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26 PdN BIOLOGIE in der Schule / WALDPäDAGOGIK HEFT 4 / 64. JAHRGANG / 2015 Pilze Sie dürfen nicht fehlen – weder im Wald, noch im Biologieunterricht A. Huber und C. Hahn Pilze existieren und wirken meist im Verborgenen. So wird ihre Präsenz und ökologische Bedeutung gerne unterschätzt. Dabei handelt es sich um faszinierende, teils hochspezia- lisierte Organismen, die auch im Unterricht öfter thematisiert werden sollten. Möglich ist das von der Grundschule bis zur gymnasiale Oberstufe. Schlüsselwörter: Ökosystem, Mykorrhiza, Symbiose, Parasitismus, Saprotrophie 1 Was sind Pilze? Pilze wurden systematisch lange in das Reich der Pflanzen gestellt. Heute bilden sie jedoch ein eigenes Reich. Pilze besit- zen sowohl Merkmale der Pflanzen (z. B. Zellwände, Ortsgebundenheit) als auch der Tiere (z. B. Heterotrophie, Auau von Chitin). Es gibt viele einzellige Pilzarten und auch die vielzelligen Vertreter des Pilzreichs sind sehr einfach aufgebaut. Sie bilden weder Gewebe noch echte Or- gane aus. Allen Pilzarten gemeinsam sind folgende Merkmale, die in Kombination auch das Reich der Pilze definieren: Erbgut in Zellkernen (Eukaryonten) Fortpflanzung über Sporen (genera- tiv mit Meiose und vegetativ durch Knospung) Heterotrophie (keine Fotosynthese) extrazelluläre Verdauung (Abgabe von Enzymen nach außen, Aufnahme der Lösungsprodukte, also im Gegensatz zu Tierzellen ohne Nahrungsvakuolen Im Artenreichtum überragt das Pilzreich mit mindestens 1,5 Mio. Arten das der Pflanzen um das 6-Fache. Man schätzt, dass allein in Deutschland ca. 8000 Groß- pilzarten vorkommen. Das sind diejeni- gen, deren Fruchtkörper mit bloßem Auge erkennbar sind. Der Volksmund bezeichnet nur die Fruchtkörper – oft bestehend aus Stiel und Hut – als Pilze (Abb. 1). Das ist missver- ständlich. Der eigentliche Pilz besteht aus unscheinbaren Zellfäden (Hyphen), die als Geflecht (Myzel) ihr Substrat, von dem sie sich ernähren, z. B. Humus oder Totholz, durchdringen oder welches im Falle von Symbionten Kontakt mit dem Lebenspart- ner herstellt. Die aus aneinander liegen- den Hyphen bestehenden Fruchtkör- per werden vom Pilz ausschließlich zum Zweck der Fortpflanzung gebildet. Jeder Fruchtkörper trägt eine fertile Schicht, das Hymenium, welches Millionen von Spo- ren hervorbringt. Meist besitzt das Hyme- nium oberflächenvergrößernde Struktu- ren wie Lamellen, Röhren oder Stacheln. 2 Die Bedeutung der Pilze … Wer sich intensiver mit den Pilzen be- schäftigt, lernt, ihre Omnipräsenz zu er- kennen und wahrzunehmen sowie ihre Bedeutung für Mensch und Natur höher zu schätzen. Abb. 1: Schülerin bei der Vermessung eines Stockschwämmchens (Pholiota mutabilis) Foto: Albin Huber Abb. 2: Nadelstreu zersetzender Nadelstinkschwindling (Mikromphale perforans) Foto: Rita Lüder

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PdN BioLogie in der Schule / WALdPädAgogik HEFT 4 / 64. JAHRGANG / 2015

PilzeSie dürfen nicht fehlen – weder im Wald, noch im Biologieunterricht

A. Huber und C. Hahn

Pilze existieren und wirken meist im Verborgenen. So wird ihre Präsenz und ökologische Bedeutung gerne unterschätzt. Dabei handelt es sich um faszinierende, teils hochspezia-lisierte Organismen, die auch im Unterricht öfter thematisiert werden sollten. Möglich ist das von der Grundschule bis zur gymnasiale Oberstufe.

