unterstützt die Funktionen der Haut mit biologi-schen Pflanzenwirkstoffen. Naturkosmetik-Pflegepro-dukte reinigen sanft, versorgen die Haut mit Feuchtigkeit, nähren sie mit biologischen Samenölen und fördern die Elastizität mit regenerierenden Pflanzenessenzen. Wir haben Produkte für eine gute Nacht getestet.

textNina Daniela Jaksch

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5 // Für süsse träumeHilft relaxen: Schlafwohl Balsam sorgt für erholsamen Schlaf. Ätherische Öle von Neroli, Lavendel und Honig wirken beruhigend und ausgleichend. Auf die Puls-punkte, Schläfen oder Nacken auftragen. Auch super für die abendliche Fußmassage geeignet.www.primaveralife.com

6 // von sandmännchen empFohlenBewährte Spannungslöser wie Hopfen, Lavendel, Ka-mille und Melisse verbinden sich zu einem ausgewo-gen-würzigen Kräutertee: Abendtraum lässt den Tag perfekt ausklingen. 7–10 Minuten ziehen lassen und mit Honig süßen.www.lebensbaum.de

7 // peacemakerAbendlichen Grusel und Geister unterm Bett und aus dunklen Ecken verscheuchen: Monsterschreck Duft-spray mit wohltuenden feinen Ölen aus Lavendel, Mus-katellersalbei und Citrusnoten hilft den Kleinen beim Einschlafritual. Jagdanweisung: Mehrmals in unheim-liche Winkel sprühen. www.luetteswelt.de

8 // rein & zartMilde Gesichtsreinigung und Make-up-Entferner in einem: Basis Sensitiv Reinigungsmilch 2 in 1 reinigt sanft und pflegt mit Bio-Jojobaöl und -Sheabutter. Be-sonders geeignet für die empfindliche Augenpartie.www.lavera.de

9 // prima schlaFklimaDie Vorarlberger Himmelgrün Werkstätte füllt alle ihre Kissen mit eigenem Design liebevoll per Hand und in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Sozialmedi-zin. Verwendet werden ausschließlich luftgetrocknete heimische und regionale Naturkräuter, Spelzen und Kerne. Hirse-Kuschel-Kissen Vogel, gefüllt mit fein-körnigen Bio-Hirseschalen – für ein gesundes Schlafkli-ma ohne Hitzestau. www.himmelgruen.at

10 // Ganz lockerEntspannt die Muskeln, belebt die Sinne. Das warme Aromaölwachs der Massagekerze No.24 Lavendel aus Demeter-Olivenöl und Bienenwachs schenkt eine ange-nehme Wärmehülle und ein wohliges Massageerlebnis.www.sanfloriano.de

11 // samt-bodyFür die Pflege nach der abendlichen Dusche. Granat-apfel Regenerierende Pflegelotion mit Sesam, Apri-kosenkernöl und Sheabutter verleiht ein samtiges Haut-gefühl und regt die Zellerneuerung an.www.weleda.ch

12 // beauty-ritualHarmonisiert und pflegt sensible, anspruchsvolle Haut. Anti-Stress Maske Bio-Schisandra wird einmal pro Woche auf gereinigter Haut angewendet. 15 Minuten ein-wirken lassen und Reste mit einem Wattepad abnehmen. www.sante.de

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SeitJahrtausendensindGewürze ein Bestandteil der EsskulturenundverleihenjedemGerichtdienötigeWürze.Wirverduf-tenunsineineWeltderAromen.

das rezept iM bild. diesMal:

tajine Mit butternuss- kürbis und couscous

Biorama Nº. 21 diy-rezept

anis, Fenchel, Kümmel oder Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Koriander und Basilikum dienen nicht nur dem Zweck, jedes Gericht geschmacklich zu verfei-nern, sondern bieten zusätzliche Vorteile und vielfäl-tige Wirkungen: Sie beleben, erfrischen, erneuern und verjüngen. Neben dem Aroma zur Anregung des Appe-tits werden Gewürze auch als Antibiotika und Verdau-ungsmittel geschätzt.

textParvin Razavi

biLdGersin Livia Paya

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Olivenöl in einem Topf erhitzen und die Zwiebel darin weich dünsten. Anschließend Knoblauch, Salz, Safran, Cumin, Paprikapulver sowie Kori-

andersamen hinzufügen und zwei Minuten mitbraten, bis die Mischung zu duften beginnt. Ein magischer Mo-ment beim Kochen: Plötzlich fühlt man sich durch den Duft der Gewürze in andere Welten versetzt!

