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Auf dem Weg in die Eine Welt Weißbuch zur Entwicklungspolitik

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Auf dem Weg in die Eine Welt

Weißbuch zur Entwicklungspolitik

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Weißbuch zur Entwicklungspolitik

13. Entwicklungspolitischer Bericht der Bundesregierung

Stand: Juni 2008

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InhaltVorwortBundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul 6

1. Ein Blick zurück nach vorn 8Einleitung 10Die entwicklungspolitische Lage der Welt 1 1Die Entwicklungspolitik Deutschlands 14Die Herausforderungen der Zukunft 20Die Akteure der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit 24Afrika, Lateinamerika, Asien: Drei Regionen, drei Konzepte 26

Armut bekämpfen2. Menschen Lebensperspektiven eröffnen 32Armutsminderungsstrategien (PRSP): Ein Politikwechsel zeigt Wirkung 34Engagiert bleiben ! – auch bei fragiler Staatlichkeit 38Schnelle Hilfe nach Katastrophen 39Landwirtschaft sichert Ernährung 42Erhalt der biologischen Vielfalt 48Wasser ist Leben 52Kampf gegen wachsende Müllberge 58Drei Säulen der Bildung: Schule, Beruf und Hochschule 62Kinder und Jugendliche gestalten die Zukunft 65Gesundheit schützt vor Armut 66Entwicklung durch soziale Sicherheit 74Mikrofinanzierung – kleine Beträge, große Wirkung 76Energie schafft Entwicklung 78Rohstoffreichtum nachhaltig nutzen 82

Die Umwelt schützen 3. Klimaschutz: Den Planeten Erde und seine Lebewesen schützen 84Der Klimawandel trifft alle 86Gemeinsam die Erderwärmung bekämpfen 90Emissionen stoppen, Entwicklung ermöglichen 94…durch Erneuerbare Energien 97…durch Energieeffizienz 101…und durch Walderhalt 104Anpassen an die Folgen 108

Frieden sichern und Demokratie fördern4. Konflikte lösen und überwinden 112Krisen vorbeugen 113 Verhandlungen haben Erfolg 114Frieden muss langfristig gefestigt werden 116Der Aktionsplan Zivile Krisenprävention 123Durch regionales Handeln Frieden schaffen 124Konflikte eindämmen durch Kleinwaffenkontrolle 126Frauen lösen Konflikte anders 128Kinderrechte verwirklichen 130Kultur als Stabilitätsfaktor 132

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5. Demokratie als Entwicklungschance 134Auf dem Weg zur Demokratie 136Maßgeschneiderte Demokratieförderung 139Süd-Süd-Zusammenarbeit 140Korruption bekämpfen durch Transparenz 142Bestimmend für unsere Arbeit: Der Menschenrechtsansatz 146Entwicklung braucht starke Frauen 149Gewalt gegen Frauen abschaffen 153

Globalisierung gerecht gestalten6. Die Eine Welt verwirklichen 162Weltweit gerechte Arbeitsbedingungen schaffen 165Private Unternehmen in die Verantwortung nehmen 168Das Fair-Trade-Siegel: Eine Erfolgsgeschichte 171Das Handelssystem gerecht gestalten 172Recht auf den Schutz geistigen Eigentums für alle 178Sanfte Marktöffnung durch Wirtschaftspartnerschaften 180Entwicklung und Migration 182Die Digitale Kluft überwinden 186

7. Globale Politik besser organisieren 188Das Ankerlandkonzept des BMZ 190Entwicklung finanzieren 193Die Arbeitsteilung verbessern 200Die Pariser Erklärung 201Europas Stärke nutzen 205Reform der Vereinten Nationen unterstützen 208Stärkung der Mitsprache bei IWF und Weltbank 210Neue und nicht so neue Geber 211

8. Gemeinsam für die Eine Welt 214…mit allen gesellschaftlichen Kräften in Deutschland 215…mit den Bürgerinnen und Bürgern 222

Statistischer Anhang 228

Stichwortverzeichnis 234

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Vorwort

Heidemarie Wieczorek-ZeulBundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Liebe Leserinnen und Leser,

Vor acht Jahren hat die internationale Gemein-

schaft mit den Millenniumsentwicklungszielen

einen konkreten „Fahrplan“ für den Kampf gegen

die Armut aufgestellt. Siebeneinhalb Jahre liegen

noch bis zum Ziel vor uns. Kurz nach der Halbzeit

zeigt sich ein gemischtes Bild:

Erstmals gibt es weniger als eine Milliarde

Menschen, die von weniger als einem Dollar am

Tag leben müssen; im Jahre 1990 waren es noch

1,24 Milliarden – bei einer damals noch weit gerin-

geren Weltbevölkerung.

Für die Grundschulbildung konnte viel erreicht

werden. Allein in Afrika gehen nun 29 Millionen

Kinder mehr zur Schule. Auch die Trinkwasser-

versorgung hat sich weltweit verbessert.

Doch müssen wir uns eingestehen, dass es sowohl

bei der Gleichberechtigung der Geschlechter als

auch im Kampf gegen Kinder- und Müttersterb-

lichkeit bisher viel zu wenig Fortschritte gibt.

Besonders in Subsahara-Afrika und Südasien sind

die gesetzten Ziele sehr schwierig zu erreichen.

Alle drei Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt

ein Kind unter fünf Jahren. Jährlich sind das etwa

10 Millionen Kleinkinder.

Die meisten von ihnen sind Opfer vermeidbarer

Krankheiten. In Ländern mit funktionierender

Sozialversicherung und ausreichenden Gesund-

heitsdiensten wären sie nicht gestorben.

Auch die meisten der 500.000 Frauen, die im

Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt

pro Jahr sterben, könnten bei angemessener

medizinischer Versorgung noch leben.

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Allzu oft lässt sich der vermeidbare Tod von

Kindern und Frauen auf unzureichenden Zugang

zu Gesundheitsdiensten und zu Familienplanung

zurückführen. Diskriminierung von Frauen

hemmt auch die wirtschaftliche Entwicklung ei-

nes Landes und verhindert Bildung von Kindern.

Beseitigung von Armut hängt darum wesentlich

davon ab, ob wir es schaffen, Geschlechterunge-

rechtigkeiten abzuschaffen.

Die Bäuerin auf dem Titel ist Sinnbild eines neuen

Selbstbewusstseins von Frauen in Entwicklungs-

ländern. Auch in traditionellen Bereichen

herrscht eine Stimmung des Aufbruchs unter

Frauen. Das Foto hat unsere Parlamentarische

Staatssekretärin Karin Kortmann auf einer Reise

in die chinesische Provinz Qinghai aufgenommen.

Dass Frauen überall auf der Welt gegen ihre

Unterdrückung vorgehen, davon zeugen etliche

Beispiele, sei es das Ende der Genitalverstümme-

lung in Benin, die neue Familiengesetzgebung in

Marokko oder die steigende Beteiligung von

Frauen in Parlamenten – wie etwa mit 49 % in

Ruanda.

Die größte Herausforderung unseres Jahrhun-

derts ist und bleibt der Klimawandel, der uns weit

über die Zielmarke des Jahres 2015 beschäftigen

und enorme Anstrengungen gerade bei der Ent-

wicklungszusammenarbeit erfordern wird. Als

Industrieländer stehen wir in der besonderen Ver-

antwortung, die Entwicklungsländer bei notwen-

digen Anpassungsmaßnahmen, bei der Umstel-

lung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaftsweise

und beim Schutz ihrer Wälder zu unterstützen.

Die Belastbarkeit der Ökosysteme stößt nicht nur

beim Klimawandel an natürliche Grenzen. Neben

Brennstoffen und Energie wird Wasser zu einem

der knappsten und wichtigsten Rohstoffe des

21. Jahrhundert. Es bedarf vor allem in Entwick-

lungsländern größter Anstrengungen, um die

Trinkwasserversorgung der Menschen sicherzu-

stellen.

Alle Menschen haben ein Recht auf Nahrung, das

niemand in Frage stellen darf. Daher ist es eine

der wichtigsten Aufgaben der Entwicklungspoli-

tik, die Welternährung zu sichern. Angesichts der

aktuellen Nahrungsmittelkrise stellt Deutschland

allein im Jahre 2008 neben Nahrungsmittelnot-

hilfe 600 Millionen Euro zur Förderung von Land-

wirtschaft, ländlicher Entwicklung und sozialer

Abfederung zur Verfügung.

Viele Entwicklungsländer sind besonders stark

von der veränderten Nachfrage betroffen, weil

billige Nahrungsmittelimporte aus den Industrie-

ländern die Landwirtschaft der Entwicklungs-

länder zerstört haben. Das ist Ergebnis der fortbe-

stehenden Agrarexportsubventionen der Indus-

trieländer und einer verfehlten Agrarpolitik in

vielen Entwicklungsländern.

Hier gegenzusteuern, ländliche Entwicklung zu

fördern und den Welthandel gerecht zu gestal-

ten, wird eine der wichtigsten Aufgaben der Ent-

wicklungspolitik in den kommenden Jahren sein.

Hunger ist nämlich nicht nur ein Problem der

Nahrungsmittelproduktion; er ist ein Armutspro-

blem, dem wir nachhaltig durch den Aufbau von

sozialen Sicherungssystemen und die weltweite

Verbesserung sozialer Standards begegnen

müssen.

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Ein Blick zurück nach vorn

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In den vergangenen Jahren hat in Deutschland und Europa ein

Bewusstseinswandel stattgefunden. Entwicklungspolitik ist zu einem

Thema geworden, das eine Mehrzahl der Menschen bewegt.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Einleitung

Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland

wollen nicht hinnehmen, dass bei weltweit steigen-

dem Wohlstand und Unternehmensgewinnen

viele Menschen immer noch in bitterer Armut

leben, Kinder verhungern oder an vermeidbaren

Krankheiten sterben. Zugleich verstehen sie, dass

Entwicklungspolitik nicht nur für die Entwick-

lungsländer wichtig ist, sondern auch ihnen

nützt: Eine gerecht gestaltete Globalisierung,

weltweite Stabilität und Frieden sind im Interesse

aller.

Die Menschen wollen wissen, welchen Beitrag

ihre Regierung leistet, um Armut und Ungerech-

tigkeit in der Welt abzuschaffen, oder was ihre

Regierung gegen die Klimakatastrophe unter-

nimmt. Sie fragen, ob sie auch in Zukunft in

Sicherheit und Frieden leben werden. Sie verlan-

gen, dass ihre Regierung die fortschreitende

Globalisierung der Wirtschaft zum Nutzen der

Menschheit gestaltet.

In diesem Weißbuch antwortet die Regierung der

Bundesrepublik Deutschland auf diese Fragen aus

entwicklungspolitischer Sicht. Sie stellt ihre ak-

tuelle entwicklungspolitische Arbeit vor und zeigt

auf, wie sie künftigen Herausforderungen begeg-

nen will.

