Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

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.SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis Schiewek, Werner (2008): „Moral haben wir schon! Wozu noch Ethik?“. Berufsethische Herausforderungen der Polizeiarbeit SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 12-23. doi: 10.7396/2008_3_B Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen, verwenden Sie bitte folgende Angaben: Schiewek, Werner (2008). „Moral haben wir schon! Wozu noch Ethik?“. Berufsethische Herausforderungen der Polizeiarbeit, SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 12-23, Online: http://dx.doi.org/10.7396/2008_3_B. © Bundesministerium für Inneres Sicherheitsakademie / Verlag NWV, 2008 Hinweis: Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (http://nwv.at) erschienen. Online publiziert: 3/2013

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SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis

Schiewek Werner (2008)

bdquoMoral haben wir schon Wozu noch Ethikldquo Berufsethische Herausforderungen der Polizeiarbeit

SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3) 12-23

doi 1073962008_3_B

Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen verwenden Sie bitte folgende Angaben

Schiewek Werner (2008) bdquoMoral haben wir schon Wozu noch Ethikldquo Berufsethische Herausforderungen der Polizeiarbeit SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3) 12-23 Online httpdxdoiorg1073962008_3_B

copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2008

Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (httpnwvat) erschienen

Online publiziert 32013

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bdquoMoral haben wir schon Wozu noch Ethikldquo

Berufsethische Herausforderungen

der Polizeiarbeit Organisationen sind Horte von Moral Das gilt besonders fuumlr die Polizei

die als Verwalterin des staatlichen Gewaltmonopols an einer besonders senshysiblen Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft arbeitet Die moralische Sensibilitaumlt und die moralischen Anspruumlche die an die Arbeit der Polizei von Seiten der Gesellschaft aber auch in der Polizei selbst von ihren Angeshyhoumlrigen formuliert werden wachsen rapide Der vorliegende Beitrag formu-

WERNER SCHIEWEK liert die These dass dieser wachsende Moralbedarf unausweichlich zu Prob-Lehrbeauftragter fuumlr Ethik im

Polizeiberuf an der Deutschen lemlagen fuumlhrt die mithilfe der herkoumlmmlichen moralischen Instanzen in Hochschule der Polizei in

der Polizei (Recht Tugend und Profession) nur noch unzureichend geloumlst Muumlnster-Hiltrup werden koumlnnen Demgegenuumlber wird die Entwicklung ethischer Kompetenz zu einem erfolgskritischen Faktor zur Erzeugung und Erhaltung von Moral in Organisationen im Allgemeinen und in der Polizei im Besonderen Die Leistung ethischer Kompetenz wird darin gesehen unter dem Blickwinkel ausgewaumlhlter moralischer Dimensionen (Wahrheit Versprechen Gerechtigshykeit) die fuumlr die moralische Qualitaumlt jeder Art von Kooperation von entshyscheidender Bedeutung sind moralische Konfliktlagen erkennen benennen und uumlber diese begruumlndet entscheiden zu koumlnnen

I POLIZEI UND MORAL sen)1 Schon diese ndash sehr vereinfachende ndash Polizei und Moral gehoumlren zusammen Aufgabenbeschreibung der polizeilichen Dieser Zusammenhang wird von Seiten Arbeit fuumlhrt zu einer unvermeidlichen der Gesellschaft genauso an die Polizei Spannung (und nicht der einzigen) zwishyherangetragen wie er innerhalb der Poli- schen Gesellschaft und Polizei2 Sie beshyzei zum festen Inventar ihres Selbstver- steht in diesem Fall darin dass die Gesellshystaumlndnisses gehoumlrt Die uumlberall in der Poli- schaft zu ihrem Schutz eine solche zei anzutreffende moralische Sicht ihrer Gewaltbereitschaft auf Seiten der Polizei Arbeit und ihres beruflichen Selbstver- erwartet und gegebenenfalls einfordert staumlndnisses ist deshalb alles andere als (das ist jeweils vom gesellschaftlichen verwunderlich bdquoAngstpegelldquo abhaumlngig und wird daruumlber

Fuumlr die Gesellschaft resultiert er aus der hinaus vor allem dann akzeptiert wenn sie der Polizei uumlbertragenen Verwaltung des bdquodenldquo bzw bdquodie Richtigenldquo trifft) waumlh-Gewaltmonopols und der damit verbunde- rend dieselbe Faumlhigkeit gleichzeitig auch nen Berechtigung bdquoGewaltldquo bzw bdquounmittel- Furcht auf Seiten der Gesellschaft ausloumlst baren Zwangldquo ausuumlben zu duumlrfen (bzw ndash (vor allem dann wenn die Gefahr besteht in praumlventiver Absicht ndash bdquoGewaltbereit- dass sie bdquodie Falschenldquo trifft) Die bdquomoralishyschaftldquo uumlberzeugend inszenieren zu koumln- sche Einbettungldquo der polizeilichen Arbeit nen um sie gerade nicht einsetzen zu muumls- ist eine der Moumlglichkeiten3 mit dieser

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Spannung umzugehen Sie wird dadurch zwar nicht aufgeloumlst aber doch als moumlgshylichst wenig beunruhigend ausgewiesen denn bdquomoralisch guteldquo Polizistinnen und Polizisten werden mit der ihnen gegeshybenen Lizenz zur Ausuumlbung des Gewaltshymonopols bdquomoralisch gut umgehenldquo (meist verstanden im Sinne eines bdquonicht an pershysoumlnlichen Interessen ausgerichtetem sonshydern an uumlberindividuellen Maszligstaumlben orientierten Verhaltensldquo) Die hohen Vershytrauenswerte die seit Jahrzehnten in deutschen Befragungen von Seiten der Beshyvoumllkerung der Polizei immer entgegengeshybracht werden deuten darauf hin dass die zuvor beschriebene Spannung nicht auf die gesellschaftliche Vertrauenszuschreishybung durchschlaumlgt4

Die moralische Sicht des Polizeiberufs in den Reihen der Polizei verdankt sich unter anderem einem beruflichen Selbstshyverstaumlndnis das sich in einem impliziten Vertrag zwischen dem Polizeibeamten und seinem Dienstherrn widerspiegelt in dem der Polizist ndash uumlberspitzt ausgedruumlckt ndash seine jederzeitige Bereitschaft einbringt bdquofuumlr die Sicherheit und Freiheit dieser Gesellschaft sein Leben zu opfernldquo (Christe-Zeyse 2007 64) Eine solche Bereitschaft ist nicht nur ein Unterscheishydungsmerkmal zu den Anforderungen die die meisten anderen Berufsgruppen der Gesellschaft an die diese Berufe ausuumlbenshyden Menschen stellen sondern auch ein entscheidender Faktor fuumlr die Zusammenshyarbeit innerhalb der Polizei Letztere praumlshygen insbesondere durch das Moment der bdquoGefahrengemeinschaftldquo das polizeiliche Verstaumlndnis von Kollegialitaumlt erstere unterscheidet in charakteristischer Weise das Handeln eines Polizisten bzw einer Polizistin von den erwartbaren bzw zushymutbaren Handlungsweisen von bdquoNormalshybuumlrgerinnenldquo und bdquo-buumlrgernldquo (vgl dazu Schiewek 2006 118) Daraus resultiert ein ganz besonderes Berufsbild und Berufsshy

verstaumlndnis dessen umfangreiche Implishykationen fuumlr diejenigen die dazu gehoumlren meistens sehr klar fuumlr diejenigen die von auszligen darauf blicken nicht wirklich in letzter Tiefe zu ergruumlnden sind Ein Beishyspiel fuumlr das Gemeinte bildet ein Stateshyment einer amerikanischen Untersuchung in der die Autoren eine so genannte bdquoArchetypal Police Cultureldquo charakterisieshyren die sich weltweit finden lasse und so etwas wie den Fixpunkt des polizeilichen Selbstverstaumlndnisses bilde bdquoA cop is a cop is a cop Some are better than others some are worse But we are all made out of pretty much the same stuffldquo (WoodDavis 2002)

Die Einfachheit dieser Aussage darf nicht daruumlber

hinwegtaumluschen dass es sich bei der damit beschriebenen

polizeilichen Identitaumlt um einen sehr komplexen Sachverhalt handelt

Den oben nur kurz genannten und beshyschriebenen Anforderungen von Seiten der Gesellschaft und von Seiten der Polizei gerecht zu werden ist eine Herausfordeshyrung die sich schnell zu einer individushyellen wie strukturellen Uumlberforderung entshywickeln kann (vgl Moore 1990 72ndash102) Um ein Beispiel dieser Herausforderunshygen zu nennen Wenn die Verwaltung des staatlichen Gewaltmonopols zB nach Erhard Denninger immer auch bedeutet dass staatliche Gewalt sowohl aktuell als auch potentiell unwiderstehlich sein muss weil es genau die Gewissheit dieser Schutzshyleistung sei mit der die Rechtsgehorsamsshypflicht des Buumlrgers stehe und falle dann koumlnne der Staat zwar bdquovoruumlbergehend situativ auf sofortige Befehlsdurchsetzung verzichten (etwa um auf diese Weise beshydrohte Rechtsguumlter das Leben einer Geishysel aussichtsreicher schuumltzen zu koumlnnen

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oder um in der Zwischenzeit eine sbquopolitishysche Loumlsunglsquo eines Konflikts herbeizufuumlhshyren)ldquo aber nichtsdestotrotz muumlsse er beim Buumlrger gleichzeitig die Uumlberzeugung aufshyrechterhalten bdquodass er auf laumlngere Sicht stets den laumlngeren Atem und Arm hatldquo und bdquozu wirksamem Rechtsguumlterschutz in der Lageldquo ist (Denninger 1987 132) Meines Erachtens existieren in der Polizei an vieshylen Stellen implizite und explizite bdquoUumlbershysetzungenldquo dieses von Denninger formushylierten Anspruchs der Unwiderstehlichkeit des staatlichen Gewaltmonopols

Eine solche Uumlbersetzung sehe ich zB in dem handlungsleishytenden polizeilichen Anspruch

eines bdquoWir gewinnenldquo

Wie tief dieser Anspruch in der polizeilishychen Handlungslogik verankert ist zeigt sich zB darin dass wo immer diese Uumlberzeugung wirklich fraglich wird es zu Sinn- und Handlungskrisen in der polizeishylichen Arbeit kommen kann Wenn sich das Ethos der polizeilichen Arbeit besonshyders an der Einstellung zur Ausuumlbung staatlicher Gewalt entscheidet und hier auch die besonderen psychischen Anforshyderungen wurzeln die der Polizeiberuf an den Polizeibeamten stellt dann resultiert aus diesen absoluten und relativen rechts-staatlichen Begrenzungen des Gewalteinshysatzes ein grundlegendes Dilemma einer rechtsstaatlichen Polizei Unwiderstehlichshykeit versus rechtsstaatliche Begrenzungen Ein Dilemma das sich sowohl fuumlr die Polishyzei als auch fuumlr die Gesellschaft stellt und nach Aufloumlsung zu jeweils einer der beishyden Seiten strebt (Denninger 1987 132) Wie immer die konkreten Abwaumlgungen hinsichtlich eines solchen Dilemmas ausshyfallen (und es gibt in dieser Hinsicht eine groumlszligere Spannbreite als oft vermutet wird vgl zB im Hinblick auf die damit unshymittelbar zusammen haumlngende Thematik

der bdquoNoble Cause Corruptionldquo Kleinig [Kleinig 2002] oder im Hinblick auf die Bedeutung von bdquoGewissensentscheidunshygenldquo im Bereich polizeilicher Arbeit am Beispiel der bdquoRettungsfolterldquo Schiewek [Schiewek 2007]) ohne eine wie auch immer geartete und wie auch immer beshygruumlndete moralische Legitimation sind solche Abwaumlgungen kaum durchfuumlhrbar Vielmehr bestehen solche Abwaumlgungen letztlich in genau solchen persoumlnlichen moralischen Bewertungen der eigenen Handlungsoptionen und der persoumlnlichen moralischen Verantwortungsuumlbernahme fuumlr die daraus hervorgehende eigene Entshyscheidung

Ohne solche moralischen Bewertungen ist die polizeishyliche Arbeit weder machbar

noch wuumlnschbar

Die damit formulierten Zumutungen an die Ausuumlbung des Polizeiberufs sind zugeshygebenermaszligen groszlig doch Moral ist in der Polizei alles andere als knapp Denn ohne die moralischen Orientierungen die imshymer wieder die Legitimitaumlt und den Sinn der eigenen Berufsausuumlbung sichern laumlsst sich dieser Beruf weder ausuumlben noch auf Dauer aushalten Es gibt solche moralishyschen Orientierungen Es gibt sie zuhauf Doch woher stammen sie und wie sehen sie aus

II DREI BAUSTEINE DER MORALISCHEN INFRASTRUKTUR DER POLIZEI Die Fragen worin solche moralischen Orishyentierungen genau bestehen wie sie zu gewinnen und foumlrdern sind reichen weit zuruumlck Schon Platon hat in seinem Staatsshyentwurf der Politeia Erwartungen im Hinblick auf die bdquoWaumlchterldquo der Polis forshymuliert die bis heute fuumlr Angehoumlrige der Organisationen zur Verwaltung des Geshy

