Bonn-Global - Immer Bunter im Haus der Geschichte...

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G LOBAL bonn Nr. 1 Mai | Juni | Juli 2015 Magazin des interkulturellen Lebens für Bonn und Umgebung BEETHOVEN VERBINDET! Immer Bunter im Haus der Geschichte Eiszeitjäger

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G l o b a lb o n n Nr. 1

Mai | Juni | Juli 2015

Magazin des interkulturellen Lebens für Bonn und Umgebung

BEETHOVEN VERBINDET!

Immer Bunter im Haus der Geschichte

Eiszeitjäger

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Vom Preisträger des Lyrikpreises postpoetry.nrw 2014:Marcus Neuert – Irrfahrtenbuch

Gedichte und kleine Prosa | 1. Auflage 2015 | 100 S., BroschurISBN 978-3-945177-20-4 | € 9,90

Odyssee? Das Hineingeworfensein ins Leben. Die Details, die uns überall gefangenneh-men. Die Gefährlichkeit des Alltäglichen. Die Schatten der Gegenwart. Das Lähmende der Zukunft. Und die Möglichkeiten der Vergangenheit. Ja, so könnte eine Odyssee aussehen. Neuerts Texte, die sich an der Grenze zwischen Lyrik und Prosa bewegen, lassen sich ein auf das Beobachten, das genaue Sezieren der erlebten Welt und der Sprache. So erzählen sie nur vordergründig vom Reisen im topografisch Fassbaren, schwimmen im Hirnstrom, gerinnen an der Herzhaut, zaubern ein Lächeln, stoßen ins Licht.

Vom Schöpfer des Beethon vor der Beethovenhalle:Klaus Kammerichs – Bildlegenden

Fotografien von 1948 – 1954 | Herausgegeben von Eva Weissweiler für den Kölner Auto-renverband AURA 09 | 1. Auflage 2015 | Broschur, 96 S. | ISBN 978-3-945177-18-1 | € 10,-

16 Fotografien mit Texten von Renate Gruber, T. O. Immisch, Eva Weissweiler, Ulla Less-mann, Isolde Ahr, Pilar Baumeister, Erasmus Schöfer, Andrea Karimé, Mathilde Kriebs, Monika Seyhan, Rosemarie Monhart, Rumjana Zacharieva, Reinhard Bartsch, Gudula Kanzmeier, Gerd Uhlenbruck, Rosemarie Monhart, Gudula Kanzmeier. Die in diesem Bildband gezeigten Fotografien wurden 1954 von L. Fritz Gruber entdeckt und auf der „photokina“ Köln ausgestellt. Sie entstanden, bevor Klaus Kammerichs durch seine Fotoskulpturen, wie die von Beethoven vor der Bonner Beethoven-Halle, international bekannt wurde.

... die Wirklichkeit des gelebten Augenblicks trifft jeden anders.Uta Harst – Goldregenkinder

Keine Novelle | mit Illustrationen von Ruth Tauchert | 1. Auflage 2015 | Klappenbroschur, 130 S. | ISBN 978-3-945177-19-8 | € 9,90

Als »Keine Novelle« beschreibt Uta Harst in der Unterzeile zum Titel ihre Geschichte der 30-jährigen Betty, die wegen ihrer Lebensumstände in eine tiefe Depression fällt. Als Kriegsflüchtling mit fünf Jahren vom Bruder der getöteten Mutter nach Deutschland ge-bracht, sieht sie für sich nun keine Zukunft mehr: Arbeitslos, schwanger und vom Vater des Kindes verlassen, wird sie in einem ungenutzten Hotelkomplex eingeschlossen. Dort trifft sie auf einen Zwerg, der sie zwingt, sich den verdrängten Kindheitserlebnissen von Krieg und Flucht zu stellen.

www.freepenverlag.eu

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bonnEditorial

bonn global Nr. 1/2015 3

Bonn-GlobalMagazin des interkulturellen Lebens für Bonn und Umgebung

HerausgeberFree Pen Verlag der PerspektiveGlobal GmbH

HausanschriftBrüdergasse 16–1853111 Bonn

FirmensitzPfarrer-Schneider-Str. 2753121 Bonn

Geschäftsführer: Dr. Dietmar Schubert, Imam Eray

RedaktionJürgen Eis, Dr. Dietmar SchubertTel.: 0228 180 373 13Mail: [email protected]: www.bonn-global.de

GestaltungJürgen Eis

DruckKoges GmbH

VertriebKulticus Promotion GbR

[email protected]

Anzeigenpreisliste: 01/2015, www.bonn-global.de/mediadaten

Autoren dieser AusgabeHıdır Eren Çelik, Jürgen Eis, J. Michael Fischell, Christoph Gappa, Nino Müntnich, Sandra Prüfer, Claudia Nemat, Julia Nikolic, Sinan Cem Öztürk, Samuel A. Sorokin-Cangé

TitelbildJürgen Eis

Nachdruck oder Vervielfältigungen in jeder Form, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Da-teien übernimmt der Verlag keine Haftung.

Kostenlose Verteilung

Die nächste Ausgabe erscheint im August 2015

Auflage 5.000

ISSN 2364-5679

Liebe Leserinnen und Leser,

mit der ersten Ausgabe von Bonn-Global stellen wir Ihnen ein Magazin vor, das sein Hauptaugenmerk auf das vielfältige interkulturelle Leben der Bundes-stadt und ihrer Umgebung richtet und sich damit an Neu-Bonner, Bonner auf Zeit, aber selbstverständ-lich auch an die alteingesessenen wendet.

Jenseits aller Karnevalsromantik nimmt das his-torische Rheinland sicherlich eine besondere Stel-lung unter den deutschen Regionen ein. »Von der großen Völkermühle Rhein» (Zuckmayer) berichtet Samuel A. Sorokin-Cangé in seinem Artikel über 2000 Jahre Einwanderungsgeschichte (S.14), wäh-rend uns Sandra Prüfer in ihrem Bericht über die Eiszeitjäger-Ausstellung im LandesMuseum (S. 6) die ersten Bonner vorstellt, fachlich beraten von Dr. Gabriele Uelsberg, der Direktorin des Hauses. Zeit-gleich befasst sich auch das Haus der Geschichte mit dem Thema Einwanderung in seiner großen Ausstel-lung Immer bunter. Einwanderungsland Deutsch-land. Davon schreibt Nino Müntnich und unterhält sich mit dem Präsidenten der Stiftung Haus der Ge-schichte der Bundesrepublik Deutschland, Prof. Dr. Hans Walter Hütter (S. 10).

In Bonn leben heute Menschen aus 177 Nationen. Einer von Ihnen, der »angekommen ist, um zu blei-ben«, ist Erbil Türkdamer, Augenarzt in der Hoch-kreuz Augenklinik. Ihn stellt Christoph Gappa in einem Portrait vor (S. 17).

Aber auch das dunkelste Kapitel deutscher Ge-schichte, die Zeit des Nationalsozialismus, hat in Bonn seine Spuren hinterlassen. Die Stolpersteine des Gunter Demnig mit den Namen deportierter und ermordeter Bonner Bürger, haben Hıdır Eren Çelik zu einer ganz persönlichen Schilderung dieser Geschehnisse angeregt (S. XX).

Mit seinem »Spaziergang« durch die Bonner Alt-stadt (S. 20), beginnt J. Michael Fischell eine Reihe, mit der wir Ihnen, auch in den künftigen Ausgaben, die Bonner Veedel vorstellen werden.

Darüber hinaus finden Sie noch viele weitere Bei-träge, die hoffentlich Ihr Interesse finden und Ihnen manch unbekannten Aspekt des interkulturellen Lebens in unserer Stadt aufzeigen werden.

Wir freuen uns auf Ihre Kritik und Anregungen.

Ihre Bonn-Global-Redaktion

EditorialImpressum

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InhaltVon der Steinzeit bis zur Gegenwart: Bonn ist ein Schmelztiegel der Kulturen

Eiszeitjäger im LVR-LandesMuseum, von Sandra Prüfer 6

Immer bunter.

Über Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland im Haus der Geschichte von Nino Müntnich 10

Alles paletti? Samuel A- Sorokin-Cangé über 2000 Jahre Einwanderungsgeschichte 14

Angekommen, um zu bleiben

Erbil Türkdamar, Augenarzt, ein Portrait von Christoph Gappa 17

Ein Quartier zum Leben, Träumen und Überleben

Ein Spaziergang mit J. Michael Fischell durch die Bonner Altstadt 20

Beethoven verbindet ...

Nino Müntnich im Gespräch mit Dr. Michael Ladenburger vom Beethoven-Haus 24

»Wenn ich zeichne, bin ich glücklich!«

Der Carrtoonist Alp Gürhan Yalciner, von Jürgen Eis 26

What About Orfeo? / Look At Me!

Über CocconDance und die Junior Company, von Sandra Prüfer 28

Stolpersteine – für eine Erinnerungskultur gegen das Vergessen

Ein Plädoyer von Hıdır Eren Çelik 30

Think-Tank für globale Zukunftsfragen, von Sandra Prüfer 32

Weil Vielfalt ein Gewinn für Unternehmen ist

Über die Charta der Vielfalt, von Sandra Prüfer 34

Plädoyer für das Ende von Monokulturen im Unternehmen

von Claudia Nemat, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom AG 35

bonn global Nr. 1/2015 5

Die Idee des Burgers ist nicht neu, doch das Konzept von Uni Burger ist es auf alle Fälle – endlich wird der Burger so präsentiert und angeboten, wie es ein Produkt der moder-nen Systemgastronomie erfordert, das leider bisher viel zu lange unter dem Ruf "Fast Food" gelitten hat.Bei Uni Burger finden ausschließlich beste Zutaten Verwen-dung. Nur saftiges und frisches Rindfleisch, knackiges Ge-müse und natürliche, ausgewählte Soßen finden den Weg in und auf unsere Burger.Auf Grund unseres gemütlichen und modernen Ambientes, findet jeder Gast sein Plätzchen im Freien.

Arbeitsmarktzugang Drittstaatsangehöriger - Ausgrenzung oder Teilhabe?

Ein kritischer Aufriss von Christoph Gappa 36

Georgien – Mutterland des Weins, von Nino Müntnich 38

Halve Hahn Meets Döner

Bonns vielfältige Gastronomie, Von Sinan Cem Öztürk 39

POETRYpolis »Ein Gefühl in Deiner Sprache«

Über den multilingualen Künstlerwettbewerb, von Julia Nikolic 41

Editorial 3

Impressum 3

Tipps & Termine 41

Alps Welt 43

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Die Idee des Burgers ist nicht neu, doch das Konzept von Uni Burger ist es auf alle Fälle – endlich wird der Burger so präsentiert und angeboten, wie es ein Produkt der moder-nen Systemgastronomie erfordert, das leider bisher viel zu lange unter dem Ruf "Fast Food" gelitten hat.Bei Uni Burger finden ausschließlich beste Zutaten Verwen-dung. Nur saftiges und frisches Rindfleisch, knackiges Ge-müse und natürliche, ausgewählte Soßen finden den Weg in und auf unsere Burger.Auf Grund unseres gemütlichen und modernen Ambientes, findet jeder Gast sein Plätzchen im Freien.

Arbeitsmarktzugang Drittstaatsangehöriger - Ausgrenzung oder Teilhabe?

Ein kritischer Aufriss von Christoph Gappa 36

Georgien – Mutterland des Weins, von Nino Müntnich 38

Halve Hahn Meets Döner

Bonns vielfältige Gastronomie, Von Sinan Cem Öztürk 39

POETRYpolis »Ein Gefühl in Deiner Sprache«

Über den multilingualen Künstlerwettbewerb, von Julia Nikolic 41

Editorial 3

Impressum 3

Tipps & Termine 41

Alps Welt 43

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bonnGeschichte

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»Es gibt nicht viel, was den Men-schen mehr interessiert, wie die Frage, wo komme ich her und wer sind meine Ahnen«, sagt Dr. Gabriele Uelsberg, Direktorin des LVR-LandesMuseums in Bonn.

In dem Museum können die Besucher sich auf eine erlebnis-reiche Zeitreise der Menschheit begeben, von der Steinzeit bis in die Gegenwart. Obwohl die ersten Menschen Afrika schon vor zwei Millionen Jahren verlieβen, blieb Europa nördlich der Alpen lange Zeit menschenleer.

Der Schädel des ältesten Rhein-länders, der weltberühmte Ne-

andertaler, dessen Fossil (40.000 v.Chr.) 1856 in der Nähe von Mettmann gefunden wurde, ist ein Prunkstück der Daueraus-stellung. Die Neandertaler waren über 200.000 Jahre lang in Europa präsent, von Portugal bis Westsi-birien, sind dann aber ausgestor-ben. Die jüngste Gen-Forschung zeigt, dass Menschen in Europa und anderen Erdteilen jenseits von Afrika heute noch Spuren (bis zu 4 Prozent) vom Neandertaler in ih-rem Erbgut tragen.

Es muss also eine Begegnung dieser vorzeitlichen Menschenart

mit dem Homo sapiens sapiens und eine Vermischung stattge-funden haben. »Der Homo sa-piens sapiens zog nur langsam nach Norden. Im Zweistromland (Kleinasien) haben die Neander-taler und anatomisch moderne Menschen über lange Zeit mit-einander gelebt«, erläutert Uels-berg, die eine gebürtige Bonnerin und Kunsthistorikerin ist und das Museum seit 2004 leitet.

Im Februar 1914 machten Stein-brucharbeiter in Bonn-Oberkas-

Von der Steinzeit bis zur Gegenwart: Bonn ist ein Schmelztiegel der Kulturen

Jeder vierter Einwohner in Bonn hat heute einen Migrationshintergrund. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Stadt seit der Frühzeit durch Einwanderung geprägt wurde und die Geschichte der Menschheit eine einzige Abfolge von Wanderungen darstellt.

Von Sandra Prüfer

Auf den Spuren unserer multikulturellen Vorfahren im LVR-LandesMuseum

Die nachweislich ältesten Bonner

Die Schädel von Oberkassel Foto: Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn

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sel einen sensationellen Fund. Sie fanden zwei menschliche Skelet-te und die Überreste eines Hun-des. Die Untersuchungen von Archäologen der Universität Bonn ergaben, dass es sich um das Grab einer Frau und ei-nes Mannes han-delte, die vor über 14.000 Jahren in der Frühstein-zeit lebten. Die Arbeiter hatten damit die zweitäl-testen Belege des modernen Men-schen, des Homo sapiens sapiens, in Deutschland ent-deckt. Der mitbe-stattete Hund ist einer der ältesten Haushunde der Mensch heitsge-schichte. Im Grab wurden zudem aus Geweih und Knochen gefer-tigte Kunstobjekte und der Peniskno-chen eines Bären gefunden.

Anlässlich des 100. Jubiläums der Entdeckung des Doppelgrabes hat ein internationales interdiszi-plinäres Forscherteam die Über-reste von »Adam und Eva aus dem Rheinland« mit modernen

wissenschaftlichen Methoden un-tersucht. Die neuen Erkenntnisse werden im LVR-LandesMuseum in der Ausstellung «Eiszeitjäger –

Leben im Paradies” bis Ende Juni präsentiert.

Um den Eiszeitjägern, deren Skelette im Museum ausgestellt sind, ein Gesicht zu geben, hat die Frankfurter Gerichtsmedizinerin Dr. Constanze Niess anhand der

Schädelknochen die Ge-sichter der beiden rekon-struiert.

»Herr und Frau Ober-kassel unterscheiden sich optisch nicht vom heutigen Menschen«, sagt Uelsberg. Mittels DNA-Analyse und anth-ropologischen Untersu-chungen konnte nachge-wiesen werden, dass sie Anfang 20 war und min-

destens ein Kind geboren hatte. Er war Anfang 40. Sie hatten nicht dieselbe Mutter und waren wahr-scheinlich ein Paar. Ihre Nach-

fahren sind nach Norden gezogen und eng mit den Sami (auch Lap-pen genannt) verwandt, die im nördlichen Skandinavien leben.

Das Leben der Eiszeitjäger sei im Vergleich zu unserem hekti-schen Leben geradezu paradie-

Kinder entdecken die Eiszeit Foto: Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn

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sisch gewesen. »Sie arbeiten we-niger als vier Stunden am Tag und hatten Zeit, sich künstlerisch zu betätigen. Jeder konnte jagen und war satt. Die Temperaturen waren relativ mild. Es war eine angeneh-me Zeit«, schwärmt Uelsberg.

Beim Gang durch die interakti-ve Ausstellung können Besucher in das Alltagsleben der Jäger und Sammler eintauchen. Sie waren Semi-Nomaden, die in den Som-mermonaten in Jurten-ähnlichen Fellzelten lebten. In der nach-gebauten Wohnhütte sitzt Iris Maubach mit ihrem Sohn Johan-nes an der Feuerstelle. Der Junge wirft Stofftiere und Plastikgemüse in den Kochtopf und lernt durch Piepen, welche Tiere und Pflanzen die Eiszeitjäger gegessen haben. Sie verzehrten Mammut, Möhren und Haselnüsse, aber keine Äpfel, denn in der Eiszeit-Steppe war es noch zu kalt für Apfelbäume.

