BombastusGes Heft17 GAUGER: Das Ringen um ganzheitliche Erkenntnis in Paracelsus+Böhme (Philosophia...

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    INHALT

    Vorstand und Verwaltungsratder Deutschen Bombastus-Gesellschaft

    Dr.A ndreas Gauger

    Harald Knauss

    Dipl.-Biol. Gnter Ickert

    Dr.Werner Lauterbach

    Dr.M ichael L iebscher

    Deutsche Bombastus-Gesellschaft

    Dr.Rolf A .M eyer

    Editorial

    Das Ringen um ganzheitliche Erkenntnisam Beispiel von Paracelsus und Jacob Bhme

    Die7 Knste des Paracelsus Ideen einer modernen, ganzheitlichenSchulung des Menschen

    Zur Geschichte derDeutschen Bombastus-Gesellschaft

    Rezension Information(A ndrewWeeks: Paracelsus Bhme)

    Empfehlung(V.Weigel Dr.Pfefferl)

    Angebot an Dresdner Gymnasien

    Maria Suutala(Z ur Geschichte der N aturzerstrung Frau und

    Tier in der wissenschaftlichen Revoluti on)

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    In den Betrachtungen zum Menschen als theologischesWesen (1) zitiert Kurt Gold-ammer Paracelsus wie folgt: Der Mensch legt den Eckstein nit, allein Gott. Das ist:so er ein Menschen brauchen wil l zu einem Ding, ...so die Zeit kommt, so nimmt ihn

    Gott und macht aus ihm, das er aus ihm machen wil l. Knnte der Christ Paracelsusdamit meinen, dass Gott in seiner Al lwissenheit unter seinen Geschpfen ungeachtetvon Rasse, Kulturkreis oder Weltanschauung zu dem ihm rechten Zeitpunkt Menschen-kinder findet und anstt, Werke zu tun, deren Auswirkungen zunchst noch verborgensind? Wenn dem so wre, dann msste in einem Menschen auch die Bereitschaft bewusst oder unbewusst vorhanden sein, so dieZeit kommt, von Gott die betreffendeAufgabe nicht nur zu akzeptieren, sondern auch nach besten Krften zu lsen.

    Das o.a. Zitat rckte ins Bewusstsein, als bekannt wurde, dass Herr Professor YuzoOkabe (Universitt Tokio) nicht nur Schriften des Hohenheimers ins Japanische ber-trgt (2), sondern auch Studenten der Universitt Tokio in dasWerk des Paracelsus ein-fhrt. Whrend einer zweiten Begegnung mit Professor Okabe in Leipzig (Juli 2000)

    wurde ihm natrlich die Frage gestellt, welche Motive ihn bewegt haben, sich Paracelsuszuzuwenden und dessen Werk interessierten Landsleuten zugnglich zu machen. Ineiner e-mail (06.09.2000) teilte uns Professor Okabe seineAntwort auch schriftlich mit,die wir mit seiner Erlaubnis nachfolgend wiedergeben:

    Was Paracelsus in Japan betri fft, so ist bei uns die Forschung ber hermetische Tradi-tionen (wie auch vielseitige christl icheTraditionen im Abendland) natrlich sehr mangel-haft, obwohl zwei Biographien ber Hohenheim vorl iegen, eine von Professor Ohashi(medizingeschichtliches Seminar), eine von dem Germanisten Tanemura, der auch sehrgute Biographien ber Hildegard von Bingen und die Rosenkreuzer geschrieben hat,und einige Paracelsus-bersetzungen herausgegeben worden sind. Leider kenne ich neue

    Strmungen der Paracelsus-Forschung in Japan nicht. Trotzdem bin ich berzeugt, dassdie ostasiatische Kultur und Naturanschauung zu den Paracelsus-Forschungen sicherbeitragen kann, weil Paracelsus verborgene, geistige Naturkrfte viel nher erfahren hatals die Europer heutzutage (wir bezeichnen sie oft scherzhaft als aufgeklrte, aber sehrexotische Bewohner in Fernwest), geistige Naturkrfte, die die Ostasiaten sehr intimempfinden und in denen sie in der Tat leben. Nicht nur das Konzept der Natur, sondernauch die Natur oder die Landschaft selbst (wir nennen sie normalerweise lebendige,krftige, einerseits sehr anmutige, aber andererseits grausameNatur) ist zwischen Ost undWest sehr unterschiedlich. Wir leben auf dem Lavaland und kennen den festen Grund-stein oder Eckstein nicht. Wir leben so, als ob wir zwischen H immel und Erde schweb-ten. Bitte sehen Sie sich einmal Fotos von japanischen Teehusern an, die aus Holz und

    Papier bestehen: Ihre hlzernen Pfeiler stehen nur auf kleinen Steinen, und ein Teehausscheint so, als ob es nicht auf dem Erdboden aufgebaut wre, sondern einige Zentimeterhoch schwebte. Wir glauben nicht an Gott als einzigen Gott, sondern an Gtter.Wie dem einzigen Gott eine einzigeWelt entspricht, entsprechen Gtter verschiedenenWelten, und zwar nicht nur wirkl ichen Welten, sondern auch potentiellen Welten. Unsscheinen also die Geister z.B. in den vier Elementen, die Paracelsus phantasievoll darge-stellt hat, nicht so ganz fremd, weil wir sie als eine Art von genius loci f inden knnen.

    In den Gesprchen mit Professor Okabe wurde in wachsender Erkenntnis deutlich,dass Menschen von einer Sendung berzeugt sein knnen, die sie zu entsprechendemHandeln drngt. Eben dieses Erleben veranlasst zum Nach-Denken; es hat etwas zu tun

    mit dem Auftrag des Menschen. Der Hohenheimer uert sich im drit capitel. De com-positione humana seiner Astronomia Magna wie folgt (3): ...der mensch sol on alleeinred und aufzug sein ampt volbringen, darumb in got beschaffen hat und das nichtwiderbellen oder verachten. dan wo wir im liecht der natur nit das volenden, das got

    EDITORIAL

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    durch uns haben wil, es mu ein rechnung darumb gegeben werden am jngsten tag. ..also hat got den menschen beschaffen, das seine unsichtbaren werk durch das sichtbargeschehen sollen, das ist, durch den menschen. darumb beschicht solches durch dassichtbar, das dan die person des menschen ist, durch welche gtliche werk offenbarwerden, das dan gottes wil ist.

    Dem ist nichts hinzuzufgen, es sei denn, man ordnet die Forderungen des Hohen-

    heimers seiner Ethik (Lehre vom sitt lichen Wollen und Handeln des Menschen!) zu undhlt sie sich als Spiegel vor: Was ist mein ampt, fr das ich Rechenschaft abzulegenhabe vor Gott?

    Die Deutsche Bombastus-Gesellschaft begeht in diesen Tagen ihr zehnjhriges Be-stehen. Dieses Jubilum ist uns Anlass zu groer Freude und Dankbarkeit. Dass dieDeutsche Bombastus-Gesellschaft nach so kurzer Zeit einen geachteten und eben ihrenPlatz neben den Schwestergesellschaften gefunden hat, ist neben vielen sachl ichen vorallem sehr bereichernden persnlichen Kontakten zu den Prsidenten wieVorstands-mitgliedern der Internationalen und Schweizerischen Paracelsus-Gesellschaft zu danken.Wir danken in ehrendem Gedenken den verstorbenen Grndungsmitgliedern fr ihrenrastlosen Einsatz in der so schwierigen Anfangszeit: Herr OM R Dr.med.Wolfgang Klin-

    ger, erster Vorsitzender der Deutschen Bombastus-Gesellschaft (gest. 2000), Frau UrsulaGulde, erste stellvertretende Vorsitzende (gest. 1999) sowie Herrn Prof.em.Dr.-Ing.Gott-fried Heinicke, Mitbegrnder (gest. 1993).Wir danken dem Urania-VortragszentrumDresden und seinem Geschftsfhrer, Herrn Dipl.-Ing. Karl-Heinz Kloppisch, fr einehervorragendeZusammenarbeit bei Vortragsveranstaltungen sowie Exkursionen. Nichtminder herzlich danken wir der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zuGrlitz und ihrem bisherigen Prsidenten, Herrn Prof.Dr.phil habil.Ernst-Heinz Lemper,fr ein anregendes Miteinander, fr dieVertiefung der Erkenntnisse in den Beziehungenzwischen Jakob Bhme und Paracelsus sowie fr die ffnung von Wegen in den nieder-schlesischen Kulturkreis. M it besonderer Herzlichkeit jedoch danken wir allen unseren

    Mitgliedern, ob in unserem Vaterland oder im Ausland, fr ihreTreue, fr ihr Interessean unseren Veranstaltungen und fr die Spenden, die unserer Arbeit bisher eine sicherematerielle Basis schufen.

    Am 24. Mrz 2001 wurde des zehnjhrigen Bestehens der Deutschen Bombastus-Gesellschaft im Deutschen Hygiene-Museum zu Dresden mit einer festlichen Jahres-hauptversammlung gedacht. Wir gehen, gesttzt auf dasVertrauen unserer Mitgliederund auf das harmonische Verhltnis mit unseren Schwestergesellschaften, in froherZuversicht an die Lsung der vor uns liegenden Aufgaben, denn:

    ...der mensch sol on alle einred und aufzug sein ampt volbringen,darumb in got beschaffen hat (Paracelsus, XI I/ 59)

    Vorstand und Verwaltungsratder Deutschen Bombastus-Gesellschaft

    (1) PARACELSUS: Vom Licht der Natur und des GeistesEine AuswahlHrg. Kurt GoldammerPhilipp Reclam jun. Stuttgart 1984 S.154

    (2) ManuskripteThesen Informationen Heft 15 1/2000 S.27Hrg. Deutsche Bombastus-Gesellschaft

    (3) PARACELSUS: Smtliche WerkeHrg. Karl Sudhoff XII /59

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    Vorab einige grundstzliche Bemerkungen:1. Ich vertrete die These, dass Paracelsusund Bhme (*) alseigenstndigeDenker aufeinen Weg der Erkenntnis verwiesen, dersich nicht mit dem Weg der Vielen zuihren Zeiten und in ihrem Lebensraumdeckt. Geschichte und Zeit haben sich frParacelsus und Bhme in ihrem bisherigenVerlauf ver-laufen sie sind fr beideDenker zu korrigieren!

    Einen eigenen Weg suchen und beschrei-ten dies ist eine Grundlage fr wesent-liches und damit bestndiges Denken. So-wohl fr Paracelsus als auch fr Bhmewar dieser Schritt wichtig. Die Deutlichkeitdieser Erfahrung ist fr beide Denker v.a.aus ethischen Gesichtspunkten gegeben.Paracelsus schreibt so 1533 in seiner klei-nen Schrift: Der Krieg als Snde; insbe-sondere der weltanschauliche Krieg (1):

    Denn das Gebot mubei den Christen ge-halten werden, das ist: seinem Rat mugefolgtwerden. Darum fhrt ihr sie mit euren Rechts-sprchen in die Fehle der Gebote, als tten, steh-

    len und fremdes Gut begehren; die drei ratet ihrdurch euer Recht auf einmal zu brechen, undGott muin euren Rten zurcktreten.A lso habt ihr den Schlssel zu der Weisheitgenommen, die Gottes ist und geht euren Weg;darum kommet ihr nicht zu Gott.

    Und Bhme wird in seinem letztenLebensjahr noch deutlicher, wenn erschreibt:

    .. .M eister, ich kann nicht mehr ertragen, dasmich irret; wie mag ich den . . .Weg. . . finden?Der M eister sprach: Wo der Weg am hrtestenist, da gehe hin, und was die Welt wegwi rft, desnim dich an; und was sie thut, das thue dunicht: Wandele der Welt in allen D ingen zuwi-der, so kmmst du den . . .Weg zu ihr.35. . . .die Welt liebet nur Trug und Eitelkeit,und wandelt auf falschem Wege ... dann derWeg zur L iebe Gottes ist der Welt eine Thorheit,und aber den Kindern Gottes eine Weisheit ...

    (Vom bersinnlichen Leben, 34-35)2. Beidewaren und sind singulreDenker d.h., trotz ihrer historischen Einordnung

    Dr. Andreas Gauger

    DAS RINGEN UM GANZHEITLICHE ERKENNTNISAM BEISPIEL VON PARACELSUS UND JACOB BH M EEin Beitrag zu den Merkmalen einer philosophia perennis.

    Was haben uns Paracelsus (14931541) und Jacob Bhme (15751624) zwei derfaszinierendsten Gestalten der abendlndischen Geistesgeschichte heute noch zusagen?Was mag es bringen, sich mit solchen Inhalten der Vergangenheit zu beschftigen?Es wird in dem Vortrag versucht, diesen Fragen etwas auf den Grund zu gehen und dabeiv.a. die tiefe Menschlichkeit und die groe spirituelleSehnsucht in ihrem inneren Ringenund Leiden zu erhellen.Die Nhe (der zunchst schwierig zu erschlieenden Gedankenflle) dieser Denker zuden Grundfragen des heutigen Daseins ist erstaunlich und nicht zufllig!Es ist evident, dass dasThema hier nicht erschpfend behandelt werden kann.