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waltmonopols gelten und mit der sich die polizeilichen Werbe- und Auswahldienste abquaumllen bdquoWo sollen wir eine zugleich sanfte und hocheifrige Gemuumltsart auffinshyden Denn die sanftmuumltige Natur ist ja derjenigen entgegengesetzt in welcher der Eifer vorherrscht () Und doch kann wem eines von diesen beiden fehlt kein guter Waumlchter seinldquo (Platon Politeia II 375c zit nach Platon 1991 155) Oder im Sinne eines Kurzprofils ausgedruumlckt bdquoAlso philosophisch und eifrig und rasch und stark muszlig uns von Natur sein wer ein guter und tuumlchtiger Waumlchter der Stadt sein sollldquo (Platon Politeia II 376c zit nach Platon 1991 159) Waumlhrend Platon im Hinblick auf die Implementierung der von ihm geforderten Eigenschaften im unmitshytelbaren Anschluss an die genannten Stelshylen zu umfassenden Eroumlrterungen uumlber deren bdquomusischeldquo und bdquogymnastische Ershyziehungldquo sowie die bdquoAuswahlldquo und bdquoAufshygabenldquo der Waumlchter ansetzt werden zur Implementierung moralischer Orientieshyrungen in der Polizei gegenwaumlrtig eine Vielzahl von Vorschlaumlgen unterbreitet die aus meiner Sicht drei unterschiedliche Strategien erkennbar werden lassen Anshyhand der von ihnen jeweils fuumlr diese Aufshygabe favorisierten Medien ndash bdquoRechtldquo bdquoTugendldquo und bdquoProfessionldquo ndash lassen sie sich idealtypisch unterscheiden

BAUSTEIN I MORAL VIA bdquoRECHTldquo Damals wie heute gibt es Vorschlaumlge die Frage der moralischen Infrastruktur der Polizei an das bdquoRechtldquo zu delegieren Kuumlrzlich konnte ich auf einer Tagung den Satz houmlren bdquoIch5 brauche kein Leitbild Mein Leitbild ist das Grundgesetzldquo Diese Sichtweise laumluft auf eine Position hinaus die Erhard Denninger einmal so formuliert hat dass der Buumlrger eben bdquokeinen unmitshytelbar einklagbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung einer die Legalitaumlt uumlbershysteigenden Moralitaumlt des polizeilichen

Handelnsldquo habe (Denninger 1987 133) Damit waumlre zwar das bdquoethische Minimumldquo polizeilicher Arbeit durch das Recht gesishychert allerdings um den Preis dass weite Teile des polizeilichen Handelns ausgeshyblendet blieben Daruumlber hinaus zeigt sich aber auch dass die handlungssteuernde Bedeutung des Rechts fuumlr viele Bereiche des polizeilichen Alltags meist deutlich uumlberschaumltzt wird Eine solche Uumlberschaumltshyzung ist aus inhaltlichen und formalen Gruumlnden zwar nachvollziehbar aber in der Realitaumlt ist sie aumlhnlich abwegig wie beishyspielsweise der Versuch die empirisch feststellbare unuumlberschaubare Pluralitaumlt ehelicher und familiaumlrer Beziehungsshyformen und Beziehungsgeschichten unshymittelbar aus dem Ehe- und Familienrecht ableiten zu wollen In Bezug auf die polishyzeiliche Arbeit ist zB die Ebene rechtlishycher Legalitaumlt bei der Klaumlrung unmittelbar anwendungsbezogener Ermessensfragen zB der Frage bdquowann und gegen wen Gewalt in welcher Form und in welchem Ausmaszlig sbquounbedingt notwendiglsquo istldquo schlicht uumlberfordert (Behr 2000 228) Aber nicht nur das So fragt Erhard Denninger ob die Buumlrger nicht (auch einen rechtlich begruumlndbaren) bdquoAnspruch auf eine (im Sinne rechtsstaatlicher Sensibilitaumlt) optimale Polizeildquo haumltten (Denninger 1987 133) Konkret heiszligt das fuumlr ihn dass eine von einem Berufsethos getragene entwickeltere Einsicht in die Grundrechtsbelange des Buumlrgers dazu fuumlhren muumlsste bdquoim Rahmen notwendiger Eingriffsmaszlignahmen schonendere vershystaumlndnisvollere an feineren ethischen Maszligstaumlben entwickelte Alternativenldquo zu suchen und auch umzusetzen (ebd)

BAUSTEIN II MORAL VIA bdquoTUGENDldquo Der Rekurs auf den Tugendbegriff als Bruumlcke zur moralischen Orientierung des polizeilichen Handelns bei gleichzeitiger

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Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

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Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

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kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

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weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

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koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

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1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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Page 2: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

32008SIAK-JOURNAL

bdquoMoral haben wir schon Wozu noch Ethikldquo

Berufsethische Herausforderungen

der Polizeiarbeit Organisationen sind Horte von Moral Das gilt besonders fuumlr die Polizei

die als Verwalterin des staatlichen Gewaltmonopols an einer besonders senshysiblen Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft arbeitet Die moralische Sensibilitaumlt und die moralischen Anspruumlche die an die Arbeit der Polizei von Seiten der Gesellschaft aber auch in der Polizei selbst von ihren Angeshyhoumlrigen formuliert werden wachsen rapide Der vorliegende Beitrag formu-

WERNER SCHIEWEK liert die These dass dieser wachsende Moralbedarf unausweichlich zu Prob-Lehrbeauftragter fuumlr Ethik im

Polizeiberuf an der Deutschen lemlagen fuumlhrt die mithilfe der herkoumlmmlichen moralischen Instanzen in Hochschule der Polizei in

der Polizei (Recht Tugend und Profession) nur noch unzureichend geloumlst Muumlnster-Hiltrup werden koumlnnen Demgegenuumlber wird die Entwicklung ethischer Kompetenz zu einem erfolgskritischen Faktor zur Erzeugung und Erhaltung von Moral in Organisationen im Allgemeinen und in der Polizei im Besonderen Die Leistung ethischer Kompetenz wird darin gesehen unter dem Blickwinkel ausgewaumlhlter moralischer Dimensionen (Wahrheit Versprechen Gerechtigshykeit) die fuumlr die moralische Qualitaumlt jeder Art von Kooperation von entshyscheidender Bedeutung sind moralische Konfliktlagen erkennen benennen und uumlber diese begruumlndet entscheiden zu koumlnnen

I POLIZEI UND MORAL sen)1 Schon diese ndash sehr vereinfachende ndash Polizei und Moral gehoumlren zusammen Aufgabenbeschreibung der polizeilichen Dieser Zusammenhang wird von Seiten Arbeit fuumlhrt zu einer unvermeidlichen der Gesellschaft genauso an die Polizei Spannung (und nicht der einzigen) zwishyherangetragen wie er innerhalb der Poli- schen Gesellschaft und Polizei2 Sie beshyzei zum festen Inventar ihres Selbstver- steht in diesem Fall darin dass die Gesellshystaumlndnisses gehoumlrt Die uumlberall in der Poli- schaft zu ihrem Schutz eine solche zei anzutreffende moralische Sicht ihrer Gewaltbereitschaft auf Seiten der Polizei Arbeit und ihres beruflichen Selbstver- erwartet und gegebenenfalls einfordert staumlndnisses ist deshalb alles andere als (das ist jeweils vom gesellschaftlichen verwunderlich bdquoAngstpegelldquo abhaumlngig und wird daruumlber

Fuumlr die Gesellschaft resultiert er aus der hinaus vor allem dann akzeptiert wenn sie der Polizei uumlbertragenen Verwaltung des bdquodenldquo bzw bdquodie Richtigenldquo trifft) waumlh-Gewaltmonopols und der damit verbunde- rend dieselbe Faumlhigkeit gleichzeitig auch nen Berechtigung bdquoGewaltldquo bzw bdquounmittel- Furcht auf Seiten der Gesellschaft ausloumlst baren Zwangldquo ausuumlben zu duumlrfen (bzw ndash (vor allem dann wenn die Gefahr besteht in praumlventiver Absicht ndash bdquoGewaltbereit- dass sie bdquodie Falschenldquo trifft) Die bdquomoralishyschaftldquo uumlberzeugend inszenieren zu koumln- sche Einbettungldquo der polizeilichen Arbeit nen um sie gerade nicht einsetzen zu muumls- ist eine der Moumlglichkeiten3 mit dieser

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Spannung umzugehen Sie wird dadurch zwar nicht aufgeloumlst aber doch als moumlgshylichst wenig beunruhigend ausgewiesen denn bdquomoralisch guteldquo Polizistinnen und Polizisten werden mit der ihnen gegeshybenen Lizenz zur Ausuumlbung des Gewaltshymonopols bdquomoralisch gut umgehenldquo (meist verstanden im Sinne eines bdquonicht an pershysoumlnlichen Interessen ausgerichtetem sonshydern an uumlberindividuellen Maszligstaumlben orientierten Verhaltensldquo) Die hohen Vershytrauenswerte die seit Jahrzehnten in deutschen Befragungen von Seiten der Beshyvoumllkerung der Polizei immer entgegengeshybracht werden deuten darauf hin dass die zuvor beschriebene Spannung nicht auf die gesellschaftliche Vertrauenszuschreishybung durchschlaumlgt4

Die moralische Sicht des Polizeiberufs in den Reihen der Polizei verdankt sich unter anderem einem beruflichen Selbstshyverstaumlndnis das sich in einem impliziten Vertrag zwischen dem Polizeibeamten und seinem Dienstherrn widerspiegelt in dem der Polizist ndash uumlberspitzt ausgedruumlckt ndash seine jederzeitige Bereitschaft einbringt bdquofuumlr die Sicherheit und Freiheit dieser Gesellschaft sein Leben zu opfernldquo (Christe-Zeyse 2007 64) Eine solche Bereitschaft ist nicht nur ein Unterscheishydungsmerkmal zu den Anforderungen die die meisten anderen Berufsgruppen der Gesellschaft an die diese Berufe ausuumlbenshyden Menschen stellen sondern auch ein entscheidender Faktor fuumlr die Zusammenshyarbeit innerhalb der Polizei Letztere praumlshygen insbesondere durch das Moment der bdquoGefahrengemeinschaftldquo das polizeiliche Verstaumlndnis von Kollegialitaumlt erstere unterscheidet in charakteristischer Weise das Handeln eines Polizisten bzw einer Polizistin von den erwartbaren bzw zushymutbaren Handlungsweisen von bdquoNormalshybuumlrgerinnenldquo und bdquo-buumlrgernldquo (vgl dazu Schiewek 2006 118) Daraus resultiert ein ganz besonderes Berufsbild und Berufsshy

verstaumlndnis dessen umfangreiche Implishykationen fuumlr diejenigen die dazu gehoumlren meistens sehr klar fuumlr diejenigen die von auszligen darauf blicken nicht wirklich in letzter Tiefe zu ergruumlnden sind Ein Beishyspiel fuumlr das Gemeinte bildet ein Stateshyment einer amerikanischen Untersuchung in der die Autoren eine so genannte bdquoArchetypal Police Cultureldquo charakterisieshyren die sich weltweit finden lasse und so etwas wie den Fixpunkt des polizeilichen Selbstverstaumlndnisses bilde bdquoA cop is a cop is a cop Some are better than others some are worse But we are all made out of pretty much the same stuffldquo (WoodDavis 2002)

Die Einfachheit dieser Aussage darf nicht daruumlber

hinwegtaumluschen dass es sich bei der damit beschriebenen

polizeilichen Identitaumlt um einen sehr komplexen Sachverhalt handelt

Den oben nur kurz genannten und beshyschriebenen Anforderungen von Seiten der Gesellschaft und von Seiten der Polizei gerecht zu werden ist eine Herausfordeshyrung die sich schnell zu einer individushyellen wie strukturellen Uumlberforderung entshywickeln kann (vgl Moore 1990 72ndash102) Um ein Beispiel dieser Herausforderunshygen zu nennen Wenn die Verwaltung des staatlichen Gewaltmonopols zB nach Erhard Denninger immer auch bedeutet dass staatliche Gewalt sowohl aktuell als auch potentiell unwiderstehlich sein muss weil es genau die Gewissheit dieser Schutzshyleistung sei mit der die Rechtsgehorsamsshypflicht des Buumlrgers stehe und falle dann koumlnne der Staat zwar bdquovoruumlbergehend situativ auf sofortige Befehlsdurchsetzung verzichten (etwa um auf diese Weise beshydrohte Rechtsguumlter das Leben einer Geishysel aussichtsreicher schuumltzen zu koumlnnen

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oder um in der Zwischenzeit eine sbquopolitishysche Loumlsunglsquo eines Konflikts herbeizufuumlhshyren)ldquo aber nichtsdestotrotz muumlsse er beim Buumlrger gleichzeitig die Uumlberzeugung aufshyrechterhalten bdquodass er auf laumlngere Sicht stets den laumlngeren Atem und Arm hatldquo und bdquozu wirksamem Rechtsguumlterschutz in der Lageldquo ist (Denninger 1987 132) Meines Erachtens existieren in der Polizei an vieshylen Stellen implizite und explizite bdquoUumlbershysetzungenldquo dieses von Denninger formushylierten Anspruchs der Unwiderstehlichkeit des staatlichen Gewaltmonopols

