Böttigheimer / Dausner (Hg.) · Das Konzil „eröffnen“ Reflexionen zu Theologie und Kirche 50...

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Böttigheimer / Dausner (Hg.)

Das Konzil „eröffnen“

Das Konzil „eröffnen“

Reflexionen zu Theologie und Kirche50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil

Herausgegeben von Christoph Böttigheimer und René Dausner

In Zusammenarbeit mitFranz Xaver Bischof, Marianne Heimbach-Steins,Peter Hünermann, Benedikt Kranemann, Johanna Rahner,Joachim Schmiedl und Josef Wohlmuth

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2016Alle Rechte vorbehaltenwww.herder.de

Umschlaggestaltung: Verlag HerderUmschlagmotiv: © Janis Lacis/shutterstockSatz und PDF-E-Book: Barbara Herrmann, FreiburgISBN (Buch): 978-3-451-37594-1ISBN (E-Book): 978-3-451-82594-1

Inhalt

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Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Eröffnende Plenumssitzung: Zum Internationalen Standder Konzilsrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Öffentliche Podiumsdiskussion:„Das Konzil – Ein neuer Beginn“ (Karl Rahner) . . . . . . . 16Vorstellung der Schlusserklärung und abschließendesMehr-Generationen-Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

A. Dokumentation der Münchner Schlusserklärung

Schlusserklärungdes Internationalen Kongresses Das Konzil ‚eröffnen‘ vom6. bis 8. Dezember 2015 an der KatholischenAkademie Bayern in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

1. Freiheit und Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222. Theologie als Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233. Theologie und bischöfliches Lehramt . . . . . . . . . . . . . . . . 234. Reform kirchlicher Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245. Innerchristliche Ökumene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256. Kirche und Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267. Offenbarungsanspruch und Pluralität der Religionen 268. Interreligiöser Dialog und Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279. Liturgie und Inkulturation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2710. Glaube und Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2811. Kirche und mediale Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2812. Schöpfung und Ökologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

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B. Erläuterungen zur Münchner Schlusserklärung

1. Freiheit und Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Marianne Heimbach-Steins und Saskia Wendel

2. Theologie als Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Gerhard Kruip

3. Theologie und bischöfliches Lehramt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43René Dausner und Christoph Böttigheimer

4. Reform kirchlicher Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49Franz Xaver Bischof, Gerd Häfner und Johanna Rahner

5. Innerchristliche Ökumene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54Thomas Bremer und Maria Wernsmann

6. Kirche und Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60René Dausner und Josef Wohlmuth

7. Offenbarungsanspruch und Pluralität der Religionen . . 68Klaus Müller

8. Interreligiöser Dialog und Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Margit Eckholt

9. Liturgie und Inkulturation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83Reinhard Hoeps

10. Glaube und Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Harald Schwillus

11. Kirche und mediale Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Matthias Sellmann

12. Schöpfung und Ökologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Andreas Lienkamp und Georg Steins

Liste der Erstunterzeichner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Liste der Mitunterzeichner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Inhalt

Einführung

Am 8. Dezember 1965 wurde das II. Vatikanische Konzil feier-lich beendet. Noch 50 Jahre danach ist seine Rezeption alles an-dere als abgeschlossen. Sie geht allerdings in eine neue Phase. Biszum Pontifikatswechsel 2013 war die Diskussion über die Her-meneutik des Textcorpus in vollem Gang. Die Frage der Ver-bindlichkeit des Pastoralkonzils wurde von einzelnen Interpre-ten ganz gering angesetzt, der Geist des Konzils oft divergentbestimmt. Die zahlreichen nationalen und internationalen theo-logischen Kongresse und Publikationen der Jahre 2012 bis 2015zeigten aber deutlich, dass das II. Vatikanische Konzil von derüberwältigenden Mehrheit der Theologinnen und Theologenals epochale Orientierung der Kirche, als eine Gabe des HeiligenGeistes begriffen wird. Da in den letzten 50 Jahren aber politi-sche, gesellschaftliche, wirtschaftliche, technische etc. Verände-rungen und Prozesse eingetreten sind, welche das Konzil nochnicht im Blick haben konnte, sind Theologie und Kirche heuteherausgefordert, die theologischen Grundlinien des II. Vatika-nischen Konzils weiter auszuziehen und unter ihrem Anspruchnach zukunftsweisenden Antworten zu suchen.

In diesem Zusammenhang ist der Titel des InternationalenKongresses zu verstehen, der vom 6. bis 8. Dezember 2015,also ganz am Ende der 50-jährigen Jubiläumszeit, in der Katho-lischen Akademie in Bayern stattfand: „Das Konzil ‚eröffnen‘“ –der Titel des Kongresses klingt provokant und streitbar. An-spruch des Kongresses war es nicht, das umfassende Textcorpusdes II. Vatikanums auf eine gänzlich neue Weise zu erschließenoder neue Aspekte aufzudecken, die sich so bislang noch in kei-nem Konzilskommentar wiederfänden. Das „Eröffnen“ wurdezukunftsgerichtet verstanden, und dies in zweifacher Hinsicht.