»Ich finde das toll gemacht und anschaulich für Kinder er-klärt. Man kann sich richtig vor-stellen, in diesem Zelt zu leben«, sagt Maubach, die in Brühl wohnt und das Museum öfters besucht. »Mein Sohn ist ein groβer Römer-fan. Wenn wir in Bonn sind, müs-sen wir uns den Caelius-Grabstein angucken.«

Das bei Xanten gefundene

Grabmal des römischen Haupt-manns Marcus Caelius ist der ein-zige sichere archäologische Beleg für die Varus-Schlacht (9 n. Chr.). Der Grabstein gehört zu den Pu-blikumsmagneten des Museums, das jährlich 100.000 bis 120.000

Besucher zählt - da-runter viele Schul-

klassen. »Kinder sind unsere treuesten Kunden«, freut sich Museumsdirektorin Uelsberg.

Lange bevor die Römer die ger-manischen Gebiete links des Rhei-nes eroberten und sich in Bonn nie-derlieβen, gab es eine Bewegung von Menschen aus dem Gebiet des heutigen Syriens, Iraks und der Türkei, die das Steinzeitleben ra-dikal veränderte. Vor knapp 8000 Jahren wanderten Menschen aus dem Nahen Osten nach Mittel-europa, die Landwirtschaft und Viehzucht mitbrachten.

Dieser Epoche, in der »Ötzi«

lebte und richtungsweisende kul-turelle und technologische Inno-vationen fallen, widmet sich die Ausstellung »REVOLUTION jungSTEINZEIT«, die Anfang September eröffnet wird.

»Einige Phänomene unserer heutigen Gesellschaft wurzeln in der Jungsteinzeit«, erklärt Uelsberg, denn mit der Einfüh-rung des Ackerbaus und der Sess-

haft-Werdung bekamen Land und Besitz eine Bedeutung. »Man muss Haus und Hof sichern. Neue Gesellschaften und soziale Hier-archien entstehen. Die Landwirt-schaft bündelt viele Arbeitskräfte. Ackerbau ist Knochenarbeit.«

Die Jungsteinzeit war laut Uels-berg ein Hort der Innovation. Das Rad wird erfunden, der Bergbau und europaweite Tauschnetzwer-ke entstehen. Die ersten rheini-schen Landwirte und Viehzüchter lebten in Langhäusern und wa-ren Pioniere der Metallverarbei-tung, des Töpferhandwerks und Brunnenbaus. »Der Brunnen von Kückhoven (bei Erkelenz) ist 13 Meter tief, nur mit Holz gebaut und ein Meisterwerk der Zimmer-mannskunst«, sagt Uelsberg.

Für die Einwanderer aus dem Morgenland war das Rheinland ein sogenanntes Gunstland. Es gab reichlich Wasser, fruchtba-

ren Boden, ein mil-des Klima und den

Rhein als Wasserstraβe, über den man Fernhandel betreiben konnte. Rituelle Objekte, wie Schmuckbeile, kamen zum Bei-spiel aus Norditalien. Feuersteine aus der Nähe von Aachen finden sich in ganz NRW. Schon damals hat es wandernde Händler und Handwerker gegeben. »Sie reis-ten mit den rohen Feuersteinen, die sie vor Ort verarbeiteten. Wis-senstransfer entsteht nur durch Bewegung. Entweder man wird eingeladen oder macht sich selbst auf den Weg«, erläutert Uelsberg.

Mit der jungzeitlichen Revolu-tion begann die moderne Zivili-sation in Europa. Die Bewohner sind im Rheinland sesshaft geblie-ben. Nach der Bronzezeit kam die Eisenzeit, und damit kamen die Kelten ins Rheinland.

Völker und Nationen sind kul-turelle Konstrukte. Museumsdi-rektorin Uelsberg erklärt, dass

Paradiesisches Leben

Dr. Gabriele Uelsberg, gebürtige Bonnerin, Kunsthistorikerin und seit 2004 Direktorin des LVR-LandesMuseum Bonn

Foto: Jürgen Eis, aus dem Projekt »Bonner Köpfe«

Revolution in der Jungsteinzeit

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die Bezeichnungen Kelten und Germanen von den Griechen und Römern übergestülpte Label sind. Julius Cäsar habe bei seinen Er-oberungszügen (58-51 v. Chr.), die im nördlichen Europa lebenden Stämme einfach in einem Sam-melbegriff zusammengefasst und das Kunstwort Germanen erfun-den.

Die Römer haben kämpferische und aufmüpfige fremde Stäm-me militärisch bekämpft und die anderen integriert. Der im Rheinland und in der Eifel leben-de Keltenstamm der Eburonen setzte sich, angeführt von König

Ambiorix, zunächst gegen die Rö-mer erfolgreich zu Wehr, wurde aber letztlich von der Übermacht Roms niedergeschlagen.

Bonn war bereits eine Stadt, be-vor die Römer ihr Lager in Bonn-Castell aufschlugen. Die römi-schen Soldaten benötigten eine Infrastruktur und Nahrung, denn die Legionäre haben selbst keinen Ackerbau betrieben. Die römi-

schen Eroberer waren fasziniert von der unterlegenen Kultur der Kelten und integrierten Elemente des keltischen Lebens, der Religi-on und Kunst in ihre Kultur.

»Die Römer waren integrativ und ein bunt gemischter Haufen. Der Trick war die gemeinsame Sprache«, erläutert Uelsberg. La-tein und die politische Ordnung -- mit einer fundierten Gerichtsbar-keit und öffentlichen Verwaltung -- bildeten das Rahmenwerk, das das römische Reich zusammen-hielt und die enorme kulturelle Vielfalt und Koexistenz zuließ.

Zu den in Bonn stationierten Legionären gehör-ten Kelten, Gallier

und Bewohner aus dem östlichen Teil des römischen Reiches. Es ist überliefert, dass Bonns Stadt-patrone Cassius und Florentius schwarze Legionäre aus Nordaf-rika waren. Der Legende nach gehörten sie zu der von Mauritius (Sankt Moritz) angeführten The-bäischen Legion, deren sämtliche Mitglieder Christen waren und gegen Ende des 3. Jahrhunderts

hingerichtet wurden, weil sie sich geweigert hatten, gegen ihre Glau-bensbrüder zu kämpfen.

Die römischen Legionäre waren Berufssoldaten, von denen eini-ge nach Ablauf ihrer Dienstzeit in Bonn Wurzeln geschlagen und Kinder hinterlassen haben. Roms Herrschaft am Rhein dauerte bis Mitte des 5. Jahrhunderts. Da-nach übernahmen die Franken die Macht.

Der nächste Migrationsschub erfolgte während der Völkerwan-derung im 6. und 7. Jahrhundert, als ganz Europa in Bewegung ge-riet, ausgelöst von den aus Sibirien eindringenden Hunnen und Tata-ren. Die Langobarden zogen zum Beispiel aus dem Elbgebiet nach Norditalien und die ostgermani-schen Goten bis in die Türkei.

Seit der Frühzeit wurde über den Rhein kontinuierlich inter-nationaler Handel und ein reger interkultureller Austausch betrie-ben. Das hat nicht nur die Kul-turlandschaft, sondern auch die Mentalität der Menschen nach-haltig geprägt.

LVR-LandesMuseum Bonn / Rheinisches Landesmuseum für Archäologie, Kunst- und KulturgeschichteColmantstr. 14-16 | 53115 Bonn | Tel. +49 (0) 228 2070-351www.landesmuseum-bonn.lvr.deÖffnungszeiten:Di - Fr, So 11-18 Uhr, Sa 13-18 Uhr, Mo geschlossenGruppenführungen für Schulklassen ab 9:30 Uhr möglichEintrittspreiseErwachsene 8 Euro, ermäßigt 6 Euro. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten freien Eintritt.Ticket im Vorverkauf: Inklusive VRS-Fahrausweis über www.bonnticket.de bzw. Ticket-Hotline 0228 502010 und an allen be-kannten Vorverkaufsstellen, 9,75 Euro / ermäßigt 7,55 EuroFoto: Jürgen Eis

Rebellische Kelten, integrativeRömer

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bonnKultur

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Vom 10. Dezember 2014 bis zum 9. August 2015 zeigt das Haus der Geschichte in Bonn die Ausstellung „Immer bunter. Einwande-

rungsland Deutschland“. Der Zeitabschnitt von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart wird abgedeckt, Thema sind die Einwanderer, die sich entschlos-sen haben, nach Deutschland zu kommen.

Die Her-k u n f t s l ä n d e r dieser „Gastar-beiter“ in den 1950er Jahren waren unter anderem Ita-lien, Spanien, Portugal, Grie-chenland und die Türkei. Die Menschen zog es nach Deutsch-land, auch um ein Leben am Rande des Exis-tenzminimums in ihren Her-k u n f t s l ä nd er n hinter sich zu lassen. Für die „Gasta rbeiter“ (80% Männer, 20% Frauen) sollte der Auf-enthalt in der Bu ndesrepubl ik zeitlich begrenzt sein. Um Kosten zu sparen, wur-den Gesundheitstests bereits in den Herkunftslän-dern durchgeführt.

Es kam nicht selten vor, dass die Einwanderer über 50 Stunden für die Bahnfahrt nach Deutschland be-nötigten, es wurden nämlich Nahverkehrszüge für die Beförderung eingesetzt. Nicht ungewöhnlich

war für die angekommenen Arbeitnehmer, dass sie pro Jahr in vier verschiedenen Betrieben tätig wa-ren.

Der millionste „Gastarbeiter“ war ein Portugiese, der in seiner Heimat leider früh verstarb.

Eine kleine Anekdote: In den 1950er Jahren woll-ten Italiener in Baden-Württem-berg Spaghetti kaufen. Sie frag-ten Landwirte nach dem nächs-ten Geschäft, welches Spaghet-ti im Sortiment führt. Die Ant-wort der verdutz-ten Bauern war: „Erst müssen wir sie pflanzen und wachsen lassen, dann werden sie geerntet und da-nach können wir sie kochen.“ Die Bauern hielten damals Spaghetti für ein Gewächs.

„Ve r t ra g s a r-beiter“, so wur-den die Arbeits-migranten in der DDR genannt, stammten aus ebenfalls sozia-listischen Län-

dern, namentlich aus Vietnam, Mosambik, Angola, Kuba, Algerien, Ungarn und Polen. Hauptsächlich wurden die Arbeiter in der Industrie beschäftigt, sie mussten einfache, niedere Tätigkeiten verrichten. Dies stand im Gegensatz zur Propaganda der DDR, die den Aufenthalt der Menschen als Akt internati-onaler Solidarität darstellte.

Immer bunter.Ein Bericht über die Ausstellung Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland und ein In-terview mit dem Präsidenten der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-land Prof. Dr. Hans Walter Hütter von Nino Müntnich.

Plakat zur Ausstellung »Immer bunter« © Büro Weiss, Berlin

Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

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bonnKultur

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Prof. Dr. Hütter, der Präsi-dent der Stiftung Haus der Geschichte, hat unserem Ma-gazin ein Interview gegeben. Nino Müntnich sprach mit ihm.

Nino Müntnich: Herr Prof. Hüt-ter, die Stiftung Haus der Geschich-te umfasst vier Museen: Das Haus der Geschichte in Bonn, das Zeit-geschichtliche Forum in Leipzig, in Berlin der Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße und das Museum in der Kulturbrauerei. Welche Aufga-ben haben diese Museen?Prof. Dr. Hütter: Die Stiftung hat

den Auftrag, deutsche Geschichte seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart in internatio-nalen Bezügen zu zeigen. Und wir erfüllen diese Aufgaben in Form von Ausstellungen, museumspäd-agogischen Aufgaben, Publikatio-nen und Veranstaltungen.Müntnich: Haben diese Museen gleiche oder verschiedene Aufgaben?Hütter: Die Themenschwerpunk-

te sind schon unterschiedlich. In Bonn zeigen wir die größte Aus-stellung, die deutsche Geschichte des geteilten Landes, die friedli-che Revolution 1989, die Wieder-vereinigung und die Zeit bis zur Gegenwart, die gesamte Breite von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur wird präsentiert.

In Leipzig haben wir eine etwa halb so große Ausstellung wie in Bonn. Dort liegt der Schwerpunkt auf Opposition und Widerstand gegen die SED-Diktatur, der friedlichen Revolution und dem Ausblick auf das wiedervereinigte Deutschland.

In Berlin wird es noch spe-zieller, im Tränenpalast zeigen wir die Erfahrungen der Teilung Deutschlands. Im Museum in der Kulturbrauerei wird der Alltag in der DDR dargestellt.Müntnich: Sie sind der Präsident der Stiftung. Wie sind Sie in diese Stelle berufen worden?Hütter: Seit 1986 arbeite ich hier im Hause, zuerst als wissenschaft-

licher Mitarbeiter und ab 1990 als Abteilungsleiter. Später wurde ich stellvertretender Direktor, 2007 Präsident. Alle Stationen habe ich vom ersten Tag an erlebt.Müntnich: Wer entscheidet über eine Wechselausstellung?Hütter: Entscheidungen über Wechselausstellungen werden in Diskussionen mit Wissenschaft-lern, Abteilungsleitern und dem Präsidenten getroffen. Der Präsi-dent schlägt den Gremien Themen zur Beratung vor; bislang gab es kein Thema, das abgelehnt wurde.Müntnich: Wie werden Ausstel-lungs-Ideen schließlich realisiert?

Hütter: Es ist ein zwei- bis d re i jä h r i ge r Prozess von der Idee bis zur Ausstel-lung. Die Re-alisierung der Wechselau s-stellung mit dem Thema „Immer bun-ter. Einwan-der u ngsla nd Deutschland“ hat allerdings länger gedau-ert. Beim ers-ten Hinsehen war klar, es gab Ausstel-lungen mit

dieser Thematik. Wir haben einen neuen Schwerpunkt gesucht und gefunden.

Diese Wechselausstellung zei-gen wir acht Monate in Bonn, dann ein halbes Jahr in Leipzig. In diesen Wochen treffen wir uns mit Kollegen aus Berlin, um zu bespre-chen, ob wir auch im Deutschen Historischen Museum in Berlin die Ausstellung zeigen werden.Müntnich: Aus welchen Gründen hat sich das Haus der Geschich-

Karikatur von Greser & Lenz © Greser&Lenz

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bonnKultur

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te für diese Wechselausstellung „Immer bunter. Einwanderungs-

land Deutschland“ entschieden?Hütter: Das ist ein gesellschaft-lich relevantes Thema der Gegen-wart: Menschen mit Migrations-hintergrund – „Gastarbeiter“ sag-te man früher, in der DDR „Ver-tragsarbeiter“ – leben seit Jahr-zehnten in unserer Gesellschaft. Diese Thematik hat gesellschaftli-che Relevanz, hat eine historische Dimension sowie Gegenwarts-

bezug. Das Thema greift zurück ins frühe 19. Jahrhundert und ist

nicht nur deutsches Thema, son-dern auch Thema für die Länder, woher die Menschen kamen.Müntnich: Welche Ausstellungs-ideen gab es noch?Hütter: Seit Gründung der Stif-tung gab es über 60 Wechselaus-stellungen, alle wurden von uns entwickelt, auch zu aktuellen The-men. Zum Beispiel gibt es derzeit in Leipzig eine Ausstellung über

Medien und Politik, die ab dem 2. Oktober 2015 nach Bonn kommt und sich mit dem Verhältnis zwi-schen Politikern und Medienver-tretern beschäftigt, mit derer ge-genseitiger Abhängigkeit.

In Leipzig zeigten wir die Aus-stellung „Schamlos? Sexualmoral im Wandel“. Sie beschäftigt sich mit dem Umgang mit der Sexuali-tät im Lande. Sie wird am 29. Mai in Bonn eröffnet.

Nächstes Jahr zeigen wir eine Ausstellung über deutsche My-then seit Ende des Zweiten Welt-krieges, zudem eine Ausstellung zur Zeitgeschichte im Film.

Die Wechselausstellungen bei uns haben immer Bezug zur Ge-genwart und einen historischen Hintergrund. Sie greifen gesell-schaftliche Themen auf vor dem Hintergrund deutscher Geschich-te.Müntnich: Wie ist der Anteil der Besucher der Wechselausstellung „Immer bunter. Einwanderungs-land Deutschland“? Besuchen diese Ausstellung vorwiegend Deutsche oder Ausländer?Hütter: Den Anteil der Besuche-rinnen und Besucher mit Migra-tionshintergrund kann man gar nicht messen, weil wir sonst jeden Einzelnen fragen müssten, wo-her derjenige oder diejenige ur-sprünglich kommt. Müntnich: Es werden in dieser Wechselausstellung rund 800 Ex-ponate gezeigt. Welches Ausstel-lungsexponat liegt Ihnen beson-ders am Herzen?Hütter: Es gibt viele verschiede-ne Exponate, die interessant sind, allerdings drei Gegenstände sind mir sehr nah: Das Moped des mil-lionsten „Gastarbeiters“, welches wir in der Ausstellung zeigen. Als wissenschaftlicher Mitarbei-ter habe ich seinerzeit die Fahr-zeugsammlung betreut. Und 20 Jahre Arbeit mit Bezug zu diesen

Ein Moped, das Geschenk für den ein millionsten Gastarbeiter Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker

Prof. Dr. Hans Walter Hütter

Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Foto: Jürgen Eis, aus dem Projekt »Bonner Köpfe«

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bonnKultur

bonn global Nr. 1/2015 13

Gegenständen verbindet. Ein Ad-ventskalender: Eine türkische Fa-milie übertrug die deutsche Tra-dition auf ihre Religion und ihren Alltag. Eine auf den ersten Blick eher unscheinbare Geschichte, die doch viel von der Integration erzählt.