    Vielmehr mchte ich grundstzliche Gemeinsamkeiten in der Anschauungswelt und inder Wirkung dieser Anschauungen auf die Moral und Ethik dieser Denker aufzeigen.Daher werde ich versuchen, folgende Gliederung mit Inhalt zu fllen:

    Vorbemerkungen allgemeiner Art1. Kurze Bemerkungen zu den Lebensumstnden (Auen) von Paracelsus und Bhme2.Innerer Weg dieser Denker3. Schlussfolgerungen und ihre Aktualitt

    Vorbemerkungen

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    sind sie Phnomene der Geschichte, aberkeine geschichtlichen Phnomene!

    Dieser Umstand muss notwendigerweisein der Betrachtung bercksichtigt werdenund daher a-historische Aspekte implizie-ren (als Ergnzung zu blo historischen

    Aspekten, welche die Menschen durch dieDinge in Zeit und Raum erklrt, aber diesubjektive Sicht des Menschen auf dieseDinge ignoriert).

    Eigentmlicherweise zeigt es sich beidieser Betrachtung, dass subjektive Intui-tion und historischesErgebnisin solchenFllen oft nicht deckungsgleich sind. BeideSeiten sind aber wichtig!Demgem betrachte ich zunchst (extremverkrzt) das historische Auen der zwei

    Denker, danach werfe ich einen (wieder ver-krzten) Blick auf ihr Innen, um schlie-lich im Vergleich wichtigeWesensmerkmalesolcher Betrachtung zu erhellen.

    3. Ich werde Begriffe verwenden, die keineEindeutigkeit im gegenwrtigen Sprach-gebrauch erkennen lassen (und dies auchnicht haben knnen)!

    So wird der BegriffMystikerwhntund dabei diejenige Erfahrungs-Erkenntnis

    von Gott gemeint, die sowohl das Bewusst-sein vom Herkommen aus Gott fr dasSubjekt (Hinweg) als auch das Bewusstseinfr das Ziel in Gott fr das Subjekt (Rck-weg) beinhaltet.

    Auerdem wird von Sophia, d.h.Weisheit, die Rede sein. Diese Weisheitwird erstrebt von der Philo-Sophie.Philo-Sophisch gibt es dabei drei Haupt-Mglichkeiten, diese Weisheit zu erlangen:1.ber eine Weisheit in der Mensch-Er-

    kenntnis(d.h.Anthropo-Sophie);2.ber eineWeisheit in der Natur-Erkenntnis (d.h. Kosmo-Sophie) und

    3. ber eine Weisheit in der Gott-Erkennt-nis (d.h. Theo-Sophie i.e.S.)

    Die Summe dieser Weisheiten heie ichAll-Weisheit (Pan-Sophie) und diese ist,wenn sie das mystische Ziel in und ausGott erreicht hat, eine Theo-Sophiei.w.S.!

    Der Begriff Theosophie (i.e.S.) wird

    von mir allgemein in derjenigen Form ge-braucht, der zu Bhmes Lebenszeit blichwar. Am besten charakterisiert J.V.Andre(15861654) den Begriff Theosophie(i.e.S. Anm. A.G.) in seiner Christiano-polis (1619), wo diese begriffen wird als:.. .eineWissenschaft, die nichts zu erkennen

    sucht, was mit menschli cher Erfindung und For-schung zu tun hat, sondern alles Gott verdankt.Wo die Natur aufhrt, fngt sie an, und, vom

    hchsten gttlichen Geheimnis selbst belehrt,htet sie fromm ihre Geheimnisse.. .(2)

    Dieses mag alsVorbemerkung gengenund wir wenden uns nun Paracelsus undBhme zu:

    1. Kurze Bemerkungen zu den Lebensumstnden von Paracelsus und Bhme

    a) ParacelsusParacelsus wurde1493/94 alsTheophrastusBombastus(PhilippusAureolus)von Hohen-

    heim in Einsiedeln geboren (und nanntesich selbst ab 1529 in astrologisch-politi-schen Broschren Paracelsus). Er bekun-det eine hohe Achtung vor der AutorittdesVaters, mit dem er 1502 nach Villachbersiedelt. 1509 nahm er ein Studium inWien auf und schloss es letztlich 1516 inFerrara mit der Promotion zum doctorbeyder arzneyen ab. Danach verdingte ersich in verschiedenen Kriegen als Feldarzt

    und wanderte so bis 1524 durch ganzEuropa; nach eigener Auskunft.. .gen Granaten, gen L izabon, durch H ispa-nien, durch England, durch den M ark, durch

    Prchsen, durch Litau, durch Poland, Ungern,Walachi, Sibenbrgen, Crabaten, Windischmark, auch sonst andere lender ...(X,19f)

    Schlielich findet er sich wieder in Vil-lach ein. 1524 versucht er sich in Salzburgals Arzt niederzulassen, muss aber wegenseiner Sympathien mit aufstndischenBauern die Stadt wieder verlassen. 1526 er-wirbt er in Straburg das Brgerrecht undgeht schlielich 1527, auf Empfehlungseines Patienten Erasmus von Rotterdam,als Stadtmedicus nach Basel.

    Seine starke Ablehnung der vorherr-

    schenden scholastischen Medizin zwangihn bereits 1528 zur Flucht aus Basel.Da die Ablehnung starrer Gedankenge-

    bilde der Institutionen zum Wesensmerk-

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    mal eigenstndiger Denker gehrt, seials Beispiel fr Paracelsus nur auf jenesFlugblatt vom 5. Juni 1527 verwiesen, waser provokanterweise in Latein verfasste(damit es auch die Gelehrten richtiglesen). Dort heit es z.B.: .. .Da ganz allein

    die M edizin . . .nur wenige der D oktoren sieheute mit Glck ausben, . . .wollen wir sie vonden schwersten I rrtmern reinigen, ni cht denRegeln der A lten zugetan, sondern ausschlie-lich denjenigen, die wi r aus der Natur derDinge . . .und in langer bung und Erfahrungbewhrt gefunden haben.Wer weies dennni cht, dadie meisten rzte heutiger Zeit zumgrten Schaden der Kranken in belster Weisedaneben gegriffen haben, da sie allzu sklavischam Wort des H ippokrates, Galenos und

    Avicenna und anderer geklebt haben, . . .WennsGott gefllt, kann man auf diesem Wege wohlzu blendenden Doktorti teln gelangen, wi rd aberniemals ein wahrer A rzt. N icht Ti tel und Be-redsamkeit, nicht Sprachenkenntnisse, nicht dieLektre zahlreicher Bcher. . . sind Erfordernisseeines A rztes, sondern die tiefste Kenntnis derNaturdinge und N aturgeheimnisse. . .(IV, 3)

    Solcherart uerungen wurden undwerden in menschlichen Gemeinschaften

    von den Machern der Gesellschaft nichtgern gehrt. Paracelsus floh von nun an,bis zu seinem Tode1541, quer durch Ober-deutschland und fand seine Ruhe erst aufdem Salzburger Armenfriedhof.

    Der Nachwelt wurde er hauptschlichdurch seine zahlreichen Schriften bekannt,von denen fast alle erst posthum verlegtwurden. Zu seinen wichtigsten Werkenzhlen:

    Volumen Paramirum (1524); Herbarius,

    De minerabilis, Antimedicus(1527), Spi-talbuch (1529); Paragranum, Paramirum,Von den unsichtbaren Krankheiten (1531);Bchlein von der Pest (1534); AstronomiaMagna(1537); Krntner Trilogie(1538).Die erste Gesamtausgabe erfolgte in 10Bnden (158991) in Basel durch J. Huser.

    b) Jacob BhmeEs ist der selige M ann Jacob Bhme, im 1575.

    Jahre nach Christi unsers Herrn Geburt, zuA lt-Seidenberg, einem gewesenen M arkt flecken,ohngefehr anderthalb Meilen von Grlitz inOber-Lausitz, nach den Gebirge zu, gelegen,

    von seinemVater Jacob und seiner M utterUrsula, beyden armen und geringen Bauers-Leuten, guter Teutscher A rt, aus chri stlich undunbeflecktem Ehebett gezeuget, auf diese Weltgeboren. . .(3)

    So berichtet der erste Biograph und

    Bhme-Freund, A. von Franckenberg,von der Geburt der bedeutendsten undprgnantesten Persnlichkeit des deutschenGeisteslebens zwischen Reformation undAufklrung.

    Kurz vor dem Tode (1624) des GrlitzerSchuhmachers und ersten deutschenPhilosophen(lt. Hegel)hie es aber seitensdes kirchlichen Vorgesetzten Bhmes,des Pastor primarius an der GrlitzerKirche Skt.Peter und Paul, Gregor Richter,

    auch:So viel als Zeilen sind, so viel sind Gottes-

    lsterungen in des Schusters Bchern zu befin-den, welche greulich nach Schuster-Pech undSchwrtze stincken: Pfuy, pfuy! dieser Gestancksey ferne von uns. . . .Denjenigen Orten hangegrosse Straffe zu, da solche Gottes-Lsterungungestraft mge erdacht, geschrieben, ausge-sprengt und geglaubet werden ... Der Schusterist der A nti -Christ. . . .Dein Dreck, O Schuster!

    hat unsere Stadt heftig besudelt. . . .A ch daallediejenigen mit di r weg msten, welche deineSchriften lesen.(4)

    Was lag also zwischen den Jahren 1575und 1624, die zu solch unterschiedlicherAuffassung ber die Person Bhmesfhrten?

    Das erste gesicherte Datum nach demGeburtsjahr ist der 24. Apri l 1599, der Tag,an dem Jacob Bhme das Grl itzer Brger-recht als Schuhmachermeister erwarb.

    Der von Natur und Statur schwchlicheBhme besuchte bis dahin wahrscheinlichnicht nur die einfache Dorfschule (die so-genannte Ksterschule), sondern auch dieStadtschule in Seidenberg. Seine Ausbil-dung umfasste sicher mehr als etwas lesenund schreiben,wieFranckenbergberichtet,sondern ebenfalls Elementarkenntnisse inLatein, Rechnen etc.

    Er erlernte das Schusterhandwerk und

    begab sich (wie damals blich) auf Wan-derschaft.Bereits am 10.Mai 1599 heiratete er in

    Grlitz dieTochter eines wohlhabenden

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    Fleischermeisters, Katharina Kuntzsch-mann, und hatte in der Folge mit ihr vierShne.

    In Grlitz sowie auf den Gtern seinermzenatenartigen Bewunderer (vorwiegendschlesische Adlige, welche dem Gedanken-

    gut von C. Schwenckfeld (14891561),Paracelsus (14931541),Valentin Weigel(15331588) und anderen (hnlich um-stri ttenen) Ideen aufgeschlossen gegenber-standen),verfasstedann Bhme jeneWerke,die ihn in der Welt bekannt werden lieen:von der (abgebrochenen) ErstlingsschriftAurora (1612) bis zu der (ebenfalls abge-brochenen) Betrachtung gttlicher Offen-barung, gestellet in 177 Fragen (1624).Ausgangspunkt seiner schriftstellerischen

    Ttigkeit waren mehrere Visionen undTheophanien, die ihn zutiefst berhrtenund zur Reflexion drngten.

    Im Juli 1613 wurde er wegen seinerAurora zum Rat der Stadt zitiert, an sei-nen Leisten verwiesen, auf den lutherischenGlauben geprft und schlielich beiAndrohung von ernster Strafe daraufverpflichtet, knftig hchstens Schuhe,aber keineswegs solche Schriften zu produ-

    zieren. Da jedoch hatte Bhme bereitsseine Schuhbank verkauft wohl in derHoffnung, vom Handel zu leben und dieSchriftstellerei zu betreiben.

    Bhme hielt sich trotz andauernderpastoraler Schmhungen fast 6 Jahre andas Schreibverbot. Erst das Jahr 1618brachte eine erneute Wende. Der 30jhrigeKrieg begann und Bhme hatte in denletzten Jahren seine Erkenntnisse extremverdichtet.

    Der Handel vorwiegend mit Garn undLeder sowiederen Produkten ermglichteihm das Reisen (so v.a. nach Schlesien,Sachsen und Bhmen) und damit dasKennenlernen neuer Ideen und Anschau-ungen. Seine grundstzliche Meinung,welche eigentlich ber seinem Leben undWerk zu stehen htte, lautet:Ich habe meineWissenschaft nicht von

    Wahn oder M einungen, wie ihr; sondern ich

    habe eine lebendigeWissenschaft in der Be-schauli chkeit und Empfindlichkeit: Ich darfkeinen Doctor der Schulen dieser Welt darzu;denn von ihnen habe ichs nicht gelernet . . .