Es ist das erste Weißbuch zur Entwicklungspolitik

der Bundesrepublik Deutschland und zugleich

der »13. Bericht zur Entwicklungspolitik der

Bundesregierung«. Ein Weißbuch ist ein interna-

tionales Format, das Ziele und Strategien einer

Regierung ausweist. Die Entwicklungspolitischen

Berichte der Bundesregierung erscheinen einmal

pro Legislaturperiode und berichten vom Erreich-

ten. Mit der Kombination dieser beiden Formate

wirft die Bundesregierung einen prüfenden Blick

zurück und markiert zugleich den Weg in die

Zukunft. Zudem richtet sich dieses Weißbuch

ausdrücklich an eine breite Öffentlichkeit und

antwortet somit auf das gestiegene Interesse der

Menschen in Deutschland an globalen Entwick-

lungen.

Aus einer Umfrage Anfang 2007

unter Bürgerinnen und Bürgern in

Deutschland:

82% der Befragten gaben an, dass

die Armut in Entwicklungs-

ländern für sie ein wichtiges

Thema ist.

85% würden sich in der einen oder

anderen Form im Kampf gegen

Armut in Entwicklungsländern

engagieren.

72% fanden es wichtig, dass die

Bundesregierung ihr Ver-

sprechen, die Ausgaben für

Entwicklungshilfe bis 2015 zu

verdoppeln, einhält.

(Oxfam März 2007)

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Die entwicklungspolitische Lage in der Welt

Niemals zuvor waren die Voraussetzungen

günstiger, die in vielen Teilen der Welt noch im-

mer bedrückende Armut zu überwinden. Neue

Technologien, die Beschleunigung des Handels-,

Informations- und Wissensaustauschs, steigendes

Wirtschaftswachstum sowie eine bessere politische

Abstimmung der Staaten dieser Erde lassen dieses

Ziel heute erstmals als erreichbar erscheinen.

Mit der Verabschiedung der Millenniumserklärung

im September 2000 und der später daraus abgelei-

teten Millenniumsentwicklungsziele hat die Staa-

tengemeinschaft erstmalig einen Konsens über den

Weg aus Armut und globaler Ungerechtigkeit hin

zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit, Demokratie,

Gleichberechtigung und Frieden erzielt.

Um die Millenniumsziele zu erreichen, haben die

Industrienationen vereinbart, bis zum Jahr 2015

ihre Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit

auf 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens zu

erhöhen. Genauso entscheidend wie diese Aus-

gabenerhöhung ist es, die Geberleistungen besser

zu koordinieren: sicherzustellen, dass die Hilfe

auch dort ankommt, wo sie benötigt wird, und

durch Arbeitsteilung Kosten und Qualität der

Arbeit zu optimieren. Darum haben Geber- und

Partnerländer gemeinsam mit der Pariser Erklä-

rung zur Steigerung der Wirksamkeit der Ent-

wicklungszusammenarbeit im März 2005 einen

Fahrplan erarbeitet, wie

Entwicklungszusammenarbeit zielgerichteter

und zum größeren Nutzen der Entwicklungslän-

der gestaltet werden muss.

Seit Beginn dieser neuen globalen Entwicklungs-

politik – im kurzen Zeitraum von sieben Jahren –

haben Länder jeder Weltregion wichtige Fort-

schritte auf dem Wege zur Verwirklichung der

Millenniumsziele gemacht. 1990 lebte noch ein

Drittel der Menschheit in extremer Armut. Heute

ist es ein knappes Fünftel – zum ersten Mal weni-

ger als eine Milliarde Menschen. Trinkwasserver-

sorgung und Ernährung konnten für Millionen

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Millenniumsentwicklungsziele: Umsetzungsstand 2007

ZIEL 1 | Beseitigung der extremen Armut und des Hungers

ZIEL 2 | Verwirklichung der allgemeinen Grundschulbildung

ZIEL 3 | Förderung der Gleichstellung der Geschlechter

ZIEL 4 | Senkung der Kindersterblichkeit

ZIEL 5 | Verbesserung der Gesundheit von Müttern

ZIEL 6 | Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen Krankheiten

ZIEL 7 | Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit

Ziele und Zielvorgaben

Afrika Asien

OzeanienLateinamerika

& KaribikNordafrika südlich derSahara Ostasien Südostasien Südasien Westasien

Extreme Armut halbierenniedrige

Armutsratesehr hohe

Armutsratemittlere

Armutsratemittlere

Armutsratesehr hohe

Armutsrateniedrige

Armutsrate ---mittlere

Armutsrate

Anteil der Hungernden halbieren

Hunger nichtweit verbreitet

sehr verbreiteter Hunger

teilweise ver-breiteter Hunger

teilweise ver-breiteter Hunger

sehr verbreiteter Hunger

teilweise ver-breiteter Hunger

teilweise ver-breiteter Hunger

teilweise ver-breiteter Hunger

Allgemeine Grundschulbildung

hohe Ein-schulungsquote

niedrige Ein- schulungsquote

hohe Ein-schulungsquote

hohe Ein-schulungsquote

hohe Ein-schulungsquote

mittlere Ein- schulungsquote

mittlere Ein- schulungsquote

hohe Ein-schulungsquote

Gleiche Einschulungsquote in Grundschulen

fast gleich noch nicht ganz gleich gleich gleich fast gleich fast gleich fast gleich gleich

Frauenanteil an der Erwerbsbevölkerung

niedriger Anteil mittlerer Anteil hoher Anteil mittlerer Anteil niedriger Anteil niedriger Anteil mittlerer Anteil hoher Anteil

Gleiche Vertretung von Frauenin nationalen Parlamenten

sehr niedrige Vertretung

niedrige Vertretung

mittlere Vertretung

niedrige Vertretung

niedrige Vertretung

sehr niedrige Vertretung

sehr niedrige Vertretung

mittlere Vertretung

Sterblichkeit von Kindern unter 5 Jahren um 2/3 senken

geringe Sterblichkeit

sehr hoheSterblichkeit

geringe Sterblichkeit

mittlereSterblichkeitsrate

hohe Sterblichkeit

mittlere Sterblichkeitsrate

mittlere Sterblichkeitsrate

geringe Sterblichkeit

Immunisierung gegen Masern hoheImpfungsrate

niedrige Impfungsrate

mittlereImpfungsrate

mittlereImpfungsrate

niedrige Impfungsrate

hohe Impfungsrate

niedrige Impfungsrate

hoheImpfungsrate

Müttersterblichkeit um drei Viertel senken*

mittlere Sterblichkeitsrate

sehr hoheSterblichkeit

niedrige Sterblichkeit

hoheSterblichkeit

sehr hohe Sterblichkeit

mittlere Sterblichkeitsrate

hohe Sterblichkeit

mittlere Sterblichkeitsrate

Ausbreitung von HIV/AIDS zum Stillstand bringen und umkehren

niedrige Prävalenz

sehr hohePrävalenz

niedrige Prävalenz

niedrige Prävalenz

mittlere Prävalenz

niedrige Prävalenz

mittlere Prävalenz

mittlere Prävalenz

Ausbreitung von Malaria zum Stillstand bringen und umkehren*

niedriges Risiko hohes Risiko mäßiges Risiko mäßiges Risiko mäßiges Risiko niedriges Risiko niedriges Risiko mäßiges Risiko

Ausbreitung von TB zum Still-stand bringen und umkehren

niedrige Sterblichkeit

hoheSterblichkeit

mittlere Sterblichkeitsrate

mittlere Sterblichkeitsrate

mittlere Sterblichkeitsrate

niedrige Sterblichkeit

mittlere Sterblichkeitsrate

niedrige Sterblichkeit

Waldverlust umkehren** geringe Waldbedeckung

mittlere Waldbedeckung

mittlere Waldbedeckung

hoheWaldbedeckung

mittlere Waldbedeckung

geringe Waldbedeckung

hohe Waldbedeckung

hoheWaldbedeckung

Anteil der Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser halbieren

hoher Versorgungsgrad

niedriger Versorgungsgrad

mittlerer Versorgungsgrad

mittlerer Versorgungsgrad

mittlerer Versorgungsgrad

hoher Versorgungsgrad

niedriger Versorgungsgrad

hoher Versorgungsgrad

Anteil der Menschen ohne Sanitärversorgung halbieren

mittlerer Versorgungsgrad

sehr niedriger Versorgungsgrad

sehr niedriger Versorgungsgrad

niedriger Versorgungsgrad

sehr niedriger Versorgungsgrad

mittlerer Versorgungsgrad

niedriger Versorgungsgrad

mittlerer Versorgungsgrad

Lebensbedingungen von Slumbewohnern verbessern

mittlererAnteil an

Slumbewohnern

sehr hoherAnteil an

Slumbewohnern

hoher Anteil an Slumbewohnern

mittlerer Anteil an Slumbewohnern

hoher Anteil an Slumbewohnern

mittlerer Anteil an Slumbewohnern

mittlerer Anteil an Slumbewohnern

mittlerer Anteil an Slumbewohnern

Die Erfahrungen der Länder jeder Region können erheblich vom regionalen Durchschnitt abweichen. Die Daten für Regionalgruppen und Länder finden sich auf Englisch unter http://mdgs.un.org.

Quellen: Vereinte Nationen, unter Zugrundelegung von Daten und Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, der Interparlamentarischen Union, der Internationalen Arbeitsorganisation, der Internationalen Fernmeldeunion, der UNESCO, des UNICEF, der Weltgesundheitsorganisation, des UNAIDS, des UN-Habitat und der Weltbank – gestützt auf die im Juni 2007 vorliegenden Statistiken; deutsche Version sprachlich leicht überarbeitet.Zusammengestellt von der Statistikabteilung (VN-Hauptabteilung wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten).

Die vorstehende Matrix umfasst zwei Informationsebenen. Der Text in jedem Kasten beschreibt den gegenwärtigen Erfüllungsstand jedes Ziels. Die Farben zeigen den Trend im Hinblick auf die Erreichung bzw. Verfehlung der für 2015 gesetzten Zielvorgaben. Siehe auch die nachstehende Legende:

Zielvorgabe erreicht oder beinahe erreicht.

Zielvorgabe wird bei Fortsetzung der bestehenden Trends bis 2015 voraussichtlich erreicht, oder das jeweilige Problem ist für die betreffende Region nicht von ernsthaftem Belang.

Zielvorgabe wird bis 2015 voraussichtlich nicht erreicht.

Stillstand, Rückschritte oder Trendumkehr.

Unzureichende Daten.

* Die verfügbaren Müttersterblichkeits- und Malariadaten lassen keine Trendanalyse zu. Die zuständigen Organisationen haben die Fortschritte anhand von Ersatzindikatoren bewertet.

** Die Bewertung gründet auf einer neuen Methodik und ist daher nicht mit früheren Bewertungen vergleichbar.

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E i n B l i c k z u r ü c k n a c h v o r n

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von Menschen gesichert werden. Grundbildung

für alle erscheint heute als ein erreichbares Ziel.

Immer mehr Länder bekennen sich zu demokrati-

schen Werten. Immer weniger Staaten führen

Krieg gegeneinander.