Eine solche Uumlbersetzung sehe ich zB in dem handlungsleishytenden polizeilichen Anspruch

eines bdquoWir gewinnenldquo

Wie tief dieser Anspruch in der polizeilishychen Handlungslogik verankert ist zeigt sich zB darin dass wo immer diese Uumlberzeugung wirklich fraglich wird es zu Sinn- und Handlungskrisen in der polizeishylichen Arbeit kommen kann Wenn sich das Ethos der polizeilichen Arbeit besonshyders an der Einstellung zur Ausuumlbung staatlicher Gewalt entscheidet und hier auch die besonderen psychischen Anforshyderungen wurzeln die der Polizeiberuf an den Polizeibeamten stellt dann resultiert aus diesen absoluten und relativen rechts-staatlichen Begrenzungen des Gewalteinshysatzes ein grundlegendes Dilemma einer rechtsstaatlichen Polizei Unwiderstehlichshykeit versus rechtsstaatliche Begrenzungen Ein Dilemma das sich sowohl fuumlr die Polishyzei als auch fuumlr die Gesellschaft stellt und nach Aufloumlsung zu jeweils einer der beishyden Seiten strebt (Denninger 1987 132) Wie immer die konkreten Abwaumlgungen hinsichtlich eines solchen Dilemmas ausshyfallen (und es gibt in dieser Hinsicht eine groumlszligere Spannbreite als oft vermutet wird vgl zB im Hinblick auf die damit unshymittelbar zusammen haumlngende Thematik

der bdquoNoble Cause Corruptionldquo Kleinig [Kleinig 2002] oder im Hinblick auf die Bedeutung von bdquoGewissensentscheidunshygenldquo im Bereich polizeilicher Arbeit am Beispiel der bdquoRettungsfolterldquo Schiewek [Schiewek 2007]) ohne eine wie auch immer geartete und wie auch immer beshygruumlndete moralische Legitimation sind solche Abwaumlgungen kaum durchfuumlhrbar Vielmehr bestehen solche Abwaumlgungen letztlich in genau solchen persoumlnlichen moralischen Bewertungen der eigenen Handlungsoptionen und der persoumlnlichen moralischen Verantwortungsuumlbernahme fuumlr die daraus hervorgehende eigene Entshyscheidung

Ohne solche moralischen Bewertungen ist die polizeishyliche Arbeit weder machbar

noch wuumlnschbar

Die damit formulierten Zumutungen an die Ausuumlbung des Polizeiberufs sind zugeshygebenermaszligen groszlig doch Moral ist in der Polizei alles andere als knapp Denn ohne die moralischen Orientierungen die imshymer wieder die Legitimitaumlt und den Sinn der eigenen Berufsausuumlbung sichern laumlsst sich dieser Beruf weder ausuumlben noch auf Dauer aushalten Es gibt solche moralishyschen Orientierungen Es gibt sie zuhauf Doch woher stammen sie und wie sehen sie aus

II DREI BAUSTEINE DER MORALISCHEN INFRASTRUKTUR DER POLIZEI Die Fragen worin solche moralischen Orishyentierungen genau bestehen wie sie zu gewinnen und foumlrdern sind reichen weit zuruumlck Schon Platon hat in seinem Staatsshyentwurf der Politeia Erwartungen im Hinblick auf die bdquoWaumlchterldquo der Polis forshymuliert die bis heute fuumlr Angehoumlrige der Organisationen zur Verwaltung des Geshy

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waltmonopols gelten und mit der sich die polizeilichen Werbe- und Auswahldienste abquaumllen bdquoWo sollen wir eine zugleich sanfte und hocheifrige Gemuumltsart auffinshyden Denn die sanftmuumltige Natur ist ja derjenigen entgegengesetzt in welcher der Eifer vorherrscht () Und doch kann wem eines von diesen beiden fehlt kein guter Waumlchter seinldquo (Platon Politeia II 375c zit nach Platon 1991 155) Oder im Sinne eines Kurzprofils ausgedruumlckt bdquoAlso philosophisch und eifrig und rasch und stark muszlig uns von Natur sein wer ein guter und tuumlchtiger Waumlchter der Stadt sein sollldquo (Platon Politeia II 376c zit nach Platon 1991 159) Waumlhrend Platon im Hinblick auf die Implementierung der von ihm geforderten Eigenschaften im unmitshytelbaren Anschluss an die genannten Stelshylen zu umfassenden Eroumlrterungen uumlber deren bdquomusischeldquo und bdquogymnastische Ershyziehungldquo sowie die bdquoAuswahlldquo und bdquoAufshygabenldquo der Waumlchter ansetzt werden zur Implementierung moralischer Orientieshyrungen in der Polizei gegenwaumlrtig eine Vielzahl von Vorschlaumlgen unterbreitet die aus meiner Sicht drei unterschiedliche Strategien erkennbar werden lassen Anshyhand der von ihnen jeweils fuumlr diese Aufshygabe favorisierten Medien ndash bdquoRechtldquo bdquoTugendldquo und bdquoProfessionldquo ndash lassen sie sich idealtypisch unterscheiden

BAUSTEIN I MORAL VIA bdquoRECHTldquo Damals wie heute gibt es Vorschlaumlge die Frage der moralischen Infrastruktur der Polizei an das bdquoRechtldquo zu delegieren Kuumlrzlich konnte ich auf einer Tagung den Satz houmlren bdquoIch5 brauche kein Leitbild Mein Leitbild ist das Grundgesetzldquo Diese Sichtweise laumluft auf eine Position hinaus die Erhard Denninger einmal so formuliert hat dass der Buumlrger eben bdquokeinen unmitshytelbar einklagbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung einer die Legalitaumlt uumlbershysteigenden Moralitaumlt des polizeilichen

Handelnsldquo habe (Denninger 1987 133) Damit waumlre zwar das bdquoethische Minimumldquo polizeilicher Arbeit durch das Recht gesishychert allerdings um den Preis dass weite Teile des polizeilichen Handelns ausgeshyblendet blieben Daruumlber hinaus zeigt sich aber auch dass die handlungssteuernde Bedeutung des Rechts fuumlr viele Bereiche des polizeilichen Alltags meist deutlich uumlberschaumltzt wird Eine solche Uumlberschaumltshyzung ist aus inhaltlichen und formalen Gruumlnden zwar nachvollziehbar aber in der Realitaumlt ist sie aumlhnlich abwegig wie beishyspielsweise der Versuch die empirisch feststellbare unuumlberschaubare Pluralitaumlt ehelicher und familiaumlrer Beziehungsshyformen und Beziehungsgeschichten unshymittelbar aus dem Ehe- und Familienrecht ableiten zu wollen In Bezug auf die polishyzeiliche Arbeit ist zB die Ebene rechtlishycher Legalitaumlt bei der Klaumlrung unmittelbar anwendungsbezogener Ermessensfragen zB der Frage bdquowann und gegen wen Gewalt in welcher Form und in welchem Ausmaszlig sbquounbedingt notwendiglsquo istldquo schlicht uumlberfordert (Behr 2000 228) Aber nicht nur das So fragt Erhard Denninger ob die Buumlrger nicht (auch einen rechtlich begruumlndbaren) bdquoAnspruch auf eine (im Sinne rechtsstaatlicher Sensibilitaumlt) optimale Polizeildquo haumltten (Denninger 1987 133) Konkret heiszligt das fuumlr ihn dass eine von einem Berufsethos getragene entwickeltere Einsicht in die Grundrechtsbelange des Buumlrgers dazu fuumlhren muumlsste bdquoim Rahmen notwendiger Eingriffsmaszlignahmen schonendere vershystaumlndnisvollere an feineren ethischen Maszligstaumlben entwickelte Alternativenldquo zu suchen und auch umzusetzen (ebd)

BAUSTEIN II MORAL VIA bdquoTUGENDldquo Der Rekurs auf den Tugendbegriff als Bruumlcke zur moralischen Orientierung des polizeilichen Handelns bei gleichzeitiger

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Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

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Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

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kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

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weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

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koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

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SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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Spannung umzugehen Sie wird dadurch zwar nicht aufgeloumlst aber doch als moumlgshylichst wenig beunruhigend ausgewiesen denn bdquomoralisch guteldquo Polizistinnen und Polizisten werden mit der ihnen gegeshybenen Lizenz zur Ausuumlbung des Gewaltshymonopols bdquomoralisch gut umgehenldquo (meist verstanden im Sinne eines bdquonicht an pershysoumlnlichen Interessen ausgerichtetem sonshydern an uumlberindividuellen Maszligstaumlben orientierten Verhaltensldquo) Die hohen Vershytrauenswerte die seit Jahrzehnten in deutschen Befragungen von Seiten der Beshyvoumllkerung der Polizei immer entgegengeshybracht werden deuten darauf hin dass die zuvor beschriebene Spannung nicht auf die gesellschaftliche Vertrauenszuschreishybung durchschlaumlgt4

Die moralische Sicht des Polizeiberufs in den Reihen der Polizei verdankt sich unter anderem einem beruflichen Selbstshyverstaumlndnis das sich in einem impliziten Vertrag zwischen dem Polizeibeamten und seinem Dienstherrn widerspiegelt in dem der Polizist ndash uumlberspitzt ausgedruumlckt ndash seine jederzeitige Bereitschaft einbringt bdquofuumlr die Sicherheit und Freiheit dieser Gesellschaft sein Leben zu opfernldquo (Christe-Zeyse 2007 64) Eine solche Bereitschaft ist nicht nur ein Unterscheishydungsmerkmal zu den Anforderungen die die meisten anderen Berufsgruppen der Gesellschaft an die diese Berufe ausuumlbenshyden Menschen stellen sondern auch ein entscheidender Faktor fuumlr die Zusammenshyarbeit innerhalb der Polizei Letztere praumlshygen insbesondere durch das Moment der bdquoGefahrengemeinschaftldquo das polizeiliche Verstaumlndnis von Kollegialitaumlt erstere unterscheidet in charakteristischer Weise das Handeln eines Polizisten bzw einer Polizistin von den erwartbaren bzw zushymutbaren Handlungsweisen von bdquoNormalshybuumlrgerinnenldquo und bdquo-buumlrgernldquo (vgl dazu Schiewek 2006 118) Daraus resultiert ein ganz besonderes Berufsbild und Berufsshy

verstaumlndnis dessen umfangreiche Implishykationen fuumlr diejenigen die dazu gehoumlren meistens sehr klar fuumlr diejenigen die von auszligen darauf blicken nicht wirklich in letzter Tiefe zu ergruumlnden sind Ein Beishyspiel fuumlr das Gemeinte bildet ein Stateshyment einer amerikanischen Untersuchung in der die Autoren eine so genannte bdquoArchetypal Police Cultureldquo charakterisieshyren die sich weltweit finden lasse und so etwas wie den Fixpunkt des polizeilichen Selbstverstaumlndnisses bilde bdquoA cop is a cop is a cop Some are better than others some are worse But we are all made out of pretty much the same stuffldquo (WoodDavis 2002)

Die Einfachheit dieser Aussage darf nicht daruumlber

hinwegtaumluschen dass es sich bei der damit beschriebenen

polizeilichen Identitaumlt um einen sehr komplexen Sachverhalt handelt

Den oben nur kurz genannten und beshyschriebenen Anforderungen von Seiten der Gesellschaft und von Seiten der Polizei gerecht zu werden ist eine Herausfordeshyrung die sich schnell zu einer individushyellen wie strukturellen Uumlberforderung entshywickeln kann (vgl Moore 1990 72ndash102) Um ein Beispiel dieser Herausforderunshygen zu nennen Wenn die Verwaltung des staatlichen Gewaltmonopols zB nach Erhard Denninger immer auch bedeutet dass staatliche Gewalt sowohl aktuell als auch potentiell unwiderstehlich sein muss weil es genau die Gewissheit dieser Schutzshyleistung sei mit der die Rechtsgehorsamsshypflicht des Buumlrgers stehe und falle dann koumlnne der Staat zwar bdquovoruumlbergehend situativ auf sofortige Befehlsdurchsetzung verzichten (etwa um auf diese Weise beshydrohte Rechtsguumlter das Leben einer Geishysel aussichtsreicher schuumltzen zu koumlnnen

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oder um in der Zwischenzeit eine sbquopolitishysche Loumlsunglsquo eines Konflikts herbeizufuumlhshyren)ldquo aber nichtsdestotrotz muumlsse er beim Buumlrger gleichzeitig die Uumlberzeugung aufshyrechterhalten bdquodass er auf laumlngere Sicht stets den laumlngeren Atem und Arm hatldquo und bdquozu wirksamem Rechtsguumlterschutz in der Lageldquo ist (Denninger 1987 132) Meines Erachtens existieren in der Polizei an vieshylen Stellen implizite und explizite bdquoUumlbershysetzungenldquo dieses von Denninger formushylierten Anspruchs der Unwiderstehlichkeit des staatlichen Gewaltmonopols