    54. L iebe Herren und Brder in Christo, seyddoch Schler der Weisheit Gottes. . .55.Was ists, daich . . .verstnde nicht,was die Weisen haben geredet . . .wann ich nichtauch denselben Geist habe, den sie gehabt, . . .56.Z u solcher Erkentnis gehret nicht Whnen,

    und .. .einen Hauffen Sprche zusammen tra-gen: Das hat kein Heili ger oder Weiser gethan;sondern ein lebendiger Geist aus Gott, der M y-sterium schauen mag. . .(Anti-Tilke II,53-56)

    Bhme setzt also seine Schau gegen dieDogmen der gelehrten Meinungshter.In den knapp 7 Jahren von 16181624schrieb Bhme so wichtigeWerke wie:Beschreibung der drey Principien Gtt-lichesWesens (1619); Vom DreyfachenLeben des Menschen; Von der Menschwer-

    dung Jesu Christi; Mysterium Pansophi-cum (1620); Signatura rerum (1622);Von der Gnadenwahl, Mysterium Magnum(1623); sowie verschiedeneTractate seinesWeg zu Christo (zwei dieser Tractateerschienen bereits 1624 unter diesem Titelim Druck).

    Neben seinen Werken sind es vor allemseine erhalten gebliebenen Theosophi-schen Sendbriefe, welcheAufschluss ber

    das Leben des Jacob Bhme geben.1624 wird Bhme erneut in Dresdenauf seinen Glauben geprft, reist noch ein-mal nach Schlesien und kehrt von dieserReise bereits todkrank am 7. Novembernach Grlitz zurck. Sein Leibarzt undFreund, der Paracelsist Dr.Tobias Kober,pflegt den Kranken, kann aber dessen Todam16./17.November 1624nicht verhindern.

    Die Kirche verweigerte Bhme einordentliches Begrbnis. Das von Freunden

    gestiftete Grabkreuz wird zunchst ver-wehrt und umgehend wieder entfernt derPbel nochmals gegen den toten Bhmeaufgehetzt. Eines wurde durch das Verhal-ten gegen den Toten sehr deutlich: Bhmehatte nicht nur einen persnlichen Gegnerin der Kirche (Richter), sondern es warenderen viele. Bhmes Leben und Werk lsstsich mit der Theologie der Kirche(n) nichtin bereinstimmung bringen! Er war, ist

    und bleibt jemand, der sich jeder ideolo-gischen Zuordnung entzieht (aber um-gekehrt von zahlreichen Ideologen miss-braucht wurde und wird).

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    c) Zusammenfassung zu 1.Rein uerlich unterscheiden sich der Arztund Mediziner Paracelsus sowie der Schuh-macher Bhme also scheinbar erheblich.Hie der weitgereiste und stolz auf Erfah-rung und Wissen Seiende, der akademische

    Provokateur und bis an sein LebensendeSuchende; dort der bodenstndigeSchusterund Philosophus der Einfltigen, derduldsame und demtige, aber selbstbe-wusste Denker, der aus Gott sprechendeTheosoph und Mystiker.

    Dennoch weisen beide Persnlichkeitenwichtige bereinstimmungen im uerenLeben auf, die fr ihre Entwicklung be-deutsam werden sollten.

    Beide waren in ihrer sozialen Haltung

    dem kleinen Mann verpflichtet. Paracel-sus untersttzte die Bauernbewegung undwar als Arzt v.a. der leidenden Bevlke-rung verpflichtet gem einem seinersozial motivierten Grundstze: Du sollstdeinen nchsten in seiner not helfen, und sei esan sabbath.(vgl. IX,334)

    Bhme schreibt z.B.:Wer war Habel? ein Schfer: Wer war Henochund Noa? einfltige Leute: Wer war A braham,

    Isaac und Jacob? Viehehirten waren sie: Werwar M ose, der theure M ann Gottes? ein V iehe-hirte: Wer war David, als ihn des Herrn M undberief? ein Schfer. Wer waren die Prophetenground klein? gemeine und geringe Leutlein;... man hielt sie nur fr N arren. . . .

    4. Nun wie kam unser Knig Jesus Chri stus indiese Welt? arm und in grossem Kummer undElende...

    5. Wer waren seineA postel? arme, verachtete,ungelehrte Fi scherknechte.Wer glubete ihrenPredigten? das arme, geringe Vlklein.Die Hohen und Schri ftgelehrten waren Chri stiHenkersknechte, . . .

    6. Wer ist je und allwege bey der Kirche Chri stiam festesten gestanden? das arme verachteteVlklein; . . . Wer hat die rechte reine chri stl icheLehre verflschet, und je und allwege angefoch-ten? die Schriftgelehrten, Pbste,Cardinle,Bischfe und grosse Hansen. . . .

    7. Wer hat des Pabsts Geldsucht, A bgtterey,Finanzen und Betrug in Teutschland aus derKirchen gefeget? ein armer verachteter M nch.. . .

    8. Was ist noch verborgen? die rechte LehreChri sti ? nein, sondern die Philosophia und dertieffe Grund Gottes, . . .(Aurora 9,3-8)

    Beide schrieben deutsch. Sie hatten Verfol-gung und Bestrafung wegen ihrer ue-rungen zu erleiden und entwickelten ein

    eigenstndiges Selbst. Deutlich war ihreAblehnung von Autoritten, Dogmen undRiten, welche in ihrer Beschrnkung derfreien Entfaltung des Selbst als unzeit-gem empfunden wurden; beide griffendie Schulwissenschaften als unvollkom-men an und entwickelten dabei eine hn-liche Sprache, hnliche Gedanken undethische Konsequenzen. Schlielich warenbeide bei ihrem Tod verkannt, verachtet,

    verketzert und totgeschwiegen und ledig-lich im Bewusstsein einer kleinen, dafraber sehr treuen (oft esoterischen) Anhn-gerschaft lebendig.

    Und noch eine Gemeinsamkeit hattensie nmlich in dem, was sie nicht waren:sie waren keine Philosophen im schul-migen Sinne, sondern sie waren dies imeigentlichen Sinn (hatten ein aus dem Her-zen kommendes Streben nach Weisheit).

    Sie waren keine Reformatoren, nichtFaust, nicht Alchemie, Gnosis oderMystik sondern sie waren dies alles unddoch wieder nicht !

    Ihr Werk war keine Wissenschaft, keinSystem, keine Ethik und dennochtiefste Erkenntnis und Wissenserweiterung,strukturelles und auf einem festen meta-physischen Zentrum (um einen Aus-druck Schopenhauers zu gebrauchen) be-

    ruhendes Denken. Es war der hchstenmoralischen Norm (nmlich der Gottes)verpflichtet und daher auf eine echteEthik gerichtet.

    Beide der hier betrachteten Denkerhaben also, trotz und dies sei ausdrck-lich betont! zahlreicher Unterschiede inihrer Lebens-, Erfahrungs- und Gedanken-welt, wesentliche Gemeinsamkeiten, diesich auch im Kern ihrer inneren Ent-

    wicklung und Gedankenwelt widerspiegeln.Diese sollen im Folgenden interessieren;wobei ich mich aus Zeitgrnden insbeson-dere auf 3 Punkte beschrnken werde:

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    1.Die Entwicklung einer ternarisch(dialektisch) strukturierten Denkart alsberwindung der Zweiwertigkeit.(Sinn- und Wegsuche)

    2.Die Anwendung dieser Denkart in den

    Analogbereichen Makrokosmos undMikrokosmos. (Zielsuche)

    3.Die pansophische Zentrierung der ge-wonnenen Erkenntnisse auf ein Wesen.(Sinn-, Weg- und Zielfindung)

    2. Innerer Weg von Paracelsus und Bhme

    a) ParacelsusAusgehend von seinem Wahlspruch: Essei keiner eines andern Knecht, der sein eigenerHerr zu sein vermag!(5) entwickelte Para-celsus eine eigene Lehre, die sich in seinenFrhwerken erst undeutlich, spter deut-licher und am stringentesten in der Astro-nomia Magna oder Philosophia sagax(1538) zeigt.

    Die Grundtrinitt der Betrachtung bildetdasModell der 3Bereiche der denkerischenWirklichkeit: Gott Natur Mensch. Siemssen einander entsprechen und sich er-gnzen.

    Demgem entwickelt Paracelsus 3 Phi-losophien: a) eine allgemeine, aus astrono-mischer und menschlicher Betrachtung ge-wonnene philosophia communis (oder:gemeine Philosophie); b) eine philoso-phia adepta (bzw. sagax) und letztlichc) eine philosophia adepta coelestis.

    Die beiden ersten erhellen mit demLicht der Natur die Dinge der Welt unddes Geistes, wobei die Welt des Geistesauch eines besonderen Licht des Geistesbedarf, um restlos erhellt zu werden. Diesist fr Paracelsus dann die hchste Formder Erkenntnis, wo sich das Licht derNatur und das Licht des Geistes verbin-

    den. Solcherart Erkenntnis lsst diegrundstzliche Einheit von Gott Natur(Himmel und Erde)Mensch deutl ichwerden. So schreibt er z.B.: N ichts ist imH immel noch auf Erden, das nicht imM enschensei . . . Denn Gott, der im H immel ist, der i stim M enschen. Denn wo ist der H immel als derM ensch? Wir sind auch Gtter, darum,das wir seine kinder sind; aber der Vater selbstnicht...(6)

    Den Ausgang seiner Erkenntnisse bildetedie Betrachtung und Erforschung der5 Entien (im Volumen medicinae Para-mirum 1520).

    Dabei beziehen sich die ersten 3 als:- Ens astrorum (Ens astrale)- Ens veneni (Venenum = Gift)- Ens naturale (als Mitte der Entien)

    auf den Leib; sowie das- Ens spirituale und das- Ens Dei auf den Geist.

    Interessanterweise kommt Paracelsus berdiese Entien-Lehre zu einer 3 Prinzipien-Lehre, welche in den drei (4) Traktaten desOpus Paramirum (1531) entwickelt wird(handeln ber philosophia, astronomia, al-chemia und die proprietas Redlichkeit,Ethik)), die ich hier nur erwhne.

    Der Grundgedanke besteht darin, dasssich die 4 Elemente (Wasser, Feuer, Erde,Luft) dynamisch in 3 Krften der Naturzeigen und auflsen, welche Paracelsus

    in Anlehnung an alchemistische Vorstel-lungen mit- Mercurius (Quecksilber Prinzip der

    Flchtigkeit)- Sulphur (Schwefel Prinzip der Brenn-

    barkeit) und- Sal (Salz Prinzip der Rckstndigkeit)bezeichnet.

    Da sich diese 3 Prinzipien in der Welt und

    im Menschen, in der Naturerkenntnis(Philosophie) und der Astronomie (Astro-logie) zeigen und finden lassen, ist es prin-zipiell auch mglich, in der Betrachtungdes EINEN eine Erkenntnis vomGANZEN zu haben. Mensch und Naturmssen hnlich strukturiert sein ebensowie GOTT. Denn:.. .diese drei machen den ganzen menschen

    und sind der mensch selbs und er ist sie; aus

    denen und in denen hat er al sein guts und bsesbetreffend den physicum corpus. . . Darauf istnun not, das die drei ding durch den arzt wolsollen erkennet werden. . .(IX,40)

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    So kann der Arzt, als wahrer Adept, dieHerstellungder Heilmittel auch alchemischbetreiben (was wir heute Iatro-Chemie;also Arzt-Chemie heien). Auerdem folgtaus dieser Analogie zwingend, dass in einund demselben Ding oder Mittel guts

    und bses (vgl. auch VI, 246) enthaltensein muss, d.h. in jedem corpus undLeib mussGift gleich so wohl . . . als der Bal-sam(vgl. ebd.) enthalten sein; in jedemArcanum (die z.T. geheimen Wirk-Mittel,z.B. Elixiere, Heilmittel etc.) findet sichdieses. Und so kommt er in der Astrono-mia Magna zur Erklrung des Wesens derPhilosophia adepta:.. .so merkent am ersten . . .das alle die

    irdische corpora ber das, das sie von elementen

    haben, eine fi rmamentische kraft und tugent mittragen, also wo ein elementisch corpus ist, daist auch ein firmamentische eigenschaft, der nunwei,was firmamentisch ist im elementischencorpus,der ist phi losophus adeptus. . .zu gleicherweis wie ein schler lernet von seinem schul-meister, also mag auch der mensch lernen inadepta philosophia durch die himmlischenpraeceptores.(XII,97f)

    Erlernen und verstehen lsst sich dieseDenkweise nur bis zu einem gewissenGrade. Sie ist aber folgenreich fr die Be-ziehungen und Analogien zwischen demMikrokosmos und dem Makrokosmos.Die Mikrokosmos-Makrokosmos-Lehre istfr das Verstndnis von der Entwicklungdes Denkens von Paracelsus uerst wich-tig. Sie geht auf ein hermetisches Prinzip(wie oben so unten) zurck, das im erstenSatz der Tabula Smaragdina, der neben

    dem gnostischen Poimander alchemisti-schen Grundschrift des Corpus Herme-ticum. Zu ihrem genaueren Verstndnismuss man schon eine Weisheit ent-wickelt, erkannt und erfahren haben, umdieses Prinzip richtig anzuwenden.A lso weiter ist auch zu wissen, das . . .phi-

    losophia adepta . . .vom menschen ni cht zulernen ist . . .dan den verstant kan niemantsschreiben. . .(XII,193f)

    .. .phi losophia adepta, die selbig weialleverborgene ding, alle heimlikeit, alle arcana dernatur ... wllen wir nun lernen und erfaren,was himlisch, was fi rmamentisch ist in den

    irdischen corpori bus. . .so mssen wi r das lernenvon dem philosopho adepto. . .(XII,195)

    Letztlich gelingt es nur dem Einzelnen,dem auf Gott vertrauenden und Gott ver-stehenden Adepten, diese so gewonneneAll-Weisheit (Pan-Sophie) richtig zu be-

    greifen und im ethischen Handeln umzu-setzen. Nur der wahre Adept ist wahrhaftErkennender! Es erkennt niemand Gott alsallein der, der von Gott ist(XII,326)

    Paracelsus meint, ein solcher Adept zusein. Er will mit seinen Erkenntnissen dieWelt, die fr ihn prinzipiell erkennbar ist,verndern. Denn eine jegli che stunde gibt eineneue art, damit nichts auf der welt gleich bleibt.(VI,370)

    Man nannte ihn einen Luther der Medi-zin (was er jedoch persnlich stets fr sichzurckwies). Sein Weg weist bis in die Ge-genwart. Begriffe wie Holismus, kologie,Ethik etc. sind eng mit seinem Namen ver-knpft.