Doch zugleich haben Wirtschaftskrisen Millionen

in die Armut getrieben und zu wachsender Un-

gleichheit in Teilen der Welt geführt. Dort, wo

hohes Wirtschaftswachstum neuen Wohlstand

schafft, kommt davon nicht immer auch etwas bei

den Armen an. In allen Regionen der Welt

schrumpft der Anteil, den das ärmste Fünftel der

Bevölkerung am jeweiligen nationalen Gesamt-

verbrauch hat. Insbesondere die aktuelle Lebens-

mittelkrise verschärft weltweit die Armut. Sie

gefährdet die Erreichung des 1. Millenniumsent-

wicklungsziels, die Armut weltweit zu halbieren.

Auch andere Ziele werden möglicherweise nicht

erreicht. Obwohl die Kindersterblichkeit seit 1990

um 20 % zurückgegangen ist, stirbt in Subsahara-

Afrika immer noch jedes sechste Kind vor seinem

fünften Geburtstag. Auch bei der Müttersterblich-

keit sind die Fortschritte unbefriedigend: Jede

Minute stirbt auf der Welt eine Frau während

Schwangerschaft oder Geburt. Um nur jeweils

ein Prozent pro Jahr sank die Müttersterblichkeit

in den letzten Jahren. Sie müsste jedoch mindes-

tens um 5,5 % sinken, wenn das Ziel, sie von 1990

bis 2015 um 75 % zu senken, erreicht werden soll.

Auch beim Umwelt- und Klimaschutz müssen die

Anstrengungen verstärkt werden. Obwohl inzwi-

schen die meisten Regierungen für das Thema

sensibilisiert sind und den Umweltschutz voran-

treiben, schrumpfen weiterhin Waldflächen und

nimmt die biologische Vielfalt ab. Auch große

technologische Fortschritte im Bereich der Erneu-

erbaren Energien und Energieeffizienz konnten

den Anstieg des CO2-Ausstoßes kaum bremsen.

»Wir sind die erste Generation,die die Armut beseitigen kann,und wir weigern uns, dieseChance zu verpassen!«

Eveline Herfkens, VN-Sonderbeauftragte desGeneralsekretärs für die welt-weite Millenniumkampagne,Oktober 2005

Die Fortschritte sind sehr ungleich. Während ei-

nige Staaten hervorragende Ergebnisse erzielen,

scheinen andere abgehängt. In Süd- und Ostasien

nimmt Armut deutlich ab, in Westasien hat sie

hingegen sogar zugenommen – wenn auch auf

niedrigem Niveau. Nordafrika wird die Mehrzahl

der Ziele erreichen, allerdings muss in der Region

noch viel für die Geschlechtergerechtigkeit getan

werden. Demokratie und Menschenrechte sind

dort noch wenig verwirklicht, während Latein-

amerika heute weitestgehend demokratisch ist.

Lateinamerika wird mit Sicherheit das Ziel Grund-

bildung für alle erreichen. Dort gehen heute

schon 97 % der Kinder zur Schule, während es in

Subsahara-Afrika nur 70 % sind. Subsahara-Afrika

ist auch bei der Senkung der Kindersterblichkeit

weit vom Ziel entfernt, Nordafrika und Latein-

amerika konnten hier Fortschritte machen. Aller-

dings reichen die Anstrengungen in keiner

Region aus, um das Ziel zu erreichen, die Kinder-

sterblichkeit um zwei Drittel zu senken.

Bilanziert lässt sich sagen, dass die internationale

Gemeinschaft zur Halbzeit der Erklärung der Mil-

lenniumsentwicklungsziele und der Millenniums-

erklärung ein gutes Stück Weg zurückgelegt hat.

Doch die Aufgabe, die sie sich gesetzt hat, bleibt

groß. In keiner Region der Erde scheint die Errei-

chung aller Millenniumsziele heute als sicher.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Die Entwicklungspolitik Deutschlands

Die Bundesrepublik Deutschland richtet ihre

Politik an internationalen Verträgen und Ver-

pflichtungen aus, insbesondere an der Millenni-

umserklärung und den Millenniumsentwick-

lungszielen. Im April 2001 hat die Bundesregie-

rung eine eigene Strategie zu deren Umsetzung

verabschiedet: das »Aktionsprogramm 2015 – Der

Beitrag der Bundesregierung zur weltweiten

Halbierung der Armut«.

Ebenso arbeitet die Bundesregierung auf nationa-

ler und internationaler Ebene an der Umsetzung

der Pariser Erklärung. Der 2005 beschlossene

»Europäische Konsens über die Entwicklungs-

politik« legt gemeinsame Werte und Strategien

fest und ist somit eine wichtige Grundlage zur

Steigerung der Wirksamkeit der Entwicklungszu-

sammenarbeit. Denn ein solches gemeinsames

Vorgehen der Europäer vermeidet Doppelarbeit

und gibt den Partnern in den Entwicklungslän-

dern mehr Planungssicherheit.

Wichtige Entwicklungstrends

Bevölkerungsanteil in den Entwicklungsländern, der von weniger als einem US-Dollar am Tag lebt 1990: 31,6 % 2007*: 19,2 %

In China fiel der Anteilvon 33 % auf 9,9 %.

Einschulungsrate in der Grundschule in Entwicklungsländern 1990: 80 % 2007*: 88%

Die Einschulungsrate wurde inMosambik zwischen 1997 und 2005 von 47,3 % auf 77,2 % gesteigert.

Verhältnis Einschulung Mädchen zu Jungen in der Grundschule in Entwicklungsländern 1990: 0,89 2007*: 0,95

In Bolivien wurden 1990 für 10 Jungen nur 9 Mädchen in der Grundschule eingeschult.Heute ist das Verhältnis ausgewogen.

Kinder in Entwicklungs- ländern, die vor ihrem 5. Geburtstag sterben 1990: 10,6 % 2007*: 8,3%

In Eritrea konnte die Kindersterblichkeit zwischen 1990 und 2005 halbiert werden.

Anteil der Geburten, bei denen medizinisch geschultes Personal anwesend ist, in Entwicklungsländern. 1990: 43 % 2007*: 57%

Der Anteil der medizinisch begleiteten Geburten hat sich in Indonesien mehr als verdoppelt – zwischen 1990 und 2004 von 32 % auf 72 %.

Zahl der AIDS-Kranken in Entwicklungsländern, die lebensverlängernde Medikamente erhalten 2001: 0,4 Mio. 2007*: 2,2 Mio.

Die Kosten für die Behandlung von AIDS-Kranken in Entwicklungsländern sindum bis zu 90 % gesunken.

Anteil der Menschen mit Zugang zu Trinkwasser in Entwicklungsländern 1990: 70 % 2007*: 83%

In Malawi stieg der Anteil derer, die Zugang zu sauberem Wasser haben, zwischen 1990 und 2004 von 40 % auf 73 %.

Anteil der Naturschutzgebietein Entwicklungsländernan der Landfläche 1990: 6,9 % 2007*: 10,4 %

2006 standen 20 Millionen Quadratkilometer Land und Wasserflächen unter Schutz. Das entspricht der doppelten Fläche Europas.

* Datenmaterial war Ende 2007 verfügbar. Quelle: UN, Weltbank

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Gesundheit ist ein öffentliches Gut: Die Mitarbeiterin des tansanischenHandelsministeriums, Stella Lugongo, kontrolliert Lebensmittel.

Deutschlands erklärtes Ziel ist es, die globale

Partnerschaft weiter auszubauen und die multila-

terale Arbeit zu verbessern. Die Entwicklungspoli-

tik der Bundesrepublik ist Teil ihrer auf globale

Struktur- und Friedenspolitik ausgerichteten

Gesamtpolitik. Um Entwicklung weltweit voran-

zutreiben und globale öffentliche Güter wie Klima

und Gesundheit zu sichern, müssen die politi-

schen und wirtschaftlichen Strukturen funktio-

nieren – in den Entwicklungsländern, bei uns in

Deutschland und auf globaler Ebene. In diesem

Sinne stimmen die Bundesministerien Entschei-

dungen mit entwicklungspolitischer Bedeutung

sorgfältig untereinander ab. Maßnahmen aller

deutschen Politikbereiche sollten sich entwick-

lungsfördernd auswirken.

Auf globaler Ebene arbeiten wir an der Verbesse-

rung der politischen Zusammenarbeit zwischen

den Regierungen der Industrie- und Entwick-

lungsländer sowie mit multilateralen Institutio-

nen. Es ist unverzichtbar, dass die aufstrebenden

Wirtschaftsmächte wie China, Indien, Brasilien,

Mexiko, Russland und Südafrika entsprechend ih-

rer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung in

der Welt mehr Verantwortung übernehmen.

Unseren kontinuierlichen Dialog mit privaten

Gebern wie etwa der »Bill und Melinda Gates

Stiftung« bauen wir aus. Alle Akteure, die sich für

Entwicklung einsetzen, sind potenzielle Teilhaber

in der neuen globalen Partnerschaft, die mit der

Millenniumserklärung entstanden ist und seit-

dem wächst und sich fortentwickelt.

Besondere Aufmerksamkeit der deutschen Ent-

wicklungspolitik gilt Afrika. Subsahara-Afrika ist

die Weltregion, die am weitesten von den Zielen

entfernt ist. Deshalb braucht es zusätzliche ge-

meinsame Anstrengungen. Doch hat der Konti-

nent in den vergangenen Jahren auch große Fort-

schritte gemacht: Viele Kriegsparteien haben

Frieden geschlossen, demokratische Regierungen

haben Diktatoren ersetzt, viele Länder verzeich-

nen inzwischen ein hohes Wirtschaftswachstum.

Darum lohnt es sich auch für europäische Unter-

nehmen, in unserem Nachbarkontinent zu inves-

tieren. Die deutsche Entwicklungszusammen-

arbeit hilft, dafür die Bedingungen zu verbessern:

Page 16: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Mit dem Verkauf alter Kleidungernährt die Uganderin Resty Tibafanasechs Kinder und ihren arbeitslosenMann. Laut Weltbank könnte UgandasWirtschaftswachstum um 2 % steigen,wenn Frauen dort ihre Potenzialemehr entfalteten.

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durch Politikberatung zur Steuergesetzgebung

und Finanzsystementwicklung genauso wie

durch Mikrofinanzierung und Verbesserung von

Bildung und Infrastruktur. Auch bei der Anpas-

sung an den Klimawandel engagieren wir uns ver-

stärkt in Afrika: Denn die Menschen dort werden

mit am stärksten von den Auswirkungen betrof-

fen sein, obwohl sie am wenigsten dazu beigetra-

gen haben.

Bei all ihren Vorhaben berücksichtigt die deut-

sche Entwicklungspolitik die Gleichberechtigung

und die besonderen Belange von Frauen und

Männern. Denn Gleichberechtigung ist ein

Schlüssel zur Entwicklung. Sie stärkt nachweislich

die Wirtschaft und verbessert Gesundheitsstand

und Bildungsniveau einer Bevölkerung. Darum ist

sie Querschnittsaufgabe der deutschen Entwick-

lungspolitik: Alle Maßnahmen der Entwicklungs-

zusammenarbeit werden auf die Bedürfnisse und

Potenziale von Frauen und Männern ausgerich-

tet, damit geschlechterspezifische Benachteili-

gungen gezielt abgebaut werden können.