Kürbiswürfel, Zimtstange, Honig der Menge zu-geben und mit Tomaten sowie Wasser aufgießen. Ungefähr 30 Minuten köcheln lassen, bis die Mi-

schung eindickt und der Kürbis gar ist. Koriander oder Petersilie unterrühren, nach Geschmack mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Couscous mit allen Zutaten in eine Schüssel geben und mit kochendem Wasser übergießen. Das Gefäß zudecken und vier bis fünf Minuten

durchziehen lassen. Couscous mit einer Gabel auf-lockern und mit Koriander oder Petersilie bestreuen.

Tipp: Am nächsten Tag schmeckt dieses Gericht sogar noch etwas besser!

Weitere Rezepte von Parvin Razavi gibt’s in ihrem Thx4cooking-Blog auf www.biorama.at

* ca. 1 kg, mit dem Kartoffelschäler schälen, längs halbieren

und Kürbisfleisch in ca. 2 cm große Würfel schneiden.

ZUTATEN(für 4 Personen)

Tajine mit Butternusskürbis

» 1 Butternusskürbis*» 1 Zwiebel, fein gehackt

» 1 Knoblauch, fein gehackt

» 3 EL Olivenöl

» 1 Msp. Safranfäden

» 3 TL Cumin, gemahlen

» 2 TL Paprikapulver, süß

» 2 cm Ingwer, gerieben

» 2 TL Koriandersamen, im Mörser zerstoßen

» 1 Zimtstange

» 1 EL Honig

» 500 ml passierte Tomaten

» 200 ml Wasser

» Bund Koriander oder Petersilie, fein gehackt

» 50 g Mandelblättchen, geröstet

Couscous

» 350 g Instant Couscous

» 50 g Butter, gewürfelt

» Abrieb einer Limette oder Zitrone

» 1 Chili, entkernt und fein gehackt

» 1 handvoll getrocknete Marillen, gewürfelt

» gute Prise Salz

» 350 ml heißes Wasser

» Bund Koriander oder Petersilie, fein gehackt

biLdGersin Livia Paya

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EristdieältesteKulturfruchtundwirdseitJahrtausendenkultiviert:

derApfel.Pomologen,alsoMenschen,diesichmitÄpfeln

beschäftigen,kenneninsgesamt20.000Sorten.Von Äpfeln für alle

Lebenslagen.

iM apfelparadies

1 // warm ums herzSchnell und einfach lässt sich mit Apfelzauber Punsch-Sirup ein köstliches Heißgetränk zaubern. Für Erwach-sene: einfach Rotwein dazugeben. Duftet würzig-weih-nachtlich nach Zimt und Gewürznelke. Auch prima, um Tee und Desserts zu verfeinern.www.sonnentor.com

2 // FruchtiG wie ein obstbaumAngenehm süßliche Früchtetee-Mischung mit Apfel, Quitte und Kräutern für die Kleinen (und Großen): Ja-nosch Süßschnabeltee. Für den vollen Fruchtkick ei-nen Teebeutel pro Tasse verwenden.www.lebensbaum.de

3 // vitaldrinkFür einen guten Start in den Morgen. Aus steirischen Streuwiesen-Apfelsorten und Blütenhonig komponiert Tino Pölzer den Trinkessig Amber pure balance. Bringt Stoffwechsel und Säure-Basen-Haushalt ins Gleichgewicht.www.essigkultur.at