    Wenn ihm auch die mystische Dimen-sion fehlt, die z.B. Bhme besa, so istdoch sein Weg ein richtiger nicht demVer-Lauf von Geschichte und Zeit ge-schuldet, sondern der von Gott gewiesene.Die philosophia adepta des Paracelsuswurde fester Bestandteil der philosophiaperennis, weil sie dieser entsprach!

    b) BhmeBhmes innere Entwicklung verliefhnlich derjenigen von Paracelsus, obwohlsie nicht akademisch begrndet wurde.Bhmes Wahlspruch knnte daher eherlauten: Man muss nicht alles wissen, um

    ALLES zu wissen.Franckenberg berichtet ber den entschei-denden Umschwung folgendermaen:Unterdessen, und nachdem er sich als

    ein getreuer A rbeiter seiner eigenen Hand,im SchweiseinesA ngesichts genehret, wirder . . .A nno 1600. . .vom Gttlichen L ichte er-gri ffen, . . .durch einen. . .A nblick eines Z innernGefsses. . .(7)

    Den 25jhrigen Schuhmacher lie diese

    Vision nicht mehr los. Schlagartig begriffer dieDualitt in allen Dingen; beideSeitendes Daseins; die Notwendigkeit von Leid,Bosheit, Finsternis und Disharmonie

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    kurz: er begriff, dass nicht nur Gte, Liebe,Licht und Harmonie in der von Gott ge-schaffenen Welt zu finden seien, sonderndass es des Zornes Gottes bedarf, um seinewirkliche Gestalt erkennen zu knnen.

    Was ihn nach seiner eigenen Aussage bis

    dahin bewegte, war die permanente Fluchtvor dem Zorn Gottes und seine Angstvorm Dasein. Er schrieb selbst dazu spter:Ich suchte allein das Hertze Jesu Christi,

    mich darinnen zu verbergen vor dem grimmigenZorn Gottes und den A ngri ffen des Teufels, . . .(Sendbriefe 12,6)

    Das Jammertal Erde, in das er sich ge-worfen sah, machte ihm zunchst Angst.Gott allein konnte ihm helfen, denn der

    Zorn Gottes war ja nur eine Seite. Bhmeversuchte also, auch die andere Seite zuerfahren. Und er tat es!

    Diesen Schlsselpunkt seiner Entwick-lung beschreibt Bhme selbst im 19.Kapi-tel der Aurora, dem sogenannten Durch-bruchkapitel.

    Er bekennt dort ganz melancholisch undhochbetrbetzu sein ob der SinnlosigkeitdesWeltlaufs und ob der Nichtigkeit desMenschenlebens, aber dieseAnfechtung

    besiegte ihn nicht, sondern er erhubsei-nen Geist . . . ernstl ich in Gott als mit einemgrossen Sturmeund strmtehart wider Gottund aller Hllen Porten. . . bis in die innersteGeburt der Gottheit. . . .Was aber fr ein Tri um-phiren imGeiste gewesen, kan ich nicht schreibenoder reden: es lst sich auch mi t ni chts verglei-chen als nur mit deine, wo mitten im Tode dasLeben geboren wi rd, und vergleicht sich derAuferstehung von den Todten.(vgl.Aurora;

    19,9-12)Nach 12 Jahren des Ringens um die innereDimension seiner Vision brachte Bhmediese Gedanken zu Philosophia,Astrologia und Theologia zu Papier.Es entstand eines der eigentmlichsten,tiefsinnigsten, ursprnglichsten und be-deutendstenWerkeder Weltl iteratur: Au-rora, oder Morgen-Rte im auffgange.Bhme versuchte darin, den Zeit-Geist

    mglichst vollstndig einzufangen.DasZeitalter der Reformation hattedochfr viele Bereiche einen bedeutsamenWandel in vielen Anschauungen provo-

    ziert. Der Mensch, die Natur, der gesamteKosmos und schlielich auch die Vorstel-lungen von Gott wurden neu entdecktund interpretiert. Gerade das Geznk derverschiedenen christlichen Konfessionenum die rechte Lehre, wie es von Schul-

    gelehrten und Meister Klglingen betrie-ben wurde, waren dem empfindsamen undsehr spiri tuell veranlagten Bhme zuwider.Schon das 1.Kapitel der Aurora zeigteinen schriftstellerischen Laien, der vonsich meint, zu wissen, wie sich die Sacheverhlt. Er beginnt also seinen Erstlingmit den Worten:Wiewol Fleisch und Blut das Gttliche

    Wesen nicht ergreifen kann, sondern der Geist,wenn er von Gott erleuchtet und angezndet

    wird: So man aber will von Gott reden, wasGott sey, so muman fleiig erwegen die Krftein der Natur; darzu die gantze Schpfung,H immel und Erden, sowol Sternen und Elemen-ten, und die Creaturen, . . .sowol auch die heili -gen Engel, Teufel und M enschen, auch H immelund Hlle.(Aurora 1,1)

    Jeder Geist braucht (wie der Krper) seineNahrung. Diese geistige Nahrung suchteBhme zunchst in Bchern und bei den

    Menschen.Was er fand war toten Geist,Meinungen und Worthlsen, Buchstaben-wissen und. .. jedenfallsnicht viel Brauch-bares. Die wirklichen und ihn weitertrei-benden Ideen und Gedanken schpfte erv.a. aus der Bibel und: aus sich selbst!

    Er suchteund fand letztlich seinen eigenenWeg zu Gott und in das Herz Christi.

    Er verwarf die Meinungen der Schulge-lehrten, die Dogmen der Kirche und die

    Riten der Sekten als unbefriedigend. SeineGedanken kreisten stetig um den Men-schen, um sich selbst, um die Natur, denganzen Kosmos und um Gott sowie des-sen Sohn, Jesus Christus.

    Und diese Gedanken hatten es in sich!

    Allein mit einer dualen Sicht konnte ersich die Dinge und die Welt letztlich nichterklren. Sein Weg fhrte ihn in derAurora zunchst zur Lehre von 7Quell-

    geistern die ihn schlielich spter (hn-lich Paracelsus) zu einer ternarischen Sichtund (dialektischen) Denkweise fhrte(sogar in dreifacher Dimension

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    da 1,2,3,vier,5,6,7 zunchst erst einmal3Ternare bilden). Dieser eigenstndigeVersuch wurde die Grundlage desphiloso-phischen Systems von Bhme.

    Whrend die Aurora nun zwar einengroen Entwurf, aber eine weniger gute

    Ausfhrung enthielt, beginnt die eigentli-che Schaffensperiode,welche bis zu seinemTod andauern sollte, mit dem 2. Haupt-werk Beschreibung der drey PrincipienGttlichesWesens.Das ist ein Schlssel und A lphabet aller

    derer, so meine Schriften begehren zu verstehen. schreibt Bhme selbst dazu (Sendbrief12,67). Und weiter heit es:Das handelt von der Schpfung. Item, von

    der ewigen Geburt der Gottheit: Von der Busse,von der Rechtfertigung des M enschen, und sei-nem Paradeis-Leben, und von dem Falle. I tem:von der neuen Geburt, und Chri sti Testamen-ten, und vom gantzen menschlichen Heil, sehrntzlich zu lesen . . .(ebd.)

    Anders als Paracelsus, dem es vorwiegendum reine Naturerkenntnis und deren Nut-zen fr den Arzt ging, wendet Bhmediese nun gewonnene Lehre von den 3(Grund-)Prinzipien in allen Dingen sofortauch auf transzendente und nicht nurauf die in der Natur und im Menschenimmanenten Bereiche an.

    Bhme hat schneller als sein Vorgn-ger diese Lehre auf ihren wesentlichenKern verdichtet. Die zwingende Dialektikseines Denkens machte vor keinem Gegen-stand halt.

    Dieswird auch in seinem nchsten Werk,Vom dreyfachen Leben des Menschen

    (1620), sehr deutlich.Insbesondere dasZusammenspiel und

    dieWechselwirkung der drei Prinzipienwird entwickelt und von allen Seiten inverschiedenen Ebenen der Betrachtunguntersucht. Es ist der dritte und letzteVersuch einer Gesamtschau, wobei schondeutlich der pansophisch-panentheistische(Panentheismus bedeutet eine konzen-trierte, zum Theismus hingewandte Form

    des Pantheismus(Alles ist Gott-Lehre))Duktus deutlich wird. Bhme geht dabeivon oben, d.h. aus der Betrachtung desWesens Gottes, aus, untersucht dessen

    Entwicklung in der geschaffenen Naturund kommt abschlieend gewissermaenvon unten zur Stellung des Menscheninnerhalb dieser Schpfung.Auch ihm istdie analoge Betrachtung von Mikro- undMakro-Kosmos immanent.

    Der Jnger sprach:Was ist . . .der Leib einesM enschen? Der M eister sprach: Er ist die sicht-bareWelt, und ein Bild und Wesen alles dessenwas dieWelt ist; . . .(Vom bersinnlichenLeben, 44)

    Deutlich sichtbar wird ebenfalls beidiesem Aufbau, dass es ihm nicht mehrnur um Theologie, Kosmologie (bzw.Astrologie) und Philosophie geht, son-dern um Theo-Sophie, Kosmo-Sophie

    und Anthropo-Sophie (also der Weis-heitvon Gott, dem Kosmos und desMenschen)!

    Bhme schreibt dazu, dieses Buch(Vom dreyfachen Leben des Menschen):.. . ist ein Schlssel von oben und unten zu

    allen Geheimnissen, wohin sich nur das Hertzeschwingen mge. Es zeiget allen Grund der3 Principien, und. . .mag fast alle Fragen, sodieVernunft ersinnen kann, darinnen grnden;

    Und ist das nthigste, so euch wol dienenmchte, ihr wrdet der Zanck-Bcher bald ber-drig werden, so ihr dis insGemthe brchtet.

    (12. Sendbrief,68)

    In rascher Folge wagte sich nun Bhmemit seinen Spekulationen an alle nurdenkbaren Gegenstnde. Die 3 Principienund der Grundsatz wie oben, so untenmussten sich berall finden lassen jaselbst das Wesen der Wesen (GOTT)

    musste so beschaffen sein. Bhme ver-schmolz sein Selbst zunehmend mit denInhalten seiner Betrachtung, die sich inder unendl ichen Vielfalt zeigten. Er begeg-nete dieser ALL-EINHEIT in seinerALLEIN-HEIT, d.h. als Mystiker. Sobemerkt er u.a. in der Rechenschaft desSchreibers, welche den Schriften in derAusgabe von 1730 vorangestellt wurde:

    1.Gott hat mir dasWissen gegeben. N icht ich,

    der ich der Ich bin, weies, sondern Gott weies in mir. . . .So leide ich nun und wi ll nichtswi ssen, der ich der Ich bin, als ein Theil von derussernWelt, auf daEr in mir wisse/ was Er

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    wolle; i ch bin nicht die Gebrerin imWissen,sondern mein Geist i st seinWeib, in der Er dasWissen gebieret, nach dem M aals Er will;. . .So Er nun gebieret, so thue nicht ichs, sondernEr in mir; ich bin als todt imGebren der hohenWissenheit, und Er ist mein Leben. Habe ich es

    doch weder gesuchet noch gelernet. Er neiget sichzu meiner Ichheit, und meine Ichheit neiget sichin Ihn. . . . ich lebe in Gott und Gott in mir,. . .

