Brückenabdichtung mit einer Dichtungsschicht aus … · In der ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1]...

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Brückenabdichtung mit einer Dichtungsschicht aus einer Bitumen-Schweißbahn eine Regelbauweise seit vielen Jahren. Doch hat die Praxis sie wirklich im Griff? Dr.-Ing. B. Schwamborn Dr.-Ing. L. Wolff Ingenieurbüro Raupach Bruns Wolff, Aachen, Deutschland Zusammenfassung Die Bauweise von Brückenbelägen auf Beton mit einer Dichtungsschicht aus einer Bitumen-Schweißbahn ist seit den achtziger Jahren in vielen Bundesländern Regelbauweise. Sie wird in der heute gültigen ZTV-ING Teil 7 „Brückenbelä- ge“ in Abschnitt 1 detailliert beschrieben. Obwohl sich die Baugrundsätze, die Aufbauten, die Detailausbildungen sowie die Anforderungen an die Ausführung für diese Bauweise seitdem nur geringfügig verändert haben, sind Fehler, die gerade bei der Abdichtung von Autobahnbrü- cken häufig immense volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen, auch heute leider noch vielleicht nicht an der Ta- gesordnung, jedoch immer wieder anzutreffen. Hinzu kommt, dass auch bei Abdichtungsarbeiten an anderen befahrenen Flächen aus Beton, wie den Decks und Rampen von Parkhäusern häufig auf die bewährte Bauweise nach den ZTV-ING Teil 7 zurückgegriffen wird. Im Beitrag werden Beispiele fehlerhafter Ausführung präsentiert, bei denen einzelne Regelwerksforderungen nicht be- achtet wurden und die zum Teil größere Schäden nach sich gezogen haben. In Einzelfällen konnten die Kausalzusam- menhänge durch Nachstellungen der Szenarien im Labor verifiziert werden. 1. Einleitung In der aktuellen Ausgabe der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieur- bauwerke ZTV-ING der Bundesanstalt für Straßenwe- sen [1] werden im Teil 7 unterschiedliche Aufbauten für Brückenbeläge auf Beton beschrieben. Es werden unterschieden: - Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs- schicht aus einer Bitumen-Schweißbahn (Teil 7.1) - Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs- schicht aus zweilagig aufgebrachten Bitumen- Dichtungsbahnen (Teil 7.2) - Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs- schicht aus Flüssigkunststoff (Teil 7.3). Der zuerst genannte Aufbau wird mit Abstand am häu- figsten als Brückenbelag im Bereich von Autobahn- und Bundesstraßenbrücken verwendet und steht im Fokus der vorliegenden Veröffentlichung. Der Aufbau des in der Fachwelt inzwischen weitgehend bekannten Brückenbelages nach den ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] geht aus dem folgenden Bild 1 hervor. Bild 1: Aufbau des Brückenbelages nach ZTV-ING Teil 7, Abschnitt 1 [1] Der Aufbau hat sich in den vergangenen rd. 25 Jahren nur geringfügig geändert. Als Vorgängerregelwerke sind hier die ZTV-BEL-B 1/87 [2] sowie die ZTV- BEL-B Teil 1 aus dem Jahr 1999 [3] zu nennen. Im Bereich der übrigen Bauwerksabdichtungen wird zwar in DIN 18195 [4] ausgeführt, dass die Normen- reihe nicht für die Abdichtung von Fahrbahnen, die zu öffentlichen Straßen oder zu Schienenwegen gehören, gilt, aber Parkdecks werden explizit in Abschnitt 7.3 von DIN 18 195-5 [5] als Beispiel für hoch bean- spruchte Flächen genannt, die mit Produkten nach die-

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Brückenabdichtung mit einer Dichtungsschicht aus einer

Bitumen-Schweißbahn – eine Regelbauweise seit vielen Jahren.

Doch hat die Praxis sie wirklich im Griff?

Dr.-Ing. B. Schwamborn

Dr.-Ing. L. Wolff

Ingenieurbüro Raupach Bruns Wolff, Aachen, Deutschland

Zusammenfassung

Die Bauweise von Brückenbelägen auf Beton mit einer Dichtungsschicht aus einer Bitumen-Schweißbahn ist seit den

achtziger Jahren in vielen Bundesländern Regelbauweise. Sie wird in der heute gültigen ZTV-ING Teil 7 „Brückenbelä-

ge“ in Abschnitt 1 detailliert beschrieben.