Schlüsselwörter:Ökosystem,Mykorrhiza, Symbiose, Parasitismus, Saprotrophie

1 Was sind Pilze?Pilze wurden systematisch lange in das Reich der Pflanzen gestellt. Heute bilden

sie jedoch ein eigenes Reich. Pilze besit-zen sowohl Merkmale der Pflanzen (z. B. Zellwände, Ortsgebundenheit) als auch der Tiere (z. B. Heterotrophie, Aufbau von Chitin). Es gibt viele einzellige Pilzarten und auch die vielzelligen Vertreter des

Pilzreichs sind sehr einfach aufgebaut. Sie bilden weder Gewebe noch echte Or-gane aus. Allen Pilzarten gemeinsam sind folgende Merkmale, die in Kombination auch das Reich der Pilze definieren:• ErbgutinZellkernen(Eukaryonten)• Fortpflanzung über Sporen (genera-

tiv mit Meiose und vegetativ durch Knospung)

• Heterotrophie(keineFotosynthese)• extrazelluläreVerdauung (Abgabevon

Enzymen nach außen, Aufnahme der Lösungsprodukte, also im Gegensatz zu Tierzellen ohne Nahrungsvakuolen

Im Artenreichtum überragt das Pilzreich mit mindestens 1,5 Mio. Arten das der Pflanzen um das 6-Fache. Man schätzt, dass allein in Deutschland ca. 8000 Groß-pilzarten vorkommen. Das sind diejeni-gen, deren Fruchtkörper mit bloßem Auge erkennbar sind.

Der Volksmund bezeichnet nur die Fruchtkörper – oft bestehend aus Stiel und Hut – als Pilze (Abb. 1). Das ist missver-ständlich. Der eigentliche Pilz besteht aus unscheinbaren Zellfäden (Hyphen), die als Geflecht (Myzel) ihr Substrat, von dem sie sich ernähren, z. B. Humus oder Totholz, durchdringen oder welches im Falle von Symbionten Kontakt mit dem Lebenspart-ner herstellt. Die aus aneinander liegen-den Hyphen bestehenden Fruchtkör-per werden vom Pilz ausschließlich zum Zweck der Fortpflanzung gebildet. Jeder Fruchtkörper trägt eine fertile Schicht, das Hymenium, welches Millionen von Spo-ren hervorbringt. Meist besitzt das Hyme-nium oberflächenvergrößernde Struktu-ren wie Lamellen, Röhren oder Stacheln.

2 Die Bedeutung der Pilze … Wer sich intensiver mit den Pilzen be-schäftigt, lernt, ihre Omnipräsenz zu er-kennen und wahrzunehmen sowie ihre Bedeutung für Mensch und Natur höher zu schätzen.

Abb. 1: Schülerin bei der Vermessung eines Stockschwämmchens (Pholiota mutabilis) Foto: Albin Huber

Abb. 2: Nadelstreu zersetzender Nadelstinkschwindling (Mikromphale perforans) Foto: Rita Lüder

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HEFT 4 / 64. JAHRGANG / 2015 WALdPädAgogik / PdN BioLogie in der Schule

2.1 … im Bewusstsein der BevölkerungPilzen haftet hierzulande ein gespaltenes Image an. Positiv wird besonders der Spei-sewert einer Handvoll Großpilzarten wie Steinpilz und Pfifferling gesehen. Der gif-tige Fliegenpilz gilt vielen als ästhetisch und glücksbringend. Dem gegenüber steht jedoch die Angst vor tödlich giftigen oder von Tschernobyl verstrahlten Pilzen. Viele Menschen haben sogar Hemmun-gen, einen Fruchtkörper auch nur zu be-rühren. Dazu kommen Assoziationen zu Gift produzierenden und Allergien aus-lösenden Schimmelpilzen oder zum Haus-schwamm, der die Bausubstanz ganzer Gebäude angreifen kann und zu lästigen Parasiten wie Fuß- und Nagelpilzen. So verbinden viele Menschen mit Pilzen zu-erst mangelnde Hygiene, Ekel und Gefahr.