Die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik

verfolgt vier Ziele:

Armut bekämpfen:

Armut kann nur nachhaltig bekämpft werden,

wenn die Menschen eine echte Chance erhalten,

sich selbst aus der Armut zu befreien. Dafür müs-

sen strukturelle Armutsursachen in Staat, Wirt-

schaft und Gesellschaft analysiert und angegan-

gen werden. Die Probleme können nur mit einem

umfassenden Ansatz gelöst werden. Dazu gehö-

ren Bildung und Gesundheitsprogramme ge-

nauso wie Wirtschaftsförderung, Infrastruktur

und Finanzwesen.

Deutschland verfolgt dabei wie viele andere

Geber eine Politik des »Pro-Poor-Growth« – des

Wachstums für die Armen. Im Blickpunkt deut-

scher Politik sind vor allem benachteiligte Grup-

pen wie oftmals Frauen, Kinder und Alte. Leitge-

danke ist die Eigenverantwortlichkeit der Partner-

länder. Denn Armutsbekämpfung ist nur nach-

haltig, wenn die Akteure vor Ort den politischen

Willen haben, selbst die ursächlichen Probleme

anzugehen.

Umwelt und Klima schützen:

Ziel unserer Umweltpolitik ist eine weltweit nach-

haltige Entwicklung, die unsere Lebensgrund-

lagen auch für nachfolgende Generationen be-

wahrt. Wenn wir den Klimawandel bremsen

wollen, müssen auch Entwicklungsländer sich an

einer neuen Klimapolitik beteiligen und ihren

CO2-Ausstoß kontrollieren. Als Verursacher des

Klimawandels stehen die Industrieländer in der

Verantwortung, sie dabei zu unterstützen, bei-

spielsweise durch Technologietransfer. Durch

Erneuerbare Energien und Steigerung der

Energieeffizienz kann zugleich der Lebensstan-

dard in den Entwicklungsländern gehoben und

die Belastung für die Umwelt gering gehalten

werden. Die Anpassung an den Klimawandel und

die Bewältigung seiner Folgen können wir nur

gemeinsam schaffen.

Frieden sichern und Demokratie fördern:

Gewalt, Krieg und Armut bedingen sich häufig

gegenseitig. Darum ist Friedenspolitik wichtiger

Bestandteil von Entwicklungspolitik: Um Armut

wirksam zu bekämpfen, brauchen wir Frieden –

um Frieden nachhaltig zu sichern, müssen wir

Armut und Ungerechtigkeit bekämpfen. Bei Ver-

meidung und Bewältigung gewalttätiger Kon-

flikte setzt die deutsche Entwicklungspolitik bei

den Ursachen an, wie etwa wirtschaftlichen Ver-

teilungsfragen oder soziokulturellen Aspekten.

Lösungen können daher nur unter Einbezug aller

Konfliktparteien entwickelt werden.

Page 18: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

18

Regionalprofile

Ostasien und Pazifik

Europa und Zentralasien*

Lateinamerika und Karibik

Nahost und Nordafrika

Südasien

Subsahara-Afrika

Eurozone

Welt

Gesamtbevölkerung ( in Mio.) 1.898,9 460,5 556,1 310,7 1.499,4 781,8 316,7 6.538,1

durchschnittliches jährliches Bevölkerungs-wachstum 1990 – 2006 ( in Prozent) 1,1 0,1 1,5 2 1,8 2,6 0,4 1,4

Lebenserwartung ( in Jahren ) 71 69 73 70 64 50 80 68

Bruttoinlandsprodukt ( in Mio. US-Dollar ) 3.616.708 2.499.359 2.964.189 734.423 1.146.716 712.731 10.636.418 48.461.854

Wachstum des Bruttoinlandsproduktes pro Kopf 2005 – 2006( in Prozent ) 8,6 6,7 4,2 3,3 7 3 2,2 2,6

Erwachsenen- Alphabetisierungsrate ( in Prozent )Männer 95 99 91 83 70 69 keine Angaben 87Frauen 87 96 89 63 46 50 keine Angaben 77

Stadtbevölkerung ( in Prozent zur Gesamtbevölkerung ) 42 64 78 57 29 36 73 49

durchschnittlicher jährlicher Zuwachs ( in Prozent ) 3,5 0,2 2,1 2,6 2,7 4,1 0,6 2,2

Ackerland der gesamten Landfläche ( in Prozent ) 2,9 0,4 1 0,9 2,6 0,9 4,4 1,1

bestellbares Land 13,5 11,1 7,2 5,9 41,9 8 25,4 11

Nationale Schutzgebiete ( in Prozent der Gesamtfläche ) 12,1 7 19,7 3,4 6 11,3 11,5 11,6

*Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Georgien, Ungarn, Kasachstan, Kirgistan, Lettland, Litauen, Mazedonien,ehemalige Jugoslawische Republik, Moldau, Montenegro, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Tadschikistan, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan

Quelle: Weltbank

Page 19: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

19

Barfüßige Werftarbeiter in Dhaka: In Bangladesch gibt es kaum Arbeitsschutzbestimmungen.

Auch Demokratie und wirksame Armutsbekämp-

fung stehen in unmittelbarem Zusammenhang.

Demokratie erlaubt eine selbstbestimmte Entwick-

lung der Menschen und fördert somit auch wirt-

schaftliches Wachstum. Die jeweilige Form der De-

mokratie müssen sich die Menschen selbst wäh-

len, sie kann nicht von außen »verordnet« werden.

In jedem Fall müssen jedoch der Schutz der Men-

schenrechte gesichert, Korruption bekämpft und

gute Regierungsführung verwirklicht werden, da-

mit eine Demokratie funktionieren kann. Die deut-

sche Entwicklungspolitik richtet ihre Arbeit und

Ziele bereichsübergreifend und systematisch an

menschenrechtlichen Standards aus.

Globalisierung gerecht gestalten:

Mit zunehmender Globalisierung wird die Welt

vielschichtiger. Dadurch bietet sie mehr Chancen

und birgt mehr Risiken. Handel und Investitionen

können allen zugutekommen, wenn die Rahmen-

bedingungen stimmen. Deutschland beteiligt sich

innerhalb der Gemeinschaft der Staaten der Welt

aktiv an der Erarbeitung internationaler Regeln,

damit die Bedingungen zur gerechten Gestaltung

der Globalisierung geschaffen werden. Dazu ge-

hört die weltweite Durchsetzung sozialer und

ökologischer Standards, die Abschaffung von un-

gerechtfertigten Handelsbeschränkungen sowie

der Schutz von Volkswirtschaften und lokalen

Märkten, die noch nicht stark genug für den

Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt sind.

Nur innerhalb der neuen globalen Partnerschaft

können wir die Globalisierung gerecht gestalten.

Ziel deutscher Politik ist der sinnvolle Ausbau

multilateraler Organisationen wie der Vereinten

Nationen. Auch die EU als weltweit größter Geber

in der Entwicklungszusammenarbeit muss ent-

sprechend ihrer wachsenden Bedeutung mehr

Verantwortung übernehmen.

Page 20: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

20

Die Herausforderungen der Zukunft

Mit diesen Vorgaben für die heutige Entwick-

lungspolitik sind wir auf gutem Weg, bis zum Jahr

2015 eine gerechtere Welt zu schaffen. Entwick-

lungspolitik als Teil einer globalen Strukturpolitik

muss jedoch größere Zeiträume im Blick haben,

also über 2015 hinaus denken. Soweit wir die Ver-

änderungen voraussehen können, werden sich

uns große Herausforderungen stellen:

Die Weltwirtschaft wird zunächst weiter wach-

sen, neue Wirtschaftszentren wie China sind

schon entstanden. Zwar entsteht weltweit mehr

Wohlstand, doch besteht die Gefahr, dass sich der

Trend zu größeren sozialen Unterschieden fort-

setzt. Mit technischem Fortschritt bei gleichzeitig

starkem Wachstum der Bevölkerung könnte die

Arbeitslosigkeit trotz hohen Wirtschaftswachs-

tums weltweit steigen. In den nächsten Jahren

und Jahrzehnten bedarf es daher großer entwick-

lungspolitischer Anstrengungen, damit bei der

fortschreitenden Globalisierung nicht zuneh-

mend Bevölkerungskreise in den einzelnen Län-

dern und ganze Regionen abgehängt werden.

Das gleiche gilt für den rasanten technischen

Fortschritt und für Bildung. Diese Güter werden

für immer mehr Menschen zugänglich und damit

auch zunehmend unentbehrlich sein. Denn wer

Entwicklungen – etwa bei den neuen Informa-

tionstechnologien – verpasst, wird es künftig im-

mer schwerer haben, auf dem Weltmarkt Produkte

und Dienstleistungen anzubieten. Umso wichtiger

wird es, dass die Entwicklungspolitik die Chancen

armer Länder stärkt, an diesen Gütern teilzuha-

ben.

Mit weltweit wachsender Bevölkerung und stei-

gendem Wohlstand nimmt die Nachfrage nach

Rohstoffen zu. Ob Kupfer, Erdöl oder Weizen: Der

Bedarf wird weiter steigen und damit auch die

Preise. Das trifft vor allem die ärmeren Teile der

Bevölkerung. Eine künftig zu erwartende Roh-

stoffknappheit könnte zudem das wirtschaftliche

Wachstum weltweit bremsen und somit Entwick-

lungschancen verringern. Die durch den Klima-

wandel immer häufiger auftretenden Dürren und

Überschwemmungen führen zu Missernten und

verknappen Agrarprodukte zusätzlich. Schließ-

lich kann nicht ausgeschlossen werden, dass

Page 21: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

21

spekulative Transaktionen an den Warentermin-

börsen die Preisausschläge bei Agrarprodukten

verstärken. Diesen vielfältigen Ursachen muss die

Entwicklungspolitik mit einer umfassenden Stra-

tegie begegnen. Die Effizienz der Rohstoffnut-

zung muss erhöht, die Lebensmittelproduktion

gefördert und Anbaumethoden in Entwicklungs-

ländern müssen verbessert werden.

Die Gesundheitsversorgung wird weltweit besser

werden. Auch deshalb steigt die Lebenserwartung

in vielen Regionen der Welt. Bis etwa 2050 wird

mit einem weiteren Wachstum der Weltbevölke-

rung gerechnet, die dann bei etwa 9 bis 10 Milliar-

den Menschen liegen wird. Folglich muss die

Entwicklungspolitik bei der Beratung von Regie-

rungen in Entwicklungsländern zu sozialen Siche-

rungssystemen und Familienpolitik auch demo-

graphische Fragen wie eine mögliche Überalte-

rung der Gesellschaft mitdenken und Fragen der

Migrationspolitik diskutieren.

Etwa 95 % des kommenden Bevölkerungswachs-

tums wird in den urbanen Zentren der Entwick-

lungsländer stattfinden. Schon jetzt lebt die

Hälfte der Menschheit in Städten, und es werden

Page 22: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

22

Luftaufnahme von Kiberia: Der Slum bei Nairobi zählt eine Million Einwohner. Rund 15 % der Weltbevölkerung wohnen in Slums.