Obwohl sich die Baugrundsätze, die Aufbauten, die Detailausbildungen sowie die Anforderungen an die Ausführung für

diese Bauweise seitdem nur geringfügig verändert haben, sind Fehler, die gerade bei der Abdichtung von Autobahnbrü-

cken häufig immense volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen, auch heute leider noch vielleicht nicht an der Ta-

gesordnung, jedoch immer wieder anzutreffen. Hinzu kommt, dass auch bei Abdichtungsarbeiten an anderen befahrenen

Flächen aus Beton, wie den Decks und Rampen von Parkhäusern häufig auf die bewährte Bauweise nach den ZTV-ING

Teil 7 zurückgegriffen wird.

Im Beitrag werden Beispiele fehlerhafter Ausführung präsentiert, bei denen einzelne Regelwerksforderungen nicht be-

achtet wurden und die zum Teil größere Schäden nach sich gezogen haben. In Einzelfällen konnten die Kausalzusam-

menhänge durch Nachstellungen der Szenarien im Labor verifiziert werden.

1. Einleitung

In der aktuellen Ausgabe der Zusätzlichen Technischen

Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieur-

bauwerke ZTV-ING der Bundesanstalt für Straßenwe-

sen [1] werden im Teil 7 unterschiedliche Aufbauten

für Brückenbeläge auf Beton beschrieben. Es werden

unterschieden:

- Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs-

schicht aus einer Bitumen-Schweißbahn (Teil 7.1)

- Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs-

schicht aus zweilagig aufgebrachten Bitumen-

Dichtungsbahnen (Teil 7.2)

- Brückenbeläge auf Beton mit einer Dichtungs-

schicht aus Flüssigkunststoff (Teil 7.3).

Der zuerst genannte Aufbau wird mit Abstand am häu-

figsten als Brückenbelag im Bereich von Autobahn-

und Bundesstraßenbrücken verwendet und steht im

Fokus der vorliegenden Veröffentlichung.

Der Aufbau des in der Fachwelt inzwischen weitgehend

bekannten Brückenbelages nach den ZTV-ING, Teil 7,

Abschnitt 1 [1] geht aus dem folgenden Bild 1 hervor.

Bild 1: Aufbau des Brückenbelages nach ZTV-ING

Teil 7, Abschnitt 1 [1]

Der Aufbau hat sich in den vergangenen rd. 25 Jahren

nur geringfügig geändert. Als Vorgängerregelwerke

sind hier die ZTV-BEL-B 1/87 [2] sowie die ZTV-

BEL-B Teil 1 aus dem Jahr 1999 [3] zu nennen.

Im Bereich der übrigen Bauwerksabdichtungen wird

zwar in DIN 18195 [4] ausgeführt, dass die Normen-

reihe nicht für die Abdichtung von Fahrbahnen, die zu

öffentlichen Straßen oder zu Schienenwegen gehören,

gilt, aber Parkdecks werden explizit in Abschnitt 7.3

von DIN 18 195-5 [5] als Beispiel für hoch bean-

spruchte Flächen genannt, die mit Produkten nach die-

ser Normenreihe abgedichtet werden können. Im Ab-

schnitt 8.3.7 der DIN 18 195-5 [5] wird zwar hinsicht-

lich der Dichtungsschicht eine Bitumen-Schweißbahn

nach [1] gefordert, die übrigen Bauprodukte, deren

Eigenschaften (auch in der Anzahl der Schichten und

den Schichtdicken) und auch die Details zur Ausfüh-

rung der Maßnahme werden aufgrund der größeren

Streubreite grundsätzlich in Frage kommender Einsatz-

fälle wesentlich weniger genau beschrieben.

2. Schadensfälle im Zusammenhang mit der Verar-

beitung des Reaktionsharzes

Ganz allgemein sind zunächst die Fälle anzuführen, bei

denen - aus unterschiedlichen Gründen – von der

Grundsatzforderung der ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1

[1], dass beim Einbau der Baustoffe und Baustoffgemi-

sche die zulässigen Grenzwerte hinsichtlich Tempera-

tur, Luft- und Oberflächenfeuchte nicht unter- bzw-

überschritten werden dürfen, abgewichen wird.

