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Friedrich Wilhelm Raiffeisen Die Darlehnskassen-Vereine

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Die Darlehnskassen-Vereine Friedrich Wilhelm Raiffeisen Herausgeber: Raiffeisenverband Südtirol Gen. Druck, Bindung, Verlag: ECRA, Rom 2010 Umschlaggestaltung und Satz: Florian Tappeiner - www.id-creativstudio.it Redaktionelle Bearbeitung: Kathrin Kötz, Franz Lanthaler Vorwort des Herausgebers Bozen, November 2010

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Friedrich Wilhelm Raiffeisen

Die Darlehnskassen-Vereine

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Impressum:

Herausgeber:

Raiffeisenverband Südtirol Gen.

Redaktionelle Bearbeitung:

Kathrin Kötz, Franz Lanthaler

Umschlaggestaltung und Satz:

Florian Tappeiner - www.id-creativstudio.it

Druck, Bindung, Verlag:

ECRA, Rom 2010

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Vorwort des Herausgebers

Der Raiffeisenverband Südtirol feiert heuer, im Jah-re 2010, sein 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass hat er das Standardwerk von Friedrich Wilhelm Raiff-eisen mit dem Titel „Die Darlehnskassen-Vereine als Mittel zur Abhilfe der Not der ländlichen Bevölkerung, sowie auch der städtischen Handwerker und Arbeiter“ neu aufgelegt. Es handelt sich dabei um die 9. Auflage.

Der Raiffeisenverband Südtirol wurde 1960 ge-gründet. In einer Zeit, in der die tagespolitische Dis-kussion vom Kalten Krieg zwischen Ost und West dominiert wurde und Europa in zwei Teile gespalten war. Mit dem Bau der Berliner Mauer ein Jahr darauf erhielt die Spaltung ihr sichtbares Zeichen.

Auch in Südtirol steuerten die innenpolitischen Spannungen zwischen der Landesregierung in Bozen und der Zentralregierung in Rom einem neu-en Höhepunkt entgegen, nachdem ein politischer Konsens über die Ausarbeitung der Sonderautonomie für die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung in der Autonomen Provinz Bozen in unerreichbare Ferne gerückt schien.

Während andere Regionen Europas von einem Wirtschaftswunder sprechen konnten, ging der wirt-schaftliche Aufschwung und der gesellschaftliche Er-neuerungsprozess in Südtirol recht schleppend voran.

Erst Anfang der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts kam die Wende. Mit dem Inkrafttre-ten des 2. Autonomiestatutes im Jahre 1972, das der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung eine umfangreiche Selbstverwaltung gewährte, worauf sich Österreich und Italien geeinigt hatten, bekam die Süd-tiroler Gesellschaft jenen politischen und gesetzlichen

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Handlungsspielraum, der für die Entwicklung der kommenden Jahre und Jahrzehnte entscheidend war.

In dieser Optik ist auch die jüngere Geschichte des Genossenschaftswesens in Südtirol zu sehen, die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst einen langsa-men Aufschwung, in den 70er- und 80er- Jahren je-doch eine äußerst starke wirtschaftliche Entwicklung aufweisen konnte.

Die Wurzeln des Genossenschaftswesens reichen in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die erste Sennereigenossenschaft wurde 1878 im Pustertal gegründet. Anschließend verbreitete sich die „revo-lutionäre“ Idee des deutschen Sozialreformers Fried-rich Wilhelm Raiffeisen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Tirol äußerst rasch. 1910 bestanden in Südtirol und im Trentino bereits insgesamt 867 Genos-senschaften. 282 davon waren nach dem Raiffeisen-Prinzip geführte Spar- und Darlehnskassen. Damit entfielen auf 10.000 Einwohner 12,7 Genossenschaften – ein Rekordwert im Kaiserreich Österreich-Ungarn.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Südtirol und das Trentino durch die Siegermächte dem König-reich Italien zugesprochen. Die Italianisierungspolitik von Diktator Mussolini, die Weltwirtschaftskrise, die Abwanderung vieler Fachkräfte als Folge der Option und der Zweite Weltkrieg trieben in der Folge viele Genossenschaften in den Ruin: Von den 135 Raiffei-senkassen blieben nach dem Zweiten Weltkrieg nur mehr 55 übrig.

Der Wiederaufbau der Südtiroler Raiffeisenorgani-sation begann 1946 mit der Gründung des Hauptver-bandes Landwirtschaftlicher Genossenschaften sowie des Verbandes der Raiffeisenkassen. Aus der Fusion dieser Verbände ging 1960 der Raiffeisenverband Süd-tirol hervor, der von Anfang an auch als gesetzlich an-erkanntes Schutz- und Revisionsorgan der Autonomen Region Trentino-Südtirol fungierte. Dadurch erhielten die Genossenschaften einen wichtigen Bezugspunkt,

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der durch den Aufbau verschiedener Dienstleistungen die Basis für eine gedeihliche wirtschaftliche Entwick-lung der Mitgliedsgenossenschaften bildete.

Auf den geistigen Fundamenten und Werten von Raiffeisen aufbauend, wie jener der Solidarität und Subsidiarität, ist es dem Verband in den letzten fünf Jahrzehnten auf diese Weise gelungen, Tradition und Innovation sinnstiftend zu verbinden. Heute besteht der Raiffeisenverband aus über 370 Genossenschaften und 117.000 Einzelmitgliedern.

Mit dieser Neuauflage möchte der Raiffeisenver-band seinen Beitrag zur weiteren Verbreitung der zeit-losen Idee von Friedrich Wilhelm Raiffeisen leisten und den interessierten Lesern den ideellen Schatz dieses so selbstlosen Mannes näherbringen.

Diese Edition fußt auf der 1. Ausgabe von 1866. Das Werk wurde stilistisch und formal der heutigen Rechtschreibung angepasst. Antiquierte Begriffe und Ausdrücke wurden dem gängigen Sprachgebrauch angeglichen. Dabei gilt unser besonderer Dank der Lektorin Kathrin Kötz, der es gelungen ist, die sprachli-chen Eigenheiten des Autors und die historische Patina des Ursprungstextes in ihrem Kern beizubehalten, und dem Literaturwissenschaftler Franz Lanthaler für die Klärung besonders schwieriger Ausdrücke.

Bei der Lektüre dieses Werkes ist mir klar gewor-den, dass, obwohl seit der ersten Auflage beinahe 150 Jahre vergangen sind, das geistige Vermächtnis von Raiffeisen nichts an Aktualität eingebüßt, sondern in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs wieder an Attrak-tivität gewonnen hat.

Heiner Nicolussi-LeckObmann des Raiffeisenverbandes Südtirol

Bozen, November 2010

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Die Darlehnskassen-Vereineals Mittel zur Abhilfe der Not der ländlichen Bevölkerung, sowie auch der städtischen Handwerker und Arbeiter

Praktische Anleitung zur Bildung solcher Vereine, gestützt auf sechzehnjährige Erfahrung

als Gründer derselbenvon

F. W. Raiffeisen

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Vorwort

Die in vielen Gegenden stark zunehmende Verarmung der ländlichen Bevölkerung verlangt kräftige Abhilfe. Erfahrungsgemäß sind dazu zwei Dinge nötig: Geld und die Kenntnisse, sol-ches möglichst nutzbar anzuwenden. Die nötigen Kenntnisse werden durch den entsprechenden Unterricht erlangt; das erforderliche Geld kann nur durch Vereine beschafft werden.

Die hier vorgeschlagenen Vereine gründen sich auf die unbeschränkte1 Selbsthilfe. Letztere bewirkt die Entfaltung sowie die möglichst aus-gedehnte Anwendung und Nutzbarmachung der Kräfte der Bevölkerung und des Bodens.

Durch die Vereine werden die Mittel zur Einfüh-rung von Industriezweigen beschafft, welche den namentlich in den Wintermonaten und auch viel-fältig in der besseren Jahreszeit nicht verwendeten Kräften und Fähigkeiten der Einwohner entspre-chen. Sofort nach Gründung der Vereine können diese Kräfte in vielen Gegenden durch bessere Nut-zung des Bodens aber rentabel gemacht werden.

Bei den hohen Preisen des Weins und des Hop-fens, welche durch den steigenden Verbrauch sowie den leichten und billigen Transport sich wohl voraus-sichtlich auf einer für die Produzenten genügenden Höhe halten werden, wird da, wo das Klima es zu-lässt, die Anlage und Verbesserung von Weinbergen und Hopfenpflanzungen immer stärker erfolgen.

1 Selbsthilfe mit voller persönlicher Haftung

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Die Darlehnskassen-Vereine

Letztere werden wohl in den meisten Gegenden gedeihen, vor allem aber in den höher gelegenen. Sodann werden durch die Anlage von Weiden- und Obstbaumpflanzungen, Wiesen, durch Drainage, durch die Urbarmachung von Ödland und Meli-orationen aller Art, welche Boden und Klima zu-lassen, in der Gesamtheit unberechenbar höhere Erträge als bisher erzielt werden. Wie aus der vor-liegenden Schrift hervorgeht, können diese Melio-rationen – ohne irgend eine Gefahr für die Kapi-talgeber und die Vereine – selbst von den ärmsten Einwohnern und selbst in den ärmsten Gegenden gemacht werden, da Beiträge und Vorlagen von den diese Arbeiten ausführenden Vereinsmitglie-dern nicht erforderlich sind. Die Erstattung der Darlehen erfolgt ganz allmählich. Bei Anlagen, wie z. B. bei Weinbergen, Hopfenpflanzungen etc., welche erst nach mehreren Jahren Ertrag bringen, kann unbedenklich der erste Rückzahlungstermin auf das Jahr gestellt werden, in dem voraussichtlich die erste größere Ernte stattfinden wird. Die Erstat-tung der Darlehen kann also, abgesehen von den Zinsen, ohne eigenen Zuschuss der Vereinsmitglie-der erfolgen. Dasselbe ist bei der Beschaffung von Vieh der Fall.

Das Vorhandensein der zur Diskussion ste-henden Vereine erleichtert auch die Gründung von Rohstoff- und Konsum-Vereinen auf dem Land, worüber eine nähere Auseinanderset-zung vorbehalten bleibt.

Die Darlehnskassen-Vereine sind aber nicht al-lein auf das Land, sondern auch auf städtische Ver-hältnisse anwendbar. Bei Letzteren wird, wie in den Landgemeinden, der Erwerb von Immobiliarver-mögen, besonders aber von Wohnungen, nament-lich wenn diese, den städtischen Verhältnissen ent-sprechend zusammenhängend gebaut werden, also verhältnismäßig billig hergestellt werden, ebenso

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Vorwort

erleichtert, wie die gründliche Hilfe für den Hand-werkerstand durch größere Darlehen bei allmähli-cher Zurückzahlung. Zur Letzteren sind besonders auch die Fabrikarbeiter mit ihrem regelmäßigen, oft erheblichen Verdienst gut in der Lage. Im be-völkerten Bezirk von Heddesdorf, welcher dicht mit der gewerbereichen Stadt Neuwied zusammen-hängt und viele Fabrikarbeiter zählt, hat sich dies tatsächlich gezeigt. Ein einmal erworbenes und lieb gewordenes Objekt – ein Haus, ein Grundstück etc. – verliert man nicht gerne. Um es zu behalten, muss das dazu erhaltene Darlehen regelmäßig und pünktlich erstattet werden. Dies spornt mehr zum Sparen an als die Ansammlung von barem Kapital, welche darüber hinaus ebenfalls zu empfehlen ist. Erfahrungsgemäß sind die Vereine für Fabrikarbei-ter denn auch ganz besonders segenbringend.

Überall, und selbst in den größten Städten, werden die Darlehen nach dem hier vorgeschla-genen System sichergestellt und also bewilligt wer-den können. Wo dies bei Vereinsmitgliedern nicht der Fall ist, finden sich in den Statuten auch die nötigen Bestimmungen zum Ausleihen auf kürze-re Dauer. Für größere Städte ist zu empfehlen, dass solche in Bezirke aufgeteilt werden, für die selbst-ständige Vereine gebildet werden, welche unter eigener Garantie das nötige Geld beschaffen und ausleihen, untereinander aber zur weiteren Ausbil-dung und zur gegenseitigen Unterstützung durch eine gewählte Direktion wieder in Verbindung ste-hen. Die auch in den gedachten Bezirken anfangs wohl fehlende nötige Bekanntschaft der Vereins-mitglieder untereinander wird sich durch die Ver-sammlungen und den Verkehr bald ergeben.

Bei richtiger Leitung der Vereine sind sie ein si-cheres Mittel zur Hebung des materiellen Wohlstan-des; sie dienen aber auch ganz besonders dazu, den Boden für sittlich religiöses Verhalten vorzubereiten.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Der Zweck dieser Schrift besteht darin, die Anregung zur Gründung und zur weiteren Aus-bildung von Vereinen dieser Art zu geben und so nach schwachen Kräften zur Hebung der Volks-wohlfahrt mitzuwirken.

Heddesdorf, im März 1866

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Kapitel I

Notwendigkeit und Gründung der Vereine

„Die guten alten Zeiten, wo der Nachbar dem Nachbarn aufs Wort, ohne Schuldschein, aus der Not half, sind vorüber. Misstrauen ist an Stelle des Vertrauens getreten; ein Bruder hilft kaum noch dem andern; in Geldangelegenheiten hört alle Ge-mütlichkeit auf.“ Solche und ähnliche Klagen hört man nicht selten, besonders auf dem Land. Sind sie begründet? Nein und ja.

Wir wollen uns die guten alten Zeiten nicht zu-rückwünschen. Unsere Zeit ist ebenso gut, ja besser. Man kommt überhaupt am besten vorwärts, wenn man Verhältnisse, welche man nicht ändern kann, nimmt, wie sie sind und möglichst viele Vorteile aus ihnen zu ziehen sucht. So auch mit unserer Zeit. Die neueren Erfindungen und Fortschritte in der Wissenschaft sowie ihre Anwendung auf die Großindustrie und den Großhandel haben einen gewaltigen Umschwung erzeugt, dessen bedeu-tende Vorteile vorläufig hauptsächlich den größe-ren Handelsplätzen und Fabriken zuteilgeworden sind. Das Gleichgewicht ist gestört, das flache Land und die kleineren Gewerbe sind zurückgeblieben. Es liegt an ihnen, sich die Vorteile der neueren Zeit zu eigen zu machen; sie werden dann die gu-ten alten Zeiten nicht mehr zurückwünschen.

Wenn wir hierdurch die aufgeworfene Frage kurz mit „nein“ beantwortet haben, so müssen wir

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Die Darlehnskassen-Vereine

in einer Beziehung zugeben, dass die eben ange-deuteten Klagen berechtigt sind. Es ist wirkliche Not, große Not, vorhanden, größere Not, als die den unteren Volksschichten ferner Stehenden glauben mögen: Es fehlt an Geld, welches bei den gegenwärtigen Verhältnissen dem kleineren Gewer-be und dem flachen Land immer mehr entzogen wird. In diesem wesentlichen Punkte kann also die aufgeworfene Frage nur mit „ja“ beantwortet werden.

Wir könnten in dieser Beziehung viele Ge-schichten aus dem Leben mitteilen. Hier zwei aus der neuesten Zeit.

Ein Bewohner eines entlegenen Dorfes, Vater einer zahlreichen Familie, halb Bauer, halb Tage-löhner, schuldete einem Verwandten 27 Taler, au-ßerdem war er mit weiteren 7 Talern im Rückstand. Der Verwandte brauchte sein Geld und verkaufte, da der Mann nicht zahlen konnte, seine Forderung an einen Händler. Dieser ließ sich für die Hauptfor-derung einen Schuldschein ausstellen, für den üb-rigen Betrag von 7 Talern musste ihm der Schuld-ner ein paar junge Ochsen, ca. sechs Wochen alt, verkaufen, dabei aber die Verpflichtung überneh-men, sie noch ein Jahr lang zu füttern. Nach Ablauf des Jahres verlangte der Händler sehr entschieden sein Geld. Dass der Schuldner nicht zahlen konnte, verstand sich von selbst. Er musste also, wohl oder übel, da er keinen anderen Ausweg wusste, dem Ver-langen des Gläubigers nachgeben und diesem die Ochsen für 30 Taler wieder abkaufen. Seine Schul-den erhöhten sich also innerhalb eines Jahres von 34 Taler auf 57 Taler, er hat demnach 68 % gezahlt. Wenn, was sehr wahrscheinlich ist, nach Ablauf des Zahltermins wiederum keine Mittel vorhanden sind, so geht selbstverständlich das Hin und Her, bis das kleine Vermögen des armen Mannes ganz in den Händen des Händlers ist und von diesem auf dem gerichtlichen Zwangsweg veräußert wird.

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Kapitel I

Hat ein solcher Händler einmal eine derartige Handhabe und bekommt der Schuldner keine frem-de Hilfe, so ist sein Untergang sicher. Das ergibt sich aus folgender Geschichte: Ein anderer Einwohner, ein Geschäftsmann, war einem Privatmann für ein Pferd den Restkaufpreis von 45 Talern schuldig. Da dieser das Geld verlangte, ersterer aber nicht zah-len konnte, so verkaufte derselbe die Forderung an einen der bekannten Händler. Um eine Stundung zu bekommen, musste der Schuldner eine Kuh ankaufen, welche kaum einen Wert von 20 Talern hatte, und zwar für 41 Taler. Da sie krankheitshal-ber nach einem halben Jahr geschlachtet werden musste − und durch Eintreibung auf Zahlung ge-drängt wurde −, musste eine andere Kuh − mit ei-nem Wert von 25 Talern − zu dem hohen Preise von 46 Taler gekauft und, nachdem sie neun Monate gehalten und fett gemacht worden war, für 25 Taler wieder verkauft werden. Dieses Hin und Her ging fünf Jahre, in denen der Mann vier Kühe erhielt und zwei zurückverkaufte, 30 Taler bar zahlte und mehrmals Viktualien zugeben musste. Insgesamt waren seine Schulden, die erste Forderung einge-rechnet, nebst Kosten und Zinsen auf ca. 250 Taler gestiegen. Er suchte nun, nachdem der Ankauf ei-nes Pferdes nötig geworden war, anderweitig Hilfe und borgte das Pferd bei einem anderen Händler für 80 Taler. Nachdem dieser nach Ablauf des Zah-lungstermins 15 Taler Gerichtskosten verursacht hatte, verhandelte er die Forderung an einen sei-ner Kollegen. Von Letzterem wurde diese Summe unter der Bedingung gezahlt, dass der Schuldner ein Pferd im Wert von 40 Talern, welches er übri-gens nicht nötig hatte, für 70 Taler kaufen musste. Das Pferd war mager und nicht sehr kräftig. Wie man dem Mann sagte, rühre dies von schlech-ter Fütterung her. Der Zustand besserte sich aber auch ungeachtet guter Fütterung nicht.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Das Pferd blieb mager und schwach und krepierte nach mehreren Jahren. Um ferner die Summe von 80 Talern für eine dringend notwendige Repara-tur der Gebäude leihweise zu erhalten, musste der arme Mann zwei Kühe und einen jungen Ochsen im Wert von ca. 50 Talern, für 140 Taler ankaufen. Die beste der Kühe wurde bald darauf bei öffentli-cher Versteigerung für 20 Taler wieder verkauft. In Folge dieser Geschäfte verlor der Mann sein gan-zes Vermögen. Er befindet sich gegenwärtig mit seiner Familie in der größten Not.

Fälle, wie die angeführten, gibt es durch unser ganzes liebes deutsches Vaterland Tausende. Sie werden mehrfach in ähnlichen Schriften als be-kannt vorausgesetzt und deshalb nicht speziell er-wähnt; wir wissen aber leider aus Erfahrung, dass dies nicht der Fall ist. Diese das Mark und Blut des Volkslebens aussaugenden Geschäfte schaden wie ein schleichend wirkendes Gift. Es ist vorhanden und kommt allmählich an den Einzelnen heran, ohne dass es von den Unglücklichen geahnt wird. Die Händler schweigen aus guten Gründen. Die Not treibt einen Hilfsbedürftigen nach dem andern zu ihnen. Sie können in der Regel sicher sein, dass nichts davon an die Öffentlichkeit gelangt, da aus falschem Scham- und Ehrgefühl der Nachbar ge-gen den Nachbarn, der Freund gegen den Freund, ja sogar die nächsten Angehörigen untereinander sorgfältiges Schweigen bewahren. Selbst dann noch, wenn Haus und Hof veräußert werden, da man nicht zugeben möchte, dass durch unvorsichtiges, mehr oder weniger leichtfertiges Handeln das Vermögen ruiniert worden ist. Die Hauptschuld wird wohl be-kannt; die speziellen Tatsachen werden in der Regel verschwiegen. Sie sind allerdings jenen hinreichend bekannt, welche durch ihre Stellung auf diesen Not-stand aufmerksam geworden sind, um so die allge-meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand zu

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Kapitel I

lenken und Menschenfreunde durch alle Teile un-seres großen deutschen Vaterlandes zu veranlassen, diesen Krebsschaden in ihrem Tätigkeitsbereich aufdecken und beseitigen zu helfen. Um dies zu be-wirken, haben wir uns verpflichtet geglaubt, diese speziellen Andeutungen zu machen.

So wird hoffentlich immer mehr und überall eingesehen werden, wie durch den herrschenden Notstand und das dadurch hervorgerufene und erleichterte wucherische Treiben einer gewissen Volksklasse ein Bewohner nach dem andern an den Bettelstab gebracht wird. Indem die Verhältnisse der Notleidenden erkannt werden, kann verstan-den werden, wie so mancher redliche und fleißige Familienvater, nachdem er endlich einsehen muss-te, dass er bei größtem Fleiß und der größten An-strengung doch immer nur für den Wucherer ge-arbeitet, sich den größten Entbehrungen ausgesetzt hatte und seine Familie darben sah, schließlich alle Tatkraft verlor, aus Verzweiflung gar in den Alkohol flüchtete und allmählich mit seiner ganzen Familie in das tiefste Elend, in die sittlichste Verwahrlosung hinabsank, welche Leib und Seele verdirbt. Wenn dies, wie es nicht selten vorkommen dürfte, erkannt wird, so wird das Streben nach Hilfeleistung immer reger, immer allgemeiner werden.

Zugegeben, der Notstand ist vorhanden und erkannt, aber wie ist demselben abzuhelfen, wie kann am kräftigsten Hilfe geleistet werden? Der Großhandel und die Großindustrie, die Kaufleu-te und Fabrikanten, haben uns dazu den Weg gezeigt. Sie sind reich geworden und werden im-mer reicher, indem sie sich die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungen aneigneten, die Entdeckungen und Erfindungen anwendeten, sich die nötigen Geldmittel dazu beschafften und, wo die Kräfte Einzelner nicht ausreichten, zu-sammentraten und gemeinschaftlich wirkten.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Durch Wissenschaft und Geld sind also diese Her-ren reich geworden und werden immer reicher werden, immer größere Schätze anhäufen und dem kleinen Gewerbe und dem Land die zu ihrem Bestehen und Fortkommen nötigen Geldmittel immer mehr entziehen. Wissenschaft und Geld sind es auch, welche dem Bauern und dem Hand-werker wieder aufhelfen können.

Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass hier von der Wissenschaft im gewöhnlichen Sinn des Wortes nicht die Rede sein kann und dass es sich um ein Wissen im begrenzteren Umfang, aber dadurch nicht von einer geringeren Notwendigkeit, handelt. Es geht um die Ausbildung des gesunden Menschen-verstandes – um nicht mehr und nicht weniger −, wel-cher auf dem Lande eigentlich recht gut vertreten ist.

Es ist dringend nötig, dass, mehr als bisher ge-schehen, der Bauer wie der Handwerker seine geis-tigen und körperlichen Kräfte besser anwendet, dass er die Zweckmäßigkeit und Güte ordentlicher Gerätschaften, die Art und Beschaffenheit des Bo-dens, des Düngers oder sonstigen Materials beur-teilen und seine Zeit besser nutzen lernt, dass mit mehr Fleiß und Sparsamkeit gewirtschaftet wird und dass die auf das häusliche Leben und die Wirksam-keit so einflussreichen Tugenden der Reinlichkeit und der Ordnung immer mehr Eingang finden. Wer auf dem Lande gewohnt hat, weiß gewiss, wie es im Allgemeinen an all dem noch fehlt und wie schwer es ist, in dieser Beziehung verbessernd zu wir-ken. Wir sprechen hier selbstredend nur im Allge-meinen und es mögen einzelne Gegenden löbliche Ausnahmen machen. Nur zu vielfach haben wir bei aufmerksamer Beobachtung gefunden, dass man be-strebt ist, den alten Schlendrian beizubehalten, es so zu machen wie die Eltern und Großeltern, jede Neue-rung misstrauisch zurückzuweisen und sich auf diese Weise den tatsächlichen Fortschritten zu verschließen.

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Kapitel I

Es mag dies teilweise seinen Grund in der natürlichen Eigenschaft des Bauern haben. Jedenfalls trägt aber die bisherige mangelhafte Schulbildung einen Teil der Schuld.

Bei allen Bemühungen von Menschenfreunden wird der Fortschritt bei der jetzigen Generation, besonders in den entlegeneren Gegenden, nur sehr mäßig sein. Die Hauptaufgabe wird sein müs-sen, auf die Jugend einzuwirken, was nur durch einen tüchtigen, den Verstand nach allen Richtun-gen ausbildenden, auch den Bauern fördernden elementaren Schulunterricht geschehen kann. Der Bauer muss urteilsfähig und vorurteilsfrei ge-macht und in die Lage versetzt werden, Vorträge und Schriften zu verstehen und für sich anzuwen-den. Um die Jugend auf diese Weise zu erziehen, sind tüchtige, wohl ausgebildete Volksschullehrer erforderlich. Aus diesem Grund ist es dringend nötig, das Einkommen derselben − mit Rücksicht auf die jetzigen Verhältnisse − angemessen zu er-höhen. Die Lehrer selbst werden es dann nicht nötig haben, ihre Kräfte mit Privatunterricht oder sonstigem Nebenverdienst zu vergeuden, sondern sie werden sich dem Wohle ihrer Gemeinden wid-men können und für diese gleichsam die Kanäle bilden, durch welche Fortschritt und Verbesserun-gen auf dem Gebiet der Landwirtschaft überall hin verbreitet werden. Um dies zu erreichen, ist die Errichtung von landwirtschaftlichen und gewerb-lichen Fortbildungsschulen für die aus der Schule entlassene Jugend sowie die Gründung von soge-nannten landwirtschaftlichen Vereinigungen für die Erwachsenen unbedingt zu empfehlen.

Für die Ausbildung der weiblichen Jugend in weiblichen Handarbeiten ist die Anstellung von dafür ausgebildeten Lehrerinnen sehr wünschens-wert. Diese Maßnahme hat sich schon vielfach sehr bewährt.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Nach langjähriger Erfahrung können wir ver-sichern, dass mit Geld allein nicht gedient ist und dass die eben gemachten Aussagen unserer Mei-nung nach die wichtigsten Vorbedingungen zur Be-seitigung des herrschenden Notstandes enthalten. Aber selbst bei Erfüllung dieser Bedingungen ist, wie wir bereits behauptet haben, Geld nötig. Wie dies für das Land zu beschaffen ist, lernen wir wie-derum von den Kaufleuten und Fabrikanten. Jeder dieser Herren hat seinen Bankier, seinen Geschäfts-mann, von dem er das nötige Geld nimmt, dem er sein überflüssiges Geld anvertraut. Unverzinst darf beim Kaufmann kein oder nur so viel Geld liegen bleiben, wie er für seine täglichen Geschäfte braucht. Der Bauer, der Handwerker und sogar der Tagelöhner müssen es ebenso machen. Sie müssen auch ihren Bankier, ihre Kasse haben, in welche sie ihre Ersparnisse einlegen, von der sie den notwen-digen Bedarf an Geld jederzeit entnehmen können, und zwar zu einem möglichst günstigen Zinsfuß. Sie müssen, wenn sie mit der Zeit gehen und nicht im-mer mehr zurückbleiben wollen.

„Aber“, wird von diesen Leuten eingewendet, „wir haben genug zu tun, Hunger und Kummer auszuhalten und unsere Kräfte übermäßig anzu-strengen, wenn wir unsere Familie notdürftig er-nähren wollen. Wie können wir sparen und Geld in eine Kasse legen?“ Es ist richtig, es steht alles sehr schlecht und das Sparen wird sehr schwer. Je richtiger dies ist, desto nötiger sind die Anstren-gungen zum Besserwerden, doch es muss einmal begonnen werden, wenn es nicht so bleiben, wenn es nicht schlimmer werden soll.

Das Sparen kann nun auf zweierlei Art gesche-hen. Entweder, es wird vom Verdienst zurückge-legt oder es wird das zum Ankauf von Gerätschaf-ten, Vieh, Dünger, Acker etc. geliehene Geld vom Verdienst oder Erlös allmählich zurückgezahlt.

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Kapitel I

Das ist auch gespart. Um dies zu ermöglichen, sind für den Anfang große Anstrengungen nötig. Je tie-fer man hinabgestiegen ist, desto mehr Mühe hat man, um wieder heraufzukommen. Je mehr die Vermögensverhältnisse sich verschlechtert haben, je größer die Not, desto größer auch die Anstren-gung, um wieder emporzukommen. Bei ernstem Willen, im Vertrauen auf Gott und seine Hilfe, wird dies aber stets gelingen. Sparsamkeit bis in das Kleinste hinein und Fleiß, mehr angewendet als bis-her, werden sicher zum erwünschten Ziel führen.

Nicht weniger wichtig als das Sparen ist die Mög-lichkeit, jederzeit zu billigem Zins und günstigen Rückzahlungsbedingungen Geld erhalten zu kön-nen. Der Handwerker hat dies nötig zur Anschaf-fung oder Verbesserung seines Werkzeugs, zur An-schaffung von Materialien. Der Bauer kommt aber, wenn er nicht unberechenbare Nachteile haben soll, noch viel mehr in die Lage, zeitweise fremdes Geld in Anspruch nehmen zu müssen.

Durch das starke Bevölkerungswachstum ist in vielen Gegenden buchstäblich kein Brachfeld mehr zu finden. Seit Jahren hat man vom Kapital gezehrt und dieses, nämlich den Grund und Bo-den, dadurch bedeutend verringert. Man hat den Grund und Boden immer mehr ausgelaugt; es wur-de mehr herausgenommen als hineingetan. Die Ernten wurden dadurch immer schlechter − und sie werden immer schlechter und unsicherer wer-den, wenn keine andere Bewirtschaftung eintritt. Es ist öfters zu ermitteln, und zwar für jede Gegend oder jedes Grundstück, welche Bestandteile feh-len, welcher Dünger am erfolgreichsten anzuwen-den ist. Es ist also mit einem Worte Dünger nötig und dazu braucht es Geld.

Der beste Dünger ist erfahrungsgemäß der Stalldünger und, wenn man will, auch der billigste. Dazu gehört Vieh. Wenn es richtig behandelt wird,

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Die Darlehnskassen-Vereine

so ist der Ertrag an Milch, Butter, Jungvieh, Schlachtvieh etc. an und für sich schon sehr be-deutend und der Dünger ist, obgleich ein sehr er-heblicher Vorteil, als Nebennutzung zu betrachten. Ein tüchtiger Viehbestand ist unseres Erachtens für die ganze Landwirtschaft nötig, für das Überleben kleinerer Landwirte aber ein unbedingtes Erforder-nis. Da, wo dieser fehlt, muss durchaus auf die Be-schaffung hingewirkt werden. Es ist dies auch, wie es scheint, von den Landwirten selbst erkannt worden. Aber die Art der jetzigen Beschaffung hat gerade den Rückgang und in tausend Fällen den Untergang be-schleunigt. Gerade der Viehhandel ist die Handha-be einer gewissen Klasse der Handel treibenden Be-völkerung, um die Bauern auszusaugen und um sich allmählich in den Besitz ihres ganzen Vermögens zu setzen. Gerade dieser Punkt ist das Krebsgeschwür auf dem Land, welches beseitigt werden muss, wenn geholfen werden soll. Wie wir nachstehend zeigen werden, kann hier sehr gut geholfen werden; es ist aber dazu wiederum Geld nötig.

Durch Krankheitsfälle, durch Viehverluste, durch Unfälle mit Ackergerätschaften und Fuhr-werk, durch Feuersbrunst, Hagelschlag, Missernte etc. tritt öfters augenblickliche Not, tritt Geldbedarf ein. Trifft das eine oder andere Missgeschick, wie es leider nicht selten vorkommt, eine ganze Gegend, eine Gemeinde oder einen großen Teil derselben, so kann beim besten Willen der Nachbar nicht dem Nachbarn, der Freund nicht dem Freund aushel-fen. Selbst wenn aber auch nur Einzelne betroffen werden, so ist der Geldmangel, wie ja allgemein bekannt, auf dem Land so groß, dass in der Regel selbst die Angehörigen nicht aushelfen können. In den meisten Fällen sind die Unglücklichen gezwun-gen, sich an Wucherer zu wenden, auf deren ver-derblichen Einfluss wir bereits hingewiesen haben. Für solche Fälle ist also auch wieder Geld nötig.

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Kapitel I

„Gut, wir wollen zugeben“, wird uns geantwor-tet, „es ist Geld nötig, aber wie ist dies auf dem fla-chen Land zu beschaffen, auf dem Land, wo beina-he keine personellen und materiellen Ressourcen vorhanden sind?“

Wir wollen hier keinen Unterschied zwischen personellen und materiellen Ressourcen machen, sind aber der Überzeugung, gestützt auf Erfahrung, dass die Kreditwürdigkeit im Allgemeinen auf dem Land teilweise größer ist und größer werden wird als in Städten, und zwar sobald die Kapitalgeber mehr Erfahrung gemacht haben werden. Dass der Kredit im Allgemeinen momentan auf dem Land gering ist, ist nicht zu leugnen. Dass er aber bei entspre-chender Hilfe bedeutend besser werden wird, steht ebenso fest. Es gibt augenblicklich viele Gemeinden, in denen wenigstens einer oder mehre Einwohner ihre Gebäude und Ländereien gerichtlich verpfän-det haben. Der Wert der verpfändeten Gegenstände beträgt durchschnittlich mindestens das Doppelte der Schuld. Beim Verkauf müsste also mindestens eben so viel übrig bleiben, wie Letztere beträgt. Dazu kommt nun noch das in der Regel auch nur teilweise verschuldete bewegliche Eigentum von durchschnitt-lich bedeutendem Wert, nämlich die Haus- und Ackergeräte, das Vieh, der Dünger, die Feldfrüchte etc. Dies alles zusammengenommen, stellt bei den Bewohnern einer Landgemeinde doch wohl mehr Sicherheit dar, als das in der Regel nur bewegliche und nicht erhebliche Vermögen einiger Handwerker einer Stadtgemeinde. Dass die Kreditwürdigkeit auf dem Lande wenigstens hinreichend vorhanden ist, werden wir nachher zeigen.

Wenn dem so ist, wie kann denn eigentlich ge-holfen werden? Wir kommen auf unser Beispiel, auf die Kaufleute und deren Bankiers, zurück. Wir haben gesagt, auch der Bauer, der Handwerker und der Tagelöhner müssen ihren Bankier haben.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Für die Einlage von Geld werden sich wohl Leu-te finden, zum Ausleihen aber, wie es hier nötig ist, wohl nicht, weil Einzelne weder das Geld noch den Kredit haben, um den Ansprüchen zu genü-gen. Was nun dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen Viele, das vermag eine Anzahl Bewoh-ner einer Gemeinde oder eines Bezirkes, welche sich zu einem Verein zusammenschließen. Und so kommen wir nun zur Gründung von Volksbanken oder, wie wir diese hier nennen wollen, zu Dar-lehnskassen-Vereinen. Es dürfte zweckmäßig sein, auf die Entwickelung derselben in dieser Gegend etwas näher einzugehen.

Der Verfasser verwaltete vom Jahre 1848 bis 1852 die Bürgermeisterei Flammersfeld im Westerwald, einen rein ländlichen, Ackerbau treibenden Bezirk von fünf Pfarreien, 33 Zivilgemeinden und ca. 5.000 Seelen, nachdem er drei Jahre hindurch einem angrenzenden Verwaltungsbezirk in gleicher Wei-se vorgestanden hatte. In der Nähe auf dem Land geboren und erzogen, waren ihm die Verhältnisse genau bekannt. Obgleich die Bodenbeschaffenheit im Allgemeinen günstig war und die Einwohner-zahl im Verhältnis zur Fläche nicht hoch, herrschte bedeutende Geldnot. Sie äußerte sich hauptsäch-lich in dem bereits geschilderten, nachteilig wir-kenden Viehhandel. Es kamen mehre Fälle vor, wo Familien dadurch ruiniert wurden. Um dem Übel abzuhelfen, gründete der Verfasser im Jahr 1849 den sogenannten „Flammersfelder Hilfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirte". Ungefähr 60 der wohlhabendsten Einwohner des Bezirkes übernahmen es, für die nötigen Geldmittel solida-risch zu haften. Der Verein bezweckte anfangs, nach dem am meisten ins Auge springenden Bedürfnis, nur Vieh zu beschaffen, es den Einwohnern wie-der zu überlassen und allmählich, in fünf Jahren, zu gleichen Teilen wieder zurückzahlen zu lassen.

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Kapitel I

Der Ankauf und Wiederverkauf des Viehs war zeit-raubend, umständlich und kostspielig. Deshalb und weil sich auch andere Bedürfnisse herausstellten, wurde bald nach der Gründung nicht mehr Vieh zur Verfügung gestellt, sondern Geld bewilligt. Die Zahlung erfolgte gegen einfache Bürgschaft, die Rückzahlungsfristen blieben wie angegeben. Bei der speziellen Besprechung der Statutenbestim-mungen werden wir näher hierauf zurückkommen.

Im Jahre 1854 gründete der Verfasser zu Heddes-dorf, wohin er 1852 als Bürgermeister versetzt wor-den war, den sogenannten Wohltätigkeits-Verein, ebenfalls wieder aus den wohlhabendsten Einwoh-nern des fünf Pfarreien, 14 Gemeinden und jetzt ca. 9.000 Seelen umfassenden Bezirkes. Um den sinkenden Wohlstand möglichst zu heben, hatte der Verein den Zweck, nach allen Richtungen wohltätig zu wirken, für die Erziehung verwahrloster Kinder zu sorgen, arbeitslosen Einwohnern, besonders ent-lassenen Sträflingen, Beschäftigung zu geben, eine Volksbibliothek zu errichten, namentlich aber für die Beschaffung des nötigen Viehes zu sorgen und eine Kreditkasse zu gründen. Der Verein lieh im Ganzen während seines zehnjährigen Bestehens, nämlich bis zum Jahre 1864, an 1.467 Personen 54.447 Taler aus. Da das Ausleihen in der Regel auf fünf Jahre, teilweise aber auch auf zehn Jahre, stattfand und, nur fünf Jah-re in Anschlag gebracht, die Rückzahlung in jedem Jahr mit einem Fünftel geschehen musste, so berech-net sich die Ausleihe auf durchschnittlich 2½ Jahre. Wenn man die Umlage mit den Schulze-Delitz’schen Vereinen vergleicht − angenommen, dass diese Aus-leihe für drei Monate stattfand und in zweieinhalb Jahren also neunmal verlängert wurde −, so würde die Umlage, die erste Bewilligung mitgerechnet, das Zehnfache der angegebenen Summe, also 544.470 Taler betragen, gewiss eine bedeutende Summe für ländliche Verhältnisse.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Da bei Gründung des erstgenannten Vereins dem Verfasser die Existenz anderer Kredit- oder Vorschussvereine nicht bekannt war, so ergaben sich die Vereinsbestimmungen aus den bestehen-den Verhältnissen und die notwendigen Abände-rungen entwickelten sich allmählich den Bedürf-nissen entsprechend. Die Bildung des Vereins aus den wohlhabendsten Einwohnern war damals, wo derartige Vereine noch unbekannt waren und nicht das nötige Vertrauen besaßen, besonders auf dem Land nötig. Obgleich der erste Verein eine Garantie von mehren Hunderttausenden Talern bot, war anfangs kein Geld für den Verein zu er-langen. Nach längeren Bemühungen des Verfas-sers als Vereinsvorsteher erklärte sich ein Kapital-geber in einer benachbarten rheinischen Stadt dazu bereit 2.000 Taler vorzuschießen, jedoch erst, nachdem sich 20 Vereinsmitglieder durch gericht-lichen Akt mit ihrem Gesamtvermögen für die Schuld haftbar erklärten. Nachdem erst einmal ein Anfang gemacht war, hat es später niemals wieder an Geld gefehlt. Im Gegenteil, es wurde stets mehr Geld angeboten, als die Vereine nehmen konnten.