    4. . . . ich, der ich der I ch bin, . . .vermeinte, ichschrieb allein mi r,. . . ist es nicht eure Gabe zuverstehen, so lat mi rs stehen; denn ich verstehees wohl, was ich geschrieben habe. . . .

    6. M erket es doch, und werdet sehende, denn derTag bri cht an! Werdet ihr meine Schriften lernenrecht verstehen, so werdet ihr von allem Z ancke

    erlset, und euch selber kennen lernen. Jedochvermag es ni cht eben der Buchstabe, sondern derlebendige Geist Chri sti allein. Der Weg ist euchtreuli ch gewiesen. N un thut, was ihr wollet: . . .

    9. Ich habe keine neue Lehre, sondern nur diealte, welche in der Bibel und im Reiche derNatur zu finden i st; ich habe nur geschri eben,was die Natur und der M ensch sey.

    Und anderswo heit es: A lles, was vonGott geredet, geschrieben oder gelehret wird,ohne die Erkentnis der Signatur, das ist stummund ohneVerstand, dann es kommt nur auseinem historischenWahn,. . .daran der Geistohne Erkentnistumm ist.(Sign. 1,1)

    bzw.:Klrer zu melden, ist nicht mein Frhaben,es ist klar genung.Wer nicht will einen neuen inGott gebornenM enschen dadurch suchen, undsich selber darzu machen, der lasse meine Schrif-ten mi t frieden.(Signatura rerum 12,37)

    Bhmes Anspruch gipfelt in einer mysti-schen Ethik. Die Erkenntnisse sollen zuGott fhren und ein Handeln aus Gottbewirken. Keinesfalls sollte man meinen,

    in blo menschlicher und zeitlicher Er-kenntnis der uerenWelt den rechtenWeg zu finden. Alle Geschichte reduziertsich letztl ich auf einen historischen Wahn.

    Alle Zeit hingegen strebt nach Ewigkeitin der Unendlichkeit Gottes, alle Schp-fung nach Wiedergeburt und Veredelung.Bhme selbst wurde auf seinem Weg we-sentlich. Und Wesenhaftes ist Bleibendes.

    3. Schlussfolgerungen und ihre Aktualitt

    Paracelsus und Bhme waren zwei Men-schen, welche in unterschiedlichen Zeitenund unterschiedlichen Rumen lebten.Beidesuchten ihrenWeg der Erkenntnisohnesich von geltender Autori tt abhngigzu machen oder sich dieser zu unterwerfen.Sie betrachteten die Natur, den Menschenund Gott dabei sehr genau.Sie fanden eineungeheure Vielfalt der Erscheinungen

    sahen aber gleichzeitig dasWesen derDinge in ihrer Einheit. Sie berwandenden Geist und die Geiel des abendlndi-schen Denkens: das aristotelische Diktumdes Satzes vom ausgeschlossenen Wider-spruch (als Dritten). Sie fanden durch diewidersprchliche Vielheit und Zweiheitden Weg zur ternarischen Einheit. (Siezhlten bis drei was heute noch keinComputer vermag!) Beide mussten fr

    diese Erkenntnis zu Lebzeiten berdurch-schnittlich leiden und wurden ber ihrenTod hinaus bekmpft eben weil ihr Den-ken strker war, als das vieler ihrer Zeitge-

    nossen. Sie dachten nicht identisch, abersie grndeten ihre Gedanken letztlich aufdie Weisheit Gottes.

    Nicht alle ihreSchlussfolgerungen warengleich. Bei Paracelsus z.B. gibt es nurEINEN Ursprung der Welt und ihrer Ge-schichte sowie nur EIN Ziel: Die Sternezergehen nur einmal und kommen nimmer

    wieder, das ist im End der Welt.(XIII,132)Fr ihn treibt alles zur Offenbarung irgendwann gibt es kein MysteriumMagnum mehr,wie z.B. fr Bhme(dieserhat als Mystiker die Identitt von Ur-sprung und Ziel erfahren). Aber schlie-lich sind die letzten Dinge so fern inder Geschichte, dass diese selbst Zeit-loswird. Und da nmlich in der Unendlich-keit Gottes (die Bhme strker als Paracel-sus artikuliert) treffen sich ihre Spekula-tionen wieder.

    Wichtig waren und bleiben jedoch frbeide folgende Erfordernisse:

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    Schau auf alle Dinge in ihrer Gesamtheit(holistische Weltanschauung);

    Erforsche die Natur und den Menschenals analoge Schpfungen Gottes nichtmit der Ansicht einer besonderen Aus-zeichnung und Besonderheit des einen

    gegenber dem anderen (kologie-gedanke); Bestimme vor dem Handeln den Zweck

    und berprfe diesen mit dem WillenGottes (mystische Ethik).

    Und so seien abschlieend beide Denkerin ihrem Beitrag zur philosophia peren-nis gewrdigt mit ihren eigenen Worten.Paracelsus schrieb tapfer: Was ist aber dasden medicus reut? N ichts; dann er hat sein tag

    volbracht mit den arcanis und hat in got und

    in der natur gelebt als ein gewaltiger M eister desirdischen liechts.(VIII,321)Und Bhme sagt:Unser Gantzes Schreiben und Lehren langet

    nur dahin, wie wir uns mssen selber suchen,machen und endlich fi nden; . . .dawi r ein

    Geist mit Gott sind, daGott in uns sey, undwir in Gott . . .(Menschwerdung II; 10,7)

    In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dassnoch viele Einzelne ihren Weg suchen undfinden.Paracelsus und Bhme waren und sinddabei Weg-Weise(r) nicht jedoch der Wegselbst.Den Schatz ihrer Erfahrungen muss jederEinzelne fr sich entdecken, deuten und

    heben.

    Vortrag am 6.September 2000 im Deutschen Hygiene-Museum DresdenDr. Andreas Gauger Joachimstrae12B D-10119 Berlin Telefon 030/ 28132 18

    ANM ERKUNGEN UND LITERATURHINWEISE

    *) Zitate des Paracelsus im Text erfolgen wenn nichtanders angegeben nach: Karl Sudhoff (Hrsg.):Paracelsus. Smtliche Werke; 1.Abteilung,Band 1-14; Mnchen, Berl in 1922-33;

    angegeben sind Bandnummer und SeiteZitate aus Bhme erfolgen im Text nach:J.Bhme.SmtlicheSchri ften; Faksimile-Neudruckder Ausgabe von 1730 in 11Bnden;neu hrsg.von W.-E.Peuckert; Stuttgart-Bad Cann-statt 1955-61; angegeben sind Titel, Kapitel, Absatz

    Anmerkungen im Text:1. vgl.: Zur Friedensidee der Reformationszeit;

    Texte von Erasmus, Paracelsus, Franck;Hrsg. von S.Wollgast; Berlin 1968; S.62

    2.V.Andreae: Christianopol is (verschiedeneAusgaben, z.B. Stuttgart 1975); Kap.60

    3.Abraham von Franckenberg: Grndl icher undwahrhafter Bericht ...; 1651; in: J.Bhme:Smtl iche Schri ften; Bd.10; 2; S.6f

    4.Gregor Richter: Judicium; in J.Bhme:Schutz-Rede gegen G.Richter;in: Bhme,SS; Bd.5; 2,10,29,71,72

    5. E.Kaiser: Paracelsus mit Selbstzeugnissen undBilddokumenten, Reinbek 1969, S.44

    6.vgl. Paracelsus: Vom Licht der Natur und desGeistes. Eine Auswahl. Hrsg. Von K. Goldammer;1984, S.153f (dort Angaben zur Primrquelle)

    7. Abraham von Franckenberg: Grndl icher undwahrhafter Bericht ...,1651; in:J.Bhme: Smtliche Schri ften; Bd.10; Abs.11

    Li teraturangaben zu Paracelsus siehe v.a. beiErnst Kaiser (wieAnm.: 5); S.142-156 sowieHeinrich Schipperges: Paracelsus heute;Frankfurt / Main 1994 (Knecht); S.168-175

    Literatur zu Bhme v.a. in: Gerhard Wehr:J.Bhme mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten;Reinbek 1971; S.145-154 sowieAndreas Gauger: Jakob Bhme und dasWesen seiner

    Mystik; Berlin 1999; S.259-281

    Andreas Gauger, Dr.phil., geb. am 25.09.1960 inGrli tz. Nach Abitur und Wehrdienst von 1982-1985Studium der Mathematik, Physik und Pdagogik ander TH Karl-Marx-Stadt (Chemnitz),Abbruch ausgesundheit lichen Grnden; Mitarbeiter Kultur inGrlitz; 1986-1989: Studium der Philosophie (zzgl.Geschichte und ev. Theologie) an der M artin-Luther-Universitt Halle-Wittenberg; Exmatrikulation auspolitischen Grnden (im Zusammenhang mit denEreignissen in China) und Produktionsbewhrung;

    dann Mitarbeiter beim Stadtkabinett fr Kulturarbeitin Grli tz; 1990/91: Reimmatrikulation als Studentan der M LU Halle-Wittenberg; vorzeit iger Abschlussals Diplomphi losoph; 1991-1994: Stipendiat derFriedrich-Ebert-Stiftung Bonn (Grund- und Gradu-iertenfrderung) und Promotionsstudent an derTU Dresden; 1994/95: Projektleiter beim Aufbaustabdes Landesmuseums Schlesien e.V. zu Grlitz; 1995:Promotion an der TU Dresden; danach arbeitslos,freie Ttigkeiten und Studien im In- und Ausland(Coaching, Projekthilfe, EDV-Jobs; Fortbildung zumMarketing- und Vertriebsassistenten fr Buchhandelund Verlage in Berlin; z.T. lngereAufenthalte u.a.

    in Israel, Sdostasien und Lateinamerika); seit Ende1999 wissenschaflicher Projektleiter fr die Ober-lausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zuGrlitz e.V. im Rahmen der Jacob-Bhme-Ehrungder Stadt Grlitz.

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    Wir sollen mehr suchen und lernen, alsunsdieSchuleund der Schulbrauch gibt(1).

    Dieses Motto von Paracelsus, der ja seinganzes Leben lang von unermdlichemForschergeist durchdrungen war, mchteich meinem heutigen Vortrag voranstellen.

    Ich mchte versuchen, dass Paracelsus

    einmal seinen Sockel als Geschichtsfigurverlsst und unter Ihnen alsZuhrer leben-dig wird. Wenn wir von groen Menschenvergangener Tage sprechen, dann fallenwir ja gerne in die Rolle des aktuellenMenschen, fr den jene geschichtlichenMenschen Stufen oder Vorbereitung frunsere heutigeZeit waren, deren Leistungerkannt und manchmal auch anerkanntwird. Aber letztendlich ist es fr unsVer-

    gangenheit, berholt und berwunden.Lesen wir heute ber Paracelsus, so werdenwir ber ihn in den Lexika lobende Erwh-nungen finden alsVorbereiter einer phar-makologisch chemischen Medizin, alsVorreiter moderner Diagnostik usw.. Allesrichtig! Wir sollten aber bedenken, dass esgleichzeitig zu einer linearen, materiellenEntwicklung der menschlichen Geschichteauch eine innere, zyklische Entwicklunggibt. Wir entwickeln uns uerlich weiter

    und sind doch als Individuum in jedemAugenblick innerlich vollkommen. Dies istdas Paradoxon des menschlichen Lebensund gleichzeitig der Ausgangspunkt jeg-licher spirituellen oder esoterischen Lehre.Wenn ein Mensch eine groe innere Er-kenntnis ber dasWesen dieser Dualitt inseinem Leben erreicht, eine Integration er-reicht, dann sprechen wir von einem weisenMenschen. Ein solcher war Paracelsus.

    Diewesentliche, seelische, innereWelt bliebstets die gleiche, durch alle Jahrtausende,ansonsten knnten wir nicht die uraltenheiligen Schriften oder Schriften vonParacelsus heute noch als unbertroffene,aktuelle Lebensweisheit empfinden.Die inneren Themen wie Liebe, Glauben,

    Leben, Tod, Sinn, Kreativitt usw. bleibenbei allem Wandel fr die Menschen stetsdieselben, whrend die materiellen Gege-benheiten und wissenschaftlichen Kennt-nisse kommen und gehen, stetig durchNeues und Anderes berholt werden. DerMittelalter-Mensch hat genauso geliebt,gefhlt oder gelitten, seinen Lebenskampfgefochten und nach Lebenssinn gesucht,wie wir es heute auch tun. Er ist vielleicht

    zu Pferde geritten, wir sitzen heute imFlugzeug. Die uereWelt ist eine voll-kommen andere und doch sind es beidesdieselben Menschen, mit denselbenSehnschten und Wnschen. Paracelsuswar sich dieser Dualitt in der mensch-lichen Welt sehr stark bewusst und seinganzes Streben zielte darauf ab, diese Kluftzu schlieen. Er gehrte zu jenen groenMenschen, die fr eineVerbindung derinneren Weisheit mit der ueren Wirklich-

    keit gekmpft haben. Dies macht ihn fruns heute so beraus lebendig und brand-aktuell. Er forderte uere Bildung, alsodas Lernen und Wissen, gleichzeitig aberauch eine innere Bildung.