Im weiteren Beitrag werden keine Schadensfälle be-

handelt, bei denen von der Art der zu verwendenden

Reaktionsharze, d.h. Stoffen nach den Technischen

Lieferbedingungen und Technischen Prüfvorschriften

[6] abgewichen wurde. Diesbezüglich ist festzustellen,

dass die Vertragsbedingungen inzwischen i.d.R. auch

eingehalten werden.

Nachdem das Regelwerk [1] mit nur geringfügigen

Änderungen nunmehr seit rd. 25 Jahren die Vertrags-

grundlage für Belagarbeiten auf Brücken der Bundes-

autobahnen und Bundesstraßen darstellt, ist in Fach-

kreisen der Unterschied zwischen Grundierung (einla-

giger Auftrag von Reaktionsharz mit Abstreuung) und

Versiegelung (zweilagiger Auftrag von Reaktionsharz

mit Zwischenabstreuung) bekannt.

Harzmenge

Auch wenn die Produkte unstreitig sind, so sind doch

immer wieder Schadensfälle zu behandeln, bei denen

die Menge an appliziertem Reaktionsharz nicht einge-

halten wird. In ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] wird

ausgeführt, dass im Falle der Grundierung zunächst

Reaktionsharz in einer Menge von 300 bis 500 g/m²

durch Fluten bis zur Sättigung aufzutragen ist (aufgie-

ßen, verteilen mit weichem Gummischieber). Bei Ein-

satz der Versiegelung sind zunächst mindestens 400

g/m² und im zweiten Arbeitsgang mindestens 600 g/m²

aufzutragen. Die Gesamtdicke dürfte also im Bereich

weniger Millimeter liegen.

Bei dem in Bild 2 dargestellten Schadensfall stellte sich

jedoch bei Bauwerksuntersuchungen heraus, dass mit

Quarzsand gefülltes Epoxidharz großflächig in Dicken

zwischen 15 und 20 Millimetern auf dem Betonunter-

grund vorlag. Dies hatte nichts mit dem Einsatz eines

Kratzspachtels im Sinne eines Rautiefenausgleichs zu

tun.

Bild 2: Die Dicke des quarzsandhaltigen Epoxidhar-

zes beträgt mehr als 15 mm

Abstreuung

Auch ist nicht überall bekannt ist, dass sich nach

ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] der Abstreuvorgang

zwischen Grundierung und Versiegelung deutlich bzgl.

Kornfraktion und Abstreumenge unterscheidet:

Nach dem Auftragen einer Grundierung muss das Re-

aktionsharz nach einer Einwirkungsdauer von 5 bis

10 Minuten abgerollt werden und dann mit trockenem

Quarzsand der Lieferkörnung 0,2-0,7 mm gleichmäßig

mit einer Menge von 500 – 800 g/m² abgestreut wer-

den. Es darf nicht im Überschuss abgestreut werden.

Nach dem Auftragen der ersten Lage Reaktionsharz

einer Versiegelung muss das Reaktionsharz nach dem

Abrollen mit trockenem Quarzsand der Lieferkörnung

0,7-1,2 mm im Überschuss abgestreut werden.

Bei der Abstreumaßnahme, die in Bild 3 dargestellt

wird (Abstreuung im Überschuss), kann es sich also nur

um die Abstreuung der ersten Lage Reaktionsharz einer

Versiegelung und nicht um die Abstreuung einer Grun-

dierung handeln.

Bild 3: Abstreuung der ersten Lage Reaktionsharz

einer Versiegelung im Überschuss

Die Bedeutung der Sorgfalt beim Umgang mit Zu-

schlagstoffen begründet sich auch mit den Ausführun-

gen in [7]. Hier wird berichtet, dass bei den Zuschlag-

stoffen für die Kratzspachtelung die Möglichkeit be-

steht, entweder werksseitig abgepackte Mineralstoffe

zu verwenden, deren Eignung in der Grundprüfung

nachgewiesen ist oder der Zuschlag wird nach vorheri-

ger Eignungsprüfung auf der Baustelle aus einzelnen

Kornfraktionen zusammengesetzt.

Karbamatbildung

In der ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] wird eindeutig

geregelt, dass alle Schichten oder Lagen solange gegen

schädigende Einflüsse zu schützen sind, bis eine ausrei-

chende Härtung erreicht ist. Trotz der einfachen Mög-

lichkeit des heute über Internet zur Verfügung stehen-

den Regenradars sind weiß angelaufene Reaktionsharze

infolge von Regenereignissen kurz nach Reaktions-

harzauftrag (Oberfläche von Grundierun-

gen/Versiegelung) im noch häufig anzutreffen (Bild 4).