2.2 … für den NaturhaushaltIm Ökosystem Wald nehmen die Pilze zwei herausragende Funktionen wahr:

Die saprotrophen Arten zersetzen to-tes organisches Material von der abgefal-lenen Fichtennadel bis zum toten Baum-stamm (Abb. 2). So verhindern sie, dass die Humusschicht ins Unermessliche wächst. Zudem stellen sie den Pflanzen wichtige remineralisierte Ionen und Spu-renelemente wie beispielsweise Eisen zur Verfügung. Auf diese Weise halten die Pilze – gemeinsam mit Bakterien – den Stoffkreislauf in Schwung.

Mykorrhiza (griechisch: Pilzwurzel) bildende Pilze leben in Partnerschaft mit Pflanzen. Ihr Myzel verbindet sich mit den Feinwurzeln der Pflanzen (Abb. 3). Die Pflanze liefert dem Pilz Nährstoffe (Assi-milate, also Zucker), während die feinen Pilzfäden der Baumwurzel Wasser und darin gelöste Ionen und Spurenelemente zuführen. Schätzungen gehen davon aus, dass die effektive (Wurzel-)Oberfläche durch die Mykorrhiza um das Tausend-fache zunimmt.

2.3 … für den MenschenPilze sind für die Ernährung und Gesund-erhaltung der Menschen enorm wertvoll. Die Fruchtkörper mancher Pilzarten gel-

ten als Delikatesse. Für die menschliche Ernährung noch wesentlich wichtiger sind die Dienste der einzelligen Hefepilze. Ohne sie gäbe es kein Brot, kein Bier, kei-nen Wein oder Kefir. In der Medizin und Naturheilkunde wussten bereits frühe Schamanen von der Heilkraft verschie-dener Pilzarten. Alexander Fleming ent-deckte 1928 rein zufällig die keimtötende Wirkung von Schimmelpilzen der Gattung Penicillium. Das Antibiotikum Penicillin (Abb. 4) entwickelte sich zum Lebensret-ter für unzählige Menschen weltweit, bis heute. Das Pilzreich hält mit Sicherheit noch viele und vielleicht ähnlich spekta-kuläre Wirkstoffe bereit, die es noch zu entdecken gilt. Der Pharmazie öffnet sich hier ein weites Forschungsfeld.

3 Gefährdung und SchutzPilzsucher („Schwammerlsucher“), die lediglich die Fruchtkörper mitnehmen, schaden dem Pilz kaum. Dies belegen langjährige Schweizer Forschungen. Viel-mehr gefährden Biotopveränderungen die Pilzwelt. Stickstoffeinträge in den Bo-den, Säuren und Dünger wirken direkt auf das Pilzmyzel und schädigen es. Das Sam-meln von Fruchtkörpern schadet nur indi-rekt und langfristig, da auf diese Weise die Sporenausbreitung beeinträchtigt wer-den kann. Maßvolles, nachhaltiges Sam-meln ist bei häufigen, weit verbreiteten Arten daher kein Problem. Anhaltende Biotopveränderungen hingegen bringen sehr rasch viele Pilzarten in Bedrängnis. Gute Bedingungen für ein artenreiches Pilzleben bieten vor allem strukturreiche Wälder mit vielen Baumarten und einem hohen Anteil an Totholz mit unterschied-

lichen Dimensionen und Zersetzungs-graden (Abb. 5). Hierfür tragen Wald-besitzer und Forstleute eine besondere Verantwortung.

4 Pilze und BildungEntsprechend ihrer tatsächlichen Bedeu-tung wäre es wünschenswert, den Pilzen einen größeren Raum in der schulischen und außerschulischen Umweltbildung zuzugestehen.