4 // sirupsüssAus süß-säuerlichen Äpfeln und Birnen, lange geköchelt, entsteht das Birnen-Apfel-into the wild Kraut, ein di-cker Sirup, der als Brotaufstrich oder zu Kartoffelpuffer oder Waffeln schmeckt.www.rapunzel.de

5 // verzaubertes FrüchtchenVon einem Pionier in Sachen Bio-Brotaufstriche stammt das Apfelgelee. Eine fruchtig-süße Nascherei für die Frühstückssemmel, zum Nachtisch, zum Kochen (Chutney!) und Backen (Bisquitrolle!).www.zwergenwiese.de

6 // manuFaktur-matteIn ihrer Wiener Manufaktur zaubert Getrude Henzl Delikatessen aus Wiese, Wald und Garten, je nach saiso-naler Verfügbarkeit. Neben all dem feinem Gemüsekon-fekt, Blütenzucker, Sirupen, Chutneys und Gewürzsal-zen begeistern uns die Fruchtmatten in Rohkostqualität: Apfel-Matte Berner Rose, süßlich würzig mit rosen-ähnlichem Aroma.www.henzls.at

7 // kinder-snackApfel und Erbse, klingt ungewohnt, schmeckt wirklich lecker. Freche Freunde Snack Apfel Birne Erbsen, das Mus zum Quetschen im handlichen Beutel, ist praktisch für die Pause und für Zwischendurch. www.erdbaer.de

Biorama Nº. 21 marktplatz apfelprodukte

der Einfachheit halber lassen sie sich in Sommer-, Herbst- und Winteräpfel unterteilen. Aber von den 3.000 bis 5.000 verschiedenen Sorten, die noch um 1900 kultiviert wurden, sind heute nur mehr ca. 500 in Kul-tur geblieben. Das bisschen Angebot im Lebensmittel-handel – Elstar, Royal Gala oder Idared – spiegelt nicht im Ansatz die Vielfalt dieser Frucht. Aromatische alte Apfelsorten wie Maschansker, Kronprinz Rudolf, Berner Rosenapfel oder Finkenwerder Herbstprinz sind nicht im Regal, sondern auf Bauernmärkten und in Hofläden zu finden. Und die wahren Schätze liegen ganz abseits, oft klein, »un«-förmig und etwas schrumpelig auf alten Streuobstwiesen. Bio-Hersteller und Manufakturen wissen dies zu schätzen, verarbeiten die selten gewor-denen Sorten und fördern so den regionalen und bio-logischen Apfelanbau sowie die Kulturpflanzenvielfalt. Denn: Streuobstwiesen leben davon, dass Menschen von ihnen leben.

Der Apfel ist ein Begleiter für alle Lebensalter, von Babys Apfelschnitz über den Pausenapfel, vom Bircher-Müsli bis zu Omas Kompott. Neben Apfel pur gibt es vielfältigste Zubereitungsmöglichkeiten, vom Dörren übers Kochen, Backen, Saftpressen, Vergären bis hin zur Destillation und unzähligen Gerichten, die ein ganz regionalen Einschlag haben und spezielle Apfelsorten verarbeiten. Wir haben uns im Paradies der gesunden und feinen Apfelprodukte umgesehen.

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8 // Gesundheits-allrounderDer Demeter-Apfelessig naturtrüb ist ungefiltert, nicht pasteurisiert und auf traditionelle Weise her-gestellt. Schonend gepresster Saft wird zu Apfelwein vergoren und dann zu feinwürzigem Apfelessig verar-beitet. Apfelessig würzt Salate, erfrischt als Getränk mit Mineralwasser und Honig und verleiht den Haaren als Spülung Glanz.www.voelkeljuice.de

9 // knabberspassStatt Kartoffelchips & Co: Fruchtig-krosse Apfel-Chips schmecken zwischendurch und sind eine gesunde, kalo-rienarme Nascherei.www.rapunzel.de

10 // erFrischendBesser trüb als klar: Bio-Apfelsaft naturtrüb schme-ckt immer und punktet mit Gesundheitsplus, enthält er doch viermal mehr Polyphenole, die vor Krebs- und Herzerkrankungen schützen und das Immunsystem unterstützen.www.bio-schaefer.at