180.000 Menschen mehr. Dieses Wachstum stellt

nicht nur eine große Herausforderung für klassi-

sche Entwicklungsaufgaben wie Trinkwasser-

versorgung, Abfallwirtschaft und öffentlichen

Transport dar. Auch innovative Konzepte der

Stadtplanung müssen entwickelt werden, damit

menschenwürdige Lebensbedingungen in den

wachsenden städtischen Räumen erreichbar sind.

Zwischenstaatliche Krisen und Konflikte könnten

weiter abnehmen, wenn wir es schaffen, die glo-

bale Partnerschaft auszubauen und darin alle

einzubinden. Die Entwicklungspolitik muss maß-

geblich dazu beitragen, die Zusammenarbeit un-

ter den Staaten zu stärken und damit die globale

Partnerschaft auch bei sich verschiebenden

Weltgewichten zu festigen.

Die weltweit zunehmenden Rüstungsausgaben,

sowie regionale Aufrüstungsspiralen gefährden

jedoch Frieden und Entwicklung. Wir treten für

eine Reduzierung der weltweiten Rüstungsaus-

gaben ein, damit mehr Mittel in menschliche Ent-

wicklung investiert werden können.

Besondere Gefahren für die Menschheit können

entstehen, wenn es der internationalen Gemein-

schaft nicht gelingt, die Kontrolle über die Ver-

breitung von Massenvernichtungswaffen auf

friedliche Weise zurückzugewinnen. Die deut-

sche Entwicklungszusammenarbeit fördert nicht

zuletzt deshalb mit neuen und Erneuerbaren

Energien Alternativen zur Nutzung der Atomkraft

bei der Stromgewinnung.

Innerstaatliche Konflikte können zunehmen,

wenn soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit

und politische Unterdrückung nicht schrittweise

überwunden werden.

Page 23: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

23

E i n B l i c k z u r ü c k n a c h v o r n

Die Entwicklungspolitik wird ihre Anstrengungen

zur Demokratie- und Friedensförderung wie auch

sozialpolitische Maßnahmen in fragilen Staaten

verstärken. Dies gilt insbesondere auch für Regio-

nen, wo Terroristen die Unzufriedenheit in der

Bevölkerung für ihre Zwecke missbrauchen kön-

nen. Die Auseinandersetzung mit dem Terroris-

mus kann nur dann erfolgreich sein, wenn damit

demokratische und menschenrechtliche Prinzi-

pien geachtet werden.

Der Klimawandel hat bereits begonnen, und er

wird fortschreiten. Damit sind Wirtschaftswachs-

tum und Frieden gefährdet. Die Folgen sind heute

noch nicht genau abzuschätzen. Es ist jedoch

nicht auszuschließen, dass der Meeresspiegel so

weit ansteigen wird, dass gerade die dynamischen

Millionenstädte an den Küsten der Entwicklungs-

länder als Lebens- und Wirtschaftsräume bedroht

sind.

Durch ungebremsten Klimawandel werden

Umweltkrisen und Landnutzungskonflikte ver-

schärft; Überschwemmungen, Wirbelstürme und

Dürren werden zunehmen und vor allem die

Menschen in den Entwicklungsländern in zusätz-

liches Elend stürzen. Darum wird die Verbindung

von Klimaschutzmaßnahmen und Entwicklungs-

politik in Zukunft ganz erheblich ausgebaut

werden müssen.

Infolge des Klimawandels wird auch die Migra-

tion zunehmen. Die Entwicklungspolitik muss

darauf hinwirken, dass zukünftige politische Ent-

scheidungen die Menschen nicht im Stich lassen,

die vor Klimakatastrophen fliehen.

Die Belastbarkeit der Ökosysteme ist bereits jetzt

überschritten. Wasser wird für rund ein Drittel

der Menschheit knapp werden. Es wird in vielen

Regionen nicht mehr ausreichen, um im heutigen

Stile Landwirtschaft zu betreiben. Wächst die

Bevölkerung wie angenommen, müsste sich zu-

gleich die globale Nahrungsmittelproduktion in

den nächsten 25 Jahren insgesamt verdoppeln –

in besonders betroffenen Regionen wie Sub-

sahara-Afrika und in Teilen Asiens also verdrei-

oder vierfachen. Durch den Klimawandel werden

jedoch voraussichtlich gerade in Afrika Anbau-

flächen knapper und die Artenvielfalt wird abneh-

men. Die Entwicklungspolitik wird deshalb ihre

Anstrengungen im Wasser- und Landwirtschafts-

sektor steigern müssen.

Wir müssen uns schon heute mit diesen Zukunfts-

szenarien beschäftigen und in all diesen Bereichen

anfangen, Lösungen zu entwickeln, die weit über

unseren Fahrplan zur Erreichung der Millenniums-

entwicklungsziele hinausgehen.

In Südostasien haben Frauen im Schnitt 2,5 Kinder. In den 1950ern waren es noch sechs.

Page 24: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

24

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit

Bilaterale Ebene

Grundlage der bilateralen staatlichen Entwicklungs-

zusammenarbeit sind Vereinbarungen zwischen

den Regierungen der Partnerländer und der

Bundesregierung. Mit der Umsetzung der verein-

barten Vorhaben beauftragen das Bundesministe-

rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-

wicklung und in speziellen Fällen auch andere

Bundesministerien, wie z.B. das Auswärtige Amt, die

bundeseigenen Durchführungsorganisationen.

Zudem führen diese Organisationen auch zahlrei-

che multilaterale Vorhaben durch.

Verantwortlich für die Finanzielle Zusammenarbeit

sind die KfW Entwicklungsbank (KfW) und die

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesell-

schaft (DEG), eine 100-prozentige Tochter der KfW

Bankengruppe.

Die Deutsche Gesellschaft für Technische

Zusammenarbeit (GTZ) ist für die Technische Zu-

sammenarbeit mit den Partnerländern zuständig.

Der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) hat

sich auf die Vorbereitung und Entsendung von

Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern

spezialisiert.

Für Personalentwicklung und Weiterbildung ist die

Internationale Weiterbildung und Entwicklung

gemeinnützige GmbH (InWEnt) zuständig.

Das Centrum für internationale Migration und

Entwicklung (CIM) stellt internationale Fachkräfte

für die Partnerländer bereit.

In Einzelfällen werden Leistungen auch direkt von

den Dienststellen der Bundesregierung erbracht,

zum Beispiel von der Bundesanstalt für Geowissen-

schaften und Rohstoffe (BGR) oder der Physikalisch-

Technischen Bundesanstalt (PTB).

Die Durchführungsorganisationen stimmen ihre

Arbeit intensiv miteinander ab. In Zukunft soll ihre

Arbeit noch stärker verzahnt werden.

Auch die Entwicklungszusammenarbeit nichtstaat-

licher Organisationen wird vom Staat finanziell

unterstützt (siehe Kapitel »Gemeinsam für die Eine

Welt«).

Die Bundesländer und Kommunen verfolgen eben-

falls entwicklungspolitische Ziele und finanzieren

eigene Vorhaben, die sie mit dem BMZ koordinie-

ren. Durch ihre Unterstützung von Studierenden

aus Entwicklungsländern leisten sie einen wichtigen

Beitrag zur offiziellen Entwicklungsfinanzierung

(Official Development Assistance = ODA).

Multilaterale Ebene

VN

Bilaterale EbeneOECD EU

BMZund andere

Bundes-Bundesministerienländer,

KommunenDurchführungsorganisationen

GTZ, KfW, InWEnt, DED, CIMWeltbank IWFPolitische

Stiftungen

Wirtschaft Kirchen

Nichtregierungs-organisationen Regionale

Entwicklungs-banken

InternationaleStiftungen

Regierungen, Staaten, sonstige Nichtregierungs-Stimmrechte von Regierungen organisationen

Staatsbeteiligungen Wirtschaft, private Stiftungen

Stiftungen der Parteien und kirchliche Organisationen

Page 25: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

25

E i n B l i c k z u r ü c k n a c h v o r n

Multilaterale Ebene

Multilaterale Entwicklungsorganisationen verwirk-

lichen in den Partnerländern groß angelegte Pro-

gramme und koordinieren häufig die Leistungen

verschiedener Geber. Sie finanzieren sich durch ihre

Mitgliedsländer. Diese zahlen entweder freiwillige

Beiträge oder Pflichtbeiträge, sie hinterlegen

Schuldscheine, die im Bedarfsfall eingelöst werden

können, oder beteiligen sich am Kapital der Organi-

sationen. Durch die Mitgliedschaft in den interna-

tionalen Organisationen hat Deutschland die Mög-

lichkeit, seine Positionen und Erfahrungen in die

Weltgemeinschaft einzubringen. Ein Fünftel der

Gelder aus dem BMZ-Haushalt erreicht die Partner-

länder über internationale, ein weiteres Siebtel

über europäische Organisationen.

EU: Die Politik der Gemeinschaft in diesem Bereich

ergänzt die jeweilige Politik der einzelnen Mit-

gliedsstaaten. 2005 hat die Gemeinschaft über den

EU-Haushalt 5,48 Milliarden Euro und über den

Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) 2,64 Milliar-

den Euro zur Verfügung gestellt.

VN: Zu den Vereinten Nationen gehören mehrere

Entwicklungsorganisationen: Die Fonds und Pro-

gramme, insbesondere das Entwicklungsprogramm

(UNDP), das Welternährungsprogramm (WFP), der

Bevölkerungsfonds (UNFPA), das Kinderhilfswerk

(UNICEF), das Umweltprogramm (UNEP), das Pro-

gramm zu HIV/AIDS (UNAIDS), der Entwicklungs-

fonds für Frauen (UNIFEM) und das Freiwilligen-

programm (UNV). Die Sonderorganisationen – unter

anderem die Ernährungs- und Landwirtschafts-

organisation (FAO), die Internationale Arbeitsorga-

nisation (ILO), die Organisation für Erziehung,

Wissenschaft und Kultur (UNESCO), die Weltgesund-

heitsorganisation (WHO) und die Organisation für

Industrielle Entwicklung (UNIDO) – haben in erster

Linie die Aufgabe, internationale Standards und

Normen zu bilden. Nur in geringerem Umfang füh-

ren sie Entwicklungsvorhaben durch.

OECD: In der Organisation für Wirtschaftliche Zu-

sammenarbeit und Entwicklung sind die 30 wichtig-

sten Industrieländer zusammengeschlossen. Der

Ausschuss für Entwicklung (Development Assistance

Committee, DAC) der OECD erarbeitet Qualitäts-

standards, Grundsätze und Leitlinien für die Ent-

wicklungszusammenarbeit. Zudem lässt er in den

DAC-Länderprüfungen durch Experten Qualität und

Quantität der Entwicklungszusammenarbeit seiner

Mitglieder prüfen.

Banken: Internationale Finanzierungsinstitute mo-

bilisieren privates Kapital für Entwicklungszwecke,

gründen Fonds und vergeben Darlehen zu günsti-

gen Konditionen. Dazu gehören die Weltbank, der

Internationale Währungsfonds (IWF) und die regio-

nalen Entwicklungsbanken. Regionale Entwick-

lungsbanken sind die Afrikanische Entwicklungs-

bank (AFDB), die Asiatische Entwicklungsbank

(AsDB), die Karibische Entwicklungsbank (CDB), die

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwick-

lung (EBRD) und die Interamerikanische Entwick-

lungsbank (IDB).