Die Schuldner zahlen außer den gewöhnlichen Zinsen von 5 % bei Empfang des Geldes eine ein-malige Provision von ebenfalls 5 %. Es kommt da-von auf jedes der fünf Jahre 2 1/10 %, und auf jedes der zehn Jahre 1 1/3 %; der Schuldner zahlt also an Zinsen und Provision bei fünf Jahren jährlich 7 1/10 % und bei zehn Jahren 6 1/3 %. Er hat dabei den Vorteil, dass er die Schulden allmählich abtra-gen kann, ja er kann sogar das ganze Kapital oder eine Teilzahlung jederzeit anbringen. Ungeachtet dessen, dass von den bei der Verwaltung der Vereine tätigen Personen, außer dem Zahlmeister, niemand eine Aufwandsentschädigung bekommt, hat sich gezeigt, dass dieselben gerne und uneigennützig tä-tig sind und bis jetzt keine Zahlung beanspruchen.

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Kapitel I

Aus diesem Grunde wächst der nach Abzug der Vereinskosten und der Provision sich bildende Ge-winn als Reservefonds rasch an, schützt die Vereins-mitglieder bei allen möglichen, bei unseren Verei-nen aber bis jetzt nicht vorgekommenen Verlusten vor Schaden. Er gibt die sichere Aussicht, dass bei langem Bestehen diese Vereine ohne Zuschuss der Mitglieder, rein aus dem verhältnismäßig geringen Gewinn, mit eigenem Geld wirtschaften können. So, wie die Vereine bis dahin geschildert wurden, zahlten die Mitglieder nichts und beanspruch-ten nichts. Sie wirkten uneigennützig aus Nächs-tenliebe. Wir haben 15 Jahre lang hartnäckig an diesem Grundsatz festgehalten, müssen aber nun gestehen, dass derselbe nicht haltbar ist und dass Vereine, die auf diesem Grundsatz beruhen, nicht lebensfähig sind, obgleich der Grundsatz der Selbsthilfe vorhanden und gewahrt ist, indem kei-nem Schuldner etwas geschenkt wird und er un-nachsichtig zur Rückzahlung von Kapital und Zin-sen angehalten wird. Wir haben aber ausdrücklich diese Vereinsform kurz schildern wollen, damit die darauf gegründeten Erfahrungen möglichst allgemein nutzbar gemacht werden. Ebenso un-haltbar und auf Dauer unausführbar ist die Bün-delung mehrerer Zwecke in einem Verein. Beim erwähnten Wohltätigkeitsverein wurde ein Zweig nach dem andern abgeschafft und es blieb zuletzt nur die Vorschuss- oder Darlehnskasse übrig. Zwei Gegenstände, die Vorschusskasse und Sparkasse, werden sich stets sehr gut miteinander verbinden lassen. Es ist aber auch hierbei entschieden an-zuraten, jede Kasse für sich getrennt zu führen. Obgleich die Sparkassengelder als Anleihe für die Vorschusskassen zu betrachten sind, so ist es der Ordnung halber doch nötig, dass für die Einlagen, respektive Zurückzahlungen der Sparkassengel-der, eine getrennte Buchführung stattfindet.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Das persönliche Interesse ist der Kitt, welcher Vereine dieser Art zusammenhalten muss. Die Mitglieder der genannten Vereine hatten an die-sem selbst keinen direkten Vorteil. Sie sollten für andere wirken, was sich auf Dauer als unausführ-bar herausstellte. Der Flammersfelder Verein löste sich bald nach der Versetzung des Verfassers auf. Nachdem die Anleihe für den Heddesdorfer Verein die Höhe von beinahe 30.000 Taler erreicht hatte, wurde auch hier eine Statutenänderung nötig, ob-gleich ein Reservefonds von 2.500 Taler vorhanden war. Der alte Verein wurde im Jahre 1864 aufgelöst, gleichzeitig wurde ein neuer Verein mit dem Na-men „Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein“ gebil-det, der sofort eine sehr starke Beteiligung hatte. Mit Letzterem wurde eine Sparkasse verbunden. Nach den langjährigen Erfahrungen können wir die Statuten dieses nunmehr sehr lebensfähigen Vereins als Normalstatuten für verkehrsreichere ländliche Bezirke und selbst auch für kleinere und größere Städte empfehlen. Dem Verfasser war es wegen seiner vielen Amtsgeschäfte bis jetzt leider nicht vergönnt, für die weite Verbreitung der Verei-ne zu wirken. Er hatte aber die Freude, in der Nach-barschaft mehre derselben zu gründen. Sie werden in der Statistik im Anhang dieser Schrift aufgeführt. Obgleich dieselben − bis auf den aufgelassenen Flammersfelder Verein − sehr erfreulich wirken und die Hilfsbedürftigen hauptsächlich selbst den Verein bilden und die Lebensfähigkeit gesichert ist, so zeichnet sich, was die gute Wirksamkeit betrifft, der „Darlehnskassen-Verein für die Kirchengemein-de Anhausen“ aus. Das mag vor allem daran liegen, dass hier die Abgrenzung des Bezirkes bei den vor-herrschenden Verhältnissen die richtige war. Das Kirchspiel besteht aus vier Zivilgemeinden, welche nahe zusammenliegen, und zählt nur 1.494 Seelen. Es liegt außerhalb des großen Verkehrs und ist rein

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Kapitel I

Ackerbau treibend. Wie überall bei solchen Verei-nen, haben sich auch dort der Herr Pfarrer und die Herren Lehrer beteiligt. Die Leitung und Kassen-führung des Vereins sind vortrefflich, sodass dersel-be in jeder Beziehung als Muster dienen kann. Als der in der Statistik angegebene Vereinsvorsteher dem Verfasser kürzlich bei der Überreichung der statistischen Aufstellung einen mündlichen Bericht über die Vereinswirksamkeit erstattete, antwortete derselbe auf die Frage, wie der blühende Zustand des Vereins erreicht worden sei: „Wir haben uns nur an die Statuten gehalten und deren Bestimmungen pünktlich befolgt.“

Diese Statuten, die sich bewährt haben, emp-fehlen wir als Normalstatuten für rein ländliche Bezirke. Der Grundsatz der uneingeschränkten Selbsthilfe ist hierbei vollständig gewahrt. Nach der Umgestaltung des Heddesdorfer Vereins woll-te der Verfasser kürzlich in einer Generalversamm-lung die entsprechende Abänderung der Statuten herbeiführen. Die Mitglieder waren fast vollzählig anwesend, erklärten aber, dass sie bei der bisheri-gen Form des Vereins, die ihnen sehr zusagt, blei-ben wollten. Sie wollten die Zahlung von Einlagen vonseiten der Mitglieder nicht einführen. Der Ver-ein ist sehr einfach organisiert, der Aufwand bei der Verwaltung sehr gering und es wird gespart, indem die Vorschüsse aus den Ernteerträgen etc. erstattet werden.

Die Vermögensverbesserung ist also gesichert, ebenso die Ansammlung eines Reservekapitals in der oben beschriebenen Weise.

Die nähere Entwicklung der Grundsätze, eben-so die Erklärungen der Satzungen im Besonderen, wird in den folgenden Kapiteln, welche zugleich auch als Begründung der im Kapitel VIII abge-druckten Statuten dienen mögen, erfolgen. Wo es nötig sein wird, auf Bestimmungen hinzuweisen,

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Die Darlehnskassen-Vereine

werden wir dies der Kürze halber durch die Be-zeichnung Heddesdorfer oder Anhausen’sches Statut tun. Die Schemata zur Buchführung, zu den nötigen Formularen und Protokollen folgen nach jedem Statut. Am Schluss des Kapitels befin-den sich die nötigen Erklärungen dazu. Ländliche Bezirke scheinen diese Schemata nötiger zu haben als verkehrsreichere Gegenden.

So segensreich die Vereine auch wirken, so darf man davon doch keine Wunder, keinen plötzlichen Umschwung der Verhältnisse erwarten. Die gute Wir-kung kann nur eine allmähliche sein. Bei umsichti-ger Verwaltung erfolgt sie aber mit der größten Si-cherheit, weshalb die Gründung derartiger Vereine nicht genug empfohlen werden kann. Um solche zu veranlassen, wurden an den Verfasser von ver-schiedenen Seiten mehrfach Anfragen gerichtet. Es wurden die Statuten sowie die nötigen Auseinander-setzungen verlangt, allerdings war es nicht möglich, diesem Verlangen zu entsprechen. Dies war der An-lass zu den vorliegenden Ausführungen. Zu weiteren Erklärungen und zur Mitwirkung bei der Gründung der Vereine ist der Verfasser gerne bereit.

Diejenigen, welche die Vereine am nötigsten haben, sind in der Regel am wenigsten fähig, sie zu gründen, zu erhalten und zu leiten; es ist des-halb eine allseitige Beteiligung dringend anzura-ten. Durch die zunehmende Verarmung haben alle diejenigen Nachteile, welche sich an dieser Verarmung nicht durch Wuchergeschäfte berei-chern wollen. Es liegt deshalb auch selbst im In-teresse der wohlhabenderen Klasse, die Vereine zu fördern und, soweit es nötig ist, sich daran zu beteiligen. Auf dem Land liegen noch vielfach bedeutende Schätze verborgen. Durch besseren und tieferen Bau des Ackers, durch Drainage, die entsprechende Anlage von Wiesen und Wald, An-lage und Verbesserung von Weinbergen, Hopfen-,

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Kapitel I

Obst-, Weiden-Pflanzungen usw. kann durch Spar-samkeit, Fleiß und Geld dem Boden dieser Reich-tum entzogen werden. Bei nachhaltiger, guter Bewirtschaftung und unter Mithilfe eines solchen Vereins kann eine arme und zurückgebliebene Ge-meinde wohlhabend gemacht werden. Aber auch in sittlich religiöser Beziehung sind die Vereine von der größten Wichtigkeit. Mit zunehmender Verar-mung und immer größer werdender Not geht in der Regel die Entsittlichung in jeder Beziehung einher. Ohne materielle Hilfe wird sogar die auf dem besten Willen, auf den redlichsten Bemühun-gen beruhende Bildungsarbeit wenig helfen; es wird ihr allein nicht gelingen, der zunehmenden Verkommenheit kräftig genug entgegenzuwirken. Almosen oder sonstige ähnliche Zuwendungen können dazu nicht dienen, sie werden in der Re-gel mehr schaden als nützen. Die Hilfe muss sich auf den Spruch gründen: „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.“ Sie muss dahin gehen, die Fähigkeiten und Kräfte der Hilfsbedürftigen möglichst zu entwickeln und ihnen einen erhebli-chen Vermögenserwerb in erlaubtem Rahmen zu ermöglichen, das heißt, in dieser Weise die Selbst-hilfe zu fördern. Dann wird die Lust zum Sparen und Arbeiten erzeugt, dann wird das Vertrauen zu sich selbst, zu den Menschen und zu Gott gehoben und es wird der Boden zu wirklicher christlicher Einwirkung mehr vorbereitet werden, als dies in sonstiger Weise geschehen kann. Dabei ist die Mit-wirkung nicht nur der Beamten, sondern auch der Geistlichkeit und der Lehrer sehr wünschenswert.

Bei der Abfassung der Statuten dürfte es rat-sam erscheinen, die bis dahin gemachten Er-fahrungen zu benutzen. Es ist zwecklos und führt zu unnützen Erörterungen und Ausein-andersetzungen, vor allem auf dem Land, wenn man die Masse vorab darüber beschließen lässt.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Es dürfte deshalb zu empfehlen sein, dass eini-ge Personen, welche sich dazu berufen fühlen, die Statuten, wie sie für die örtlichen Verhältnis-se passen, entwerfen und dann einer berufenen Versammlung zur Unterschrift vorlegen. Auf den eindringlichen, die Notwendigkeit und die Vor-teile schildernden Vortrag wird dann in der Regel mit Sicherheit eine starke Zustimmung folgen und so der Verein gegründet werden. Die Freiheit der Vereinsmitglieder wird dadurch nicht im Gerings-ten eingeschränkt, da es ja später jedem Mitglied freisteht, nötig scheinende Abänderungen zu be-antragen. Es ist zu empfehlen, dass gleich in der ersten Versammlung die Wahlen vorgenommen werden und alles geregelt wird, was nötig ist, da-mit der Verein seine Tätigkeit so bald wie möglich aufnehmen kann. Dieser Rat gründet sich auf die Erfahrung des Verfassers, welchem es auf diese Weise jedes Mal gelungen ist, die Vereine sofort ins Leben zu rufen. Um die Notwendigkeit zu be-gründen, ist es besser, einen mündlichen Vortrag zu halten, als aus einer vorhandenen Schrift vorzu-lesen, da der mündliche Vortrag erfahrungsgemäß besser verstanden wird.

Die zur Bildung der Vereine nötigen Versamm-lungen müssen nach den für das Versammlungs-recht bestehenden gesetzlichen Vorschriften, unter Einhaltung bestimmter Fristen, der Ortspoli-zeibehörde vorher angezeigt werden. Sind die Ver-eine aber einmal gegründet, so bedarf es nur der Einreichung der Statuten an diese Behörde, künf-tige Versammlungen müssen nicht mehr vorher angemeldet werden, da die Vereine einen reinen Privatzweck verfolgen, nämlich die Beschaffung der nötigen Gelder für ihre Mitglieder, und keine öffentlichen Angelegenheiten verhandeln.

Wichtig und oft schwierig ist die Abgrenzung der Vereinsbezirke auf dem Land. Als ein auf Erfahrung

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Kapitel I

gegründeter fester Grundsatz ist hierbei anzuneh-men, dass die Bezirke, ungeachtet der Lebensfä-higkeit, möglichst klein abgegrenzt werden. Bei der hier empfohlenen Vereinsform ist eine genaue Kenntnis der Mitglieder und ihrer Verhältnisse nö-tig. Dies ist aber nur dann zu erreichen, wenn die Vereinsgrenzen nicht zu weit ausgedehnt werden. In der preußischen Rheinprovinz und in Westfalen dürften dieselben nicht über die Gemeinde- und Amtsbezirke ausgedehnt werden. Der Verkehr der Eingesessenen dieser Bezirke mit den Verwaltungs-beamten sowie auch untereinander ist ein so reger, dass die erforderliche Bekanntschaft in der Regel genügend vorhanden sein wird. Mehrere dieser Be-zirke zu einem Verein zu vereinigen, hat sich in der Praxis nicht bewährt Die Probe ist hier gemacht. Ein aus drei Bürgermeistereien von zusammen 1l.337 Seelen gebildeter Verein wirkt am wenigsten vor-teilhaft. Die Entfernungen sind zu weit und die Ver-bindung und nähere Bekanntschaft der Mitglieder untereinander nicht groß genug. Die Verwaltung ist deshalb zu schwerfällig. Bei mehreren Bürgermeis-tereien, bei denen jede für sich einen Verein bildet, laufen die Geschäfte sehr vorteilhaft. Eine Bürger-meisterei, welche aus drei Kirchengemeinden be-steht, hat sich in zwei Bezirke geteilt. Am besten ge-hen die Geschäfte im Kirchspiel Anhausen, welches sich zur Abtrennung durch seine örtliche Lage und sonstigen Verhältnisse veranlasst sah.

Da, wo keine Gemeindeverwaltungsverbände der oben genannten Art bestehen, dürfte sich im Allge-meinen die Bildung der Vereine entsprechend den überall bestehenden Kirchengemeinden anbieten, in welchen eine genügende Bekanntschaft der Ein-wohner untereinander vorhanden ist. Da, wo eine Kirchengemeinde zu klein sein sollte, wird es mit einem oder mehren benachbarten Kirchengemein-den zu vereinigen sein. Für einen Landratskreis,

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Die Darlehnskassen-Vereine

ein Oberamt oder ein Amt einen Verein zu grün-den, können wir aus den angegebenen Gründen nicht empfehlen. Wir werden darauf im Kapitel III näher zurückkommen.

Den in solchen größeren Bezirken schon beste-henden Vereinen gegenüber erscheint die eben gemachte Bemerkung gewagt. Wenn wir auch überzeugt sind, dass Vereine in kleineren Bezirken wirksamer sein werden, so wollen wir mit diesen Bemerkungen − wie überhaupt mit unseren Mit-teilungen der auf diesem Gebiet gemachten Erfah-rungen und den darauf sich gründenden Anschau-ungen − nur zur Gründung der Vereine anregen. Andere Verhältnisse werden hin und wieder Abän-derungen der Statuten und der Formulare erfor-derlich machen und bei der mehr und mehr fort-schreitenden Entwicklung werden Verbesserungen eintreten müssen. Damit die von einzelnen Verei-nen gemachten Erfahrungen möglichst verbreitet und verwertet werden, ist es wünschenswert, dass sie mitgeteilt werden.

Die landwirtschaftlichen Vereine bieten dazu so-wie zur gegenseitigen Hilfeleistung eine sehr gute Gelegenheit. In deren Zeitschriften und sonstigen Organen − in der preußischen Rheinprovinz in der „Zeitschrift des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen“, redigiert durch den Herrn Gene-ralsekretär J. N. C. Thilmann zu Bonn, welcher ein großes Interesse für diese Angelegenheit hat und an welchen die Mitteilungen zu richten sein werden − kann die schriftliche und in den Versammlungen die mündliche Besprechung stattfinden. Wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes ist es unbedingt wünschenswert, dass dafür Zeit und Raum zur Ver-fügung gestellt wird. Die sämtlichen Darlehnskassen-Vereine einer landwirtschaftlichen Lokalabteilung würden in dieser ihre Zentrale und zugleich die Möglichkeit zu ihrer weiteren Ausgestaltung haben.

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Kapitel I

Die Lokalabteilungen würden sich dann aus glei-chem Grund in der Verwaltung der Hauptvereine zu vereinigen haben. Damit Letztere in ihrer Gesamt-heit miteinander in Beziehung treten und damit das hier vorgeschlagene System, welches in erster Linie für die Landwirtschaft berechnet ist, für diese besonders ausgebildet wird, schlagen wir als Organ für alle landwirtschaftlichen Vereine Deutschlands die vortrefflich redigierte, in Deutschland schon sehr verbreitete und segensreich wirkende Monats-schrift: „Neue landwirtschaftliche Zeitung“, heraus-gegeben von Dr. J. J. Fühling, Glogau, Verlag von C. Flemming, vor, deren Herausgeber der Sektion für Volkswirtschaft des rheinpreußischen landwirt-schaftlichen Vereins vorsteht.

Es wird gebeten, Mitteilungen für diese Zeit-schrift an den Herausgeber, Herrn Dr. J. J. Fühling zu Köln, zu richten, welcher sich bereit erklärt hat, der fraglichen Vereinsangelegenheit beson-dere Aufmerksamkeit zu widmen und den nötigen Raum zur Besprechung in der Zeitschrift zur Ver-fügung zu stellen.

Der Verfasser dieser Schrift wird diese Zeit-schrift ebenfalls für seine weiteren Mitteilungen benutzen. Es dürfte wünschenswert sein, wenn jeder der nach dem hier vorgeschlagenen System gebildeten Vereine der Redaktion der genannten Zeitschrift die Gründung mitteilen würde, um so eine Übersicht über die Vereine zu erhalten und allmählich eine Statistik zu erstellen.

Im Interesse der wichtigen Angelegenheit dürfte es liegen, wenn die landwirtschaftlichen Vereine, deren Unterabteilungen sowie die größe-ren Darlehnskassen-Vereine die Zeitschrift lesen, damit die gemachten Erfahrungen möglichst all-seitig verwertet werden können. Die Schrift kann mit der Post sowie über alle Buchhandlungen bezogen werden. Monatlich erscheint ein Heft.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Der Preis eines aus drei Heften bestehenden Quar-tals beträgt 2/3 Taler und des ganzen Jahrgangs 2 2/3 Taler. Die Post nimmt nur Bestellungen des gan-zen Jahrgangs an, und zwar gegen Vorauszahlung von 2 2/3 Taler.

Außer durch die vorgeschlagene vollständige Organisation der Vereine nach unserem System und den dadurch erleichterten Mitteilungen und Besprechungen geben die volkswirtschaftlichen Versammlungen dazu gute Gelegenheit. Sobald die Darlehnskassen-Vereine für rein ländliche Bezirke eine größere Ausdehnung erlangt haben werden, sollten sie, um ein möglichst einheitliches Wirken zu erreichen, sich unbedingt mit dem An-waltschaftsbüro zu Potsdam, gegründet und ge-leitet von dem um das deutsche Genossenschafts-wesen hochverdienten und allgemein bekannten Herrn Schulze-Delitzsch, in Verbindung setzen. Das Organ der Anwaltschaft ist die Zeitschrift „In-nung der Zukunft“. Sie erscheint bei E. Keil in Leipzig und kostet jährlich 1 Taler. Den größeren Darlehnskassen-Vereinen nach dem Heddesdorfer Statut dürfte das Halten dieser Zeitschrift zu emp-fehlen sein.

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Kapitel II

Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten der Mit-glieder

a) Im Allgemeinen

Nachdem nach Anleitung der in Kapitel I ge-machten Auseinandersetzungen ein Vereinsbezirk abgegrenzt ist, ist grundsätzlich für die Statuten die Bestimmung zu empfehlen, dass nur Einwohner die-ses Bezirkes als Mitglieder aufgenommen werden dürfen. Wird von dieser Bestimmung abgegangen, so wird sich schwer eine Grenze feststellen lassen und es wird der Zweck der Abgrenzung, die Bekannt-schaft mit den Mitgliedern und deren Verhältnissen, nicht erreicht werden. Da die Vereine nicht allein den Zweck haben sollen, vorhandenes Vermögen zu erhalten und zu vermehren, sondern auch haupt-sächlich ganz Unbemittelten die Gelegenheit zu ver-schaffen, durch Sparsamkeit und Fleiß ein Besitztum zu erlangen, so ist zu empfehlen, keinen volljähri-gen Einwohner des Bezirkes, der sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, grundsätzlich auszuschließen. Bei dieser grundsätzlichen Festset-zung in Bezug auf die Aufnahme neuer Mitglieder ist es nötig, diese Aufnahme noch von dem beson-dern Beschluss eines Vereinsausschusses, des Ver-waltungsrates oder Vorstandes abhängig zu machen.

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Die Letzteren haben es alsdann in der Hand, sol-chen Personen, welche sich durch ihr Verhalten, etwa durch Trunksucht oder sonstiges ausschwei-fendes Leben, der Aufnahme nicht würdig zei-gen, diese zu versagen. Bei guter Entwicklung des Vereins wird dies für jeden ein Ansporn sein, sich so zu verhalten, dass er der Mitgliedschaft würdig wird und bleibt. Denn es wird auch nötig sein, die Bestimmung zu treffen, Mitglieder aus dem Verein auszuschließen, wenn sie Handlungen begehen, welche sich mit den Anforderungen, die an ein Mit-glied gestellt werden, nicht vertragen. Dies zu be-urteilen wird dem Verwaltungsrat oder Vorstand zu überlassen sein. Der freiwillige Austritt wird jedem Mitglied vorbehalten werden müssen, da sich sonst eine ausreichende Anzahl Mitglieder nicht finden wird. Die Bestimmung, dass Mitglieder, welche aus-ständige Beiträge nicht pünktlich zahlen oder es we-gen der Zahlung zur gerichtlichen Klage kommen lassen, ausgeschlossen werden können, ist dringend notwendig. Gerichtliche Klagen gegen Mitglieder werden wohl nicht ganz vermieden werden kön-nen. Kommen dieselben allerdings zu oft vor, so kann der Kredit des Vereins leicht darunter leiden. Ordentliche, strebsame Einwohner werden es nicht zur Klage kommen lassen. Nachlässige Mitglieder, welche den Verein oft nur benutzen, um leichtsin-nig Schulden zu machen und sich dadurch scha-den, können ihm nichts nützen. Sie gereichen dem Verein nur zur Unehre und es ist ihre Beseitigung so lange ratsam, bis sie sich durch besseres Verhal-ten der Aufnahme wieder würdig gemacht haben.

Beim zuvor empfohlenen Grundsatz, für jeden Verein bestimmte Grenzen zu ziehen, muss selbst-verständlich die Mitgliedschaft verloren gehen, wenn das Mitglied aus dem Vereinsbezirk wegzieht. Dies in den Statuten zu bestimmen, könnte gefähr-lich erscheinen, da sich bei einem möglicherweise

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Kapitel II

schlechten Stand des Vereinsvermögens ein Mit-glied bequem seinen Verpflichtungen entziehen könnte. Auf dem Land, wo die Bewohner, wie man zu sagen pflegt, in der Regel festgewachsen sind, ist der Wohnortwechsel allerdings so leicht nicht zu be-werkstelligen und er würde, wenn er aus dem eben angegebenen Grund stattfinden sollte, dem betref-fenden Mitglied wohl mehr Schaden als Vorteil brin-gen. Wo man in dieser Beziehung dennoch Zweifel haben sollte, könnten diese durch die Bestimmung ausgeräumt werden, dass ein solches Mitglied auch nach dem Wohnortwechsel für einen bestimmten Zeitraum, etwa drei bis sechs Monate, für die wäh-rend seiner Mitgliedschaft von dem Verein einge-gangenen Verpflichtungen mit aufkommen müsste.

Die Erben von Mitgliedern für die Verbindlich-keiten der Letzteren verantwortlich zu machen, ist nicht zu empfehlen. Es könnte dies manchen vor-sichtigen Einwohner vom Beitritt abhalten. Diese Bestimmung dürfte aber auch nicht nötig sein.

b) Rechte und Pflichten der Mitglieder

Die Bestimmung, dass es vorab den Mitgliedern freistehen soll, so weit als nötig, das zur Vereinstä-tigkeit nötige Geld zu entlehnen sowie die nötigen Vorschüsse nach den Bestimmungen der Statuten zu beanspruchen, ist ebenso selbstverständlich wie die Forderung, am Gewinn in entsprechendem Ausmaß beteiligt zu sein, und zwar dort, wo ein sol-cher überhaupt verteilt wird.

Es ist nicht ratsam, ein ausgeschiedenes Mitglied ohne Weiteres nach einem bestimmten Zeitraum von seinen Verpflichtungen dem Verein gegen-über zu entbinden. Es ist vielmehr zu empfehlen, den Verein über entsprechende Forderungen des Ausgetretenen entscheiden zu lassen. Die Entbin-dung von allen Verpflichtungen in einem mit den

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Statuten in Übereinstimmung stehenden Zeitraum wird, wie schon erwähnt, geschehen, ebenso muss aber auch dem Verein das Recht vorbehalten blei-ben, statt dessen den Verein aufzulösen. In diesem Fall behält der Ausgetretene alle Verpflichtungen für die Zeit seiner Mitgliedschaft, wie jedes andere Vereinsmitglied. Diese Maßregel wird jedoch nur in sehr seltenen Fällen, bei schlechten Vermögens-verhältnissen, wie sie wohl selten auftreten, und beim Austreten vieler Mitglieder nötig werden. Vorsichtshalber muss die erwähnte Bestimmung allerdings aufgenommen werden.

Die wesentlichste Pflicht der Mitglieder, auf die sich das Bestehen der Vereine gründet, ist die Haftbarkeit. Um den Vereinen den nötigen Kredit für das zu ihrem Betrieb erforderliche Geld zu ver-schaffen, ist es durchaus nötig, dass diese Haftbar-keit unter den Mitgliedern solidarisch stattfindet, das heißt, dass nämlich alle Mitglieder für eines haften und eines für alle. So sehr diese Bestimmung bei der Gründung der Vereine auch bei vorsichtigen und ängstlichen Leuten Bedenken erregen mag, so ist sie doch nicht zu umgehen, wenn man das nötige Geld haben will. Dass die Haftbarkeit dabei gleich-mäßig auf den Mitgliedern ruht, versteht sich von selbst. Bei dieser gleichmäßig auf den Mitgliedern ruhenden, vom Verein übernommenen Garantie, ohne die solidarische Haftbarkeit, würde sich wohl schwerlich ein Kapitalgeber finden, welcher einem Verein dieser Art Geld leihen würde. Man könn-te dies wenigstens niemandem zumuten, denn der Vereinsgläubiger würde bei einer schlimmstenfalls nötig werdenden Klage zur Eintreibung seiner For-derung genötigt werden, die Letztere auf die Mitglie-der zu verteilen und so viele Klagen anzustrengen, wie Mitglieder vorhanden sind. Bei der solidari-schen Haftbarkeit dagegen kann in solchem Fall ge-gen irgend ein beliebiges Mitglied geklagt werden.

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Kapitel II

Das hört und sieht sich nun sehr gefährlich an, und zwar so gefährlich, dass man den wohlhabenderen Einwohnern ohne Weiteres kaum zumuten sollte, sich einem solchen Verein anzuschließen. Es hat uns deshalb bei der Gründung unserer ersten Ver-eine wirklich viel Mühe und Überredung gekostet, die erforderliche Mitgliederzahl zusammenzubrin-gen. In der Realität sieht die Sache aber ganz an-ders aus und ist wirklich nicht so gefährlich, wie sie auf den ersten Blick erscheint. So ist denn auch hier die Ängstlichkeit bereits geschwunden und es haben sich an allen diesen Vereinen recht viele wohlhabende Einwohner beteiligt.

Es ist zuvor bereits auseinandergesetzt worden, dass zu der dringend nötigen Verbesserung der ländlichen Verhältnisse durchaus Geld nötig ist und dass, um dieses Geld zu erlangen, durchaus Vereine gebildet werden müssen. Denn selbst dem wohlhabenderen Landbewohner, welcher in den meisten Fällen seine Immobilien bereits gerichtlich verpfändet hat, steht der ferner nötige Kredit, ohne sich auf Wuchergeschäfte einzulassen, nicht mehr zur Verfügung. Da er nun, ohne die solidarische Haftbarkeit im Verein mit anderen, nicht zu dem nötigen Geld, zu billigem Zins, gelangen kann, so ist es nötig, sich der lästig scheinenden Bedingung zu unterwerfen. Diese Bedingung erscheint aber auch nur lästig, sie ist es, wie die bestehenden frisch und fröhlich vorwärtsstrebenden Vereine zeigen, in Wirklichkeit nicht. Die fragliche Bestimmung ist, wie erwähnt, nötig, um Geld zu bekommen. Bei entsprechend festgestellten Statuten und rich-tiger Leitung der Vereine, welche herbeizuführen die Vorsichtigen und Ängstlichen berechtigt, ver-pflichtet und im Stande sind, kann sie so wenig Nachteile für die einzelnen Mitglieder haben, dass, wie der Verfasser des Öfteren versichert hat, er bei einem Verein, welchem er vorstände, die Garantie

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Die Darlehnskassen-Vereine

allein übernehmen möchte. Das geliehene Geld wird nämlich wieder ausgeliehen, und zwar mit Gewinn. Der Gewinn sammelt sich rasch zu einem Reservekapital. Dieses wird um so größer, je mehr ge- und verliehen wird, wächst also in dem Maße, wie die Vereinsschuld − wie die Haftbarkeit jedes einzelnen Mitgliedes − wächst. Bei einem etwaigen Schaden, der aber bei guter Verwaltung nicht mög-lich ist, wird dieser aus dem Gewinn oder dem Re-servekapital gedeckt. Doch ganz abgesehen hier-von: Das geliehene Geld bleibt nicht müßig liegen. Es wird bei guter Verwaltung erst geliehen, wenn es nötig ist, also sofort wieder verliehen. Es wird si-cher verliehen, denn ohne die notwendige Sicher-heit dürfen die Darlehen nicht bewilligt werden. Es wird mit geringerer Kündigungsfrist verliehen, als die Anleihen vom Verein aufgenommen wor-den sind. Bei den Vereinen kommen nun fortwäh-rend Kapitalkündigungen vor. Es findet bei ihnen ein stetes Ein- und Ausfließen des Geldes statt. In gewöhnlichen Zeiten werden die zurückgeforder-ten Kapitalien durch neue Anleihen gedeckt. Dies muss bei erfolgreicher Tätigkeit stattfinden, denn es fehlt ja an Geld. Deshalb werden die Vereine gegründet und der ganze wirkliche Geldbedarf des Vereinsbezirkes muss herbeigeschafft werden, wenn die Vereine ihren Zweck erfüllen sollen. Das kann alles sehr gut gehen, aber wie wird es in Kriegszeiten werden? Diese Frage ist zuvor schon im Allgemeinen beantwortet worden und es ist unter den heutigen Verhältnissen nicht anzuneh-men, dass bei solchen Ausnahmezeiten alle Kapi-talgeber ihr Geld aus den Vereinen zurückziehen, da sie wahrlich nicht wissen werden, wie sie ihr Geld sicherer und besser anlegen werden. Zudem werden die Kriege, wie mit Sicherheit anzuneh-men ist, künftig von kurzer Dauer sein. Es wird kein Siebenjähriger oder gar ein Dreißigjähriger

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Kapitel II

Krieg mehr kommen; die Notzeit wird rasch vo-rübergehen und es werden sich gerade während derselben die Landbewohner des Bestehens der Vereine am meisten erfreuen, da gerade in sol-chen Zeiten aller Verkehr stockt und die Geldnot am größten ist. Wenn diese Annahmen aber nicht zutreffen, wenn alle Kapitalgeber ihr Geld zurück-fordern? Nun, das wäre sehr schlimm und traurig für die Vereinsmitglieder, aber immer noch nicht gefährlich. Kriegszeiten sind gar unbequem und für Hab und Gut gefährlich.

Weiß man doch aus der Geschichte, wie ganze Städte und Ortschaften niedergebrannt und die Einwohner in ihren Vermögensverhältnissen ru-iniert wurden. Bei der fortgeschrittenen Bildung wird dies heutzutage ohne Not nicht mehr gesche-hen. Wenn aber das Befürchtete eintritt, wenn die Kapitalgeber ihr Geld zurückverlangen, so ist es auch gerechtfertigt, es von den Vereinsschuld-nern einzuziehen und alle Zwangsmaßregeln an-zuwenden, um die Vereinsgläubiger zur richtigen Zeit befriedigen zu können. Diese Maßregel wird hoffentlich nicht nötig werden. Wird sie aber als äußerster Fall nötig, so werden die Vereinsmitglie-der dennoch keinen Schaden erleiden, und zwar um so weniger, je höher das Reservekapital ist, je höher die Einlagen der Mitglieder sind, und zwar dort, wo solche gezahlt werden. Die solidarische Haftbarkeit ist also hiernach nicht so gefährlich.

Es kann im schlimmsten aller Fälle, der wahr-scheinlich aber nie eintreten wird, vorkommen, dass einzelne Mitglieder bei einem plötzlichen Abzug al-len Fremdkapitals Vorauszahlungen leisten müssen. Schaden könnte ihnen daraus aber immer noch nicht erwachsen, da die übrigen Mitglieder zur Rück-erstattung der Vorauszahlungen verpflichtet sind und größtenteils wohl auch dazu imstande sein wer-den. Aber selbst in diesem äußersten Fall wird von

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Die Darlehnskassen-Vereine

Vorausszahlungen der Mitglieder als solchen kaum die Rede sein können, da doch vorab die ausgelie-henen Gelder eingezogen und mit dem Vereins-vermögen die Vereinsschulden gedeckt werden.

Wenn trotz dieser Ausführungen − wonach vor allem nur gegen gehörige Sicherheit ausgeliehen werden darf und bei guter Verwaltung Verluste also gar nicht vorkommen können bzw. wie aus der im Anhang mitgeteilten Statistik hervorgeht, bei den hiesigen Vereinen auch nicht vorgekom-men sind − noch Misstrauen gehegt und gefragt wird, was passiert, wenn aber die Kapitalreserven vergriffen sind, eine Masse Ausfälle entstehen und der größte Teil der Mitglieder zur Erfüllung der Vereinsverpflichtung nicht mehr imstande ist und diese also auf Wenigen ruhen und ihnen bedeu-tenden Nachteil zufügen? So können wir auf diese Frage nur mit dem Sprichwort antworten: „Wenn der Himmel einfällt, so sind alle Spatzen tot.“

Diejenigen, welche einem Verein beitreten wol-len, sind erst dann als Mitglieder zu betrachten, wenn sie die Statuten unterzeichnet haben, da hierdurch das Vertragsverhältnis zwischen den Mit-gliedern festgestellt wird. Dass man nach dem Tod eines Mitglieds den hinterbliebenen Witwen zuge-steht, in die Rechte ihrer verstorbenen Ehemän-ner zu treten und durch Unterschrift der Statuten auch deren Pflichten zu übernehmen, erscheint recht und billig. Deshalb ist die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in die Statuten nö-tig. Weiblichen Personen überhaupt den Zutritt zu gestatten und ihnen − mit Ausnahme des Rechtes zur Teilnahme an den Versammlungen sowie des Stimmrechtes − die übrigen Rechte zuzugestehen und die Pflichten der übrigen Mitglieder aufzuer-legen, hat sich hier als wünschenswert und prak-tisch erwiesen.