Zum einen hat das II. Vatikanische Konzil der Theologie undder Kirchenleitung Aufgaben auf den Weg mitgegeben, die zwar

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in den letzten 50 Jahren angegangen worden sind, aber keines-falls als nebensächlich bzw. als erledigt betrachtet werden kön-nen. So werden beispielsweise folgende Fragen noch immer kon-trovers diskutiert:● Wie verhalten sich Universal- und Ortskirchen zueinander

und welche Implikationen folgen hieraus für den theologi-schen Status nationaler Bischofskonferenzen?

● Wie lässt sich der Primat, der auf dem Ersten VatikanischenKonzil gelehrt wurde, in eine Communio-Ekklesiologie ein-binden und welche ökumenischen Chancen und Auswirkun-gen ergeben sich dadurch?

● In welchem theologischen Verhältnis steht die katholischeKirche zu den anderen, nicht-christlichen Religionen?

● Welche Spielräume ergeben sich, ausgehend von einem dia-logischen Offenbarungsverständnis für eine kontextuelleTheologie?

Die Liste ließe sich leicht fortsetzen. All diese Fragen sind durchdas Konzil selbst gestellt, sie zielen heute aber in Räume hinein,die durch die Auseinandersetzungen und Arbeiten der zurücklie-genden 50 Jahre sowie durch jene Veränderungen, Ereignisseund Prozesse, die das Konzil noch gar nicht im Blick habenkonnte, bestimmt sind.

Zum anderen hat das Konzil selbst sich erstmalig einer Reihevon Wirklichkeiten geöffnet, die vorher nicht ernsthaft in Be-tracht gezogen worden waren. Das Konzil öffnete sich beispiels-weise gegenüber der modernen Welt und suchte den Dialog mitihr; es ging offen auf die ökumenische Bewegung zu und be-kannte sich zu ihr; es zeigte sich aufgeschlossen gegenüber ande-ren nicht-christlichen Religionen, würdigte sie theologisch undsuchte den Austausch mit ihnen; es nahm das Erbe der europäi-schen Aufklärung auf und verfasste eine Erklärung zur Religi-onsfreiheit. Diese vielfältigen Öffnungen waren programmati-scher Art. Aufgrund der inzwischen gemachten Erfahrungenund veränderter zeitgeschichtlicher Bedingungen stellen sich ge-genwärtig u. a. folgende Fragen:

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Einführung

● Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Bekenntnis derReligions- und Gewissensfreiheit für das Freiheitsverständnisder Kirche, ihre Strukturen, sowie für ihr Verhältnis zur mo-dernen Freiheitskultur?

● Inwiefern gehören, ausgehend vom Bekenntnis zur propheti-schen Sendung des ganzen Gottesvolkes und zum Glaubens-sinn aller Gläubigen, synodale und kollegiale Strukturen we-sentlich zum kirchlichen Leben, so dass Mitwirkung undMitsprache aller garantiert sind?

● Wie ist im Dialog mit der Welt sowie mit anderen nicht-christlichen Religionen die zunehmende gesellschaftliche,weltanschauliche, religiöse Pluralität, die häufig in extremePolarität und Gewaltbereitschaft entartet, theologisch ein-zuordnen?

● Was trägt das konziliare Zugeständnis einer gewissen Auto-nomie an die Wissenschaft hinsichtlich der der Theologieund ihrem Verhältnis zum kirchlichen Lehramt aus? Was be-deutet insbesondere das einzigartige Verhältnis von Judentumund Christentum für den interreligiösen Dialog?

Auch hier ließe sich die Liste der Fragen ohne Schwierigkeitenverlängern.

Die Grundfrage des Kongresses lautete folglich: Welche He-rausforderungen stehen für Theologie und Kirche im 21. Jahr-hundert an, wenn sie bewusst den Diskurs mit der gegenwärti-gen Gesellschaft suchen und ihre Verantwortung für dieGestaltung der Zukunft wahrnehmen möchten? Der Untertiteldes Kongresses spricht diese Grundfrage kurz und prägnantaus: „Theologie und Kirche unter dem Anspruch des II. Vatika-nischen Konzils“. Damit werden die Konzilsaussagen als Refe-renzpunkt gegenwärtiger und zukünftiger wissenschaftlicher Ar-beit vorausgesetzt, die programmatischen und reformerischenImpulse aber weiter ausgezogen. In dieser Form soll einemnächsten Konzil entgegen gearbeitet werden.