Und das Mahnmal-Kunstwerk: Es ist entstanden aus Bruchstü-cken, aus Überresten eines Boo-tes, mit welchem Flüchtlinge ver-sucht haben, über das Mittelmeer nach Italien zu kommen. In dieses Kunstwerk integriert sind einige Musikkassetten, auf denen die Flüchtlinge Musik aus ihrer Hei-

mat mitgenommen haben – prak-tisch das Einzige, was ihnen blieb aus Afrika. Das Boot ist gekentert. Aus den Resten hat der Künstler Giacomo Sferlazzo dieses Kunst-werk gefertigt. Es weist über die reine Arbeitsmigration hinaus, es verweist auf die Probleme der Ge-genwart, aber auch der Zukunft.

Es sind drei sehr unterschiedli-che Objekte mit verschiedenen in-haltlichen, aber auch unterschied-lichen emotionalen Zugängen.Müntnich: Welches politische Thema ist aktuell für Sie in der heutigen Bundesrepublik am be-deutendsten?

Hütter: Die Flüchtlingspolitik ist das aktuellste Thema und hängt zusammen mit kriegerischen Aus-einandersetzungen in der Ukrai-ne, in Syrien und anderswo auf der Welt. Es steht auch im Zu-sammenhang mit immensen wirt-schaftlichen Problemen in Afrika. Und wir hier in Europa sollten un-bedingt nach Antworten suchen, wie diese Menschen in ihren Her-kunftsländern menschenwürdig leben können, nicht fliehen müs-sen. Müntnich: Sehr geehrter Prof. Hütter, vielen Dank für das Ge-spräch.

Haus der GeschichteWilly-Brandt-Allee 14 | 53111 Bonn | Tel.: 0228 91 65 0E-Mail: [email protected] | www.hdg.deÖffnungszeitendienstags bis freitags von 9.00 bis 19.00 Uhr,samstags, sonntags und feiertags von 10.00 bis 18.00 UhrEintritt frei

Die Ausstellung »Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland« läuft noch bis zum 9. August 2015.

Foto: Stiftung Haus der Geschichte/ Axel Thünker

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bonnGeschichte

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Deutschland – 60 Jahre Einwanderungsland 2000 Jahre Einwanderungsgeschichte

Sechzig Jahre ist es nun her, dass die Bundesrepublik mit Italien 1955 das erste Abkommen zum Anwerben von Arbeitsmigranten geschlossen hat. Sechzig Jahre sei Deutschland nun ein Einwanderungsland. Zum Jubi-läumsjahr wird das Thema vielerorts aufgegriffen, so wie in der aktuellen Ausstellung „Immer bunter. Einwan-derungsland Deutschland “, die noch bis zum 09. August 2015 im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen ist. – Von Samuel A. Sorokin-Cangé

Neben öffentlichen Bekundungen zur Multikulturalität der Bun-desrepublik wird das Jubliäum durch steigende Xenophobie in-nerhalb der Gesellschaft beglei-tet. Die Fremdenfeindlichkeit nimmt mancherorts immer dras-tischere Züge an. Dreiundzwan-zig Jahre nachdem die Bilder vom brennenden Asylantenheim in Rostock-Lichtenhagen und der hilflosen Feuerwehr, die durch die applaudierenden Menschenmas-sen nicht zum lodernden Gebäude vordringen konnte, um die Welt ging, vergeht keine Woche, an der nicht wieder Brandanschläge

auf Flüchtlingsheime verübt wer-den. Vorra, Tröglitz, Hoyarswer-da, und nun Hamburg und Ber-lin-Lichtenberg. Es vergeht auch keine Woche, ohne Nachrichten von im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen. Nur in den ersten Monaten dieses Jahres starben nach offiziellen Angaben über 1600 Menschen auf dem Weg in die „Festung Europa“. Die Dun-kelziffer ist weitaus höher. Schät-zungen der Internationalen Or-ganisation für Migration zufolge fanden seit der Jahrtausendwende etwa 22.400 Menschen im Mittel-meer den Tod.

Die Positionen im Umgang mit der humanitären Katastrophe vor unseren Augen und der zuneh-menden Einwanderung sind so unterschiedlich wie unsere Ge-sellschaft vielfältig ist. Während die PEGIDA-Bewegung gegen die vermeintliche Überfremdung des Abendlandes Sturm läuft, errich-ten in Berlin engagierte Bürger Protestcamps, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf die geltende Abschiebungspraxis zu lenken. Die AfD macht sich mit polarisie-renden Aussagen die Unsicherheit bei Teilen der Gesellschaft zunut-ze, um sich in der bürgerlichen

Alles paletti?

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bonnGeschichte

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Mitte zu verankern, während sich vielerorts Bürger und Unter-nehmen für die Verbesserung der Lebensbedingungen der in ihren Kommunen untergebrachten Zu-wanderer einsetzen. Bei einigen Bürgern lösen diese Prozesse Ver-unsicherung aus, schüren Ängste und Vorurteile. Andere betrach-ten den Erfolg der Integration dieser Menschen in die Mitte der Gesellschaft als eine kollektive Aufgabe, die auch von jedem Ein-zelnen ein Mindestmaß an Hilfs-bereitschaft und Engagement er-fordert.

Menschen hatten stets ein größe-res Interesse an Kommunikation und Mobilität als an Grenzen. Eine integrative multikulturelle Gesellschaft entspricht nicht bloß einem begrüßenswerten, oder zumindest zu erduldenden, Zeit-geist einer modernen und globa-lisierten Welt. Migration sowie die Transformation der jeweiligen Gesellschaften als Folge dieser Kontakte sind zentrale Bestand-teile der Menschheitsgeschichte. Deutschland war stets Ein- und Auswanderungsland zugleich, je nach geschichtlicher Wetterlage. Vor allem das Rheinland, das oft als Paradebeispiel für Toleranz, Vielfalt und Multikulturalität gilt, steht sinnbildlich für eine Region, die das Fremde und Eigene stets neu zu definieren vermochte. Die Spuren von jahrhundertelangen Wanderungen und interkulturel-lem Austausch sind in unserem Alltag allgegenwärtig; vom „alles paletti“ der italienischen Gastar-beiter, bis zu den Wörtern wie Zoff, Chuzpe, Kaff und Schlamas-sel, die zweitausend Jahre gemein-same deutsch-jüdische Geschich-te widerspiegeln. Ob die Huge-notten in Berlin, die Polen im

Ruhrgebiet, die Dänen und por-tugiesischen Juden in Hamburg; sozioökonomische Entwicklungs-schübe folgten oft auf Zuwan-derungswellen und dem damit einhergehenden Wissenstransfer. Ein Rückblick auf Jahrhunderte interkulturellen Austauschs kann dabei der jetzigen Debatte einen Teil ihrer künstlichen Dramatur-gie nehmen.

Werfen wir also einen Blick auf die reiche und vielfältige Ge-schichte der Migration im Rhein-land der letzten vier Jahrhunder-te. Bereits die Religionskriege des

16. Jahrhunderts lösten große Ein-wanderungswel len

in die deutschen Territorien aus. Zeitweise machten flämische und wallonische Glaubensexilanten über 5% der kurkölnischen Be-völkerung aus. Der Dreißigjähri-ge Krieg (1618-1648), dem bis zu 40% der Landbevölkerung zum Opfer fielen, zwang erneut Hun-derttausende ihre Heimat zu ver-lassen, und sich anderweitig eine neue Existenz aufzubauen. Da das Kurfürstentum Köln durch seine Neutralität von den Kriegswirren relativ verschont blieb, zog es viele Kriegsflüchtlinge ins Rheinland.

Auch im späten 17. und 18. Jahrhundert erlebten Bonn und Umgebung eine kontinuierliche Zuwanderung. Als Bonn unter dem Wittelsbacher Clemens Au-gust zur prächtigen Haupt- und Residenzstadt ausgebaut wur-de, zog dies Künstler, Architek-ten, Apotheker, sowie Ärzte und Handwerker aus ganz Europa an.

Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts ist die „Fran-zosenzeit“ im Rheinland einge-brochen. Die rund zwanzigjäh-rige französische Prägung des Rheinlands brachte nicht bloß die Säkularisation und den Code Civil, eine umfassenden Reform

der vorherrschenden Rechtsnor-men mit sich. Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution setzte auch eine Migrationswel-le ein, die alle gesellschaftlichen Schichten umfasste. Je mehr sich die sozialen Unruhen und die Re-volutionskriege auf die Nachbar-staaten ausdehnten, umso mehr wuchs die Zahl der Flüchtlinge aus Frankreich, den Niederlanden und Flandern heran. 1794 zeugen Quellen von überfüllten Gasthö-fen in Bonn und Köln, sowie von der Beschlagnahmung von Pri-vathäusern, um die Emigranten unterzubringen. Alleine in Köln befinden sich zu dieser Zeit etwa 20.000-26.000 Flüchtlinge.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Deutsche Reich zum größten Zuwanderungsland für ausländische Arbeitskräfte nach den USA. Über eine Million Ar-beitsmigranten zählt das Reich im Kriegsjahr 1914. Insbesondere das Rheinland und der Ruhrpott, mit seinen großen Erwerbsange-boten als Folge der Industrialisie-rung, zogen Menschen aus ganz Europa an. Nicht anders als beim deutschen Wirtschaftswunder der 1950er Jahre bildeten auch im 19. Jahrhundert Migranten das Rück-grat der Modernisierungsprozesse und somit des Wohlstands der Ge-sellschaft. Nicht anders als im Fall der Gastarbeiter, wird deren Rolle auch heute noch kaum gewürdigt. Von Bergwerksingenieuren, Stein-brechern und Keramikgestaltern bis zu armen Musikerfamilien; die Liste der sozialen Einwande-rungsgruppen war vielfältig. Die meisten Arbeitsmigranten kamen aus Polen und den Niederlanden, und schon damals wetterten Poli-tiker des Deutschen Reiches von der „Polonisierung des Westens“, wie heute von der Islamisierung des Abendlandes. Dabei stößt sich heute in Bottrop, wo bereits 1915

Migration und Flucht als Konstante der Geschichte

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die Bevölkerungsmehrheit polni-scher, oberschlesischer oder kat-schubischer Herkunft war, kaum jemand an einem Nachnamen wie Woyzeck, ebenso wenig wie in Bonn der Name Beethoven mit ei-ner verarmten flämischen Flücht-lingsfamilie aus Brabant assozi-iert wird.

Aber auch für Gäste, die nur kurz verweilten, war Bonn stets ein willkommener Ort. Als wich-tiges Zentrum europäischer Mu-sik im späten 18. Jahrhundert, und ab 1818 als bedeutende Uni-versitätsstadt, hatte Bonn stets einen nicht unbeträchtlichen Teil an internationalen Bürgern. Mit dem Beginn der Eisenbahnzeit und der Dampfschifffahrt wur-de Bonn zum Eingangstor in das malerische Mittelrheintal und zu einem der ersten großen Touris-tenziele Europas. So scheinen In-ternationalität und Multikultura-lität ein ebenso feste Bestandteile rheinländischer Tradition zu sein, wie Bloodwoosch un Röggelsche.

1946 findet die Erstausführung von Carl Zuckmayers Drama „Des Teufels General“ statt, die in der Zeit der NS-Herrschaft spielt, als die Ausgrenzung der als fremd bestimmter gesellschaftlicher Gruppen im schrecklichsten Ver-brechen der Neuzeit kulminierte. In einer der Szenen nimmt der Protagonist Harras den NS-Wahn um Rassenreinheit aufs Korn: „Denken Sie doch – was kann da

nicht alles vorgekommen sein in einer alten Familie. Vom Rhein- noch dazu. Vom Rhein. Von der großen Völkermühle (…). Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürz-händler in die Familie, (...) der ist noch vor der Heirat Christ gewor-den und hat die katholische Haus-tradition begründet. Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, (…) ein schwedischer Reiter, ein Sol-dat Napoleons, ein desertierter Kosak, (…) ein wandernder Mül-lerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, (...) ein böhmischer Musikant- das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kin-der gezeugt (…).“

In Zeiten selbsternannter Ver-teidiger des Abendlandes erhalten die Zeilen Zuckmayers eine neue Aktualität. Denn ohne jahrtausen-

delange Migration keine afrikanischen Stadtpatrone Bonns,

Cassius und Florentius. Und auch das Kölnisch Wasser hätte es ohne das Know-How der zugewander-ten italienischen Kaufmannsfami-lie Farina im 18. Jahrhundert nicht gegeben. Ohne Migration keine 9. Symphonie, kein Theodor Fonta-ne und kein Reich-Ranicki. Keine Industrialisierung des Ruhrpotts und keine Minister Platzeck und de Maizière. Kein Fatih Akin, kein Daniel (César Gonzàles) Brühl,

kein ‘Atemlos’ von Helene Fischer und schon gar kein Weltmeisterti-tel 2014.

Die Suche nach einer besseren Zukunft in Zeiten von Kriegen, Hungersnöten und sozioökono-mischen Krisen ist eine so natür-liche Reaktion des Menschen, wie der Wunsch, seine Familie zu be-schützen und sie in Frieden auf-wachsen sehen zu wollen. Man sollte sich öfter vor Augen füh-ren, dass hinter jedem Migranten eine Geschichte von Verlusten und Entbehrungen liegt, die sie zwang, ihre vertraute Umgebung zu verlassen. Man sollte sich fra-gen, wie es für einen selbst wäre, sich von Freunden und Verwand-ten zu trennen, um in eine unge-wisse Zukunft zu schreiten. Wie dankbar müssten die über sechs Millionen Deutschen gewesen sein, die im Verlauf des 19. und 20. Jahrhundert nach Nord- und Südamerika emigrierten, wenn ihnen Empathie, Interesse und Menschlichkeit entgegengebracht wurde, und ihnen geholfen wur-de, sich in der neuen Heimat zu-rechtzufinden. Acht Millionen Nachfahren deutscher Boatpeople leben mittlerweile alleine in Brasi-lien und Argentinien. Nach Osten hin reichen die Spuren deutscher Suche nach einem besseren Leben von Siebenbürgen bis nach Sibi-rien, und rücken die Schicksale der heutigen Flüchtlinge, die in die Bundesrepublik kommen, ein Stück weit näher an die Familien-geschichte von Millionen Deut-scher heran.

»Große Völkermühle« Deutschland

DISSERTAT ON

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bonnPortrait

bonn global Nr. 1/2015 17

DISSERTAT ON

Angekommen, um zu bleiben

Türkei, Mitte der 1990er Jahre. Ein schwerer Ver-kehrsunfall mit einer

Vielzahl von Toten und Verletzten erschüttert das Land. Derartiges hat sich dem jungen Erbil Türkda-mar eingeprägt. »Ich fühlte mich dadurch in meiner Entscheidung bestärkt, als Notfallmediziner zu arbeiten«, sagt er.

In Izmir wächst er, Sohn eines Bankdirektors und einer Bankan-gestellten, auf, geht zur Schule,

besucht ein angesehenes Gymna-sium, an dem er bereits Deutsch lernt. Die Schule macht ihm keine Probleme, mit 18 schließt er sie er-folgreich ab. »Schon früh habe ich mich für mein Traumstudienfach Medizin entschieden«, erklärt Erbil Türkdamar. »Der Antrieb, Menschen zu helfen, und wissen-schaftliches Interesse spielten eine entscheidende Rolle.«

Das Studium an der altehrwür-digen Universität in Izmir finan-

ziert er, neugierig und zielstrebig, durch einen Job in einer franzö-sischen Firma, die Transfers von Patienten organisiert, sowie durch eine Übersetzertätigkeit in einem amerikanischen Militärkran-kenhaus. »Das war meine erste Begegnung mit der Notfallmedi-zin«, erklärt er. Es ist der Bereich, in dem er zunächst ungefähr fünf Jahre lang tätig sein wird. Mit 24 Jahren hat er zügig sein Studium erfolgreich beendet. Beruflich

Erbil Türkdamar wirkt entspannt und gelöst, Schalk blitzt aus den Augen des schlanken und drahtigen 44 - Jährigen. Er fühlt sich wohl bei seiner Arbeit als Augenarzt der Klinik, die er zusammen mit seinem Compagnon leitet, und auch in Bonn-Beuel, wo er zuhause ist.

Erbil Türkdamar, auf einer Bank am Beueler Rheinufer Foto: Johann F. Saba

Ein Portrait von Christoph Gappa

Erbil Türkdamar, Augenarzt

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bonnPortrait

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möchte Erbil Türkdamar sich wei-terentwickeln und plant schon, in die USA auszuwandern. Einla-dungen gibt es einige. »Ich hatte

damals fest vor, nach Chicago zu gehen.« Die Stadt im Nordosten von Illinois hat er schon fest im Blick, als dann doch alles ganz an-ders kommt.