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Kapitel II

c) Ehrenmitgliedschaft

Die Ehrenmitgliedschaft, welche bei anderen Vorschussvereinen besteht, wurde auch in den Ent-wurf der Statuten für den Heddesdorfer Verein auf-genommen. Die Bestimmungen darüber wurden jedoch gleich bei der Konstituierung dieses Vereines in der ersten Generalversammlung außer Kraft ge-setzt. Die Ehrenmitgliedschaft entspricht nicht dem Grundsatz der uneingeschränkten Selbsthilfe, da die Ehrenmitglieder ihre Tätigkeit den Vereinen wid-men und diesen noch dazu Geld, gleichsam als Ge-schenk, zuwenden sollen, ohne dass sie die Pflichten der übrigen Mitglieder, und zwar Haftbarkeit für die angeliehenen Kapitalien, übernehmen. Wird sol-chen Ehrenmitgliedern, wie es bei ihrer Ernennung vorkommen wird, ein Teil der Verwaltung oder wohl gar die Leitung anvertraut, so findet für die wirkli-chen Mitglieder dadurch gleichsam eine Art von Be-vormundung statt; jedenfalls werden diese dadurch nicht an die Selbstverwaltung ihrer Angelegenhei-ten gewöhnt. Den Ehrenmitgliedern wird aber auch bei der Teilnahme an der Verwaltung eine zu große Einwirkung auf die Vereinsangelegenheiten einge-räumt, ohne dass sie am Risiko, welches bei der Ver-waltung doch besonders berücksichtigt werden muss und welches sehr von der Verwaltung abhängt, be-teiligt sind. Ohne selbstverständlich irgendwelchen Personen zu nahe treten zu wollen, dürfte dies grundsätzlich unzulässig sein. Bei den bisher exis-tierenden Vereinen hat sich aber, auch selbst in den entlegensten Bezirken, das Bedürfnis zur Einführung der Ehrenmitgliedschaft nicht her-ausgestellt. Bei der sehr einfachen Geschäftsfüh-rung haben sich, nach Mitteilung der Statuten und der Formulare, bei einmaliger Anweisung, überall sofort Personen gefunden, welche die Ver-waltung und Kassenführung gut versehen haben.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Wir haben keinen Zweifel, dass dies überall so sein wird, vor allem, wenn sich die Herren Beamten, Geistlichen und Lehrer beteiligen. Bei der wirk-lichen Mitgliedschaft von Personen, welche die Vereine nicht direkt für sich nötig haben, wird auch das Vertrauen der übrigen Mitglieder zu dieser wichtigen Angelegenheit, was besonders in Betracht zu ziehen ist, sehr gehoben. Wir können deshalb die Ehrenmitgliedschaft nicht empfehlen und haben die Bestimmung darüber in den Nor-malstatuten weggelassen.

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Kapitel III

Verwaltung

Die Einrichtung einer guten Verwaltung ist sehr wesentlich für das erfolgreiche Bestehen ei-nes Vereins. Dazu gehört ganz besonders, dass je-dem Mitglied, welches für den Verein tätig ist, sein Aufgabenbereich genau vorgegeben wird und dass die Aufgaben richtig verteilt werden. Bei genauer Überlegung wird sich ergeben, dass folgende Din-ge nötig sind: eine Versammlung, welche über alle Vereinsangelegenheiten endgültig beschließt und entscheidet; die Generalversammlung; ferner ein Ausschuss, welcher die Beschlüsse ausführt und welchen wir Vorstand nennen wollen; ferner ein weiterer Ausschuss, welcher die Ausführung über-wacht und welchem wir den Namen Verwaltungs-rat geben; und schließlich ein Mitglied, welches der Generalversammlung über alles Rechenschaft geben muss und das Kassen- und Rechnungswesen führt. Zur besseren Übersicht wollen wir die Oblie-genheiten dieser verschiedenen Versammlungen und Mitglieder, die wir für zweckmäßig halten, in folgender Reihenfolge näher besprechen.

a) Vorsteher, Vorstand

Ein Mitglied des Vorstandes ist zum Vorsitzen-den des Vorstands sowie der übrigen Versammlun-gen zu bestimmen, nach unserer Benennung zum Vereinsvorsteher. Er ist gleichsam die anregende,

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Die Darlehnskassen-Vereine

belebende und treibende Kraft in allen Vereins-angelegenheiten und es kommt viel auf seine Per-sönlichkeit an.

Der Vorsteher hat den Verein nach Außen zu vertreten, den Schriftverkehr zu führen, die Ver-einsakten aufzubewahren und den Verein vor Gericht zu vertreten. Es ist nötig, dass besonders letzteres in den Statuten ausdrücklich ausgespro-chen wird, da die fraglichen Vereine noch keine Korporationsrechte haben. Wenn die eben er-wähnte Bestimmung in den Statuten fehlt, würde also jedes Mal eine von sämtlichen Mitgliedern zu unterzeichnende Vollmacht nötig sein. Wenn bei dieser Statutenbestimmung die Legitimation vor Gericht gefordert werden sollte, so würde wohl für den Vorsteher oder dessen Bevollmächtigten die Vorlage der Statuten oder eines beglaubigten Auszuges daraus genügen. Sollte dies nicht der Fall sein und die Aufnahme einer amtlichen, von allen Mitgliedern zu unterzeichnenden Vollmacht zu umständlich und kostspielig sein, so lässt sich der Zweck einfach dadurch erreichen, dass das Auslei-hen des Geldes, in welcher Beziehung doch nur hauptsächlich Klagen nötig sein werden, auf den Namen eines Vereinsmitgliedes, allenfalls des Zahl-meisters erfolgt, welcher durch einen ausgestellten Revers den Verein in dieser Beziehung dann sicher zu stellen hätte. Es ist indes nicht nötig, in dieser Beziehung zu ängstlich zu sein. Grundsätzlich sind die Bedenken zwar gerechtfertigt, in der Realität sieht die Sache jedoch viel besser aus. Bei den dies-seitigen Vereinen, in deren Statuten ursprünglich die Vertretung vor Gericht nicht so ausführlich festgestellt war, wie in den jetzigen Statuten, ist beim langjährigen Bestehen der Vereine und trotz des mehrfachen Verkehrs mit den Gerichten auch nicht ein einziger Fall bekannt, wo der Vereins-vorsteher oder dessen Bevollmächtigter als nicht

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Kapitel III

legitimiert von den Gerichten zurückgewiesen wor-den wäre; ebenso wenig hat eine Anfechtung von einer gegnerischen Partei stattgefunden. An an-derer Stelle dürfte wohl überall vonseiten der Ge-richte ein gleiches Verfahren beobachtet werden, wenn von der andern Partei nicht ausdrücklich eine Legitimation verlangt wird. Die gegnerischen Parteien sind aber in der Regel wohl nur Vereins-schuldner und Vereinsmitglieder. Die Schuld steht so klar fest, dass ein Einwand selten gemacht wird, gewiss aber nicht von einem Mitglied in der ange-deuteten Weise. Die Vereine können sich deshalb bilden und wirksam werden, ohne sich über den Legitimationspunkt Sorgen zu machen. Ungeach-tet dessen ist, der Sicherheit halber, eine gesetzli-che Regelung wünschenswert. Die Anbahnung der Letzteren ist bereits erfolgt.

Um die Befugnisse des Vorstehers sowie dessen Verantwortlichkeit nicht zu sehr auszudehnen, ist es ratsam, alle Angelegenheiten, die das finanzi-elle Interesse des Vereins direkt berühren, dem Beschluss einer der Versammlungen zu über-lassen. Ein anderes Verfahren hat sich an ande-rer Stelle bereits als sehr nachteilig gezeigt. Das Vorsteheramt bleibt ohnedies wichtig genug, da, wie schon angedeutet, das richtige Betreiben der sämtlichen Vereinsangelegenheiten größtenteils von ihm abhängt.

Der Vorstand besteht neben dem Vorsteher noch aus mehreren Beisitzern. Die Zahl derselben richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Es ist bereits darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei den zu gründenden Vereinen eine möglichst genaue Bekanntschaft der Vereinsmitglieder und ihrer Ver-hältnisse nötig ist, wenn sie eine große Wirksamkeit haben sollen. Um das sichere und zweckmäßige Aus-leihen der Gelder bewirken zu können, ist die Tei-lung des Vereinsbezirks in Unterabteilungen nötig.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Der Heddesdorfer Verein besteht aus vier Kirchen-gemeinden (eine Kirchengemeinde ist noch nicht beigetreten), der Anhausen’sche aus vier Zivilge-meinden. Jeder der beiden Vereine ist deshalb in vier Unterabteilungen eingeteilt und aus jeder Unterabteilung wurde ein Vorstandsmitglied, ein Beisitzer, gewählt. Bei anderen örtlichen Verhält-nissen würde sich eine andere Zahl ergeben: Es würde, mit einem Worte, für eine jede zweckmäßig abzugrenzende Unterabteilung, in welcher sich die Einwohnerschaft untereinander genau kennt, ein Vorstandsmitglied gewählt werden müssen. Große Gemeinden und Städte, welche für sich einen Ver-ein bilden, würden nach demselben Grundsatz in Bezirke eingeteilt werden, und zwar nach Straßen oder Hausnummern.

Der Vorstand soll die inneren Angelegenheiten des Vereins führen.

Eine wichtige und verantwortliche Obliegenheit desselben ist die Aufnahme und Erstattung der Vereinsanleihen sowie die Unterzeichnung der für den Verein verbindlichen Schuldurkunden. Beim häufigen Wechsel dieser Kapitalien ist es höchst unpraktisch, ja unausführbar, diese Schuldschei-ne von sämtlichen Vereinsmitgliedern unterzeich-nen zu lassen. Dass die Letzteren beschließen, bis zu welcher Summe entlehnt werden soll, versteht sich von selbst. Ist dies geschehen, so ist dadurch auch speziell die Verantwortlichkeit und Haftbar-keit der Vereinsmitglieder für die anzuleihenden Kapitalien ausgesprochen. Wenn dann durch eine Statutenbestimmung, wie geschehen, der Vor-stand bevollmächtigt wird, die für den Verein ver-bindlichen Schuldurkunden zu unterzeichnen, so sind die Gläubiger des Vereins dadurch vollständig abgesichert. Tatsächlich hat sich auch herausgestellt, dass die Gläubiger, wenn die Schuldscheine nach dem hier beschriebenen Verfahren ausgestellt wurden,

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Kapitel III

nicht an deren Gültigkeit zweifeln. Sie haben diese Schuldscheine bisher ohne Bedenken angenom-men und werden sie sicher auch künftig überall an-nehmen.

Der Vorstand hat ferner über alle Einnahmen und Ausgaben zu beschließen, deren Anweisung dann der Vorsteher zu vollziehen hat. Die wichtigs-te Obliegenheit des Vorstandes ist das Verleihen der von der Generalversammlung bewilligten Gel-der. Am sichersten für den Verein und am zweck-mäßigsten für die Mitglieder, welche die Darle-hen beanspruchen, wird dies erreicht, wenn die Vorstandsmitglieder sich zu einer gemeinschaftli-chen Sitzung vereinigen. Jedes Vorstandsmitglied bringt die in ein Verzeichnis eingetragenen An-träge aus seiner Abteilung (siehe die Formulare aus dem Schema in Kapitel VIII) mit zur Sitzung. Es wird jeder einzelne Fall beraten, alles Für und Wider abgewogen und es wird dann über jeden Fall abgestimmt. Die Entscheidung wird in das Protokollbuch eingetragen. Die Vorstandsmitglie-der versammeln sich in regelmäßigen Abständen, beim hiesigen Verein an jedem ersten Mittwoch-nachmittag jedes Monats. Die Vereinsmitglieder sind daran gewöhnt und richten sich danach. Ih-ren Ansprüchen wird auf diese Weise vollständig Genüge getan, ohne dass die Vorstandsmitglieder unnötig belästigt werden. Diese gewinnen, wie sich stets gezeigt hat, sehr bald Interesse an der Sache, bringen das kleine Opfer von wenigen Stunden im Monat gerne und kommen regelmäßig. Aus den in diesen regelmäßigen Sitzungen bewilligten Darle-hen ist bei den bisher bestehenden Vereinen auch noch nicht ein einziger Verlust erwachsen. Dage-gen hat sich vor mehren Jahren hier das Verfahren eingeschlichen, dass, um schnelle Hilfe leisten zu können, die Vorstandsmitglieder bei ihren Kolle-gen zum Teil schriftlich die Zustimmung für ein

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Die Darlehnskassen-Vereine

Darlehen einholten, zum Teil diese veranlassten und die Genehmigung nachträglich in den Sit-zungen einholten. In dieser Zeit kam es zu eini-gen Verlusten, weshalb dieses Verfahren ein für alle Mal eingestellt wurde. Die Unzweckmäßigkeit desselben liegt aber auch auf der Hand. Je größer die Not eines Darlehenssuchenden ist, desto grö-ßer wird seine Zudringlichkeit, desto inniger wer-den seine Bitten sein. Wie sich bereits gezeigt hat, wird das solchen Bitten ausgesetzte Vorstandsmit-glied, selbst bei schlechter Sicherheit, in der Re-gel nicht widerstehen können und die gewünschte Bescheinigung ausstellen. Auf dieser werden dann die Unterschriften der anderen Mitglieder leicht zu erlangen sein, da Letztere sich auf ihren ersten Kollegen verlassen zu können glauben. Sodann sprechen sich namentlich die Bauern in der Regel schriftlich nicht gern ungünstig gegenüber ihren Nachbarn aus, wenigstens nicht so unverhohlen wie mündlich. Man wird deshalb in großen Ver-einsbezirken, wo es, vor allem bei entlegeneren Ortschaften, nur möglich sein wird, schriftlich Auskunft zu erlangen, nie so sicher sein wie bei den mündlichen Besprechungen, wo leicht voll-ständige Klarheit über die Verhältnisse zu erlangen ist. Die Vorstandsversammlungen bieten sodann die Gelegenheit zur Besprechung der Vereinsan-gelegenheiten und es bleibt der Vorstand über alle Verhältnisse fortwährend auf dem Laufenden, vor allem, wenn der Zahlmeister, wie es beim hiesigen Verein der Fall ist, den Sitzungen beiwohnt.

Da es wünschenswert ist, dass jede Unterabtei-lung in den Sitzungen vertreten ist, ein Vorstands-mitglied aber verhindert sein kann, so ist die Wahl von Stellvertretern für die Vorstandsmitglieder wünschenswert.

Damit der Vorstand die Vereinsrechnung rich-tig prüfen kann, müssen sämtliche Einnahmen

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Kapitel III

und Ausgaben, die vom Zahlmeister gemacht werden müssen, in ein Register, eine Kontrolle, eingetragen werden. Mit dieser Eintragung sowie mit der speziellen Überwachung des Kassen- und Rechnungswesens wird ein Vorstandsmitglied als Kassenkontrolleur beauftragt. In den meisten Fäl-len wird diese Aufgabe wohl vom Vorsteher über-nommen werden. Ebenso wird dieser, namentlich bei kleineren Vereinen, zugleich das Schriftfüh-reramt versehen. Sollte derselbe aber zu sehr mit anderen Aufgaben beschäftigt sein, so werden die Aufgaben unter seiner Leitung anderen Vorstands-mitgliedern zu übertragen sein. Beim hiesigen Ver-ein ist der Rechner zugleich Schriftführer, beide Funktionen lassen sich sehr gut miteinander ver-einbaren. Aus diesem Grund musste in den Statu-ten die Bestimmung wegfallen, dass der Schriftfüh-rer zum Vorstand gehören muss.

Wie die Einladungen zu den vom Vorsteher zu berufenden Versammlungen auszusehen haben, wird in den Statuten nicht festgesetzt. Die Bestim-mung darüber wird der Generalversammlung zu überlassen sein, da sich die beste Art erst durch die Erfahrung bestimmen lässt und eine statutenmä-ßige Festsetzung leicht eine Statutenabänderung oder einen Verstoß gegen die betreffende Bestim-mung zur Folge haben könnte.

b) Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat soll das Interesse des Ver-eins in jeder Beziehung wahrnehmen, besonders auch den Vorstand, namentlich in Bezug auf das Ausleihen, kontrollieren. Da keine Veranlassung besteht, den Vorstand aus dem Verwaltungsrat auszuschließen, ist es nötig, diesem so viele Mitglieder beizugeben, dass die Letzteren die Mitglieder-zahl des Vorstandes so überwiegen, dass selbst bei

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Verhinderung mehrerer nicht zum Vorstand gehö-riger Mitglieder in den Sitzungen des Verwaltungs-rates die Mitglieder des Vorstandes in der Minder-heit sind. Als Regel dürfte anzunehmen sein, dass doppelt so viele Mitglieder des Verwaltungsrates gewählt werden, wie der Vorstand Mitglieder zählt. Sodann wird sich die Zahl nach den örtlichen Ver-hältnissen richten müssen. Beim Heddesdorfer Verein, welcher sich gegenwärtig auf 12 Zivilgemein-den erstreckt, ist für jede dieser ein Mitglied gewählt worden, beim Anhausen’schen Verein, welcher ans vier Gemeinden besteht, für jede derselben zwei Mit-glieder. Hieraus ergeben sich die in den Normalsta-tuten angegebenen Zahlen. Andere Verhältnisse wer-den andere Zahlen bedingen. Die verhältnismäßige Verteilung der Sitze auf die Unterabteilungen des Vereins ist dabei zu empfehlen. Außer der allgemei-nen Aufsicht über die gesamte Vereinstätigkeit hat der Verwaltungsrat über die neu aufzunehmenden Mitglieder zu beschließen, in jedem Jahre sämtliche Bürgschaften zu prüfen, die Vereinsrechnung abzu-schließen und den Zahlmeister zu entlasten, d. h., ihn von seiner Verantwortlichkeit für das betreffende Rechnungsjahr zu entbinden, wenn er seinen Ver-pflichtungen vollständig nachgekommen ist.

Wenn auch grundsätzlich kein Einwohner des Bezirks, welcher sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, von der Aufnahme ausge-schlossen ist, so muss es dabei dennoch ein Aus-wahlverfahren geben, was sich am besten durch mündliche Besprechung erledigen lässt. Um die Aufnahme neuer Mitglieder nicht zu sehr hin-auszuschieben, sind regelmäßige Sitzungen nö-tig. Beim hiesigen Verein finden diese Sitzun-gen am ersten Mittwoch jedes Vierteljahres statt. Dieses Verfahren hat sich bis jetzt vollständig be-währt. Ohne dass eine allgemeine Bestimmung getroffen worden wäre, ist eingeführt worden,

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Kapitel III

dass die Verwaltungsratsmitglieder von den Ver-einsmitgliedern die monatlichen Beiträge ein-heben, sie mit den entsprechenden Unterlagen, welche zugleich als Rechnungsbeleg dienen, in die Sitzungen mitbringen und an den anwesenden Zahlmeister abliefern, welcher sie ihnen quittiert. Die Verwaltungsratsmitglieder tragen dagegen im Laufe des Jahres die Beiträge in die Quittungsbü-cher der Vereinsmitglieder ein, die Quittungsbü-cher werden aber selbstverständlich am Ende des Jahres vom Zahlmeister abgeschlossen und quittiert.

Sehr wichtig ist die jährliche Revision der ausste-henden Forderungen und Bürgschaften. Bei der emp-fohlenen Ausleihe auf mehrere Jahre hinaus kann die-se Verpflichtung und das Hinwirken aller auf deren strenge Einhaltung nicht genug empfohlen werden. Wird dies beachtet, so birgt das längerfristige Auslei-hen ebenso wenig Risiko wie das kurzzeitige.

Der Vorstand beschließt über die Einnahmen und Ausgaben. Die darüber jährlich aufzustellende Rechnung muss sorgfältig geprüft und festgestellt werden, was durch den Verwaltungsrat geschehen soll. Die Rechnungsabnahme bietet dem Verwal-tungsrat zudem die Gelegenheit, sich jährlich vom Zustand der Geschäftsführung zu überzeugen und diese auf die richtige Bahn zu bringen.

Wenn, wie im Rechnungsformular angedeutet und dringend zu empfehlen, bei der speziellen Auf-führung der Darlehen unter den Schuldnern auch jedes Mal die Bürgen angegeben werden, so kann der Verwaltungsrat beim Abschluss der Rechnun-gen sowohl die Verhältnisse der Schuldner als auch die der Bürgen prüfen. Eine besondere Sitzung des Verwaltungsrates dafür ist deshalb nicht erforderlich. Bei der sehr einfachen Verwaltung nach dem Anhausen’schen Statut würde alsdann der Verwal-tungsrat keine umfangreiche Tagesordnung haben, wenn die Sitzungen häufig und regelmäßig stattfinden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Diese sind deshalb bei diesem Verein nicht ange-ordnet und die Aufnahme neuer Mitglieder bleibt dem Vorstand überlassen. Der Verwaltungsrat hat dagegen die Befugnis, Mitglieder auszustoßen, so-dass das Vereinsinteresse vollständig gewahrt ist.

c) Generalversammlung

Um die Vorteile der fraglichen Vereine auch Witwen sowie überhaupt Frauen zuteilwerden zu lassen, ist es, wie schon erwähnt, wünschenswert, diese von der Mitgliedschaft nicht auszuschließen. Dagegen dürfte es sich nach unserer unmaßgeb-lichen Meinung von selbst verstehen, dass sie we-der an Versammlungen teilnehmen noch wählen, noch gewählt werden können.

Die Generalversammlung, in welcher alle männli-chen Mitglieder Stimmrecht haben, verwaltet alle Ver-einsangelegenheiten selbstständig. Der Einfachheit halber bevollmächtigt sie für einzelne Verrichtungen Vereinsmitglieder und Ausschüsse, welche ihr volles Vertrauen besitzen und welchen besonders solche Aufträge erteilt werden, die dem Wechsel unterwor-fen sind und sich häufig wiederholen. Die Befugnisse des Vorstandes und des Verwaltungsrates sind entspre-chend eingeschränkt. Eine zu starke Ausweitung der-selben könnte dabei zum Vorwurfe gemacht werden. Würde man bei der häufig vorkommenden großen Mitgliederzahl die Erteilung der einzelnen Aufträge der Generalversammlung übertragen, so würde dies die Verwaltung sehr erschweren. Derselben müssen jedoch die Beschlüsse über die Garantie des Vereins nach außen vorbehalten bleiben.

Die Ausschüsse handeln nur in ihrem Auftrag. Ob die Aufträge gut und im Interesse der Gesamt-heit ausgeführt werden, davon muss sich die Gene-ralversammlung fortwährend überzeugen können. Dazu sind regelmäßige Versammlungen nötig,

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Kapitel III

in welchen über den Stand der Vereinsangelegenhei-ten berichtet, in welchen die Rechnungen vorgelegt, in welchen die Wahlen vorgenommen werden. Die Versammlung hat dadurch Gelegenheit, die Verwal-tung zu kontrollieren und abändernd einzugreifen.

Es ist nötig, die Wahlperiode möglichst kurz zu bestimmen, um diejenigen Personen, welche ihre Pflicht verletzt haben, nicht zu lange im Amt zu lassen; allerdings darf dieselbe auch nicht zu kurz sein, damit die Gewählten mit der Geschäftsgeba-rung möglichst vertraut werden können. Dazu ist es erforderlich, dass bei den Ausschüssen (Vor-stand, Verwaltungsrat) nur immer die Hälfte der Mitglieder ausscheidet, weil sonst die Kontinuität in der Verwaltung verloren gehen würde.

Es wird sich bei den meisten Vereinen heraus-stellen, dass ein großer Teil der Mitglieder sich mit den Vorteilen begnügt, welche ihnen die Vereine in Bezug auf die Darlehen gewähren, dass sie aber an den Versammlungen und überhaupt an den Vereinsangelegenheiten wenig Anteil nehmen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die Ein-wohner respektive Mitglieder liegt aber besonders darin, dass die Versammlungen ihnen die Gele-genheit zur Besprechung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten bieten, aber ebenfalls zur Auf-klärung und zur Aufmunterung, auch bei der Regelung der persönlichen Angelegenheiten mit mehr Sorgfalt zu Werke zu gehen, zur Schärfung des Urteils und zur Herbeiführung einer gewis-sen Selbstständigkeit in jeder Beziehung. Die Be-teiligung möglichst aller Mitglieder an den Ver-sammlungen ist deshalb dringend zu wünschen. Da, wo sich diese Beteiligung nicht von selbst er-gibt, ist die Einführung einer Konventionalstrafe für unentschuldigtes Fehlen zu empfehlen. Beim Heddesdorfer Verein wurde eine solche einge-führt, anfänglich auf 2½ Silbergroschen festgesetzt,

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Die Darlehnskassen-Vereine

und in der letzten Versammlung auf Antrag ver-schiedener Mitglieder auf 5 Silbergroschen erhöht. Die Strafen, die sich allmählich ansammeln, sollen hin und wieder für Vereinsfeste verwendet werden.

Um bei den gewöhnlichen Beschlüssen nicht an eine bestimmte Mitgliederzahl gebunden zu sein, sollte in den Statuten bestimmt werden, dass die Generalversammlung nach ordentlicher Einla-dung bei jeder beliebigen Anzahl beschlussfähig ist. Ohne diese Bestimmung würden die auf der Tagesordnung stehenden Angelegenheiten erfah-rungsgemäß oft nicht erledigt werden können. Bei wichtigen Angelegenheiten, z. B. bei der Abände-rung der Statuten und in Bezug auf den etwaigen Beschluss über die Auflösung des Vereins, ist die Anwesenheit der Mehrzahl der Mitglieder durch-aus erforderlich.

Bei einer großen Mitgliederzahl, deren Vor-handensein überall wünschenswert und herbeizu-führen sein wird, ist die Art der Beschlussfassung schwierig. Die Zweckmäßigkeit irgend einer Art wird sich für jeden Verein erst durch die Erfahrung − und selbst dann vielleicht noch nicht einmal dau-erhaft − feststellen lassen und immer wieder Ver-änderungen unterworfen sein. Es kann deshalb nur abgeraten werden, die Abstimmungsart in den Statuten festzusetzen; es ist vielmehr vorzuziehen, solche den besonderen Beschlüssen der General-versammlung zu überlassen.

In Bezug auf die Wahlen ist die geheime Ab-stimmung mit Stimmzettel jedenfalls vorzuzie-hen. Dies braucht aber bei einer großen Mitglie-derzahl sehr viel Zeit, die nicht vorhanden ist. Dabei wird die Geduld der Anwesenden so in An-spruch genommen, dass dieselbe reißt und Veran-lassung zum vorzeitigen Verlassen der Versammlun-gen geben kann. Eine leichtere Art der heimlichen Abstimmung ist die Verwendung von weißen und

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Kapitel III

farbigen Kugeln oder weißen und farbigen Bohnen, wobei Letztere sicher häufiger vorhanden sein wer-den. Jedes Mitglied erhält beispielsweise eine weiße und eine farbige Bohne. Die Zustimmung zu dem gemachten Vorschlag wird dann bekundet, indem in ein herumgereichtes Gefäß, Hut etc. die weiße Boh-ne geworfen wird, die Verneinung wird bekundet, in-dem die farbige Bohne hineingeworfen wird. Auch diese Abstimmungsart ist zeitraubend. Bei den hie-sigen Vereinen wird über die gemachten Vorschläge deshalb überall durch Aufstehen und Sitzenbleiben abgestimmt. Die Mitglieder haben sich trotzdem in der Regel frei geäußert und es ist bis jetzt keine Un-zufriedenheit über das Verfahren laut geworden.

d) Zahlmeister, Rechnungswesen

Die Stellung des Zahlmeisters ist für das gute Bestehen des Vereins eine sehr wichtige, eigent-lich die wichtigste. Wenn der Zahlmeister seinen Verpflichtungen vollständig nachkommt und, wie man zu sagen pflegt, ganz an seinem Platz ist, so bildet er gleichsam die Seele des Vereins. Das Gedeihen des Vereins hängt von der regelmäßi-gen und pünktlichen Einziehung der Vereinsgelder, der Beiträge der Mitglieder, da, wo solche gezahlt werden, der rückzuzahlenden Darlehen nebst Zin-sen sowie der pünktlichen Erfüllung der Verpflich-tungen des Vereins durch die pünktliche Erstattung der zurückgeforderten Kapitalien sowie der Zinsen-zahlung ab. Die Wahl des Zahlmeisters muss also mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden. Es wird nötig sein, einen Mann mit einem zuverlässi-gen Charakter und mit möglichst großer Geschäfts-kenntnis zu wählen, welcher das allgemeine Vertrau-en genießt und, wenn möglich, Vermögen besitzt. Der letzte Punkt wird neben den persönlichen Eigenschaf-ten den Verein auf die bestmögliche Art absichern.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Ob der Zahlmeister zur bestmöglichen Absicherung der Vereinsgelder eine Kaution oder einen Bürgen zu stellen hat, wird von den bestehenden Verhältnissen und dem Ermessen der Generalversammlung abhän-gen. Bei allem Vertrauen ist jedoch grundsätzlich an-zuraten, von vornherein das eine oder das andere zu verlangen und niemals davon abzugehen.

Zur Abwicklung der Geschäfte wird in Bezug auf die Beitreibung der ausstehenden Forderun-gen dem Zahlmeister dieselbe Befugnis erteilt wie dem Vorsteher, d. h., er kann den Verein ohne besondere Vollmacht vor Gericht vertreten. Zum umfassenden Aufgabenbereich des Zahlmeisters müssen notwendigerweise besondere Bestimmun-gen ausgearbeitet werden, auf deren genaue Be-folgung Vorstand und Verwaltungsrat zu achten haben werden. Der Entwurf dazu ist in Kapitel VIII, hinter dem Statutenentwurf, enthalten. Die Dienstzeit des Zahlmeisters wird, da zur Geschäfts-führung eine Gewandtheit gehört, welche erst nach und nach zu erlangen ist, nicht zu kurz zu bemessen sein. Zur Sicherstellung des Vereins für alle Fälle dient eine kurze Kündigungsfrist und die Befugnis des Verwaltungsrates, den Zahlmeister je-derzeit seines Amtes zu entheben.

Wie sich aus Kapitel V ergeben wird, wird das Ausleihen der Gelder auf mehre Jahre hinaus empfohlen. Die Bücher können deshalb nicht so geführt werden, dass sich aus ihnen die Jahres-abschlussrechnung so genau ergibt, dass eine ei-gene Rechnungslegung nicht mehr nötig wäre. Selbst dem pünktlichsten Rechnungsführer wird es nicht möglich sein, bei einem umfassenden Kassengeschäft in den Büchern Versehen ganz zu vermeiden. Nach unserem Dafürhalten ist deshalb auch für eine kürzere Leihfrist die Stellung einer Jahresrechnung in jedem Falle wünschenswert. Für die hier empfohlenen Vereine halten wir sie

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Kapitel III

aber durchaus für nötig. Sie gibt nicht allein dem Zahlmeister selbst, sondern auch dem Vorstand, dem Verwaltungsrat sowie der Generalversamm-lung eine möglichst gedrängte Übersicht über den Kassenstand. Sie gibt schließlich übersichtlich das sicherste Resultat. Die Arbeiten mit der Rech-nungsstellung werden erst nach Ablauf des Jahres begonnen werden können. Die Vorlage wird aber möglichst zu beschleunigen sein und nicht später als bis zum 1. Februar zu erfolgen haben.

Da der Zahlmeister sowohl vom Vorstand als auch vom Verwaltungsrat kontrolliert werden soll, so ist folglich die Bestimmung nötig, dass er weder Mitglied des Vorstandes noch des Verwaltungsrates sein darf. Es dürfte dagegen nichts einzuwenden sein, wenn er nebenbei als Schriftführer fungier-te, da seine Anwesenheit doch zur Erteilung von Auskunft in allen Sitzungen wünschenswert ist. Es steht den betreffenden Versammlungen frei, Sit-zungen in seiner Abwesenheit abzuhalten, wenn dies nötig sein sollte.

e) Im Allgemeinen

Was die Aufwandsentschädigung des Zahl-meister betrifft, so lässt sich dazu keine bestimmte Regel aufstellen. Die Generalversammlung wird darüber einen eigenen Beschluss fassen müssen, und zwar entsprechend den gemachten Erfah-rungen. Bei der hier empfohlenen Regelung ist diese Aufwandsentschädigung im Verhältnisse zu den anderswo bestehenden Vereinen gering. Der Zahlmeister braucht nicht dauernd zur Verfü-gung der Mitglieder zu stehen. Er kann die Stelle sehr gut als Nebenbeschäftigung versehen und sich also auch mit einer verhältnismäßig geringen Vergütung begnügen. Bei mehreren hiesigen Ver-einen wird diese Stelle von Lehrern bekleidet,

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welche diese zur größten Zufriedenheit ausüben und dadurch eine − im Verhältnis zu ihrem sonsti-gen Einkommen − sehr erhebliche Nebeneinnah-me genießen.

Bei der einfachen Verwaltung der bisher beste-henden Vereine und dem verhältnismäßig gerin-gen Zeitaufwand, welcher damit für den Vorsteher und die sonstigen Mitglieder des Vorstandes ver-bunden ist, erhalten dieselben keine festen Vergü-tungen. Sie haben solche bis jetzt auch nicht be-ansprucht. Dagegen werden in einigen Vereinen den Vorstandsmitgliedern die Spesen erstattet, und zwar für jedes Mitglied und jede Sitzung 5 Sil-bergroschen oder 18 Kreuzer. Die Mitglieder ha-ben nämlich in der Regel die Sitzungen außerhalb ihrer Wohnorte zu besuchen und bedürfen dann einer Erfrischung, deren Bestreitung aus eigenen Mitteln ihnen nicht zugemutet werden kann.

Sowohl für die Generalversammlung als auch für den Vorstand und Verwaltungsrat ist die Be-schaffung von je einem Protokollbuch erfor-derlich. In diese Protokollbücher müssen alle Beschlüsse der betreffenden Versammlungen ein-getragen werden. Für Vorstand und Verwaltungs-rat ist die Unterzeichnung der Beschlüsse durch alle Anwesenden zu empfehlen. Bei der General-versammlung ist diese Unterzeichnung jedoch, wie sich herausgestellt hat, zu zeitraubend. Es ist deshalb wünschenswert, wenn diese Versammlung den Verwaltungsrat oder sonst einen Ausschuss mit der Vollziehung ihrer Beschlüsse beauftragt.

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Kapitel IV

Beschaffung der Vereins-mittel, Anleihen etc.

a) Anleihen

Wenn, was dringend nötig ist, durch die Verei-ne dem Land aufgeholfen werden soll, so ist frem-des Geld erforderlich, so müssen vorab erhebliche Anleihen gemacht werden. Wer wird aber das Geld dazu geben? Über die Kreditfähigkeit auf dem Land haben wir uns schon im Kapitel I, bei der Begründung der Notwendigkeit und Möglichkeit der Vereine im Allgemeinen, ausgesprochen. Die Richtigkeit der dort gemachten Behauptungen wird sich auch, wie die schon bestehenden Vereine bewiesen haben, in den verkehrsreicheren Gegen-den und überall da, wo größere Wohlhabenheit herrscht, bestätigen. Bei armen, entlegenen Be-zirken kann mit Recht eingewandt werden, dass die Eintreibung der Gelder vonseiten der Vereins-gläubiger, wenn solche massenweise erfolgt, mit Schwierigkeiten verbunden sein wird, da sich, den äußersten Fall angenommen, bei Durchführung des Zwangsverfahrens nicht genug Käufer für die Pfandobjekte finden werden. Den Gläubigern ist aber nicht mit der Übertragung der Pfandobjek-te gedient, sondern sie wollen Bargeld. Da dieses also in besonderen Ausnahmesituationen voraus-sichtlich nicht zurückzuerhalten ist, so wird man

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Die Darlehnskassen-Vereine

behaupten, dass die Landbevölkerung bei Verei-nen nach den vorliegenden Statuten nicht kre-ditfähig genug ist, um Vereine der genannten Art zu bilden. Wenn die Verhältnisse so bleiben, wie sie gegenwärtig sind, so würde diese Behauptung für manche Gegend vielleicht richtig sein. Es soll aber nicht so bleiben, es soll besser werden und es wird ganz sicher besser werden, wenn die Vereine, was doch anzunehmen ist, auf die richtige Art und Weise geleitet werden. Finden sich nämlich solche Leiter nicht, die Herz und Sinn für die Sache ha-ben, so wird die Gründung wohl unterbleiben.

Bei der richtigen Führung werden die Darlehen wohl nur zur Verbesserung der Vermögensverhält-nisse, zum Ankauf von Vieh, Ackergerätschaften, zum Erzielen reicherer Ernten durch Dünger, zum Ankauf und zur Verbesserung der Grundstücke und Gebäude usw. bewilligt werden. Auch darüber ist durch den Verein eine gewisse Kontrolle aus-zuüben; die Anregung zu Meliorationen ist durch ihn zu geben, in ihm zu besprechen. Durch die An-leihen werden also zum Teil neue, bis jetzt nicht da gewesene und zum Teil wertvollere, verbesserte Pfandobjekte geschaffen. Vieh und Früchte sind Artikel, deren Wert gerade in Notzeiten wohl in der Regel eher steigen als fallen wird.

Bei Kriegsereignissen dürfte gerade die Anlage der Kapitalien auf dem Land eine der sichersten sein. Wenn das Geld überhaupt nicht, wie früher häufig ge-schehen, zurückgezogen, in Verstecke gebracht oder vergraben wird, sondern, wie es doch wohl bei den heutigen Zuständen anzunehmen ist, rentabel blei-ben soll, so bietet gerade das Land, dessen Vermögen hauptsächlich in Grund und Boden besteht, eine Ga-rantie, wie sie sonst in solchen Zeiten so leicht nicht zu haben sein wird. Das Grundvermögen bleibt, wäh-rend Häuser und das bewegliche Eigentum in Städten, gemeinschaftliche, gewerbliche Anlagen, Eisenbahn

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oder sonstige Anlagen, welche auf Aktien gegründet sind, der Zerstörung mehr Preis gegeben sein wer-den. Die Sicherung der Rentabiltät der auf diese Wei-se angelegten Kapitalien ist in Kriegszeiten stärker gefährdet, als es die auf dem Land untergebrachten Gelder sind. Dass die Kreditfähigkeit des flachen Landes bei der hier vorgeschlagenen Art von Verein reichlich vorhanden ist, hat hier die Erfahrung auf die erfreulichste Weise gezeigt. Den Vereinen steht mehr Geld zur Verfügung, als sie gebrauchen kön-nen. Selbst einer der entlegeneren, ganz aus Acker-bau treibenden Einwohnern bestehenden Bezirke hat kürzlich sämtliche noch vorhandenen Kapitali-en zu 5 % gekündigt, da ihm mehr Geld als nötig zu 4½ % angeboten wurde. Der gleiche und noch ge-ringere Zinsfuß besteht beim hiesigen Verein für die Anleihen. Es sind so viele derartige Angebote erfolgt, dass dieselben bei eintretendem Bedürfnis beliebig in Anspruch genommen werden können, in der Re-gel nach der Nummer des angelegten Verzeichnisses. Außerdem haben Bankiers, und zwar recht vorsichti-ge Geschäftsleute, erheblichen Kredit gewährt.

Wenn sich hiernach wohl überall Kapitalgeber finden werden, welche den Vereinen auf dem Land Geld vorschießen werden, so ist es auf der anderen Seite auch zu empfehlen, dass die Vereine nicht so ängstlich bei der Aufnahme von Kapital sind. Wenn geholfen werden soll, so muss dies gründlich ge-schehen, so muss das zur wirklichen Verbesserung des Vermögens der fleißigen und strebsamen Ver-einsmitglieder nötige Geld reichlich herbeigeschafft werden. Da, wo sich das Bedürfnis zur Gründung der Vereine herausgestellt hat, wird man es an den nötigen Einlagen wohl auch nicht fehlen lassen. Zur bestmöglichen Absicherung ist es nötig, dass die Beschlüsse hierüber den Vereinsmitgliedern auf den jährlichen Versammlungen mitgeteilt werden. Solche Beschlüsse den Ausschüssen, dem Vorstand

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oder dem Verwaltungsrat zu überlassen, ist durch-aus nicht ratsam, wie sich an anderen Orten in ein-zelnen Fällen bereits herausgestellt hat.