11 // Für kleine süsse sündenAus alten Apfelsorten wird das Apfelmus Demeter ge-wonnen. Ein klassischer Begleiter für Waffeln, Pfannku-chen, Crepes, Joghurt, Milchreis und Desserts aller Art. Und pur mit Schlagrahm schmeckt es am allerbesten!www.bauckhof.de

12 // GeistvollIn seiner Edeldestillerie brennt Josef V. Farthofer re-gionale Bio-Apfel- und Birnensorten und ausgefallene Spezialitäten. Zum Edelschnaps wird nur das soge-nannte Herzstück, also der Mittellauf des Destillats, vollendet. Die prämierte Spezialität Alter Apfel Bio-Edelbrand ist im Eichen-Akazien-Fass gereift mit leicht süßlicher Nuance.www.edelschnaps.at

13 // morGentrunkApfel lässt sich vielfältig mit vielen Früchten und Ge-müse kombinieren. Apfel-Orange-Karotte Saft ist 100 Prozent direkt gepresst, schmeckt fruchtig-frisch und ist ein idealer Frühstücksdrink.www.hasenfit.at

Biorama Nº. 21 marktplatz apfelprodukte

textNina Daniela Jaksch

biLdJasmina Bijeljinac

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* solange der Vorrat reicht

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zahlreiche Lebensmittel beziehen sich schon im Namen auf Ihre Ursprungsregion: Emmentaler Käse, Champagner, oder Schwarzwälder Schinken. Nur weni-ge Landstriche tragen aber den Namen eines Lebens- oder vielmehr Genussmittels. Das Most- und das Wein-viertel, zwei Regionen in Niederösterreich, zählen dazu. Interessanterweise tragen die beiden Viertel auch nicht den Namen der Früchte, die dort wachsen (Äpfel / Bir-nen bzw. Weintrauben), sondern den Namen des ver-edelten Genussmittels. Die Geschichte des Weinkel-terns ist hinlänglich bekannt, aber wie entwickelte sich eigentlich der Most?

Während man sich bei den feinen Leuten immer schon Wein einschenkte, waren die alkoholischen Getränke, die aus Äpfeln oder Birnen vergoren wur-den, über Jahrhunderte das Berauschungsgetränk der armen Leute. Der Name Viez, wie er heute in den west-lichsten Teilen Deutschlands für Apfelwein verwendet wird, steht historisch sogar für Vize, also den Stellver-treter oder zweitbesten Wein. Dem war auch in England so, wo die Äpfel vor allem in der südwestlichen Region Somerset zu Cider vergoren werden. Jahrhundertelang fristete der angelsächsische Apfelwein das Dasein des billigen Gesöffs, in vielen Köpfen ist Cider noch heute mit dem ersten jugendlichen Rausch verbunden, denn das Getränk ist nicht nur billig und leicht verfügbar – im Gegensatz zu säuerlichem Wein und bitterem Bier besitzt der Cider die vertraute Süße des Apfelsafts.

von Führenden mostschädeln empFohlenAls man in den 90er Jahren zahlreiche Versuche

unternahm, mehr Frauen in die Pubs des Vereinigten Königreichs zu bringen, wurde Cider als neues trendiges In-Getränk für die jugendliche, insbesondere weibliche Zielgruppe vermarktet. Die Rechnung ging auf und mit

der zeitgleichen Verbreitung des Lokaltypus Irish Pub in ganz Europa kamen Marken wie Strongbow und Wood-pecker in hippen Longneck-Glasflaschen auch bei uns an. An diesem Trend versuchten sich auch lokale Obst-saftproduzenten und Apfelbauern zu partizipieren und füllten Ihre Produkte in kleine Glasfläschchen, die sie mit peppigen Namen aufzuwerten versuchten. An der adäquaten Vermarktung scheiterten die Versuche dann zumeist. Parallel dazu begannen andere Hersteller, den traditionellen Most in seiner Qualität zu verbessern und in seiner Vermarktung eher den Weg des französischen Cidre zu gehen: In der Normandie wird das vergorene Apfelgetränk in 0,7-Liter-Flaschen gefüllt und mitunter sogar nach dem Champagnerverfahren produziert.