Denn 1999 führt ihn das Schicksal mit Dr. Peter Brauwei-ler zusammen, einer Koryphäe der Augenheilkunde und Mitbe-gründer der Dardenne-Klinik in Bonn. Brauweiler, der damals zu-fällig einen vormaligen, nun re-migrierten türkischen Kollegen in Izmir besucht, und Erbil Türkda-mar lernen sich kennen, sind sich sofort sympathisch. Der junge Erbil Türkdamar überzeugt den älteren Kollegen in fachlicher und menschlicher Hinsicht. Brauwei-

ler lädt ihn schließlich ein, zusam-men mit ihm in Deutschland zu arbeiten. Erbil Türkdamar wirft nun seine bisherigen Pläne kom-

plett um. »Der Flug nach Bonn war 13 Stunden kürzer«, bemerkt der humorvolle, jugendlich wir-kende Arzt - halb im Scherz und halb im Ernst. Statt nach Chicago geht’s nun also nach Bonn.

Izmir und Bonn - Weltoffenheit kennzeichnet beide Städte und ver-bindet die an der türkischen Ägäis-

küste gelegene Metropole (knapp 5 Millionen Einwohner) mit dem sich vergleichsweise beschaulich ausnehmenden, gut drei Flugstun-den entfernt liegenden Bonn.

Der Anfang hier ist dennoch nicht einfach für ihn, ein gewal-tiger Schritt, er hat ja sein altes

Leben verlassen, es mangelt zu-nächst an Kontakten, auch un-terscheidet sich das Klima vom mediterranen Klima der Ägäis-

küste. Während in seiner bisheri-gen Heimat das Leben abends erst begann, ist in Bonn der Tag schon früher zu Ende.

Das Arbeitsleben in Deutsch-land ist disziplinierter. Türkda-mar stürzt sich in Arbeit, arbeitet viel in der Dardenne-Klinik und lernt innerhalb von drei Jahren

schnell, komplexe Augenoperationen

durchzuführen. Es ist nicht ein-fach, den Kontakt zur eigenen Fa-milie über die Distanz, auch wenn es eben nur wenige Flugstunden sind, kontinuierlich zu pflegen. Er sagt: »Das ist das Einzige, was nicht nach meinem Wunsch war. Und wenn es nicht Bonn gewe-

Erbil Türkdamar im OP der Hochkreuzklinik Foto: Johann F. Saba

Izmir-Bonn

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bonnPortrait

bonn global Nr. 1/2015 19

sen wäre, dann wäre ich vielleicht auch gar nicht geblieben.« Es ist Bonn bzw. die Region Bonn/Köln, und es sind die Menschen, die ihm freundlich und offen be-gegnen, die ihn letztlich bleiben lassen. Nach einer augenmedizi-nischen Fachausbildung in Du-isburg kehrt er hierhin zurück. Mittlerweile, 2004, hat Brauwei-ler die Hochkreuzklinik gegrün-det. Ein Jahr später bereits wird Erbil Türkdamar Partner Brau-weilers in der noch jungen Klinik, in der er bis heute tätig ist, und die er gegenwärtig zusammen mit Dr. Cordes leitet. Er lernt seine Frau kennen, es gibt zwei Kinder.Erbil Türkdamar behandelt viele Ausländer und »Menschen mit Migrationshintergrund«, nicht

nur Türkischstämmige oder Tür-kisch Sprechende. Mit der Türkei verbindet ihn nicht nur Privates, sondern auch Berufliches, er hat diverse Kontakte zu Kollegen in der Türkei. Die türkische Re-gierung betrachtet er kritisch: »Die Regierung ist nicht wirk-lich laizistisch«. Sie hebe die Re-ligion hervor. Alte Träume vom

Osmanischen Reich, wie von der Erdogan-Regierung beschworen, lehnt er ab. Auch die teils erheb-lichen Beschneidungen der Mei-nungs- und Pressefreiheit seien mit Grundsätzen einer modernen Demokratie kaum in Einklang zu bringen.

Wie blickt Erbil Türkdamar als Mediziner in die Zu-kunft? Er befürchtet, dass die demo-graphische Entwicklung im Zusam-menspiel mit systemimmanenten Zwängen für Ärzte eine Abspeckung kassenärztlicher Leistungen herbei-führen wird.

»Werden Integrationsleistun-gen in der Gesellschaft genug an-erkannt?« »Integrationsleistun-gen vieler Migranten, Flüchtlinge, Asylanten, die bspw. akademische

Positionen besetzen oder selbständig tä-

tig sind, werden oftmals nicht hin-reichend gewürdigt. Das gilt auch für die persönlichen Geschichten und Lebensleistungen so vieler, die hierzulande einer ganz nor-malen, sogenannten ›einfachen‹ Arbeit nachgehen«, gibt Erbil Türkdamar zu bedenken.

Bei der gegenüber dem »Frem-den« immer noch anzutreffenden

Abwehrhaltung sieht er das evo-lutionäre Erbe am Werk, hier gilt es, ein realistischeres und damit positiveres Bild des »Fremden« dadurch zu gewinnen, in Kontakt zu treten und Vorurteile durch Fakten zu ersetzen, Verhaltens-

muster zum Guten abzuändern. Erbil Türkdamar fühlt sich in-

zwischen sehr wohl in Bonn. Er lebt in Beuel in netter Nachbar-schaft. Hier unterstützt er persön-lich sogar den Karneval, und kre-denzt in seiner Freizeit schon mal Freunden und Bekannten lecke-re, selbst zubereitete italienische Speisen.

Als begeisterter Sportler spielt er Tennis und Basketball. Das Herz des sehr schlanken, wendi-gen Arztes, dem die Sportlichkeit anzumerken ist, schlägt auch für die Telekom Baskets.

Integration, so heißt es, ist kei-ne Einbahnstraße. Weil beide hier aufeinander zugegangen sind, der junge »fremde« Arzt, der gekom-men ist, und die Stadt (bzw. ihre Menschen), in die er gekommen ist, haben beide am Ende dazugewon-nen - eine »Win-Win-Situation«.

hochkreuz Augenklinik + Laserzentrum

Godesberger Allee 9053175 Bonn0228-93 79 [email protected]

Foto: Jürgen Eis

Der Blick auf die Welt

Angekommen

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bonnVeedel

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Ein Quartier zum Leben, Träumen und Überleben

Die Bonner Altstadt

Frostig ist es an diesem Vorfrühlingstag im April, noch ist die Sonne zu schwach, um mit Kirschblüten neues pulsierendes Leben in die Altstadt zu zaubern. Ich habe mich auf den Weg gemacht, um mit Menschen das Gespräch zu führen, die seit vielen Jahren in der Alt-stadt beheimatet sind. Nun ja, offiziell heißt es Innere und äußere Nordstadt, aber wer sagt das schon! – Ein Spaziergang mit J. Michael Fischell

Jürgen Repschläger, mein erster Gesprächspart-ner, hat im Herbst 1980 seinen Weg in die Alt-stadt gefunden, aber eigentlich sei das ein Miss-

verständnis gewesen. Der Buchhändler, von allen Rep-pi gerufene (»Jürgen werde ich nur von meiner Mutter genannt«), war damals aktiv für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, und er ver-nahm auf einer Party in Bad Godesberg das Gerücht über eine Hausbesetzung in der Altstadt. Dort angekommen, traf man sich abenteuerlich konspirativ in einem Hinterhaus, Sitzkissen, schumm-riges Licht, und es roch nach Räucherstäbchen.

Es entpuppte sich, dass es bei dem Treffen nicht um eine Hausbesetzung ging, sondern um die Vor-bereitung einer Demonstration in Brokdorf der Au-tonomen Gruppe Bonn („Der Bauplatz muss wieder einer Wiese werden“). Reppi blieb und erlebte drei Monate später seine erste große Demonstration. “So

bin ich in der Bonner Alt-stadt gelandet.“

Schon früh begann der heute 53jährige, aktiv Poli-tik zu machen, „was aber auf meine schulischen Leistun-

gen und die Karriere durchgeschlagen hat, das war alles nicht so doll.“

Beschmutzte Traumsplitterknirschen unter meinen Füßen

Vorgeträumtes wirbelt aufschwebt unerlöst über der Altstadt

Die Sonne glimmt noch hinter ihren Rücken

Foto: J. Eis

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bonn global Nr. 1/2015 21

Doch dann, viele Jahre später, wieder ein Zu-fall, ergab sich für ihn endlich die Gelegenheit, sei-ne Leidenschaft zum Buch zum Beruf zu machen. 1995 musste eine Buchhandlung mit DDR-Buchbeständen überstürzt schließen. Reppi machte sich kurzentschlos-sen auf den Weg nach Ost-berlin, kaufte über 60.000 Bücher auf und transportier-te die schwere Last mit einem 7,5-Tonner nach Bonn. Zwei Jahre später war es soweit: das Antiquariat Walter Mar-kov in der Breiten Straße öff-nete seine Pforten.

Soweit zur Vergangenheit; wie sieht aber Jürgen Rep-schläger die Zukunft der Alt-stadt? Was sind seine Wün-sche und was befürchtet er? »Auch wenn ich alles andere als ein konservativer Mensch bin, möchte ich, dass die Alt-stadt von ihrem Flair und Charakter her in etwa so bleibt wie sie heute ist. Sicherlich hat sich seit den 80ern auch vieles zum Besseren gewendet«, ant-wortet er. Er sieht allerdings eine Grenze, und diese Grenze sei langsam erreicht. Er beobachtet Verdrän-gungsprozesse: »Die Wohnungen werden immer teurer, und von den Menschen, die hier mal gelebt haben, sind nicht mehr allzu viele übrig, weil immer mehr Menschen mit viel Geld in die Altstadt zie-hen, die Altstadt ist hip und zieht zahlungskräftiges Publikum an. Ich möchte, dass die Altstadt in der Zusammensetzung – alte Leute, junge Leute, viele Migrantinnen, ›Eingeborene‹, so bleibt wie sie ist, und sich nicht weiter verteuert.«

Aus seiner politischen Überzeugung machte Rep-pi noch nie einen Hehl, » … es ist ja kein Geheim-nis, dass ich Kommunist bin«, was sich für ihn aus dem folgerichtigen Nachdenken darüber ergibt „wie Menschen leben sollten und wie heute Menschen le-ben müssen“. Doch sieht er, bei all dem, wie es heute um die Welt bestellt ist, noch Grund für einen be-rechtigten Optimismus? »Ja, ich habe wirklich ei-nen historischen Optimismus. Es gibt ja sogenann-te Marxisten, die einen zwangsläufigen, historisch vorbestimmten Weg zum Kommunismus sehen.

Das halte ich für ein gnadenloses Missverständnis. Ich halte es eher mit Rosa Luxemburg, die die Al-

ternative aufgemacht hat ›Soziale Revolution oder Barbarei‹ oder verkürzt zitiert ›Sozialismus oder Barbarei‹. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich der Kapitalismus durch seine inneren Widersprüche irgendwann abschafft. Nur was danach kommt, ob wir wirklich eine bessere Gesellschaft bekommen, oder wieder in die Barbarei verfallen; wie es schon einmal gewesen ist 1933, ist in meine Augen ein of-fener Prozess«.

Von einem Mann des Buches möchte ich natür-lich zum Abschluss des Gesprächs wissen, welches Buch er derzeit liest, und was man unbedingt ge-lesen haben sollte. Reppi teilt meine schlechte An-gewohnheit, mehrere Bücher gleichzeitig zu lesen.

Abends, »da ist nicht mehr viel drin«, dann sucht er Entspannung bei einem

Krimi. Sein Rat zum Abschluss: »Aufgrund der ak-tuellen Situation sollt man vor allem drei Bücher le-sen: die Bibel, den Koran und Das Kapital von Karl Marx.“

Für das nächste Gespräch überquere ich nur kurz die Breite Strasse und treffe Helmut Kollig, den Be-zirksbürgermeister des Stadtbezirkes Bonn. »Ein richtig alter Bonner«, sei er; so beginnt der 1948 in Kessenich Geborene unser Gespräch. Den Weg in die Altstadt fand er 1971. Gewohnt habe er damals

Ein historischer Optimismus

Jürgen Repschläger Foto: Jürgen Eis

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22 bonn global Nr. 1/2015

als Student »unterm Dach juche«, preiswert war der Wohnraum damals, für ganze 55 DM monatlich fand er diese Bleibe.

Auch er ein politisch früh Interessierter, es waren die bewegten Zeiten der APO, hitzige Diskussionen wurden im Schuppen, einem ehemaligen linken Lo-kal, ausgetragen. Helmut Kollig, »eher ein 69er als ein 68er«, empfand schon damals Sympathie für die SPD, heute ist er seit 27 Jahren Mitglied dieser Partei.

Er liebt die Altstadt, dieses Veedel, in dem so vie-

le Gesellschaftsgruppen ihr Zuhause finden, eine Heimat für Arbeiter, Studenten, Bürgertum so-wie Migrantinnen und Migranten. Letztere seien vollkommen integriert, und er freut sich über ihr Engagement für eine attraktive Wohngegend. Als Beispiel nennt er, dass diese inzwischen mehr Paten-schaften als ›Einheimische‹ für die Pflege schöner Beete übernommen hätten.

Als größte Veränderung in der Vergangenheit be-trachtet er das Programm der Wohnumfeldverbes-serung Ende der 70er Jahre, die habe die ehemals graue Maus Altstadt doch wesentlich aufgebessert. Ich möchte wissen, ob nicht Verdrängungseffekte zuungunsten weniger gut Verdienender zu befürch-ten seien. Helmut Kollig sieht hier die bisherige Entwicklung noch in ausgesprochen gutem Rah-men, noch sei das Mietniveau, bis in den Neubauten, überschaubar, insgesamt sei man auf dem Boden ge-blieben. Und dass in der Altstadt 46 Künstlerateliers zu finden seien, findet er eine „Wahnsinnsnummer, das zieht junge Menschen nach.“

Wie schaut es mit seinen Wünschen für die Zukunft der Altstadt aus? Helmut Kollig hofft, noch in seiner Amtszeit, sein Anliegen einer besseren Anbindung an die City und das zukunftsweisende Planungsmodell des ›Shared Space‹ verwirklicht zu sehen.

Last but not least die Frage nach seinem aktuel-len Lesestoff. Helmut Kollig empfiehlt den US-amerikanischen Schriftsteller Tom Wolfe. In seiner bissigen Satire mit viel Crime und Sex, Back to Blood wirft dieser Autor einen kri-tischen Blick auf die Einwanderungsgesellschaft in Miami. Eine weiterer Tipp sind die Kriminalroma-ne von Marc Elsberg, Black out, und ZERO. In die-sen Techno-Thrillern werden spannend die katast-rophalen Auswirkungen eines großflächigen Strom-ausfalls in Europa und die großen Gefahren einer elektronischen Überwachung der Öffentlichkeit be-schrieben. Wie gläsern und abhängig wir sind, „das macht mir schon Angst“, so Helmut Kollig.

Ein Mensch, der etwas für die Menschen bewegen möchte, ist auch mein nächster Gesprächspartner. Ich treffe Mustafa Ocak vor dem Gebäude der DI-TIP-Moschee Merkez Camii am Hochstadenring im Mackeviertel der Nordstadt.

1982 ist der studierte Kaufmann aus der Türkei nach Deutschland gekommen, hat harte fünf Jahre auf einer Baustelle, danach achtzehn Jahre in den Bon-ner Aluminiumwerken gearbeitet, um seine Familie

zu ernähren. 1996 dann kaufte er in der Altstadt ein Objekt und betrieb dort bis Ende 2014 ein Lebensmit-telgeschäft. Sehr gern wohnt er in der Altstadt, weiß die Nähe zur Innenstadt und die vielen Kontakte zu deutschen und ausländischen Familien zu schätzen.

Immer schon hat der umtriebige Ocak aktiv in Ver-einen gearbeitet. Fünf Jahre setzte er sich als Mitglied im Bonner Integrationsrat für die ausländischen Mit-bürger ein. Heute ist er im Vorstand der DITIP-Mo-schee, weil er spürt, hier wird meine Unterstützung gebraucht. Für ihn ist die Moschee ein Ort des Glau-

Ein Veedel vieler Gesellschaftsgruppen

Helmut Kollig Foto: Jürgen Eis

Ort der multikulturelen Begegnung

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bonnVeedel

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bens und der multikulturellen Begegnung, er verweist auf die vielfältigen bestehenden und geplanten Bil-dungsangebote, wie zum Beispiel Sprachkurse, hin.

Was ist ihm besonders wichtig sei, möchte ich wissen: „Gute Bildung für unsere Kinder, Frieden in der Welt, die Unterstützung armer Menschen und gute Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen in Bonn“, ist seine Antwort.

Zum Schlusss auch an Mustafa Ocak die Frage nach seiner Lieblingslektüre: Viel lese er, jeden Tag mindestens eine halbe Stunde vor dem Schlafenge-hen, historische und religiöse Bücher, auch deutsche Bücher und jeden Tag die Zeitung.Mein Weg führt mich nun paar Häuser weiter am Hochstadenring in die Räume der Fabrik 45. Hier wird heute, unter besonderer Beteiligung des Vereins für Gefährdetenhilfe (VFG), eine bemerkenswerte Ausstellung mit der Künstlerin Jana Merkens eröffnet.