Eine solche Uumlbersetzung sehe ich zB in dem handlungsleishytenden polizeilichen Anspruch

eines bdquoWir gewinnenldquo

Wie tief dieser Anspruch in der polizeilishychen Handlungslogik verankert ist zeigt sich zB darin dass wo immer diese Uumlberzeugung wirklich fraglich wird es zu Sinn- und Handlungskrisen in der polizeishylichen Arbeit kommen kann Wenn sich das Ethos der polizeilichen Arbeit besonshyders an der Einstellung zur Ausuumlbung staatlicher Gewalt entscheidet und hier auch die besonderen psychischen Anforshyderungen wurzeln die der Polizeiberuf an den Polizeibeamten stellt dann resultiert aus diesen absoluten und relativen rechts-staatlichen Begrenzungen des Gewalteinshysatzes ein grundlegendes Dilemma einer rechtsstaatlichen Polizei Unwiderstehlichshykeit versus rechtsstaatliche Begrenzungen Ein Dilemma das sich sowohl fuumlr die Polishyzei als auch fuumlr die Gesellschaft stellt und nach Aufloumlsung zu jeweils einer der beishyden Seiten strebt (Denninger 1987 132) Wie immer die konkreten Abwaumlgungen hinsichtlich eines solchen Dilemmas ausshyfallen (und es gibt in dieser Hinsicht eine groumlszligere Spannbreite als oft vermutet wird vgl zB im Hinblick auf die damit unshymittelbar zusammen haumlngende Thematik

der bdquoNoble Cause Corruptionldquo Kleinig [Kleinig 2002] oder im Hinblick auf die Bedeutung von bdquoGewissensentscheidunshygenldquo im Bereich polizeilicher Arbeit am Beispiel der bdquoRettungsfolterldquo Schiewek [Schiewek 2007]) ohne eine wie auch immer geartete und wie auch immer beshygruumlndete moralische Legitimation sind solche Abwaumlgungen kaum durchfuumlhrbar Vielmehr bestehen solche Abwaumlgungen letztlich in genau solchen persoumlnlichen moralischen Bewertungen der eigenen Handlungsoptionen und der persoumlnlichen moralischen Verantwortungsuumlbernahme fuumlr die daraus hervorgehende eigene Entshyscheidung

Ohne solche moralischen Bewertungen ist die polizeishyliche Arbeit weder machbar

noch wuumlnschbar

Die damit formulierten Zumutungen an die Ausuumlbung des Polizeiberufs sind zugeshygebenermaszligen groszlig doch Moral ist in der Polizei alles andere als knapp Denn ohne die moralischen Orientierungen die imshymer wieder die Legitimitaumlt und den Sinn der eigenen Berufsausuumlbung sichern laumlsst sich dieser Beruf weder ausuumlben noch auf Dauer aushalten Es gibt solche moralishyschen Orientierungen Es gibt sie zuhauf Doch woher stammen sie und wie sehen sie aus

II DREI BAUSTEINE DER MORALISCHEN INFRASTRUKTUR DER POLIZEI Die Fragen worin solche moralischen Orishyentierungen genau bestehen wie sie zu gewinnen und foumlrdern sind reichen weit zuruumlck Schon Platon hat in seinem Staatsshyentwurf der Politeia Erwartungen im Hinblick auf die bdquoWaumlchterldquo der Polis forshymuliert die bis heute fuumlr Angehoumlrige der Organisationen zur Verwaltung des Geshy

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waltmonopols gelten und mit der sich die polizeilichen Werbe- und Auswahldienste abquaumllen bdquoWo sollen wir eine zugleich sanfte und hocheifrige Gemuumltsart auffinshyden Denn die sanftmuumltige Natur ist ja derjenigen entgegengesetzt in welcher der Eifer vorherrscht () Und doch kann wem eines von diesen beiden fehlt kein guter Waumlchter seinldquo (Platon Politeia II 375c zit nach Platon 1991 155) Oder im Sinne eines Kurzprofils ausgedruumlckt bdquoAlso philosophisch und eifrig und rasch und stark muszlig uns von Natur sein wer ein guter und tuumlchtiger Waumlchter der Stadt sein sollldquo (Platon Politeia II 376c zit nach Platon 1991 159) Waumlhrend Platon im Hinblick auf die Implementierung der von ihm geforderten Eigenschaften im unmitshytelbaren Anschluss an die genannten Stelshylen zu umfassenden Eroumlrterungen uumlber deren bdquomusischeldquo und bdquogymnastische Ershyziehungldquo sowie die bdquoAuswahlldquo und bdquoAufshygabenldquo der Waumlchter ansetzt werden zur Implementierung moralischer Orientieshyrungen in der Polizei gegenwaumlrtig eine Vielzahl von Vorschlaumlgen unterbreitet die aus meiner Sicht drei unterschiedliche Strategien erkennbar werden lassen Anshyhand der von ihnen jeweils fuumlr diese Aufshygabe favorisierten Medien ndash bdquoRechtldquo bdquoTugendldquo und bdquoProfessionldquo ndash lassen sie sich idealtypisch unterscheiden

BAUSTEIN I MORAL VIA bdquoRECHTldquo Damals wie heute gibt es Vorschlaumlge die Frage der moralischen Infrastruktur der Polizei an das bdquoRechtldquo zu delegieren Kuumlrzlich konnte ich auf einer Tagung den Satz houmlren bdquoIch5 brauche kein Leitbild Mein Leitbild ist das Grundgesetzldquo Diese Sichtweise laumluft auf eine Position hinaus die Erhard Denninger einmal so formuliert hat dass der Buumlrger eben bdquokeinen unmitshytelbar einklagbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung einer die Legalitaumlt uumlbershysteigenden Moralitaumlt des polizeilichen

Handelnsldquo habe (Denninger 1987 133) Damit waumlre zwar das bdquoethische Minimumldquo polizeilicher Arbeit durch das Recht gesishychert allerdings um den Preis dass weite Teile des polizeilichen Handelns ausgeshyblendet blieben Daruumlber hinaus zeigt sich aber auch dass die handlungssteuernde Bedeutung des Rechts fuumlr viele Bereiche des polizeilichen Alltags meist deutlich uumlberschaumltzt wird Eine solche Uumlberschaumltshyzung ist aus inhaltlichen und formalen Gruumlnden zwar nachvollziehbar aber in der Realitaumlt ist sie aumlhnlich abwegig wie beishyspielsweise der Versuch die empirisch feststellbare unuumlberschaubare Pluralitaumlt ehelicher und familiaumlrer Beziehungsshyformen und Beziehungsgeschichten unshymittelbar aus dem Ehe- und Familienrecht ableiten zu wollen In Bezug auf die polishyzeiliche Arbeit ist zB die Ebene rechtlishycher Legalitaumlt bei der Klaumlrung unmittelbar anwendungsbezogener Ermessensfragen zB der Frage bdquowann und gegen wen Gewalt in welcher Form und in welchem Ausmaszlig sbquounbedingt notwendiglsquo istldquo schlicht uumlberfordert (Behr 2000 228) Aber nicht nur das So fragt Erhard Denninger ob die Buumlrger nicht (auch einen rechtlich begruumlndbaren) bdquoAnspruch auf eine (im Sinne rechtsstaatlicher Sensibilitaumlt) optimale Polizeildquo haumltten (Denninger 1987 133) Konkret heiszligt das fuumlr ihn dass eine von einem Berufsethos getragene entwickeltere Einsicht in die Grundrechtsbelange des Buumlrgers dazu fuumlhren muumlsste bdquoim Rahmen notwendiger Eingriffsmaszlignahmen schonendere vershystaumlndnisvollere an feineren ethischen Maszligstaumlben entwickelte Alternativenldquo zu suchen und auch umzusetzen (ebd)

BAUSTEIN II MORAL VIA bdquoTUGENDldquo Der Rekurs auf den Tugendbegriff als Bruumlcke zur moralischen Orientierung des polizeilichen Handelns bei gleichzeitiger

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Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

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Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

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kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

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weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

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koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

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SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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SIAK-JOURNAL

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32008

oder um in der Zwischenzeit eine sbquopolitishysche Loumlsunglsquo eines Konflikts herbeizufuumlhshyren)ldquo aber nichtsdestotrotz muumlsse er beim Buumlrger gleichzeitig die Uumlberzeugung aufshyrechterhalten bdquodass er auf laumlngere Sicht stets den laumlngeren Atem und Arm hatldquo und bdquozu wirksamem Rechtsguumlterschutz in der Lageldquo ist (Denninger 1987 132) Meines Erachtens existieren in der Polizei an vieshylen Stellen implizite und explizite bdquoUumlbershysetzungenldquo dieses von Denninger formushylierten Anspruchs der Unwiderstehlichkeit des staatlichen Gewaltmonopols

Eine solche Uumlbersetzung sehe ich zB in dem handlungsleishytenden polizeilichen Anspruch

eines bdquoWir gewinnenldquo

Wie tief dieser Anspruch in der polizeilishychen Handlungslogik verankert ist zeigt sich zB darin dass wo immer diese Uumlberzeugung wirklich fraglich wird es zu Sinn- und Handlungskrisen in der polizeishylichen Arbeit kommen kann Wenn sich das Ethos der polizeilichen Arbeit besonshyders an der Einstellung zur Ausuumlbung staatlicher Gewalt entscheidet und hier auch die besonderen psychischen Anforshyderungen wurzeln die der Polizeiberuf an den Polizeibeamten stellt dann resultiert aus diesen absoluten und relativen rechts-staatlichen Begrenzungen des Gewalteinshysatzes ein grundlegendes Dilemma einer rechtsstaatlichen Polizei Unwiderstehlichshykeit versus rechtsstaatliche Begrenzungen Ein Dilemma das sich sowohl fuumlr die Polishyzei als auch fuumlr die Gesellschaft stellt und nach Aufloumlsung zu jeweils einer der beishyden Seiten strebt (Denninger 1987 132) Wie immer die konkreten Abwaumlgungen hinsichtlich eines solchen Dilemmas ausshyfallen (und es gibt in dieser Hinsicht eine groumlszligere Spannbreite als oft vermutet wird vgl zB im Hinblick auf die damit unshymittelbar zusammen haumlngende Thematik

der bdquoNoble Cause Corruptionldquo Kleinig [Kleinig 2002] oder im Hinblick auf die Bedeutung von bdquoGewissensentscheidunshygenldquo im Bereich polizeilicher Arbeit am Beispiel der bdquoRettungsfolterldquo Schiewek [Schiewek 2007]) ohne eine wie auch immer geartete und wie auch immer beshygruumlndete moralische Legitimation sind solche Abwaumlgungen kaum durchfuumlhrbar Vielmehr bestehen solche Abwaumlgungen letztlich in genau solchen persoumlnlichen moralischen Bewertungen der eigenen Handlungsoptionen und der persoumlnlichen moralischen Verantwortungsuumlbernahme fuumlr die daraus hervorgehende eigene Entshyscheidung

Ohne solche moralischen Bewertungen ist die polizeishyliche Arbeit weder machbar

noch wuumlnschbar

Die damit formulierten Zumutungen an die Ausuumlbung des Polizeiberufs sind zugeshygebenermaszligen groszlig doch Moral ist in der Polizei alles andere als knapp Denn ohne die moralischen Orientierungen die imshymer wieder die Legitimitaumlt und den Sinn der eigenen Berufsausuumlbung sichern laumlsst sich dieser Beruf weder ausuumlben noch auf Dauer aushalten Es gibt solche moralishyschen Orientierungen Es gibt sie zuhauf Doch woher stammen sie und wie sehen sie aus

II DREI BAUSTEINE DER MORALISCHEN INFRASTRUKTUR DER POLIZEI Die Fragen worin solche moralischen Orishyentierungen genau bestehen wie sie zu gewinnen und foumlrdern sind reichen weit zuruumlck Schon Platon hat in seinem Staatsshyentwurf der Politeia Erwartungen im Hinblick auf die bdquoWaumlchterldquo der Polis forshymuliert die bis heute fuumlr Angehoumlrige der Organisationen zur Verwaltung des Geshy

SIAK-JOURNAL 32008

waltmonopols gelten und mit der sich die polizeilichen Werbe- und Auswahldienste abquaumllen bdquoWo sollen wir eine zugleich sanfte und hocheifrige Gemuumltsart auffinshyden Denn die sanftmuumltige Natur ist ja derjenigen entgegengesetzt in welcher der Eifer vorherrscht () Und doch kann wem eines von diesen beiden fehlt kein guter Waumlchter seinldquo (Platon Politeia II 375c zit nach Platon 1991 155) Oder im Sinne eines Kurzprofils ausgedruumlckt bdquoAlso philosophisch und eifrig und rasch und stark muszlig uns von Natur sein wer ein guter und tuumlchtiger Waumlchter der Stadt sein sollldquo (Platon Politeia II 376c zit nach Platon 1991 159) Waumlhrend Platon im Hinblick auf die Implementierung der von ihm geforderten Eigenschaften im unmitshytelbaren Anschluss an die genannten Stelshylen zu umfassenden Eroumlrterungen uumlber deren bdquomusischeldquo und bdquogymnastische Ershyziehungldquo sowie die bdquoAuswahlldquo und bdquoAufshygabenldquo der Waumlchter ansetzt werden zur Implementierung moralischer Orientieshyrungen in der Polizei gegenwaumlrtig eine Vielzahl von Vorschlaumlgen unterbreitet die aus meiner Sicht drei unterschiedliche Strategien erkennbar werden lassen Anshyhand der von ihnen jeweils fuumlr diese Aufshygabe favorisierten Medien ndash bdquoRechtldquo bdquoTugendldquo und bdquoProfessionldquo ndash lassen sie sich idealtypisch unterscheiden

BAUSTEIN I MORAL VIA bdquoRECHTldquo Damals wie heute gibt es Vorschlaumlge die Frage der moralischen Infrastruktur der Polizei an das bdquoRechtldquo zu delegieren Kuumlrzlich konnte ich auf einer Tagung den Satz houmlren bdquoIch5 brauche kein Leitbild Mein Leitbild ist das Grundgesetzldquo Diese Sichtweise laumluft auf eine Position hinaus die Erhard Denninger einmal so formuliert hat dass der Buumlrger eben bdquokeinen unmitshytelbar einklagbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung einer die Legalitaumlt uumlbershysteigenden Moralitaumlt des polizeilichen