Bei Aufnahme der Kapitalien wird darauf zu achten sein, möglichst ausgedehnte Rückzahlungs-fristen, keinesfalls unter drei Monaten, zu verlan-gen, damit im schlimmsten Fall Zeit bleibt, um die Ausstände einzuziehen und die Gläubiger zu be-friedigen.

Die Einlagen der Mitglieder, da, wo solche ge-zahlt werden, gehören ebenfalls zu den Vereins-schulden. Auch in Bezug hierauf ist zu empfehlen, dass man die Tatsache im Auge behält, dass in Aus-nahmezeiten massenweise Austritte der Mitglieder erfolgen können. Um Zeit zu gewinnen und beur-teilen zu können, ob die Rückzahlung der Einla-gen auch möglich ist, wird einmal der Austritt an eine bestimmte Frist zu binden sein. Aber es muss auch festgelegt werden, dass die Rückzahlung erst nach Feststellung der Jahresrechnung erfolgt. Fin-det der Verein dann, dass er nach dem Austritt der betreffenden Mitglieder nicht mehr lebensfähig sein wird, so bleibt es ihm überlassen, die Auflö-sung des Vereins zu beschließen. In diesem Fall müssten die ausgetretenen Mitglieder für die Ver-pflichtungen des Vereins mit Einlagen und sons-tigem Vermögen mit eintreten, die Rückzahlung der Einlagen könnten sie erst nach der Deckung der Vereinsschulden verlangen.

b) Beiträge der Mitglieder

Da, wo es möglich ist, ist die Heranziehung der Vereinsmitglieder zur Zahlung von monatlichen Beiträgen zu empfehlen. In abgelegenen Gegen-den wird dies, vor allem bei der leider zu oft vor-kommenden großen Verarmung, nicht möglich sein. Die sehr geringen Einnahmen, welche im

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Laufe des Jahres vorkommen und in der Regel nicht einmal zur Bestreitung des Lebensunterhal-tes − für Salz, die nötigsten Kleidungsstücke etc. − ausreichen, bestehen in der Regel nur aus dem geringen Erlös für Butter, Eier, Hühner, Jungvieh etc. Werden einmal die Beiträge eingeführt, so muss hartnäckig auf die pünktliche Einzahlung geachtet werden und es muss davon die Mitglied-schaft abhängig gemacht werden. Ist es aber vor-aussichtlich nicht möglich, was sicherlich häufig vorkommen wird, auch nur einen geringen monat-lichen Beitrag zu erhalten, so wird vorläufig davon abzusehen sein. Der geringste Satz wird auf monat-lich 2½ Silbergroschen oder 9 Kreuzer festzusetzen sein, da sonst die Buchführung mehr Arbeit macht, als die Beiträge nützen. Für solche Gegenden, wo nach dem Urteil der Gründer von Vereinen respek-tive der Mitglieder, welche dies am besten ermessen können, die Erhebung von Beiträgen vorläufig nicht möglich ist, werden die Statuten des Anhausen’schen Vereins empfohlen. Danach werden von den Mitglie-dern weder Eintrittsgelder noch Einlagen verlangt; dieselben haben also bei Gründung des Vereins kein Geld nötig. Sind im Laufe der Zeit die Verhältnisse allmählich besser geworden, was bei guter Führung der Vereine nicht ausbleiben wird, so können dann die Mitglieder immer noch zu direkten Beiträgen herangezogen werden, wie dies beim Heddesdorfer Verein nach zehnjährigem Bestehen des alten Ver-eins im Jahre 1864 geschehen ist.

Danach hat jedes Mitglied a) ein Eintrittsgeld, b) eine Einlage zu zahlen.

Die Eintrittsgelder sind Vereinsvermögen. Sie werden den Mitgliedern bei ihrem Ausschei-den nicht zurückgezahlt. Es ist anderen Orts

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vorgeschlagen worden, diejenigen Mitglieder, wel-che den Verein gründen, von der Zahlung des Ein-trittsgeldes zu entbinden. Dies ist nicht zu empfeh-len, da die ersten Mitglieder dieselben Vorteile an dem Verein haben wie die folgenden, weil nämlich die Auslagen für Bücher etc. nicht so beträchtlich sind und sich auch in der folgenden Zeit wieder-holen, dann aber auch das Vorhandensein eines wenn auch kleinen Vereinsvermögens von vornhe-rein beruhigend ist. Es ist anzuraten, die Festset-zung des Eintrittsgeldes sowie der Einlagen nicht in die Statuten aufzunehmen, sondern besonderen Beschlüssen zu überlassen, damit spätere Beitrags-erhöhungen keine Statutenabänderungen zur Fol-ge haben. Das Eintrittsgeld ist beim hiesigen Ver-ein auf 20 Silbergroschen festgesetzt, zahlbar zur Hälfte beim Eintritt und zur Hälfte innerhalb der nächsten drei Monate.

Die Höhe der Einlage für ein Mitglied ist beim hiesigen Verein auf 20 Taler festgesetzt worden, mit der Maßgabe, dass zum Ansparen dieses Be-trages monatlich 5 Silbergroschen gezahlt wer-den müssen. Es soll aber auch jedem Mitglied gestattet sein, monatlich 7½ Silbergroschen oder höchstens 10 Silbergroschen zu zahlen. Höhere Beiträge oder gar den ganzen Beitrag auf einmal zu zahlen, wird nicht gestattet. Diese Bestimmung rechtfertigt sich dadurch, dass, wie aus dem Fol-genden sich ergeben wird, der Gewinnanteil der Mitglieder auf diese am Ende eines jeden Jahres als Dividende verteilt werden soll, und zwar nach dem Verhältnis ihrer Einlagen. Die sofortige Zah-lung der ganzen Einlage ist zudem auch wegen der reichlich vorhandenen Geldmittel nicht erforder-lich. Würde man zulassen, dass die Einlagen gleich in vollen oder unverhältnismäßig hohen Beträgen gezahlt werden dürfen, so würden die wohlha-benderen Mitglieder, welche zu dieser Zahlung

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imstande und gewiss gern bereit sein werden, ei-nen unverhältnismäßig hohen Anteil vom Gewinn bekommen, welcher in der Regel von den Darle-hen der am wenigsten bemittelten Mitglieder her-rühren wird, da diese genötigt sind, am häufigsten Darlehen aufzunehmen.

Die Einlagen bleiben selbstverständlich Eigen-tum der Mitglieder. Zur Vereinfachung des Rech-nungswesens ist es nötig, dass die Dividende nur von vollen Talern oder Gulden berechnet wird. Dass die Dividende so lange nicht ausgezahlt und am Ende eines jeden Jahres zu den Einlagen da-zugerechnet wird, bis diese die festgesetzte Höhe erreicht haben, dürfte überall in den Statuten zu bestimmen sein. Von vornherein die Einlagen zu hoch zu bestimmen, ist nicht anzuraten, da dies manche Mitglieder, welche an das Sparen nicht gewöhnt sind, abschrecken würde. Am Anfang, wo noch wenig fremdes Geld verwendet wird, ist dies auch nicht nötig. Je mehr sich die fremden Kapitalien jedoch erhöhen, desto mehr ist die verhältnismäßige Erhöhung der Einlagen anzura-ten, natürlich so weit dies nach den Verhältnissen der Mitglieder möglich ist. Wo es erreicht werden kann, ist zu empfehlen, dass das eigene Vermögen des Vereins, d. h. das Vereinskapital mit den Einla-gen, bis 50 % der fremden Kapitalien angesammelt wird, wonach die Höhe der Einlagen zu bemes-sen und allmählich zu steigern sein dürfte. Nach diesem Rat scheint es bedenklich zu sein, einen Verein nach dem Muster des Anhausen’schen Ver-eins zu bilden, bei welchem die Mitglieder weder Eintrittsgeld noch Einlagen zahlen. Aber dazu ist zu sagen, dass hier die einzelnen Mitglieder auch keinen Anteil am Gewinn haben und dass dieser nach Abzug der verhältnismäßig geringen Un-kosten als wirkliches Vereinsvermögen verbleibt, er bildet gleichsam die Einlage der Mitglieder.

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So hat z. B., wie aus der erwähnten Statistik her-vorgeht, der kleine Anhausen’sche Verein in vier Jahren, von 1862 bis Ende 1865, eine Anleihe von 12.000 Talern aufgenommen und während dieser Zeit einen Reingewinn von 875 Talern gemacht. Das Vereinsvermögen beträgt also nach dieser kur-zen Zeit schon über 7 % des fremden Kapitals. Da das Vereinsvermögen vorläufig im Geschäft ver-wendet wird, also Zinsen und Zinseszinsen trägt, so steigt es unter Hinzurechnung des neuen Ge-winns sehr rasch. Solche Vereine werden, wenn sie wollen, verhältnismäßig rasch im Besitz eines er-heblichen eigenen Vermögens sein, ja nach einer Reihe von Jahren bei fortwährender Ansammlung des eigenen Kapitals auf diese Weise kein fremdes Geld mehr nötig haben, es sei denn, dass sie es vor-zögen durch Herabsetzung des Zinsfußes für die Darlehen an die Mitglieder die Ansammlung des eigenen Kapitals weniger rasch zu betreiben.

c) Verzinsung der Darlehen, Provision

Die Verzinsung der Darlehen wird zu dem ge-bräuchlichen Zinsfuß zu erfolgen haben. Bei den hiesigen Vereinen werden 5 % gezahlt, und zwar durch Nachzahlung an jedem Fälligkeitstermin für die Teilzahlung des bis dahin ausstehenden Kapitals.

Die Provision wird so zu bemessen sein, dass davon sämtliche Vereinsunkosten, einschließlich der Vergütungen des Zahlmeisters etc., bestritten werden können und außerdem ein ausreichen-der Betrag für das Reservekapital übrig bleibt. Bei der Festsetzung dieses Betrages auch noch für einen an die Mitglieder zu verteilenden Ge-winn zu sorgen, scheint durchaus ungerechtfertigt und unzweckmäßig. Die Bestimmung der Vereine ist die, ihren Mitgliedern den für ihre Tätigkeit

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nötigen Geldbedarf zu besorgen, nicht aber durch hohe Zinsen oder Provision Gewinn zu machen. Vor allem auch, weil die weniger begüterte Klasse, welche in der Regel den größten Geldbedarf ha-ben wird, dadurch den Gewinn aufbringen müsste, welcher dann den wohlhabenderen Mitgliedern in unverhältnismäßig hohem Maße zufließen würde, besonders wenn diese höhere Einlagen gemacht haben.

Die Provision wird jedes Mal im Voraus zu zah-len sein. Dieselbe beträgt bei den hiesigen Vereinen − da, wo auf mehre Jahre ausgeliehen wird − 5 %, was nach genauer Berechnung beim Ausleihen auf fünf Jahre, einschließlich von 5 % Zinsen, pro Jahr 7 1/10 % und beim Ausleihen auf zehn Jahre pro Jahr 6 1/3 % ausmacht. Im Verhältnis zu den bedeuten-den Vorteilen, welche die Mitglieder durch diese Regelung genießen, ist dies gewiss ein sehr gerin-ger Prozentsatz. Beim Ausleihen auf drei Monate erhebt der Heddesdorfer Verein 3 1/3 % an Provisi-on, und zwar jedes Mal bei Zahlung der Darlehen.

Da sich, wie schon erwähnt, die Höhe der Pro-vision nach dem Bedarf, d. h. nach den Vereins-unkosten und der nötigen Ansammlung des Re-servekapitals, richten muss, so kann die Höhe der Provision generell nicht in den Statuten festgesetzt werden. Eine Abänderung der Höhe der Provision würde sonst jedes Mal eine Statutenabänderung zur Folge haben müssen. Am zweckmäßigsten wird es sein, die Festsetzung dem Beschluss des Verwal-tungsrates zu überlassen.

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Verwendung der Vereinsmittel, Darlehen etc.

a) Sicherstellung der Darlehen

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es zweckmäßig sein würde, einen Verein der genann-ten Art nur für einen ganz bestimmten Bezirk tätig sein zu lassen. Innerhalb dieses Bezirkes Nicht-Ver-einsmitgliedern Hilfe zu gewähren, besteht nicht die geringste Veranlassung, da es zum einen jedem unbescholtenen Einwohner frei steht, dem Verein beizutreten und zum anderen nur recht und billig ist, dass sich jeder, welcher die Vorteile genießen will, auch an der Garantie beteiligt. Wie wir bereits erwähnt haben, sind nur solche Vereine lebensfä-hig, welche von den Geldbedürftigen gebildet wer-den und in denen diese auch für alle Vereinsver-bindlichkeiten haften.

In anderen ähnlichen Vereinen ist die Bestim-mung getroffen worden, dass Vereinsmitglieder bis zur Höhe ihrer Einlagen Kredite ohne Sicherheit erhalten können. Wir können dies nicht empfeh-len. Die Einlagen gehören, obgleich sie Eigentum der einzelnen Mitglieder sind, doch zum gesamten Vereinsvermögen, welches, wie bereits erwähnt, in einem möglichst günstigen Verhältnis zum fremden Kapital stehen soll. Dies würde allerdings nur auf dem Papier, aber nicht in Wirklichkeit der Fall sein,

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wenn es jedem Mitglied freistände, ohne besonde-re Sicherheiten Kredite bis zur Höhe der Einlagen aufzunehmen. Angenommen, alle Mitglieder wür-den dies tun, so würden sie in Wirklichkeit vom Verein nichts zu fordern haben; das gesamte Ver-einsvermögen in der auf dem Papier stehenden Höhe würde in Wirklichkeit nicht vorhanden sein. Abgesehen davon erscheint es der Gleichbehand-lung wegen ratsam, vor allem beim Ausleihen auf mehrere Jahre, für die ausgeliehenen Gelder mög-lichst große Sicherheiten zu verlangen. Die Be-stimmungen über Wechselgeschäfte sind dem ein-fachen Volk, namentlich auf dem Land, gänzlich unbekannt. Deshalb ist die Sicherstellung durch Wechsel nicht zu empfehlen. Gerichtliche Pfand-verschreibungen verursachen Schwierigkeiten und Kosten. Ihre Anwendung ist deshalb in der Regel ebenfalls nicht ratsam. Nach unseren langjährigen Erfahrungen reicht auch die einfache Bürgschaft vollkommen aus, sei es durch Stellung eines oder mehrerer solidarisch haftbarer Bürgen. Es muss natürlich darauf geschaut werden, dass durch die Bürgschaft der Verein abgesichert ist. Dies ist der Fall, wenn die Bürgen Vermögen besitzen. Für das Ausleihen auf kurze Zeit, etwa auf Monate, wird das Vorhandensein beweglichen Vermögens genü-gen. Für das Ausleihen auf mehrere Jahre ist dies indes nicht mehr ausreichend. Es wird zu fordern sein, dass, wo es möglich ist, die Bürgen unbewegli-ches Vermögen besitzen. Da, wo das Grundvermö-gen sehr parzelliert ist, vor allem auf dem flachen Land, haben die meisten Einwohner außer einem Haus oder einem Häuschen einen kleinen Grund-besitz. Es kann also dort, wie sich bei den hiesigen Vereinen überall herausgestellt hat, ohne die Kre-ditaufnahme für die Mitglieder zu erschweren, ver-langt werden, dass die Bürgen Grundbesitz haben müssen. Wer in solchen Gegenden eine derartige

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Bürgschaft nicht stellen kann, ist auch erfahrungs-gemäß ein Mensch, dem man am besten kein Geld anvertraut. Wer fleißig, sparsam, ehrlich und streb-sam ist, findet immer einen Nachbarn, Freund oder Verwandten, welcher die Bürgschaft gerne übernehmen wird. Da, wo das Grundvermögen nicht so parzelliert ist und die meisten Einwohner keine eigenen Wohnungen und keine Grundstü-cke besitzen, wird die Bestimmung, dass die Bür-gen Grundbesitz haben müssen, in den Statuten wegfallen müssen. Doch um so mehr ist darauf zu achten, dass die Bürgen wenigstens im Besitz von Vermögen sind. Selbst auch für diesen Fall ist die Stellung von Bürgen jeder anderen Garantie vorzu-ziehen und wird die Vereine immer absichern, so-gar bei Ausleihen auf längere Zeit, wenn möglichst kurze Kündigungsfristen vorbehalten werden und eine häufigere Revision der Bürgschaften stattfin-det. Erfolgt die Revision sämtlicher Bürgschaften alle drei Monate, so ist beim Ausleihen auf länge-re Zeit die Sicherheit der Darlehen im selben Maß vorhanden, als wenn nur auf drei Monate ausge-liehen wird, da die vorbehaltene Kündigungsfrist die rechtzeitige Einziehung ermöglicht und so die Vereine vor Schaden schützt.

Es ist nötig, dass jeder Bürge als Selbstschuld-ner und Zahlungspflichtiger haftet und auf die Vo-rausklage2 gegen den Hauptschuldner verzichtet, um in dringenden Fällen − da, wo das gerichtliche Prozessverfahren gegen den Hauptschuldner we-gen des Mangels an Pfandobjekten voraussicht-lich keinen günstigen Erfolg hat − nicht erst den Hauptschuldner verklagen und unnötige Kosten verursachen zu müssen. Von der direkten Klage gegen den Bürgen wird aber, um die Möglichkeit,

2 Einspruch des Bürgen zum Zweck, den Gläubiger zu veranlassen, alle Rechtsmittel gegenüber dem Schuldner auszuschöpfen.

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einen Bürgen zu finden nicht unnötigerweise zu erschweren, nur wenn es dringend notwendig ist, Gebrauch zu machen sein. Da, wo Mitglieder, wie es hier ohne Nachteil des Vereins öfters geschehen ist, anstatt der Bürgschaft eine gerichtliche Hypo-thek stellen wollen (und die dabei anfallenden Kosten nicht scheuen), ist keine Veranlassung, sol-che Sicherheit zurückzuweisen, da ja auch hierbei die ein für allemal angenommene Kündigungsfrist gewahrt werden und man ebenso rasch in den Be-sitz des Geldes gelangen kann wie bei vorheriger Durchführung des Prozessverfahrens.

b) Darlehen und Rückzahlungen

Den Mitgliedern, welche einen Verein gegrün-det haben, werden selbstverständlich sofort nach Beschaffung der nötigen Mittel Darlehen zu bewil-ligen sein, den später hinzugetretenen Mitgliedern jedoch erst dann, wenn sie längere Zeit, etwa drei Monate, dem Verein angehört haben. Diese Be-stimmung ist deshalb nötig, damit möglichst alle Einwohner, welche den Verein notwendig haben und sich zur Aufnahme eignen, frühzeitig beitre-ten und nicht erst dann, wenn sie in Not geraten und für den Verein noch nichts getan haben.

Es dürfte sich von selbst verstehen, dass die Vereine über eine bestimmte und von der Ge-neralversammlung durch besondern Beschluss festzusetzende Summe nicht ausleihen. Obgleich es nicht nötig sein wird, in dieser Beziehung zu ängstlich zu sein, da Bürgschaft und Kündigungs-frist die Vereine absichern, so darf einem Mitglied doch nicht mehr gegeben werden, als es nach seinen Vermögens- und Erwerbsverhältnissen vo-raussichtlich mit Sicherheit zu den Fälligkeitster-minen zurückzahlen kann. Dies zu beurteilen, wird dem Vorstand überlassen bleiben müssen.

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Kapitel V

Die Heddesdorfer Statuten enthielten früher die Bestimmung, dass die Höhe, bis zu welcher jedem Mitglied ein Darlehen bewilligt werden darf, vom Verwaltungsrat jährlich festgelegt werden sollte. So zweckmäßig diese Anordnung auch scheint, so schwierig ist sie in der Ausführung. Die Bestim-mung der Höhe der Darlehen hängt zu sehr von den augenblicklichen Verhältnissen, dem Bedarf sowie dem Wert der Bürgschaft ab, als dass sie schon im Voraus festgelegt werden könnte. Diese Statutenbestimmung musste deshalb in den Nor-malstatuten wegfallen.

Mitgliedern, welche weder fleißig noch spar-sam und schlechte Haushalter sind − und welche die Darlehen voraussichtlich nur dazu benutzen werden, leichtsinnig Schulden zu machen −, wird das Geld selbst auch bei Stellung der besten Bür-gen nicht zu gewähren sein. Solchen Leuten wird durch die Bewilligung der Darlehen nicht genützt, sondern ihnen wird im Gegenteil nur sehr gescha-det, weil das Geld ihre Schuldenlast unnötigerwei-se vergrößern und ihren Rückgang beschleunigen wird. Das Festhalten und Verbreiten eines solchen Grundsatzes über das Ausleihen der Vereinsgel-der wird auch in sittlicher Weise sehr wohltätig wirken, denn die betreffenden Mitglieder werden bestrebt sein, sich so zu verhalten, dass sie sich der gewünschten Bewilligung auch würdig erweisen. Auch wird es den Vereinsmitgliedern nicht mög-lich sein, Darlehen, die über eine bestimmte Höhe hinausgehen, pünktlich zurückzuzahlen; sie müss-ten dann die Möglichkeit haben, sich einen Teil des Geldbedarfs durch eine Hypothek auf stehen-des Kapital zu beschaffen und den Rest vom Verein zu bekommen und ihn nach und nach zurückzuer-statten. Der Heddesdorfer Verein hat vorläufig das Maximum eines Darlehens für ein Mitglied auf 500 Taler festgesetzt.

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Bei der Festsetzung der Zeitdauer, auf welche ausgeliehen werden soll, ist vorab zu erwägen, dass man den Vereinsmitgliedern durch die Darle-hen erfolgreich helfen will. Für den Darlehenssu-chenden ist es aber keine erfolgreiche Hilfe, son-dern sogar ein Nachteil, wenn man ihm in der Not Geld für eine Zeit vorschießt, in welcher er seine Verpflichtungen dem Verein gegenüber voraus-sichtlich nicht erfüllen kann, d. h., das Geld nicht zurückzahlen kann. Angenommen, der Handwer-ker nimmt das Darlehen, um Materialien für seinen Handwerksbetrieb zu kaufen. Diese bekommt er am billigsten, wenn er größere Mengen ankauft. Wenn er dies nun macht, dann braucht er auch mehr Geld. Sein Bedarf an Materialien ist dann aber für längere Zeit gedeckt. Weiter angenommen, ein junger, flei-ßiger, sparsamer und braver Handwerker will durch ein solches Darlehen, was ja wünschenswert sein würde, ein Geschäft gründen. Er arbeitet fleißig, hat hinreichend Kundschaft und beim billigen Material auch einen guten Verdienst. Er will aber mit seiner Familie leben und braucht dazu einen Teil seines Verdienstes. Ein großer Teil seines Verdienstes be-steht aber schon nach einigen Wochen in ausste-henden Forderungen, da bekanntlich selbst auch die besten und sichersten Kunden nicht immer bar bezahlen und ein Handwerker bald die Kundschaft verlieren würde, wenn er auf Barzahlung bestehen wollte. Wenn man also einem solchen Handwer-ker das Geld zur Gründung seines Geschäftes oder zur besseren Fortführung desselben auf kurze Zeit, etwa nur auf drei Monate, geben wollte, so wäre doch wohl mit der größten Sicherheit anzuneh-men, dass er nach Ablauf dieser Zeit nicht zahlen könnte. Bestünde man auf der Zahlung, würde er sich in größerer Verlegenheit befinden, als wenn er das Geld gar nicht erhalten hätte. Er hätte sich in diesem Falle kärglicher und sparsamer eingerichtet.

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Kapitel V

In einem solchen Fall wird nun beim Ausleihen auf drei Monate die Rückzahlungsfrist auf drei weitere Monate und so fort verlängert, wenn sich der Vor-stand dazu bereitfindet. Verlangt dieser die Zah-lung nach den Verhältnissen, so muss sie geleistet werden. Der Mann muss jedenfalls bei Ablauf der Frist jedes Mal in Sorge sein. Er muss sich um die Verlängerung bemühen und dem Vorstand die-serhalb gleiche Mühe machen. Der Vorstand so-wie der Zahlmeister haben dadurch mehr Arbeit. Wie anders und besser ist es nun, wenn man dem Mann durch ein ansehnliches Darlehen, welches für seinen Geschäftsbetrieb vollständig genügt − gegen sichere Bürgschaft −, gründlich hilft und ihm im Voraus die Möglichkeit gibt, dasselbe all-mählich in Teilzahlungen sicher zurückerstatten zu können. Beiden Teilen ist dadurch vollständig Genüge getan, die Sorge und Arbeit bedeutend vermindert.

Für den Bauern ist, noch viel mehr als für den Handwerker, eine längere Rückzahlungsfrist durchaus nötig. Die Haupteinnahme hat der Bau-er im Herbst nach der Ernte. Von dem, was er im Laufe des Jahres einnimmt, kann er die Schulden in den allermeisten Fällen gar nicht begleichen. Das wissen vor allem die nach der üblichen Pra-xis verfahrenden Händler, welche den Rück-zahlungstermin in der Regel auf einen Teil des Jahres legen, wo die Zahlung unmöglich ist. Sie haben die armen Bauern deshalb in ihrer Hand und können ihnen weitere Verträge aufzwingen, die sie vollständig ruinieren werden. Die Verei-ne wollen so aber nicht operieren. Sie werden gegründet, um dem bestehenden Missstand ab-zuhelfen. Sie müssen also zu so hohen Beträgen ausleihen, dass wirklich geholfen wird und solche Rückzahlungsfristen stellen, dass beide Teile im Vor-aus überzeugt sind, sie können eingehalten werden.

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Anders zu verfahren liegt kein Grund vor, da die Vereine bei der sicheren Bürgschaft gar kein Ri-siko haben. Dazu ist, wie schon erwähnt, mit dem hier empfohlenen Verfahren bedeutend weniger Arbeit verbunden und es wird dadurch an den dafür vorgesehenen Vergütungen beträchtlich gespart. Es ist bereits auseinandergesetzt worden, dass, um für den äußersten Fall, nämlich wenn die fremden Kapitalien massenweise gekündigt werden sollten, die nötige Zeit zur Eintreibung zu haben, nicht auf längere Fristen ausgeliehen werden darf, als die Kündigungsfrist für die fremden Kapitalien be-trägt. Die Letztere wird durchschnittlich nicht über drei Monate zu erlangen sein. Danach dürfte also auch nicht über drei Monate hinaus ausgeliehen wer-den. Um Zeit zum Eintreiben zu behalten und die gekündigten Kapitalien rechtzeitig abzahlen zu kön-nen, muss sogar beim Ausleihen eine kürzere Kündi-gungsfrist festgesetzt werden. Diese ist beim hiesigen Verein auf vier Wochen bestimmt. Zur Sicherheit der Vereine ist dies aber auch nötig, um bei vorkommen-der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner und, wie es schon vorgekommen ist, bei unvorhergesehenem plötzlichen Rückgang oder auch bei Auswanderung von Bürgen in Bezug auf die rasche Eintreibung nicht gehemmt zu sein. Den Vereinsschuldnern ge-genüber scheint diese Bestimmung nun eine sehr lästige zu sein. Dies scheint aber auch nur so. Denn es wäre nur dann wirklich der Fall, wenn man diese Bestimmung einem fremden Gläubiger gegenüber eingegangen wäre, der nur sein eigenes Interesse verfolgt. Der Verein stellt sich selbst aber hier die Be-dingung und wird gegen sich selbst, d. h. gegen seine eigenen Mitglieder, sicherlich keinen unnötigen Ge-brauch davon machen. So zeigt sich denn auch in der Realität, dass die Mitglieder nicht den geringsten An-stoß daran nehmen und dass das Darlehensgeschäft dadurch nicht im Geringsten beeinträchtigt wird.

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Diese Bestimmung wird sicher dazu dienen, einen moralischen Druck auf die Schuldner auszuüben, aber der Verein wird, wie sich von selbst versteht, ge-genüber seinen eigenen Mitgliedern nur dann Ge-brauch davon machen, wenn dies nötig ist, um die Verpflichtungen des Vereins zu erfüllen. Durch die Bestimmung, in Verbindung mit der sicheren Bürg-schaft, werden die Vereinsgelder ohne jedes Risiko angelegt, wodurch ausgedehnte Rückzahlungsfris-ten bewilligt werden können, so ausgedehnt, wie die Verhältnisse der Vereinsschuldner es erfordern.

Diese Rückzahlungstermine sind bei den hiesi-gen Vereinen allgemein auf fünf Jahre festgelegt. Die Ausleihen werden in der Regel so eingerichtet, dass sie durch fünf teilbar sind, Bruchteile in Ta-lern bei den Teilzahlungen also in der Regel nicht vorkommen. Der Termin zur Rückzahlung wurde für jedes Jahr auf den 1. November gelegt, also auf eine Zeit, wo die Ernte vollständig beendet und der Schuldner in der Regel sehr gut in der Lage ist, aus deren Ertrag zu zahlen. Es kann dagegen eingewendet werden, dass die sämtlichen Rück-zahlungen zu ein und derselben Zeit für das ganze Jahr die Gelder in der Vereinskasse zu sehr anhäu-fen, dann über Bedarf vorhanden sind, Zinsverlust und eine Unsicherheit für die Kasse zur Folge ha-ben. Dem wird dadurch begegnet, dass der hiesige Verein einen Bankier hat, welchem er die über-flüssigen Gelder zu 4 % Zinsen übergibt und von welchem er den später möglicherweise nötigen Bedarf zu 6 % leiht. Es sei hier nebenbei erwähnt, dass nur aufgrund der vorgezeigten Statuten − ohne sonst irgend eine Bürgschaft – ein reicher Kaufmann dem Verein einen bedeutenden Kredit freiwillig eröffnet hat, von welchem übrigens noch nicht Gebrauch gemacht werden musste.

In entlegeneren Gegenden hilft man sich da-durch, dass bekanntermaßen zuverlässige und

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wohlhabende Geschäftsleute die überflüssigen Gelder gegen einen geringen Zinsfuß überneh-men und nach Bedarf zurückzahlen. Wie die be-reits mehrfach erwähnten statistischen Mitteilun-gen im Anhang zeigen, haben sich trotz des durch diese Maßnahme herbeigeführten unbedeutenden Zinsverlustes die Reservekapitalien rasch angesam-melt, was den besten Beweis für die Zweckmäßig-keit der für die Vereinsmitglieder so günstigen Rückzahlungsfristen liefert.

Beim alten hiesigen Verein wurde auf diesel-be Weise sehr häufig auf zehn Jahre ausgeliehen, natürlich mit Vorsicht und gegen gute Sicherheit. Es stellte sich dabei heraus, dass die betreffen-den Schuldner die pünktlichsten Rückzahler wa-ren. Es war dabei auch nicht ein einziger Verlust zu beklagen. Der jetzige Verein hat sich vorläufig etwas ängstlicher gezeigt. Er hat die Rückzahlung bis auf zehn Jahre ebenfalls gestattet, jedoch ge-gen hypothekarische Sicherheit und unter Zustim-mung des Verwaltungsrates. Der Verfasser selbst hält diese komplizierte Regelung für ungerecht-fertigt und würde nach den gemachten Erfah-rungen diese Frist auch unter den gewöhnlichen Bedingungen unbedenklich anwenden, wie dies der Anhausen’sche Verein auch schon getan hat. Dabei müsste die Höhe des Darlehens ausschlag-gebend sein; dieses wäre nämlich nach der Anzahl der Jahre zu berechnen, die der Schuldner brau-chen würde, um seinen Verpflichtungen nachzu-kommen. Zehn Jahre würden dabei für den Vor-stand die äußerste Grenze darstellen und es wäre zu überlegen, ob sechs, sieben, acht etc. Jahre fest-gelegt werden müssten. Für die Vereinfachung des Rechnungswesens würde es allerdings am besten sein, an fünf oder zehn Jahren festzuhalten, da dann die Solleinnahme für den Zahlmeister am besten festgestellt werden könnte.

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Kapitel V

Bei hinreichender Anhäufung des Reservekapi-tals würde, wenn im Übrigen die betreffenden Sta-tutenbestimmungen genau beachtet werden, das Ausleihen auch unbedenklich auf mehr als zehn Jahre zu bewirken sein, und zwar für eine so lange Zeit, wie die Verhältnisse der Schuldner es erfor-dern. Die nähere Bestimmung hierüber ist in den Statuten vorsorglich vorgesehen. In der nächsten Generalversammlung des gut stehenden und er-folgreich wirkenden Rengsdorfer Vereins wird, wie mitgeteilt wurde, der Antrag eingebracht werden, die gedachte Frist auf 15 Jahre auszudehnen, und zwar gegen hypothekarische Sicherheit.

Die Vorteile von ausgedehnten Rückzahlungsfris-ten für die Vereinsschuldner sind zwar so klar, dass sie jedem, welcher mit den ländlichen Verhältnissen bekannt ist, einleuchten werden. Zur näheren Be-gründung des Verfahrens wollen wir indes einige bisher vorgekommene Fälle als Beispiel mitteilen.

Gleich nach der Gründung des ersten Vereins zu Flammersfeld erhielt ein begüterter Bauer, wel-chem es jedoch, wie es oft vorkommt, an Bargeld fehlte, 70 Taler zum Ankauf von zwei jungen Och-sen. Das war im Frühjahr. Er versah während des ganzen Jahres damit seine Ackerwirtschaft. Nach guter Pflege und Fütterung verkaufte er die Och-sen im nächsten Spätherbst und kaufte wiederum zwei schwächere zum Gebrauch für das folgende Jahr. Er schnitt, wie die Leute zu sagen pflegen, so viel ab, d. h., er hatte so viel Geld übrig, dass er das erste Fünftel nebst Zinsen vollständig decken konnte. Ganz in derselben Weise verfuhr er weiter und zahlte so das zweite und dritte Fünftel zurück. Im vierten Jahr war er so glücklich, so viel zu erüb-rigen, dass er das vierte und fünfte Fünftel auf ein-mal erstatten konnte. Er hatte bis dahin fünfzehn Jahre lang nach der gängigen Geschäftspraxis fremde Ochsen gehabt, hatte nicht allein nur keine

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eigenen Ochsen bekommen können, sondern so-gar Schulden gemacht. Er dankte dem Vorsteher unter Tränen.

In einem benachbarten Bezirk war ein eigent-lich begüterter Einwohner durch den Viehhandel in seinen Vermögensverhältnissen beinahe gänz-lich ruiniert worden. Sein sämtliches Immobili-arvermögen war gerichtlich verpfändet, das Vieh im Besitz der nach der üblichen Geschäftspra-xis verfahrenden Händler. Das übrige Mobiliar-vermögen hatte wenig Wert; Kredit war deshalb nicht mehr vorhanden. Der Verein schoss ihm 170 Taler auf eine Hypothek zweiten Grades und Bürgschaft vor. Der betreffende Händler wurde bezahlt und es wurde eigenes Vieh angeschafft. Der Mann fasste wieder Mut, ordnete seine Ver-hältnisse, zahlte bereits mehre Raten seiner Schuld ab und es ist ein sichtlicher Aufschwung in seinen Vermögensverhältnissen zu erkennen. Für zwei Familien, welche so arm waren, dass sie kaum den Kredit hatten, Wohnungen zu mieten, wurden eigene Wohnungen beschafft. Der Ver-fasser, als Vereinsvorsteher, ließ Letztere unter seiner Leitung und Garantie erbauen. Nach der Vollendung wurden sie den erwähnten Familien übergeben, die Baukosten waren aus der Vereins-kasse erstattet worden. Der Erbauer übernahm die Bürgschaft. Die Rückzahlung der Baukosten muss in zehn Jahren erfolgen. Da in jedem der beiden Häuschen ein bescheidener Platz für zwei Familien vorhanden ist und dieselben auch von zwei Familien bewohnt werden, so wird die von den zweiten Bewohnern gezahlte Miete zur Schul-dentilgung verwendet, und zwar zu Gunsten der zukünftigen Besitzer. Diese haben nicht viel mehr zu zahlen als den Betrag der gewöhnlichen Miete. In der sicheren Voraussicht, Besitzer einer eige-nen Wohnung und eines kleinen Gartens zu wer-

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Kapitel V

den, strengen sich dieselben auf das äußerste an und werden auf diese Weise in zehn Jahren Haus-besitzer. Vier Teilzahlungen sind bereits erfolgt. Der Bürge, welcher sich Eigentumsrecht vorbe-hielt, hat eben so wenig Risiko wie der Verein. Die genannten Familien − einmal an größeren Fleiß und größere Sparsamkeit gewöhnt − kommen da-durch mit ihrer Nachkommenschaft dauerhaft in bessere Verhältnisse, auf diese Weise ist der Vorteil für sie unberechenbar.

Vielen Einwohnern wurde zur Errichtung von Wirtschaftsgebäuden und zur Erneuerung und Ver-besserung ihrer Wohnung das nötige Geld vorge-schossen. Es wurde von ihnen regelmäßig erstattet. Andere trugen die Hypothekenschulden, welche auf ihren Gebäuden oder Grundstücken ruhten, durch die Vereinsdarlehen ab und zahlen Letztere allmählich aus ihren Ernteerträgen zurück.

Besonders viele Darlehen wurden zum Ankauf von Grundvermögen verwendet. Sie wurden, ganz ohne Zuschuss der Vereinsmitglieder, aus den Er-trägen dieser Grundstücke allmählich erstattet. Ohne das geringste Risiko können ganz arme, fleißige und brave Einwohner in den Besitz von Grundvermögen gelangen, indem die Vereine respektive die Vorstandsmitglieder, wenn der Er-werb auf den Namen der Vereine nicht möglich sein sollte, Grundstücke ankaufen und diese unter dem Vorbehalt des Eigentumsrechts an die oben genannten Vereinsmitglieder wieder verkaufen, die sie allmählich abzahlen.

Es ist bekannt, dass bei Güterverkäufen, wel-che ein günstiges Resultat nur dann ergeben, wenn ausgedehnte Rückzahlungsfristen gewährt werden, die bisherigen Besitzer, wenn sie Bargeld nötig haben und Verkaufsverträge zu veräußern genötigt sind, sehr bedeutenden Schaden erlei-den müssen. In der hiesigen Gegend müssen in so

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Die Darlehnskassen-Vereine

einem Fall bis zu 12 % der Kaufsumme nachgelas-sen werden, was für die armen Grundbesitzer ein bedeutender Schaden ist. Zwei der hiesigen Ver-eine kaufen seit längerer Zeit solche Verkaufsver-träge aus Versteigerungen in ihrem Vereinsbezirke an, und zwar zum bedeutenden Vorteile der Ver-käufer, zu einem Nachlass von nur 5 bis 6 %. In einem Bezirk kam kürzlich der Fall vor, dass ein Mann gezwungen war, ein Grundstück zu verkau-fen, es aber ungeachtet vieler Bemühungen bei den gewöhnlichen Zahlungsfristen nicht anbrin-gen konnte. Der Vereinsvorsteher erteilte ihm den Rat, die Leihfrist bedeutend zu verlängern und versprach ihm das Geld. Der Verkauf gelang sehr günstig, der Verein schoss das Geld gegen gerin-gen Nachlass vor und dem Mann war geholfen. Da an Geld kein Mangel ist, so werden die übrigen Vereine dem Beispiel folgen. Es wird beim nicht zu umgehenden Wechsel des Grundvermögens sowie bei Sterbefällen, Teilung etc. selbst auch in wohl-habenderen Gegenden nötig werdenden Verkäu-fen für die Einwohnerschaft dadurch ein bedeu-tender Vorteil erzielt werden.