Jana Merkens gestaltet neben Gemälden und Zeichnungen auch Skulpturen. Zurzeit studiert sie Kunst-Pädagogik-Therapie an der Alanus Hoch-schule in Alfter. »Armut« ist ein Thema, dass sich über längere Zeit für die junge Künstlerin während eines Studiums in den USA entwickelt hat. Extrem hart sei die Armut dort, 30.000 Obdachlose leben in allein in San Francisco in gnadenlosem Konkur-renzkampf auf der Straße, »man kann nicht daran vorbei gehen«. Das Gesehene und Erspürte lässt sie nicht los, auch um über eigene leidvolle Erfahrungen hinwegzukommen, ist es ihr Weg, diese in kreativer Auseinandersetzung in die Kunst mit hereinzuneh-men.

Sehr viel Recherche und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Obdachlosigkeit, vie-le Gespräche, mit Menschen, die schutzlos bei Kälte und Witterung auf der Straße leben, gingen ihrer Gestaltung von realistischen Figu-ren von Obdachlosen voraus.

Für die Arbeiten aus der Reihe, die Gesichter von Hartz IV, hat Jana Merkens das Gespräch mit Famili-en gesucht, die Transferleistungen beziehen. Und fast keine der Fa-milien, so ihr Fazit, habe die, vor allem durch das Privatfernsehen genährten, gängigen Klischees er-füllt. Ihre künstlerische Intention

sei es nun, durch eine ›ex aequo‹ gezielte Überstei-gerung sämtlicher Details, gleichsam mittels eines figurativen, puppenstubenartigen Maßstabs, schein-bar durch die Bedienung von Erwartungen, beim Be-trachter eine Ambivalenz der Betrachtung zu erzeu-gen, die zu Kritik und zum Nachdenken anrege.

Ich unterhalte mich mit einigen Besucher der Aus-stellung. Sie sagen, dass die realistischen Skulpturen sehr eindrucksvoll seien und eine grausige Wahrheit transportieren. Die Nähe des Themas zur aktuellen Realität sei bedrückend. Armut kann sehr unter-schiedliche Lebensumstände bedeuten, hat jedoch für immer mehr Menschen mit schmerzhaften Ein-schränkungen und Exklusionserfahrungen zu tun.

Es ist später Abend geworden. Für heute beende ich meinen Rundgang und freue mich, hoch oben über den Dächern inmitten der Altstadt zu wohnen. Sie möchte nun auch wissen, welche Bücher ich zur Zeit lese? Das Kapital im 21. Jahrhundert des fran-zösischen Ökonomen Thomas Piketty und Die Stadt der Toten, ein wilder Krimi der Autorin Sara Gran.

Jana Merkens und ihre Werkreihe Obdachlosigkeit Foto mit Genehmigung der Künstlerin

Mustafa Ocak Foto: Jürgen Eis

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Beethoven verbindet ...

Das vom Abriss bedrohte Haus in der Bonngas-se wurde im Jahr 1889 von zwölf Bürgern gekauft, renoviert und vier Jahre später als Museum eröff-net. Seitdem wird es vom Verein Beethoven-Haus geführt und beherbergt, neben persönlichen Ge-genständen aus dem Nachlass des Komponisten, wertvolle Sammlungen historischer Holzblas- und Streichinstrumente und die weltweit bedeutendste Sammlung von Originalhandschriften Beethovens.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erwarb der Verein das angrenzende, ebenfalls historische Ge-bäude »Im Mohren«, in dem heute unter anderem das Digitale Archiv untergebracht ist. Im Jahr 1989 dann eröffnete in ebenfalls unmittelbarer Nachbar-schaft der Kammermusiksaal Hermann J. Abs.Dr. Michael Ladenburger ist seit über dreißig Jahren im Museum tätig und heute sein Leiter sowie Kustos der Sammlung. Mit ihm sprach Nino Müntnich.

Beethoven-Haus Bonn

Nino Müntnich: Herr Dr. Laden-burger, Sie sind seit über 30 Jähren im Beethoven-Haus Bonn tätig. Was hat sich in all den Jahren ver-ändert, in positiver wie in negati-ver Hinsicht?Dr. Michael Ladenburger: Ver-ändert hat sich beispielsweise un-sere Besucherstruktur. Es kommen jetzt viele russische und chine-sische Gäste. Früher hatten die Besucher bessere Vorkenntnisse, als es heute der Fall ist. Dies hat auch mit der veränderten Schulaus-bildung zu tun. Aber nach wie vor kommen die Menschen mit gro-ßer Neugier ins Haus und möchten sich von dem authentischen Ort berühren lassen.Müntnich: Was können Sie über den aktuellen Stand der For-schung zu Ludwig van Beethovens Leben und Werk sagen? Gibt es neue Erkenntnisse?Ladenburger: Unsere wissen-schaftliche Abteilung betreibt intensive Beethoven-Forschung. Jeden Tag finden wir irgendeine Kleinigkeit heraus. Wir betrei-

ben aber auch Grundlagenfor-schung, die für das Bild, das wir vom Komponisten und Menschen Beethoven haben, sehr wichtig ist. Und wir versuchen, in Sonderaus-stellungen, in wissenschaftlichen oder auch populär-wissenschaft-lichen Publikationen diese Er-

kenntnisse breit zu streuen. Das Haus betreibt zwar auch Spezial-forschung, aber im Großen und Ganzen richten sich unsere Er-kenntnisse an ein großes und brei-tes Publikum.Müntnich: Das Beethoven-Haus Bonn ist seit der Gründung des Vereins am 24. Februar 1889 ein privates Museum. Wie sieht das Organigramm aus?

Ladenburger: Es gibt einen Di-rektor, der auch geschäftsführen-der Vorstand ist. Zudem gibt es ein Gremium, bestehend aus 11 ehren-amtlichen Vorstandsmitgliedern. Sie werden von den Mitgliedern des Vereins gewählt. Diese sind so-zusagen die Eigentümer des Hau-

ses und seiner Schätze.Wir haben 900 Mit-glieder aus aller Welt. Der geschäftsführen-de Vorstand hat un-ter sich vier Abteilun-gen: das Museum mit den Sammlungen, das Beethoven-Archiv als wissenschaftliches For-schungsinstitut, den Kammermusiksaal H. J. Abs und einen Verlag, in welchem wir eigene und fremde Erkennt-

nisse über Beethoven publizieren.Müntnich: Prof. Appel war bis vor kurzem Leiter des Forschungs-bereichs. Was möchten Sie über die Arbeit von dieser Abteilung und über Prof. Appel als Wissen-schaftler und Mensch sagen?Ladenburger: Herr Appel war, in Anführungszeichen, nur acht Jahre bei uns. Er war davor der Schumann-Forscher schlecht-

Das Geburtshaus des berühmtesten Sohnes der Stadt, Ludwig van Beethoven, gehört nach wie vor zu den größten Touristenattraktionen Bonns.

Dr. Michael Ladenburger Foto: Jürgen Eis

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bonnKultur

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hin. In den acht Jahren im Bee-thoven-Haus hat er enorm viel erreicht, in dieser Zeit sind viele Bücher und sonstige Editionen im hauseigenen Verlag bzw. im Hen-le-Verlag erschienen. Das ist eine große Leistung, die besondere Würdigung verdient. Zum Glück ist Herr Appel uns nicht ganz ver-loren gegangen. Kurz vor Ende seiner Dienstzeit hat er ein großes, wegweisendes Projekt begonnen. Es handelt sich um „Beethovens Werkstatt“, ein digitales Vorha-ben, das den Schaffensprozess des Komponisten nachvollzieh-bar machen soll. Herr Appel, den ich persönlich sehr schätze, hat fachliche und menschliche Kom-petenz mit Führungsqualitäten kombiniert. Im September wird Frau Prof. Christine Siegert seine Nachfolge antreten. Müntnich: Mitte Mai 2015 wird eine neue Sonderausstellung im Hause eröffnet, erzählen Sie bitte unseren Lesern darüber.Ladenburger: Die nächste Aus-stellung, die ab dem 13. Mai zu sehen sein wird, liegt mir per-sönlich besonders am Herzen. Sie veranschaulicht den Handel mit Autographen vor circa 100 Jahren. Eine zentrale Figur, in Bezug auf Beethoven-Handschriften war der Schriftsteller Stefan Zweig. Alle diese spannenden und vielfach neuen Erkenntnisse werden in der Ausstellung thematisiert und in einem Begleitbuch noch vertieft.Müntnich: Seit fast 25 Jahren ar-beiten Sie als Kurator der Samm-lungen, in dieser Zeit sind eine Menge Gegenstände zusammen-getragen worden. Haben Sie ein Lieblingsstück?Ladenburger: Es gibt durchaus viele Lieblingsstücke. Aber die schönste Geschichte ereignete sich mit einer jüdischen Dame aus New York, die in den 1930er Jahren aus Wien vor den Nationalsozialisten

fliehen musste. Sie besaß eine Vi-oline und bat uns, zu überprüfen, ob die Vermutung, es könnte sich um Beethovens Instrument han-deln, stimme. Gerda Taussig war keine vermögende Dame, aber sie war so vornehm, unserem Haus Beethovens Instrument für die symbolische Summe von 1500 US-Dollar zu überlassen. Sie war bescheiden und wollte nicht als große Mäzenin dargestellt wer-den. Durch Beethoven entstehen Freundschaften. Ich bin mit dem Sohn von Frau Taussig befreundet. Beethoven verbindet ...Müntnich: Fällt Ihnen in Verbin-dung mit dem Beethoven-Haus etwas Lustiges, Kurioses ein?Ladenburger: Lustig und ku-rios sind z.B. Anrufe, welche wir gelegentlich bekommen. Zuletzt aus Malaysia, als jemand seine schwangere Frau zur Geburt im Beethoven-Haus anmelden wollte. Er hat „Geburtshaus Ludwig van Beethovens« im Sinne von Ge-burtsklinik verstanden. Es dauert manchmal einige Zeit, bis Anru-fer begreifen, warum wir diesen Wunsch nicht erfüllen können.Müntnich: Dr. Ladenburger, wenn man etwas Gutes in diesem Leben vollbringt, spricht man nicht darüber. Aber können Sie ausnahmsweise unseren Lesern über Frau Niklas berichten?Ladenburger: Edeltraut Niklas war eine einfache Rechtsanwalts-gehilfin eines stadtbekannten Scheidungsanwalts. Aufgrund ihrer privaten Reisen konnte sie das für unseren Bedarf Nötige auf Englisch, Spanisch, Japanisch und Chinesisch sprechen. Und wenn sie erkannt hat, aus welchem Land die Gäste kamen, begrüßte sie diese in ihrer jeweiligen Landes-sprache. Dies war eine besondere Geste und für die Gäste aus aller Welt die beste Einstimmung auf den Besuch bei Beethoven, die

man sich nur denken kann. Außerdem hat Frau Niklas Ge-

dichte in Reimform verfasst. Das fiel ihr leicht, auch kam nie eine falsche Routine auf. Das hat sehr zu einem besonderen Betriebskli-ma unter den Mitarbeitern beige-tragen. Als sie starb, haben wir ein Sammelband mit ihren Gedich-ten herausgebracht. Sie war eine sehr ungewöhnliche, wirklich unkonventionelle und tiefsinnige Person. Dank einer anderen Kol-legin, die die Patenschaft für ein bestimmtes Grab auf dem Alten Friedhof übernommen hatte, ha-ben wir Frau Niklas postum einen Traum erfüllt - den sie so wahr-scheinlich nie hatte: Ihre letzte Ruhestätte befindet sich links neben dem Grab von Beethovens Mutter. Müntnich: Herr Dr. Ladenbur-ger, vielen Dank für das Gespräch.

Beethoven-Haus BonnBonngasse 24-26 | 53111 [email protected]Öffnungszeiten:1. April bis 31. OktoberTäglich 10:00 - 18:00 Uhr1. November bis 31. MärzMontag bis Samstag 10:00 - 17:00 UhrSonn- und Feiertage 11:00 - 17:00 Uhr

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bonnKultur

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»Meine Kunst braucht nicht viel Platz, nur

ein Blatt und einen Stift, der Rest ist in meinem Kopf«, erklärt Alp, denn trotz seiner Jugend entste-hen seine Cartoons noch klassisch von Hand gezeichnet und werden nicht am Computer entworfen. Das mache ihn frei, gebe ihm die Möglichkeit, an jedem Ort arbei-ten zu können und, so sagt er, lasse ihn sich überall zu Hause fühlen, egal ob in Bonn, Istanbul oder auf Reisen mit seinen Eltern. »Wenn ich zeichne, bin ich glücklich«, lächelt der junge Mann durchaus selbstbewusst.

Alp Gürhan Yalciner wurde 1997 in München geboren. Als er 8 Mona-te alt war, ging seine Familie für vier

Jahre nach Istanbul. Im Alter von 5 Jahren kam er endgültig zurück nach Deutschland, zunächst nach Regensburg, später dann nach Bonn.

Derzeit steckt Alp mitten in den Abiturprüfungen. Im kom-menden Herbst wird er dann sein

Studium an der Kölner Design Akademie aufnehmen, mit dem Ziel, das Masterstudium an der Middlesex University in London zu absolvieren.

Alp zeichnete schon im Alter von 3 Jahren seine ersten Comic-figuren. Mit sieben Jahren begann er, kleine Mickey-Mouse-Hefte zu entwerfen. Das Zeichnen wurde seine große Leidenschaft. Mit 8 Jahren fing er an, sich für Asterix und Obelix zu interessieren und zeichnete sieben Bände mit selbst erfundenen Geschichten seiner »Helden«. Etwas später erfand er seine ersten eigenen Charaktere: »Duda und sein Bruder«, »Freddy Ratte und seine Familie«, »Feuer-wehr Pit und seine Crew«, »Mon-key Brothers«, »Bob and Dog«.Hunderte von Blättern hat Alp seither mit seinen Ideen gefüllt.

Alp hat seine Arbeiten bereits mehrfach ausgestellt: Zuletzt im Bonner MIGRApolis-Haus der Vielfalt Cartoons, in denen er mit dem unbestechlichen Blick des

Alp Gürhan Yalciner, Cartoonist

»Wenn ich zeichne, bin ich glücklich!«

Alp Gürhan Yalciner, 18-jähriger Abiturient, wird zum Thema jeder Ausgabe von Bonn-Glo-bal einen Cartoon zeichnen. Wir stellen ihn mit einem kurzen Portrait vor.

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Cartoonisten ungeschönt die kal-te Welt von Migration und Armut darstellt. In einer zweiten großen Werkgruppe - »Die Welt als Zu-hause« - führt uns Alp mit hin-tergründigem Humor die Erde als unser von Verschmutzung, Was-serknappheit und nuklearer Ver-seuchung bedrohtes Zuhause vor.

Alp findet seine Ideen im all-täglichen Leben und wie bei vie-len Künstlern kommen sie ein-fach, fliegen ihm zu. Erst später dann wird aus einer Grundidee ein umfangreiches Konzept ent-wickelt, bekommen die Figuren ihre »Farben« und »Konturen« und werden ihnen ihr Charakter, ihre Eigenheiten und ihre endgül-tige zeichnerische Form zugewie-sen. So auch in den Geschichten von »Bob and Dog«, in deren Mittelpunkt ein Hund die Prot-

agonisten in die skurrilsten Situ-ationen verwickelt. Daraus wird Alps erster verlegter Cartoonband werden, der im Herbst zur Bonner Buchmesse Migration im Free Pen Verlag erscheinen wird.

Sein großes Vorbild ist Uli Stein, der grandiose Cartoonist, bekannt geworden durch seine Alltagssituationen darstellenden Tierfiguren, allen voran die be-rühmte Maus. Ihm begegnete Alp schon persönlich auf der Frankf-urter Buchmesse.

Wie sieht Alp seine Zukunft? Er möchte durchaus auch im klassi-schen Grafik-Design arbeiten und plant nach seinem Studium die Eröffnung eines Studios und will genauso Aufträge annehmen, wie er weiterhin Cartoonbände veröf-fentlichen möchte. Sieht man auf seine bisherige Entwicklung als

Zeichner, ist nicht daran zu zwei-feln, dass er sein Ziel erreichen wird. (je)

Alp Gürhan Yalciner Foto: J. Eis

Alp Gürhan Yalciner

Free Pen Verlag

Bob und Dog, zwei unzertrennlichen Freunde, die sich stets mit Rat und Tat zur Seite stehen.Stets fröhlich und lebhaft, nehmen sie alltägliche Situationen nicht allzu ernst. Und trotz ihrer Unschuldsmiene können sie es sich nicht verkneifen, Unsinn zu machen und Anderen Streiche zu spielen.

erscheint im Herbst 2015

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Bei einem Showing zwei Mo-nate vor der Deutschland-premiere gab das Ensem-

ble einen Einblick in den Entste-hungsprozess des internationalen Tanzprojekts, das die Schweizer Choreografin Rafaële Giovanola in Zusammenarbeit mit dem bra-silianischen Choreografen Cristi-an Duarte entwickelt hat.

