Bruce Springsteen - Was «Born in The USA » wirklich - und gerade jetzt - bedeutet

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SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 15 14 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. den Neuanfang markierte:1974 schrieb der Musikkritiker Jon Landau: «Ich habe die Zu- kunft des Rock‘n‘Roll gesehen, und ihr Name ist Bruce Springsteen.» Ob es gut ist für Barack Obama, dass «The Boss» am 9. Juni – aus- gerechnet in der heissen Phase des US-Wahlkampfs – im Zürcher Letzi- grund spielt? Text: Zeno van Essel Hoffnungsträger geschrieben hatte, sang er Obama ins Amt. Dieser verdankte es ihm mit dem Bonmot, in dem vielleicht mehr Wahr- heit über Amerika steckt als in mancher Wahl- kampfrede. Denn was heisst es heute schon, Präsident zu sein, der zwischen Machtkämp- fen und Kompromissen aufgerieben wird und der zudem ständig klamm ist? Ein Boss wäre vielen US-Bürgern lieber. Da wird weniger diskutiert, man weiss, wo‘s langgeht – und ausserdem gibts Bares auf die Hand. Das zu- mindest ist der Grund, warum Springsteen seinen Übernamen bekam: Zu Beginn seiner Karriere bezahlte er seinen Bandmitgliedern nach den Auftritten die Gage in bar aus. So wurde er zum Symbol für wahre Werte. Für durch Schweiss und Tränen erarbeiteten, ehr- lichen Erfolg. Für den American Dream. Bruce Springsteen zu hören heisst, Amerika zu hören. Nicht das euphorische, glamouröse der Glitzer-Metropolen, sondern das ölver- schmierte, desillusionierte der grauen Indus- trie- und Kleinstädte von Long Branch, New Jersey, wo Bruce am 23. September 1949 ge- boren wurde, bis zur «Motor City» Detroit, die in Folge der Wirtschaftskrise zum Sym- bol für den Niedergang des amerikanischen Mittelstands wurde. Für sie schreibt Bruce Springsteen den kraftvollen Soundtrack zu den melancholischen Alltagsgeschichten – und gibt ihnen mit Songs wie «Born To Run», «Tougher Than The Rest» und auch mit sei- nem jüngsten Werk «Working On A Dream» Hymnen für Hoffnung und Zukunft. So, wie er selbst für die Musikszene ein Symbol für I rock I Er verleiht den Sorgen und Sehnsüchten des kleinen Mannes einen lautstarken Soundtrack. Er besingt das Amerika der Durchbeisser. Bruce Springsteen ist heute aktueller denn je. Barack Obama brachte es auf den Punkt: «Ich bin der Präsident», sagte er bei der grossen Feier zu seiner Vereidigung, «aber er ist der Boss.» Gemeint ist Bruce Springsteen, Rock- Urgestein der USA und eifriger Wahlkampf- helfer der Demokraten. Mit «The Rising», der Auferstehungshymne, die er speziell für den Bruce als Rebell der Mittelschicht. Das Album, das den Durchbruch brachte. Der Rock-Dinosaurier: Auf der Bühne gilt Bruce Springsteen als der amerikanischste aller US-Rocker. Seine Konzerte strotzen vor Leidenschaft und Emotionen. Bruce Springsteen als Ikone des neuen Amerika: etwas heruntergekommen, aber immer noch stolz. BRUCE SPRINGSTEEN 9. Juni, Zürich Letzigrund Bruce Springsteen und die E Street Band Der Boss kommt Ich habe gelernt, mich präzise auszudrücken und alles, was ich sagen will, in kurze Form zu pressen. ’’ BORN IN THE USA – DAS MISSVERSTÄNDNIS Am Anfang dachten viele, Bruce Spring- steens Hymne «Born In The USA», die für ihn 1984 den grossen Durchbruch brachte, sei ein Lied voller Hurra- Patriotismus. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan wollte es sogar für den Wahlkampf nutzen. Doch Springsteen lehnte ab. Der Song erzählt vielmehr iro- nisch-verherrlichend die traumatische Umnachtung eines Vietnam-Heimkehrers. Trotzdem haftete Springsteen lange das falsche Image des dumpfen Ami-Rockers an. Höchste Zeit, genauer hinzuhören und dies zu korrigieren! Wahlkampfhelfer: «The Boss» mit den Obamas. PAPERBOY