Neben den bereits besprochenen längeren Rück-zahlungsfristen wird es, namentlich in verkehrs-reicheren Gegenden, nötig sein, auch auf kürzere Zeit auszuleihen. Es gibt nämlich Geschäftsleute, bei welchen bekanntlich das Kapital rascher umge-schlagen wird als bei den Bauern und Handwerkern und welche es nur für kurze Zeit nötig haben und voraussichtlich bald erstatten können. Um auch sol-chen Ansprüchen zu genügen, ist die nötige Bestim-mung hierüber in den Statuten erforderlich.

Für die letzteren Ausleihen werden nach dem Ermessen des Vorstandes Verlängerungen der Zah-lungstermine zu gewähren sein, wenn dies ohne Nachteil geschehen kann. Die Rückzahlungster-mine der auf Jahre ausgeliehenen Gelder müssen

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Kapitel V

aber, sowohl des Vereins als auch der Schuldner wegen (um diese an Pünktlichkeit zu gewöhnen), eingehalten werden. Teilzahlungen müssen mit al-ler Strenge, notfalls auf dem Gerichtsweg, einge-trieben werden. Als Regel ist dabei zu empfehlen, bei nicht pünktlicher Zahlung die ganze rückstän-dige Schuld einzuziehen und das betreffende Mit-glied vom Verein auszuschließen. Ausnahmen von dieser Regel werden nur höchst selten zu gestatten sein. Wir können solches Verfahren aus Erfahrung nicht dringend genug empfehlen. Wo dieses Ver-fahren beachtet wird, stehen die Vereine sehr gut da, dort, wo es außer Acht gelassen wurde, stellten sich Nachteile für beide Seiten ein. Die empfoh-lene Maßregel erscheint zwar hart, sie ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass die Termine so ge-setzt sind, dass gut gezahlt werden kann und dass der Schuldner ein ganzes Jahr Zeit hat, für das Geld zu sorgen, wie dies denn auch bei gut geführ-ten Vereinen in der Realität mit wenigen Ausnah-men geschieht.

Da die Vereine fortwährend Geld nötig haben, so kann den Schuldnern jederzeitige die Rückzah-lung der ganzen schuldigen Summe oder einer jährlichen Teilzahlung ohne vorherige Kündigung um so mehr gestattet werden, als eine solche Be-stimmung den Schuldnern einen erheblichen Vor-teil bietet. Indem sie das einmal vorhandene Geld jederzeit zurückgeben können, kommen sie nicht in Versuchung, es anderweitig unnütz auszugeben.

c) Vereinskosten

Außer den Vergütungen an den Zahlmeis-ter und der sonstigen Vereinsmitglieder, welche für den Verein besonders tätig sind und deren Vergütungen von der Generalversammlung fest-gesetzt werden sollen, werden sich die nötigen

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Die Darlehnskassen-Vereine

Ausgaben wohl nur auf die Beschaffung von Bü-chern und Drucksachen oder auf die Eintreibung der Darlehen beziehen. Daher wird deren Festset-zung ohne Weiteres dem Vorstand übertragen wer-den können. Da es jedoch möglich ist, dass auch Ausgaben anderer, unvorhergesehener Art vor-kommen, so ist in den Statuten zu bestimmen, dass diese vom Verwaltungsrat festgesetzt werden sollen. Beim Heddesdorfer Verein hat der Verwaltungsrat auch zu bestimmen, welcher Teil des Gewinns dem Reservekapital zugeschlagen werden soll.

d) Reservekapital

Beim Anhausen’schen Verein, bei welchem kei-ne Einlagen der Mitglieder gezahlt werden und die Mitglieder keine Gewinnanteile erhalten, bil-det sich das Reservekapital ganz aus dem Gewinn, und zwar in so erfreulich rascher Weise, dass bei verhältnismäßiger Provision keine weiteren Zu-schüsse nötig sind.

Beim Heddesdorfer Verein entsteht das Reser-vekapital aus den Eintrittsgeldern der Mitglieder sowie aus einem Teil des Gewinnes, welcher vor dessen Verteilung an die Mitglieder abgerechnet wird. Damit diese letztere Zuwendung nicht zu großen Schwankungen unterworfen ist und nicht von den jährlichen Beschlüssen abhängig gemacht wird, ist die Festsetzung eines Minimums in den Statuten zu empfehlen. Dieses ist bei genanntem Verein auf 10 % des jährlichen Gewinns bestimmt worden. Es wird in der Regel hierbei wohl belassen werden. Würde allerdings ein solches Minimum nicht bestimmt, so würde beim stetigen Anwach-sen des Reservekapitals bald das Bestreben auf-tauchen, demselben nichts mehr zuzuschießen. Ein möglichst hohes Reservekapital ist aber für einen Verein dieser Art ein dringendes Bedürfnis.

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Kapitel V

Es erhöht nicht nur den Kredit des Vereins, son-dern gibt diesem auch den rechten Kern, den inne-ren Halt und eine Sicherheit für den Fortbestand. Es ist dabei aber zu empfehlen, die Bestimmung in die Statuten aufzunehmen, dass bei einer even-tuellen Auflösung des Vereins das Reservekapital nicht verteilt werden darf, sondern für wohltätige Zwecke, und zwar für Erziehungs- und Bildungs-anstalten, verwendet werden muss. Wenn es auch wohl schwerlich möglich sein wird, eine solche Be-stimmung so zu verfassen, dass sie nicht umgangen werden kann, so könnte es doch sein, dass man sich aus Pietät für die Gründer des Vereins nicht darüber hinwegsetzt.

Es ist nötig, in die Statuten die Bestimmung eines Minimums für das Reservekapital aufzuneh-men, welches vorhanden sein muss, wenn Gewinn an die Mitglieder verteilt werden soll.

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Kapitel VI

Allgemeine Bestimmungen

a) Abänderung der Statuten

Die wesentlichen Bestimmungen − solidari-sche Haftbarkeit der Mitglieder für alle Vereins-verbindlichkeiten, Verwaltung und deren Ver-teilung, Beschaffung der Vereinsmittel durch Anleihen, Ausleihen auf längere Zeit (in der Re-gel auf fünf Jahre gegen Bürgschaft), die Art der Rückzahlung, die Verzinsung und Erhebung der Provision, die Ansammlung des Reservekapitals und dessen Verwendung nach eventueller Auflö-sung des Vereins etc. − sind beim Anhausen’schen Verein dieselben wie die des 1849 gegründeten Flammersfelder Vereins, die im Jahre 1850 in Wirksamkeit traten. Bei den Normalstatuten gibt es nur unwesentliche Abänderungen in Bezug auf die Abfassung sowie die Reihenfolge der Bestim-mungen. Bei der Gründung eines solchen Ver-eins wird man sich zunächst den Zweck desselben klar machen; man wird versuchen, die Mitglieder zusammenzubringen, deren Rechte und Pflich-ten festzustellen, dann den Verein zu konstituie-ren und die Wahlen vorzunehmen, d. h., die Ver-waltung einzusetzen. Sodann sorgt man für das nötige Geld und verwendet es für Darlehen etc. Hieraus ergibt sich die natürliche Reihenfolge

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Die Darlehnskassen-Vereine

der Statutenbestimmungen, in deren Schlussteil dann Anordnungen stehen werden, die nicht in die früheren Abschnitte passen.

Obgleich die Anhausen’schen Statuten vielfach wörtlich mit denjenigen von Heddesdorf überein-stimmen, so schien es doch nötig, die Ersteren noch-mals wörtlich aufzunehmen, damit sie bei der Grün-dung gleicher Vereine nur abgeschrieben werden müssen, was gerade auf dem flachen Lande, wo sich nicht immer die geeigneten Personen zur Abfassung der Entwürfe finden werden, öfters geschehen wird.

In den Heddesdorfer Statuten finden sich die nötigen Zusätze wegen der Beiträge der Mitglie-der, der Gewinnverteilung etc.

Obgleich die Statutenbestimmungen, wie schon angegeben, sich im Laufe der Jahre bewährt haben und auf Erfahrungen beruhen, so werden doch, teils bedingt durch örtliche Verhältnisse, teils durch die Fortschritte in der Struktur dieser Vereine, Ab-änderungen nötig werden. Es ist deshalb eine Be-stimmung erforderlich, wie mit Abänderungen ver-fahren werden soll. Solche Abänderungen zu sehr zu erleichtern, ist eben so wenig anzuraten, wie zu viele Schwierigkeiten zu machen. Es scheint ange-messen zu sein, für die Abänderungen die Zustim-mung von mehr als der Hälfte der Mitglieder zu verlangen. Die ursprünglichen Bestimmungen ha-ben alle Mitglieder festgesetzt oder angenommen. Dass nun auch mindestens die Mehrzahl aller Mit-glieder den Abänderungsvorschlägen zustimmen muss, erscheint gerechtfertigt. Da, wo die regelmä-ßig geringe Teilnahme an Vereinsversammlungen eine nötige Statutenabänderung zu sehr erschwe-ren würde, wird eine andere Festlegung getroffen werden müssen, etwa die, dass für Abänderungen die Anwesenheit der Mehrzahl der Mitglieder nö-tig ist und für die Annahme der Abänderungen wiederum die absolute Mehrheit der Stimmen.

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Kapitel VI

Grundsätzlich dürfte indes die Festlegung nach den Normalstatuten beizubehalten sein. Wenn für einen regelmäßigen Besuch der Generalversamm-lungen gesorgt wird, so dürfte die Erreichung des Zweckes nicht schwierig sein.

b) Auflösung des Vereins

Stärker als die Abänderung der Statuten muss der Beschluss im Falle eines Antrags zur Auflösung des Vereins erschwert werden. Damit ein solcher Antrag vorher allseits reiflich erwogen werden kann, wird ein längerer Zwischenraum zwischen der Einladung und der Versammlung festzulegen sein, außerdem dass es einer größeren Mitgliederzahl für die Zustimmung zu einem solchen Antrag bedarf, wenn dieser zum Beschluss erhoben werden soll.

Die Bestimmung, dass vor der Auszahlung der Guthaben der Mitglieder sämtliche Vereinsschul-den bezahlt werden müssen, ist selbstverständlich.

c) Ausschluss des gerichtlichen Prozessverfahrens

In die Statuen ist die Bestimmung aufzunehmen, dass das gerichtliche Verfahren im Falle von Streitig-keiten zwischen den Vereinsmitgliedern über den Sinn der Statuten oder über die gefassten Beschlüs-se ausgeschlossen ist; die Generalversammlung hat in solchen Fällen endgültig zu entscheiden.

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Kapitel VII

Die Sparkasse in Verbin-dung mit der Vereinskasse

a) Absicherung der Sparkassengelder den Einle-gern gegenüber

Im Allgemeinen bildet die Vereinskasse nach der oben beschriebenen Regelung an und für sich schon eine Sparkasse, vor allem für die Ver-einsmitglieder. Um aber auch solchen Personen wie Gesinde, Gesellen, Fabrikarbeitern, jüngeren Familienmitgliedern, welche teils wegen ihres ju-gendlichen Alters, teils wegen ihrer Stellung keine Vereinsmitglieder werden können, Gelegenheit zum Sparen zu geben und um die gesparten Gel-der in so kleinen Beträgen anzunehmen, wie es die Vereinskasse in der bestehenden Form nicht kann, ist für verkehrsreichere Gegenden, d. h. da, wo die ländliche Bevölkerung mit Gewerbetreibenden, besonders Fabrikarbeitern, durchmischt ist, die Gründung einer Sparkasse sehr zu empfehlen. Es dürfte daher am besten sein, für diese ein beson-deres Statut aufzustellen, eine getrennte Buchfüh-rung anzulegen und die Kassen ebenfalls getrennt zu halten, und zwar so, dass die an einem Kassen-tag eingehenden Sparkassengelder in den Kassen-büchern der Sparkasse genau aufgezeichnet, dann aber summarisch gleich nach dem Tagesabschluss der Vereinskasse überwiesen werden, und dass die

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Die Darlehnskassen-Vereine

zur Erstattung der Sparkassengelder erforderli-chen Beträge nach Bedarf jedes Mal aus der Ver-einskasse der Sparkasse summarisch zugewiesen und verrechnet werden. Die nötige Übersicht für beide Kassen bleibt auf diese Weise fortwährend erhalten. Detailliertere Angaben müssen in der Rechnungsinstruktion stehen.

Die Einlagen in die Sparkasse sind, auch wenn sie noch so gering sind, für den Verein Anleihen. Die Mitglieder des Vereins müssen daher für die Einlagen ebenso haften wie für die übrigen An-leihen des Vereins. Dies muss im Sparkassenstatut ausdrücklich festgelegt werden.

b) Verwaltung

Da die Sparkasse nur einen Teil der Vereinskasse bildet, so können auf die Erstere auch die betref-fenden Bestimmungen für die Verwaltung der Letzteren Anwendung finden. Wie wir unten sehen werden, sind bei der Entgegennahme der Sparkas-sengelder − wegen der Kontrolle und der größeren Sicherheit halber − zwei Beisitzer erforderlich. Es ist wünschenswert, dass dieselben in der Nähe des Vereinslokals wohnen, um, wenn es nötig ist, zur Hand zu sein. Sollten zwei Mitglieder des Vereins-vorstandes, welche sich für diese Aufgabe eignen, dort wohnen, dann sollten sie damit betraut wer-den. Andernfalls ist es nötig, den Vereinsvorstand, welchem ja auch die Sparkasse unterstellt ist, um zwei Beisitzer zu verstärken und diese zusammen mit dem Vereinsvorsteher nur mit dem Sparkas-sengeschäft zu beauftragen. Da der Zahlmeister selbstverständlich die Sparkasse zu übernehmen, die Sparkassengelder zu vereinnahmen und zu ver-ausgaben haben wird, so ist eine weitere Änderung in der Verwaltung nicht erforderlich.

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Kapitel VII

c) Einlagen in die Sparkasse

Die Sparkasse hat den Zweck, das Sparen der Einwohner des Bezirks ohne Rücksicht auf die Mit-gliedschaft zu erleichtern. So lange kein Überfluss an Geld vorhanden ist, dürfte es keinen Grund ge-ben, Einwohner benachbarter Bezirke mit ihren Einlagen zurückzuweisen. Tritt der gedachte Fall jedoch ein, d. h., wenn zu viel Geld vorhanden ist, so wird es immer noch Zeit sein, den Wirkungsbe-reich auf den eigenen Bezirk zu beschränken.

Zur Förderung des Sparens gehört vor allem die Annahme von geringen Beträgen, damit die Sparenden nicht in Versuchung geraten, das Geld daheim zu verwahren und anderweitig wieder aus-zugeben. Die Festsetzung des geringsten Betrages, der angenommen wird, wird sich nach den Verhält-nissen richten müssen. Bei der hiesigen Sparkasse wurde dieses Minimum auf 10 Silbergroschen (36 Kreuzer) festgesetzt.

Diejenigen, welche Geld bei der Sparkasse ein-legen, sind Gläubiger des Vereins. Für die einge-legten Beträge müssen ihnen Schuldscheine ausge-stellt werden, auf welchen die Bedingungen stehen, unter welchen das Geld angenommen, verzinst und zurückgezahlt wird. Da nun in der Regel, wie es wünschenswert ist, eine Person mehr Einlagen macht, ist es nötig, die Einleger mit dem Verhältnis zwischen ihnen und dem Verein vollständig bekannt zu machen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, so-genannte Sparkassenbücher anfertigen zu lassen, in welche mehre Einlagen hintereinander eingetra-gen werden können und in welchen das Statut für die Sparkasse vollständig abgedruckt ist. Aus diesem Statut ist für die Einleger ersichtlich, dass der Verein für die Einlagen haftet, dass ihr Geld also sicher ist. Zur größeren Sicherheit für die Einleger wird es ratsam sein, die Namen der Vorstandsmitglieder,

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Die Darlehnskassen-Vereine

welche die Sparkassenbücher mit dem Zahlmeister zu vollziehen haben, öffentlich bekannt zu machen und wenn ein Wechsel eintritt, diesen in gleicher Weise mitzuteilen.

Der Ordnung halber − und um Zahlmeister und Beisitzer nicht zu sehr in Anspruch zu neh-men − ist die Festsetzung und öffentliche Bekannt-machung von Kassentagen nötig, an welchen Ein- und Auszahlungen erfolgen. Beim hiesigen Verein beginnt der Verkehr bei der Sparkasse ei-nige Stunden vor den Sitzungen des Vorstandes, in welchen über die Bewilligungen von Darlehen an die Vereinsmitglieder beraten wird. Diese Vor-gangsweise hat den Vorzug, dass über die einge-gangenen Sparkassengelder sofort wieder verfügt werden kann. So dringend zu empfehlen es für die Kontrolle ist, dass der Zahlmeister ohne die Bei-sitzer, die die Einlagen ebenfalls notieren, keine Sparkassengelder einheben darf, so gibt es doch keinen Grund, dass der Zahlmeister die Auszah-lung nur in Anwesenheit der Beisitzer vornehmen darf, denn die Quittungen liefern den Nachweis über die tatsächlichen Zahlungen. Eine derartige Bestimmung würde den Verkehr erleichtern.

d) Verzinsung

Es ist wünschenswert und begünstigt das Spa-ren, wenn die Einlagen in die Sparkasse möglichst hoch verzinst werden können. Ein Prozentsatz, der dem des üblichen Zinsfußes nahe kommt, kann aber nur bei einem sehr regen Verkehr, d. h. bei einer großen Gesamtsumme der Einla-gen, gewährt werden, da sonst die mit dem Ge-schäft verbundene nicht unerhebliche Arbeit oder die Vergütung dafür höher sein würde als der Gewinn an den Zinsen, welcher für den Verein doch der einzige Vorteil an dieser Maßnahme ist.

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Kapitel VII

Wie hoch der Prozentsatz bemessen werden kann, kann sich erst nach längerem Bestehen der Spar-kasse herausstellen. Um in dieser Beziehung freie Hand zu haben, ist es wünschenswert, den Prozent-satz nicht in den Statuten festzulegen, sondern von der Generalversammlung oder vom Verwaltungs-rat beschließen zu lassen. Beim hiesigen Verein fin-det die Verzinsung vorläufig mit 3 1/3 % statt.

Zur Erleichterung der Berechnung und um zu höheren Einlagen anzuspornen, tritt eine Verzin-sung erst dann ein, wenn ein Taler voll ist. Bruchtaler werden nicht verzinst. Ebenso kommt bei der Zinsen-berechnung auch kein Bruchteil eines Monats in An-satz. Der Monat, in welchem die Einlage erfolgt, wird dadurch ebenso wenig berücksichtigt wie der Monat, in welchem dieselbe zurückgezahlt wird.

Wenn es auch wohl kaum vorkommen wird, dass Sparkassengelder nicht zurückgefordert wer-den, so ist der Fall doch immerhin möglich. Des-halb ist eine Bestimmung nötig, dass nach einem bestimmten Zeitraum, nach 30 Jahren, solche Einlagen Eigentum des Vereins werden. Ebenso wichtig ist es, eine Kapitalhöhe festzusetzen, über welche hinaus eine Zinsesverzinsung nicht mehr erfolgen wird.

e) Rückzahlung

Es würde den Verkehr bei der Sparkasse für deren Verwaltung sehr erschweren und dieser eine große Verantwortung aufbürden, wenn sie genötigt sein würde, bei den Rückzahlungen der Sparkassengelder jedes Mal zu prüfen, ob sich das Sparkassenbuch auch in den Händen des recht-mäßigen Besitzers befindet oder in dessen Auftrag vorgelegt wird. Um in dieser Beziehung die Kasse von jeglicher Verantwortung zu entheben, ist im Statut die Bestimmung nötig, dass die Sparkasse

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Die Darlehnskassen-Vereine

das Recht hat, die Rückzahlung nach der Vorlage des Sparkassenbuches an den Überbringer ohne Weiteres vornehmen zu können. Es ist Aufgabe der Einleger, die Sparkassenbücher so aufzube-wahren, dass sie nicht in fremde Hände gelangen können. Ohne eine Pflicht zu übernehmen, ist es trotzdem geboten, dass die Kasse möglichst darauf achtet, dass die Sparkassengelder an deren recht-mäßige Eigentümer ausgezahlt werden. Wo also ein Verdacht vorliegt, wird sie die Rückzahlung nicht ohne Weiteres vornehmen, sondern vorher Untersuchungen anstellen. Die Rückzahlung darf aber keinesfalls geleistet werden, wenn angezeigt wird, dass das Sparkassenbuch verloren gegangen ist. Für diesen Fall ist ein besonderes Verfahren in den Statuten festzulegen und die Auszahlung darf erst dann erfolgen, wenn der rechtmäßige Eigen-tümer des Geldes, wenn nötig durch gerichtliches Urteil, zweifelsfrei festgestellt worden ist.

Was im Kapitel IV über die Kündigungsfristen für die Vereinanleihen gesagt wird, gilt im Allgemei-nen auch für die Kündigungsfristen der Sparkas-sengelder. Ohne die Einleger zu sehr bei der freien Verfügung der Sparkassengelder zu beschränken, ist es doch auch nötig, die Kasse vor kritischen Situ-ationen zu bewahren und die Rückzahlungsfristen nicht zu kurz zu bemessen. Sie werden sich nach den örtlichen Verhältnissen zu richten haben, besonders danach, ob die Sparkassengelder eine bedeutende Summe ausmachen und bei massenweiser Kündi-gung der Vereinskasse Unannehmlichkeiten bereiten könnten. In Ausnahmezeiten, vor allem dann, wenn im Allgemeinen wenig Verdienst vorhanden ist, wer-den die gewöhnlich unbemittelten Einleger diese Kündigung wohl allgemein in Anspruch nehmen. Die Kasse muss also in den Statuten festlegen, dass ihr dann noch die Zeit bleibt, durch möglichst lange Kün-digungsfristen das Geld herbeischaffen zu können.

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Kapitel VII

Als Vorsichtsmaßnahme empfiehlt sich in dieser Be-ziehung die Bestimmung, dass die Kasse das Recht hat, Einlagen, welche für einen Einleger nach und nach eine bestimmte Höhe − etwa die Summe von 50 Talern oder 50 Gulden − erreicht haben, nicht mehr als Sparkassengeld, sondern als Vereinsan-leihe zu betrachten. Das Sparkassenbuch ist dann gegen einen Vereinsschuldschein einzutauschen. Dem Einleger werden alsdann höhere, für Vereins-schulden gebräuchliche Zinsen gewährt, wogegen der Verein den Vorteil hat, dass die Kündigungs-frist ausgedehnter geworden ist.

Außerdem wird sich die Kasse vorbehalten müssen, jederzeit Sparkassengelder zurückzahlen zu können, um einer Anhäufung des Geldes über den Bedarf vorzubeugen. So wenig notwendig die-se Vorsicht auch sein wird, so kann die betreffende Bestimmung doch nicht schaden.

f) Abänderung der Statuten, Auflösung der Kasse

Da das Sparkassenbuch und die darin abge-druckten Bestimmungen das Vertragsverhältnis zwischen dem Verein und den Einlegern begrün-den, so müssen wesentliche Abänderungen der Statuten den Einlegern zur Kenntnis gebracht wer-den. Wie dies geschehen soll, ist in den Statuten anzugeben. Die Einleger haben, wenn sie mit der Abänderung nicht einverstanden sein sollten, das Recht, ihre Gelder selbstverständlich zu kündigen.

Ebenso ist in den Statuten das Verfahren anzu-geben, das nach Auflösung der Kasse eingeschla-gen werden muss, damit das Rechtsverhältnis zwi-schen Kasse und Einlegern auch in dieser Hinsicht von vorneherein geregelt ist.

Nachdem die Bestimmungen der Statuten in den vorstehenden Kapiteln gleichsam begrün-det worden sind, lassen wir die Letzteren − nebst

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Die Darlehnskassen-Vereine

Kasseninstruktion, Schemata für die verschiede-nen Bücher und dem Entwurf eines Vertrages zwi-schen Verein und Zahlmeister − im nächsten Kapi-tel folgen. Wenn wir am Schluss noch die Entwürfe zu Protokollen der Generalversammlung, des Ver-waltungsrates und des Vorstandes anfügen, so wer-den solche, wie wir gerne zugeben, in den meisten Fällen unnötig sein. In entlegeneren Gegenden und bei mangelnder Geschäftskenntnis dürften gerade die Entwürfe zu den ersten Beschlüssen um so willkommener sein, da in diesem Kapitel alles Material zur Gründung eines Vereins übersichtlich dargestellt wird. Bei denen, die solche Entwürfe nicht benötigen, entschuldigen wir uns für die zu große Sorgfalt.

Die Erklärungen über sämtliche Entwürfe, so-weit uns solche noch nötig erschienen, befinden sich auf den Schemata und am Schluss des Kapitels.

Wie die Erfahrung lehrt, ist, vor allem für entlege-nere Bezirke, die Beschaffung der für die Gründung eines Vereins nötigen Formulare und Bücher des Öf-teren schwierig und kostspielig, da die Druckereien in der Regel weit entfernt sind und der Druck der For-mulare in kleinen Mengen wegen der Schwierigkeit des Satzes nicht billig hergestellt werden kann. Um auch in dieser Beziehung die Bildung der Vereine zu erleichtern, hat der Verfasser Herrn Buchdruckerei-besitzer W. Strüder aus Neuwied veranlasst, für einen Vorrat der nötigen Bücher und Formulare zu sor-gen, welche den Vereinen zur Verfügung stehen und auf Bestellung abgegeben werden können. Bei den Bestellungen ist der Name des Vereins, die Anzahl der Einwohner des Vereinsbezirks sowie die Zahl der Vorstandsmitglieder anzugeben, ferner ist anzu-geben, ob sich der Verein nach den Heddesdorfer oder nach den Anhausen’schen Statuten gebildet hat. Daraufhin bekäme man dann die nötigen Bü-cher und Formulare.

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Kapitel VIII

Entwürfe zu den Statuten der Kasseninstruktion, den Formularen zur Buchführung etc.

Statuten des Heddesdorfer Darlehnskassen-Ver-eins (als Normalstatut für ländliche Bezirke mit gemischter Bevölkerung und für Städte)

Abschnitt I: Gründung und Zweck

§ 1

Die Unterzeichneten bilden den Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein.

§ 2

Der Verein hat den Zweck, den Mitgliedern des-selben die nötigen Geldmittel als verzinsliche Dar-lehen zu ihrem Geschäftsbetrieb zu beschaffen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Abschnitt II: Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten der Mitglieder

a) Im Allgemeinen

§ 3

Mitglieder des Vereins können nur Einwohner der Gemeinde Heddesdorf werden, welche alle bürgerlichen Ehrenrechte besitzen. Die Aufnah-me neuer Mitglieder bedarf der Genehmigung des Verwaltungsrates. Gegen dessen ablehnende Entscheidung kann der Antragsteller bei der Ge-neralversammlung Berufung einlegen, die in ihrer nächsten Sitzung endgültig entscheidet.

§ 4

Die Mitgliedschaft geht verlorena) durch freiwilligen Austritt,b) durch Wohnsitzverlegung aus dem Vereins-

bezirk, c) durch Beschluss des Verwaltungsrates, gegen

welchen der Ausgestoßene Berufung bei der Generalversammlung einlegen kann,

d) durch den Tod.

Die Austrittserklärung ist dem Vereinsvorsteher schriftlich mitzuteilen. Erfolgt sie vor dem 1. Ok-tober, so endigt die Mitgliedschaft mit dem laufen-den Jahr, anderenfalls aber erst mit Ablauf des auf die Kündigung folgenden Jahres. Der Ausschluss muss in der Regel bei der Nichterfüllung der statu-tenmäßigen Verpflichtungen erfolgen, vor allem, wenn die Mitglieder mehr als drei Monate mit der Einzahlung der geschuldeten Beiträge im Rück-stand sind oder es wegen der Rückzahlung von Darlehen zur gerichtlichen Klage kommen lassen.

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Kapitel VIII

b) Rechte und Pflichten der Mitglieder

§ 5

Die Mitglieder haben das Rechta) an den Versammlungen des Vereins teilzu-

nehmen und sich an den Abstimmungen zu beteiligen;

b) zunächst ihre Gelder in der Vereinskasse zinsbringend anzulegen, soweit für diese der Bedarf besteht;

c) im Einklang mit den gegenwärtigen Statuten Darlehen aus der Vereinskasse zu beanspru-chen, soweit dieselbe ausreicht;

d) nach Vorschrift dieser Statuten eine Dividen-de vom Gewinn des Vereins zu beziehen;

e) zu fordern, dass sie mit Ablauf des auf die Endigung der Mitgliedschaft folgenden Jah-res von allen Verpflichtungen gegenüber dem Verein entbunden werden, und zwar durch den Beschluss der Generalversamm-lung. Wird dieser Beschluss verweigert, hat der Ausgeschiedene das Recht, die soforti-ge Einziehung der Vereinsforderungen und die Zahlung der Vereinsschulden zu verlan-gen. In diesem Fall muss er für eventuelle Zuschüsse der Mitglieder während der Zeit seiner Mitgliedschaft im Verhältnis mit auf-kommen. Sowohl bei der freiwilligen Be-endigung der Mitgliedschaft als auch beim Ausscheiden im Todesfall muss, wenn der Verein die Liquidation der Passiva nicht vorzieht, die Zahlung der Einlage und der Dividende an den Ausgeschiedenen bzw. an die Erben des verstorbenen Mitglieds erfol-gen, und zwar innerhalb der nächsten drei Monate nach dem Ende der Mitgliedschaft. Der Ausgeschiedene verliert das Recht zur

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Die Darlehnskassen-Vereine

Teilnahme an den Versammlungen sowie das Stimmrecht mit der Austrittserklärung. Dagegen kann er die Einsicht des letzten Kassenabschlusses sowie eine allgemeine Übersicht der Forderungen und Schulden des Vereins verlangen. Weibliche Mitglieder haben kein Stimmrecht und dürfen nicht an den Versammlungen teilnehmen.

§ 6

Die Mitglieder sind verpflichteta) für die Vereinsanleihen sowie überhaupt für

alle Verbindlichkeiten des Vereins zu glei-chen Teilen, jedoch solidarisch, zu haften;

b) die gegenwärtigen Statuten zu unterzeichnen und in jeder Beziehung genau zu beachten;

c) eine Einlage sowie ein Eintrittsgeld in die Vereinskasse zu zahlen (§ 29).

§ 7

Von den Rechten und Pflichten verstorbener Mitglieder geht an deren Erben nur der Anspruch auf Erstattung der Einlagen und die Zahlung der Dividende bis zum Todestage über und natürlich die Verpflichtung zur Erstattung der Darlehen. Den Witwen derselben soll es freistehen, deren Mitgliedschaft zu übernehmen. Sie treten alsdann in alle Rechte und Pflichten ihrer verstorbenen Ehemänner ein, mit Ausnahme des den Frauen nicht zustehenden Stimmrechtes sowie des Rechts der Teilnahme an den Versammlungen. Sie haben die Statuten zu unterzeichnen, müssen jedoch kein Eintrittsgeld zahlen.

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Kapitel VIII

Abschnitt III: Verwaltung des Vereins

a) Vorstand

§ 8Der Vorstand, dessen Mitglieder auf den Ver-

einsbezirk so zu verteilen sind, dass sie in ihrer Gesamtheit eine möglichst genaue Kenntnis der Verhältnisse der Einwohner des Vereinsbezirkes haben, besteht aus dem Vorsteher und mindestens vier Beisitzern. Jede der beteiligten vier Kirchenge-meinden muss durch mindestens einen Beisitzer vertreten sein. Für jedes Vorstandsmitglied wird je ein Stellvertreter gewählt. Der Vorsteher wird für drei Jahre, die Beisitzer werden für zwei Jah-re gewählt. Von den Letzteren scheidet jedes Jahr die Hälfte aus. Diejenigen, die zuerst ausscheiden, werden durch das Los bestimmt.

§ 9

Der Vorsteher hata) den Verein nach außen zu vertreten, und zwar

auch beim Abschluss von Verträgen und in Prozessen vor allen gerichtlichen Instanzen. Hierzu erhält er von den Vereinsmitgliedern die ausdrückliche Vollmacht. Vor allem soll der Vorsteher ermächtigt sein, für den Ver-ein Vergleiche abzuschließen, Konzessionen zu gewähren und Verzichte auszusprechen, Restitutionen zu erteilen, eidesstattliche Er-klärungen zu verlangen, zu akzeptieren oder zurückzuweisen, selbst solche abzugeben oder als geleistet anzunehmen, die ergangenen Ur-teile vollstrecken zu lassen, d. h., im Namen des Vereins (und für diesen bindend) alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, welche er für zweckdienlich hält.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Er soll auch ermächtigt sein, alle diese Be-fugnisse auf einen von ihm gewählten Be-vollmächtigten zu übertragen. Zu Prozessen, welche nicht zur Eintreibung von Darlehen nötig sind, ist, wenn der Verein verklagt wird, der zustimmende Beschluss des Verwal-tungsrates erforderlich, im Falle einer Klage vonseiten des Vereins die Genehmigung der Generalversammlung. Verträge in Folge von Darlehensbewilligungen bedürfen der vor-herigen Genehmigung des Vorstandes, sons-tige Verträge der Genehmigung der General-versammlung.

b) die Vereinskorrespondenzen zu führen und die Vereinsakten aufzubewahren.

c) die Einnahme- und Ausgabeanweisungen zu erteilen, und zwar aufgrund der Festsetzun-gen des Vereinsvorstandes in dessen Protokoll-buch. Er hat diese Anweisungen als Kassenre-visor in die Einnahme- und Ausgabekontrolle einzutragen, das Kassen- und Rechnungswe-sen genau zu beaufsichtigen, am Ersten jedes Monats die Vereinskasse zu revidieren, die Bücher abzuschließen, das Resultat in das vorgeschriebene Formular einzutragen und den Kassenabschluss dem Vorstand in den regelmäßigen Sitzungen vorzulegen. Auf den Antrag des Vorstehers kann der Vorstand ein anderes Mitglied mit der Revision beauftra-gen, welche jedoch auch in diesem Fall unter der Leitung des Vorstehers erfolgen muss.

§ 10

Der Vorsteher führt in den Sitzungen des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Ge-neralversammlung den Vorsitz und lässt zu die-sen Versammlungen die Einladungen ergehen.

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Kapitel VIII

Die Generalversammlung beschließt, auf welche Weise die Einladungen zu erlassen sind. Bei Ab-stimmungen ist, wenn eine Stimmengleichheit eintritt, die Stimme des Vorstehers entscheidend.

§ 11

Der Schriftführer, welcher nicht zum Vorstand ge-hören muss, aber von diesem zu wählen ist, hat in den Sitzungen des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Generalversammlung die Protokolle zu führen.

§ 12

Der Vorstand besorgt die inneren Angelegen-heiten des Vereins und hat vor allem

a) die für den Verein verbindlichen Schuldurkun-den über die Vereinsanleihen innerhalb der von der Generalversammlung festgesetzten Grenze aufzustellen, und zwar nach dem am Schluss dieser Statuten beigefügten Schema A.

b) über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Bewilligung der Darlehen zu be-schließen und auf die pünktliche Rückzah-lung der Letzteren zu achten.

c) mit dem Vorsteher das Kassen- und Rechnungs-wesen zu beaufsichtigen, die Kassenabschlüsse zu prüfen sowie auf die sichere und verzinsli-che Anlage der Kassenbestände zu achten.

d) im März jedes Jahres die Rechnung des vor-hergehenden Jahres zu prüfen.

Die mündlich oder schriftlich zu machenden Anträ-ge auf Darlehen sind von den betreffenden Vorstands-mitgliedern in ein Verzeichnis einzutragen, welches die Vermögensverhältnisse der Darlehenssuchenden und der Bürgen genau nachweist. Aufgrund dieses Verzeichnisses fällt der Vorstand seine Beschlüsse.

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Die Darlehnskassen-Vereine

§ 13

Um über die Anträge zur Bewilligung von Darle-hen beschließen zu können, muss sich der Vorstand in regelmäßigen Sitzungen versammeln, und zwar mindestens einmal im Monat. Die Versammlungsta-ge werden den Vereinsmitgliedern bekannt gemacht.

Beschlüsse des Vorstandes sind gültig, wenn sie in vorschriftsmäßiger Sitzung vom Vorsteher oder dessen Stellvertreter und außerdem von mindestens zwei Vorstandsmitgliedern gefasst worden sind.

Im Falle des Ausscheidens oder dauernder Verhin-derung von Vorstandsmitgliedern und deren Stellvertre-tern kann sich der Vorstand durch Heranziehung von Vereinsmitgliedern bis zur nächsten Generalversamm-lung ergänzen, dort ist dann die Ergänzungswahl für die Wahlperiode der Ausgeschiedenen vorzunehmen.

b) Verwaltungsrat

§ 14

Der Verwaltungsrat besteht neben dem Vor-stand aus mindestens 12 Mitgliedern, welche in gleicher Weise wie die Vorstandsmitglieder auf den Vereinsbezirk zu verteilen sind.

Sie werden für zwei Jahre gewählt. Jedes Jahr, zum ersten Mal durch das Los, scheidet die Hälfte aus.

§ 15

Der Verwaltungsrat ist dazu verpflichtet, sämt-liche Vereinsangelegenheiten zu kontrollieren. Er muss darauf achten, dass die Verwaltung statuten-mäßig geführt, jeder Vereinsbeschluss pünktlich aus-geführt und das Interesse des Vereins gewahrt wird. Er hat das Recht, jederzeit die Vereinsakten sowie die Buchführung einzusehen, das Vorzeigen der

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111

Kapitel VIII

Kassenbestände zu verlangen und außerordentli-che Kassenrevisionen abzuhalten oder durch ge-wählte Gremien abhalten zu lassen.

Vor allem hat er die Pflichta) über die Aufnahme neuer Mitglieder zu be-

schließen.b) im April jedes Jahres die Rechnung des vor-

hergehenden abzuschließen, dabei vorkom-mende Vorschriftswidrigkeiten zu rügen, zu beseitigen und nach Erledigung seiner Be-merkungen den Zahlmeister zu entlasten.

c) über die dem Vorsteher zu erteilende Er-mächtigung zu Prozessen, soweit solche nicht wegen Eintreibung der Darlehen und wegen Klagen des Vereins gegen Dritte erforderlich sind, sowie über die Festsetzung außerge-wöhnlicher Ausgaben zu beschließen.

d) die Provision festzusetzen sowie über die Ver-teilung des Gewinns zu beschließen.

e) die Bürgschaften für sämtliche ausstehende Darlehen mindestens einmal jährlich zu prü-fen und auf die sofortige Kündigung gefähr-deter Darlehen zu achten.

§ 16

Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn nach vorschriftsmäßiger Einladung neben dem Vorsteher oder dessen Stellvertreter mindestens neun Mitglieder anwesend sind.

§ 17

Findet der Verwaltungsrat, dass der Vorsteher/ein Mitglied des Vorstandes/der gesamte Vor-stand/der Zahlmeister die Vorschriften der Statuten nicht beachtet oder das Interesse des Vereins nicht

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Die Darlehnskassen-Vereine

gewahrt haben, so steht ihm das Recht zu, alle Maßnahmen zu ergreifen, welche ihm nötig er-scheinen, um das Vereinsinteresse zu wahren. Er ist befugt, sowohl jedes Mitglied des Vorstandes als auch den gesamten Vorstand und den Zahlmeister seiner Funktion zu entheben, hat aber dann bzw. wenn er das Interesse des Vereins gefährdet glaubt, eine Generalversammlung einzuberufen und die-ser den Fall zur Entscheidung vorzulegen.