In energiegeladenen Bewegun-gen kreieren die drei Tänzerin-nen und drei Tänzer aus Island, Taiwan, Deutschland, Spanien, Griechenland und der Schweiz ausdrucksstarke Bilder über Liebe und Sehnsucht sowie die Macht und Ohnmacht der Kunst.

Im Zentrum der Inszenierung stehen der verbotene Blick auf die

Geliebte und die Bedeutung des Sehens und Hörens. Dafür hat das im Theater im Ballsaal behei-matete freie Ensemble mit Hilfe von Spiegeln ein ungewöhnliches Raumkonzept geschaffen, das neue Wahrnehmungserfahrungen und Blickbeziehungen zwischen den Zuschauern und Tänzern er-möglicht. Das mit dem Rücken

WHAT ABOUT ORFEO? / LOOK AT ME!

CocoonDance und die Junior Company Bonn präsentieren eine neue Doppelproduktion über den Orpheus-Mythos

„What about Orfeo?“, fragen sich sechs Tänzer aus sechs Ländern und zwei Choreografen aus zwei Kontinenten in der neuesten Produktion der Bonner Tanzkompanie CocoonDance. Die Idee ist, ihre unterschiedlichen künstlerischen Hintergründe zu fusionieren und den Zu-schauer einen völlig neuen Blick auf den antiken Mythos zu geben und den Raum zwischen Leben und Tod, den Orpheus bei der Rückholung Eurydikes aus der Unterwelt durchqueren muss. – Von Sandra Prüfer

Foto:CocoonDance/Klaus Fröhlich

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bonnKultur

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zur Bühne sitzende Publikum tritt an die Stelle von Orpheus und wird wie dieser einem Blick-verbot unterworfen. Orpheus ver-stößt gegen das von den Göttern verhängte Verbot und verliert Eurydike für immer. Seine Trau-er mündet in Musik, die ihn als Künstler unsterblich macht.

„Die Spiegel verändern die Per-spektive und erlauben dem Zu-schauer, sich wie in einem Film in einzelne Szenen rein zu zoomen“, erläutert Rafaële Giovanola, die CocoonDance vor 15 Jahren zu-sammen mit ihrem Mann, dem Dramaturgen Rainald Endraß, gegründet hat. „Die Spiegel ver-doppeln das Bild, fragmentieren das Stück und schaffen eine Nähe zum Zuschauer, der damit ein Teil des kreativen Prozesses wird.“

Giovanola erklärt, dass die Zu-schauer in der Endfassung etwas Anderes sehen werden als beim Showing, weil das Stück von dem nach Bonn gereisten Choreogra-fen Christian Duarte noch mal „durchgeschüttelt“ würde. „Jedes Stück ist ein Experiment. Die-ses ist speziell, weil es einen Aus-tausch zwischen Choreografen beinhaltet mit zwei Ensembles auf unterschiedlichen Kontinenten, die beide an dem gleichen Stoff ar-beiten. Im August fliege ich nach São Paulo und arbeite dann mit seinen Tänzern.“

Diese kreative Kooperation sei eine fantastische Erfahrung, sagt Giovanola. „Letzten Sommer ha-ben wir mit dem Projekt begon-nen und im Studio zusammen ein Solo erarbeitet. Christian hat etwas mehr Archaisches in unsere Produktion gebracht.“

Je nach Projekt ergänzt sich das CocoonDance-Leitungsduo mit

Tänzern, Musikern und Ausstat-tern. Mit Bezug auf andere Gen-res, wie Film, Literatur oder das Internet, versucht das Ensemble, die Erzählform Tanz neu zu defi-nieren, spielt mit innovativen For-men des Erzählens, der Verwand-lung und der Inszenierung. Die internationalen Ensemble-Mit-

glieder leben im Köln-Bonner Raum.

„Die Tänzer gehören zur Identität der Company. Alles ist möglich im Theater. Es gibt keine Gren-zen“, sagt Giovanola.

Dionysios („Dennis“) Alama-nos ist im vergangenen Jahr zum Ensemble gestoßen, angeregt von seinem albanischen Freund Andi Xhuma, der in „Pieces of Me“, der letzten Produktion von Cocoon-Dance, mitgetanzt hat. Es ist das erste internationale Engagement für den 26jährigen Griechen nach seiner dreijährigen Ausbildung an der nationalen Tanzschule in Athen.

„Während meiner Tanzaus-bildung habe ich meinen Körper trainiert. Hier lerne ich zu im-provisieren, Körper und Geist zu verbinden und mit Tanzpartnern zu kommunizieren“, sagt er. Es sei reizvoll, sich tänzerisch mit dem Stoff einer griechischen Mytho-logie zu beschäftigen. „Ich habe auch eine Verbindung zu Or-pheus, weil er ein berühmter Mu-siker war. Er war ein Popkünstler zu seiner Zeit.“

Er und die anderen CocoonDance-Tän-

zer coachen heute die jungen Mit-glieder der Junior Company, die sich in ihrer neuen Produktion ebenfalls mit dem Orpheus-My-thos auseinandergesetzt haben.

Die Junior Company Bonn – THEY MIGHT BE GIANTS ist ein Ensemble mit Kindern und Ju-gendlichen zwischen acht und 18

Jahren, die den Tanz als Entwick-lungsraum für die eigene Kreati-vität entdeckt haben.

„Die Kinder tanzen spontan, ohne groß nachzudenken, und ha-ben viel Spaß dabei. Wir Tänzer proben regelmäßig mit der Junior Company. Wir helfen ihnen, und manchmal helfen sie uns. Wir tau-schen uns aus. Das ist keine Ein-bahnstraße“, erklärt Alamanos.

»LOOK AT ME!« ist die drit-te Produktion der Nachwuchs-kompanie von CocoonDance. Die Junior Company ist aus Tanz-projekten an der Till-Eugen-spiegel-Grundschule und Bonns Fünfter Gesamtschule erwach-sen und bietet tanzbegeisterten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, mit professionellen Künstlern auf „Augenhöhe“ jedes Jahr ein abendfüllendes Stück zu entwickeln. Für ihre letzte Pro-duktion „We Are Space“ wurde das Ensemble jüngst vom Landes-ministerium für Familie, Kinder, Jugend und Sport mit dem Preis „Auf dem Weg zum Kinder- und Jugendkulturland NRW 2014“ ausgezeichnet.

Der verbotene Blick

Im Tanz gibt es keine Grenzen

theaterimballsaal

Frongasse 953121 Bonn

Erwachsene 14,- € / 9,- €Kinder 6,- €

What About Orfeo?: 01.05, 02.05, 08.05, 09.05 um 20 Uhr

Look At Me!: 08.05 (Premiere, 20 Uhr), 09.05 (Schulaufführung, 11 Uhr), 08.05 (18 Uhr), 09.05 (18 Uhr) sowie zwei Vorstellungen in der Halle Beuel des Theaters Bonn am 26.06 und 28.06 (18 Uhr)

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bonnGeschichte

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Ein Plädoyer von Hıdır Eren Çelik

Stolpersteine – für eine Erinnerungskultur gegen das Vergessen

Die Stolpersteine von Gunter Demnig in Bonn, wel-che es mittlerweile auch in vielen anderen Städten gibt, sind nicht irgendwelche Steine, über die man stolpert. Es ist ein Projekt, welches uns an die Ver-treibung und Ermordung tausender Juden, Sinti und Roma, politisch Verfolgter, Homosexueller und An-dersgläubiger erinnert. Weiterhin dient es als Erin-nerung für diejenigen, die während des Nationalso-zialismus vernichtet wurden, weil sie nicht zur nati-onalsozialistischen „Menschenbild“ - Rassenpolitik passten.

Die Stolpersteine mahnen uns, dass in unserer Stadt Menschen lebten, deren Kinder mit unseren Kindern gemeinsam lachten und die Freude unter dem grenzenlosen Himmel teilten, ohne darüber nachzudenken, dass ein Tyrann wie Hitler und sei-ne Vernichtungsmaschinerie sie gnadenlos im KZ in den Tod schicken würde. Es waren Menschen, die in ihren Träumen die Vögel frei in den Himmel flie-gen ließen. In ihren Träumen holten Schmetterlinge Feuer des Lebens aus Konzentrationslagern, um frei zu sein. Es waren Nachbarn, Kinder und Bürger un-serer Stadt, die in den Tod geschickt wurden. Es wa-ren Menschen, die nach und nach von der SS mitge-nommen wurden, während viele Bonner schweigend dabei zuschauten. Hat man nicht geahnt, warum und wieso die Nachbarn plötzlich „verschwanden“? Wollte man es nicht wahrnehmen oder hatte man Angst, selbst ein Opfer zu werden?

Die den Opfern gewidmeten Stolpersteine mah-nen uns, dass das, was unter der NS-Herrschaft geschah, nie wieder passieren darf. Die Jahre un-ter Hitler waren das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte, mit der wir uns heute kritisch ausein-ander setzen müssen. Wir sollten mit unseren Kin-dern über diese Grausamkeiten in der NS-Zeit reden und sie zu toleranten, weltoffenen Menschen erzie-hen. Denn wir haben auch heute in der Gesellschaft rechtsradikale und ausländerfeindliche nationalso-zialistisch gesinnte Personen, die sich mit dem Na-zi-Gedankengut identifizieren. Die Stolpersteine

sollen uns dahingehend sensibilisieren.Auf einem der Stolpersteine von Gunter Deming

steht:

„Hier wohnteSieg fried WinterbergJG. 1900DEPORTIERT 1942Theresienstadt1944 AuschwitzErmordet am 15.12.1944in Dachau“

Wie viele Leute nehmen die Adresse „Am Hof 22“ im Bonner Zentrum wahr? Wer von den alten Bon-nern kannte die Familie Winterberg? Bei der Ausei-nandersetzung mit dieser Thematik mehren sich die Fragen. Es schmerzt in meiner Brust, weil die Men-schen, die anders glaubten, in den Tod geschickt wurden. Auf einem anderen Stein steht:

„Hier wohnte EGON BUCKIJG 1928Deportiert 1942Minskfür tot erklärt“

Ein Junge mit vierzehn, in einem Alter, in dem er eine Zukunft voller Träume vor sich hatte, wurde ermordet. Er wohnte in der Sternstr. 60 und spielte vermutlich wie alle anderen Kinder auf dem Frie-densplatz. Wer weiß, wie oft er über den Marktplatz zum Rhein gerannt war, um die Lieder der Sehn-sucht, der Liebe am rauschenden Rhein zu hören. Ein Junge, der in einem Alter voller Lebensfreude nie daran gedacht hat, dass er eines Tages aufgrund seiner jüdischen Herkunft ermordet wird.

Es sind nur zwei Steine, die das Schicksal von tau-senden Bonner Bürgern zeigen und daran erinnern, was mit ihnen passiert ist. Jedes Mal, wenn ich durch die Sternstraße laufe, stoße ich auf den Stolperstein

Die Stolpersteine von Gunter Demnig

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bonnGeschichte

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von Gunter Demnig, der mich in die Vergangenheit versetzt. Es lebten einmal Menschen hier, die mit ih-ren Träumen in den Tod geschickt wurden. Ich als Bonner Bürger, in einer anderen Kultur geboren und groß geworden, fühle mich genauso betroffen, wie die Bonner von heute.

Elf Millionen Menschen sind im Holocaust ge-storben, davon 1,1 Millionen Kinder und sechs Mil-lionen Juden. Zweidrittel der jüdischen Bevölkerung in Europa wurde ermodert. Es war einer der gröss-ten Tragödien in der Geschichte der Menschheit und ein humanitärer Super-Gau Tragödie, von dem wir lernen sollen, damit nie wieder in der Welt so etwas passiert.

Wir haben auch heute in unserer Gesellschaft Menschen, die andere ausgegrenzen und diskri-minieren, weil sie anders aussehen, anders glauben oder anders leben. Wir haben Menschen unter uns, die nicht an der Gesellschaft teilhaben können, weil sie keine Bleibe haben und als obdachlos diffamiert werden. Wir haben Menschen unter uns in Bonn, die AIDS-krank sind, denen viele von uns ungern begegnen wollen. Wir haben Menschen in unserer Nachbarschaft, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, weil sie aus einem anderen Kulturkreis kom-men.

Stolpersteine von Gunter Demning schütteln uns wach, damit wir auch die Nachbarn und Bonner Bürger von heute nicht aus der Gesellschaft ausgren-zen. Wir als Bonner Bürger haben die Verantwor-tung, um unsere Kinder toleranter und respektvoller zu erziehen, damit sie die Zukunft anders gestalten, damit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nie wie-der einen Platz in unserer Gesellschaft bekommen.

Der einzige Nachteil des Projektes besteht darin, dass die Steine klein sind und die Schrift auf den Steinen nicht sehr deutlich zu erkennen ist. Damit dieses mahnende Projekt nicht in Vergessenheit gerät, schlage ich daher den Pädagogen bzw. Leh-rern vor, sich bewusst mit ihren Schulklassen auf den Weg der Stolpersteine zu begeben und sich mit dem Thema NS-Zeit auseinanderzusetzen. Gleiches könnten auch die Einrichtungen in der politischen Erwachsenenbildung mit ihren Gruppen tun.

Ich habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam die Freude unter dem grenzenlosen Himmel teilen wer-den, damit der Himmel über Deutschland blauer und blauer wird. Jedes Opfer von Gewalt hat einen Stern am Himmel, der uns in die Welt der Freiheit begleitet, in der kein Hass und keine Gewalt Platz haben dürfen.(Foto: Hıdır Eren Çelik)

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bonnUnternehmen

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Mit der Eröffnung des Sekretariats des Welt-b i o d i v e r s i t ä t s r a t e s

(IPBES) im vergangenen Sommer sind nun 18 UN-Organisationen mit rund 1.000 Mitar-beitern in Bonn ansässig, darunter das Sekretariat der UN-Klimarahmen-konvention (UNFCCC), der Wüstenkonvention und der Konvention über wandernde wildleben-de Tierarten. Nach dem Vorbild des Weltklima-rats (IPCC) dient der Biodiversitätsrat der wis-senschaftlichen Politik-beratung, in diesem Fall dem Schutz der biologi-schen Vielfalt. Er soll den Gefährdungszustand bei Pflanzen- und Tierarten erfassen und damit der globalen Umweltzerstö-rung Einhalt bieten.

Die UN-Organisati-onen bilden zusammen mit in Bonn sitzenden Bundesministerien und Behörden, der Deut-schen Welle, rund 150 Nichtregieru ngsorga-nisationen, der Bonner Universität und ande-ren wissenschaftlichen Einrichtungen sowie global agie-renden Unternehmen ein ideales Umfeld für neue Partnerschaften.

Bonn ist nachhaltig und inter-national. Was machen wir daraus? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Maria Hohn-Berghorn, die das Liaison Office Internationale Wis-

senschaft der Stadt Bonn leitet. „Bonn verbindet relative Über-schaubarkeit mit einer Vielfalt von

strukturübergreifenden Koopera-tionsmöglichkeiten“, sagt sie.

Um Synergien besser zu nutzen, haben die Stadt Bonn und die Uni-versität im Mai 2014 eine Arbeits-

gemeinschaft gegründet. Sie soll strategische Part-nerschaften zwischen wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Akteuren auf- und aus-bauen und innovative Dialogformate initiieren.

Bereits mit der Ansied-lung der ersten UN-Se-kretariate, so Hohn-Ber-ghorn, sei der Wissen-schaftsraum Bonn um internationale Akzente ergänzt worden. An der Universität wurde das Zentrum für Entwick-lungsforschung (ZEF) etabliert. Die Hochschu-le Bonn-Rhein-Sieg hat einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit gelegt. Das Deutsche Institut für Entwicklungspoli-tik (DIE), das sich als eine Schnittstelle zwi-schen Theorie und Pra-xis versteht, zählt zu ei-nem weltweit wichtigen Think-Tank für globale Entwicklung und inter-

nationale Kooperation. Das Geografische Institut der

Universität Bonn und die United

Think-Tank für globale ZukunftsfragenInternational und nachhaltig: Was macht Bonn daraus?

Infolge des 1991 beschlossenen Hauptstadtumzugs nach Berlin hat sich Bonn in den letzten zwei Jahrzehnten ein neues Profil als deutsche Stadt der Vereinten Nationen und Ort des Dia-logs über wichtige globale Zukunftsthemen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit, internationale Zusammenarbeit und Biodiversität gegeben. – Von Sandra Prüfer

UN-Stadt Bonn Foto: Jürgen Eis

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bonnUnternehmen

bonn global Nr. 1/2015 33

Nations University (UNU) haben 2013 einen gemeinsamen Master-studiengang „Geography of En-vironmental Risk and Human Se-curity“ geschaffen. Dort können Studenten in einem interdiszipli-nären Ansatz den weltweit ersten gemeinsamen Master-Abschluss zwischen einer Universität und der UNU zu Umweltrisiken der menschlichen Sicherheit absolvie-ren.