Handelnsldquo habe (Denninger 1987 133) Damit waumlre zwar das bdquoethische Minimumldquo polizeilicher Arbeit durch das Recht gesishychert allerdings um den Preis dass weite Teile des polizeilichen Handelns ausgeshyblendet blieben Daruumlber hinaus zeigt sich aber auch dass die handlungssteuernde Bedeutung des Rechts fuumlr viele Bereiche des polizeilichen Alltags meist deutlich uumlberschaumltzt wird Eine solche Uumlberschaumltshyzung ist aus inhaltlichen und formalen Gruumlnden zwar nachvollziehbar aber in der Realitaumlt ist sie aumlhnlich abwegig wie beishyspielsweise der Versuch die empirisch feststellbare unuumlberschaubare Pluralitaumlt ehelicher und familiaumlrer Beziehungsshyformen und Beziehungsgeschichten unshymittelbar aus dem Ehe- und Familienrecht ableiten zu wollen In Bezug auf die polishyzeiliche Arbeit ist zB die Ebene rechtlishycher Legalitaumlt bei der Klaumlrung unmittelbar anwendungsbezogener Ermessensfragen zB der Frage bdquowann und gegen wen Gewalt in welcher Form und in welchem Ausmaszlig sbquounbedingt notwendiglsquo istldquo schlicht uumlberfordert (Behr 2000 228) Aber nicht nur das So fragt Erhard Denninger ob die Buumlrger nicht (auch einen rechtlich begruumlndbaren) bdquoAnspruch auf eine (im Sinne rechtsstaatlicher Sensibilitaumlt) optimale Polizeildquo haumltten (Denninger 1987 133) Konkret heiszligt das fuumlr ihn dass eine von einem Berufsethos getragene entwickeltere Einsicht in die Grundrechtsbelange des Buumlrgers dazu fuumlhren muumlsste bdquoim Rahmen notwendiger Eingriffsmaszlignahmen schonendere vershystaumlndnisvollere an feineren ethischen Maszligstaumlben entwickelte Alternativenldquo zu suchen und auch umzusetzen (ebd)

BAUSTEIN II MORAL VIA bdquoTUGENDldquo Der Rekurs auf den Tugendbegriff als Bruumlcke zur moralischen Orientierung des polizeilichen Handelns bei gleichzeitiger

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Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

SIAK-JOURNAL 32008

Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

17

SIAK-JOURNAL

18

32008

kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

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weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

19

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koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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waltmonopols gelten und mit der sich die polizeilichen Werbe- und Auswahldienste abquaumllen bdquoWo sollen wir eine zugleich sanfte und hocheifrige Gemuumltsart auffinshyden Denn die sanftmuumltige Natur ist ja derjenigen entgegengesetzt in welcher der Eifer vorherrscht () Und doch kann wem eines von diesen beiden fehlt kein guter Waumlchter seinldquo (Platon Politeia II 375c zit nach Platon 1991 155) Oder im Sinne eines Kurzprofils ausgedruumlckt bdquoAlso philosophisch und eifrig und rasch und stark muszlig uns von Natur sein wer ein guter und tuumlchtiger Waumlchter der Stadt sein sollldquo (Platon Politeia II 376c zit nach Platon 1991 159) Waumlhrend Platon im Hinblick auf die Implementierung der von ihm geforderten Eigenschaften im unmitshytelbaren Anschluss an die genannten Stelshylen zu umfassenden Eroumlrterungen uumlber deren bdquomusischeldquo und bdquogymnastische Ershyziehungldquo sowie die bdquoAuswahlldquo und bdquoAufshygabenldquo der Waumlchter ansetzt werden zur Implementierung moralischer Orientieshyrungen in der Polizei gegenwaumlrtig eine Vielzahl von Vorschlaumlgen unterbreitet die aus meiner Sicht drei unterschiedliche Strategien erkennbar werden lassen Anshyhand der von ihnen jeweils fuumlr diese Aufshygabe favorisierten Medien ndash bdquoRechtldquo bdquoTugendldquo und bdquoProfessionldquo ndash lassen sie sich idealtypisch unterscheiden

BAUSTEIN I MORAL VIA bdquoRECHTldquo Damals wie heute gibt es Vorschlaumlge die Frage der moralischen Infrastruktur der Polizei an das bdquoRechtldquo zu delegieren Kuumlrzlich konnte ich auf einer Tagung den Satz houmlren bdquoIch5 brauche kein Leitbild Mein Leitbild ist das Grundgesetzldquo Diese Sichtweise laumluft auf eine Position hinaus die Erhard Denninger einmal so formuliert hat dass der Buumlrger eben bdquokeinen unmitshytelbar einklagbaren Rechtsanspruch auf Verwirklichung einer die Legalitaumlt uumlbershysteigenden Moralitaumlt des polizeilichen

Handelnsldquo habe (Denninger 1987 133) Damit waumlre zwar das bdquoethische Minimumldquo polizeilicher Arbeit durch das Recht gesishychert allerdings um den Preis dass weite Teile des polizeilichen Handelns ausgeshyblendet blieben Daruumlber hinaus zeigt sich aber auch dass die handlungssteuernde Bedeutung des Rechts fuumlr viele Bereiche des polizeilichen Alltags meist deutlich uumlberschaumltzt wird Eine solche Uumlberschaumltshyzung ist aus inhaltlichen und formalen Gruumlnden zwar nachvollziehbar aber in der Realitaumlt ist sie aumlhnlich abwegig wie beishyspielsweise der Versuch die empirisch feststellbare unuumlberschaubare Pluralitaumlt ehelicher und familiaumlrer Beziehungsshyformen und Beziehungsgeschichten unshymittelbar aus dem Ehe- und Familienrecht ableiten zu wollen In Bezug auf die polishyzeiliche Arbeit ist zB die Ebene rechtlishycher Legalitaumlt bei der Klaumlrung unmittelbar anwendungsbezogener Ermessensfragen zB der Frage bdquowann und gegen wen Gewalt in welcher Form und in welchem Ausmaszlig sbquounbedingt notwendiglsquo istldquo schlicht uumlberfordert (Behr 2000 228) Aber nicht nur das So fragt Erhard Denninger ob die Buumlrger nicht (auch einen rechtlich begruumlndbaren) bdquoAnspruch auf eine (im Sinne rechtsstaatlicher Sensibilitaumlt) optimale Polizeildquo haumltten (Denninger 1987 133) Konkret heiszligt das fuumlr ihn dass eine von einem Berufsethos getragene entwickeltere Einsicht in die Grundrechtsbelange des Buumlrgers dazu fuumlhren muumlsste bdquoim Rahmen notwendiger Eingriffsmaszlignahmen schonendere vershystaumlndnisvollere an feineren ethischen Maszligstaumlben entwickelte Alternativenldquo zu suchen und auch umzusetzen (ebd)

BAUSTEIN II MORAL VIA bdquoTUGENDldquo Der Rekurs auf den Tugendbegriff als Bruumlcke zur moralischen Orientierung des polizeilichen Handelns bei gleichzeitiger

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Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

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Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

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kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

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weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

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koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

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1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

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Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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SIAK-JOURNAL

16

32008

Implementierung dieser Moral in die Polishyzei nimmt den schon seit Platon zu findenshyden Argumentationsstrang auf Innerhalb dieses Diskussionsstranges wird die morashylische Orientierung des polizeilichen Hanshydelns in der individuellen bdquomoralischen Ausstattungldquo eines jeden Polizisten geseshyhen Bei der Durchsicht der seit 1948 erscheinenden Zeitschrift bdquoDie Polizeildquo habe ich den ersten aus meiner Sicht einshyschlaumlgigen Beleg dieses Diskussionsshystranges im Jahr 1951 gefunden Unter der bezeichnenden Uumlberschrift bdquoKrise des Berufsethos in der Polizeildquo legt der bdquoPolizei-Uumlberkommissaumlrldquo H Scholz aus Neuoumltting seine Sicht der Dinge dar (Scholz 1951) Er konstatiert damals aus einer gewissen kulturpessimistischen Sicht nicht nur bdquoeine starke Unterbewershytung der Frage nach dem Vorhandensein eines Berufsethosldquo innerhalb der Polizei sondern berichtet daruumlber hinaus von seiner Erfahrung bdquodaszlig man schon durch die bloszlige Erwaumlhnung dieses Begriffs bei vielen beshysonders bei den juumlngeren Polizeibeamten in den Verdacht geraumlt ein wirklichkeitsshyferner sbquoSpinnerlsquo zu seinldquo (Scholz 1951 80) Dieser Vorwurf entbehrt bis heute nicht einer gewissen Aktualitaumlt (siehe Alberts 2004 31ndash41) Inhaltlich beklagt Scholz ein egoistisch ausgerichtetes und in der Gesellschaft verbreitetes bdquoNuumltzlichkeitsshydenkenldquo das auf das Selbstverstaumlndnis der Polizei zunehmend Einfluss gewaumlnne denn solange ndash in seinen Worten ndash bdquodie Moral in tonangebenden Kreisen der Bevoumllkerung schlecht ist kann nicht erwartet werden daszlig das Beamtenethos allein auszligerhalb dieses allgemeinen Strudels bleibtldquo (Scholz 1951 81) Ein Gegengewicht sieht er in der Setzung eines innerlich uumlberzeugenden Ziels und Sinns polizeishylicher Arbeit die allerdings nicht einfach von oben im Sinne eines bdquoDu hast deine ganze Arbeitskraft der Pflicht zum Opfer zu bringen dafuumlr wirst du ja bezahltldquo

dekretiert werden koumlnnten sondern die einer individuell und persoumlnlich uumlberzeushygenden Grundlegung in Form eines die Polizei durchdringenden Konsenses uumlber die bdquowahren Werte des Lebensldquo beduumlrfen (ebd) Kurz Aus seiner Sicht kommt der Polizeiberuf ohne eine solche idealistische Grundlegung nicht aus6

In neuester Zeit hat Rafael Behr einen tugendethisch ausgerichteten Vorschlag zur Entwicklung einer bdquowertegebundenen Polishyzeikulturldquo vorgelegt (Behr 2006) Seine Leitidee oder besser sein Denkmodell fuumlr diese Integration ist die Entwicklung bzw Foumlrderung eines bdquoinstitutionellen Patrioshytismusldquo bzw bdquoInstitutionspatriotismusldquo in der Polizei Die Pointe der von ihm bemuumlhshyten Kategorie bdquoPatriotismusldquo besteht darin dass unter ihrer Aumlgide eine Verbindung zwischen der motivationspsychologisch beschreibbaren bdquoLeidenschaftldquo fuumlr den gewaumlhlten Beruf7 vorhandener bdquokultureller Verschiedenheitenldquo und einer diesen Beruf praumlgenden bdquouniversalen Berufsethikldquo moumlgshylich sei (Behr 2006 188 vgl 14 f)

Dreh- und Angelpunkt einer solchen Sichtweise ist fuumlr Behr bdquodie Wertschaumltshyzung gegenuumlber der Institution des Geshywaltmonopols und zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert istldquo (Behr 2006 188) Aus seiner Sicht stellt der bdquoInstitutionspatrioshytismusldquo eine Haltung dar die bdquosich mit eishynem gewissen Maszlig an Leidenschaft (also mit intellektueller und emotionaler Enershygie) einem Wertesystem verschreibt das von definierten gesellschaftlichen Institushytionen vertreten wirdldquo (Behr 2006 185) Insofern impliziere eine patriotische Halshytung bdquoein Bekenntnis zu etwas es geht ausdruumlcklich um Uumlberzeugung nicht um Rationalitaumltldquo (ebd) Eine solche Uumlberzeushygung lasse sich aus seiner Sicht zwar nicht voumlllig ohne nationalstaatliche Ruumlckbinshydungen bzw Einbettungen denken aber eine Bezugnahme auf die bdquouniversalen

SIAK-JOURNAL 32008

Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

17

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kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

SIAK-JOURNAL 32008

weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

19

SIAK-JOURNAL

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32008

koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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Page 7: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

SIAK-JOURNAL 32008

Grundlagen polizeilicher Gewaltldquo wuumlrde solche Beheimatungen in einen universalen Rahmen einbetten und damit von einem geographischen zu einem kulturellen Raum transformieren bdquowie ihn Institutionen stifshyten die Werte vermitteln und dafuumlr Loyalishytaumlt einfordernldquo (Behr 2006 1878) Ein dershyartiger Institutionspatriotismus waumlre daruumlber hinaus eine konstruktive Moumlglichshykeit um mit polizeilichen Internationalishysierungs- und Globalisierungsprozessen umzugehen die die nationalstaatlichen Beheimatungen zunehmend transzendieshyren und an die jeweiligen internationalen Organisationen und deren Aufgabenstelshylungen ausrichten (vgl dazu Schiewek 2008 68ndash91) Der zentrale Inhalt einer solchen institutionsorientierten Sichtweise bestuumlnde aus Behrs Sicht in einem Selbstshyverstaumlndnis das in dem grundsaumltzlichen Bewusstsein bestehe bdquoeine Lizenz zur Geshywaltausuumlbung zu besitzen und zwar nach vergleichbaren juristischen und ethischen Maszligstaumlbenldquo bdquound zwar insoweit als sie demokratisch legitimiert und voumllkerrechtshylich akzeptiert sindldquo (Behr 2006 187 f) Zur Konkretisierung dieser Idee kommt er zur Formulierung einer umfangreichen Liste von nicht weniger als vierundvierzig bdquoLeitsaumltzenldquo einer ndash tugendethisch ausgeshyrichteten ndash bdquoneuen Polizeikulturldquo (Behr 2006 189ndash191)9