    Als ich mich fr diesen Vortrag in dasLeben des Paracelsus eingelesen habe,wurde mir der Zwiespalt seiner Zeit wiedereinmal so recht deutlich und wie hnlichihre Problematik der unserer heutigen Zeit

    Harald Knauss

    DIE 7 KNSTE DES PARACELSUS -Ideen einer modernen, ganzheitlichen Schulung des Menschen

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    ist. Es begann in jener Zeit mit Kopernikusder glnzendeAufstieg der Naturwissen-

    schaften. Gleichzeitig war aber das alte spi-rituelleWeltverstndnis noch stark veran-kert. Die alten Lehren sahen sich pltzlicheiner groen Herausforderung gegenber,nmlich sich beweisen und behaupten zumssen. Und so begann damals, was bisheute krampfhaft andauert. Jede Erfahrungund Erkenntnis, die auf anderen Prmissenberuht als auf naturwissenschaftlichen, ra-tionalen Vorlagen, muss sich experimentellund seriell beweisen. Dies ist schlichtweg

    aber unmglich, denn jede innere Erfah-rung unterliegt gnzlich anderen Gesetzenals die der ueren Welt. Wie sagte derAstronaut Armstrong nach der Mond-landung: Wir waren da oben, haben Gottaber dort nicht gefunden. Innere unduereWelt sind verschiedeneWirklich-keitsebenen. Wer Gott auf einem entfern-ten Planeten sucht, liegt total daneben.Paracelsus war diese Kluft schon ganz klar

    und sein Bestreben war, beide Seiten alswichtige Pfeiler menschlicher Erkenntniszu vereinen. Und dies macht ihn fr unsheute so hochaktuell in einer Zeit, in derbeideWirklichkeiten immer weiter ausein-anderdriften. Der sich unglaublich rasantund verselbststndigenden Entwicklungder Technik steht eine immer grereVer-unsicherung, ja innere Leere und Sinnlo-sigkeit im einzelnen Menschen gegenber.Paracelsus war auch einer, der nach Fort-schritt rief, aber ihm war der Mensch alsseelischesWesen, als Individuum, hinterden Dingen wichtig. Er war nicht bestrebt,eine vom Menschen abgekoppelteWissen-schaft und Wirtschaft zu untersttzen.Wir wrden heute sagen, er war Wissen-schaftler und Esoteriker in einem. Er wolltekeine Chemie, sondern er war ein ber-zeugter Anhnger der Al-Chemie. DieAl-chemie braucht den Menschen. Denn in-

    dem der Mensch sich alsAlchemist demWerk, der Produktion sozusagen, hingibt,

    sich selbst einbringt, verwandelt und ent-wickelt er sich bei der Herstellung desProduktes gleichsam selbst. Der Arzt, derim Prozess der Entstehung eines Heilmit-tels dabei ist, wird einen anderen Bezugzur Heilkraft haben, als jener, der aus vor-gefertigten Dosen die Pillen entnimmt.Paracelsus wollte den magischen Men-schen, der dieWesenskrfte der Natur er-kennt und im Einklang mit ihnen arbeitet.In diesem Sinne sind die Ideen des Para-

    celsus ber die inneren, geheimen Wissen-schaften das Ideal jeglicher menschlichenArbeit. Material und Mensch, Materie undSinnhaftigkeit kommen zusammen. Esentsteht materielles Gold durch den alche-mistischen Prozessund gleichzeitig erreichtder Alchemist eine seelischeVerwandlung,eine Erleuchtung. BeideTeile sind wichtigdabei, die Materie und die Seele, bis siesich zum Schluss gegenseitig selbst auf-

    heben, denn der Erleuchtete braucht dasGold nicht mehr. Jeder Arbeitsministerheute wre froh, ein solches Patentrezeptgegen dieArbeitslosigkeit zu finden.

    Paracelsuswar ein ganzheitl icher Denker,aber auch das, was man heute als Quer-denker bezeichnet. Und er war uerstunbequem. Er nahm kein Blatt vor denMund, redete Dinge nicht schn im Rah-men einer Karriereplanung, war nicht zufaulen Kompromissen zu bewegen, alsoalles Eigenschaften, die konservative Kreisenicht gerade ruhig schlafen lassen. So boter ein idealesAngriffsziel und war zeit-lebens ein Verfolgter.

    Auch heute noch finden rzte undWissenschaftler eine fast inquisitorischeVerfolgung,wenn sie es wagen, etwas gegendie vorherrschende naturwissenschaftlicheAuffassung zu vertreten. Die Methodender Verfolgung sind auch heute noch hn-

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    lich, bestehen in ffentlicher Diskreditie-rung, Missachtung,Verleumdung und be-

    ruflichem Aus. Paracelsus wollte eine Er-neuerungder Medizin, die er in schonungs-losen, starken Worten forderte. Diese Seitedes Paracelsus hebt denn auch die heutigeNaturwissenschaft stets heraus, wenn sieetwas Positives an ihm finden mchte.Gleichzeitig tat Paracelsus aber etwas an-scheinend vllig Kontrres, ja geradezuUnverzeihliches, denn gleichzeitig vertrater eine magischeWeltsicht. In dieser Hin-sicht war er scheinbar geradezu altmodisch,

    ja rckwrts orientiert, rckwrts ins Zeital-ter desAberglaubens. Manche Biographenhaben Paracelsus aus dieser seiner Haltungheraus ganz drastisch als Scharlatan oderAutodidakten bezeichnet. Auch heute nochteilen sich die Lager. In dieser Kontroversegeht esnicht mehr um ParacelsusalsPersonallein, sondern Paracelsus wird zum Sym-bol einer Lebenssicht und Lebenshaltung.

    Auf alle wesentlichen Fragen desLebens:

    Was ist eigentlich Leben?Wo kommt derMensch her und wo geht er hin?Was istHeilung?Was ist dasWesentliche, das Ur-schliche im Leben eines Menschen?Auswelcher Quelle kommt die Weisheit?Wieentsteht Inspiration?, kann nach Paracelsusdie materielleWissenschaft keineAntwor-ten geben, denn sie behandelt Fragen desCorpus, der irdischen M aterie, die der Be-schrnkung und Vergnglichkeit unterliegt.Ganz in der hermetischen Tradition gehtParacelsus von der Zweiheit des Menschenaus, nmlich dem ueren, sichtbaren Kr-per und dem inneren, unsichtbaren Krper.In seinem VIII.Buch schreibt er:

    Dem unsterblichen Krper des Men-schen hat Gott die Vernunft, die Sinne, dieWeisheit, die Lehre, die Kunst, dasWesenetc.und alles gegeben, was ber die Sterb-lichkeit ist. Der Mensch hat seine Hoheitund Weisheit nicht vom ueren Krper.

    Denn alleWeisheit und Vernunft, die derMensch gebraucht, ist mit dem Krper als

    innerer Mensch ewig. So kann der Menschleben und nicht als uerer. Denn der in-nere Mensch ist ewig klarifiziert und wahr-haftig(2).

    Denn im Corpus ist der Tod, ist auchdesTods subiectum, und ist in ihm andersnichts weder zu suchen noch zu finden,als der Tod: Denn es mag zerstrt werdenin gar mancherlei Weg: Der spiri tus abernit, er bleibt allwegen ein Geist, und leben-dig, ist auch des Lebens subiectum, erhlt

    auch sein eigen Corpus lebendig. Aber inder Zerstrung des Crpers wird er davonabgesondert und gescheiden, und lassetden Corpus tot liegen, und gehet wieder-umb dahin an den Ort, von dannen es herist kommen(3).

    Paracelsus betrachtet also den uerenphysischen Krper, der endl ich und be-grenzt ist, gleichzeitig aber auch den in-wendigen Krper, den Lichtkrper, der

    ewig und unbegrenzt ist. Er schreibt Esist das Krperliche, das er hat, zu beach-ten, aber auch das Ewige, das er hat(4).Fr ihn ist die Seele ein Gast des Krpershnl ich der stlichen Philosophie, die denKrper als Fahrzeug der Seele beschreibt.Der Lichtkrper, der feinstoff liche Krperist fr ihn stets vollkommen, auch wenn inder physischen Krperhlle ein Teil fehlensollte. Es ist das innere, kosmische Wissen,Paracelsus bezeichnet dies als Vernunft,das von der Geburt an im Menschen vor-handen ist. Al lesWissen ber die physi-sche Welt, also auch die technischen Fertig-keiten usw., bezeichnet er als Verstandund kann erlernt werden. Aus diesem Ge-danken heraus entsteht seine Vorstellungvon Erziehung und Ausbildung.

    Ihr sollet euch merken, da ein Kindkeine Erziehung zur Vernunft braucht,denn sie wird ihm nicht gegeben. Nur

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    zum Verstand soll es erzogen werden, dieVernunft hat es selbst(5).

    Alles liegt nach Paracelsus eigentlichschon im Menschen bereitet, aber esbraucht den Verstand, damit der Menschwei. Paracelsus hat in dieser Hinsichtschon die Probleme der kommendenZeiten, dasAuseinanderdriften zwischenanalytischem und synthetischem Denkenvorhergesehen und genial erkannt, dasses beide Seiten braucht, um wirkl iche Er-kenntnis zu gewinnen. Heute formulierenwir diesesThemaeher alsProblem zwischen

    der unterschiedlichen Erfahrungswirklich-keit unserer linken, analytischen Gehirn-hlfte und rechten, kreativen Gehirnhlfte,wobei unser Ausbildungssystem eine Do-minanz der analytischen Gehirnhlfte fr-dert. Paracelsus schreibt in seinem VI.Buchber dasFundament der Weisheit:

    Also liegen da auch im Menschen alleHandwerke, alle Knste, aber nicht allesind offenbar.

    Das Lernen vom Menschen ist kein Ler-nen, es ist vorher im Menschen, es ist nurein Erwecken und Ermahnen.

    Darum hat ein Kind alle Mglichkeitenin sich. Wie du es erweckst, so hast du es.Erweckst du es mit einem Schuster, so wirder ein Schuster, erweckst du es mit einemSteinmetzen, so wird es ein Steinmetz. .. .Darum wird es so, weil alle Dinge in ihmsind. Was du in ihm weckst, das kommthervor, die anderen bleiben schlafend,wrden sie nicht schon mit dem Fleischund Blut geboren, nimmer wrdest du insie bringen, was du kannst(6).

    Und ganz typisch fr das ganzheitliche,erhabene Denken des Paracelsus und frdie Bescheidenheit, die nur einem groenGeist entspringt, ist sozusagen dieMoral,die er aus dieser Erkenntnis zieht.

    Darum bist du mit ihnen ein Schler.Du weckst die Schler und sie auch dich,

    das heit ein anderer kann dich lehren undauch in einem anderen erwecken,wasin dir

    schlft, ebensowohl wie in den Schlernund Kindern(7).Und hier nhern wir uns nun dem

    Thema meines heutigen Vortrages. Paracel-sus stellt aufgrund seinesWissens um diekrperliche und spirituelleWirklichkeitdes Menschen den Grundsatz auf, dass

    jeder Mensch innerlich ein vollkommenesWissen besitzt. Das innere Wissen knnenwir mit der Festplatteund den Programmeneines Computers vergleichen, der Verstand

    ist sozusagen die Maus, die diese Pro-gramme aktivieren und sichtbar machenkann. Das Problem entsteht dann, wennsich die Maus sozusagen verselbststndigt,sprich wenn der Mensch nur noch in dieuere Welt hrt. Sobald die uerenSinne das wahrnehmen und umsetzen,was von innen kommt, wird der Menschweise.

    Hab acht auf deinen inwendigen Gar-

    ten. Denn jeder innere Mensch ist beschaf-fen, allein er hre mit dem ueren aufsich selbst, so wird er lernen, da ihm nie-mand lehren mag, und sich ein jeglicherob ihm verwundern mu(8).