Der Verwaltungsrat hat sich zur Abwicklung seiner Geschäfte in regelmäßigen Abständen zu treffen, mindestens viermal jährlich. Die Versamm-lungstage zu den regelmäßigen Sitzungen werden von der Generalversammlung festgesetzt.

c) Generalversammlung

§ 18

Alle männlichen Vereinsmitglieder bilden die Ge-neralversammlung und haben darin Stimmrecht (§ 5). Außer den in den §§ 39 und 40 genannten Fällen ist die Generalversammlung bei jeder beliebigen An-zahl beschlussfähig, wenn die Einladung unter Anga-be des Gegenstandes vorschriftsmäßig ergangen ist.

Die Beschlüsse sind für alle Vereinsmitglieder bindend, wenn sie von der absoluten Mehrheit der Anwesenden gefasst worden sind, selbstverständlich unter Ausschluss der oben gedachten Fälle.

Der Auflösungsbeschluss bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln aller Vereinsmitglieder (§ 40).

§ 19

Die Generalversammlung findet mindestens zweimal jedes Jahres regelmäßig statt, und zwar nach näherer Bestimmung derselben im Frühjahr und im Herbst. Außerdem wird sie immer dann einberufen,

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113

Kapitel VIII

wenn es der Vorstand, der Verwaltungsrat oder min-destens ein Viertel der Vereinsmitglieder (Letztere müssen einen schriftlichen Antrag an den Vorste-her richten) für nötig halten. Unterlässt der Vorste-her die rechtzeitige Einladung, so ist in diesem Falle der Vorstand oder der Verwaltungsrat dazu befugt.

Sämtliche schriftlich einzubringenden Anträge von Mitgliedern sind auf die Tagesordnung zu set-zen und mit der Einladung allen Mitgliedern be-kannt zu geben.

Die Generalversammlung kann dem Vorsteher den Vorsitz entziehen und ihn einem anderen Ver-einsmitglied übertragen, wenn auf der Versamm-lung ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Die Versammlung kann einen besonderen Be-schluss fassen, nachdem Mitglieder, die den Sitzun-gen unentschuldigt fernbleiben, mit einer Konven-tionalstrafe belegt werden, zu deren Zahlung die Mitglieder verpflichtet sind.

§ 20

Die Generalversammlung wählt in ihren regel-mäßigen Frühjahrssitzungen aus den Reihen der männlichen Mitglieder den Vorstand, den Verwal-tungsrat und den Zahlmeister, und zwar mit abso-luter Stimmenmehrheit. Wird solche bei der ers-ten Abstimmung nicht erreicht, so gibt es bei der zweiten (d. h. letzten Abstimmung) eine Stichwahl zwischen den beiden Mitgliedern, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Außer diesen Wahlen werden in den regelmä-ßigen Versammlungen selbstverständlich auch alle sonstigen Vereinsangelegenheiten erledigt, welche dem Vorstand oder Verwaltungsrat nicht explizit durch das Statut übertragen worden sind. Es bleibt der Versammlung vorbehalten, selbst oder

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Die Darlehnskassen-Vereine

durch gewählte Gremien, sämtliche Geschäftsfüh-rungen für den Verein zu kontrollieren, außer-gewöhnliche Kassenrevisionen zu verfügen sowie überhaupt alle Anordnungen zu treffen, welche ihr im Interesse des Vereins nötig erscheinen.

Die Rechnung des vorhergehenden Jahres ist je-des Mal in den Versammlungen offenzulegen und der Vorsteher muss ausführlich über den Stand der Vereinsangelegenheiten Bericht erstatten.

§ 21

Ob die Abstimmung in den Generalversamm-lungen offen oder in geheimer Wahl (mithilfe ei-nes Stimmzettels) erfolgen soll, hat die Versamm-lung jedes Mal zu beschließen. Der Beschluss darüber ist ausdrücklich in das Protokollbuch auf-zunehmen.

d) Zahlmeister, Rechnungswesen

§ 22

Die Gelder des Vereins werden von einem für vier Jahre zu wählenden und mit dreimonatiger Kündigungsfrist anzustellenden Zahlmeister ver-waltet.

Derselbe hata) nach einer vom Vorstand zu entwerfenden

und von der Generalversammlung festzuset-zenden Instruktion sowie nach den Anwei-sungen des Vorstehers sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Vereins pünktlich zu täti-gen, die Bücher zu führen und die Kassenbe-stände aufzubewahren.

b) dem Vorsteher bis zum 1. März jedes Jahres die Rechnung des vorhergehenden Jahres

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115

Kapitel VIII

vorzulegen, und zwar zusammen mit den Be-legen (in einem Heft gebündelt) und einer Vermögensaufstellung.

In Bezug auf die Eintreibung der Darlehen hat der Zahlmeister, ohne besondere Vollmacht, die gleichen Befugnisse wie der Vereinsvorsteher, d. h., er kann den Verein vor Gericht vertreten (§ 9).

§ 23

Das Rechnungsjahr beginnt und schließt mit dem Kalenderjahr.

§ 24

Der Zahlmeister darf weder Mitglied des Vor-stands noch des Verwaltungsrats sein. Er ist dem Verein gegenüber für die Vereinsgelder sowie für die pünktliche Geschäftsführung verantwortlich. Er hat daher einen zahlungsfähigen Bürgen als Selbstschuldner3 und Zahlungspflichtigen oder eine von der Generalversammlung zu bestimmen-de Kaution zu stellen, wenn die Versammlung nicht ausdrücklich darauf verzichtet.

e) Im Allgemeinen

§ 25

Über die Vergütungen, welche dem Zahlmeis-ter sowie den anderen mit der Verwaltung beauf-tragten Vereinsmitgliedern zu gewähren sind, be-schließt die Generalversammlung. Zur Erstattung von Spesen an Vereinsmitglieder genügt der Be-schluss des Verwaltungsrates.

3 Schuldner, der die Rolle des Hauptschuldners auf sich nimmt.

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Die Darlehnskassen-Vereine

§ 26

Sowohl für den Vorstand als auch für den Ver-waltungsrat und die Generalversammlung ist je ein Protokollbuch anzulegen. Alle Beschlüsse der betreffenden Versammlung sind in die Protokoll-bücher einzutragen und von den Anwesenden zu unterzeichnen. Der Generalversammlung bleibt es durch besonderen Beschluss jedoch vorbehalten, die für sie gültige Unterzeichnung ihrer Beschlüs-se dem Verwaltungsrat oder einem gewählten Aus-schuss zu übertragen.

Abschnitt IV: Beschaffung der Vereinsmittel, Anleihen etc.

a) Im Allgemeinen

§ 27

Die Geldmittel des Vereins werden aufgebrachta) durch Anleihen,b) durch Beiträge der Mitglieder,c) durch Provision sowie durch Zinsüberschüsse.

b) Anleihen

§ 23

Über die Höhe der fremden Kapitalien hat die Generalversammlung zu beschließen. Die Festset-zung der Anleihen für jedes Rechnungsjahr er-folgt in den regelmäßigen Jahressitzungen, wenn nicht dringende Fälle besondere Versammlungen nötig machen.

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Kapitel VIII

c) Beiträge der Mitglieder

§ 29

Jedes Mitglied des Vereins ist verpflichtet, nach nä-herer Festsetzung der Generalversammlung zu zahlen

a) ein Eintrittsgeld, b) eine Einlage.

Das Eintrittsgeld ist Eigentum des Vereins und wird dem Reservekapital zugeschlagen (§ 38). Die Einlagen bleiben Eigentum der Einzahler, werden als Vereinsanleihen betrachtet und nach dem Aus-tritt sowie nach Erfüllung der Verpflichtungen der Mitglieder, wozu auch deren Bürgschaften für Ver-einsdarlehen gerechnet werden sollen, denselben zurückgezahlt.

Die auf die Mitglieder fallende Dividende (§ 36) wird so lange nicht ausgezahlt, sondern den Einla-gen zugeschrieben, bis diese die festgesetzte Höhe erreicht haben.

Jedes Mitglied erhält ein auf seine Kosten zu beschaffendes Quittungsbuch, in welches Einlage und Dividende eingetragen werden.

d) Provision, Zinsüberschüsse

§ 30

Die Vereinsmitglieder haben von den Darlehen (§ 33) jährlich 5 % und eine vom Verwaltungsrat festzusetzende und im Voraus zu zahlende Provisi-on zu zahlen.

Um Zinsüberschüsse für den Verein zu erzielen, hat der Vorstand die Vereinsanleihen zu einem möglichst billigen Zinsfuß zu beschaffen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Abschnitt V: Verwendung der Vereinsmittel, Darlehen etc.

a) Im Allgemeinen

§ 31

Die Geldmittel des Vereins werden verwendeta) für verzinsliche Darlehen an die Mitglieder,b) für die Bestreitung der Vereinskosten,c) für die Ansammlung eines Vereinskapitals.

b) Darlehen

§ 32

Die Hilfe darf nur Vereinsmitgliedern zuteilwer-den, welche eine sichere Bürgschaft leisten oder eine hypothekarische Sicherheit stellen können.

Eine Bürgschaft, sei es durch einen oder meh-rere solidarisch haftende Bürgen, ist als genügend anzusehen, wenn der bzw. die Bürgen mindes-tens den doppelten Wert des zu garantierenden Darlehens an unbelastetem Immobiliarvermögen vorweisen können. Die Feststellung dieses unver-schuldeten Immobiliarvermögens erfolgt, indem vom wirklichen Wert des vorhandenen Immobili-arvermögens des bzw. der Bürgen deren Schulden in Abzug gebracht werden. Jeder Bürge muss als Selbstschuldner und Zahlungspflichtiger haften und auf Vorausklage4 verzichten. Das Darlehen kann in Ausnahmefällen anstatt mit einer Bürg-schaft durch eine gerichtliche Hypothek gesichert werden. Der Verwaltungsrat prüft die Sicherheit.

4 Klage zu dem Zwecke, den Gläubiger zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel gegenüber dem Hauptschuldner zu zwingen, bevor auf den Bürgen zurückgegeriffen werden kann.

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Kapitel VIII

§ 33

Mit einer solchen Bürgschaft bzw. Sicherheit kann der Vorstand den Vereinsmitgliedern, wel-che mindestens drei Monate dem Verein angehö-ren und wenigstens die Hälfte des Eintrittsgeldes gezahlt haben, ein Darlehen bewilligen, und zwar auf Antrag des Mitglieds beim Vorstandsmitglied seines Bezirkes.

Den Höchstbetrag, über den hinaus keinem Mitglied, sei es in einer Bewilligung oder in meh-ren Beträgen, Darlehen verabfolgt werden dürfen, setzt die Generalversammlung durch besonderen Beschluss fest.

Der Verwaltungsrat und der Vorstand können für Schäden, die dem Verein möglicherweise aus solchen Bewilligungen entstehen, nicht speziell ver-antwortlich gemacht werden, wenn die Bewilligun-gen und Beschlüsse vorschriftsmäßig erfolgt sind.

Über Beschwerden wegen zurückgewiesener Darlehensanträge entscheidet die Generalver-sammlung.

§ 34

Darlehen mit einer auf vier Wochen beschränk-ten Kündigungsfrist müssen in der Regel in fünf aufeinanderfolgenden Jahren zurückgezahlt wer-den, und zwar zu gleichen Teilen. Im Ausnahme-fall kann der Verwaltungsrat nach einem beson-deren Beschluss die Rückzahlungsfrist verlängern, allerdings nur auf höchstens zehn Jahre und nur, wenn der Schuldner eine hypothekarische Sicher-heit hinterlegt. Die Bewilligung von Darlehen mit einer Laufzeit, die länger als zehn Jahre dauert, bleibt – nach hinreichender Ansammlung des Re-servefonds – der näheren Festsetzung durch die Generalversammlung vorbehalten.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Die Rückzahlungstermine sind am 1. November jedes Jahres. Frühere Rückzahlungen des ganzen Kapitals oder einer jährlichen Teilzahlung sind je-derzeit gestattet.

Für die vor dem 1. August gezahlten Darlehen be-ginnt die erste Teilzahlung am 1. November desselben Jahres, für die nach dem 1. August gezahlten Darle-hen am 1. November des darauffolgenden Jahres.

Sollten sich Mitglieder am auf den Fälligkeit-stermin folgenden 1. Dezember mit Teilzahlungen noch im Rückstand befinden, so muss in der Regel deren ganze Schuld an die Vereinskasse auf dem Gerichtsweg schonungslos eingetrieben werden.

Auf besondern Wunsch kann den Mitgliedern auch von vornherein eine kürzere Rückzahlungs-frist gewährt werden. In diesem Fall wird sie auf drei Monate festgesetzt. Nach ihrem Ablauf kann sie vom Vorstand um die gleiche Frist verlängert werden.

§ 35

Über die Darlehen sind Schuld- und Bürgschafts-scheine auszustellen, und zwar nach den am Schluss dieser Statuten beigefügten Schemata B oder C. Sie dienen gleichzeitig als Rechnungsbelege für die be-treffenden Ausgaben und müssen deshalb mit der Ausgabeanweisung des Vorstehers versehen sein.

Die in diesen Schuldscheinen gegenüber den Vereinsschuldnern vorgesehene vierwöchige Kün-digung soll nur benutzt werden, wenn die vom Ver-ein geliehenen Kapitalien massenweise gekündigt werden oder wenn die Vereinsschuldner oder de-ren Bürgen in Verhältnisse geraten, welche die Dar-lehen gefährden.

Da, wo Darlehen an Eheleute bewilligt werden, müssen die Schuldscheine sowohl vom Ehemann als auch von der Ehefrau unterzeichnet werden. Die Ehe-leute müssen auch als Schuldner aufgeführt werden.

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Kapitel VIII

c) Vereinskosten

§ 36

Von der Provision und den Zinsüberschüssen werden die Vereinskosten gezahlt; der danach ver-bleibende Rest bildet den Gewinn des Vereins. Ein vom Verwaltungsrat zu bestimmender Prozentsatz, welcher mindestens den zehnten Teil des Gewinnes ausmachen muss, soll zu einem Reservekapital an-gesammelt werden, welches wenigstens 200 Taler betragen muss. Der übrige Teil des Gewinnes wird, nachdem mindestens diese Summe als Re-servekapital vorhanden ist, als Dividende an die Mitglieder verteilt, und zwar nach dem Verhältnis der Einlagen, wobei nur volle Taler der Einlagen in Anrechnung kommen sollen. Bei vollständigen Einlagen findet eine Barauszahlung statt, bei nicht vollständigen Einlagen wird diesen die Dividende zugeschlagen. Jedes Vereinsmitglied erhält dazu ein besonderes Konto in der Buchführung; auch erfolgen die Eintragungen der Guthaben der Ver-einsmitglieder in die Quittungsbücher (§ 29), wel-che jährlich berichtigt werden müssen.

§ 37

Zu den nötigen Ausgaben, außer den Darlehen und den vom Vorstand zu bewirkenden Rückzah-lungen von Vereinsanleihen, ist, insofern sie zur Anschaffungen von Büchern, Formularen und Schreibmaterialien sowie für Zinsen, Dividenden und schließlich zur Eintreibung der Darlehen er-forderlich sind, die Genehmigung des Vorstandes nötig, in allen andern Fällen die Genehmigung des Verwaltungsrates. Eine Ausnahme bildet die Fest-setzung der Vergütungen für den Zahlmeister so-wie die Aufwandsentschädigung für die sonstigen

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Die Darlehnskassen-Vereine

Vereinsmitglieder, die von der Generalversamm-lung festgelegt werden (§ 25). Außerdem ist in al-len Zweifelsfällen deren Beschluss einzuholen.

d) Reservekapital

§ 38

Das Reservekapital, welches das Vereinsvermö-gen bildet und den Zweck hat, Ausfälle und Verluste des Vereins zu decken, muss die Höhe von mindes-tens 200 Talern erreicht haben, ehe eine Verteilung der Dividende an die Mitglieder stattfindet. Wenn es unter diesen Betrag sinkt, wird auch später bis zur Wiederansammlung dieses Normalbetrages die Dividendenzahlung jedes Mal wieder eingestellt. Außer dem im § 36 gedachten Gewinnanteil wer-den die Eintrittsgelder dem Reservekapital zuge-schlagen. Dieses bleibt Eigentum des Vereins. Die austretenden Mitglieder haben keinen Anteil an demselben. Es soll bei Auflösung des Vereins für wohltätige Zwecke verwendet werden, und zwar für Erziehungs- und Bildungsanstalten, näheres be-stimmt dann die Generalversammlung.

Abschnitt VI: Allgemeine Bestimmungen

a) Abänderung der Statuten

§ 39

Die gegenwärtigen Statuten können von der Ge-neralversammlung abgeändert werden. Es bedarf dazu der Zustimmung von mehr als der Hälfte aller Vereinsmitglieder, und zwar auf einer vorschriftsmä-ßigen Sitzung. Außerdem müssen die vorzuschla-genden Abänderungen allen Mitgliedern wenigs-tens acht Tage vor der Sitzung mitgeteilt werden.

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Kapitel VIII

b) Auflösung des Vereins

§ 40

Zur Auflösung des Vereins ist die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln aller Mitglieder er-forderlich, und zwar in ordnungsmäßiger Sitzung. Außerdem muss der Antrag auf Auflösung allen Mitgliedern nachweislich 14 Tage vor der Sitzung schriftlich zugestellt worden sein. Die Auflösung ist in den Neuwieder Lokalblättern bekannt zu machen. Es sind sodann zunächst sämtliche Au-ßenstände einzutreiben und die Vereinsschulden zu bezahlen. Erst wenn Letztere getilgt sind, erhal-ten die Vereinsmitglieder ihre Guthaben, welche, wenn es nötig sein sollte – selbstverständlich nach-dem vorher das Reservekapital verwendet wurde –, für ihre Verpflichtungen in Anspruch genommen werden.

c) Ausschluss des gerichtlichen Prozessverfahrens

§ 4l

Streitigkeiten über die Bestimmungen der Ver-einsstatuten oder zwischen Mitgliedern des Ver-eins über sonstige Vereinsangelegenheiten werden endgültig durch die Generalversammlung ge-schlichtet. Die Mitglieder erklären ausdrücklich, sich der Entscheidung dieser Versammlung zu un-terwerfen und auf den Rechtsweg zu verzichten.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Schema A

Schuldschein

Nr. …

Der Heddesdorfer Darlehnskassen- Verein bekennt hierdurch, aufgrund des Beschlusses der Generalversammlung vom …

von ……als Darlehen bar erhalten zu haben.

Der Verein, dessen Mitglieder für diese Schuld solidarisch haften, verpflichtet sich, unter Verzicht auf Einspruch bei nicht erfolgter Barzahlung, diese Summe zu … % von heute ab zu verzinsen und dieselbe nach vierteljähriger Kündi-gung an … oder denjenigen, welcher sich als rechtmäßiger Eigentümer dieses Schuldscheins legitimieren wird, zurückzuzahlen.

Heddesdorf, den … 18…Der Vorstand des Vereins

Die vorstehende Summe von … richtig erhalten und in der Vereinskasse verein-nahmt zu haben, bescheinigt quittierend …

Heddesdorf, den … 18…Der Vereins-Zahlmeister

Gebucht unter …Nr. … des Einnahme-JournalsNr. … der Einnahme-Kontrolle

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Kapitel VIII

Schema B

Schuldschein

von …D …zu …

bekenne hiermit vom Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein die Summe von … heute als Darlehen bar und richtig erhalten zu haben.

Derselbe verpflichtet sich zugleich:1) diese Summe in … aufeinanderfolgenden Jahren zu gleichen Teilen zu-

rückzuzahlen, und zwar jedes Mal am 1. November, sodass die Zahlung des ersten Teils am 1. November …, die des letzten Teils am 1. November 18… erfolgen muss.

2) zur Bestreitung der Vereinsunkosten eine Provision von … Silbergroschen pro Taler, also im Ganzen … Taler … Silbergroschen … Pfennig bar zu zah-len und außerdem das Kapital, soweit solches nicht zurückerstattet ist, mit 5 % jährlich zu verzinsen.

3) die ganze noch schuldige Summe jederzeit zurückzuzahlen, sobald solche nach einer vorherigen Kündigungsfrist von vier Wochen vom Vereinsvor-stand verlangt wird.

4) anzuerkennen, dass er die Rückzahlung der noch schuldigen ganzen Sum-me sofort, ohne vorherige Kündigung, vornehmen muss, wenn ein Termin der Teilzahlung nicht pünktlich eingehalten wird.

5) auf Einspruch bei nicht erfolgter Rückzahlung des betreffenden Darlehens zu verzichten.

… den … 18…

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Die Darlehnskassen-Vereine

Bürgschein

D …zu …erklärt hierdurch für umseitig angegebene Schuld von … …

dem Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein als Bürge zu haften, und zwar un-ter Verzicht auf das Recht der Vorausklage und mit der Verbindlichkeit eines Selbstschuldners dergestalt, dass der genannte Verein berechtigt sein soll, sich mit Übergehung des Hauptschuldners wegen Kapitals, Zinsen, Schäden und Kosten an mich zu halten.

… den … 18…

Für die Richtigkeit auf der vorhergehenden und folgenden Seite stehenden Unterschriften

… den … 18…

Das Vereinsvorstands-Mitglied

… Taler … Silbergroschen können aufgrund des Beschlusses des Vereinsvor-standes vom … Monats … aus der Vereinskasse gezahlt und für das Jahr 18… ausgablich verrechnet worden.

… den … 18…

Der Vereins-Vorsteher

Nr. … der Ausgabe-Kontrolle

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Kapitel VIII

Schema C

Schuldschein

von ……D …zu …

bekenn… hierdurch, vom Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein die Summe von … …heute als Darlehen bar und richtig erhalten zu haben.

D… selbe verpflichte… sich zugleich:1) diese Summe innerhalb der nächsten drei Monate, von heute ab gerechnet,

zurückzuzahlen.2) zur Bestreitung der Vereinsunkosten eine Provision von …% pro Monat, im

Ganzen also auf drei Monate … Taler … Silbergroschen … Pfennig bei Emp-fangnahme des Darlehens zu zahlen, außerdem aber das Kapital von heute bis zur Rückzahlung mit 5 % zu verzinsen.

3) auf Einspruch wegen der nicht erfolgten Rückzahlung dieses Darlehens zu verzichten.

… den … 18…

Der Bürgschein und die Anweisung bleiben unverändert wie unter Schema B.

Heddesdorf, …(Es folgen Ort, Datum und Unterschriften.)

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Die Darlehnskassen-Vereine

Statuten der Heddesdorfer Sparkasse

a) Sicherstellung der Sparkassengelder den Einle-gern gegenüber

§ 1

Von den Mitgliedern des Heddesdorfer Dar-lehnskassen-Vereins wird eine Sparkasse unter dem Namen „Heddesdorfer Sparkasse“ gegründet. Die-selbe nimmt vorab Sparkassengelder von Einwoh-nern der Gemeinde Heddesdorf an. Die Annahme von Sparkassengeldern von Einwohnern anderer Bezirke soll dem Ermessen der Verwaltung der Kasse überlassen bleiben.

§ 2

Die Sparkassengelder werden als Anleihen des Darlehnskassen-Vereins betrachtet. Die Vereinsmit-glieder haften dafür, wie für die übrigen Anleihen (§ 6a der Statuten des Heddesdorfer Darlehnskassen-Vereins, Heddesdorf).

b) Verwaltung

§ 3

Die Sparkasse unterliegt der Verwaltung des Darlehnskassen-Vereins nach folgenden näheren Bestimmungen:

a) Der Vorstand wird um zwei Beisitzer vergrö-ßert. Letztere bilden mit dem Vorsteher den Ausschuss für die Sparkasse. Für die beiden Beisitzer sind zur Führung der Geschäfte Stellvertreter zu wählen.

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129

Kapitel VIII

b) Im Übrigen finden die Rechte und Pflichten des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Generalversammlung des Darlehnskassen-Vereins auch auf die Sparkasse Anwendung.

c) Der Zahlmeister des Darlehnskassen-Ver-eins vereinnahmt und verausgabt die Spar-kassengelder, verrechnet dieselben wie die übrigen Vereinsgelder und ist auch für die Sparkassengelder dem Verein gegenüber ver-antwortlich. In die nach § 22a der Statuten des Darlehnskassen-Vereins zu erlassenden Anweisungen sind auch die nötigen Bestim-mungen für das Rechnungswesen der Spar-kasse aufzunehmen.

c) Einlagen und Sparkassenbuch

§ 4

Die Sparkasse nimmt Einlagen ab 10 Silbergro-schen an.

§ 5

Jeder, welcher Geld in die Sparkasse einlegt, erhält ein auf seinen Namen lautendes Sparkas-senbuch, in welchem Tag und Betrag der Ein-lage angegeben und durch die Unterschriften vom Zahlmeister und von zwei Mitgliedern des Ausschusses bescheinigt werden. Die Sparkassen-bücher werden unter fortlaufender Nummer aus-gestellt. Jedes enthält einen Auszug aus dem ge-genwärtigen Statut und eine Tabelle, aus welcher die Verzinsung der Einlagen von 1–100 Taler zu er-sehen ist. Spätere Einlagen werden auf die gleiche Weise in diesem Sparkassenbuch nachgetragen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

§ 6

Vom Vorstand werden, je nach Bedarf, in re-gelmäßigen Abständen bestimmte Kassentage fest-gesetzt und öffentlich zur Kenntnis gebracht. An diesen Tagen können Ein- und Rückzahlungen be-wirkt werden. Bei den Einzahlungen müssen zwei Mitglieder des Ausschusses zugegen sein.

d) Verzinsung

§ 7

Von den Einlagen wird jeder volle Taler mit dem Prozentsatz verzinst, welchen der Verwaltungsrat durch besonderen Beschluss festsetzen wird. Be-träge unter einem Taler und überschießende Gro-schen werden nicht verzinst.

§ 8

Der Zinslauf beginnt mit dem Ersten des auf die Einlage folgenden Monats und hört mit dem Ers-ten desjenigen Monats auf, in welchem die Rück-zahlung erfolgt.

§ 9

Nach Ablauf von 30 Jahren, von der letzten Empfangnahme der Zinsen an gerechnet, ist jede Einlage, welche in diesem Zeitraum nicht zurück-gefordert worden ist, sowie die angereiften Zinsen Eigentum der Kasse.

§ 10

Die Auszahlung der Zinsen erfolgt durch den Zahlmeister, und zwar nur in der ersten Hälfte des Mo-nats Januar. Werden dieselben dann nicht abgeholt,

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131

Kapitel VIII

so werden sie dem Kapital zugeschlagen und wie dieses verzinst. Eine Ausnahme findet in dem im § 9 besprochenen Fall statt.

Ebenso werden von Einlagen über 100 Taler oder von solchen Einlagen, welche unter Hinzu-rechnung der Zinsen diese Höhe erreicht haben, die Zinsen, wenn sie bis zum 1. Januar nicht abge-hoben sind, nicht mehr dem Kapital zugeschlagen und nicht mit diesem verzinst.

Die Sparkassenverwaltung kann verlangen, dass Einlagen, die den Betrag von 50 Taler er-reicht haben, als gewöhnliche Anleihen für den Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein betrach-tet werden, und zwar zur beim Verein üblichen Verzinsung. In einem solchen Fall wird das Spar-kassenbuch gegen einen gewöhnlichen Schuld-schein umgetauscht.

e) Rückzahlungen

§ 11

Die Sparkasse ist berechtigt, aber nicht ver-pflichtet, jedem Inhaber des Sparkassenbuchs, gegen Vorzeigen und Rückgabe desselben, den Betrag, worauf es lautet, ganz oder teilweise aus-zuzahlen, ohne dem Einzahler oder dessen Erben zur Gewährleistung verpflichtet zu sein, wenn nicht vor der Auszahlung dagegen Protest eingelegt und in die Kassenbücher eingetragen wird.

§ 12

Wessen Sparkassenbuch gänzlich vernich-tet worden ist oder wer es verloren hat, muss, wenn er an dessen Stelle ein anderes zu haben wünscht, den Verlust sofort nach dessen Entde-ckung dem Zahlmeister der Sparkasse anzeigen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Der Zahlmeister vermerkt denselben ohne sich um die Legitimation des angeblichen Besitzers zu kümmern in den Büchern.

§ 13

Vermag der Besitzer die gänzliche Vernichtung des Sparkassenbuchs auf eine nach Ermessen des Ausschusses überzeugende Weise darzulegen, so wird aufgrund der Kassenbücher ohne Weiteres ein neues Buch mit der Bezeichnung Duplikat ausge-stellt. In allen übrigen Fällen muss, nach Vorschrift des Gesetzes, das Eigentum an den Einlagen, wor-auf das verloren gegangene Sparkassenbuch laute-te, durch Gerichtsurteil festgestellt werden.

Die Sparkasse zahlt, wozu der Zahlmeister ohne Beiziehung des Ausschusses, welchem er am nächsten Kassentag Mitteilung zu machen hat, ermächtigt ist, zurückgeforderte Summen unter 5 Taler sofort aus. Bei der Rückzahlung höherer Beträge bedarf es einer Kündigungsfrist. Diese wird wie folgt festgesetzt:

a) bei Beträgen von 5 bis einschließlich 15 Taler auf acht Tage,

b) bei Beträgen von 16 bis einschließlich 30 Taler auf 14 Tage,

c) bei Beträgen von 31 bis einschließlich 50 Taler auf 4 Wochen,

d) bei Beträgen von 51 bis einschließlich 100 Taler auf 6 Wochen,

e) bei Beträgen von 101 Taler und mehr auf 8 Wochen.

Die Kasse hat jedoch das Recht, auch ohne Kün-digung vonseiten der Einleger, schon früher Zah-lung zu leisten und die Gläubiger sind verpflichtet diese anzunehmen. Im Fall der verweigerten frü-heren Annahme verlieren diese die Zinsen vom Tag der angebotenen Rückzahlung an.

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Kapitel VIII

§ 15

Rückzahlungen von Kapital und Zinsen können nur gegen Vorlage des Sparkassenbuches gesche-hen. Die abgetragene Summe muss im Sparkas-senbuch durch den Zahlmeister vermerkt werden. Wird die ganze Forderung ausgezahlt, so wird das Sparbuch vom Zahlmeister einbehalten und von der Kasse archiviert.

Die Quittungen der Einleger über zurückerhal-tene Sparkassengelder dienen als Belege für die Rückzahlung.

§ 16

Dem Einleger entstehen außer dem Stempel bei Ein- und Auszahlung seiner Gelder keinerlei Kosten. Allerdings muss er nach näherer Festset-zung des Verwaltungsrates die Kosten des Sparkas-senbuches tragen.

f) Abänderung der Statuten, Auflösung der Kasse

§ 17

In Bezug auf die Abänderung der gegenwärtigen Statuten und die Auflösung der Kasse finden die Bestimmungen der §§ 39 und 40 der Statuten des Heddesdorfer Darlehnskassen-Vereins Anwendung.

§ 18

Sollte eine wesentliche Abänderung der ge-genwärtigen Statuten eintreten oder die Kasse aufgelöst werden, so muss dies in den in Neu-wied erscheinenden öffentlichen Zeitungen so-wie in ortsüblicher Weise in den Gemeinden dem Gemeindeamt bekannt gemacht werden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Im ersten Fall steht es den Einlegern selbstverständ-lich frei, ihre Einlagen unter Beachtung der fest-gesetzten Kündigungsfristen zurückzufordern. Im Fall der Auflösung der Kasse muss dies innerhalb bestimmter Fristen geschehen, die festzulegen sind. Die Einlagen, welche innerhalb dieses Zeitraums nicht zurückgefordert werden, werden nach dem Beschluss des Verwaltungsrates untergebracht. Die Einlagen mit den rückständigen Zinsen werden Ei-gentum des Darlehnskassen-Vereins oder nach des-sen eventueller Auflösung so verwendet wie der Re-servefonds, wenn die Bestimmung im § 9 zutrifft.

Heddesdorf

Kasseninstruktion des Heddesdorfer Darlehnskas-sen-Vereins

Der Zahlmeister hat auf spezielle Anweisung des Vereinsvorstehers sämtliche Einnahmen und Ausga-ben zu tätigen und ist dem Verein sowohl für die einge-nommenen Gelder, deren vorschriftsmäßige Verwen-dung und Aufbewahrung der Bestände als auch für die pünktliche Buchführung und Rechnungsstellung ver-antwortlich. Rückständige, nicht pünktlich eingegan-gene Darlehen hat er ohne Weiteres auf dem gericht-lichen Prozesswege einzutreiben, wenn er dazu vom Vereinsvorsteher den Auftrag erhält. Er hat vor allem

1) das Haupt-Einnahme-Journal nach beilie-gendem Schema D,

2) das Haupt-Ausgabe-Journal nach beiliegen-dem Schema E,

3) das Spezial-Einnahme-Journal der Einlagen und der Dividende der Mitglieder nach bei-liegendem Schema F,

4) das Spezial-Ausgabe-Journal der Einlagen und der Dividende der Mitglieder nach bei-liegendem Schema G,

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135

Kapitel VIII

5) das Konto der angeliehenen Kapitalien nach beiliegendem Schema H,

6) das Konto der den Mitgliedern gezahlten Darlehen nach beiliegendem Schema I,

7) das Konto der Eintrittsgelder, Einlagen und der Dividende der Mitglieder nach beilie-gendem Schema K,

8) das Spezial-Einnahme- und Ausgabe-Journal der Einlagen in die Sparkasse nach beilie-gendem Schema L,

9) das Konto der Einlagen in die Sparkasse nach beiliegendem Schema M

sowie diejenigen Bücher zu führen, welche künftig noch angeordnet werden. Er hat die Ein-nahmen und Ausgaben sofort, nachdem sie ge-macht worden sind, nach folgenden näheren Be-stimmungen einzutragen.

Die Einlagen der Mitglieder werden im Laufe des Monats in das Spezial-Einnahme-Journal bzw. in das Spezial-Ausgabe-Journal gebucht. Dasselbe ge-schieht bei den Sparkassengeldern in das dafür an-zulegende Spezial-Einnahme und Ausgabe-Journal. Die Zahlungen der Eintrittsgelder, der Einlagen der Mitglieder und der Sparkassengelder sind ebenfalls in die Quittungsbücher (nach Schema Fa) bzw. in die Sparkassenbücher (Schema Ma) einzutragen, die sich in den Händen der Mitglieder bzw. Spar-kassen-Einleger befinden. Alle übrigen Einnahmen und Ausgaben werden unmittelbar in das Haupt-Einnahme-Journal oder Haupt-Ausgabe-Journal ge-bucht. Die Zahlung sämtlicher vom Verein geschul-deter Zinsen ist auf den 1. November zu stellen.

Am ersten Tag jedes Monats, morgens vor Be-ginn der Kassenöffnung, werden die genannten Spezial-Journale abgeschlossen und zusammenge-rechnet. Die Summen werden in die Haupt-Journa-le eingetragen. Hier werden ebenfalls die Summen

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Die Darlehnskassen-Vereine

gezogen und in ein Formular eingetragen, und zwar nach dem Schema als Kassenabschluss. Sowohl die-ser Kassenabschluss als auch die abgeschlossenen Bücher sind vom Kassenrevisor und vom Zahlmeis-ter zu unterschreiben, und zwar in den Journalen mit dem Vermerk: „Abgeschlossen zur Summe von (in Worten), den … 18… (Unterschriften des Kas-senkontrolleurs und des Zahlmeisters).“

Damit in der Zwischenzeit der Kassenabschluss jederzeit rasch gemacht werden kann, muss der Zahlmeister jede ausgefüllte Seite sofort zusam-menrechnen. Die monatlichen Kassenabschlüsse sind dem Vorstand sowie dem Verwaltungsrat in den regelmäßigen Sitzungen jedes Mal vorzule-gen. Die Einnahmen und Ausgaben an Kapitalien sind nicht nur in die Journale einzutragen, son-dern auch in die vier Konten H, I, K und M, damit jederzeit eine genaue Übersicht über jedes vom Verein geschuldete sowie vom Verein ausgeliehene Kapital vorhanden ist.

Sämtliche Ausgaben sind mit der Quittung der Empfänger zu belegen, wobei die Beträge in Wor-ten auszuschreiben sind, und in einem Umschlag, nach den Nummern des Ausgabe-Journals geord-net, aufzubewahren.

Am Jahresende muss der Zahlmeister über sämt-liche Einnahmen und Ausgaben, die ihm im Laufe des Jahres überwiesen wurden, Rechenschaft able-gen, und zwar nach dem beigefügten Schema O. Die Eintragung erfolgt nach den Abteilungen der bei-den Haupt-Journale, zuerst die Einnahmen, dann die Ausgaben. Sowohl die laufenden Nummern der Rechnung als auch die der Belege werden ohne Rücksicht auf Einnahme oder Ausgabe fortlaufend nummeriert, die Belege für die Einnahme und Aus-gabe sind in einem Heft zu vereinigen und beizu-fügen. Der Abschluss der Haupt-Journale vom Mo-nat Dezember bildet zugleich den Jahresabschluss.

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Kapitel VIII

Einnahmen und Ausgaben, welche alsdann noch nicht bewirkt sind, werden übertragen. Die Rechnung muss nach der Vorschrift der Statuten mit den dazu gehörigen Belegen bis zum 1. Februar des nächsten Jahres an den Vereinsvorsteher abgeliefert werden.

Der zum Geschäftsbetrieb nicht erforderliche Barbestand ist nach Anordnung des Vorstandes, welcher aufgrund der monatlichen Kassenbe-schlüsse in seinen regelmäßigen Sitzungen darü-ber zu beschließen hat, sicher anzulegen.

Die vom Bankier des Vereins erhaltenen und an denselben abgegebenen Gelder werden als Ka-pitalanleihen behandelt und als solche sowohl in den Journalen als auch in der Abschlussrechnung eingetragen.

Nach Vorprüfung der Abrechnung durch den Vorstand wird dieselbe vom Verwaltungsrat de-finitiv abgeschlossen. Nachdem die Revisionsbe-merkungen des Verwaltungsrates erledigt worden sind, hat er, wenn es keine Bedenken gibt, den Zahlmeister für das betreffende Rechnungsjahr zu entlasten.