Dem Thema und der Zielsetzung des Kongresses entsprach dieArbeitsweise. Am Anfang stand ein Plenum mit zwei Grundsatz-

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Einführung

referaten und zwei Antworten zu dem Thema: „Zum internatio-nalen Stand der Konzilsrezeption – Bestandsaufnahme und Zu-kunftsperspektiven“. Es folgten zwölf Arbeitskreise mit zwei bisvier einleitenden Kurzfassungen von gründlich ausgearbeitetenReferaten und einer sich anschließenden konzentrierten Diskussi-on. Die Präsentation der Arbeitsergebnisse erfolgte in Form vonPoster, von mündlichen Erläuterungen sowie mithilfe knapperZusammenfassungen. Auf die Vorstellung dieser Synthesen folgteeine einlässliche und kritische Diskussion im Plenum. Sie bildetedie Grundlage für die Erklärung des Kongresses, die nochmalskritisch im Plenum diskutiert und beschlossen wurde. In diesenlängeren Prozess der Ergebnisformulierung war eine öffentlicheinternational besetzte Podiumsdiskussion mit einem Eingangs-referat von Kardinal Lehmann eingefügt. Den Abschluss desKongresses – nach dem Pontifikalamt mit Kardinal Marx – bil-dete ein Mehr-Generationengespräch zum II. Vatikanum.

Erfreulicherweise gelang es, Vertreterinnen und Vertreter ausallen theologischen Disziplinen zur Mitarbeit und Teilnahme zugewinnen, um so die Relevanz des Konzils unter den heutigenRezeptionsbedingungen auch interdisziplinär ausloten zu kön-nen. Zudem waren zahlreiche Konzilsforscherinnen und -for-scher aus anderen Sprachgebieten als Referierende eingeladen.Ihre jeweiligen Perspektiven auf das Konzil der einen Weltkirchehaben dazu beigetragen, den Blick zu weiten.

Eröffnende Plenumssitzung: Zum Internationalen Stand derKonzilsrezeption

Eröffnet wurde der Kongress, wie bereits angedeutet, durch einePlenumssitzung, in der die Grundlinien bisheriger Konzilsherme-neutik und damit verbunden der internationale Stand der Kon-zilsrezeption erörtert und diskutiert wurde.1

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1 Auf die beiden Plenumsgespräche wird hier deshalb näher eingegangen, umso zusammen mit der Veröffentlichung der Schlusserklärung und ihrer Kom-

Einführung

Massimo Faggioli, Kirchenhistoriker und Direktor an derUniversity of St. Thomas, Saint-Paul, Minnesota, charakteri-sierte die neue Phase in der Rezeption des II. Vatikanischen Kon-zils vom Wirken des gegenwärtigen Papstes her. Dieser verstehe„das II. Vatikanum nicht als eine Sache, die re-interpretiert odereingegrenzt, sondern erfüllt und ausgedehnt werden“ solle. Indiesem Zusammenhang verwies er u. a. auf Sachverhalte derKollegialität und Synodalität, die er als „Schlüsselelemente fürweitere Entwicklungen“ wertete. Faggioli machte zwei Elementeaus, die für die Beziehung des Papstes zum II. Vatikanum typischseien: 1) „Franziskus’ Zugang zum II. Vatikanum handelt nichtvon der Reparatur dessen, was vielleicht schlecht lief im II. Vati-kanum oder in der nachkonziliaren Periode, noch davon, wasvom II. Vatikanum ignoriert oder vergessen oder ausgelassenwurde. Es geht um die Methode des II. Vatikanums als einer Me-thode für die Kirche heute. Franziskus macht klar, dass die theo-logische Vorgehensweise des Konzils – Aufmerksamkeit auf dieGeschichte, Wertung der Erfahrung und eine induktive Metho-de, die Pastoralität der Lehre – nicht aufgegeben werden darf.“

2) Franziskus sei der erste Papst einer globalen Kirche. „DieWahl von Jorge Mario Bergoglio ist ein Schlüsselmoment imVerlauf der postkonziliaren Kirche hin auf eine Globalisierungdes Katholizismus – nicht nur in Bezug auf die Internationalisie-rung seiner römischen Mitarbeiter, sondern speziell in Bezug aufdie Fähigkeit, den Katholizismus in andere Kulturen als die, diein Europa existiert, zu inkulturieren.“ Daraus ergeben sich fürFaggioli zwei Herausforderungen und zwei konkrete Perspekti-ven der theologischen Arbeit: Zum einen sei das II. Vatikanumkein theoretisches „Muster“ (paradigm) von Theologie, sondernals Weg des Handelns zu verstehen, woraus die konkrete Auf-gabe resultiere, Gaudium et spes in neuer Weise anzueignen.Zum andern habe die „pastorale, handelnde“ Ekklesiologie desII. Vatikanums die Kirche als Institution nahezu unberührt ge-

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mentierung im Hauptteil dieses Buches einen ersten umfassenden Überblicküber den Kongresses zu bieten.

Einführung