    Viele Lebensberater werden diesen Satzbesttigen knnen, denn die meisten Kl i-enten wissen eigentlich innerlich die L-sung fr ihr Problem, sie knnen es ledig-lich nicht klar fassen und formulieren.Das ist dieAufgabe, die ein Berater mitdem Klienten erarbeitet. Unser inneresWissen ist unglaublich gro, nur hat esselten Chance, sich zu Wort zu melden.Oft haben wir ganz spontane Einflle, diewir beim analytischen Nachdenken darberaber durch unsere Zweifel so weit zerlegen,dass wenig von ihnen brigbleibt und wirsie alsTrume, Verrcktheiten oder H irnge-spinste abtun. Unser analytisches Denkenbasiert ganz auf der Essenz vergangener

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    Erfahrungen und dem daraus resultieren-den Wertesystem, strebt also nach Bekann-

    tem und nach Sicherheit. Es ist bestrebtalles zu vermeiden, was Schmerz hervor-rufen knnte und schafft sich sogenannteKomfortzonen.Wie Sie wissen, neigenwir dazu, einen Muskel, der schmerzt, zuschonen und mglichst nicht zu bewegen.Dies ist einer Heilung meist nicht frder-lich. Auch versuchen wir Situationen zuentgehen, in denen emotionaler Schmerzeine Rolle spielen knnte. Unser inneresWertesystem neigt dazu, alles zu umgehen,

    was irgendwie Schmerz erzeugen knnte.Eigentlich ist dies eine sinnvol le Einrich-tung, die aber ins Gegenteil umschlgt,wenn sie anfngt, unsere Fhigkeiten zulimitieren. Man kann doch nicht,weil ...oder Was sollen die Leute sagen... oderIch hab das doch nicht gelernt ... Werwei,was da auf einen zukommt ... usw.sind Formulierungen, die wir verwenden,weil wir das so in unserem Leben gelernt

    haben. Aber letztendlich beschrnken wirdamit unsselbst, dieUnendlichkeit unseresGeistes und leugnen damit dieGttlichkeitin uns. Paracelsus formuliert den Gedan-ken, dass jeder Mensch alleWahrheit undallesWissen latent in sich besitzt, was na-trlich in einer konservativ struktuiertenGesellschaft mit ihren Hierarchien hchsteUnruhe hervorrufen muss. Wo kmen wirdenn hin, wenn jeder. ..Wir kennen dieseStze zur Genge. Es knnte jemand Mil-lionen Menschen heilen und doch knnteer fr die Gesellschaft nie ein anerkannterArzt werden, wenn er nicht ein Medizin-studium absolviert hat. Paracelsus sagt,dass ein Arzt beides braucht, lassen Sie esuns handwerklichesWissen nennen undgeistigesWissen, wobei er allerdings ganzklare Prioritten setzt. Es gibt nach seinerMeinung keinen guten Arzt, wenn er nichtdas innere, geistigeWissen erkennt.

    Paracelsus hat etwas gegen die Diktaturvon Hochschulscheinen und Abgangs-

    zeugnissen, spricht dafr lieber ber dasLicht der Natur und des Geistes. SeinMotto knnte eher sein Wer heilt, hatrecht.Auf die Frage, wo lernt man dieseinneren Fhigkeiten, hat Paracelsus selbsteineAntwort gegeben:

    Nun kommen alle Hantierungen auseinem Brunnen, alleHandwerke aus einemBrunnen, alle Knste aus einem Brunnen,und alle stammen von einem Brunnen.Dieser verteilt seine ste wie der Baum

    seine Birnen, und keine Birne kann sichabsondern von den anderen, sondern siemu sagen, aus dem Baum, aus dem dieanderen sind, sei sie auch(9)

    ...denn nichts ist aus uns, wir sindnicht unser selbst, sondern Gottes sind wir.Warum mssen wir durch ihn erproben,was in uns ist. Sein ist es, nicht unser, erhat uns den Leib gemacht und das Lebengegeben und dieWeisheit dazu. Aus ihm

    kommen nun alle Dinge(10).Das uere Wissen ohne eine inneregeistige Haltung ist fr Paracelsus nichts.Er hat Achtung vor dieser gttl ichen Kraft,die das Universum und das Leben geschaf-fen hat, und verachtet diekleinen Lichter,

    jene Menschen, die sich wunder was aufsich und ihr Knnen einbilden. VieleWis-senschaftler heute unterscheiden sich inkeiner Weise von den Gelehrten zur Zeitdes Paracelsus. Auch sie glauben alles imGriff zu haben, auf alles eineAntwort zuwissen. Sie verlassen sich auf ihre Mess-werte und Apparate, tun alles ab, was sichnicht durch serielle Experimente beweisenlsst. Das Individuelle verschwindet damit,denn die individuelleWahrnehmungweicht einer Normwahrnehmung. Indemder Mensch heute sich ganz auf die mate-rielleWirklichkeit sttzt, wird er abhngigvon dieser. Wie sagt Paracelsus: Nur der

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    corpus ernhrt den corpus und dieser iststerblich. Es ist nicht mehr ein Gott, eine

    kosmische Kraft, die Pflanzen wachsenlsst, die die Menschen ernhrt, es sindCiba Geigy oder Bayer. Paracelsus standan einer Schnittstelle menschlicher Ent-wicklung, die sich heute aktueller denn

    je wieder auftut. Er scheint eine Ahnunggehabt zu haben, was dem Menschengeschieht, wenn er es nicht schafft, beideWelten zusammenzubringen. Die Zeit desParacelsus war dasVorspiel fr heute unddeshalb ist, meiner Meinung nach, sein

    Konflikt auch unser Konflikt.Eine stetig beschleunigende Entwicklung

    uerer technischer Mglichkeiten undVernderungen steht heute einem gleich-zeitigen Schwinden einer geistigen Grn-dung des Menschen gegenber. Das Prob-lem dabei ist, dass all die faszinierendenund unbestreitbar groartigen technischenMglichkeiten im Endeffekt ein illusion-res Feuerwerk sind. Denn sobald wir selbst

    mit den wesentlichen Grundfragen desLebens konfrontiert werden, wenn wir un-glcklich sind, krank werden, sterben oderauch nicht mehr Fu fassen knnen, spie-len technisch brilliante Erfindungen, spieltalles Materielle keine Rolle mehr, wrenwir bereit, Hab und Gut zu opfern. In denentscheidenden Dingen im Leben kannuns die Materie nicht helfen.Wir sinddrauen aus der groen Welt, sind ganzauf uns selbst zurckgeworfen und werdenpltzlich mit etwas konfrontiert, wo es fruns nichts Festhaltbares gibt, wo wir viel-leicht zunchst innere Leere empfinden,da sich ein groes dunkles Loch vor unsauftut, das unsAngst macht. Ich mchtenicht wissen, was passieren wrde,wennfr eine Woche einmal keine Fernseh- undRadioprogramme liefen, wenn Menschenpltzlich mit der Stille konfrontiert wr-den. Schon heute ndert sich unsereVor-

    stellung vom Leben ganz dramatisch. EinMusiker ist mit 28 Jahren schon zu alt fr

    eine Karriere, fr die Opernbhne kannman sogar ein jugendlicheresAlter anset-zen. Menschen, die bei der steten Ver-wandlung der Computerprogramme nichtmehr mithalten knnen, werden im Berufaussortiert. Junge, clevere Leute belegendie Stellen, bis auch sie schnell zu alt wer-den. Und man muss sich das vorstellenangesichts einer stetig steigenden Lebens-erwartung.Angesichts einer berflle desMateriellen, dazu gehren auch Informa-

    tionen, und einer gleichzeitigen innerenLeere ist die Sinnkrise vorprogrammiert.Fr mich ist es daher wenig erstaunlich,dass trotz unseres modernen Lebensstan-dards so wenige Menschen wirklich glck-lich sind mit ihrem Leben, viele orientie-rungslos dahintreiben und die Nachfragenach Therapie unendlich ist. Wir sindheute entwurzelt, weil wir nur auf einemBein stehen, auf dem der ueren Welt.

    Paracelsus wusste dies und hat deshalb soviel Nachdruck auf die Suche nach deminneren Wissen gelegt. Denn im innerenWissen ist Halt und Stabilitt, es ist derMittelpunkt oder die Nabe, um die sichdasWeltenrad dreht. Im ueren Wissenfinden wir dagegen steteVernderung, einsteter Wechsel zwischen Aufbau BlteZerfall. Das innereWissen beinhaltet dieewigen, grundlegenden Krfte des Men-schen, gleich welcheArbeit er macht, wel-ches Studium er treibt und welches Lebener lebt. Deshalb bezeichnete er diese Krfteals Knste.

    Und wie findet man nun dieses innereWissen und wie lernt man die7 Knste?Paracelsus hat uns einen Weg hinterlassen:

    Der Vater (Gott) vermag alles durchseineWeisheit und Kunst. Also sollen nunauch wir alles vermgen, nichts soll unswiderstehen, weder die Magie noch die

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    Zaubersprche, die Superstitiones, dieNigromantia, die Chiromantia. Denn diese

    Dinge sind alle von Gott und sind seineKnste. Knnen wir das nicht, so sind wirin dieser Beziehung nicht erweckt undschlafen noch(11).

    Die Namen dieser Knste werden vielenZuhrern sofort eine Gnsehaut geben.Gutmeinende werden sie in die esoterischeEcke abtun, andere werden sie als Spinne-rei, Humbug und primitiven Aberglaubenabtun. Wie kann es sein, dass ein eigentlichzukunftsorientierter, moderner Mensch

    wie Paracelsus von Magie, Zauber oderTotenbeschwrungspricht, ja siezur hohenKunst gar erhebt? Es bedarf einer Begriffs-klrung, denn auch die magischen Wissen-schaften haben eineMaterialisierung erlebt,was zu einer Verzerrung ihres wirklichenWesens gefhrt hat. Spricht man heutevon der Nigromantie, so denkt jeder so-gleich an abstruse Schwarze Messen undseltsame Geisterbeschwrungen. VieleAn-

    wendungen der Volksmagie sind eine Ver-zerrung der ursprnglichen Absicht undin ihrer mi lden Form kurios, knnen sichaber auch im vlligAbstrusen verlieren.Man denke nur, welchen GrausamkeitenTiere unterworfen wurden im Namen einersolchen Volks-Magie. Noch heute habenwir in China einen groen Boom solcherArt magischerVolksmedizin, dieTiger,Nashrner und andereTiere in ihrem Be-stand ganz existentiell bedroht. SolchePraktiken stehen den westlichen Tierver-suchen in nichts nach. Aber von diesendekadenten Auswchsen geht Paracelsusnicht aus. Das versteht er nicht unterMagie. Er versucht dasWesentliche hinterihr zu entdecken. Sie ist fr ihn der Wegzur Entdeckung der inneren, himmlischenWelten. Betrachtet man seineAusfhrun-gen nher, versucht hinter seine Worte zuschauen, so lehrt Paracelsus nichts als den

    Weg zur ewigen Weisheit, natrlich in denWorten seiner Zeit. Sein Weg der Ausbil-

    dung fordert dieVerbindung zwischenfaktischer Wissensvermittlung und gleich-zeitiger seelischer Bildung. Und in dieserHinsicht sind ihm sogenannte esoterischeMethoden das Richtige und er bezeichnetdieseArt der Schulungzu Recht alsKnste.Es sind Ttigkeiten, die den inneren Men-schen schulen, die Selbsterkenntnis undReifung mit sich bringen. Dass es geradesieben Knste sind, ist natrlich kein Zu-fall. Es gab die 7 freien Knste im Mittel-

    alter, die noch die Studienzeit von Paracel-sus bestimmten, und es gab die7 Schri tteder Transmutation in der Alchemie.berhaupt ist diese Zahl stets als Zahl derSchpfung, der zyklischen Erneuerung und

    jeglicher Periodizitt betrachtet worden.Ich mchte im Folgenden die7 Knste

    des Paracelsus vorstellen, um Ihnen einenEindruck zu geben, was wirklich in diesenKnsten steckt, dass sie nicht irgendeine

    abgehobene unrealistische Idee sind, son-dern ganz pragmatisch sind. Man mussstets vor Augen halten, dass Paracelsus so-wohl Philosoph, vor allem aber auch Prag-matiker war. Und so mchte ich Ihnen diepragmatische Seite der Knste vorstellenund wie sie uns heute helfen knnen,unser etwas einseitigesAusbildungssystemzu revolutionieren.

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    Schon beim Begriff Astrologie denktjeder an die tgliche Zeitung mit ihrenHoroskopen. Dabei gehrte dieAstrologieeinst zu den kniglichen Wissenschaftenund wurde sogar noch in diesem Jahrhun-dert an einigen Hochschulen gelehrt. Astro-logie hat mit den himmlischen Krften zutun, mit den Energien desWeltenraums,mit elektromagnetischen Feldern. Es wardie uralte innere Erkenntnis, dass es grund-legende kosmische Krfte gibt, die alles

    Leben prgen. Heute sprechen Naturwis-senschaftler von Informationsfeldern undmorphogenetischen Feldern, die Psycho-logen von Archetypen. Diese Energien sahman auch in den Planeten verkrpert. DerHimmel ist die Ursache fr alle Erschei-nungen dieser Erde, ist ihre Matrix. In ihmsind die Urbilder aller Krfte, die auf Erdeund Mensch einwirken. Paracelsus ver-gleicht dasVerhltnis zwischen Kosmos

    und Mensch mit einem Apfel. Der Kosmosumgibt die Erde und den Menschen, wiedas Fruchtfleisch den Apfelkern umgibt.Der Kern ist der Mensch. Er ist das Zent-rum, auf das die kosmischen Krfte hin-wirken, und da der Mensch aus ihnen ge-schaffen ist, reagiert er auf sie. Solangeder Mensch unbewusst dahinlebt, machendiese Einflsse mit ihm, was sie wollen.Er wird regiert von ihnen und sie erregenEmotionen in ihm, von denen er nicht

    wei,wo sie herkommen. Wer sich selbsterkennt, also der Weise, ist nicht mehrSpielball dieser Krfte, sondern kann siefrei nutzen. Der Weise beherrscht dasGestirn, sagt Paracelsus.