Neben den staatlich finanzierten gibt es auch pri-

vate internationale Entwicklungsorganisationen

in Form von Stiftungen. Dazu zählen GAVI (Global

Alliance for Vaccines and Immunization) und der

GFATM (Global Funds to fight AIDS, Tuberculosis and

Malaria). Diese Public-Private-Partnership-Initiativen

werden getragen von der Wirtschaft, Nichtregie-

rungsorganisationen und Regierungen.

Page 26: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

26

Afrika, Lateinamerika, Asien: Drei Regionen, drei Konzepte

Die deutsche Entwicklungspolitik hat maßge-

schneiderte Länderkonzepte für die Zusammen-

arbeit mit ihren verschiedenen Partnerländern.

Den signifikanten Unterschieden zwischen den

Weltregionen und den Gemeinsamkeiten inner-

halb der verschiedenen Kontinente wird durch

Regionalstrategien für Afrika südlich der Sahara,

für Asien und für Lateinamerika Rechnung

getragen.

Afrika

Die Bündelung von Entwicklungsproblemen und

-herausforderungen in Subsahara-Afrika ist

außerordentlich. Deshalb konzentriert sich die

internationale Entwicklungszusammenarbeit zu-

nehmend auf diesen Kontinent. Das gilt auch für

die deutsche Entwicklungspolitik. Ziel der ent-

wicklungspolitischen Zusammenarbeit Deutsch-

lands mit Afrika ist die nachhaltige Verbesserung

der Lebenssituation der Menschen im Einklang

mit den Millenniumsentwicklungszielen, insbe-

sondere die Halbierung der absoluten Armut bis

2015. Die Erreichung dieses Ziels erfordert subs-

tanzielle Eigenanstrengungen der afrikanischen

Staaten, ergänzt um eine koordinierte Unterstüt-

zung durch die internationale Gebergemein-

schaft. Darum setzt Deutschland hier besonders

auf die jeweiligen nationalen Armutsminde-

rungsstrategien (PRSPs – siehe Seite 34 ff ). Dabei

kooperieren wir verstärkt mit der EU und den

multilateralen Institutionen und gehen

arbeitsteilig vor. Eine wichtige Rolle spielt die

Zusammenarbeit mit dem Globalen Fonds zur

Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und Tuber-

kulose (siehe Seite 66 ff).

Die bilaterale Zusammenarbeit mit den Partner-

ländern konzentriert sich auf Bereiche, in denen

die deutsche Entwicklungspolitik langjährige

Erfahrungen und komparative Vorteile hat: auf

gute Regierungsführung, den Wassersektor und

die Förderung der Privatwirtschaft. Energiever-

sorgung, Erneuerbare Energien und Energie-

effizienz gewinnen auch im Zuge des Klimawan-

dels an Bedeutung für unsere Zusammenarbeit

mit Afrika. Im Einklang mit dem Leitthema des

G8-Gipfels in Heiligendamm (Wachstum und Ver-

antwortung) setzt die Bundesregierung auf posi-

tive Entwicklungen in Afrika und die großen wirt-

schaftlichen Chancen, die unser Nachbarkonti-

nent sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts erarbei-

tet hat.

Die Bundesregierung fördert gezielt die afrikani-

schen Regionalorganisationen, insbesondere die

neue Afrikanische Union. Eine wichtige Rolle für

die neue politische Dynamik in Subsahara-Afrika

spielt die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwick-

lung (NEPAD), eine Initiative afrikanischer Staats-

chefs aus dem Jahr 2001, die mittlerweile von der

Afrikanischen Union getragen wird. NEPAD be-

nennt die zentralen Schwerpunkte für einen

selbstbestimmten Entwicklungsweg des Konti-

nents.

Mit der Neugründung der Afrikanischen Union

(AU) im Juli 2002 wurden die Aufgaben von

NEPAD weiter konkretisiert. Die afrikanischen

Staaten erkennen in der AU-Gründungsakte ihre

Eigenverantwortung für Demokratie, Menschen-

rechte und umfassende gute Regierungsführung

an und nehmen Abschied vom bisherigen strikten

Prinzip der Nichteinmischung.

Page 27: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

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E i n B l i c k z u r ü c k n a c h v o r n

Afrikas neue politische Dynamik: In der Zentralafrikanischen Republik fordern Frauen am Internationalen Frauentag eine aktivere Rolle ein.

Lateinamerika

Aufgrund der vielfältigen historischen, wirt-

schaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtun-

gen und den weitgehend deckungsgleichen

Vorstellungen von Demokratie und Menschen-

rechten sind die Europäer natürliche Verbündete

der modernen Staaten Lateinamerikas. Für

Deutschland sind Lateinamerika und die Karibik

strategische Partner bei der Mitgestaltung der

globalen Rahmenbedingungen, beim Klima-

schutz und beim Erhalt der Artenvielfalt, im inter-

nationalen Handel und in der Sicherheitspolitik.

Wichtigste multilaterale Partner für politischen

Dialog und Programm-Durchführung sind die

Wirtschaftskommission für Lateinamerika und

die Karibik (CEPAL) und die Interamerikanische

Entwicklungsbank (IDB).

Deutschland konzentriert seine Entwicklungs-

zusammenarbeit darauf, die Regierungen in ihrem

Bestreben nach Verbesserung der Regierungsfüh-

rung, Konsolidierung der Demokratie, Überwin-

dung der enormen sozialen Ungleichheit und

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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regionaler, wirtschaftlicher und politischer Inte-

gration zu unterstützen. Weitere Schwerpunkte

unseres Engagements sind der Umwelt- und Kli-

maschutz sowie der Wassersektor. Besonders eng

arbeiten wir mit lateinamerikanischen Ländern

im Tropenwaldschutz und bei der Förderung von

Erneuerbarer Energie und Energieeffizienz.

Durch eine verstärkte länderübergreifende Zu-

sammenarbeit schafft die Bundesregierung Spiel-

räume für regional zunehmend wichtige Themen

wie die Bekämpfung von HIV/AIDS, Gender,

Rechte der Indigenen oder Jugend und Gewalt in

Zentralamerika. Aufgrund des sehr unterschied-

lichen Entwicklungsstands der jeweiligen Part-

nerländer ist es erforderlich, besonders flexibel

auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Beson-

dere Bedeutung hat die Kooperation mit Brasilien

und Mexiko (siehe Seite 190 ff), die eine große Aus-

strahlungswirkung auf die Region haben.

Zusätzliche Mittel für Entwicklung werden durch

Kredite mit höherem Marktanteil und die Zu-

sammenarbeit mit der Privatwirtschaft (Public

Private Partnership) generiert.

Soziale Ungleichheit in Lateinamerika: Die indigene Bevölkerung im mexikanischenChiapas verdient nur ein Drittel des Einkommens der nicht-indigenen.

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Mönche in Nepal: Das Land am Himalaya ist eines der 14 Partnerländerder deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Asien.

Asien

Auch die Zusammenarbeit mit den Ländern

Asiens ist ein wichtiges strategisches Element für

die von der Bundesregierung angestrebte globale

Partnerschaft. Die Klimadebatte hat sehr deutlich

gemacht, dass globale Probleme ohne Einbezie-

hung der großen asiatischen Länder wie Indien

und China nicht lösbar sind. Auf dem G8-Gipfel

2007 wurde der Dialog der großen Industrielän-

der mit den wichtigsten Schwellenländern durch

den sogenannten Heiligendammprozess forma-

lisiert und thematisch fokussiert. Eines der Leit-

themen hierbei ist die entwicklungspolitische

Zusammenarbeit. Trotz beeindruckender wirt-

schaftlicher Erfolge leben noch zwei Drittel aller

absolut armen Menschen in Asien. Das Erreichen

der Millenniumsentwicklungsziele hängt daher

wesentlich von der Entwicklung in Asien ab.

Bei aller Heterogenität der asiatischen Staaten hat

die Bundesregierung im Laufe der letzten Jahre

im Dialog mit den einzelnen Partnerländern drei

für die Zusammenarbeit mit dem gesamten Kon-

tinent gleichermaßen wichtige Zielbereiche iden-

tifiziert: sozial ausgewogene Wirtschaftsentwick-

lung, ökologisch tragfähige Entwicklung sowie

den Gesamtbereich Demokratie, gute Regie-

rungsführung und Konflikttransformation.

Entsprechend dem Bedarf des Partnerlandes, den

besonderen Stärken der deutschen Zusammen-

arbeit und einer Arbeitsteilung mit anderen Ge-

bern konzentriert sich das deutsche Engagement

in diesem Rahmen auf wenige Schwerpunkte; in

vielen Ländern sind dies Umweltschutz, Gesund-

heit, Energieeffizienz oder Wirtschaftsförderung.

Gerade in Asien ist das Potenzial für Entwick-

lungspartnerschaften mit der Wirtschaft sehr

groß. Ähnlich wie in Afrika und Lateinamerika ist

auch in Asien die Förderung der regionalen

Zusammenarbeit ein wichtiges Anliegen.

Eine besondere Herausforderung stellt die Zusam-

menarbeit mit Afghanistan dar. Die Bundesregie-

rung engagiert sich hier seit dem Jahr 2002 aktiv

beim zivilen Wiederaufbau Afghanistans. Diesem

Land, nach zwanzig Jahren Krieg und Bürger-

krieg, beim Aufbau eines freien, demokratischen

Staatswesens zur Seite zu stehen, erfordert eine

auf strategisch wichtige Bereiche angelegte,

nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit.

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30

Armut bekämpfen

Page 31: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Jeder Mensch hat ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben.

Um Armut nachhaltig zu verringern, müssen politische,

wirtschaftliche und soziale Strukturen verändert werden.

Die Betroffenen müssen ihre eigenen Lösungen finden –

wir unterstützen sie dabei.

31

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32

Luanda: In der Hauptstadt Angolas haben die meisten Haushalte kein fließendes Wasser.

2. Menschen Lebensperspektiven eröffnen

Armut bedeutet nicht nur Hunger. Arm sein heißt

auch, ohne Sicherheit zu leben und keine Aussicht

auf eine bessere Zukunft zu haben. Es heißt,

Krankheiten, Naturkatastrophen oder Gewalt

schutzlos ausgeliefert zu sein, sich gegen staatli-

che Willkür nicht wehren zu können oder von der

Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. Arme Men-

schen haben kaum Chancen, sich ihren Fähigkei-

ten entsprechend weiter zu entwickeln oder ihren

Kindern einen Weg aus der Armut zu weisen.

19 % der Weltbevölkerung leben in extremer

Armut. Als extrem arm gelten diejenigen, die mit

weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen

müssen, genauer gesagt: mit dem, was man im Jahr

1985 für einen Dollar in den USA kaufen konnte.

Die Vereinten Nationen haben sich in der Millen-

niumserklärung zum Ziel gesetzt, weltweit den

Anteil der Menschen, die im Jahr 1990 in extremer

Armut lebten, bis 2015 zu halbieren. Deutschland

bekennt sich zu diesem Ziel.