Bild 4: Beispiel für Karbamatbildung

Im Anschluss an das Auftreten von Karbamatbildung

wird in nahezu jedem Fall über die Erfordernis bzw.

Intensität der Vorbereitung der Fläche vor dem Auftrag

der Dichtungsschicht diskutiert.

3. Schadensfälle im Zusammenhang mit dem Auf-

schweißen der Dichtungsschicht

Auch bei dem Arbeitsgang des Aufschweißens der

Bitumenbahn sind einige Ausführungsdetails zu benen-

nen. Zuvor sollte jedoch hinsichtlich der Bitumen-

Schweißbahn an dieser Stelle erwähnt werden, dass in

unserem Büro in den letzten Jahren vier Fälle bekannt

wurden, bei denen von unterschiedlichen Prüfinstituten

nachgewiesen wurde, dass Bitumen-Schweißbahnen mit

Ü-Zeichen (drei unterschiedlicher Hersteller) bzgl.

Füllstoff- bzw. Bindemittelgehalt hinsichtlich der Iden-

tität mit der jeweiligen Grundprüfung außerhalb der

Toleranzen der Technischen Lieferbedingungen [8]

lagen: Der Füllstoffgehalt war jeweils zu hoch. Erhebli-

che Abweichungen im Kaltbiegeversuch bei Prüfungen

nach DIN EN 1109 [9] waren festzustellen. Somit kann

nach Meinung der Autoren nicht ausgeschlossen wer-

den, dass nicht auch andere technische Eigenschaften

des Gesamtsystems negativ beeinflusst werden.

Dachziegelprinzip und Verlegerichtung

Ebenfalls wird in ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1]

ausgeführt, dass die Bahnen nach dem Dachziegelprin-

zip und in der Regel in Längsrichtung der Fahrbahn zu

verlegen sind. Wie bereits in der Einleitung ausgeführt

wurde, werden auch Belagarbeiten von artverwandten

Bauwerken häufig auf Grundlage von ZTV-ING,

Teil 7, Abschnitt 1 [1] durchgeführt.

Handelt es sich bei einem entsprechend abzudichtenden

Bauwerk jedoch zum Beispiel um eine Spindel eines

Parkhauses, wie in den Bildern 5 und 6 dargestellt,

muss von dieser Forderung abgewichen werden.

Bild 5: Parkhausspindel

Die Bahnen können aus Formgründen nicht in Fahr-

bahnlängsrichtung aufgeschweißt werden, sondern

werden zur Reduktion des Aufwandes für Schneide-

und Nahtarbeiten i.d.R. in Querrichtung aufgetragen.

Hieraus folgt direkt, dass entweder in regelmäßigen

Abständen „Tortenstücke“ eingesetzt werden müssen

oder dass sich die Überlappungen der Längsränder in

Abhängigkeit vom Krümmungsradius von außen nach

innen vergrößern.

Bild 6: Bahnen in Querrichtung

Als weitere häufige Folge ist anzusprechen, dass durch

die häufig vorhandenen innen- und außenseitigen Brüs-

tungen die Enden sämtlicher Bahnen aus Platzgründen

nicht mit einem Mehrfachbrenner, sondern mit einem

Einzelgasbrenner manuell aufgeschweißt werden müs-

sen.

Aufschweißprozess

Auch während oder nach der Durchführung des Auf-

schweißprozesses können eine Reihe von Fehlern un-

terlaufen.

Der Aufschweißprozess wird in den ZTV-ING [1]

detailliert wie folgt beschrieben: Beim Aufschweißen

der Bitumen-Schweißbahnen muss eine zwangsgeführ-

te, über die ganze Rollenbereite gleichmäßig wirkende

Wärmequelle mit Windschutz verwendet werden. Die

Flammen sind so zu richten, dass sowohl die Unterlage

erwärmt wird, als auch soviel Klebemasse von der

Bahnunterseite abgeschmolzen wird, dass beim Abrol-

len der Bahn vor der Rolle ein flüssiger Wulst verläuft.

Unmittelbar nach dem Aufschweißen im noch flüssigen

Zustand der Klebemasse ist die Bitumen-Schweißbahn

maschinell oder mit einem geeigneten Werkzeug , z.B.

Druckholz anzudrücken.