BAUSTEIN III MORAL VIA bdquoPROFESSIONldquo Insbesondere die Professionsethik (Abbott 1983 855ndash885) kann als ein Steuerungsshyund Kontrollmodus professionellen Hanshydelns verstanden werden dessen bdquokultushyrelle Einbettungldquo in das berufliche Hanshydeln gerade das besondere Merkmal dieser Berufe ausmacht (Langer 2007 4210) Waumlre der Polizeiberuf als eine Profession zu klassifizieren so stuumlnde fuumlr die Entshywicklung einer moralisch gepraumlgten Polishyzei das fuumlr die klassischen Professionen

typische Instrumentarium ihrer moralishyschen Grundierung zur Verfuumlgung Es ist jedoch aumluszligerst umstritten ob der Status einer Profession auf den Polizeiberuf anwendbar ist11 Ein zwar nur aumluszligerliches aber trotzdem interessantes Indiz dafuumlr dass er noch keinen Status einer klassishyschen Profession hat ist dass in der bisheshyrigen empirischen Elitenforschung die Polizei bisher nur am Rande vorkam12

Fraglich ist aber ob die zunehmende Akademisierung der polizeilichen Ausbilshydungen des gehobenen und houmlheren Polishyzeidienstes (mit den entsprechenden akashydemischen Abschluumlssen Bachelor und Master) in die Richtung einer sich moumlglishycherweise abzeichnenden Professionalishysierung des Polizeiberufs weisen13

Diese Begrifflichkeit aufnehshymend wurde vorgeschlagen die bdquoPolizei als Menschenshy

rechtsprofessionldquo zu verstehen und auszubilden14

Es bleibt abzuwarten inwieweit sich dieser anspruchsvolle Ansatz fuumlr die Organisation Polizei und im Bereich der verschiedenen Polizeikulturen als anschlussfaumlhig erweist

III DREI BAUSTEINE EINER POLIZEIETHIK Was einem in der Diskussion hinsichtlich der moralischen Infrastruktur der Polizei entgegentritt ist eine Unmenge von Leitshysaumltzen und Leitlinien von Kompetenzproshyfilen und Tugendkatalogen Im Folgenden moumlchte ich eine Reduktion vorschlagen und drei moralische Dimensionen nennen die fuumlr die moralische Infrastruktur der Polizei aus meiner Sicht von entscheidenshyder Bedeutung sind Sie resultieren ua daraus dass die interne wie externe Koshyoperationsfaumlhigkeit eine der wichtigsten ja vielleicht als die wichtigste Ressource polizeilicher Arbeit angesehen werden

17

SIAK-JOURNAL

18

32008

kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

SIAK-JOURNAL 32008

weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

19

SIAK-JOURNAL

20

32008

koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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23

Page 8: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

SIAK-JOURNAL

18

32008

kann15 Das moralische Schutzschild solshycher Kooperationsbeziehungen innerhalb wie auszligerhalb der Polizei sehe ich durch drei moralisch-ethische bdquoSchutzdimensioshynenldquo gegeben Es handelt sich um die Dimensionen 1 Gerechtigkeit 2 Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und 3 Versprechen

DAZU ZWEI ANMERKUNGEN bull Die Menschenwuumlrde (vgl dazu die exshy

zellente Einfuumlhrung von Tiedemann 2006) kommt in dieser Aufzaumlhlung nicht vor Ich halte sie in deduktiver Perspektive fuumlr die Grundlage dieser drei Dimensionen aber in induktiver Perspektive glaube ich dass sich die Menschenwuumlrde vor allem uumlber diese drei Dimensionen im Alltag erschlieszligt Insofern sehe ich ein Verhaumlltnis der Interdependenz zwischen den genannshyten drei Dimensionen und der Menshyschenwuumlrde Daraus folgt dass sich uumlber diese drei Dimensionen nicht nur ein Zugang zum Verstaumlndnis der Menshyschenwuumlrde gewinnen laumlsst sondern dass wir es umgekehrt beim Umgang mit diesen drei Dimensionen auch immer implizit mit Fragen zu tun bekommen die die Menschenwuumlrde auf die eine oder andere Weise tangieren

bull Die in der Polizei ndash aber auch in vielen anderen Organisationen ndash oft beschwoshyrene Dimension der Verantwortung kommt in der Trias ebenfalls nicht vor Darin spiegelt sich wider dass ich Vershytrauen nicht per se fuumlr einen moralishyschen Wert halte sondern fuumlr ein abgeshyleitetes Konzept das sich erst als Folge der positiven Erfuumlllung von Erwartunshygen in die Dimensionen Gerechtigkeit Wahrheit bzw Wahrhaftigkeit und von Versprechen einstellt Da Vertrauen insofern von diesen drei Variablen abhaumlngt ja sie eigentlich voraussetzt

ist es ein moralisch ebenso voraussetshyzungsvolles wie fragiles bdquoGebaumludeldquo Die Forderung einer Vertrauenskultur bekommt deswegen haumlufig den Beishyklang einer Beschwoumlrungsformel Fehlt daruumlber hinaus das Wissen um den Zusammenhang zu den drei genannten Dimensionen dann schlaumlgt gerade die Forderung nach Vertrauen in ihr Gegenshyteil um Sie foumlrdert ein nachhaltiges Misstrauen (dazu Christe-Zeyse 2006)

Die damit formulierten Zusammenshyhaumlnge sollen durch das folgende Schaushybild verdeutlicht werden

Grafik Schiewek

Dimensionen der moralisch-ethischen

Infrastruktur der Polizei

Vertrauen

fuumlhren zu

beruhen auf

Vershysprechen

Wuumlrde des Menschen

Wahrshyhaftigkeit

Gerechshytigkeit

Aus Platzgruumlnden konzentriere ich mich im Folgenden auf die Dimension der Gerechtigkeit Ich halte die im Jahr 1971 getroffene Aussage dass vermisste Geshyrechtigkeit bdquoeine Hauptursache der Unshyzufriedenheit in der Polizeildquo sei auch geshygenwaumlrtig fuumlr zutreffend16 Die aus dem gerechtigkeitstheoretischen Grundsatz bdquoGleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandelnldquo resultierende Aufgabe jeshyweils daruumlber zu befinden was als gleich und was als ungleich gelten soll laumlsst in der Polizei ndash aber nicht nur dort ndash haumlufig sehr unterschiedliche Beurteilungen und Ansichten deutlich werden Interessantershy

SIAK-JOURNAL 32008

weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

19

SIAK-JOURNAL

20

32008

koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

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bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

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59) vgl ebd

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Berufsbild der Polizei zwischen Sein und

Sollen ndash was nicht im Saarbruumlcker Gutshy

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22

32008 SIAK-JOURNAL

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ist ein Zoo und wir sind die Dompteure

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Teilnehmende Beobachtung des Alltags

von operativen Kraumlften Bewilligungszeitshy

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ter Prof Dr Hermann Strasser PhD

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duisburgdePERSONENforschungPolishy

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sorge Goumlttingen

Wieland J (Hg) (2004) Handbuch Werte

Management Hamburg

23

Page 9: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

SIAK-JOURNAL 32008

weise werden diese Unterschiede meiner Erfahrung nach innerhalb der Polizei in den meisten Faumlllen nicht ausdiskutiert sondern muumlnden haumlufig in den Ruf nach einer dezisionistischen Entscheidung einer uumlbergeordneten Instanz Und das durchaus in dem Bewusstsein dass auf diese Weise zwar eine Entscheidung getroffen aber das eigentliche bdquoGerechtigkeitsproblemldquo gerade nicht geloumlst wird Das ist insofern folgenreich da aus gerechtigkeitstheoreshytischer Perspektive die in der Organisation Polizei zum Zuge kommenden Verteishylungs- und Verfahrensregeln fuumlr alle Beteishyligten ndash in einem anspruchsvollen Sinn ndash nachvollziehbar sein muumlssen um deren notwendige Akzeptanz gewaumlhrleisten zu koumlnnen Das ist umso wichtiger als Fairshynessurteile bdquoansteckendldquo sind dh bdquowenn einmal etwas als unfair wahrgenommen wurde ist der Eindruck kaum noch zu aumlndern und wird einen groszligen Konsens in der Mitarbeiterschaft findenldquo (Jacobs Christe-Zeyse 2005 102)

Da bdquodie Frage was als fair gerecht oder angemessen empfunden wird je nach Kontext deutlich variiert und dass die Krishyterien nach denen dies beurteilt wird vom jeweiligen individuellen gesellschaftlishychen historischen und kulturellen Kontexshyten abhaumlngig sindldquo (JacobsChriste-Zeyse 2005 101) verwundert es uumlberhaupt nicht dass eine Vielzahl unterschiedlicher Geshyrechtigkeitsvorstellungen in den verschieshydenen Polizeikulturen zu beobachten sind So haben zB informelle Loumlsungsstrateshygien im Bereich eines bdquosecond codeldquo eben bdquonicht nur den Zweck polizeiliches Hanshydeln effektiv zu gestalten sondern beinshyhalten auch eine moralische Komponente Man handelt gerecht wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der Gesetze In einem persoumlnlichen Gespraumlch formulierte ein Beamter den Sinn des second code philosophisch sbquoManchmal muss man die Illegalitaumlt bemuumlhen um die Legalitaumlt zu

erreichenlsquoldquo (Strasser 2004 917) Auch Vershyhaltensweisen im Bereich der Korruption rekurrieren oft auf das Moment der Geshyrechtigkeit wie zB im Fall des bdquoharten Arbeitersldquo der sein Privatleben dem Beruf opfert und glaubt dass ihm dementspreshychend etwas extra zusteht oder der die ihm zugemuteten Kuumlrzungen auf diesem Weg zu kompensieren sucht18

Vielleicht die groumlszligte Herausforderung fuumlr Fragen der Gerechtigkeit stellen im Binnenbereich der Polizei Beurteilungsshybzw Bewertungssysteme dar Sie werden von einem weit uumlberwiegenden Anteil aller Mitarbeitenden als ungerecht beurshyteilt jedenfalls solange wie die Systeme Unterschiede feststellen und markieren wollen Deswegen treffen alle Formen von Rankings oder Quotierungen ein solches Verdikt bdquoUngleiches ungleich zu behanshydelnldquo also auf Differenz und nicht auf Gleichheit zu achten wird im Gerechtigshykeitsverstaumlndnis vieler Polizisten von vornherein als bdquoungerechtldquo empfunden

Hier gibt es noch einen groszligen Nachholbedarf in der

Behandlung von und der Auseinandersetzung mit

Gerechtigkeitsfragen

Sie waumlre aller Muumlhe wert denn auch die unmittelbar anstehenden Fragen im Bereich des Umgangs mit bdquoDiversityldquo innerhalb und auszligerhalb der Polizei tanshygieren zum allergroumlszligten Teil Gerechtigshykeitsfragen und fordern damit das Gerechshytigkeitsempfinden der Polizei nachhaltig heraus

Umgekehrt gilt es der Hegemonialitaumlt von Gerechtigkeitsvorstellungen auf Seishyten der Organisation zu wehren dh weder implizit oder explizit zu versprechen dass zB alle Verteilungsfragen unter anshyspruchsvollen und nachvollziehbaren Geshyrechtigkeitsstandards entschieden werden

19

SIAK-JOURNAL

20

32008

koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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32008

koumlnnten Die Aufrichtigkeit verlangt es zuzugeben dass manche dieser Fragen de facto auch ungerecht geloumlst werden Das waumlre nicht per se verwerflich wenn ausgeshywiesen wird um welche Fragen und Situashytionen es sich konkret handelt und welche Gruumlnde zu einer solchen ungerechten Beshyhandlung fuumlhren Auch damit koumlnnen viele leben Gerade an dieser Stelle wird die Verbindung zu den beiden weiteren morashylisch-ethischen Dimensionen deutlich die jeweils subsidiaumlr situativ gegebene Einshyschraumlnkungen einer Dimension moralisch einbetten und auf diese Weise abfedern koumlnnen

IV POLIZEI UND ETHIK Wie auch immer motivierte oder begruumlnshydete Einschraumlnkungen der drei zuvor geshynannten moralischen Dimensionen beduumlrshyfen ndash neben den in der Polizei haumlufig dominanten zweckrationalen Argumenten ndash gleichzeitig immer auch einer moralischen Rechtfertigung Moralische Rechtfertishygungen rekurrieren auf moralische Beshygruumlndungen Moralische Begruumlndungen aber sind das ureigenste Feld der Ethik19

Deswegen werden wir mit einem steigenshyden Ethikbedarf in der Polizei zu rechnen haben und uns auf ihn einstellen muumlssen