Die deutsche Entwicklungspolitik berücksichtigt

dabei die Einsicht, dass Menschen eine echte

Chance erhalten müssen, sich selbst aus der Ar-

mut zu befreien. Dafür müssen sich Strukturen in

Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ändern.

Page 33: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Um das zu unterstützen, verfolgen Deutschland

und viele andere Geber eine Politik des »Pro-Poor-

Growth« – des Wachstums für die Armen. Armut

lässt sich ohne Wirtschaftswachstum nicht nach-

haltig verringern, Wirtschaftswachstum kommt

aber nicht von alleine den Armen zugute.

Wirtschaftswachstum muss daher so gelenkt

werden, dass es breitenwirksam wird, dass es armen

Frauen, Männern und Jugendlichen zugutekommt

und sie selber dazu beitragen können.

Umweltschutz muss von Anfang an Teil dieser

Politik sein. Wirtschaftpolitik, die zu Lasten der

Natur geht, zerstört die Lebensgrundlagen der

Menschen und verschlechtert somit die Aussichten

späterer Generationen.

Eine solche Politik können nur die Akteure vor Ort

einleiten. Die deutsche Entwicklungszusammen-

arbeit baut auf der Eigenverantwortlichkeit der

Partnerländer auf und knüpft an deren Strategien

und Programme zur Armutsbekämpfung an. Sie

fördert die Beteiligung von Zivilgesellschaft und

Parlamenten an der Gestaltung dieser Strategien.

Nur wenn Regierung, Parlament und Zivilgesell-

schaft die Verantwortung für den Wandel über-

nehmen und ihn steuern, ist Armutsbekämpfung

nachhaltig.

Entwicklungspolitik kann und will den Menschen

nicht die Verantwortung für ihr eigenes Staats-

wesen abnehmen.

Doch nicht nur die Strukturen vor Ort, auch unge-

rechtfertigte Handelshemmnisse können Ursache

für Armut sein. Die Industrieländer tragen hier

eine große Verantwortung, ihre eigene Politik so

zu gestalten, dass alle am Reichtum der Welt teil-

haben können. Deutschland setzt sich dafür ein,

dass bei der Ausgestaltung internationaler Han-

delsvereinbarungen die berechtigten Interessen

der Entwicklungsländer berücksichtigt werden.

Frauen in Burkina Faso unterstützensich bei der Kreditaufnahme.

Page 34: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

34

Armutsminderungsstrategien (PRSP): Ein Politikwechsel zeigt Wirkung

Bis in die 1990er-Jahre ermunterten viele Geber

die Entwicklungsländer zu Reformen, die allein

auf gesamtwirtschaftliche Stabilität ausgerichtet

waren. Strategien zur Armutsbekämpfung waren

nicht Teil der Reformen. Im Gegenteil: Insbeson-

dere dem Internationalen Währungsfonds (IWF)

galt Währungsstabilität als wichtiges Ziel, Staats-

ausgaben sollten daher begrenzt werden. Voraus-

setzung für die Vergabe von Krediten war häufig,

dass Regierungen ihr Haushaltsdefizit reduzierten,

was oftmals zu Lasten von Sozialprogrammen und

Subventionen von Grundnahrungsmitteln ging.

Unberührbare in Südindien

Ende der 90er-Jahre hatte sich die Erkenntnis

durchgesetzt, dass diese Herangehensweise zwar

einigen Entwicklungsländern genützt, für andere

aber verheerende Folgen hatte. IWF und Welt-

bank haben sich vom sogenannten Washingtoner

Konsens offiziell verabschiedet. Die internationale

Entwicklungspolitik vollzog einen Richtungs-

wechsel.

Ein Ergebnis ist die Unterstützung von länder-

eigenen Armutsminderungsstrategien (Poverty

Reduction Strategy Papers: PRSP): Jedes Land soll

seinen eigenen Weg zur Verringerung der Armut

entwickeln. Ob es dafür zunächst sein Schulsystem

verbessern muss oder eine Gesundheitssicherung

aufbaut, sollen die Akteure vor Ort entscheiden.

Zum Durchbruch verhalf diesem neuen Ansatz

die Entschuldungsinitiative für hochverschuldete

arme Länder (HIPC), die die Weltbank 1998 ins

Leben rief und die ein Jahr später von den G7 in

Köln vereinbart wurde.

Das Verfahren legte fest, dass die grundsätzlich

dafür in Frage kommenden Länder nur dann eine

umfassende Entschuldung erhalten, wenn sie zu-

vor eine Strategie zur Verringerung der Armut

entworfen haben und diese auch tatsächlich

umsetzen (siehe auch Seite 197 ff).

Page 35: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

35

Anstehen für einen Sack Mais, Hauptnahrungsmittel in Malawi

Die Strategien zur Armutsminderung sollen um-

weltverträglich sein und das Ziel der Gleichbe-

rechtigung von Frauen berücksichtigen. Weitere

Voraussetzung für die Anerkennung der Strate-

gien ist, dass Regierung, Parlament und Zivilge-

sellschaft sie gemeinsam erarbeitet haben. Diese

Bedingung beruht auf der Erfahrung, dass solche

Strategien umso eher erfolgreich umgesetzt

werden, je mehr Gruppen und Bürger sie tragen

und sich mit ihnen identifizieren. Zudem können

die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen

dadurch ihr Wissen und ihre Sichtweise in den

Prozess einbringen.

Page 36: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

36

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Auf dem G7-Gipfel in Köln 1999 beschlos-

sen die Staats- und Regierungschefs, den

Schuldenerlass für Entwicklungsländer an

deren eigene Anstrengungen zu koppeln.

Entschuldet werden sollen diejenigen

Niedrigeinkommensländer, die eine trag-

fähige Armutsminderungsstrategie (PRSP)

entwickelt haben und auch umsetzen.

Der Beitrag der Geber

Diese Strategien sind die wichtigste Grundlage

für die Ausrichtung der Politik auf die Millenni-

umsentwicklungsziele. Deutschland und andere

Geber unterstützen deshalb ihre Erstellung und

Umsetzung und die Rechenschaftslegung darü-

ber unter breiter Beteiligung von Zivilgesellschaft

und Parlamenten der Partnerländer.

Das Erstellen der Armutsstrategien ist immer

auch ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess

und beinhaltet die Umverteilung von Macht und

Ressourcen. Manchmal tun sich regierende Eliten

schwer, Macht abzugeben und verschiedene ge-

sellschaftliche Kräfte einzubeziehen. An der glei-

chen Haltung scheitert auch häufig die Analyse

struktureller Armutsursachen. Die Führungs-

eliten der Länder befürchten, dass dabei Miss-

stände zutage treten, für die sie zur Verantwor-

tung gezogen werden könnten.

Viele Länder brauchen Unterstützung dabei, ihre

Strategien landesweit umzusetzen. So fehlen in

abgelegenen Gebieten häufig Verwaltungsstruk-

turen und -verfahren, über die der Staat die Bevöl-

kerung erreichen könnte. Beim Aufbau solcher

Strukturen und Verfahren berät die deutsche Ent-

wicklungszusammenarbeit.

Ein weiteres Problem liegt in der Unbeständigkeit

der Unterstützung, wenn Zusagen nur für einen

begrenzten Zeitraum gemacht werden. Armuts-

bekämpfungsprogramme sollten aber langfristig

angelegt sein, darum müssen die Geberleistun-

gen planbar sein.

Haben Länder eine gute Strategie und setzen sie

diese auch um, dann richten die Geber ihre ge-

samte Unterstützung an den gesetzten Schwer-

punkten aus, bis hin zur direkten Finanzierung

von Teilen des Landeshaushalts. Deutschland

unterstützt solche Budgetfinanzierungen bei-

spielsweise in Äthiopien, Burkina Faso, Ghana,

Malawi, Mosambik, Uganda, Sambia, Tansania,

Honduras und Vietnam. Die Weltbank hat die Ar-

mutsminderungsstrategien all dieser deutschen

Partnerländer bewertet und für gut befunden.

Die Erfolge und Misserfolge des Prozesses bestäti-

gen die Grunderkenntnis, dass Menschen die Ent-

wicklung ihrer Gesellschaft selbst in die Hand

nehmen müssen. Erfolge gibt es genau dort, wo

schon vorher der politische Wille bestand, Armut

nachhaltig zu bekämpfen. In solchen Ländern

setzt der PRSP-Prozess oft enorme Potenziale frei.

Ziel der Bundesregierung ist,… die Halbierung des Anteils der

Menschen, die mit einem US-Dollarund weniger am Tag auskommenmüssen, bis 2015. (MDG 1)

Page 37: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

37

| |

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Die Redakteurin Zaitana Nabatedegga erreichtsechs Millionen Zuhörer in Uganda mit einem

Jugendprogramm zur Sexualaufklärung.

Uganda: Armut nahezu halbiert

Uganda ist eines der

eindrucksvollsten

Beispiele dafür, dass

Armutsminderungs-

strategien uns den

Millenniumsentwick-

lungszielen näher

bringen. Nach acht

Jahren Schreckensherr-

schaft unter Idi Amin und jahrelangen gewalt-

tätigen Konflikten war Ugandas Infrastruktur

1989 weitestgehend zerstört, qualifizierte Fach-

kräfte waren geflohen, das Nationaleinkommen

lag bei 60 % des Niveaus von 1970. Nach dem

Wiederaufbau der befriedeten Teile des Landes

wandte sich die Regierung 1997 verstärkt der

Armutsbekämpfung zu. 36 % statt bisher 17 % des

Haushalts brachte sie dafür auf. Mit Erfolg: Der

Anteil der ugandischen Bevölkerung, der als abso-

lut arm gilt, konnte in den vergangenen 15 Jahren

nahezu halbiert werden. Er fiel von 56 % Anfang

der 90er-Jahre auf 31 % im Jahr 2006. 1999 kamen

auf 1.000 Einwohner sechs mit einem Telefon,

heute sind es 56. Während 1992 noch 18% der Be-

völkerung mit HIV infiziert waren, sind es heute

6,2 %. Fast 60% der Menschen hatten 2006 Zugang

zu Trinkwasser, vor 20 Jahren waren es nur 10 %.

Dennoch gehört Uganda weiterhin zu den ärm-

sten Ländern der Welt. Das Pro-Kopf-Einkommen

liegt nach Angaben der Weltbank bei 280 US-Dol-

lar pro Jahr. Insbesondere im Norden des Landes,

wo es nach mehr als 20 Jahren gewalttätiger Kon-

flikte endlich Hoffnung auf dauerhaften Frieden

gibt, bleibt noch viel zu tun.

Die Bundesregierung wird das Land im Zeitraum

2007 – 2009 mit insgesamt 56 Millionen Euro bei

der Armutsbekämpfung unterstützen. Das Geld

fließt sowohl in bilaterale Programme, in Gemein-

schaftsprogramme als auch in Budgetfinanzie-

rung. Deutschland engagiert sich im Bereich

Wasser, Finanzsystementwicklung, Erneuerbare

Energien und Energieeffizienz.