Der Kassenkontrolleur hat sämtliche Einnahme- und Ausgabe-Anweisungen in Kontrollen einzutra-gen, welche nach den beiliegenden Schemata P und Q anzulegen und monatlich abzuschließen sind. Den Kassenrevisionen liegen diese Kontrollen zu-grunde und werden mit den Büchern des Empfän-gers verglichen. Außerdem ist der Kontrolleur dazu verpflichtet, sich von der Richtigkeit der Buchun-gen anhand der Belege und Quittungen sowie in sonst ihm geeignet scheinender Weise zu überzeu-gen. Seine Bemerkungen hat er in die Abschlüsse einzutragen, die dem Vorstand und dem Verwal-tungsrat vorzulegen sind. Unordnungen und Vor-schriftswidrigkeiten, die das Interesse des Vereins verletzen, müssen dem Vorstand und dem Verwal-tungsrat sofort zur Kenntnis gebracht werden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Sowohl der Kassenkontrolleur als auch der Vereinsvorsteher, wenn dieser nicht selbst die Kas-senkontrolle führt, sowie der Vorstand und der Verwaltungsrat sind befugt, außergewöhnliche Kas-senrevisionen vorzunehmen bzw. durch eine Kom-mission vornehmen zu lassen. Der Zahlmeister ist in diesem Fall verpflichtet, die vorhandenen Bar-bestände und sämtliche Bücher nebst Belegen – überhaupt alle Schriftstücke, welche zum Kassenge-schäft gehören oder damit in Beziehung stehen – vorzulegen und die nötige Auskunft zu erteilen so-wie den gemachten Anordnungen Folge zu leisten. Bei eventuellen Meinungsverschiedenheiten hat er das Recht, die Entscheidung des Verwaltungsra-tes oder der Generalversammlung zu beantragen; die gemachten Anordnungen bleiben jedoch bis zu dieser Entscheidung in Kraft.

Zwischen dem Vereinsvorsteher für den Verein sowie dem Zahlmeister und dem von diesem zu stel-lenden Bürgen ist bei der Amtsübernahme durch den Zahlmeister folgender Vertrag abzuschließen:

Der Vorsteher des Heddesdorfer Darlehnskas-sen-Vereins, (Name), handelnd für diesen Verein, und der Zahlmeister, (Name), schließen aufgrund des Beschlusses der Generalversammlung vom … heute folgenden Vertrag ab:

1) Der Zahlmeister … übernimmt das Kassen- und Rechnungsgeschäft des Heddesdorfer Darlehnskassen-Vereins für … Jahre. Er er-klärt sich für die Beachtung der dieses Ge-schäft betreffenden bereits erlassenen oder noch zu erlassenden Bestimmungen der Vereinsstatuten sowie der Kasseninstrukti-on verantwortlich, ferner für die pünktli-che Führung der bereits vorgeschriebenen oder noch anzuordnenden Bücher, für die pünktliche und gewissenhafte Ausstellung der Rechnung, für die Aufbewahrung der

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Kapitel VIII

Kassenbestände, für die Befolgung der Anord-nungen des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Generalversammlung. Außerdem verspricht er, dem Verein jeden Schaden bar zu ersetzen, welcher durch die Verletzung die-ser Verpflichtungen bzw. durch mangelhafte und vorschriftswidrige Geschäftsführung dem Verein zugefügt wird.

2) Der … übernimmt hierdurch die Bürgschaft für den Zahlmeister … in der Weise, dass er für alle von dem Letzteren in gegenwärtigem Vertrag übernommenen Verpflichtungen sich als Selbstschuldner haftbar erklärt und dem Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein das Recht einräumt, sich bei allen aus diesem Vertrag gegen den Zahlmeister herzuleiten-den Ansprüchen auf Schadenersatz etc. und der Übergehung des … sich an ihn, den Bür-gen, direkt zu halten. Er verzichtet deshalb ausdrücklich auf die Vorausklage gegen den Zahlmeister.

3) Der Zahlmeister erhält für die oben ange-führten Verpflichtungen, die er übernom-men hat, aus der Heddesdorfer Darlehnskas-se die mit der Generalversammlung näher zu vereinbarende Vergütung.

4) Der gegenwärtige Vertrag wird für die Dauer von … Jahren abgeschlossen; es bleibt aber beiden Teilen eine vierteljährige Kündigung vorbehalten.

Nach der doppelten Ausfertigung wurde der Vertrag unterzeichnet und jeder Vertragspartei wurde ein Exemplar ausgehändigt.

Heddesdorf, den … 18… (Es folgen die Unterschriften des Vorstehers,

des Zahlmeisters und des Bürgen.)

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Die Darlehnskassen-Vereine

Vorstehende Instruktion wurde von der Gene-ralversammlung am … 18… genehmigt.

Heddesdorf, den … 18…

Der Vereinsvorstand(Es folgen die Unterschriften.)

DHaupt-Einnahme-Journal der Heddesdorfer Dar-lehnskasse

Anmerkung zu Schema D

Bei den Vereinen nach dem Heddesdorfer Statut finden die Eintragungen nach der mitge-teilten Kasseninstruktion statt. Danach werden am Monatsende die Spezial-Einnahme-Journale summiert und abgeschlossen. Die Ergebnisse werden in das Haupt-Einnahme-Journal eingetra-gen, worauf der Monatsabschluss, wie vorgeschrie-ben, erfolgt.

Der Abschluss des Monats Dezember bildet zu-gleich den Jahresabschluss oder den sogenannten

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Kapitel VIII

Final-Abschluss. Es muss deshalb auf denselben beson-dere Sorgfalt verwendet werden. Die Richtigkeit aller Eintragungen ist so gut wie nur möglich zu prüfen. Ist auf diese Weise der Jahresabschluss im Einnahme-Journal erfolgt, so werden die Ergebnisse des Haupt-Ausgabe-Journals unter die gleichnamigen Summen des Einnahme-Journals gesetzt, nachdem Kolonne 11 im Einnahme-Journal vorher zu einer Hauptsumme vereinigt worden ist. Nach dem Vergleich der Einnah-me mit der Ausgabe wird sich in den einzelnen Ko-lonnen, wenn nicht zufällig gleiche Beträge vorkom-men, falls die Einnahme größer ist als die Ausgabe, ein Bestand, und, falls die Ausgabe größer ist als die Einnahme, ein Vorschuss ergeben. Diese Bestände und Vorschüsse werden, und zwar die Ersteren auf der ersten Linie und die Letzteren auf der zweiten Linie, unter dem oben genannten Abschluss eingetragen. Auf der nächsten Seite beginnen dann die Eintragun-gen für das folgende Jahr. Auf der ersten Linie findet die Eintragung der Bestände statt, wie sie sich aus dem Vorstehenden ergeben. Ergibt die Kolonne 11 einen Bestand, so wird dieser, wie die Rubriken ergeben, wie-der getrennt eingetragen. Unter dem Bestand erfolgt die Eintragung der einzuhebenden Restbeträge (sie-he Anmerkung zur Einnahme-Kontrolle).

Sollte, was allerdings höchst selten vorkommen darf, der Jahresabschluss etwa um einen Monat ver-schoben werden, so werden für die Eintragungen des Vorjahres die nötigen Seiten freigelassen. Mit den Eintragungen für das laufende Jahr wird sofort begon-nen. Das Ergebnis des Jahresabschlusses kann dann erst eingetragen werden, wenn der Abschluss gemacht worden ist. Sobald die Jahresrechnung definitiv fest-gesetzt worden ist, wird, wenn das Ergebnis mit dem Jahresabschluss nicht genau übereinstimmt, das Er-gebnis des Letzteren beim nächsten Monatsabschluss in Einnahme und Ausgabe abgesetzt, es werden dafür die Ergebnisse nach der Berechnung eingetragen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

E

Haupt-Ausgabe-Journal der Heddesdorfer Dar-lehnskasse

Anmerkung zu Schema E

Bei den Vereinen nach dem Heddesdorfer Statut werden die Spezial-Ausgabe-Journale mo-natlich abgeschlossen, die Ergebnisse vor dem Monatsabschluss werden in das Haupt-Ausgabe-Journal eingetragen. Der den Jahresabschluss bil-dende Abschluss des Monats Dezember muss in Bezug auf die Richtigkeit aller Jahreseintragungen sorgfältig geprüft werden, wozu bei den Ausgaben die Quittungen das nötige Material bieten. Ist auf diese Weise der Jahresabschluss richtig erfolgt, so werden die Ergebnisse unter diejenigen im Haupt-Einnahme-Journale gesetzt. Anschließend wird dann so verfahren, wie in der Anmerkung zu Schema D auseinandergesetzt worden ist. Die sich ergebenden Vorschüsse und Ausgabereste (siehe Anmerkung zur Ausgabe-Kontrolle) werden in das Haupt-Ausgabe-Journal für das nächste Jahr über-tragen, wie dies umstehend angedeutet worden ist.

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Kapitel VIII

Sollte der Jahresabschluss einmal verschoben wer-den, so werden die Vorschüsse und Ausgabereste selbstverständlich erst dann eingetragen, wenn der Jahresabschluss gemacht worden ist. Mit den Eintragungen für das laufende Jahr muss aber auch in diesem Fall sofort, nachdem die Ausga-ben gemacht worden sind, begonnen werden, der nötige Platz zu den Eintragungen für das Vorjahr muss frei bleiben.

Durch die Eintragung der Bestände und Ein-nahmereste sowie der Vorschüsse und Ausgabe-reste kann man, vorausgesetzt, dass sämtliche Eintragungen richtig sind, was bei pünktlicher Kassenführung der Fall sein wird, jederzeit den gesamten Kassenzustand ganz genau ermitteln. Bei vorhandenem Zweifel in Bezug auf die Rich-tigkeit der Zahlen, müssten diese in Bezug auf die Ausgaben mit den Quittungen, die sich bei der Kasse befinden, und in Bezug auf die Einnahmen mit den Quittungen, die sich in den Händen der Einzahler befinden, verglichen werden. Auch für diesen Fall bietet diese Vorgangsweise ein gutes Mittel zur möglichst raschen Ermittlung eines richtigen Ergebnisses.

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Die Darlehnskassen-Vereine

F

Spezial-Einnahme-Journal der Einlagen und der Dividende der Mitglieder der Heddesdorfer Dar-lehnskasse

Anmerkung zu Schema F

Wie das Schema ergibt, werden die Eintra-gungen monatlich gemacht. Bei pünktlicher Beachtung der Statuten und bei pünktlicher Ge-schäftsführung müssten am Schluss jedes Monats sämtliche Zahlungen der Beiträge, also auch sämt-liche Eintragungen, erfolgt sein. Diese Pünkt-lichkeit in Bezug auf die Einzahlungen wird aber wohl bei der besten Organisation und Verwaltung niemals vollständig eintreten. Da nun das Ergeb-nis jedes Monats vor dem betreffenden Monats-abschluss in das Haupt-Einnahme-Journal einge-tragen werden muss, so muss am Monatsende im Spezial-Einnahme-Journal der Abschluss definitiv erfolgen. Nachträgliche Zahlungen dürfen, wenn sie verspätet erfolgen, nicht mehr in den Mo-nat eingetragen werden, für welchen sie geleis-tet werden mussten, sondern sie müssen in den

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Kapitel VIII

Monat eingetragen werden, in welchem die Zahlung erfolgte, auch wenn dadurch in eine Monatskolonne Eintragungen für mehre Monate gemacht werden.

Die Dividende wird vor dem Jahresabschluss berech-net und summarisch nach dem Ergebnis des Spezial-Journals in das Haupt-Einnahme-Journal eingetragen.

Fa

Quittungsbuch über gezahltes Eintrittsgeld und ge-zahlte Einlagen in die Heddesdorfer Darlehnskasse

für das Vereinsmitglied:Nr. des Kontos …

Anmerkung zu Schema Fa

Da, wo ein Verein aus mehreren, teilweise ent-fernt liegenden Ortschaften besteht, wie dies beim Heddesdorfer Verein der Fall ist, würde es für die

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Die Darlehnskassen-Vereine

Mitglieder zu zeitraubend sein, die monatlichen Beiträge direkt an den Zahlmeister zu zahlen. Wie bereits zuvor erwähnt, wurde zur Erleichterung für die Mitglieder die Regelung getroffen, dass die Beiträge an die Mitglieder des Verwaltungsrates, von denen es in jeder der beteiligten Gemeinden eines gibt, gezahlt und von diesen anlässlich der regelmäßigen Sitzungen an den Zahlmeister ab-geführt werden. Es geschieht dies aufgrund einer Liste, deren Richtigkeit vom Mitglied des Verwal-tungsrates und vom Zahlmeister bescheinigt wird und welche zugleich als Einnahmebeleg dient. Im Laufe des Jahres quittieren die Mitglieder des Ver-waltungsrates aber den Empfang. Am Jahresende werden alle Quittungsbücher an den Zahlmeister abgeliefert, welcher sie mit dem Spezial-Einnah-me-Journal vergleicht, feststellt und die Dividende einträgt. Da, wo nur eine Gemeinde oder meh-re nahe beisammen liegende Gemeinden einen Verein bilden, müssen die Beiträge direkt an den Zahlmeister gezahlt werden, da die Einhebung von Vereinsgeldern durch andere Personen möglichst zu vermeiden ist.

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Kapitel VIII

G

Spezial-Ausgabe-Journal der Einlagen und der Dividen-de der Mitglieder der Heddesdorfer Darlehnskasse

Anmerkung zu Schema G

Das Spezial-Ausgabe-Journal der Einlagen und der Dividende der Mitglieder würde wegen der Einlagen allein wohl nicht nötig sein, da deren Zu-rückzahlung wohl nicht so häufig vorkommen wird. Dringend notwendig ist dieses Journal jedoch wegen der Zahlung der Dividende. Diese wird im gegen-wärtigen Spezial-Journal für jedes Mitglied berech-net und die Eintragung im Haupt-Ausgabe-Journal braucht nur einmal summarisch stattzufinden, und zwar am Jahresende aufgrund des Spezial-Journales. So lange die Einlagen nicht voll sind, findet zwar keine Barauszahlung der Dividende an die Mitglieder statt, aber sie wird denselben gut ge-schrieben bzw. den Einlagen zugeschrieben. Rech-nungsmäßig muss also für jedes Mitglied die ihm zustehende Dividende in Ausgabe gestellt werden, wogegen dieselbe im betreffenden Spezial-Journal auch wieder in Einnahme erscheint.

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Die Darlehnskassen-Vereine

H

Konto der geliehenen Kapitalien der Heddesdor-fer Darlehnskasse

Schuldschein Nr. (Name des Gläubigers)Datum der EinzahlungNr. des Haupt-Einnahme-JournalsBetrag der Anleihe … Taler Zinsfuß …%, Betrag der Zinsen Taler … jährlich

Anmerkung zu Schema H

Für jedes geliehene Kapital wird in dem Konto eine ganze Seite verwendet, um Platz für die Ein-tragung der jährlichen Zinsen zu haben. Wenn die Seite voll ist, so wird für die weiteren Eintragungen die nächste freie Seite des Kontos verwendet, auf der Seite, auf der die erste Eintragung steht, wird auf die Nummer der nächsten Seite hingewiesen.

Die Rubriken für die Eintragungen der Zah-lungen sind hauptsächlich für die Zahlung der

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149

Kapitel VIII

Zinsen bestimmt. Teilweise werden aber auch, wie es vorkommen wird, die Zurückzahlungen der Anleihe in den Rubriken der Reihenfolge nach eingetragen, es wird in diesem Fall am Kopf des Kontoblattes, neben dem Betrag der Anleihe, ein kurzer Vermerk gemacht, woraus die noch beste-hende Höhe des Kapitals ersichtlich ist.

I

Konto der den Mitgliedern gezahlten Darlehen aus der Heddesdorfer Darlehnskasse

Anmerkung zu Schema I

Da beim Heddesdorfer Verein in der Regel auf fünf Jahre ausgeliehen wird und die Rückzahlung der Darlehen in fünf Teilzahlungen stattfindet, so ist der Platz in den Konten darauf ausgerich-tet. Wo beim Ausleihen der Vereinsgelder ande-re Rückzahlungsfristen beschlossen werden, wird auch eine andere Verteilung des Platzes stattfin-den müssen. Wird jedoch anstatt auf fünf Jahre auch mitunter auf zehn Jahre ausgeliehen, wie es

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150

Die Darlehnskassen-Vereine

bei den derzeit bestehenden Vereinen der Fall ist, so nimmt man für die Teilzahlungen von vornhe-rein den Platz von zwei Konten.

Wie aus dem Schema ersichtlich, befindet sich auf der linken Seite „Soll“, auf der rechten Seite „Haben“. Die Soll-Einnahme wird gleich bei der Eintragung des Darlehens für den ganzen Zeit-raum, auf welchen dasselbe bewilligt worden ist, festgestellt und eingetragen, selbstverständlich so weit dies nach den Rubriken möglich ist. Ist das Darlehen durch die Zahl der Jahre, auf welche es bewilligt wurde, teilbar, so werden durch diese Teilung die Jahreszahlungen gleich. Anderenfalls wird dies nicht der Fall sein, da bei den Jahreszah-lungen Bruchtaler vermieden werden müssen. Hat jemand beispielsweise 28 Taler auf fünf Jahre er-halten, so würde er beispielsweise im 1. Jahr sechs, im 2. Jahr fünf, im 3. Jahr sechs, im 4. Jahr fünf und im 5. Jahr sechs Taler zu zahlen haben.

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Kapitel VIII

K

Konto der Eintrittsgelder und Einlagen der Hed-desdorfer Darlehnskasse

Anmerkung zu Schema K

In diesem Konto wird auch dann für jedes Mit-glied des Vereins eine Seite verwendet, wenn für den Anfang die Einzahlung der Einlagen nur auf wenige Jahre berechnet worden ist, denn so hat man auch für die künftigen Erhöhungen der Ein-lagen den nötigen Platz.

Die betreffende Anmerkung zum Spezial-Einnah-me-Journal der Einlagen, nach dem die Beiträge der Mitglieder nicht in der Kolonne des Monats einzutra-gen sind, für welchen sie gemacht wurden, sondern in der Kolonne des Monats eingetragen werden sol-len, in welchem die Zahlungen stattfanden, findet auf gegenwärtiges Konto keine Anwendung. Dasselbe soll übersichtlich nachweisen, was von dem betreffenden Vereinsmitglied gezahlt wurde und für welche Zeit dies geschah. Ohne Rücksicht auf die Zeit der Zahlun-gen werden diese in die Kolonnen der Monate einge-tragen, für welche die Zahlungen gemacht wurden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Wenn die Dividende den Vereinsmitgliedern nicht bar ausgezahlt, sondern den Einlagen gut ge-schrieben wird, muss die Dividende der Übersicht halber natürlich trotzdem im Konto in Einnahme und Ausgabe eingetragen werden.

L

Spezial-Einnahme- und Ausgabe-Journal der Einla-gen in die Sparkasse

Anmerkung zu Schema L

Wie in der Instruktion angemerkt, werden in dieses Journal sämtliche Einnahmen und Ausgaben an Sparkassengelder eingetragen, und zwar sofort nachdem sie gemacht worden sind. An jedem Mo-natsende wird das Journal sowohl für die Einnahme als auch für die Ausgabe abgeschlossen, die Sum-men werden in die Hauptjournale eingetragen.

Die den Einlagen gutzuschreibenden Zinsen müssten streng rechnungsmäßig am Jahresende,

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Kapitel VIII

und zwar vor dem Jahresabschluss, in das Spezial-Einnahme- und Ausgabe-Journal eingetragen wer-den So lange die Zahl der Einleger nicht zu groß ist, ist dies auch zu empfehlen. Sollte sich dieselbe aber zu sehr vermehren, so würde wohl die Eintragung dieser Zinsen summarisch sowohl in Einnahme als in Ausgabe erfolgen können. Die genaue Feststel-lung derselben würde denn auch nach dem Konto der Sparkassengelder stattzufinden haben. Das glei-che Verfahren würde bei den auf dem Konto ange-reiften bar auszuzahlenden Zinsen angewandt.

M

Konto für die Sparkasse des Heddesdorfer Dar-lehnskassen-Vereins

Anmerkung zu Schema M

Das Konto muss für jeden Einleger das Guthaben an Einlagen und Zinsen sowie die zurückgezahlten Ein-lagen und die ausgezahlten Zinsen genau nachweisen.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Am Jahresabschluss werden die Zinsen genau be-rechnet und eingetragen, und zwar sowohl in Aus-gabe wie in Einnahme, da man noch nicht wissen kann, welche Einleger die Zinsen bar ausgezahlt haben wollen. Nach § 10 des Sparkassenstatuts sollen die Zinsen, welche in der ersten Hälfte des Monats Januar, also im folgenden Rechnungsjahr, nicht zur Auszahlung kommen, dem Kapital zuge-schlagen werden. Da man beim Jahresabschluss nun unmöglich wissen kann, welche Auszahlun-gen an Zinsen erfolgen werden, so müssen alle Zinsen für Sparkassengelder sowohl im Konto als auch in den Journalen in Ausgabe und Einnahme verzeichnet werden. Die in der angegebenen Zeit auszuzahlenden Zinsen werden dann für das fol-gende Jahr in Ausgabe verzeichnet.

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Kapitel VIII

Ma

Sparkassenbuch

Nr. …für d…wohnhaft …

Inhaber dieses Quittungs-Buches hat in die Heddesdorfer Sparkasse unter den in den beiliegenden Statuten enthaltenen Bedingungen bar eingelegt:Erste Einlage:Nr. des Spezial-Einnahme-Journalsmit Worten: Taler

Heddesdorf, am … 18…Der Rendant Die Beisitzer

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Die Darlehnskassen-Vereine

N

Kassenabschlüsse

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Kapitel VIII

Anmerkung zu Schema N

Bei der Einnahme werden in Kolonne 11 des Ein-nahme-Journals die Eintrittsgelder und die Provision zusammen im umstehenden Abschluss unter Einnah-me eingetragen, und zwar ebenfalls in Kolonne 11.

O

Rechnung des Heddesdorfer Darlehnskassen-Ver-eins für das Jahr 1865

Abgelegt und als richtig bescheinigtHeddesdorf, den 1. Februar 1865Der Zahlmeister, Lauf

Kautionsvermerk

Der Zahlmeister hat für seine Geschäftsführung in Folge des Beschlusses der Generalversammlung vom … den … zu … als Bürgen gestellt, welcher als Selbst-schuldner und Zahlungspflichtiger für alle Verpflichtungen des Zahlmeisters haftet. Die Verhandlung darüber vom … befindet sich in den Händen des Ver-einsvorstehers.

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Die Darlehnskassen-Vereine

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Kapitel VIII

Abschluss

Nachdem die gegenwärtige Rechnung sorgfältig geprüft und darüber das beige-fügte Protokoll aufgenommen worden ist, wird vorläufig festgestellt:

die Einnahme auf …die Ausgabe auf …der Bestand auf …der einziehbare Einnahmerest …und der noch auszugebende Ausgaberest

Heddesdorf, den … 1866Der Vereinsvorstand

Gegenwärtige Rechnung wird mit Bezug auf die anliegende Verhandlung defi-nitiv gestgestellt:

die Einnahme auf …die Ausgabe auf …der Bestand …Dieser sowie der einziehbare Einnahmerest ad …und der Ausgaberest …bleiben pro 1866 zu verrechnen.

Heddesdorf, den … 1866Der Verwaltungsrat

Anmerkung zu Schema O

Obgleich der Form nach der frühere Wohltä-tigkeitsverein aufgelöst und der Darlehnskassen-Verein neu gebildet wurde, so fand im Wesentli-chen doch eine Reorganisation des Ersteren in den Letzteren statt, und zwar dahin gehend, dass das Vermögen sowie die Schulden des Wohltätig-keitsvereins auf den Darlehnskassen-Verein über-gingen. Dass in der letzten Rechnung des Ersteren, nämlich in der Rechnung von 1864, die Summe der Einnahme mit der Summe der Ausgabe genau übereinstimmt und sich deshalb in der 1865er-Rechnung weder ein Bestand noch ein Vorschuss aus dem Vorjahr findet, kommt daher, dass der ganze Überschuss der Kasse des Wohltätigkeitsver-eins von 1864 in Ausgabe und zu einer Stiftung für einen wohltätigen Zweck verwendet wurde. Wie im

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Die Darlehnskassen-Vereine

Schema geschehen, müssen jedes Mal, wenn kein Bestand beziehungsweise kein Vorschuss aus dem Vorjahr vorhanden sein sollte, die Bezeichnungen dafür doch stattfinden. Die Geldkolonnen müssen ebenfalls durchpunktiert5 werden.

Die Reste aus den früheren Jahren werden in den betreffenden Unterabteilungen verrechnet, in die sie gehören, damit die Übersicht nicht verlo-ren geht.

Zur Prüfung der Richtigkeit der zurückgezahl-ten Darlehen müssen die Rechnungen der betref-fenden Vorjahre zugrunde gelegt werden. Um die Revision zu erleichtern, muss die Aufführung in derselben Reihenfolge erfolgen, wie in der be-treffenden früheren Rechnung. Für die früheren Jahren braucht dann in Kolonne 1 nur der Jahr-gang angegeben zu werden. In Kolonne 2 werden nicht die Darlehen aufgeführt, wie sie gezahlt wor-den sind, sondern nur die Beträge, welche wirk-lich noch geschuldet werden. Die übrigen Eintra-gungen dürften sich aus der Instruktion und aus dem Schema selbst ergeben. In Bezug auf die am Schluss der Rechnung angebrachte Übersicht des gesamten Kassenzustandes wird noch bemerkt, dass bei den Anleihen und Darlehen der Sollzu-stand eingetragen wird. Da bei der Haupteintei-lung „Kosten“ Einnahme und Ausgabe sich im Ist-zustand ausgleichen, so müssen bei den Aktiva die einziehbaren Einnahmereste und bei den Passiva die noch zu verausgabenden Ausgabereste berück-sichtigt bzw. aufgeführt werden.

5 Kopien mittels Durchstichen mit der Nadel fälschungssicher machen.

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Kapitel VIII

P

Einnahme-Kontrolle der Heddesdorfer Darlehnskasse

Anmerkung zu Schema P

In die Einnahme-Kontrolle werden vom Vereins-vorsteher oder – unter seiner Leitung – von einem zum Kassenkontrolleur bestimmten sonstigen Vor-standsmitglied alle Einnahmen, nachdem solche fest-gestellt und fällig sind, eingetragen, und zwar ähnlich wie beim Haupt-Einnahme-Journal. Bei pünktlicher Führung muss diese Kontrolle genau nachweisen, welche Einnahmen der Zahlmeister zu machen hat. Die dem Letzteren zu überweisenden Einnahme-belege müssen mit der betreffenden Nummer der Einnahme-Kontrolle versehen werden. Die Letztere wird auf jeder Seite sofort, nachdem die Seite gefüllt ist, addiert. Die sich ergebende Summe wird auf der nächsten Seite vorgetragen und mit dieser wiederum zusammengezogen etc. Am Ende jeden Monats wird in gleicher Weise abgeschlossen, wie dies beim Ein-nahme-Journal erklärt worden ist, sodass jeder Mo-natsabschluss die Summe des laufenden Monats so-wie die Summe aller verflossenen Monate nachweist.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Vor dem Jahresabschluss müssen sämtliche Eintra-gungen in Bezug auf ihre Richtigkeit genau geprüft werden, sodass man die Überzeugung hat, dass das Jahres-Einnahme-Soll genau richtig ist. Unter die gleichnamigen Summen der Kontrolle wird dann der Jahresabschluss des Einnahme-Journals gesetzt. Die Differenzen ergeben die Einnahmereste, wel-che mit dem Bestand, der sich nach dem Vergleich des Einnahme- und Ausgabe-Journals ergibt (siehe Anmerkung zu Schema D), ähnlich wie die für das Haupt-Einnahme-Journal vorgeschrieben ist, in die nächstjährige Kontrolle eingetragen werden.

Q

Ausgabe-Kontrolle Heddesdorfer Darlehnskasse

Q

Ausgabe-Kontrolle Heddesdorfer Darlehnskasse

Anmerkung zu Schema Q

Die zu vollziehenden Ausgabe-Anweisungen wer-den ebenso wie die Einnahme-Belege vom Vereins-vorsteher oder von einem extra zu bestellenden Kas-senkontrolleur in die Ausgabe-Kontrolle eingetragen,

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Kapitel VIII

welche das Ausgabe-Soll für den Zahlmeister ganz ge-nau nachweisen muss. Auf jede Ausgabe-Anweisung wird die betreffende Nummer der Ausgabe-Kontrol-le gesetzt. Das Addieren der Seiten, die Übertragun-gen der Summen auf die nächsten Seiten sowie die Monatsabschlüsse erfolgen ebenso, wie dies in den Anmerkungen zur Einnahme-Kontrolle gesagt ist. Vor dem Jahresabschluss der Ausgabe-Kontrolle wird diese in Bezug auf die Richtigkeit der Zahlen, wie dies bei der Einnahme-Kontrolle bemerkt ist, genau geprüft. Unter das als richtig festgestellte Jahres-Soll werden die betreffenden Summen nach dem Jahres-abschluss des Haupt-Ausgabe-Journals gesetzt und verglichen. Die Differenzen bilden die Ausgabereste, welche mit den Vorschüssen in der nächstjährigen Ausgabe-Kontrolle zur Soll-Ausgabe gestellt werden (siehe Anmerkung zu Schema E).

Nachweisung6 der Anträge auf Darlehen und deren Bewilligungen im 1. Bezirk (Heddesdorf) des Hed-desdorfer Darlehnskassen-Vereins

6 Im Unterschied zum Nachweis – der erbracht werden muss – ist die Nachweisung ein aufgerichtetes Dokument.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Anmerkung zum Schema der Nachweisung der An-träge etc.

Diese Nachweisung ist nicht unbedingt notwen-dig, als Grundlage für die Bewilligungen der Darle-hen jedoch sehr wünschenswert. Ist sie vorhanden und werden die Anträge von den Vorstandsmitglie-dern nach gewissenhafter Ermittlung der Verhält-nisse der Darlehenssuchenden eingetragen, so hat man bei den Bewilligungen einen bestimmten An-halt; anderenfalls werden die Vorstandsmitglieder in den meisten Fällen erfahrungsgemäß nicht im-stande sein, die Verhältnisse der betreffenden Mit-glieder so anzugeben, wie dies für den Vorstand doch wünschenswert ist. Bei der Erforschung der Verhältnisse ist ganz entschieden anzuraten, dies nicht in auffallender, sondern in möglichst scho-nender Weise zu tun, was bei der durchaus nöti-gen Rücksicht für die Darlehenssuchenden so geschehen kann, dass diese nicht verletzt werden und dass sie, wo möglich, von den Eintragungen gar nichts erfahren. Dies in der geeigneten Weise herbeizuführen muss dem Takt der Vorstandsmit-glieder überlassen bleiben. Geschieht das Erfor-schen der Verhältnisse in einer für die Mitglieder unangenehmen Weise, so wird es besser sein, die Nachweisung gar nicht zu führen.

Wichtig ist die Angabe des Zweckes, d. h., wofür die Darlehen verwendet werden sollen, da bei vorsichtiger Verwaltung dieser Zweck für die Bewilligung durchaus maßgebend sein muss. Man wird immer sehr gern Darlehen bewilligen, welche zur Vermögensverbesserung oder zur Ge-schäftsgründung dienen sollen. Wird aber voraus-sichtlich das ausgeliehene Geld nur dazu benutzt, um unnötigerweise Schulden zu machen und das Geld für unnütze Zwecke zu verwenden, so ist es für den Verein und die Darlehenssuchenden am

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Kapitel VIII

besten, das Geld nicht zu bewilligen. Ein solches Verfahren hat allerdings etwas Bevormundendes. Aber diese Bevormundung ist – in der angegebe-nen Weise und bis zu einer gewissen Grenze – für eine erfolgreiche Tätigkeit des Vereins auch nötig. Leichtsinnig geforderte und bewilligte Darlehen würden den Kredit eines Vereines untergraben und sein Bestehen gefährden.

Bemerkungen

1) Diese Zahlungsaufforderung ist bei jeder einzel-nen Zahlung vorzulegen und dient als Quittung.

2) Die Zahlung hat am 1. November zu erfol-gen, sonst wird die gesamte noch geschulde-te Summe auf dem gerichtlichen Zwangsweg eingetrieben werden.

Anmerkung zu diesem Schema

In der Annahme, dass es den betreffenden Zahl-meistern zu überlassen sein dürfte, wie sie ihrer Pflicht bei der pünktlichen Einziehung der Vereins-gelder nachkommen, ist für die Forderungszettel keine ausdrückliche Vorschrift erlassen worden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

In diesem Schema wird jedoch erklärt, wie das dies-bezügliche Verfahren beim Heddesdorfer Verein aussieht. Die Forderungszettel bleiben in den Hän-den der Schuldner und werden jedes Jahr bei den Zahlungen vorgelegt. Dies ist sowohl als Erleichte-rung für den Zahlmeister als auch für die Schuldner gedacht, denn sie haben auf diese Weise alle Quit-tungen auf einem Blatt und nicht für jedes Jahr eine extra Quittung. Bei Darlehen, welche für mehr als fünf Jahre bewilligt worden sind, werden gleich bei der ersten Ausgabe vom Zahlmeister so viele Forde-rungszettel zusammengeheftet, wie nötig sind, um alle Teilzahlungen eintragen zu können.

Protokollbuch des VorstandesProtokollbuch des VerwaltungsratesProtokollbuch der Generalversammlung

Statuten des Darlehnskassen-Vereins für das Kirch-spiel7 Anhausen (als Normalstatuten für rein länd-liche Bezirke)

Abschnitt I: Gründung und Zweck

§ 1

Die Unterzeichneten gründen einen Verein mit dem Namen „Darlehnskassen-Verein für das Kirch-spiel Anhausen“, der nur im Kirchspiel Anhausen wirksam ist.

§ 2

Der Verein soll seine Mitglieder durch die Ge-währung der nötigen Geldmittel in Form von verzinslichen Darlehen in die Lage versetzen, die

7 Kirchenspiel steht für Kirchengemeinde.

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Kapitel VIII

Früchte ihres Fleißes selbst zu genießen und zu einer möglichst großen Selbstständigkeit zu gelan-gen, welche weitere fremde Hilfe unnötig macht.8

Abschnitt II: Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten der Mitglieder

a) Im Allgemeinen

Mitglieder des Vereins können nur Einwohner des Kirchspiels Anhausen sein, welche sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Die Aufnah-me neuer Mitglieder bedarf der Genehmigung des Vorstandes. Gegen dessen ablehnende Entscheidung hat der Antragsteller die Möglichkeit, Berufung bei der Generalversammlung einzulegen, die auf ihrer nächsten Sitzung endgültig entscheidet.

§ 4

Die Mitgliedschaft geht verloren:a) durch freiwilligen Austritt,b) durch Verlegung des Wohnsitzes aus dem

Vereinsbezirk,c) durch Beschluss des Verwaltungsrates, gegen

welchen der Ausgestoßene Berufung bei der Generalversammlung einlegen kann,

d) durch den Tod.

Die Austrittserklärung ist dem Vereinsvorste-her schriftlich mitzuteilen. Erfolgt sie vor dem 1. Oktober, so endet die Mitgliedschaft mit dem laufenden Jahr, anderenfalls aber erst mit Ablauf des auf die Kündigung folgenden Jahres. Der Aus-schluss muss in der Regel bei der Nichterfüllung der statutenmäßigen Verpflichtungen erfolgen,

8 Im Original fehlt der § 3.

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Die Darlehnskassen-Vereine

und zwar dann, wenn es Mitglieder wegen der Rückzahlung von Darlehen zur gerichtlichen Kla-ge kommen lassen.

b) Rechte und Pflichten der Mitglieder

§ 5

Die Mitglieder haben das Rechta) an den Versammlungen des Vereins teilzu-

nehmen und darin abzustimmen.b) vorab, soweit es für die Vereinskasse nötig ist,

ihre Gelder in Letzterer verzinslich anzulegen.c) aus der Vereinskasse, soweit dieselbe ausreicht,

Darlehen (in bar) zu beanspruchen, und zwar entsprechend den gegenwärtigen Statuten.

d) zu fordern, dass sie mit Ablauf des auf das Ende der Mitgliedschaft folgenden Jahres von allen Verpflichtungen dem Verein ge-genüber entbunden werden, und zwar durch Beschluss der Generalversammlung. Wenn dieser Beschluss verweigert werden sollte, hat der Ausgeschiedene das Recht, die so-fortige Einziehung der Vereinsforderungen und die Zahlung der Vereinsschulden zu ver-langen. In diesem Fall muss er für eventuelle Zuschüsse der Mitglieder während der Zeit seiner Mitgliedschaft anteilsmäßig aufkom-men. Mit der Austrittserklärung verliert der Ausgeschiedene das Recht zur Teilnahme an den Versammlungen sowie das Stimmrecht. Allerdings kann er Einsicht in den letzten Kassenabschluss sowie eine allgemeine Über-sicht der Forderungen und Schulden des Vereins verlangen.

Weibliche Mitglieder haben kein Stimmrecht und dürfen nicht an den Versammlungen teilnehmen.

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Kapitel VIII

§ 6

Die Mitglieder sind verpflichteta) für die Vereinsanleihen sowie für alle Ver-

bindlichkeiten des Vereins zu gleichen Tei-len, jedoch solidarisch, zu haften.

b) die gegenwärtigen Statuten zu unterzeichnen und in jeder Beziehung genau zu beachten.

§ 7

Auf die Erben verstorbener Mitglieder geht nur die Verpflichtung zur Erstattung der Darlehen über, die anderen Rechte und Pflichten nicht. Wit-wen soll es jedoch freistehen, die Mitgliedschaft ih-rer verstorbenen Ehemänner zu übernehmen, mit Ausnahme des Stimmrechts und des Rechts auf die Teilnahme an den Versammlungen. Sie haben dann die Statuten zu unterzeichnen.

Abschnitt III: Verwaltung des Vereins

a) Vorstand

§ 8

Der Vorstand besteht aus dem Vorsteher und mindestens vier Beisitzern. Seine Mitglieder sind so auf den Vereinsbezirk zu verteilen, dass sie in ihrer Gesamtheit eine möglichst genaue Kenntnis der Verhältnisse der Einwohner des Vereinsbezirks haben. Jede der beteiligten vier Gemeinden muss durch mindestens einen Beisitzer vertreten sein. Für jedes Vorstandsmitglied wird je ein Stellvertre-ter gewählt. Der Vorsteher wird für drei Jahre, die Beisitzer werden für zwei Jahre gewählt. Von den Beisitzern scheidet jedes Jahr die Hälfte aus. Das Los bestimmt, wer zuerst ausscheidet.

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Die Darlehnskassen-Vereine

§ 9

Der Vorsteher hata) den Verein nach außen zu vertreten, vor al-

lem auch beim Abschluss von Verträgen und bei Gerichtsprozessen (in allen Instanzen). Hierzu erhält er von allen Vereinsmitglie-dern ausdrücklich die Vollmacht. Vor allem soll der Vorsteher ermächtigt sein, für den Verein Vergleiche abzuschließen, Anerkennt-nisse und Verzichte zu erklären, Restitutio-nen zu erteilen, eidesstattliche Erklärungen zu verlangen, zu akzeptieren oder zurückzu-weisen, selbst solche abzugeben oder als ge-leistet anzunehmen, die ergangenen Urteile vollstrecken zu lassen. Das heißt, er soll im Namen des Vereins – und für diesen bin-dend – alle Handlungen vornehmen und Er-klärungen abgeben, welche er für notwendig hält. Er soll auch ermächtigt sein, alle diese Befugnisse auf einen von ihm zu wählenden Bevollmächtigten zu übertragen. Bei Prozes-sen, welche nicht zur Eintreibung von Darle-hen nötig sind, ist, wenn der Verein verklagt wird, der zustimmende Beschluss des Ver-waltungsrates nötig; wenn der Verein Klage führt, ist die Genehmigung der Generalver-sammlung erforderlich. Verträge in Folge von Darlehensbewilligungen bedürfen der vorherigen Genehmigung des Vorstandes, sonstige Verträge der Genehmigung der Ge-neralversammlung.

b) die Vereinskorrespondenzen zu führen und die Vereinsakten aufzubewahren.

c) die Einnahme- und Ausgabeanweisungen zu erteilen, und zwar aufgrund der Festsetzungen des Vereinsvorstandes im Protokollbuch, die-se Anweisungen als Kassenkontrolleur in die

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Kapitel VIII

Einnahme- und Ausgabe-Kontrolle einzutra-gen, das Kassen- und Rechnungswesen beson-ders zu beaufsichtigen, am Ersten jeden Mo-nats die Vereinskasse zu revidieren, die Bücher abzuschließen, das Resultat in das vorgeschrie-bene Formular einzutragen und den Kassen-abschluss dem Vorstand auf den regelmäßigen Sitzungen vorzulegen. Auf den Antrag des Vor-stehers kann der Vorstand ein anderes Mitglied mit der Kassenkontrolle beauftragen, welche allerdings auch in diesem Fall unter Leitung des Vorstehers erfolgen muss.