Denn die Moral allein fuumlhrt immer haumlufishyger zu Ergebnissen die ndash paradoxerweise ndash zT innerhalb zT auszligerhalb der Polizei moralisch kritikwuumlrdig erscheinen Diese Entwicklung kann die fuumlr das Funktionieshyren jeder Organisation notwendige bdquomorashylische Infrastrukturldquo insgesamt nachhaltig beschaumldigen wenn dem damit verbundenen Rechtfertigungsbedarf ndash warum man aus moralischen Gruumlnden so gehandelt hat wie man gehandelt hat ndash innerhalb wie auszligerhalb der Polizei nicht auf dem houmlchst moumlglichen Niveau begegnet werden kann Deswegen wird die Ausbildung ethischer Kompetenz und ihre Beruumlcksichtigung im polizeilichen Entscheidungshandeln auf allen Ebenen zu den Kernkompetenzen zukuumlnftiger Polizeiarbeit gehoumlren

bdquoMoral hat manldquo ndash hoffentlich ndash aber man

braucht eben Ethik damit die Moral dauerhaft uumlberlebt

Das gilt fuumlr die individuelle Moral einer jeden bzw eines jeden Einzelnen es gilt fuumlr die moralische Infrastruktur von Orgashynisationen wie der Polizei und es gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf die moralishysche Identitaumlt ganzer Gesellschaften

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

Quellenangaben

Abbott A (1983) Professional Ethics

American Journal of Sociology (885)

Alberts H W (2004) Von der Schwierigshy

keit ein Berufsethiker zu sein in Liebl

K (Hg) Fehler und Lernkultur in der

Polizei Empirische Polizeiforschung V

(Schriften zur Empirischen Polizeiforshy

schung Bd 1) Frankfurt

Behr R (2000) Cop Culture ndash Der Alltag

des Gewaltmonopols Maumlnnlichkeit

Handlungsmuster und Kultur in der Polishy

zei Opladen

Behr R (2006) Polizeikultur Routinen ndash

Rituale ndash Reflexionen Bausteine zu einer

Theorie der Praxis der Polizei Wiesbashy

den

Bjoumlrk M (2008) Fighting Cynicism

Some Reflections on Self-Motivation in

Police Work Police Quarterly (111)

Christe-Zeyse J (2006) Naiv will man ja

auch nicht sein Der schwere Stand des

Vertrauens in einer strukturell missshy

trauischen Organisation in Ders (Hg)

Die Polizei zwischen Stabilitaumlt und Veraumlnshy

derung Ansichten einer Organisation im

Wandel Frankfurt

Christe-Zeyse J (2007) Riskante Modershy

nisierung starker Professionskulturen

Plaumldoyer fuumlr ein kulturkompatibles Veraumlnshy

derungsmanagement in der Polizei Vershy

waltung und Management (132)

Davis M (2002) Profession code and

ethics Aldershot

Denninger E (1987) Zehn Thesen zum

Ethos der Polizeiarbeit Juristische

Arbeitsblaumltter (3)

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Alternative Die Polizei (965)

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schaft Zur Soziologie der Inneren Sichershy

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Gerechtigkeitspsychologische Uumlberlegunshy

gen zur Stimmungslage in der deutschen

Polizei Die Polizei (964)

Jaschke H (2006) Management Cops

Anmerkungen zu einer polizeilichen

Funktionselite in Christe-Zeyse J (Hg)

Die Polizei zwischen Stabilitaumlt und Veraumlnshy

derung Ansichten einer Organisation im

Wandel Frankfurt

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23

Page 11: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

32008 SIAK-JOURNAL

1 bdquo(hellip) the police constitute our major

social repository of coercive power And

for this reason any model of policing that

fails to take into account their authority

to employ force will be inadequateldquo

(Kleinig 1996 25) 2 Zu dieser und weiteren wahrscheinlich

ebenso unvermeidlichen Spannungen zwishy

schen Polizei und Gesellschaft vgl die

grundlegenden Analysen von Herbert

2006 Zu den spezifisch polizeilichen

Weltsichten die diese Spannungen mit

begruumlnden vgl Schiewek 2006 3 Zu den dafuumlr zur Verfuumlgung stehenden

Instrumentarien vgl zB Dudek 2007 Im

Hinblick auf die wichtige aber oft untershy

schaumltzte Institution des Eides siehe Hadley

2007 4 Dass diese Vertrauenszuschreibungen

auf Seiten der Polizei allerdings wieshy

derum auf ein gewisses Misstrauen trefshy

fen weist auf eine weitere Spannung zwishy

schen der Gesellschaft und der Polizei als

einer qua Aufgabe bdquostrukturell missshy

trauischen Organisationldquo hin vgl

Christe-Zeyse 2006 5 Gemeint war damit allerdings sbquodie Polishy

zeilsquo als ganze 6 Eine solche wurde auch in den folgenshy

den Jahrzehnten in der Polizei weiterhin

vermisst und dementsprechend eingeforshy

dert Uumlber vierzig Jahre spaumlter fasste der

damalige Leiter der Fachhochschule fuumlr

Oumlffentliche Verwaltung in Nordrhein-

Westfalen Dieprand von Richthofen den

Befund damals vorliegender empirischer

Untersuchungen in der Polizei wie folgt

zusammen bdquoBei der Schutzpolizei gibt es

kein einheitliches Berufsbild Es fehlt eine

spezifische Polizeikultur als Orientieshy

rungsrahmen Bei vielen Polizeibeamten

besteht eine Unsicherheit bezuumlglich der

eigenen Rolle und eine Diskrepanz zwishy

schen den eigenen Zielen und Wertvorshy

stellungen und denen der Organisation

Haumlufig besteht Zweifel am Sinn der eigeshy

nen Taumltigkeitldquo (Richthofen 1994 90 wieshy

der abgedruckt in Richthofen 2007 52) 7 Denn bdquoTapferkeit Mut und Zivilcourage

kann nicht buumlrokratisch angeordnet wershy

denldquo (Behr 2006 96) sondern benoumltigen

bdquoneben den kognitiven und rationalen

Grundlagen auch ein intuitives Verhaumlltnis

zu ihrem Beruf es muss sich lohnen sich

in Gefahr zu begeben Risiken in Kauf zu

nehmen seine Gesundheit zu beschaumldishy

gen Das tun die allermeisten Polizisten

nicht aus reiner Groszligmannssucht oder

aus machistischem Imponiergehabe sonshy

dern aus einem Gefuumlhl der Verantwortung

gegenuumlber den eigenen Idealen den Kolshy

legen den signifikanten Anderenlsquo

besonders den Angehoumlrigen etcldquo Behr

2006 99 8 Vgl 185ndash187 9 Unter Rekurs auf die wichtige Untershy

scheidung zwischen Primaumlr- und Sekunshy

daumlrtugenden geht Behr davon aus dass

fuumlr buumlrokratische Organisationen bdquodie

Sekundaumlrtugenden primaumlr wichtig die

Primaumlrtugenden dagegen geradezu susshy

pektldquo sind (Behr 2006 183) Aber da den

Sekundaumlrtugenden fuumlr sich allein gesehen

kein Wert zukomme solange sie nicht als

Umsetzung von Primaumlrtugenden verstanshy

den werden koumlnnen haumllt er insbesondere

die (klassischen) Kardinaltugenden fuumlr

zentral und im polizeilichen Bereich fuumlr

besonders foumlrderungswuumlrdig (Behr 2006

182ndash184 in diesem Sinne dezidiert schon

GintzelMoumlllers 1987 10 Anm 116)

Allerdings sind letztere in seinen Leitsaumltshy

zen lediglich implizit enthalten und desshy

wegen nur mehr oder weniger verborgen

wiederzufinden 10 Vgl 42 f unter Rekurs auf Stichweh

1994 11 bdquoThe police if they are a profession are

certainly an odd onerdquo (Davis 2002 175)

Dass dem Polizeiberuf der bdquoCharakter

einer Professionldquo zuzusprechen sei dafuumlr

plaumldieren GintzelMoumlllers 1987 27 Behr

spricht sich klar gegen die Auffassung des

Polizeiberufs als Profession oder auch als

Semi-Profession aus (Behr 2006 156)

und kommt zu dem Resuumlmee bdquoVielleicht

ist es typisch fuumlr die Institution des staatshy

lichen Gewaltmonopols bzw des oumlffentshy

lichen Dienstes dass man sie professionsshy

theoretisch nicht exakt einordnen kannldquo

AaO 157 f vgl 154ndash158 Im Hinblick

auf den Bedarf von Supervision in der

Polizei kommt er jedoch spaumlter auf die

Bedeutung existenzieller Fragen zu spreshy

chen die wiederum einen Beruumlhrungsshy

punkt zu den Professionen bzw Semi-Proshy

fessionen bilden Vgl aaO 160 12 So der Befund bei Jaschke 2006 Dazu

auch Heuer 2003 Darin zeigt sich dass

in historischer Perspektive bdquopolicing has

not had the high status associated with

traditional professionsrdquo (Kleinig 1996 30) 13 Die von nicht wenigen auch aus folgenshy

den Gruumlnden gefordert wird bdquoAdvocates

of police professionalization have argued

that by raising the status of police work

through professionalization job morale

will be boosted and pride engendered

greater public respect fostered a better

quality of intake attracted services imshy

proved efficiency increased and corrupshy

tion curbedrdquo (Kleinig 1996 31) Allershy

dings weist Kleinig darauf hin dass ein

solches Verstaumlndnis auf einer Idealisieshy

rung von Professionen beruhe die die

kritischen Seiten derselben (bewusst)

verberge Vgl aaO 41ndash44 Zum so geshy

nannten Bologna-Prozess aus oumlsterreishy

chischer Sicht vgl Schindler 2007 aus

deutscher Sicht vgl Erichsen 2005 14 So der Titel eines Fachgespraumlchs am

Deutschen Institut fuumlr Menschenrechte

anlaumlsslich der Vorstellung der Studie

bdquoMenschenrechtsbildung fuumlr die Polizeildquo

von Guumlnter Schicht am 17 Januar 2007

in Berlin Der Begriff bdquoMenschenrechtsshy

professionldquo wurde 1992 von den Vereinshy

ten Nationen in dem Manual bdquoHuman

21

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

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Arbeitsblaumltter (3)

Dudek K (2006) Rollenverstaumlndnis und

Rollenkonflikte SIAK-Journal (4) 25ndash36

Erichsen H (2005) Bologna ndash und keine

Alternative Die Polizei (965)

Gintzel KMoumlllers H (1987) Das

Berufsbild der Polizei zwischen Sein und

Sollen ndash was nicht im Saarbruumlcker Gutshy

achten steht Die Polizei (781)

Hadley J (2007) Frameworks for Polishy

cing Europe Changing Oaths SIAK-

Journal (2) 95ndash103

Herbert S (2006) Tangled up in blue

Conflicting path to police legitimacy

Theoretical Criminology (104)

Heuer H (2003) Prozesse der Elitenforshy

mierung bei der Polizei ndash Zur Soziologie

der Polizei-Fuumlhrungsakademie in

Lange H (Hg) Die Polizei der Gesellshy

schaft Zur Soziologie der Inneren Sichershy

heit (Studien zur inneren Sicherheit 4)

Opladen

Houmlffe O (2002) Art Ethik in Houmlffe

OForschner M et al Lexikon der Ethik

(Beckrsquosche Reihe 152) 6 neubearbeitete

Auflage Muumlnchen

Jacobs GChriste-Zeyse J (2005)

Wennrsquos nicht fair ist klapptrsquos auch nicht

Gerechtigkeitspsychologische Uumlberlegunshy

gen zur Stimmungslage in der deutschen

Polizei Die Polizei (964)

Jaschke H (2006) Management Cops

Anmerkungen zu einer polizeilichen

Funktionselite in Christe-Zeyse J (Hg)

Die Polizei zwischen Stabilitaumlt und Veraumlnshy

derung Ansichten einer Organisation im

Wandel Frankfurt

Kleinig J (1996) The Ethics of Policing

Cambridge

Kleinig J (2002) Rethinking noble cause

corruption International Journal of

Police Science and Management (44)

Langer A (2007) Der Pfarrberuf als vershy

trauenswuumlrdige Profession Vertrauen als

Begruumlndung und Gestaltungskriterium

professionellen Handelns im Pfarrberuf

Zeitschrift fuumlr Evangelische Ethik (511)

Moore M H (1990) Police Leadership

The Impossible Dream in Hargrove E

C (Hg) Impossible jobs in public

management (Studies in government and

public policy) Lawrence

Platon (1991) Politeia Griechisch und

Deutsch Saumlmtliche Werke V Hg von

Huumllster K 1 Auflage (Nachdr) Frankshy

furt am MainLeipzig

22

32008 SIAK-JOURNAL

Richthofen D v (1994) Notwendigkeit

und Moumlglichkeiten der Vermittlung eines

Berufsverstaumlndnisses der Polizei Die

Polizei (853)

Richthofen D v (Hg) (2007) Von der

Behoumlrde zur Hochschule (Schriftenreihe

der Fachhochschule fuumlr oumlffentliche Vershy

waltung NRW Bd 27) Gelsenkirchen

Schiewek W (2006) Weiszlige Schafe ndash

Schwarze Schafe Dichotomische Weltbilshy

der im polizeilichen Alltag in Christe-

Zeyse J (Hg) Die Polizei zwischen Stabishy

litaumlt und Veraumlnderung Ansichten einer

Organisation im Wandel Frankfurt

Schiewek W (2007) Und bist Du nicht

willig so brauch ich Gewalt Berufsethishy

sche Anmerkungen zur Diskussion der

Rettungsfolter in Deutschland in

Meireis T (Hg) Lebendige Ethik ndash Beishy

traumlge aus dem Institut fuumlr Ethik und

angrenzende Sozialwissenschaften Hans-

Richard Reuter zum 60 Geburtstag

(Worte ndash Werke ndash Utopien Vortraumlge aus

der Westfaumllischen Wilhelms-Universitaumlt

Muumlnster) Muumlnster

Schiewek W (2008) Wir sind die Guten

Die moralische Infrastruktur polizeilicher

Arbeit und das Projekt der Entwicklung

einer gemeinsamen Polizeiethik in

Europa in Frevel BAsmus H (Hg)