    DieAstrologie erklrt also den Zusam-menhang der inneren Krfte, so dass derWeg zur Selbsterkenntnis gefrdert wird.Paracelsus lobt dieAstrologie als wichtigesInstrument, innereAnlagen zu erkennen

    und den rechten Lebensweg zu finden.Und wer eine innere Ordnung in seinemLeben erkennt, der wird dieZusammen-hnge der Welt erkennen.

    Ursprnglich erkannte man sieben ver-schiedene kosmische Krfte als bestim-mend fr das Leben und brachte diese inVerbindung mit den Planeten. DiePlanetensind also energetischeQualitten und arche-typische Muster. Alles was sich verdichtet,konzentriert, sich verlangsamt, sich der

    Erde zuneigt, alles was begrenzt sah manz.B.in der Kraft desSaturn widergespiegelt.Wir wrden das heute als Schwerkraft be-zeichnen. Und damit besitzt alles Schwere,wie z.B. ein Stein, das Metall Blei (denkenSie an das Senkblei oder den Gangreglerder Uhren), die Dunkelheit etc., eine vor-wiegend saturnaleQualitt. In der mensch-lichen Psyche entspricht dies dem melan-chol ischen Temperament, entspricht einer

    Haltung, diemit Ruhe, Meditation,Schwer-flligkeit, Introvertiertheit usw. zu tun hat.Alle Pflanzen mit dunkler Farbe oderBume die sich der Erde zuneigen, galtendamit ebenfalls dem Saturn zugehrig. Sie sehen, was wir in der Astrologie wieder-finden, ist die hohe Kunst der innerenEntsprechungslehre, hnlich der von den5 Elementen in der chinesischen Philoso-phie, die sie vielleicht aus der Akupunkturkennen. Aufgrund dieser Lehre war die

    Signaturenlehre berhaupt erst mglich. Noch ein Beispiel eines Planeten, um dieDinge klar werden zu lassen. Alles wasdynamisch, hitzig, explosiv, eruptiv, span-nungsgeladen, antriebsstark, anregend,beschleunigend ist, bezeichnete man alsKraft des Mars. Heute wrden wir dieseKraft als Dynamik, Beschleunigungskraftoder Spannkraft bezeichnen. Damit ge-hrte z.B. die Feuer-Hitze, der Dorn oder

    Die erste KunstDieA strologie Ganzheitl iches Denken

    Ziel: Vernetztes Denken

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    Nagel, dieWaffe, das Metall Eisen oderdieFarbeRot zum Planeten Mars. Im Men-

    schen entspricht dies dem cholerischenTemperament, entspricht z.B. einer hoheninneren Spannkraft, Kampfbereitschaft,Durchsetzungswillen und Aktivittsdrang.Alle Pflanzen, die brennen (wie z.B. Nes-seln) oder die stechen (Dornstrucher),galten dem Mars zugehrig.

    Sie ersehen daraus, welch faszinierendeZusammenhnge entstehen, und dieseArtErkenntnis forderte Paracelsus. Der Menschkann mithilfe der Astrologie erkennen,

    was in seinem Leben geschieht und erkann mit ihrer Hil fe lernen, im Einklangmit den Energien zu leben und sie weisezu nutzen.

    Paracelsus bernimmt auch die damalsgngigeVorstellung, dassdiegttlicheKraftzuerst auf das Gestirn und seinen Planeteneinwirkt. Dann erst wirkt diese Energie alsplanetarische Kraft auf die Wesen der Erdeein. Wenn etwas abstirbt oder vergeht auf

    dieser Erde, zeigt sich fr Paracelsus diesvorher im Ursprung, nmlich in der Plane-tenkraft, die schwach wird. Pflanzen undTiere reagieren viel schneller auf die Plane-tenkrftealsder Mensch, weshalb der klugeMensch aus deren Verhalten seine eigeneZukunft erkennen kann. Auch dies hat derHimmelsschpfer laut Paracelsus so ein-gerichtet, dass dem Menschen Erkenntnisdaraus erwachse. In der Tat ist das, was wiraktuell auf der Erde von einem Planetenaus wahrnehmen, seine Vergangenheit.Lange bevor eine negative Entwicklungden Menschen erreicht, ist sie schon imPlaneten sichtbar. Voraussetzung fr diesesDenken war die allen Kulturen gemein-same Weisheit, dass es eine Urquelle gibt,aus der alles Sein entspringt und wohin eswieder zurckkehrt. Materie galt nicht alstoter Stoff, sondern als dichteste Form

    jener Energie, die aus dieser Urquelle ent-

    stammt. Somit stand jedesLeben im Bezugzur Urquelle, wie auch im Bezug zuein-

    ander. Daraus ergeben sich Krfteverhlt-nisse, Proportionen. DieseVerhltnisseaufzudecken, war dieAufgabe der Astro-logie. Sie untersuchte die Entfaltung vonLeben in Zeit und Raum. Paracelsus ver-steht unter Gestirn schon damals nicht nurden astronomisch zu erfassenden Planeten,sondern spricht vom inneren Gestirn. Da-mit meint er die inneren Krfte, die einWesen bewegen. Er vertritt dieAuffassung,dass jemand, der Horoskope erstellt und

    keineAhnung vom Gestirn des Schicksalsoder von den Gestirnen der 4 Elementehat, eine vllig bedeutungsloseArbeit tut.Es gilt, ihm Zugang zum Wesen dieser un-sichtbaren Krfte zu schaffen, die dieWeltbewegen.

    DieAstrologie lehrt fr ihn mehr dieSinnzusammenhnge und entspricht dem,was wir heute als ganzheitliches Denkenbezeichnen. Lesen wir Astrologiebcher,

    so haben wir eine Unmenge an Detailsund Fakten, aber kein Mensch kann darausallein eine vernnftige Horoskopdeutungerstellen, wie die Computerhoroskope jazeigen. Es gil t das faktischeWissen derAstrologie zu studieren, aber dann gil t esdie inneren Zusammenhnge zu erkennenund eine ganzheitliche Betrachtungsweisezu entwickeln. Dies kann man in der Be-schftigung mit der Astrologie erlernen.Es ist die Fhigkeit z.B., die ein guter Arzthat, wenn er den Patienten in allen Detailssieht, daraus aber sich ein ganzheitlichesBild machen kann und die Zusammen-hnge erkennt. DieAstrologie wird heutehauptschlich im psychologischen, bera-tenden Bereich genutzt, mit gutem Erfolg.Aber viele andereAspekte der Astrologiewerden noch viel zu wenig in der ffent-lichkeit bercksichtigt. DieAstrologie lehrtdie greren Zusammenhnge, zeigt das

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    DasWort Magie hat fr uns heute vieleBedeutungen. Paracelsus drfte unter ihrdie anima mundi verstanden haben, die

    Weltseele, die mithilfe von Schwingungbewirkt, dass sich aus der Ursubstanz, derUrmatrix, die vielfltigen Erscheinungs-formen der irdischen Welt herauskristalli-sieren. Vergleichbar ist dies der EndeckungdesPhysikersChladni, der Staub oder Sandauf eine Metallplatte gab und mit einemBogen dieselbe anstrich. Jeder Ton erzeugteein anderes geometrischesMuster. DerForscher HansJenny setzte dieseForschun-

    gen in den 50er Jahren fort und bezeichnetedieses Gebiet als Kymatik. Die Schwin-gungen der Tne bewirken eine Ordnungder Molekle, was eine bestimmte Strukturund Form hervorruft und gleichzeitigmuss eine Resonanzfhigkeit, eine Wahr-nehmungsfhigkeit vorhanden sein, dieauf die Schwingungen reagiert. Jedes Ding,

    jede Substanz hat also Empfindung undtrgt eine bestimmte Schwingung in sich.Von nichts anderem geht die Magie aus.

    Sie ist sozusagen eineSchwingungs-Wissen-schaft. Sie erforscht, welchem Ding welcheSchwingung innewohnt und wie Schwin-gung bertragen werden kann. Aus diesemGrund ist dieTonkunst auch immer einezutiefst magische Kunst gewesen. Fr unsheute fllt die Bioenergetik, Resonanzthe-rapie und die Schwingungsmedizin unterdiese Kunst. Sie nimmt mithilfe verschie-dener Methoden die Eigenschwingung

    eines Klienten auf und kann sie verndern.Auch dieArbeit mit Blten-Essenzen flltdarunter.

    Paracelsus kannte dieseKunst auch. Nachalter berlieferung bertrug er bestimmteSchwingungen auf Steine, Bilder oderGemmen. Verwendet wurden dabei Zei-chen, Buchstaben, Namen, Formen oderPflanzen. Sie dienten dann als Schutz-amulette. Fr Paracelsus steckten in allenDingen spezifische Energien, in Buchsta-ben, Lauten und Namen. Diese zu kennenund in Wirkung zu versetzen, war fr ihn

    dieAufgabe des Magiers. Dies war altekabbalistischeTradition und noch heutegibt es in Indien die Kunst des Mantrams,also magischeWorte, die bestimmte Ener-gien anregen oder abschwchen. Paracelsusschtzte dieMagie sehr hoch ein. Zwischeneinem Heiligen und einem Magier gab esfr ihn nur einen Unterschied: der Heiligewirkt allein durch Gott,whrend der Magiermit dem Wissen um die Natur der Dingewirkt. Vor allem in der Heilkunst hielt Pa-

    racelsus diese Kunst fr wichtig, da Krank-heit fr ihn durch falsche Strahlung, durchden Einfluss falscher Energien erzeugtwurde. Mittel zu finden, die die richtigeSchwingung wieder herstellen oder berHnde oder Gedanken positive Energienbertragen, das waren die Methoden derMagie. Ein Gedanke, den Samuel Hahne-mann dann so erfolgreich in seiner Homo-pathie ausgearbeitet hat. Magie war also

    Die zweite KunstDieM agie Die Bio-Energeti k

    Ziel: Selbstverwandlung

    Netz, dasdie Dingedieser Erdezusammen-hlt. In der Beschftigung mit ihr knnen

    wir im besten Sinne vernetztes Denkenlernen. Im Zuge der fortschreitenden Glo-

    balisierung, des Zusammenwachsens derWeltteile, im sprunghaften Ansteigen von

    Wissensfakten, ist diese Fhigkeit dringendntig.

  • 7/27/2019 BombastusGes Heft17 GAUGER: Das Ringen um ganzheitliche Erkenntnis in Paracelsus+Bhme (Philosophia Peren

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    stets dieWissenschaft von den Energienund deren Handhabung. Der Schler, der

    sich in richtiger Weise mit Magie beschf-tigt, kommt nicht umhin, dass er sich imLaufe des Prozesses selbst verndert, seineEnergien neu strukturiert. Es gleicht demWerk desAlchemisten, der zwar den Steinoder dasGold sucht, in dem aber dieSelbst-verwandlung zu einem hheren Menschen-bild hin das eigentlicheZiel ist. Der lapis,der Stein, ist dieSeele.DasWerk desSchlersder M agie fngt stets bei ihm selbst an. Ermusserkennen,dassdiepersnlicheSchwin-

    gung Ergebnisse anzieht, die auf diese aus-gesandteSchwingung resonieren. So wird

    jemand, der selbst mit sich uneins ist, stetsdisharmonische, unzufriedene Ergebnisseanziehen, der zornige Mensch wird stetsKonflikte anziehen. Seine eigene Schwin-gung in der Welt erkennen, sie in einehhere Schwingung zu verwandeln, istder Weg.

    DieVoraussetzung fr diese Kunst ist dasalteWissen, dass es verschiedene Ebenender Wirklichkeit gibt. Fr einen Trumer istsein Traum eine absolut realeWelt, auch inkrperl icher Hinsicht, was sich sptestensdann beweist, wenn jemand schweige-

    badet und mit rasendem Puls aus einemTraum hochschreckt. Oder umgekehrt kanndie irdischeWirklichkeit in extremen emo-tionalen Situationen, also durch bergroeFreude oder bergroen Schmerz, unwirk-lich werden. Wir sprechen dann z.B.voneinem Alptraum. Hier mischen sich zweider Wirkl ichkeitsebenen menschlichenErlebens. Der Harmoniker Hans Kayserfragte sich zu Beginn dieses Jahrhunderts,

    Gerade heute findet der Aspekt derEnergetik wieder ein ganz entscheidendes

    Interesse. Bio-Energetische Heil- undMessverfahren, dieMglichkeit energetischInformationen auf Trgersubstanzen zubertragen, Homopathie usw. erlebenheute wieder einen groen Aufschwung.Und ihnen gehrt die Zukunft. Dennschon heuteist es z.B. in der Medizin nichtmehr mglich, sehr viele Krankheitengenau zu diagnostizieren, denken wir z.B.nur an den Bereich der Allergien, der psy-chosomatischen und