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event. - Das Veranstaltungs- und Freizeitmagazin - Februar 2012

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den Neuanfang markierte:1974 schrieb der Musikkritiker Jon Landau: «Ich habe die Zu-kunft des Rock‘n‘Roll gesehen, und ihr Name ist Bruce Springsteen.» Ob es gut ist für Barack Obama, dass «The Boss» am 9. Juni – aus-gerechnet in der heissen Phase des US-Wahlkampfs – im Zürcher Letzi-grund spielt? Text: Zeno van Essel

Hoffnungsträger geschrieben hatte, sang er Obama ins Amt. Dieser verdankte es ihm mit dem Bonmot, in dem vielleicht mehr Wahr-heit über Amerika steckt als in mancher Wahl-kampfrede. Denn was heisst es heute schon, Präsident zu sein, der zwischen Machtkämp-fen und Kompromissen aufgerieben wird und

der zudem ständig klamm ist? Ein Boss wäre vielen US-Bürgern lieber. Da wird weniger diskutiert, man weiss, wo‘s langgeht – und ausserdem gibts Bares auf die Hand. Das zu-mindest ist der Grund, warum Springsteen seinen Übernamen bekam: Zu Beginn seiner

Karriere bezahlte er seinen Bandmitgliedern nach den Auftritten die Gage in bar aus. So wurde er zum Symbol für wahre Werte. Für

durch Schweiss und Tränen erarbeiteten, ehr-lichen Erfolg. Für den American Dream.Bruce Springsteen zu hören heisst, Amerika zu hören. Nicht das euphorische, glamouröse der Glitzer-Metropolen, sondern das ölver-schmierte, desillusionierte der grauen Indus-trie- und Kleinstädte von Long Branch, New Jersey, wo Bruce am 23. September 1949 ge-boren wurde, bis zur «Motor City» Detroit, die in Folge der Wirtschaftskrise zum Sym-bol für den Niedergang des amerikanischen Mittelstands wurde. Für sie schreibt Bruce Springsteen den kraftvollen Soundtrack zu den melancholischen Alltagsgeschichten – und gibt ihnen mit Songs wie «Born To Run», «Tougher Than The Rest» und auch mit sei-nem jüngsten Werk «Working On A Dream» Hymnen für Hoffnung und Zukunft. So, wie er selbst für die Musikszene ein Symbol für

I rock I

Er verleiht den Sorgen und Sehnsüchten des kleinen Mannes einen lautstarken Soundtrack. Er besingt das Amerika der Durchbeisser. Bruce Springsteen ist heute aktueller denn je.

Barack Obama brachte es auf den Punkt: «Ich bin der Präsident», sagte er bei der grossen Feier zu seiner Vereidigung, «aber er ist der Boss.» Gemeint ist Bruce Springsteen, Rock-Urgestein der USA und eifriger Wahlkampf-helfer der Demokraten. Mit «The Rising», der Auferstehungshymne, die er speziell für den Bruce als Rebell der Mittelschicht.

Das Album, das den Durchbruch brachte.

Der Rock-Dinosaurier: Auf der Bühne gilt Bruce Springsteen als der amerikanischste aller US-Rocker. Seine Konzerte strotzen vor Leidenschaft und Emotionen. Bruce Springsteen als Ikone des neuen Amerika: etwas heruntergekommen, aber immer noch stolz.

Bruce

SpringSteen

9. Juni, Zürich

Letzigrund

Bruce Springsteen und die e Street Band

Der Boss kommt

“ Ich habe gelernt, mich

präzise auszudrücken und

alles, was ich sagen will, in

kurze Form zu pressen. ’’

BORN IN THE USA –DAS MISSvERSTäNDNISAm Anfang dachten viele, Bruce Spring-steens Hymne «Born In The USA», die für ihn 1984 den grossen Durchbruch brachte, sei ein Lied voller Hurra- Patriotismus. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan wollte es sogar für den Wahlkampf nutzen. Doch Springsteen lehnte ab. Der Song erzählt vielmehr iro-nisch-verherrlichend die traumatische Umnachtung eines Vietnam-Heimkehrers. Trotzdem haftete Springsteen lange das falsche Image des dumpfen Ami-Rockers an. Höchste Zeit, genauer hinzuhören und dies zu korrigieren!

Wahlkampfhelfer: «The Boss» mit den Obamas.

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