Empirische Polizeiforschung X Einfluumlsse

von Globalisierung und Europaumlisierung

auf die Polizei (Schriften zur Empirischen

Polizeiforschung Bd 8) Frankfurt

Schindler T (2007) Die Polizei auf dem

Weg nach Bologna Personal- und Ausbilshy

dungsstruktur SIAK-Journal (2) 25ndash40

Scholz H (1951) Krise des Berufsethos

in der Polizei Die Polizei (47ndash8)

Schult H (1994) Rechte sind das Ergebshy

nis von Pflichten Pflichten sind die

Rechte anderer auf uns Die Polizei

(853)

Stichweh R (1994) Wissenschaft Unishy

versitaumlt Professionen Soziologische Anashy

lysen Frankfurt am Main

Strasser H (2004) Abschlussbericht

DFG-Forschungsprojekt Das da drauszligen

ist ein Zoo und wir sind die Dompteure

Polizisten im Konflikt mit ethnischen Minshy

derheiten und sozialen Randgruppen ndash

Teilnehmende Beobachtung des Alltags

von operativen Kraumlften Bewilligungszeitshy

raum 03092001ndash02032004 Projektleishy

ter Prof Dr Hermann Strasser PhD

Universitaumlt Duisburg-Essen Institut fuumlr

Soziologie URL httpsoziologieunishy

duisburgdePERSONENforschungPolishy

zeiprojektDFG-Abschlussbericht-kurzshy

final-2pdf (05042007)

Tiedemann P (2006) Was ist Menschenshy

wuumlrde Eine Einfuumlhrung Darmstadt

Wieland J (2006) Verpfeifen kommt

zuletzt Die Zeit vom 23 November 2006

(Nr 48)

Wood R LDavis M (2002) Rethinking

Organizational Change in Policing (Draft

version) A Report on a Locally-Initiated

Research Partnership funded by the

National Institute of Justice URL

httpwwwncjrsgovpdffiles1nijgrants

193422pdf (05042007)

Weiterfuumlhrende Literatur und Links

Ahlf E (2000) Ethik im Polizeimanageshy

ment Polizeiethik mit Bezuumlgen zu Total

Quality Management Wiesbaden

Alberts H WGundlach T EJasper J

(2003) Methoden polizeilicher Berufsshy

ethik das Hamburger Ethik-Seminar

Frankfurt am Main

Beese D (1996) Polizeiliche Berufsshy

ethik in Kniesel MKube EMurck M

(Hg) Handbuch fuumlr Fuumlhrungskraumlfte der

Polizei ndash Wissenschaft und Praxis

Luumlbeck

Beese D (2000) Studienbuch Ethik Proshy

blemfelder der Polizei aus ethischer Pershy

spektive Hilden

Blickle G (Hg) (1998) Ethik in Organishy

sationen Schriftenreihe Wirtschaftspsyshy

chologie Goumlttingen

Crank J PCaldero M A (2000) Police

Ethics The corruption of noble cause

Cincinnati

Crank J P (2004) Understanding Police

Culture Cincinnati

Franke S (2004) Polizeiethik Handbuch

fuumlr Diskurs und Praxis Stuttgart ua

Gruumltzner K (2005) Ethik im Polizeistushy

dium in Distler JLorei CReinstaumldt

K-H (Hg) Festschrift zum 25-jaumlhrigen

Bestehen der Verwaltungsfachhochschule

in Wiesbaden (Polizeiwissenschaftliche

Analysen Schriftenreihe der Verwalshy

tungsfachhochschule in Wiesbaden)

Frankfurt am Main

Gruumltzner KSchiewek W (2006) Schashy

den kannrsquos nicht Ethik in der Ausbildung

in Gruumltzner KGroumlger WKiehn

CSchiewek W (Hg) Handbuch Polizeishy

seelsorge Goumlttingen

Miller SBlackler JAlexandra A

(2006) Police Ethics St Leonards

Neuberger O (2006) Mikropolitik und

Moral in Organisationen Herausfordeshy

rung der Ordnung Stuttgart

Newburn T (2005) Policing Key Reashy

dings CullomptonDevon

Schicht G (2007) Menschenrechtsbilshy

dung fuumlr die Polizei Studie Berlin

Schiewek W (2006) Geschichtliche Entshy

wicklung des Faches Berufsethik in

Gruumltzner KGroumlger WKiehn C

Schiewek W (Hg) Handbuch Polizeiseelshy

sorge Goumlttingen

Wieland J (Hg) (2004) Handbuch Werte

Management Hamburg

23

Page 12: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

SIAK-JOURNAL 32008

Rights and Social Workldquo auf den Bereich

der sozialen Arbeit angewendet 15 So schon bei GintzelMoumlllers 1987 8

bdquoDie Funktion die dem Selbstverstaumlndnis

der Polizei entspricht ist aber gerade

nicht Disziplinierung sondern Kooperashy

tionldquo 16 Schult 1994 100 Darin bestaumltigt sich

die umgekehrte Feststellung aus der

organisationswissenschaftlichen Forshy

schung bdquodass ein fairerer Umgang mit

Mitarbeitern drastische Auswirkungen

auf ihre Arbeitszufriedenheit auf ihre

Bindung zur Organisation auf ihre Leisshy

tungsfaumlhigkeit und sogar auf ihre Bereitshy

schaft negative Entwicklungen in Kauf zu

nehmen hatldquo (JacobsChriste-Zeyse

2005 102) 17 Hervorh WS vgl die von Rafael

Behr gegebenen Beispiele bdquosubkulturelshy

ler Gerechtigkeitsvorstellungenldquo (Behr

2006 85ndash87) 18 Formuliert unter Rekurs auf Wieland

2006 Wieland nennt neben dem Typ des

bdquoharten Arbeitersldquo noch drei weitere Ideshy

altypen Den bdquoZynikerldquo der genau weiszlig

dass das was er tut verboten ist aber

glaubt dass es in seinem Bereich unershy

laumlsslich ist (zum Phaumlnomen bdquoZynismusldquo

in der Polizei vgl Bjoumlrk 2008) Den der

sich uumlber dem Recht stehend waumlhnt weil

er sich der kulturellen Relativitaumlt der

Normen bewusst ist Und schlieszliglich den

bdquoSpielerldquo bdquoder Wetten auf die Zukunft

abschlieszligt Er weiszlig dass er fruumlher oder

spaumlter erwischt wird aber er braucht das

Risikoldquo (ebd) 19 Die Unterscheidung von Moral und

Ethik verstanden im Sinne von Otfried

Houmlffe insofern das Ziel der Ethik darin

bestehe bdquodie jeweils herrschende Moral

kritisch zu pruumlfen (hellip) sowie Formen

u(nd) Prinzipien richtigen u(nd) guten

Handelns zu begruumlndenldquo (Houmlffe 2002

59) vgl ebd

Quellenangaben

Abbott A (1983) Professional Ethics

American Journal of Sociology (885)

Alberts H W (2004) Von der Schwierigshy

keit ein Berufsethiker zu sein in Liebl

K (Hg) Fehler und Lernkultur in der

Polizei Empirische Polizeiforschung V

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schung Bd 1) Frankfurt

Behr R (2000) Cop Culture ndash Der Alltag

des Gewaltmonopols Maumlnnlichkeit

Handlungsmuster und Kultur in der Polishy

zei Opladen

Behr R (2006) Polizeikultur Routinen ndash

Rituale ndash Reflexionen Bausteine zu einer

Theorie der Praxis der Polizei Wiesbashy

den

Bjoumlrk M (2008) Fighting Cynicism

Some Reflections on Self-Motivation in

Police Work Police Quarterly (111)

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auch nicht sein Der schwere Stand des

Vertrauens in einer strukturell missshy

trauischen Organisation in Ders (Hg)

Die Polizei zwischen Stabilitaumlt und Veraumlnshy

derung Ansichten einer Organisation im

Wandel Frankfurt

Christe-Zeyse J (2007) Riskante Modershy

nisierung starker Professionskulturen

Plaumldoyer fuumlr ein kulturkompatibles Veraumlnshy

derungsmanagement in der Polizei Vershy

waltung und Management (132)

Davis M (2002) Profession code and

ethics Aldershot

Denninger E (1987) Zehn Thesen zum

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Arbeitsblaumltter (3)

Dudek K (2006) Rollenverstaumlndnis und

Rollenkonflikte SIAK-Journal (4) 25ndash36

Erichsen H (2005) Bologna ndash und keine

Alternative Die Polizei (965)

Gintzel KMoumlllers H (1987) Das

Berufsbild der Polizei zwischen Sein und

Sollen ndash was nicht im Saarbruumlcker Gutshy

achten steht Die Polizei (781)

Hadley J (2007) Frameworks for Polishy

cing Europe Changing Oaths SIAK-

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Herbert S (2006) Tangled up in blue

Conflicting path to police legitimacy

Theoretical Criminology (104)

Heuer H (2003) Prozesse der Elitenforshy

mierung bei der Polizei ndash Zur Soziologie

der Polizei-Fuumlhrungsakademie in

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schaft Zur Soziologie der Inneren Sichershy

heit (Studien zur inneren Sicherheit 4)

Opladen

Houmlffe O (2002) Art Ethik in Houmlffe

OForschner M et al Lexikon der Ethik

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Jacobs GChriste-Zeyse J (2005)

Wennrsquos nicht fair ist klapptrsquos auch nicht

Gerechtigkeitspsychologische Uumlberlegunshy

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willig so brauch ich Gewalt Berufsethishy

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Meireis T (Hg) Lebendige Ethik ndash Beishy

traumlge aus dem Institut fuumlr Ethik und

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Muumlnster) Muumlnster

Schiewek W (2008) Wir sind die Guten

Die moralische Infrastruktur polizeilicher

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von Globalisierung und Europaumlisierung

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Polizisten im Konflikt mit ethnischen Minshy

derheiten und sozialen Randgruppen ndash

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Tiedemann P (2006) Was ist Menschenshy

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zuletzt Die Zeit vom 23 November 2006

(Nr 48)

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Newburn T (2005) Policing Key Reashy

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Gruumltzner KGroumlger WKiehn C

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Management Hamburg

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Page 13: Bundesministerium für Inneres · Title: untitled Created Date: 11/29/2012 6:33:57 PM

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Schiewek W (2006) Weiszlige Schafe ndash

Schwarze Schafe Dichotomische Weltbilshy

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Zeyse J (Hg) Die Polizei zwischen Stabishy

litaumlt und Veraumlnderung Ansichten einer

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Schiewek W (2007) Und bist Du nicht

willig so brauch ich Gewalt Berufsethishy

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Rettungsfolter in Deutschland in

Meireis T (Hg) Lebendige Ethik ndash Beishy

traumlge aus dem Institut fuumlr Ethik und

angrenzende Sozialwissenschaften Hans-

Richard Reuter zum 60 Geburtstag

(Worte ndash Werke ndash Utopien Vortraumlge aus

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Muumlnster) Muumlnster

Schiewek W (2008) Wir sind die Guten

Die moralische Infrastruktur polizeilicher

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Strasser H (2004) Abschlussbericht

DFG-Forschungsprojekt Das da drauszligen

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Polizisten im Konflikt mit ethnischen Minshy

derheiten und sozialen Randgruppen ndash

Teilnehmende Beobachtung des Alltags

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Universitaumlt Duisburg-Essen Institut fuumlr

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duisburgdePERSONENforschungPolishy

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wuumlrde Eine Einfuumlhrung Darmstadt

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zuletzt Die Zeit vom 23 November 2006

(Nr 48)

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Beese D (1996) Polizeiliche Berufsshy

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Beese D (2000) Studienbuch Ethik Proshy

blemfelder der Polizei aus ethischer Pershy

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Crank J PCaldero M A (2000) Police

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Cincinnati

Crank J P (2004) Understanding Police

Culture Cincinnati

Franke S (2004) Polizeiethik Handbuch

fuumlr Diskurs und Praxis Stuttgart ua

Gruumltzner K (2005) Ethik im Polizeistushy

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K-H (Hg) Festschrift zum 25-jaumlhrigen

Bestehen der Verwaltungsfachhochschule

in Wiesbaden (Polizeiwissenschaftliche

Analysen Schriftenreihe der Verwalshy

tungsfachhochschule in Wiesbaden)

Frankfurt am Main

Gruumltzner KSchiewek W (2006) Schashy

den kannrsquos nicht Ethik in der Ausbildung

in Gruumltzner KGroumlger WKiehn

CSchiewek W (Hg) Handbuch Polizeishy

seelsorge Goumlttingen

Miller SBlackler JAlexandra A

(2006) Police Ethics St Leonards

Neuberger O (2006) Mikropolitik und

Moral in Organisationen Herausfordeshy

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Newburn T (2005) Policing Key Reashy

dings CullomptonDevon

Schicht G (2007) Menschenrechtsbilshy

dung fuumlr die Polizei Studie Berlin

Schiewek W (2006) Geschichtliche Entshy

wicklung des Faches Berufsethik in

Gruumltzner KGroumlger WKiehn C

Schiewek W (Hg) Handbuch Polizeiseelshy

sorge Goumlttingen

Wieland J (Hg) (2004) Handbuch Werte

Management Hamburg

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