„Die Chancen des internatio-nalen Standortes Bonn müssen künftig noch stärker gefördert und systematisiert werden, durch den Ausbau von Netzwerken - re-gional wie international, analog wie digital“, sagt Prof. Dr. Bettina Schlüter vom Forum Internatio-nale Wissenschaft der Universität Bonn. „Der Wissenschaftsstand-ort Bonn hat aufgrund seiner spe-zifischen Architektur das Poten-tial, sich zu einem Zukunftslabor zu entwickeln, wo Themen, deren hohe Relevanz und Dynamik un-ser aller Aufmerksamkeit erfor-dern, beleuchtet werden.“

Das Biodiversitätsnetzwerk Bonn (BION) mit fast 60 Mitglie-dern sei ein gutes Beispiel für das Zusammenwirken unterschied-lichster Akteure. Es agiert global und zugleich lokal und zielt dar-auf ab, einen sichtbaren Beitrag zur Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung biologi-

scher Vielfalt zu leisten. BION fördert die Interaktion

zwischen lokalen Akteuren und Bürgern mittels einer speziellen VHS-Reihe mit Exkursionen und Vorträgen. Das Angebot reicht von der Begegnung mit fleißi-gen Bienen auf dem Gut Melb (12. Mai), einem Besuch auf dem ökologischen Leyenhof in Fries-dorf (29. Mai) bis zum Rundgang durch den Kottenforst mit einem Stadtförster zum Thema nachhal-tige Forstwirtschaft (19. Juni).

Das Jahr 2015 ist klimapolitisch von besonderer Bedeutung. Im Dezember wird in Paris ein neues, umfassendes globales UN-Klima-abkommen ausgehandelt, bei dem sich alle Vertragsstaaten auf die künftige Minderung von Treib-hausemissionen einigen sollen, so dass das Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad erreicht wird. Dabei geht es auch um die Anpassung an den Klima-wandel und dessen Finanzierung.

Der Klimawandel und die Di-gitalisierung sind die großen The-men unserer Zeit und ein Grund, über den Zusammenhang zwi-schen dem digitalen Wandel und dem Klimawandel nachzudenken. Deshalb hat die Arbeitsgemein-schaft zwischen der Stadt und der Universität Bonn Ende April eine Ringvorlesung zum Thema „Die Welt im Wandel: Klima. Global.

Digital“ in Kooperation mit der Deutschen Welle und der Deut-schen Gesellschaft für internati-onale Zusammenarbeit (GIZ) ge-startet.

In der Auftaktveranstaltung am 21. April im Bonner Univer-sitätsforum berichtete Prof. Dr. Thomas Ludwig vom Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) über Computersimulationen in der Klimaforschung. Die Vor-tragsreihe läuft bis Ende Juni mit sechs weiteren Präsentationen. ZDF-Heute-Journal-Moderator Claus Kleber wird zum Beispiel am 21. Mai zum Thema „Klimain-formationen – Wer bestimmt die Nachrichten?“ referieren und Prof. Michael Batty vom Universi-ty College London (auf Englisch) am 7. Juni über die Anpassung von Städten an den Klimawandel.

Eine zweite, auf Englisch gehal-tene Vortragsreihe mit dem Titel „The UN at 70: Fit for „The Future We Want?“, die bis November läuft, widmet sich der Geschichte und Zukunft der Vereinten Nati-onen.

Info zu Klimaschutzaktivitä-ten und Beratungsangeboten der Stadt, unter dem Motto: »Klar zur Wende? Gemeinsam das Kli-ma schützen«, finden sich unter w w w.bonn.de/@k l imaschutz , www.bion-bonn.org, www.fiw.uni-bonn.de

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bonnUnternehmen

34 bonn global Nr. 1/2015

Ziel der von der Bundesregie-rung unterstützten Char-ta ist, die Anerkennung,

Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Unternehmens-kultur in Deutschland voranzu-bringen und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurtei-len ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten Wertschätzung erfahren – unabhängig von Ge-schlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltan-schauung, Behinderung, Alter, se-xueller Orientierung und Identität.

„Diversity Management ist die richtige Antwort auf demogra-fischen Wandel und Fachkräfte-mangel. Denn personelle Vielfalt – sofern sie erkannt und strategisch entwickelt wird – ist gut für den Standort Deutschland“, sagt Aletta Gräfin von Hardenberg, Geschäfts-führerin von Charta der Vielfalt e.V.

Zu den derzeit 19 Vereinsmit-gliedern gehören die Deutsche Post/DHL und die Deutsche Te-lekom, die beide ihre Konzernzen-tralen in Bonn haben. Inzwischen haben mehr als 2.000 deutsche

Unternehmen und öffentliche Einrichtungen die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Dazu zäh-len insgesamt 20 in Bonn ansäs-sige Arbeitergeber, darunter die Stadt Bonn, die Deutsche Welle und Aktion Mensch.

Am 9. Juni veranstaltet der Ver-ein den dritten deutschen Diversi-ty Tag, einen bundesweiten Akti-onstag, an dem Unternehmen und Institutionen den Vielfaltsgedan-ken in den Fokus rücken.

Die Deutsche Telekom AG er-wirtschafte 2014 über die Hälf-te des Umsatzes in Höhe von 62,7 Milliarden Euro außerhalb Deutschlands. Der Konzern beschäftigt weltweit 228.000 Menschen in rund 50 Ländern. 65,4 Prozent der Mitarbeiter sind männlich und im Durch-schnitt 35,6 Jahre alt. Als erstes DAX-30-Unternehmen führte die Telekom in 2010 eine Quote für den Frauenanteil im Management ein. Der Bonner Konzern hat sich vorgenommen, weltweit dreißig Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen mit Frauen

zu besetzen. Ende 2014 waren es bereits 25,6 Prozent.

Claudia Nemat ist seit 2011 Vorstandsmitglied der Telekom, zuständig für Europa und Tech-nik. Die 1968 geborene Physikerin und zweifache Mutter arbeitete zuvor für die Unternehmensbera-tung McKinsey, zuletzt als Senior Partner für den High-Tech-Sektor in Europa, den Mittleren Osten und Afrika.

Die Diversity Diskussion in Deutschland, so Vorstandsfrau Nemat, sei zu sehr auf die Frau-enquote und das Topmanage-ment fokussiert. Unternehmen bräuchten mehr Vielfalt auf allen Ebenen, um besser auf Kundenbe-dürfnisse einzugehen, neue Sicht-weisen auf Produkte und Märkte zu bekommen und ein attraktiver Arbeitgeber für die jüngere Ge-neration zu sein. Es sei nicht ver-wunderlich, dass Produkte mehr und mehr austauschbar sind, wer-den sie doch von austauschbaren Managern mit gleichen Bildungs-wegen und kulturellen Hinter-gründen entwickelt.

Weil Vielfalt ein Gewinn für Unternehmen istDie Charta der Vielfalt ist eine Initiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen, die 2006 von der Deutschen Telekom, Daimler, der BP Europa SE (ehemals Deutsche BP) und der Deutschen Bank ins Leben gerufen wurde. – Von Sandra Prüfer

Charta der Vielfalt

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bonnUnternehmen

bonn global Nr. 1/2015 35

Die Debatte um Vielfalt und Chancengleichheit im Manage-ment wird oft etwas gönnerhaft geführt. Das ist der falsche An-satz. Wir müssen diese Debatte anders führen - es geht um Kon-kurrenzfähigkeit, nicht um »gu-tes Gefühl«.Unternehmen stehen heute in ei-nem brutalen globalen Wettbe-werb, um gute Ideen und die bes-ten Produkte am Markt. Die Di-gitalisierung der Wirtschaft hat zu einer rasanten Innovationsge-schwindigkeit geführt, die Märk-te in immer schnelleren Zyklen er-schüttert - als Beispiel sei hier nur die aktuelle Entwicklung um uber und airbnb genannt, die im Sturm die Märkte Personenbeförderung und Hotellerie verändern. In diesem Wettbewerb der Ideen geht es um neue Ansichten auf alte Märkte. Jede Art von Ma-nagement, die Monokulturen för-dert, wird in diesem Wettbewerb keinen Bestand haben. Modernes Management muss »Unterschied-lichkeit« - auch »Diversity« ge-nannt - managen. Gerade in Deutschland analysie-ren wir die gleichen Märkte, mit den gleichen Managern, die oft die gleiche Ausbildung genossen haben und die gleichen Methoden anwenden und wundern uns, war-um unsere Produkte austauschbar sind. Wir sollten uns als Manager nicht wundern, sondern uns die Frage stellen, wie können wir das ändern?Hand aufs Herz - und ich nehme mich da gar nicht aus - wer von uns würde einen Produktentwick-

ler zum Manager machen, der wie Mark Zuckerberg in T-Shirt und Badelatschen zur Arbeit kommt? Der weiblichen Führungskraft, die sagt, sie würde gerne zwei Tage die Woche von zu Hause arbeiten,

geht es nicht anders. Eine Mono-kultur des Managements, in der jene aufsteigen, die zehn Stunden und mehr am Schreibtisch sitzen und die besten Folien malen, wird uns nicht konkurrenzfähig halten. Das hat nichts mit dem Thema Frauen im Management zu tun. Unternehmen müssen Rahmen-bedingungen schaffen, die Un-terschiedlichkeit fördern, und so neue Sichtweisen auf Produkte und Märkte ermöglichen. Verein-barkeit von Familie und Beruf, Quereinstieg ins Management,

internationale Rotation sind nicht Ausdruck von Gutmenschentum! In der modernen Gesellschaft sind sie eine Notwendigkeit, mit der Unternehmen kreative Köp-fe anziehen können, die andere Erfahrungen haben und frische Ideen in die Konferenzräume bringen. Wir sind in Deutschland aus meiner Sicht immer noch zu gradlinig, zu angepasst, zu wenig international und auch - zu männ-lich - je höher es im Management nach oben geht. Wir müssen als Top-Management offenere Unter-nehmenskulturen schaffen. Ich möchte diese Diskussion nicht als Frau führen, sondern als Ma-nagerin, deren Hauptaufgabe es ist, für mein Unternehmen den besten Köpfe die besten Rahmen-bedingungen zu bieten, damit sie die besten Ideen in Produkte ver-wandeln, mit denen wir am Markt gewinnen und Geld verdienen. Wir haben als Deutsche Telekom im Jahr 2010 die Förderung von Frauen via Quote beschlossen. Heute haben wir weltweit einen Anteil von 25 Prozent an weibli-chen Führungskräften. Das ist gut. Aber auch wir müssen darüber nachdenken, wie wir Diversity im Sinne des Unternehmens managen. Wir werden sonst im globalen Wettbewerb keine Chance haben - Ideen wie uber oder airbnb kom-men nicht aus der wohltemperier-ten Mitte der Gesellschaft, son-dern von Menschen, die anders auf Märkte gucken. Diese Diskus-sion sollten wir auch am bundes-weiten Diversity Tag im Juni als Manager führen.

Charta der Vielfalt

Plädoyer für das Ende von Monokulturen im UnternehmenVon Claudia Nemat

Claudia Nemat, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom für Europa und TechnikFoto: Deutsche Telekom AG / Pool / Michael Ebner

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bonnRecht

36 bonn global Nr. 1/2015

Arbeitsmarktzugang Drittstaatsangehöriger - Ausgrenzung oder Teilhabe?

„Wir brauchen eine Willkom-menskultur, aber auch einfachere gesetzliche Regelungen“, ist Mi-chael Pieck, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer Rhein-Sieg, überzeugt. Den re-

gional- und branchenspezifisch steigenden Fachkräftebedarf, dessen zukünftige Einschätzung naturgemäß mit Unsicherhei-ten behaftet ist, sieht er bis 2030 bei 48.000 Fachkräften. Er weist auf die Tatsache hin, dass acht Prozent der 57.000 IHK-Unter-nehmen in Bonn/Rhein-Sieg aus-ländische Unternehmen seien. Ingo Degenhardt, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes Bonn/Rhein-Sieg, mahnt „Taten“ an, um faktischen Benachteiligun-gen von Ausländern zu begegnen. Er hält neben einem frühzeitigen

Arbeitsmarktzugang auch eine „verbesserte öffentliche Arbeits-vermittlung“ für wichtig.

Jashar Erfanian vom Kölner Flüchtlingsrat e.V. kritisiert die neuerlichen Lockerungen für Asylsuchende mit Aufenthalts-gestattung* und Personen mit Duldung* als unzureichend. Bei

den ab November 2014 geltenden Er-

leichterungen handelt es sich im Wesentlichen um zweierlei: Die Verkürzung der obligatorischen Wartezeit bis zur möglichen Auf-nahme einer Beschäftigung auf drei Monate und den Wegfall der „Vorrangprüfung“* nach Ablauf von 15 Monaten. Das Gros der hier in Rede stehenden Menschen ist von der Regelung betroffen, nur

bestimmte Hochqualifizierte und Auszubildende sind privilegiert. Erfanian glaubt nicht, dass die meisten Flüchtlinge mit kurz be-fristeten Aufenthaltsgestattungen oder Duldungen durch die Neue-rungen leichter Arbeit finden wer-den. Er fordert die „Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchen-de und Geduldete“, damit diese Menschen von Beginn an die deut-sche Sprache soweit beherrschen lernen, dass sie überhaupt erst eine Chance haben, Arbeit zu finden. Für die Kurse muss auch weiterhin das nötige Geld bereitstehen.

Der nur nachrangige Arbeits-marktzugang in den ersten 15

Monaten* sollte zudem durch ei-nen gleichberechtigten Arbeits-marktzugang spätestens nach drei Monaten ersetzt werden.

Die Ausländerbehörde hat nach der Beschäftigungsverordnung* die Möglichkeit, geduldete Per-sonen, Menschen mithin, die oft-

mals schwer trau-matisiert sind, mit

einem Arbeitsverbot zu bestra-fen. Es kann beispielsweise sein, dass sich junge Menschen gegen die rechtliche Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung bei der Aus-länderbehörde* entscheiden, weil sie sich in einer Zwickmühle be-finden, eine etwaige Täuschungs-handlung der Eltern aufzudecken und die eigene Mitwirkungs-pflicht* zu erfüllen. Auf solche existenziellen inneren Konfliktla-gen nimmt die Arbeitsverbotsre-gelung keine Rücksicht. Der Köl-ner Flüchtlingsrat und andere leh-nen die Vorschrift strikt ab. Viele sehen einen Verstoß gegen den UN-Sozialpakt, welcher auch das

Der Arbeitsmarktzugang Drittstaatsangehöriger (Nicht-EU-Bürger) ist trotz des Aufent-haltsgesetzes (2005)* und neuerlicher gewisser Lockerungen rechtlich kompliziert. Dass die Regelwerke insgesamt verschlankt, bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Zugang er-leichtert werden sollte, darin sind sich Flüchtlingshilfsorganisationen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften weitgehend einig.

Ein kritischer Aufriss von Christoph Gappa

Komplizierte Gesetzeslage

Hürden und Sanktionen

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bonnRecht

bonn global Nr. 1/2015 37

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(Schwerpunkt: Ausländer- u. Asylrecht)

Recht auf Arbeit schützt. Da die-ser Pakt verbindliches (einfaches) deutsches Bundesrecht ist, müsste Deutschland ihn eigentlich be-achten, tut es aber nicht.

Der bestehende erhebliche An-tragsstau von Asylverfahren beim zuständigen Bundesamt tut ein Übriges, um in vielen Fällen eine zügige Integration zu verhindern. Durch den vollständig zustim-mungsfreien Zugang gar erst nach vier Jahren können Betroffene zum Teil erst zu einem Zeitpunkt eine Arbeit aufnehmen, der für eine gelingende Integration viel zu spät ist. Auch dieser Missstand besteht nach den jüngsten gesetz-lichen Änderungen fort.

Obgleich einerseits um (hoch)qualifizierte ausländische Fach-kräfte (von denen viele auch Flüchtlinge sind) gebuhlt wird, halten andererseits langwieri-ge und unnötige bürokratische

Blockaden und Hemmnisse viele derer ab, die man doch, wenn man vielfach geäußerten Bekenntnis-sen   Glauben schenken soll, so gerne im Land sähe. Oftmals wer-den zugewanderten Ausländern berufliche „Anpassungsmaßnah-men“ abverlangt, um die geforder-te Gleichwertigkeit der Berufsabschlüs-se zu bewerkstelligen, ohne dass derartige Anpassungsqualifikati-onen aber von den entsprechen-den Trägern oder Institutionen angeboten würden. Die beruf-lichen Anerkennungsverfahren dauern deutlich zu lang. Es gibt einen „Dschungel“ anerkennen-der Institutionen, der zu lichten

wäre.Durch Ratsbe-

schluss der Stadt Bonn vom April 2010 ist schon vor einigen Jah-ren eine begrüßenswerte Bleibe-rechtsregelung in einem Teilbe-reich, nämlich für jugendliche Flüchtlinge, geschaffen worden,

die eine Ausbildung abschließen können und denen ein Aufent-haltstitel in Aussicht gestellt wird.

Aus eigener Erfahrung und Ge-sprächen mit anderen Berater(n)/innen weiß ich, dass der weitaus größte Teil der Asylsuchenden und Flüchtlinge arbeiten und

nicht von Sozialleistungen abhän-gig sein möchte. Der Weg in Ar-beit sollte diesen Menschen nicht durch unnötige Hürden noch er-schwert werden.