4.1 Pilze im LehrplanBeim Themenbereich Pilze spiegelt sich die Vielfalt der deutschen Bildungsland-schaft wider. So finden sich Lehrpläne, in

Abb. 3: Mykorrhiza an der Spitze einer Feinwurzel (Eiche) Foto: Markus Blaschke

N

SN

O

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O

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CH3

CH

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3

Abb. 4: Penicillin, Strukturformel

Abb. 5: Der seltene Tannen-Stachelbart (Hericium alpestre) besiedelt abgestorbenes Tannenholz und gilt als Naturnähezeiger Foto: Rita Lüder

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denen Pilze ausdrücklich als Thema vor-gesehen sind, neben solchen, in denen Pilze gar keine Erwähnung finden. In al-len Lehrplänen ist allerdings der große Themenbereich der Ökologie vorgesehen. In einigen Bundesländern ist die Behand-lung der Pilze in diesem Zusammenhang vorgeschrieben, in anderen findet die öko-logische Bedeutung der Pilze nicht einmal Erwähnung.

Eine Zusammenstellung mit Stand 2009, an welchen Stellen Pilze in den Lehr-plänen der einzelnen Bundesländer vor-gesehen sind bzw. thematisiert werden können, findet sich auf der Homepage

der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGFM): www.dgfm-ev.de/node/17

4.2 Pilze in der WaldpädagogikIn der Waldpädagogik kamen Pilze bis vor kurzem kaum vor. Das lag an der Komple-xität des Themas und der scheinbar un-beherrschbaren Artenvielfalt. Viele Förs-ter und andere Umweltbildner hatten wohl Hemmungen, die Pilze in ihren Füh-rungen zu thematisieren – auch, weil es hierzu an Handreichungen mangelte.

Das Walderlebniszentrum Roggenburg führt seit 2011 Pilzseminare für Förster durch, die neben mykologischer Grundla-genvermittlung besonders waldpädagogi-sche Aktivitätsvorschläge zum Inhalt ha-ben. Die Woche des Waldes 2014 in Bayern befasste sich mit den Pilzen. Die dafür in Roggenburg erstellte Handreichung „Pilze in der Waldpädagogik“ (Abb. 6) kann kos-tenlos heruntergeladen werden: www.stmelf.bayern.de/wald/waldpaedagogik/woche-des-waldes/063954/index.php

Die Aktivitäten in dieser Handreichung sind für Schüler im Grundschulalter kon-zipiert, finden jedoch auch bei älteren Zielgruppen großen Anklang.

Die gezeigte Entwicklung wurde durch eine fruchtbare Kooperation zwischen der Bayerischen Forstverwaltung und der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft (BMG e.V.) ermöglicht, die sich auch im Au-torenteam dieses Artikels widerspiegelt.

5 Besonderheiten einzelner PilzartenIm Folgenden werden drei bekannte Pilz-arten mit ihren weniger bekannten Beson-

derheiten vorgestellt, die punktuell im Unterricht Verwendung finden können:

5.1 Fliegenpilz(Amanita muscaria, Abb. 7)

Der Name des Fliegenpilzes leitet sich wohl aus seiner Verwendung als Insekti-zid ab. Kleingeschnitten und in ge zuckerte Milch eingelegt sorgt er dafür, dass ange-lockte Fliegen, die von dieser Milch trin-ken, davon betäubt werden.

Der Fliegenpilz enthält allerdings nicht nur klassich Magen-Darm-giftige, son-dern auch berauschende Stoffe. Seit jeher findet er deshalb auch Verwendung im Schamanismus.

Aus Sibirien wird berichtet, dass dort der Urin von Fliegenpilzkonsumenten gerne getrunken wurde. Denn während die giftigen Stoffe im Körper abgebaut werden, bleiben die berauschenden erhal-ten. Guten Appetit!

5.2 Schopftintling (Coprinus comatus, Abb. 8)

Jung und weiß gilt der Schopftintling als beliebter Speisepilz. Doch schon bald beginnt er, sich vom Hutrand her in eine schwarze, tintenartige Flüssigkeit aufzu-lösen, mit der er seine Sporen verbreitet. Diese Flüssigkeit fand früher unter der Zu-gabe von Nelkenöl gelegentlich als doku-mentenechte Tinte Verwendung.