Insbesondere die Effektivität des Windschutzes bzw.

die vollflächige Wirkung des Gerätes (sämtliche Bren-

nerdüsen funktionieren) werden auf der Baustelle i.d.R.

kontrolliert. Von entscheidender Bedeutung für den

Erfolg sind jedoch auch die Positionierung der Bren-

nertulpen, die Geschwindigkeit des Abrollens und die

Sorgfalt der Arbeit mit dem Andruckwerkzeug. Nur

wenn deutlich sichtbar der Untergrund ebenfalls er-

wärmt wird, auf der gesamten Breite ein flüssiger Wulst

„vor der Rolle“ herläuft und unmittelbar hinter der

Rolle wirksam mit einem Andruckwerkzeug gearbeitet

wird, bildet sich vollflächig und auch an den kritischen

Stellen wie Nähten ausreichende Adhäsion aus. Dies

konnte eindrucksvoll in Nachstellungen am Institut für

Bauforschung der RWTH Aachen University, ibac

verifiziert werden.

Das Bild 7 zeigt eine Ausführung, bei der diese Hin-

weise mit Ausnahme des erforderlichen Windschutzes

berücksichtigt wurden.

Bild 7: Aufschweißprozess

Bei starkem Gefälle und einer Verlegerichtung quer zur

Fahrtrichtung kommt es durchaus vor – wie in Bild 8

gezeigt, dass das dünnflüssige Bitumen nicht am oberen

Rand der aufgeschweißten Bitumenbahn heraustritt.

Solche Erscheinungen lassen sich vom ausführenden

Personal sowie von der Überwachung der Baumaß-

nahme ohne zusätzliche Hilfmittel visuell feststellen.

Bild 8: Naht ohne ausgetretenes Bitumen

Im Zuge der Überprüfung auf Hohlstellen (Kette, Ab-

klopfen etc.) wurden insbesondere in diesen Nahtberei-

chen häufig Bereiche mit fehlender Adhäsion der Dich-

tungsschicht auf der abgestreuten Schicht aus Reakti-

onsharz festgestellt (Bild 9).

Bild 9: Fehlende Adhäsion der Bitumen-Schweißbahn

in Bereich einer Naht

Feuchtigkeit

Ein weiterer wesentlicher Punkt in Hinblick auf eine

ausreichende Verbindung von Bitumen-Schweißbahn

und Grundierung/Versiegelung wird im allgemeinen

Teil der ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] hinsichtlich

der Ausführung der Arbeiten genannt: Die Unterlage

muss ausreichend trocken und sauber sein.

Auch dem Einfluss von Feuchtigkeit auf Grundierung

bzw. Versiegelung zum Zeitpunkt des Aufschweißens

wurde in Nachstellungen am Institut für Bauforschung

der RWTH Aachen nachgegangen. Es zeigte sich re-

produzierbar, dass kein erfolgreiches Aufschweißen

einer Bitumen-Schweißbahn auf nassen Untergrund

möglich war. Ohne großen Kraftaufwand ließ sich die

komplette Bahn rückstandsfrei von der Oberfläche der

Grundierung bzw. Versiegelung abziehen (Bild 10).

Bild 10: Bitumen-Schweißbahn ohne Verbindung zur

Grundierung, da beim Aufschweißen Wasser

auf der Grundierung stand

Beschädigungen der Bitumen-Schweißbahn

Es gibt doch erheblichen Anlass zum Nachdenken, dass

der Vollständigkeit halber an dieser Stelle - obwohl es

sich eigentlich um eine Selbstverständlichkeit handeln

sollte – darauf hingewiesen werden muss, dass nach

ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] die Dichtungsschicht

nicht beschädigt werden und nicht länger als unver-

meidbar ohne Schutzschicht bleiben darf. Weiter darf

sie nicht mehr als für den Einbau der Schutzschicht

begangen oder befahren werden. Drehen oder Wenden

von Fahrzeugen auf der Dichtungsschicht ist unzuläs-

sig, genauso wie das Abstellen von Fahrzeugen, Ma-

schinen oder dergleichen ohne besondere Schutzmaß-

nahmen.

Leider werden auf Baustellen immer wieder einige

Hohlstellen in Bereich der aufgeschweißten Bitumen-

bahn festgestellt. Im Zuge des „Ausbesserns“ werden

anschließend häufig Kreuzschnitte ausgeführt, die zum

Teil bis durch die Grundierung in den Untergrund rei-

chen (Bild 11).