Im Mostviertel kommt so auch der Birnenmost zu neuen Ehren. Josef Farthofer, einer der dortigen Most-barone, keltert in Öhling biologisch zertifizierten Apfel- und Birnenmost mit ungefähr 6 bis 7 % Alkohol. Der prä-mierte Dessertwein Mostello basiert auf hochwertigem Birnenmost und Edeldestillat. Um dem Trend der qua-litativen Moste nachzukommen, wird mittlerweile sogar eine Ausbildung zum Mostsommelier angeboten.

� www.mostelleria.at� www.mostbaron.at

AusÄpfelundBirnenvergorenerAlkohol:FrüherdasBerauschungsmittelderArmen

–heuteals Most oder Cider trendiges Qualitätsprodukt.

Biorama Nº. 21 speis & trank

textMicky Klemsch

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Fahre ich letztens mit dem Rad durch meinen schönen Wiener Wohnbe-zirk. Und auf dem Weg zum Was-weiß-ich versperren mir plötzlich

Bierbänke und Alleinunterhalter-Duo (sic!) samt dazugehörigem Sommerfest der übelsten aller politischen Parteien, der Freiheitlichen Partei, die freie Fahrt. Hier. In meinem supergrünen, links-alternati-ven, von Design- und Architekturbüros gentrifizierten, boboesken, Bio-Super-markt- und Pop-up-Stores gespickten, weltoffenen Wiener Wohnbezirk, in dem die von den blauen Hampelmän-nern und -frauen propagierte, einge-kastelte, widerwärtige, ewig gestrige Weltanschauung absolut nix verlo-ren hat. Ich war empört! Und fühlte mich gezwungen, zu handeln.

Was tun? Lauthals drauflos pö-beln und riskieren, die Aufmerk-samkeit des im Bier- und Anti-Ausländer-Dunst aufgeheizten iL

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082 »kÖNNTe Ja seiN, Dass sie gLaubeN, Die weLT sei gaNZ iN ORDNuNg.«

Biorama Nº. 21 und hinter mir die sintflut / Johanna Stögmüller

Frührentner-Mobs auf mich zu len-ken? Besser vielleicht einen Flash-

mob organisieren und das Sommer-fest crashen? Stiller Protest? Mich an das Keyboard des Alleinunterhalters

ketten? Ich ließ meinen Blick schwei-fen und suchte in den Gesichtern der

wenigen Zaungäste nach konspirativ dreinschauenden Verbündeten. Nichts.

Absolut nichts. Ja, ein bisschen Unver-ständnis dort, ein undeutbares Grinsen

da. Bereit, die Bühne zu stürmen oder wenigstens den Stromstecker zu ziehen,

war aber niemand. »Empört euch doch!«, zischte ich durch zusammengepresste Lip-

pen und mit geballten Fäusten.

wochenend-wutbürGerDas hätte uns allen doch gut gepasst, wäre

uns grad recht gekommen. Ein bisschen Wut-bürgertum am Wochenende. Noch dazu vor

der Haustür. Wie praktisch. Nicht lange fa-ckeln, nicht groß diskutieren. Aktionismus in

Reinschrift wäre da drin gewesen. »Bewohner des supergrünen, links-alternativen, von De-

sign- und Architekturbüros gentrifizierten, bo-boesken, Bio-Supermarkt- und Pop-up-Stores

gespickten, weltoffenen Wiener Wohnbezirks verteidigen ihren supergrünen, links-alternativen,

von Design- und Architekturbüros gentrifizierten, boboesken, Bio-Supermarkt- und Pop-up-Stores

gespickten, weltoffenen Wiener Wohnbezirk« hät-te man dann überall lesen können. Ich erhob meine

Stimme zu einem überzeugten »Buuuh!« in Richtung Bierbank-Arrangement. Und der nächste Sommer kommt bestimmt.

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