Zur Person: Der Autor ist Vollju-rist und mit der Rechtsberatung von Flüchtlingen und Migranten befasst.

Bürokratische Hemmnisse

Positives Signal

* Erläuterungen: Aufenthaltsgesetz, enthält wesentliche Vorschriften über Einreise, Aufenthalt und Integration von

Nicht-EU-Ausländern | Aufenthaltsgestattung, erhält ein Ausländer, der um Asyl nachsucht, für die Zeit des Asylverfahrens.

Kein förmliches Aufenthaltsrecht | Beschäftigungsverordnung (BeschV), Beim Verfahren der Ausländerbehörde zur Gestat-

tung einer Erwerbstätigkeit muss die Bundesagentur in vielen Fällen ihre Zustimmung erteilen. Die BeschV regelt, wann dies

der Fall ist und wann nicht. |Duldung (Ausländerrecht), erhält ein Ausländer, dessen Abschiebung aus bestimmten Gründen

(Bürgerkrieg im Herkunftsland, fehlende Papiere) vorübergehend nicht durchgeführt werden kann. Keine Erlaubnis, dauer-

haft zu bleiben. | Mitwirkungspflicht (Ausländerrecht), Bestimmte Verpflichtungen (Mitwirkungspflichten) des Ausländers

gegenüber der Ausländerbehörde, damit ggf. auch eine Abschiebung ermöglicht wird (z.B. Pass besorgen, bestimmte Nachwei-

se erbringen). | "Nachrangiger Arbeitsmarktzugang /“Vorrangprüfung“", die Bundesagentur erteilt die Zustimmung (siehe:

Beschäftigungsverordnung) nur, wenn es für die konkrete Stelle keine geeigneten deutschen oder EU-Bewerber gibt.

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bonnkulinarisch

38 bonn global Nr. 1/2015

Georgien, ein Land mit ver-schiedenen Klimazonen, gilt als das Mutterland des Weins.

Im Norden bilden der Kaukasus, im Westen das Schwarze Meer sei-ne natürlichen Grenzen. Die Berg-kette von Surami teilt das Land in zwei gleiche Hälften. Der Westen des Landes ist bekannt für seine Zitrusfrüchte und Teeplantagen, der Osten aber berühmt für sei-ne Weinbaugebiete. Wein ist in Georgien das älteste und heiligs-te Getränk. Vino, wine, vin, wijn: All diese Wörter entstammen dem georgischen Wort »gwino«.

Schon zu Zeiten der Schula-weri-Kultur (ca. 7000 bis 5000 v. Chr.) im Gebiet des heutigen Zen-tral- und Ostgeorgiens waren Re-ben und Wein bekannte Begriffe.

Die in dieser Region gefundenen Traubenkerne und die speziel-le Säure, die auf Keramikscher-ben aus dieser Zeit nachgewiesen werden konnte, brachte die Ge-wissheit, dass Weinreben bereits zu jener Zeit kultiviert wurden. Die Londoner Vinopolis-Dauer-ausstellung nennt Georgien als Mutterland des Weins. Im ersten Pavillon der Ausstellung werden Jahrtausende alte Keramik-Gefä-ße gezeigt.

Bereits vor mehreren Jahrtau-senden wurde Wein nach Grie-chenland und in das Perserreich exportiert. Das traditionelle Wein-rebenkreuz, eine Reliquie, gefloch-ten aus Haaren der heiligen Nino, die Georgien im 4. Jahrhundert christianisierte, macht die enge Verbindung von Weinreben und christlichem Glauben deutlich.

Die im 12. Jahrhundert gestif-tete Akademie Ikalto in Ostgeor-gien lehrte Weinbau als Studien-fach. Im alten georgischen Medi-zinbuch »Kabardin« wird Wein als Heilmittel für viele Krank-heiten genannt, beispielsweise soll Wein bei Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Problemen Linde-rung verschaffen.

Heute kennt man in Georgien noch 500 Rebsorten. In Kachetien sind Saperavi und Rkaziteli die am

häufigsten angebauten Rebsorten. Eine traditionelle Herstellungsart in dieser Region ist das Keltern in hölzernen Wannen, „Sacnacheli“ genannt. Den entstandenen Saft, die Maische inklusive Stängel, Kerne und Schalen der Weintrau-ben, füllen die Winzer in Tonge-fäße (Amphoren). Die Gärung be-ginnt unverzüglich. Mehrmals am Tag wird die Maische verrührt,

damit Stängel, Kerne und Scha-len in den Amphoren nicht an die Oberfläche kommen. Andernfalls droht eine Geschmacksverände-rung des Weines, schlimmsten-falls gar der Verderb. Bis im Früh-ling die Brennnesseln blühen, wird die Maische mindestens dreimal in neue Amphoren umgefüllt.

2013 nahm die UNESCO den traditionellen georgischen Wein-ausbau in Amphoren (Quevri) auf ihre Listen des immateriellen Kul-turerbes. (Nino Müntnich)

Georgien – Mutterland des Weins

• Gemütliches Familienrestaurant • Zahlreiche Gerichte vom Grill• Döner vom selbst marinierten, feinen Fleisch• Fischgerichte• Täglich verschiedene Eintöpfe• Typisch türkische Süßspeisen

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Saray RestaurantTraditionelle türkische Küche im Herzen Bonns

Foto: Nino Müntnich

Foto: Nino Müntnich

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bonnkulinarisch

bonn global Nr. 1/2015 39

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Saray RestaurantTraditionelle türkische Küche im Herzen Bonns

In Bonn leben rund 323.000 Menschen mit 177 Nationalitäten, die ihre Kultur und Lebensart genauso mit an den Rhein gebracht haben wie

ihre heimische Küche. Diese kulinarische Vielfalt spiegelt sich mittlerweile auch in der Bonner Gastro-nomie wider. So findet man über die ganze Stadt ver-teilt unterschiedliche Angebote für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel, von rheinisch-rustikal bis zur gehobenen französischen Küche, vom Kölsch in der Eckkeipe bis zum gediegenen Weinlokal.

Studentenkneipen, Musikkneipen, alteingessese-ne Veedelskneipen mit ihrer gut-bürgerlichen Kü-che, Straßencafés und Biergärten für die warme Jah-

reszeit, Traditionslokale, vom Imbiss zum Sterneres-taurant, Restaurants mit der Küche aus aller Herren Länder, von Italien rund um den Globus, machen eine kulinarische Weltreise auf Bonner Stadtgebiet zum Kinderspiel.

Die Vielfalt der Gastronomie macht das Stadt-leben attraktiver. Dank der kulinarischen Vielfalt kann sich jeder in Bonn sofort zu Hause zu fühlen, auch indem wir internationale Gerichte und Regio-nalküchen miteinander teilen und genießen.

Den verschiedenen internationalen Küchen und lokalen »Gastro-Meilen« wird sich »Bonn Global« in künftigen Ausgaben näher widmen.

Halve Hahn Meets Döner: Bonns vielfältige Gastronomie

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bonnKultur

40 bonn global Nr. 1/2015

Ein »Zusammenleben«, will es gelingen, verlangt immer auch »ein gegenseitiges Ver-

stehen«. Doch bereits in der Kom-munikation zwischen Menschen, die dieselbe Sprache sprechen, entstehen Schwierigkeiten – mehr noch zwischen Menschen, die un-terschiedliche Sprachen sprechen. Sie verstehen sich nicht, sind sich fremd und belegen auf Grund der Nicht-Verständigung ihr Gegenüber oft mit Vorurteilen und Ängsten.

Diese Tatsache gab den Anstoß zu dem Versuch, die Mehrsprachig-keit unserer Gesellschaft zu nut-zen und statt dem Trennenden das Verbindende innerhalb dessen zu suchen, zu zeigen und erlebbar zu machen. Mit dieser Idee entwickel-te sich das Projekt der „POETRY-polis“ beim Bonner Institut für Migrationsforschung- und Inter-kulturelles Lernen (BIM) e.V., ins Leben gerufen durch Janina Nietz-ke und Julia Nikolic, die 2011 den ersten mehrsprachigen Poesie- und Künstlerwettbewerb in Bonn orga-nisierten. Die Frage war: Wenn wir

schon nicht jedes einzelne Wort verstehen, können wir dann uni-verselle Gefühle wahrnehmen, hö-ren und sehen? Wie hört sich ein »mir selbst« bekanntes Gefühl in anderen Sprachen an?

Jeder Veranstaltung liegt ein vorab festgelegtes Gefühl zu Grun-de. Zu diesem sind die Teilneh-mer aufgerufen, es in der ihm ver-trauten Sprache, bevorzugt in der Muttersprache, auf der Bühne im MIGRApolis-Haus der Vielfalt in

Bonn zum Ausdruck zu bringen. Das können ein frei geschriebener Text, ein Gedicht oder ein Lied sein. Der Originaltext samt Über-setzung wird zum Nachlesen in einem Abendheft abgedruckt. Am Ende stimmt das Publikum über den beeindruckendsten Beitrag ab, und der Gewinner darf das Gefühl der kommenden Veranstaltung festlegen. Der Wettbewerb gibt den allgemeinen Rahmen vor, steht da-bei aber nicht im Vordergrund.

Der mehrsprachige Künstlerwett-bewerb hat sich etabliert. Seit 2011 findet er zwei Mal im Jahr statt. Bis-

her gab es sieben Veranstaltungen mit Beiträgen auf insgesamt 18 ver-schiedenen Sprachen zu den Gefüh-len: Wut, Liebe & Sehnsucht, Neid & Eifersucht, Einsamkeit, Glück und Vertrauen. Die 6. Veranstaltung wurde außerdem erstmals vom Kul-turamt der Bundesstadt Bonn geför-dert, die 8. POETRYpolis zum Ge-fühl „Humor & Ironie“ erhielt eine Folgeförderung.

Die Nachfrage ist da, und sie zeigt den Bedarf an Plattformen, die unse-

re Gesellschaft in ihrer Vielfältigkeit spiegeln. POETRYpolis ist so eine Plattform. Sie will Verständigung und Verständnis für die Vielzahl an Sprachen und Kulturen fördern und ist bemüht, Anreize zu schaffen, um im Fremden das Vertraute zu hören, zu sehen und zu verstehen.

Die nächste POETRYpolis findet am Freitag, 22.5.2015, ab 20.00 Uhr im MIGRApolis-Haus der Vielfalt, Brüdergasse 16-18, 53111 Bonn statt.

Allgemeine Informationen zur Teilnahme unter: www.poetry-polis.de oder bei POETRYpolis auf Face-book.

POETRYpolis »Ein Gefühl in Deiner Sprache« Erster multilingualer Künstlerwettbewerb

POETRYpolis, der zweimal jährlich im MIGRApolis-Haus der Vielfalt ausgerichtete multi-linguale Künstlerwettbewerb, hat sich zu einer festen Größe in der Bonner Szene entwickelt und wird mittlerweile auch vom Kulturamt der Stadt Bonn gefördert.

Ein Bericht von Julia Nikolic

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bonnService

bonn global Nr. 1/2015 41

Tipps & Termine28. Mai 2015, 19.00 Uhr | »Megacities – Städte außer Kontrolle?«

Ranga Yogeshwar im Gespräch mit Gästen aus Wissenschaft, Ar-chitektur und Politik im Forum der Bundeskunsthalle | Auftakt der Talkreihe »ZWANZIG30« zur Stadt der Zukunft veranstaltet von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Deutschen Museum Bonn in Kooperation mit der Kunst- und Ausstellungshalle der Bun-desrepublik Deutschland. Der Eintritt ist frei! Eine Anmeldung ist je-doch ab dem 27. April unter www.dfg.de/zwanzig30erforderlich.

bis 31. Mai 2015 | KOMM, WER IMMER DU BIST | Fotografien von Ayşe Taşci | Kreuzung an St. He-lena, Bornheimer Str. 130Portraits von deutschen Männern und Frauen, die vor mehr als 25 Jahren zum Islam konvertiert sind. Einige von ihnen wurden streng katholisch erzogen, ande-re hatten keinen religiösen Hin-tergrund. Allen gemein ist, dass sie lange eine spirituelle Heimat gesucht und diese im Sufismus gefunden haben. Foto: Ayşe Taşci

Neues Zentrum für ''German Stu-dies'', Vereinbarung zwischen DAAD und Universität Cambridge

Die vom DAAD geförderten Zentren für Deutschland- und Europastudien bilden ein weltweites Netzwerk, das im Dezember 2014 zur großen Zent-renkonferenz (Foto) in Berlin zusam-menkam. Das Netzwerk wächst weiter: DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel und der Rektor der Univer-sität Cambridge, Professor Sir Leszek Borysiewicz, haben ein Memorandum of Understanding zur Einrichtung des neuen "DAAD - University of Cambrid-ge Forschungszentrums für Deutsch-land-Studien" unterzeichnet. Eröffnet wird das Zentrum im Januar 2016. Mehr: https://de.sitestat.com/daad/daad/s?let-te r10 073 _79 970 _ c ontent _ver l in -kung&ns_type=clickin&ns_ur-l=http://de.sitestat.com/daad/daad/s?let-te r10 073 _79 970 _ c ontent _ver l in -kung&ns_type=clickin&ns_ur-l=http://daad.de/redir/mem/79970/mefq-xUyNO7la6/10073/11314

bis 7. Juni 2015 |1945 – Köln und Dresden | Fotografien von Hermann Claasen und Richard Peter sen. |

LVR-LandesMuseum in Kooperation mit der Deutschen Fotothek Dres-den und der Stiftung F.C. Gundlach Hamburg | Zwei Fotobücher prägen bis heute unsere Wahrnehmung der zerstörten deutschen Städte des Zweiten Weltkriegs: Hermann Claasens (1899–1987) Gesang im Feuer-ofen von 1947 zeigt das zerstörte Köln, Richard Peters (1895–1977) Buch Dresden, eine Kamera klagt an, Die Ausstellung zeigt nicht nur die den beiden Büchern zugrunde liegenden Vintage Prints sondern rekonstruiert auch die Entstehungsgeschichte beider Bücher und stellt sie vor allem in den historischen Kontext der Erstpublikation: So wird deutlich, dass sich beide Bücher von jeweils ganz unterschiedlicher Perspektive mit dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs auseinander setzen.Foto: Hermann Claasen | Bildrechte: Köln, Hohenzollernbrücke, ca. 1947 | © LVR-LandesMuseum Bonn

„Guck mal!“ in acht Sprachen Mit einer Postkarten–Serie macht der Verband binationaler Familien und Partnerschaften auf das unterschätzte Potential der Mehrsprachigkeit aufmerksam. Auf den Karten sind acht Sprachen in acht Schriften dargestellt, die den Ausdruck „Guck mal!“ oder „Schauen Sie, bitte!“ wiedergeben. „Alle Sprachen sind lebendige Sprachen in un-serem Land, die aber nicht wahrgenommen, geschweige denn geschätzt werden“, sagt Michaela Schmitt-Reiners, Leiterin der NRW-Geschäftsstelle in Bonn. Immer mehr Kinder kommunizieren in ihrem Alltag in mehreren Spra-chen. „Würde die Förderung von Mehrsprachigkeit als Bildungsauftrag verstanden, könnte sich daraus ein großes Potential entwickeln, sowohl individuell als auch gesellschaftlich, wirtschaftlich und kulturell“, so Schmitt-Reimers. Wer zuerst herausfindet, um welche Sprachen es sich handelt, erhält Materialien und Fachbücher zum Thema Mehrsprachigkeit. Weitere Info und die Postkarten unter www.mehrsprachigvorlesen.verband-binationaler.de

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Rathausgasse 12 53111 BonnTel: 0228 90 93 153

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Wenn wir im Regen stehen, werden wir doch alle nass ...©Alp Gürhan Yalciner

Wir bieten Ihnen voll ausgestattete Seminarräume und einen großen Veranstaltungsraum, barrierefrei im EG zur Anmietung an. Bei Inte-resse kontaktieren Sie uns einfach unter 0228 338 339 0 oder unter [email protected]. BIM e.V. Brüdergasse 16-18, 53111 Bonn

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• Öffentlichkeitswirksames literarisches Forum für Verlage, Institu-

tionen, Vereine und Initiativen der nationalen und internationalen

Migrations- und Flüchtlingsarbeit

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schaftler und ein interessiertes Publikum für einen intensiven Aus-

tausch über die nationale und internationale Migrationsliteratur.

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gramm im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

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Schreib- und Geschichtswerkstatt, künstlerisch-kreative Projekte

B O N N E RBUCHMESSEMIGRATION

»GrenzenLos – Vielfalt leben«vom 19. - 22. November 2015

im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn

Veranstalter Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V., Evangelischer Kirchenkreis Bonn, Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA) Bonn/Integrationsagentur in enger Kooperation mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und weite-rer Partner.

Literaturwettbewerb

Zum Konzept der Bonner Buchmesse Migration gehört es, vor allem Lite-

raturschaffende aufzufordern, sich literarisch mit den Themen Migration,

Interkulturalität und dem gesellschaftlichen Zusammenleben auseinan-

derzusetzen und sich in diesem Jahr des Mottos »GrenzenLos – Vielfalt

leben« mit eigenen Wettbewerbsbeiträgen anzunehmen.

X.

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