Bild 11: Schnitte durch die Bitumen-Schweißbahn bis

in die Grundierung

Zur Ausbesserung sollen die Stellen nach ZTV-ING,

Teil 7, Abschnitt 1 [1] mit zugeschnittenen Teilstücken

der Bitumen-Schweißbahn überklebt werden, die all-

seits mindestens 8 cm über die Ausbesserungsstellen

reichen müssen. Zum einen wurden Ausbesserungsstel-

len vorfunden, die kleiner als die durch die Schnitte

aufgezeigte Fläche waren, oder es wurden „Flicken“

mit mehreren Ausbesserungsteilstücken übereinander

und ohne ausgetretenes Bitumen an den Rändern wie in

Bild 12 vorgefunden.

Bild 12: Mangelhafte Ausbesserungsstelle der Bitu-

men-Schweißbahn

Obwohl klar in ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] be-

schrieben wird, dass derartige Zustände nicht zulässig

sind, trifft man sie immer wieder an.

4. Schadensfälle im Zusammenhang mit der Verar-

beitung der bituminösen Schichten

Feuchtigkeit auf der Bitumen-Schweißbahn

Die Grundsatzforderung der ZTV-ING, Teil 7 [1],

nämlich dass die Unterlage ausreichend trocken und

sauber sein muss, gilt in allen Bindeebenen, somit

natürlich auch zu dem Zeitpunkt des Auftrags der

Schutzschicht aus Gussasphalt auf die Dichtungsschicht

aus einer Bitumen-Schweißbahn.

Für das Auftreten von Schäden ist nicht immer ein

deutlich erkennbarer Wasserfilm erforderlich, sondern

oftmals reicht schon ein dünner Feuchtefilm auf der

Schweißbahnoberseite, z.B. bei Nichteinhalten des

erforderlichen Taupunktabstandes. Beim Einbau der

Schutzschicht aus Gussasphalt (Temperatur T = rd. 220

- 250 °C) auf eine feuchte, weitgehend wasserdampf-

dichte Fläche verdampft das Wasser schlagartig und

dringt in den Gussasphalt ein. Hier erzeugt es Hohl-

räume, ggf. mit Blasen. Oftmals tritt der Wasserdampf

in der Form kleiner Bläschen an der Schutzschichtober-

seite aus. Derartige Erscheinungen können schon un-

mittelbar beim oder im Anschluss an den Einbau beo-

bachtet werden (Bild 13).

Bild 13: Aufsteigende Bläschen unmittelbar beim

Gussasphalteinbau

Das aufsteigende Gas hinterlässt im Gussasphalt Spu-

ren, die in Schnitten durch den Fahrbahnbelag festge-

stellt werden können. Bei der in Bild 14 dargestellten

Probe ist bereits die Deckschicht aus Gußasphalt vor-

handen. Die Spuren, die der aufsteigende Wasserdampf

in der Schutzschicht hinterlassen hat (sogenannte Ka-

vernen), sind deutlich festzustellen.

Bild 14: Kaverne in der Schutzschicht

Die Schadensumfänge, die derartige Erscheinungen

nach sich ziehen, können erhebliche Ausmaße anneh-

men. Bild 15 zeigt eine solche punktuelle Fehlstelle in

einer Gussasphaltschutzschicht nach Abfräsen der

Deckschicht.

Bild 15: Fehlstelle in der Schutzschicht nach Abfräsen

der Deckschicht

Bild 16: Vergeblicher Versuch der punktuellen

Reparatur

Auch die Aufwendungen für die Reparatur derartiger

Fehlstellen können mitunter erhebliche Ausmaße an-

Deckschicht

Schutzschicht

nehmen (Bild 16). Hier wurde nach erfolglosen Repara-

turversuchen der Belag einschließlich Bitumen-

Schweißbahn und Grundierung rückgebaut und neu

aufgebracht.

5. Zusammenfassung und Ausblick

Im vorangegangenen Beitrag - unterstützt durch zahl-

reiche Fotos - wurde eine Vielzahl möglicher Detail-

punkte aufgelistet, die bei der Verarbeitung von Bau-

produkten von Brückenabdichtungen zu beachten sind,

damit es nicht während oder nach Abschluss der Arbei-

ten zu Schäden kommen kann. Diese Auflistung stellt

natürlich nur einen kleinen Auszug dar. Wesentlich

umfangreicher wird in [10] über Erfahrungen und

Schadensfälle im Zusammenhang mit der Bauweise

nach ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] berichtet.