Der saprotroph lebende Pilz wertet sei-nen Speiseplan mit Fadenwürmern (Ne-matoden) auf, die er mit giftabsondern-den Fangorganen seines Myzels lähmt und dann besiedelt und verdaut. Er kann somit als fleischfressender Pilz bezeich-net werden.

Abb. 6: Handreichung des Bayerischen Staats-ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) „Pilze in der Waldpädagogik“

Abb. 7: Fliegenpilz Foto: Rita Lüder

Abb. 8: Schopftintling Foto: Albin Huber

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5.3 Hallimasch (Armillaria spp., Abb. 9)

Die Pilze der Gattung Hallimasch (es gibt mehrere Arten) gelten als Speisepilze, wobei nur junge Hüte zu verwenden sind. Allerdings verträgt ihn etwa jeder Zwan-zigste nicht. Beim ersten Verzehren sollte man sich deshalb mit einer kleinen Por-tion begnügen.

Da der Pilz bei unzureichender Erhit-zung stark abführend wirkt, vermutet man den Ursprung des Namens „Hallimasch“ in der Bezeichnung „Höll im Arsch“.

Der Hallimasch gehört zu den biolumi-niszierenden Pilzen. Bei Dunkelheit kann man mit etwas Glück vom Hallimasch be-siedeltes Holz leuchten sehen, nicht be-sonders hell, aber wahrnehmbar. Es gibt auch Pilze, vor allem tropische Arten, bei denen die Fruchtkörper leuchten.

Ein Hallimasch im US-Bundesstaat Oregon gilt als das größte bekannte Lebewesen der Welt. Sein Myzel misst 9 km² und wird auf 600 t geschätzt. Aus Genanalysen an pilzbefallenen Wurzeln folgerten die Forscher, dass es sich um ei-nen riesigen, zusammenhängenden Orga-nismus handelt. Sein Alter wird auf 2400 Jahre geschätzt.

6 Aktivitätsvorschläge

Aktivität 1. Pilzsuche jederzeitGehen Sie mit Ihren Schülern für 2 Stun-den in den Wald zur „Pilzsuche“. Diese Variante der Suche ist das ganze Jahr möglich. Machen Sie den Schülern klar, dass sie ihre Suche nicht auf Fruchtkör-per – schon gar nicht auf Speisepilze – be-schränken sollen. Alles, was nach Pilz aus-sieht, auch Teile, Spuren und Reste von Fruchtkörpern oder Myzel, wird gesam-melt oder markiert. Im Anschluss werden die Fundstücke gemeinsam begutachtet, besprochen und ausgewertet.

Sie und Ihre Schüler werden verblüfft sein, wie viele „Pilze“ Sie auch zur Unzeit (etwa im Winter oder in sehr trockenen Sommerwochen) finden werden. So kön-nen Sie ihren Schülern die (versteckte) All-gegenwart der wichtigen Ökosystemkom-ponente Pilz demonstrieren.

Ein paar Tipps, worauf Sie bei der Suche achten können:• Beim Ablösen der Rinde morscher

Stämme finden Sie unter dieser oft ein grobes Myzel, z. B. vom Hallimasch.

• IntotemHolz(z.B.Äste)grenzensichverschiedene Pilzmyzelien mit schwar-zen Linien gegeneinander ab. An Bruchstellen sind diese oft besonders deutlich.

• PorlingebildenihrekonsolenförmigenFruchtkörper meist an abgestorbenen Stämmen. Diese Fruchtkörper sind oft mehrjährig und deshalb das ganze Jahr über vorhanden.

• DieFruchtkörpermancherArtenmumi-fizieren regelrecht und bleiben auch als „Leichen“ oft noch monatelang erhal-ten (z. B. Hallimasch, Schwärztäubling).

• Auch Stäublinge und Boviste habensehr dauerhafte Fruchtkörper, die noch weit in den Winter hinein stäuben können.