§ 10

Der Vorsteher führt in den Sitzungen des Vorstandes, des Verwaltungsrates und der Gene-ralversammlung den Vorsitz und lässt zu diesen Versammlungen die Einladungen ergehen. Die Generalversammlung beschließt, auf welche Weise die Einladungen zu erlassen sind. Tritt bei Abstim-mungen Stimmengleichheit ein, ist die Stimme des Vorstehers entscheidend.

§ 11

Der Schriftführer, welcher nicht zum Vorstand gehören muss und von diesem zu wählen ist, muss in den Sitzungen des Vorstandes, des Verwaltungs-rates und der Generalversammlung die Protokolle führen.

§ 12

Der Vorstand besorgt die inneren Angelegen-heiten des Vereins und hat namentlich

a) die für den Verein verbindlichen Schuldur-kunden über die Vereinsanleihen innerhalb

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Die Darlehnskassen-Vereine

der von der Generalversammlung festgesetzten Grenze auszustellen, und zwar nach dem am Schluss dieser Statuten beigefügten Schema.

b) über die Aufnahme neuer Mitglieder, die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Bewilligung der Darlehen zu beschließen und auf die pünktliche Rückzahlung der Darlehen zu achten.

c) mit dem Vorsteher das Kassen- und Rech-nungswesen zu beaufsichtigen, die Kassenab-schlüsse zu prüfen sowie auf die sichere und verzinsliche Anlage der Kassenbestände zu achten.

d) im März jeden Jahres die Abschlussrechnung des vorhergehenden Jahres zu prüfen.

Die mündlich oder schriftlich zu machenden Anträge auf Darlehen sind von den betreffenden Vorstandsmitgliedern in ein Verzeichnis einzutra-gen, welches die Vermögensverhältnisse der Darle-henssuchenden und der Bürgen genau nachweist. Der Vorstand legt seinem Beschluss dieses Ver-zeichnis zugrunde.

§ 13

Um über die Anträge auf Bewilligung von Dar-lehen zu beschließen, muss sich der Vorstand zu re-gelmäßigen Sitzungen versammeln, und zwar min-destens einmal im Monat. Die Versammlungstage werden den Vereinsmitgliedern bekannt gegeben.

Die Beschlüsse des Vorstandes sind gültig, wenn sie in vorschriftsmäßiger Sitzung vom Vorsteher (oder von dessen Stellvertreter) und außerdem von mindes-tens zwei Vorstandsmitgliedern gefasst worden sind.

Im Falle des Ausscheidens oder der dauerhaf-ten Verhinderung von Vorstandsmitgliedern und deren Stellvertreter kann sich der Vorstand durch

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Kapitel VIII

die Heranziehung von Vereinsmitgliedern bis zur nächsten Generalversammlung ergänzen. Dort ist dann die Ergänzungswahl für die Wahlperiode der Ausgeschiedenen vorzunehmen.

b) Verwaltungsrat

§ l4

Der Verwaltungsrat besteht neben dem Vor-stand aus mindestens acht Mitgliedern, welche in gleicher Weise wie die Vorstandsmitglieder auf den Vereinsbezirk zu verteilen sind.

Sie werden für zwei Jahre gewählt. Jedes Jahr schei-det die Hälfte aus, zum ersten Mal durch das Los.

§ 15

Der Verwaltungsrat hat die Verpflichtung, alle Vereinsangelegenheiten zu kontrollieren und da-rauf zu achten, dass die Verwaltung entsprechend den Statuten geführt, jeder Vereinsbeschluss pünktlich ausgeführt und das Interesse des Vereins gewahrt wird.

Er hat das Recht, jederzeit die Vereinsakten so-wie die Buchführung einzusehen, die Vorlage der Kassenbestände zu verlangen und außerordentli-che Kassenrevisionen abzuhalten oder durch ge-wählte Gremien abhalten zu lassen. Vor allem aber hat er die Pflicht

a) im April jeden Jahres die Abrechnung des vorhergehenden abzuschließen, dabei vor-kommende Vorschriftswidrigkeiten zu rügen, zu beseitigen und nach der Erledigung seiner Bemerkungen den Zahlmeister zu entlasten.

b) über die dem Vorsteher zu erteilende Ermäch-tigung bei Prozessen, soweit solche nicht we-gen der Eintreibung der Darlehen und wegen

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Die Darlehnskassen-Vereine

Klagen des Vereins gegen dritte Personen erforderlich sind, sowie über die Festsetzung außergewöhnlicher Ausgaben zu beschließen.

c) die Bürgschaften für alle ausstehenden Dar-lehen mindestens einmal jährlich zu prüfen und auf die sofortige Kündigung gefährdeter Darlehen zu achten.

§ 16

Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn nach vorschriftsmäßiger Einladung neben dem Vorsteher oder dessen Stellvertreter mindestens sechs Mitglieder anwesend sind.

§ 17

Findet der Verwaltungsrat, dass der Vorste-her/ein Mitglied des Vorstandes/der gesamte Vorstand/der Zahlmeister die Vorschriften der Sta-tuten nicht beachtet oder das Interesse des Vereins nicht gewahrt hat, so steht ihm das Recht zu, alle Maßnahmen zu ergreifen, welche ihm nötig schei-nen, um das Vereinsinteresse zu wahren. Er ist be-fugt, sowohl jedes Mitglied des Vorstandes als auch den gesamten Vorstand und den Zahlmeister seines Amtes zu entheben, hat aber dann – sowie über-haupt, wenn er das Interesse des Vereins gefährdet glaubt – eine Generalversammlung einzuberufen und dieser den Fall zur Entscheidung vorzulegen.

c) Generalversammlung

§ 18

Alle männlichen Vereinsmitglieder bilden die Generalversammlung und haben darin Stimmrecht (§ 5). Außer in den Fällen, die in den §§ 37 und 38

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Kapitel VIII

genannt werden, ist die Generalversammlung in je-der Zahl beschlussfähig, wenn die Einladung unter Angabe des Gegenstandes vorschriftsmäßig ergan-gen ist. Die Beschlüsse sind für alle Vereinsmitglieder bindend, wenn sie von der absoluten Mehrheit der Anwesenden gefasst worden sind, selbstverständlich unter Ausschluss der oben genannten Fälle. Der Auf-lösungsbeschluss bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln aller Vereinsmitglieder (§ 38).

§ 19

Die Generalversammlung findet im Monat Mai jeden Jahres regelmäßig statt. Außerdem so oft es der Vorstand, der Verwaltungsrat oder mindestens ein Viertel der Vereinsmitglieder (sie müssen ihren Antrag an den Vorsteher schriftlich stellen) für nö-tig halten. Unterlässt der Vorsteher die rechtzeitige Einladung, so ist in diesem Fall der Vorstand oder der Verwaltungsrat dazu befugt. Alle schriftlich ein-zubringenden Anträge von Mitgliedern sind auf die Tagesordnung zu setzen und bei der Einladung al-len Mitgliedern bekannt zu geben. Der Generalver-sammlung steht es zu, dem Vorsteher den Vorsitz zu entziehen und einem anderen Vereinsmitglied zu übertragen, wenn auf der Versammlung ein ent-sprechender Antrag gestellt wird. Mit einem beson-deren Beschluss kann die Versammlung Mitglieder, die den Sitzungen unentschuldigt fernbleiben, mit einer Konventionalstrafe belegen, zu deren Zah-lung dann die Mitglieder verpflichtet sind.

§ 20

Die Generalversammlung wählt auf ihren regel-mäßigen Sitzungen aus den männlichen Mitgliedern den Vorstand, den Verwaltungsrat und den Zahl-meister, und zwar mit absoluter Stimmenmehrheit.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Wird diese bei der ersten Abstimmung nicht er-reicht, so stehen bei der zweiten (letzten Abstim-mung) nur die zwei Mitglieder zur Wahl, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmen-gleichheit entscheidet das Los. Bei den regelmäßi-gen Versammlungen werden außer diesen Wahlen alle sonstigen Vereinsangelegenheiten erledigt, welche dem Vorstand oder dem Verwaltungs-rat laut Statuten nicht übertragen sind. Es bleibt der Versammlung vorbehalten – selbst oder durch gewählte Gremien – sämtliche Geschäfts-führungen für den Verein zu kontrollieren, außer-gewöhnliche Kassenrevisionen zu verfügen sowie überhaupt alle Anordnungen zu treffen, welche ihr im Interesse des Vereins nötig erscheinen. Die Rechnung des vorhergehenden Jahres ist jedes Mal in den Versammlungen offenzulegen und der Vorsteher muss über den Stand der Vereinsangele-genheiten ausführlich Bericht erstatten.

§ 21

Ob die Abstimmung in den Generalversamm-lungen offen oder geheim (mithilfe eines Stimm-zettels) erfolgen soll, hat die Versammlung jedes Mal zu beschließen. Der Beschluss hierüber ist aus-drücklich in das Protokollbuch aufzunehmen.

d) Zahlmeister, Rechnungswesen

§ 22

Die Gelder des Vereins werden von einem Zahl-meister verwaltet, der für vier Jahre gewählt wird und eine dreimonatliche Kündigungsfrist hat.

Derselbe hata) nach einer vom Vorstand zu entwerfenden

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Kapitel VIII

und von der Generalversammlung festzuset-zenden Instruktion sowie nach den Anwei-sungen des Vorstehers alle Einnahmen und Ausgaben des Vereins pünktlich zu tätigen, die Bücher zu führen und die Kassenbestän-de aufzubewahren.

b) dem Vorsteher bis zum 1. März jeden Jah-res die Rechnung des vorhergehenden vor-zulegen, und zwar mit allen Belegen und Vermögensnachweisen, die in einem Heft zusammenzufassen sind. In Bezug auf die Eintreibung der Darlehen hat der Zahlmeis-ter, ohne besondere Vollmacht, die gleichen Befugnisse wie der Vereinsvorsteher, d. h., er kann den Verein vor Gericht vertreten (§ 9).

§ 23

Das Rechnungsjahr beginnt und schließt mit dem Kalenderjahr.

§ 24

Der Zahlmeister darf weder Mitglied des Vor-stands noch des Verwaltungsrates sein. Er ist dem Verein für die Vereinsgelder sowie für die pünkt-liche Geschäftsführung verantwortlich. Er hat deshalb einen zahlungsfähigen Bürgen als Selbst-schuldner und Zahlungspflichtigen zu stellen oder eine von der Generalversammlung zu bestimmen-de Kaution, es sei denn, die Versammlung verzich-tet ausdrücklich darauf.

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Die Darlehnskassen-Vereine

e) Im Allgemeinen

§ 25

Über die Aufwandsentschädigungen, welche dem Zahlmeister sowie den sonstigen mit der Verwaltung beauftragten und mit der Beschäftigung für den Verein besonders belasteten Vereinsmitgliedern zu gewähren sind, beschließt die Generalversammlung. Zur Erstattung von Spesen an Vereinsmitglieder ge-nügt der Beschluss des Verwaltungsrates.

§ 26

Sowohl für den Vorstand als auch für den Ver-waltungsrat und die Generalversammlung ist je ein Protokollbuch anzulegen. Alle Beschlüsse der betreffenden Versammlung sind in dieselben ein-zutragen und von den Anwesenden zu unterzeich-nen. Die Generalversammlung kann durch einen besonderen Beschluss die Unterzeichnung ihrer Beschlüsse dem Verwaltungsrat oder einem sonsti-gen gewählten Ausschuss übertragen.

Abschnitt IV: Beschaffung der Vereinsmittel, Anleihen etc.

a) Im Allgemeinen

§ 27

Die Geldmittel des Vereins werden aufgebracht:a) durch Anleihen,b) durch Provision und Zinsüberschüsse.

Die Vereinsmitglieder haben außer der durch die Garantie (§ 6a) übernommenen Verpflichtung keinerlei Beiträge zu zahlen.

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Kapitel VIII

b) Anleihen

§ 28

Über die Höhe der anzuleihenden Summen hat die Generalversammlung zu beschließen. Die Fest-setzung der Anleihen für jedes Rechnungsjahr er-folgt auf den regelmäßigen Jahressitzungen, wenn nicht dringende Fälle besondere Versammlungen nötig machen.

c) Provision, Zinsüberschüsse

§ 29

Die Vereinsmitglieder haben von den Darlehen (§ 33) 5 % jährlich zu zahlen, außerdem eine vom Verwaltungsrat festzusetzende und vorauszuzah-lende Provision.

Um Zinsüberschüsse für den Verein zu erzielen, hat der Vorstand die Vereinsanleihen zu möglichst billigem Zinsfuß zu beschaffen.

Abschnitt V: Verwendung der Vereinsmittel, Darlehen etc.

a) Im Allgemeinen

§ 30

Die Geldmittel des Vereins werden verwendet:a) zu verzinslichen Darlehen an die Mitglieder,b) zur Bestreitung der Vereinskosten,c) zur Ansammlung eines Vereinskapitals.

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Die Darlehnskassen-Vereine

b) Darlehen

§ 31

Die Hilfe darf nur Vereinsmitgliedern zuteil werden, welche sichere Bürgschaft leisten oder hypothekarische Sicherheit stellen können. Eine Bürgschaft, sei es durch einen oder mehre solida-risch haftbare Bürgen, ist als genügend anzusehen, wenn das unbelastete Immobiliarvermögen des bzw. der Bürgen mindestens den doppelten Wert des zu garantierenden Darlehens hat. Die Fest-stellung dieses unverschuldeten Immobiliarver-mögens erfolgt, indem vom wirklichen Wert des vorhandenen Immobiliarvermögens des bzw. der Bürgen deren Schulden in Abzug gebracht werden. Jeder Bürge muss als Selbstschuldner und Zah-lungspflichtiger haften und auf die Vorausklage verzichten. Statt mit einer Bürgschaft kann das Darlehen ausnahmsweise durch gerichtliche Hy-pothek gesichert werden. Die Prüfung der Sicher-heit erfolgt durch den Vorstand.

§ 32

Aufgrund einer solchen Bürgschaft bzw. Sicher-heit kann der Vorstand den Vereinsmitgliedern auf deren Antrag bei einem Vorstandsmitglied ihres Bezirkes ein Darlehen bis zu der festzuset-zenden Höhe bewilligt werden. Das Maximum des Betrages, über welches hinaus keinem Mitglied, sei es in einer Bewilligung oder in mehren Beträ-gen, Darlehen bewilligt werden dürfen, setzt die Generalversammlung durch besonderen Beschluss fest. Der Verwaltungsrat und der Vorstand kön-nen für die aus solchen Bewilligungen dem Ver-ein möglicherweise erwachsenden Schäden nicht speziell verantwortlich gemacht werden, wenn die

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Kapitel VIII

Bewilligung nach vorschriftsmäßigem Beschluss erfolgt ist. Die Generalversammlung entscheidet über Beschwerden wegen zurückgewiesener An-träge auf Darlehen.

§ 33

Die nur auf vierwöchentliche Kündigung zu be-willigenden Darlehen müssen spätestens in zehn aufeinanderfolgenden Jahren zu gleichen Teilen zurückgezahlt werden. Darlehen bis zu 100 Taler sind dabei in der Regel in fünf Jahren zu erstatten. Der Generalversammlung bleibt, nach hinreichen-der Ansammlung des Reservefonds, die nähere Festsetzung über die Bewilligung von Darlehen vor-behalten, die länger als zehn Jahre dauern sollen.

Die Rückzahlungstermine sind am 1. November jeden Jahres. Frühere Rückzahlungen des ganzen Kapitals sind jederzeit statthaft. Für die vor dem 1. August gezahlten Darlehen beginnt die erste Teilzahlung am 1. November desselben Jahres, für die nach dem 1. August gezahlten Darlehen am 1. November des darauffolgenden Jahres. Sollten sich Mitglieder am 1. Dezember, der auf den Fällig-keitstermin folgt, mit Teilzahlungen noch im Rück-stand befinden, so muss in der Regel deren ganze Schuld an die Vereinskasse auf dem Gerichtsweg ohne Ausnahme eingetrieben werden. Auf beson-deren Wunsch kann den Mitgliedern von vornhe-rein auch eine kürzere Rückzahlungsfrist gewährt werden als die vorbestimmte. In diesem Fall wird die Rückzahlungsfrist auf drei Monate festgesetzt; nach deren Ablauf kann sie vom Vorstand um die gleiche Frist verlängert werden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

§ 34

Über die Darlehen sind Schuld- und Bürg-schaftsscheine auszustellen (nach den am Schluss dieser Statuten beiliegenden Schemata B oder C), welche zugleich als Rechnungsbelege für die be-treffenden Ausgaben dienen und deshalb mit der Ausgabeanweisung des Vorstehers versehen sein müssen. Die in diesem Schuldschein gegenüber den Vereinsschuldnern vorgesehene vierwöchent-liche Kündigung soll nur benutzt werden, wenn die vom Verein angenommenen Anlagen massen-weise gekündigt werden oder wenn die Vereins-schuldner, oder deren Bürgen in Verhältnisse ge-raten, welche die Darlehen gefährden.

c) Vereinskosten

§ 35

Zu den nötigen Ausgaben – außer den Darlehen und den vom Vorstand zu leistenden Rückzahlungen von Vereinsanleihen – ist, insofern dieselben zur An-schaffungen von Büchern, Formularen und Schreib-materialien sowie für Zinsen und schließlich für die Eintreibung der Darlehen erforderlich sind, die Ge-nehmigung des Vorstandes notwendig, in allen ande-ren Fällen die Genehmigung des Verwaltungsrates, mit Ausnahme der Festsetzung der Vergütungen für den Zahlmeister sowie für die Aufwandsentschädigung sonstiger Vereinsmitglieder. Diese Festsetzung steht der Generalversammlung zu (§ 25). Außerdem ist in allen zweifelhaften Fällen deren Beschluss einzuholen.

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Kapitel VIII

d) Reservekapital

§ 36

Von der Provision und den Zinsüberschüssen werden zunächst die Vereinskosten gezahlt. Der dann verbleibende Überschuss bildet den Ge-winn des Vereins. Der ganze Gewinn soll zu einem Reservekapital angesammelt werden, welches den Zweck hat, eventuelle Ausfälle zu decken und dem Verein die nötige Sicherheit zum Fortbestand zu geben. Die Ansammlung des Reservekapitals soll bis zu der Höhe erfolgen, dass der Betrag mindes-tens die Höhe der angenommenen Einlagen er-reicht. Bis dahin müssen die Zinsen desselben stets zum Kapital geschlagen werden. Das Reservekapital bleibt Eigentum des Vereins. Weder Kapital noch Zinsen dürfen unter die Mitglieder verteilt werden. Dagegen kann, wenn die erwähnte Höhe erreicht ist, eine Verminderung der Provision stattfinden.

Nach eventueller Auflösung des Vereins soll das Re-servekapital wohltätigen Zwecken, vor allem für Erzie-hungs- und Bildungsanstalten, zufließen. Darüber hat dann die auflösende Versammlung zu beschließen.

Abschnitt VI: Allgemeine Bestimmungen

a) Abänderung der Statuten

§ 37

Die gegenwärtigen Statuten können von der Generalversammlung abgeändert werden. Es be-darf dazu der Zustimmung von mehr als der Hälfte aller Vereinsmitglieder, und zwar in vorschriftsmä-ßiger Sitzung. Außerdem müssen die vorgeschla-genen Abänderungen allen Mitgliedern acht Tage vor der Sitzung mitgeteilt werden.

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Die Darlehnskassen-Vereine

b) Auflösung des Vereins

§ 38

Zur Auflösung des Vereins ist die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln aller Mitglieder er-forderlich, und zwar auf einer ordnungsgemäßen Sitzung, sowie ferner, dass der Antrag dazu 14 Tage vor der Sitzung nachweislich allen Mitgliedern schriftlich zugestellt worden ist. Die Auflösung ist in den Neuwieder Lokalblättern bekannt zu ma-chen. Es sind dann zunächst sämtliche Ausstände einzutreiben und die Vereinsschulden zu zahlen. Erst wenn Letztere getilgt sind, erhalten die Ver-einsmitglieder ihre Guthaben, welche, wenn nötig, für ihre Verpflichtungen in Anspruch genommen werden, selbstverständlich nachdem vorher das Reservekapital verwendet worden ist.

c) Ausschließung des gerichtlichen Prozessverfahrens

§ 39

Streitigkeiten über die Bestimmungen der Ver-einsstatuten oder zwischen Mitgliedern des Ver-eins über sonstige Vereinsangelegenheiten werden endgültig durch die Generalversammlung ge-schlichtet. Die Mitglieder erklären ausdrücklich, sich der Entscheidung dieser Versammlung zu un-terwerfen und auf den Rechtsweg zu verzichten.

(Es folgen die Schuldscheine nach den Schema-ta A, B und C bei Heddesdorf.)

…. den ... 18…

(Es folgen die Unterschriften der Vereinsmit-glieder.)

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Kapitel VIII

Die Kassen-Instruktion wird im Wesentlichen so lauten können, wie diejenige von Heddesdorf. An Büchern werden bei dieser Kasse nur geführt:

1. ein Einnahme-Journal nach beiliegendem Schema R,

2. ein Ausgabe-Journal nach beiliegendem Schema S,

3. ein Konto der angeliehenen Kapitalien nach dem Schema H (bei Heddesdorf),

4. ein Konto der Darlehen nach dem Schema I (bei Heddesdorf).

Außerdem werden vom Kassenkontrolleur eine Einnahme und eine Ausgabe-Kontrolle geführt, nach den Schemata P und Q bei Heddesdorf, mit dem Unterschied, dass die Kolonnen den vorbe-zeichneten Journalen R und S ganz entsprechen.

Die Rechnung wird ganz nach Schema O (bei Heddesdorf) aufgestellt, unter Weglassung der nicht vorkommenden Einnahmen und Ausgaben.

R

Einnahme-Journal der Darlehnskasse für das Kirchspiel Anhausen

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Die Darlehnskassen-Vereine

Anmerkung zu Schema R

Bei den Vereinen nach den Anhausen’schen Sta-tuten wird nur ein Einnahme-Journal geführt, keine Spezial-Einnahme-Journale. In das Einnahme-Jour-nal werden alle Einnahmen – ohne Ausnahme – so-fort eingetragen, wenn sie gemacht worden sind, sodass dieses Journal alle Einnahmen des Vereins direkt nachweist.

Die Einnahme-Kontrolle hat genau dieselben Kolonnen wie das Einnahme-Journal. Nur die Überschriften ändern sich, und zwar insofern, dass statt „Datum der Einzahlung“ die Worte „Datum der Überweisung“ und statt „der Einzahler“ „der Zahlungspflichtige“ gesetzt wird.

In Bezug auf den Jahresabschluss sowie die Fest-stellung des Bestandes und der Einnahme-Reste wird genau so verfahren, wie dies in den Anmerkun-gen zum Haupt-Einnahme-Journal und der Einnah-me-Kontrolle beim Heddesdorfer Verein gesagt ist.

S

Ausgabe-Journal der Darlehnskasse für das Kirch-spiel Anhausen

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Kapitel VIII

Anmerkung zu Schema S

Wie beim Einnahme-Journal für die Einnahmen bereits bemerkt, werden auch bei den Vereinen nach dem Anhausen’schen Statut alle Ausgaben direkt in das Ausgabe-Journal eingetragen, und zwar sofort, nachdem sie gemacht worden sind. Es werden keine Spezial-Ausgabe-Journale geführt.

Die Ausgabe-Kontrolle hat dieselben Kolonnen wie das Ausgabe-Journal, mit dem Unterschied, dass statt „Datum der Ausgabe“ die Worte „Datum der Anweisung“ und statt „der Geldempfänger“ „der Empfangsberechtigte“ gesetzt werden.

Beim Jahresabschluss, der Feststellung der Vor-schüsse und Ausgabereste etc. finden auch hier die Anmerkungen zum Haupt-Ausgabe-Journal und zur Ausgabe-Kontrolle nach dem Vorbild des Hed-desdorfer Vereins Anwendung.

Erklärungen zu den Entwürfen über Buch- und Rechnungsführung

a) Über Buchführung

Die Haupterfordernisse einer guten Buchführung sind, neben der Kürze, die sofortige Übersicht der ver-schiedenen gemachten Einnahmen und Ausgaben sowie die Möglichkeit, jederzeit den Kassenzustand feststellen zu können – pünktliche, deutliche und reinliche Buchungen selbstverständlich vorausgesetzt.

Um die Übersicht über die verschiedenen Ein-nahmen und Ausgaben erlangen sowie jederzeit das Resultat über den Stand der Kasse feststellen zu können, würden nur zwei Bücher erforder-lich sein, nämlich ein Einnahme-Journal und ein Ausgabe-Journal mit den betreffenden Ko-lonnen wie sie in den Schemata vorhanden sind.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Es würde damit allen Anforderungen gerecht werden, nur würde das Auffinden der ein-zelnen Posten zu zeitraubend sein. Um diese Übersicht zu erleichtern, ist es notwendig, für solche Einnahmen und Ausgaben, welche mas-senweise und in kleinen Beträgen vorkommen, Spezial-Journale anzulegen, wie z. B. für die mo-natlichen Einlagen der Mitglieder und für die den Einlagen zuzuschreibende Dividende. Diese betreffenden Einnahmen und Ausgaben kom-men für ein Jahr in dem Spezial-Journal in eine Linie (Schema F und G). Die Gutschreibung der Dividende eingerechnet, kommen auf die-ser einen Linie im Jahr dreizehn Eintragungen vor, und zwar sehr übersichtlich hintereinander. Wollte man die Eintragungen sofort in den Jour-nalen durchführen, so müssten sie gleich nach der Zahlung, dem Datum nach, erfolgen; der Name des betreffenden Einzahlers müsste also, anstatt einmal im Spezial-Journal, dreizehn Mal im Haupt-Journal eingetragen werden, was neben viel Arbeit die Buchungen im Haupt-Journal so anhäufen würde, dass das Auffinden irgend eines Postens außerordentlich erschwert werden würde. Ähnlich verhält es sich mit der Ausgabe dieser Beträge so-wie mit der Einnahme und Ausgabe der Sparkas-sengelder. Es sind deshalb dafür Spezial-Journale angeordnet, welche monatlich und, wenn es nö-tig erscheinen sollte, auch zwischenzeitlich abge-schlossen werden. Daraus werden dann die Ergeb-nisse in die Haupt-Journale eingetragen und mit den übrigen Eintragungen zusammengerechnet. Auf diese Weise ist jederzeit der Stand der Kasse festzustellen. Die Buchführung ist dabei für jeden leicht verständlich, klar und übersichtlich.

Den wichtigsten Gegenstand bei den Kassen bilden die Darlehen sowie die dafür gemach-ten Anleihen. Es wird ohne nähere Begründung

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Kapitel VIII

einleuchtend sein, dass es nötig ist, über Anleihe und jedes Darlehen jederzeit eine Übersicht zu ha-ben. Deshalb sind dafür die Konten vorgeschrie-ben, und zwar auch für Einlagen und Sparkassen-gelder, da diese dem Verein gegenüber als Anleihe betrachtet werden müssen.

b) Über Rechnungsführung

Bei den Vereinen der genannten Art kommt, sowohl in Bezug auf die Einnahme als auch die Ausgabe, dreierlei in Betracht, und zwar

1) die Einnahme und Ausgabe (oder Zurück-zahlung) an Anleihen,

2) die Bereitstellung von Darlehen und die For-derung der Rückzahlung,

3) die Ausgabe für Kosten und die Forderung der Rückzahlung derselben.

Unter diese drei Hauptrubriken gehören alle Einnahmen und Ausgaben. Die Rechnung muss deshalb diese drei Hauptabteilungen aufweisen: Einnahme, Ausgabe und die drei oben angeführ-ten Unterabteilungen, welche wiederum der Über-sichtlichkeit halber unterteilt werden müssen, wie im Rechnungsschema gezeigt.

Außer den zum Zwecke der Gewährung von Darlehen angenommenen Summen sind die Spar-kassengelder und die Einlagen der Mitglieder für den Verein ebenfalls Anleihen. Dasselbe ist, den Mitgliedern gegenüber, mit dem Reservefonds der Fall, wenn dieser nicht anderswo untergebracht wird. Abgesehen hiervon ist dessen spezielle Ver-rechnung in Einnahme und Ausgabe dringend zu empfehlen, um eine fortwährende Übersicht da-rüber zu haben. Aus diesem Grund und um das Wachsen des Reservefonds durch Verzinsung und

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Die Darlehnskassen-Vereine

die jährlichen Zuwendungen kontrollieren zu kön-nen, ist seine Eintragung in das Konto der Anlei-hen durchaus nötig, und zwar mit entsprechender Abänderung.

Sämtliche Anleihen müssen, ebenso wie die Darlehen, erstattet werden. Sie müssen sich also in Einnahme und Ausgabe schließlich ausgleichen. Was etwa an Darlehen nicht eingehen sollte, würde vom Verein getragen werden müssen. Der Ausfall würde zu den Kosten zu rechnen sein.

Zu den Kosten gehören – außer den selbstver-ständlich dahin gehörenden Auslagen – auch die Zin-sen und die Gerichtskosten, obgleich dieselben wie-der eingezogen werden sollen. Ferner gehört dahin, auf die Ausgabenseite, die Dividende der Mitglieder. Zur Deckung der Kosten soll die Provision dienen; wenn es notwendig sein sollte, müssten auch die Eintrittsgelder dazu verwendet werden. — Man könnte einerseits alle diese Einnahmen, nämlich die Zinsen, das Eintrittsgeld, die Provision und die wieder eingezogenen Gerichtskosten, sowie anderseits die Ausgaben an Zinsen, Vereinsun-kosten, einschließlich der Gewinnverteilung und des Zuschusses zum Reservekapital, sowie die Ge-richtskosten zusammentragen, denn was von den betreffenden Einnahmen gegen die betreffenden Ausgaben überschießt, bildet den Gewinn, was hingegen an den betreffenden Ausgaben gegen die betreffenden Einnahmen mehr ist, den Verlust des Vereins. Der Übersicht halber ist es jedoch zu empfehlen, die Hauptabteilung „Kosten“, wie im Schema O geschehen, wieder abzuteilen. Die am Schluss der Rechnung angebrachte Übersicht gibt sowohl über die einzelnen Zweige genau Auskunft als auch über die Hauptabteilungen.

Was das Formular zur Rechnung betrifft, so ist zu erwägen, ob das Geschäft, über das die Rechnung Auskunft geben soll, ein Darlehensgeschäft ist,

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Kapitel VIII

d. h., ob die Darlehen und deren Wiedereinzie-hung den Hauptgegenstand des Geschäftes und der Rechnung bilden. Beim Entwurf des Formu-lars musste darauf Rücksicht genommen werden. Obgleich für die übrigen Einnahmen und Ausga-ben mehrere Kolonnen unnötig sind, so ist doch der für die Soll-Einnahme und Soll-Ausgabe nötige Raum in Spalte 3 enthalten. Es ist der Gleichmä-ßigkeit halber anzuraten, für sämtliche Einnah-men und Ausgaben nur ein und dasselbe Formular drucken zu lassen. Auf der linken Seite wird das Soll an Einnahme bzw. Ausgabe eingetragen, d. h., es werden hier diejenigen Beträge eingetragen, welche der Zahlmeister einnehmen oder ausgeben soll. In Bezug auf die Darlehen kommen in Spalte 2 nur diejenigen Beträge, welche wirklich noch aus-stehen, also nicht diejenigen, welche ursprünglich bewilligt waren. Auf der rechten Seite findet die Eintragung der wirklich vereinnahmten und ver-ausgabten sowie der noch ausständigen Restbeträ-ge statt.

Instruktionsmäßig soll der Zahlmeister nur einnehmen und auszahlen, wozu er vom Vereins-vorsteher Anweisung erhalten hat. Diese Anwei-sungen müssen also in Bezug auf alle Beträge er-folgen. Speziell, d. h. für jeden einzelnen Betrag, müssen diese Anweisungen erfolgen:

a) in Bezug auf die Vereinnahmung und Wie-dererstattung der angenommenen fremden Kapitalien, ausschließlich der Sparkassengel-der, aber einschließlich des Reservefonds,

b) für die an die Mitglieder zu verausgaben-den Darlehen, wie vorgeschrieben, auf den Schuldscheinen der Ersteren und die an die Mitglieder erstatteten Einlagen,

c) in Bezug auf die Ausgabe an gewöhnlichen Vereinsunkosten (Drucksachen etc.) und an Gerichtskosten.

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Die Darlehnskassen-Vereine

Dagegen werden:d) für die Einnahmen an Sparkassengeld, Einlagen

der Vereinsmitglieder, ausschließlich der Zinsen der Darlehen, Eintrittsgeld und Provision sowie

e) für die Ausgaben an Sparkassengeld, Zinsen, Gewinnverteilung an die Mitglieder,

zur Vermeidung von unnützer Schreiberei, wenn es erforderlich und zweckmäßig ist, monat-liche, vierteljährliche oder jährliche Nachweisun-gen aufgestellt, geprüft, festgestellt und dem Zahl-meister überwiesen. Dieser trägt die überwiesenen Beträge summarisch in die Rechnung ein und ver-weist auf die betreffenden Belege.

Die Gerichtskosten müssen alle wieder eingezo-gen werden. Sie werden also summarisch überwie-sen. Die Beträge, welche nicht eingehen sollten, muss der Zahlmeister dann speziell in Rest-Einnah-me stellen, wonach bei der Rechnungsfeststellung entschieden wird, ob sie noch einziehbar oder nie-derzuschlagen sind.

Den Hauptgegenstand der Rechnung bilden, wie schon erwähnt, die Darlehen an die Vereinsmit-glieder und die Wiedereinziehung derselben. Wie in Ausgabe, so müssen auch die wieder eingezoge-nen Beträge in Einnahme ganz speziell aufgeführt werden. Für jeden einzelnen dieser Einnahmebe-träge eine Anweisung zu fertigen, würde zu zeitrau-bend sein, eine Nachweisung aufzustellen, würde ebenfalls unnütze Mühe machen, da die Richtigkeit der einzuziehenden Beträge aus den vorhergehen-den Rechnungen ganz genau ersichtlich ist. Es ge-nügt also, dass der Vorstand vor dem Fälligkeitster-min die einzuziehenden Beträge in einer Summe feststellt und dass diese dann überwiesen wird und die Überweisung als Rechnungsbeleg dient. Die nur auf drei Monate ausgeliehenen Gelder werden spe-ziell oder in monatlichen etc. Nachweisungen zu überweisen sein.

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Kapitel VIII

Um die Richtigkeit der Zinsen für die an die Mitglieder gezahlten Darlehen ganz genau kont-rollieren zu können, werden solche neben den zu erstattenden Beträgen im Soll speziell berechnet. Die Summe wird nach dieser Berechnung unter der Rubrik „Zinsen“ zum Soll gestellt und verein-nahmt. Obgleich dieses Verfahren der Form nach nicht ganz richtig sein mag, so ist dasselbe doch sehr zu empfehlen. Es bietet eine klare Übersicht und Sicherheit der Zinsenberechnung und es wird dadurch viel Schreiberei eingespart.

Im Allgemeinen muss für die Rechnungsstellung der Grundsatz festgehalten werden, dass ihre Rich-tigkeit ganz ohne Hinzuziehung des Zahlmeisters, ganz ohne dessen Bücher und nur aus den vor-handenen Belegen und aus den Rechnungen der Vorjahre geprüft werden kann. Kann dies nicht ge-schehen, so ist die Rechnung zwecklos. Beim vor-liegenden Entwurf und den erfolgten Anweisungen wurde dem erwähnten Grundsatz entsprochen.

Nach der Form der Rechnung muss sich die Form der Haupt-Journale richten. Sind diese rich-tig geführt, so muss ihr Abschluss am 31. Dezem-ber genau mit den Ergebnissen der Rechnung übereinstimmen.

Dasselbe muss mit den richtig geführten Kassen-kontrollen der Fall sein. In dieselben müssen alle überwiesenen Beträge sofort eingetragen werden, die im Laufe des Monats aber fällig gewordenen Be-träge nach vorheriger genauer Feststellung am Ende jeden Monats und vor einer außergewöhnlichen Kas-senrevision vor dem Zusammenrechnen. Geschieht dies alles genau, so werden am Jahresende und nach Aufstellung der Rechnung die Kontrollen, Bücher und die Rechnung genau übereinstimmen.

Sowohl in den Kontrollen als auch in den Bü-chern des Zahlmeisters wird jeder Monat für sich addiert. Nachdem dies geschehen ist, wird,

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Die Darlehnskassen-Vereine

beispielsweise im Februar, das Ergebnis des Monats Januar unter die Summe des erstgenannten Mo-nats eingetragen und mit dieser zusammengezo-gen. Diese Hauptsumme kommt dann wieder un-ter die Summe des nächstfolgenden Monats usw., sodass bei jedem Monatsabschluss das Ergebnis für den laufenden Monat selbst und außerdem das Ergebnis der verflossenen Monate des Jahres ersichtlich ist.

In die monatlichen Kassenabschlüsse werden nur die Hauptresultate eingetragen, und zwar die Summen, welche alle abgelaufenen Monate zu-sammen ergeben.

Was zu den einzelnen Schemata noch besonders zu bemerken war, ist auf jedem derselben angeführt.

Die mitgeteilten Entwürfe sind bei allmählichen Abänderungen und Verbesserungen das Ergebnis langjähriger Erfahrungen. So sehr wir auch von der Zweckmäßigkeit überzeugt sind und dieselben deshalb empfehlen können, so geben wir auch gerne zu, dass nichts vollkommen ist. Auch hier wurde eine Vollkommenheit noch nicht erreicht und es können wohl immer noch Verbesserungen eintreten. Um solche herbeizuführen, empfehlen wir wiederholt einen recht regen Verkehr der sich bildenden Vereine untereinander, und zwar nach der am Ende des ersten Kapitels vorgeschlagenen Organisation, sowie die Mitteilung der gemachten Erfahrungen und etwaiger Verbesserungsvorschlä-ge. Geschieht dies allseits und wird davon allseits Kenntnis genommen, so können wir – mit Bezug hierauf sowie auf die von uns gemachten Mittei-lungen – nur mit dem Rat schließen: „Prüfet alles und das Beste behaltet!“

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Statistische Nachweisung über die von dem Verfasser gegründeten Darlehnskassen-Vereine

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