Die erste und wichtigste Folgerung sollte sein, dass vor

der Durchführung von Abdichtungs- oder Belagsarbei-

ten auf einer Brücke oder einer anderen befahrbaren

Fläche mit einem Aufbau nach ZTV-ING, Teil 7, Ab-

schnitt 1 [1] das Vorhaben zunächst detailliert hinsicht-

lich der Umsetzbarkeit der zahlreichen, einzuhaltenden

Randbedingungen bewertet werden sollte. Im Einzelfall

sollte Rücksprache mit dem Hersteller der Produkte des

Abdichtungssystems sowie mit deren Verarbeiter ge-

nommen werden.

Viele der Punkte, die im vorangegangenen Text aufge-

führt worden sind, dürften für erfahrene und geschulte

„Abdichter“ selbstverständlich sein. Wesentliche Ziel-

gruppe der Veröffentlichung sind jedoch auch Vertreter

von Bauherren, Planern und Überwachern, die häufig

der Meinung sind, dass durch den Einsatz grundgeprüf-

ter, ggf. sogar zertifizierter Produkte, weitgehend unkri-

tisch - um nicht zu sagen oberflächlich - bei der Verar-

beitung dieser Stoffe, d.h. bei der Qualitätssicherung

der Ausführung von Schutzmaßnahmen von Stahl- oder

Spannbetonbauten, verfahren werden kann.

6. Literatur

[1] Bundesanstalt für Straßenwesen; ZTV-ING: Bau-

durchführung: Zusätzliche Technische Vertrags-

bedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten

ZTV-ING. (inkl. ZTV-Kor-Stahlbauten 02)

Dortmund : Verkehrsblatt, 2007

[2] Der Bundesminister für Verkehr – Abteilung

Straßenbau – Zusätzliche Technische Vorschriften

und Richtlinien für die Herstellung von Brücken-

belägen auf Beton ZTV-BEL-B 1/87 Teil 1 Dich-

tungsschicht aus einer Bitumenschweißbahn Aus-

gabe 1987.

[3] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Ver-

kehrswesen, Arbeitsgruppe Asphaltstraßen; Zu-

sätzliche Technische Vertragsbedingungen und

Richtlinien für die Herstellung von Brückenbelä-

gen auf Beton - Teil 1 Dichtungsschicht aus einer

Bitumen-Schweißbahn Ausgabe 1999.

[4] DIN 18195-1:2011-12 Bauwerksabdichtungen,

Teil 1: Grundsätze, Definitionen und Zuordnung

der Abdichtungsarten.

[5] DIN 18195-5:2011-12 Bauwerksabdichtungen,

Teil 5: Abdichtungen gegen nicht drückendes

Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen,

Bemessung und Ausführung.

[6] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Ver-

kehrswesen, Arbeitsgruppe Asphaltstraßen; Tech-

nische Lieferbedingungen und Technische Prüf-

vorschriften für Reaktionsharze für Grundierun-

gen, Versiegelungen und Kratzspachtelungen un-

ter Asphaltbelägen aus Beton TL/TP-BEL-EP –

Ausgabe 1999

[7] Kraus, A.; Wruck, R.: Abdichtung von Betonbrü-

ckenbauwerken – Vergleich der ZTV-BEL-B Teil

1, Ausgabe 1999 mit den ZTV-Bel-B1/87. In:

Tiefbau Heft 10 - 2000

[8] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Ver-

kehrswesen, Arbeitsgruppe Asphaltstraßen; Tech-

nische Lieferbedingungen für die Dichtungs-

schicht aus einer Bitumen-Schweißbahn zur Her-

stellung von Brückenbelägen auf Beton nach den

ZTV-BEL-B Teil 1 - TL-BEL-B Teil 1 – Ausgabe

1999

[9] DIN EN 1109: 1999-10 Abdichtungsbahnen –

Bitumenbahnen für Dachabdichtungen - Bestim-

mung des Kaltbiegeverhaltens. Deutsche Fassung

EN 1109:1999

[10] Wruck, R. : B 35: Bewährung von Brückenbelä-

gen auf Betonbauwerken. Erschienen in den Be-

richten der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt,

Brücken- und Ingenieurbau. 28 Seiten. 2002