• Myzelgeflecht lässt sich in der Streu-auflage am Boden finden. Nadelstreu ist über Hyphen miteinander verfilzt. Beim Auseinandernehmen von Laub-streu wird oft weißer Myzelfilz sicht-bar. Schon bei geringer Feuchtigkeit riecht Humus intensiv nach Pilz.

• Auf Ahornlaub (am Baum oder ab-gefallen) finden sich oft die schwar-zen „Teerflecken“ des Ahornrunzel- schorfs.

• Flechten finden sich ganzjährig. Siestellen eine symbiotische Lebens-gemeinschaft von Pilz und Alge dar.

• Es gibt wenige Arten, die im Winterihre Fruchtkörper treiben (z. B. Frost-schneckling, Austernseitling und Samtfußrübling).

Aktivität 2: MikroskopieMikroskopieren Sie mit Ihren Schülern die Fruchtschicht eines Schlauchpilzes, z. B. eines Becherlings, einer Morchel oder ei-ner Lorchel.

Das ist – in der ansonsten sehr kniffli-gen Pilzmikroskopie – ein anschauliches und auch von Laien gut zu bewältigendes Objekt (Abb. 10). Die mit bloßem Auge nicht erkennbaren Sporen werden sicht-bar, ebenso die sie hervorbringenden Zel-len – die „Schläuche“.• LassenSiedieSchülermiteinerRasier-

klinge einen möglichst kleinen und dünnen Schnitt senkrecht zur Frucht-schicht, z. B. der Innenfläche eines Be-cherlings, anfertigen.

• DenSchnittsollendieSchülerineinenWassertropfen auf dem Objektträger-glas einlegen und mit einem Deckglas bedecken.

Abb. 9: Hallimasch Foto: Rita Lüder

50 µm

i. d. R. 8 Sporen auf einem Schlauch (Ascus)

Schlauchpilze (Ascomyceten)

Abb. 10: Mikroskopie von Schlauchpilzen

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• MitdemFingernagelvorsichtigaufdasDeckglas drücken und so das Präparat leicht quetschen.

• Den Rand des Präparates im Mikro-skop fokussieren. Dabei von der ge-ringsten zur stärksten Vergrößerung fortschreiten

• Lassen Sie die Schüler die Objektezeichnen und beschriften.

Mikroskopieren Sie selbst in aller Ruhe ein Präparat, bevor Sie diese Aktivität mit Ihren Schülern durchführen.

Ungleich schwieriger ist das Mikros-kopieren der Fruchtschicht eines Stän-

derpilzes (Abb. 11). Deren Zellen und Sporen sind meist wesentlich kleiner als bei Schlauchpilzen und es erfordert ei-nige Übung, ein anschauliches Präparat anzufertigen.

Idealerweise könnten Sie ein Stän-derpilzpräparat anfertigen, während die Schüler den Schlauchpilz mikroskopieren. So können die Schüler die beiden Begriffe „Schlauch“ und „Ständer“ auf anschau-liche Weise verinnerlichen, die ansonsten oft irrtümlich und falsch auf das makros-kopische Erscheinungsbild der Fruchtkör-per angewendet werden.

Die Schwierigkeit der Präparation eines Ständerpilzes liegt darin, einen Schnitt durch eine Lamelle so anzufertigen, dass die Ständerzellen von der Seite zu be-trachten sind. Becherlinge haben eine für das Schneiden günstigere Konsistenz. Quetscht man allerdings ein Lamellen-stück, sieht man meist nur Ständerzellen von oben, was schwierig zu interpretie-ren ist. Am besten nehmen Sie einen Pilz mit dunklen Lamellen, da hier die Sporen deutlich pigmentiert und deshalb beson-ders gut zu erkennen sind.

Tipp: Für die Lamellenschnitte nur un-benutzte, maximal scharfe Rasierklingen verwenden!

7 Lösungen der ArbeitsblätterEntweder zum Einstieg oder als Abschluss der Unterrichtseinheit „Pilze im Wald“ sollten die Schüler in Eigenaktivität mit anschließender Diskussion im Plenum eine Mind Map zu folgendem Fragen-komplex erstellen: „In welcher Weise hast du im Alltag Kontakt mit Pilzen?“ Abbil-dung 12 zeigt eine mögliche Lösung.

Arbeitsblatt 1Symbiose: Der Grüne Knollenblätterpilz bildet mit der Eiche eine Mykorrhiza aus, über welche er dem Baum Wasser liefert und im Gegenzug Assimilate erhält.

Saprotrophie: Der Eichenwirrling lebt von der Zersetzung abgestorbenen Eichenholzes.

Parasitismus: Der Eichenmehltau bil-det sein weißes Myzel auf der Blattober-fläche aus und treibt Hyphen ins Innere der Blattzellen, um an die begehrten Assi-milate zu gelangen.

Arbeitsblatt 21. Der Kern teilt sich entsprechend ei-

ner Meiose (Meiose I = Reduktions-teilung, Meiose II = Äquationstei-lung). So entstehen 4 Kerne mit dem für Keimzellen üblichen halbiertem Chromosomensatz.

10 µm

i. d. R. 4 Sporen auf einer Ständerzelle (Basidie)

Ständerpilze (Basidiomyceten)

Abb. 11: Mikroskopie von Ständerpilzen

alkoholischeGetränke

Backwaren

Speisepilze

gezielt beimSchwammerl

Suchen

Entdecken vonFruchtkörpern

zufällig

Hefeprodukte

Nahrung

Zerstörung vonNahrungsmitteln

Pilze im Alltag

Gesundheit

MedizinPenizillin etc.

PilzinfektionenFußpilz etc.

Schimmelpilze

Gebäudemängel

Abb. 12: Mögliche Mind-Map als Lösung zur Einstiegs-/Abschlussaufgabe

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Diese 4 Kerne werden in Ausstülpun-gen der Ständerzelle eingespeist. So entstehen die Sporen, die sich schließ-lich von der Ständerzelle abtrennen.

Die Ständerzelle selbst bleibt kernlos zurück.

2. 7 Billionen x 0,2 m² = 1,4 Billionen m² = 1 400 000 km²

Abb. 13: Lösung zu Arbeitsblatt 4

1

4

3

2

K

K

K

K

K

K

600

600

800

400

Kalkhaltige Böden

Saure Böden

K

K

Das ist knapp viermal die Fläche Deutschlands.

3. Pilzsporen sind äußerst anspruchsvoll an die Keimbedingungen ihres „Landeplat-zes“. Da sie so winzig sind, enthalten sie nur wenige Nährstoffe und die keimende Pilzhyphe muss unverzüglich Nahrung aus ihrer Umgebung aufnehmen können.

4. Er verfolgt die sogenannte r-Strategie: hohe Reproduktionsrate; Weitergabe geringer Ressourcen an die Nachkom-men; der Ausfall eines Großteils der Nachkommenschaft ist einkalkuliert.

Arbeitsblatt 3Die Pilze passen in keines der genann-ten Reiche. Sie stellen ein eigenständiges Reich dar.

Am nächsten verwandt sind die Pilze mit den Tieren (Eukaryota mit heterotro-pher Lebensweise!).

Arbeitsblatt 4Siehe Abbildung 13. ■

Anschrift der VerfasserAlbin Huber, Walderlebniszentrum Roggen-burg,Klosterstr.3,89297Roggenburg,E-Mail:[email protected] Dr. Christoph Hahn, Präsident der BayerischenMykologischenGesellschaft,Grottenstr.17,82291Mammendorf,E-Mail:[email protected]

Die Pilze in der Systematik

Pilzesindsehrarten-undformenreich.NebenmehrzelligenArten,wiedenbekanntenSpeisepilzen, gibt es auch einzellige Vertreter, z. B. die Hefen.

Folgende Merkmale besitzen alle (echten) Pilze:• ZellwändemitChitinalsFestigungsstoff• Zellkerne• KomplexeZellorganellen(z.B.EndoplasmatischesReticulum,Zellsaftvakuolenusw.)• heterotropheErnährung(unfähigzurFotosynthese)• VerdauungaußerhalbderZellen(AbgabevonEnzymen,AufnahmederLösungsprodukte)• FortpflanzungüberSporen• Ortsgebundenheit(beiHöherenPilzen)

Entscheideunderläutere,obPilzeineinesderfolgendenReichederbiologischenSystematikeinsortiert werden können!

Reich Wichtige Merkmale

Prokaryota ohneZellkernundohnekomplexeZellorganellen

Protisten MeistEinzeller,mitZellkernundkomplexenZellorganellen,VerdauungimZellinnern

Tiere meistMehrzeller,mitZellkernundkomplexenZellorganellen,Ernährungheterotroph,FortpflanzungperEizelle/Spermium, meist mobil

Pflanzen Mehrzeller,mitZellkernundkomplexenZellorganellen,Ernährung(meist)autotroph,FortpflanzungperSamen/Sporen, ortsgebunden

Arbeitsblatt 3

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015Arbeitsblatt 1

Ernährungsweisen der Pilze

BenenneunderkläredieErnährungsweisen, mit welchen sich die an dieser eiche dargestellten Pilze ihrelebensnotwendigenKohlenhydrateverschaffen!

Grüner Knollenblätterpilz

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_____________________________________________________________________

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Eichenwirrling

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_____________________________________________________________________

_____________________________________________________________________

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Eichenmehltau

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015 Arbeitsblatt 2

Fortpflanzung von Pilzen

PilzeverbreitensichüberihreSporen.BeidensogenanntenStänderpilzenbildensichinderFruchtschicht– z.B.aufdenLamellen–sogenannteStänderzellen.AufdiesenwiederumbildensichimRegelfalljevierSporen,die sich bei Reife lösen und dann meist vom Wind vertragen werden.

1. Erläutere,wasmitdemZellkernderStänderzellebeiderSporenbildunggeschieht!

EinVertreterderStänderpilzeistderRiesenbovist.ErzähltzudenBauchpilzen,derenSporen sichimFruchtkörperinnerenentwickeln.EinFruchtkörperkannbiszu50cmmessenundmanschätzt seine Produktion auf bis zu sieben Billionen Sporen.

2. Berechne,welcheFlächebedecktwäre,wennjedeSporeeinessolchenRiesenbovist-FruchtkörperskeimenwürdeundwiederumeinenFruchtkörperhervorbrächte,dereinenFünftelQuadratmeterinAnspruchnäme!SetzedasErgebnisinsVerhältniszurFlächeDeutschlands,dieetwa357000km²beträgt!

3. Erkläre,warumdassonichtgeschieht!

4. Erläuteredaher,welcheFortpflanzungsstrategiederRiesenbovist–wieauchalleanderenPilzarten–verfolgt!

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015Arbeitsblatt 4

Vorkommen von Pilzen

Pilze haben oft spezielle Ansprüche an ihren Standort, um gedeihen zu können.Zeichne in die karte die potenziellen Vorkommensgebiete der aufgeführten Pilzarten ein!

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600

600

800

400

Kalkhaltige Böden

Saure Böden

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1. Braungrüner Rötling (Entoloma incanum) Aug.–Okt.,WiesenundWeiden,v.a.aufKalk,

mancherortshäufiger

2. Zweifarbiger Scheidenstreifling (Amanita battarrae) Aug.–Okt.,mittlereGebirgslagen(hier:ab

500 m ü. NN), im Nadelwald (v. a. bei Fichte), bevorzugtsaureBöden,stellenweisehäufig

3. Scharfer Korkstacheling (Hydnellum peckii) Aug.–Okt.,imGebirge(hier:über600mü.NN),

im Nadelwald (Fichte und kiefer), auf kalkhaltigen Böden; eher selten

4. Wurzelnder Bitterröhrling (Boletus radicans) Jul.–Sep.,wärmeliebend(hier:bis400mü.NN,

Südhängebis600mü.NN),imLaubwald(v.a. Buche, eiche), auf kalkhaltigen Böden, selten