Page 38: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

38

Engagiert bleiben! – auch bei fragiler Staatlichkeit

Im Umkehrschluss gilt, dass die Erfolgschancen

von Entwicklungszusammenarbeit gering sind,

solange in den Partnerländern kein Wille zu

nachhaltiger Armutsbekämpfung besteht und

gegen die Prinzipien verantwortlicher Regie-

rungsführung verstoßen wird. Das gilt insbeson-

dere in Situationen fragiler Staatlichkeit und bei

schlechter Regierungsführung.

Diese Staaten sind häufig von gewalttätigen

Konflikten gezeichnet oder befinden sich in der

Nach-Konflikt-Phase. Es fehlt an demokratisch

legitimierten Institutionen. Der Staat erfüllt seine

Kernaufgaben nicht oder nur äußerst unzurei-

chend. Korruption ist weit verbreitet, die Verwal-

tung funktioniert nicht und durch staatliche

Willkür werden insbesondere die Rechte derer

verletzt, die weder Bestechungsgelder zahlen

können noch Privilegien besitzen. Häufig üben

neben dem Staat auch andere Gruppen Gewalt

aus. Doch auch autoritäre Regime, die in der Lage

sind ihr Gewaltmonopol auszuüben, können eine

fragile Staatlichkeit aufweisen, wenn sie durch

Klientelstrukturen ihre eigenen staatlichen

Grundlagen untergraben. Gegenwärtig gelten 50

Länder als fragile Staaten, in denen mehr als 20 %

der Weltbevölkerung leben.

Während sich in den 1990er- Jahren viele Geber

mit finanzieller und politischer Unterstützung in

solchen Situationen zurückgehalten haben, hat

sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass

man sich nicht gänzlich von problematischen

Ländern abwenden kann. Denn das »Ignorieren«

von Krisenländern kann das Risiko eines Abglei-

tens in den Staatszerfall erhöhen. Die Kosten für

die Weltgemeinschaft wären dann letztlich sehr

viel höher als bei fortlaufendem Engagement. Zu-

dem gehören die meisten fragilen Staaten zu den

ärmsten Ländern der Welt. Die Millenniumsent-

wicklungsziele können nicht ohne sie erreicht

werden. Mit dem Aufruf »Stay engaged but diffe-

rently« (Engagiert bleiben, aber anders) hat im

OECD-Kreis ein Richtungswechsel stattgefunden.

In der »Erklärung von Paris über die Wirksamkeit

der Entwicklungszusammenarbeit« haben im

März 2005 alle wichtigen bi- und multilateralen

Geber ihre Entschlossenheit bekräftigt, sich stär-

ker in fragilen Staaten zu engagieren.

Das BMZ hat ein differenziertes Konzept für unter-

schiedliche Ausprägungen fragiler Staatlichkeit

und schlechter Regierungsführung entwickelt. So

besteht beispielsweise in Nachkriegsgesellschaf-

ten eine besondere Herausforderung darin, eine

demokratische und rechtsstaatliche Kultur zu ent-

wickeln, in der Entscheidungen mit friedlichen

statt wie bisher mit militärischen Mitteln ausge-

handelt werden. Ziel ist es, durch Stärkung legiti-

mer und leistungsfähiger Institutionen im staat-

lichen und nichtstaatlichen Sektor zur Stabilisie-

rung von Staaten beizutragen. Bei fragiler Staat-

lichkeit und schlechter Regierungsführung ist ein

koordiniertes Vorgehen der Geberländer be-

sonders wichtig.

Page 39: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Schnelle Hilfe nach Katastrophen

Nicht immer kann die Bundesregierung mit ih-

rem Engagement warten, bis ein Land eine Strate-

gie zur Armutsminderung ausgefeilt hat. Schon

gar nicht, wenn eine Region gerade von einem

Erdbeben zerstört, von einer Dürre oder Epidemie

heimgesucht wird oder Menschen vor Kriegen

fliehen. Deutschland hilft in solchen Fällen

schnell und wirksam. Im Rahmen der Humanitä-

ren Hilfe versorgt das Auswärtige Amt die Not-

leidenden mit dem Nötigsten, bei Bedarf unter-

stützt durch das Bundesinnenministerium mit

dem Technischen Hilfswerk und das Bundes-

verteidigungsministerium. So werden etwa bei

einem Erdbeben Menschen geborgen, Notunter-

künfte errichtet und die Betroffenen medizinisch

sowie mit Nahrung und Trinkwasser versorgt.

Im Jahr 2007 wandte das Auswärtige Amt rund 69

Millionen Euro für 290 Projekte der humanitären

Hilfe, der Katastrophenvorsorge und des Minen-

räumens in 72 Ländern auf. Hinzu kamen freiwil-

lige zweckungebundene Leistungen an die VN-

Hilfswerke UNHCR und UNRWA sowie an das VN-

Büro für Nothilfekoordination (OCHA) von zusam-

men rund sieben Millionen Euro. Schwerpunkte

waren Sudan/Tschad, Somalia, die Demokratische

Republik Kongo, der Nahe Osten, Afghanistan

und Irak.

Die Bundesregierung hat während ihrer EU-Ratspräsidentschaft zusammen mit derKommission die Ausarbeitung des Europäi-schen Konsenses über die Humanitäre Hilfeinitiiert. Der Konsens formuliert erstmals einganzheitliches Konzept auf Basis grundle-gender Prinzipien. Rat, Kommission undEuropäisches Parlament haben ihn im De-zember 2007 unterzeichnet. Die EU und ihreMitgliedsstaaten sind mit rund 50 % weltweitder wichtigste Geber humanitärer Hilfe.

Erdbeben in Kaschmir 2005: Vier Millionen Menschen verloren ihre Häuser.

Page 40: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

40

Abyei im Südsudan: Neben der Region Darfur wird seit 2008 auch hier wiedergekämpft. Insgesamt sind eine halbe Million Sudanesen auf der Flucht.

Nothilfe

Schon während der Phase der Humanitären Hilfe

setzt die Not- und Übergangshilfe ein, die in der

Verantwortung des Bundesministeriums für wirt-

schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

liegt. Sie geht über das Lindern der unmittelbaren

Not hinaus und soll die Grundlage dafür schaffen,

dass die Menschen der Region ihr Leben wieder

selbst meistern können. Innerhalb der sechs Mo-

nate bis drei Jahre laufenden Nothilfeprogramme

werden Straßen und Häuser wieder aufgebaut,

Kleinkredite vergeben, Saatgut verteilt, Nah-

rungsmittel zur Verfügung gestellt oder die be-

rufliche Neuorientierung durch Bildungsange-

bote gefördert. Häufig gehört auch die Beratung

bei Friedensprozessen dazu, denn viele Notsitua-

tionen entstehen durch gewalttätige Konflikte.

Manchmal löst eine Naturkatastrophe solche

Konflikte erst aus. Sogar die nach der Katastrophe

einsetzende Hilfe kann Konflikte schüren, wenn

es etwa zu Verteilungskämpfen zwischen Flücht-

lingsgruppen kommt oder sich die im Aufnahme-

land ansässigen Bewohner benachteiligt fühlen.

Die deutsche Entwicklungspolitik verfolgt hier

einen strengen »Do no harm«-Ansatz: Richte keinen

Schaden an. Wir prüfen jedes Programm darauf, ob

es der jeweiligen Konfliktsituation angemessen ist

und keine ungewollten Nebenwirkungen hat, die

eine Krise sogar verschärfen können.

Dabei werden auch gezielte Maßnahmen der

Katastrophenvorsorge ergriffen: So werden etwa

beim Wiederaufbau nach einem Erdbeben Risiko-

analysen erstellt und Häuser möglichst erdbeben-

sicher gebaut.

Die Bundesregierung sieht Humanitäre Hilfe und

Not- und Übergangshilfe als internationale Ge-

meinschaftsaufgabe und arbeitet darum eng mit

den Vereinten Nationen, insbesondere dem Büro

für die Koordinierung humanitärer Angelegen-

heiten OCHA, dem Hilfswerk für Palästina-Flücht-

linge UNRWA, dem Welternährungsprogramm

und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Ver-

einten Nationen zusammen.

Als Antwort auf die Lebensmittelkrise hat die

Bundesregierung im Frühjahr 2008 ihren Beitrag

zur Nahrungsmittel-Nothilfe des Welternährungs-

programms von regulär jährlich 23 Millionen

Euro verdoppelt.

Die Änderung der internationalen Nah-rungsmittelhilfekonvention wurde vor-bereitet. Damit sollen die Spielregeln füreine effiziente Zusammenarbeit bei derNothilfe neu festgelegt werden.

Page 41: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

41

| |Indonesien: Nachbarn helfen beim Hausbau

Im indonesischen Klieng

Cot Aron, zehn Kilometer

nordöstlich von Banda

Aceh, überlebten 300 der 500 Bewohner den

Tsunami im Dezember 2004. Ein Haus hatte da-

nach keiner mehr. Gemeinsam mit der Nicht-

regierungsorganisation Mamamia aus Aceh

unterstützte die deutsche Regierung die Bewoh-

ner darin, sich neue Häuser zu bauen. Die KfW

Entwicklungsbank finanzierte die Baumateria-

lien, Mamamia verteilte sie. Die GTZ beriet die

Gemeinde bei der Planung, und Mamamia er-

klärte die Technik des Zementblockbaus. Die

Häuser sind praktisch: Problemlos können später

Zimmer angebaut werden, um Platz für wach-

sende Familien zu schaffen. Zudem halten sie

mittleren Erdbeben stand. Doch nicht nur das:

Viele der Bewohner von Klieng Cot Aron sind

Fachleute für Zementblockhäuser geworden. Sie

gehen nun in den Nachbarorten arbeiten und

helfen dort beim Wiederaufbau.

Für alle ein Grund zum Feiern: Übergabe der neuen Schule von Banda Aceh (Indonesien) durch das Technische Hilfswerk

Page 42: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

42

Lebenslanges Lernen auch auf dem Land: eine Schülerin einerPacha Saale (Grünen Schule) im indischen Hochland von Dekkan

Landwirtschaft sichert Ernährung

Wenn Kinder sterben, bevor sie ihr fünftes Le-

bensjahr erreichen, liegt das in der Hälfte der

Fälle an Mangel- oder Fehlernährung. Aus dem-

selben Grund sterben auch viele Mütter während

der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Man-

gelhafte Ernährung schwächt das Immunsystem

und macht so anfällig für Krankheiten. Wer hun-

gert, kann sich weder in der Schule noch bei der

Arbeit richtig konzentrieren. So sind Unter- und

Mangelernährung nicht nur Folge, sondern auch

Ursache von Armut und fehlender wirtschaft-

licher Entwicklung. Um zu essen, zerstören arme

Menschen ihre Umwelt und Lebensgrundlagen:

Sie holzen Wälder ab und fischen Seen leer. Wer

Hunger leidet, kann es sich nicht leisten, an die

Zukunft zu denken.

Dabei können global ausreichend Nahrungsmit-

tel für alle Menschen produziert werden – und

durch verbesserte Anbaumethoden könnte auch

eine wachsende Weltbevölkerung in Zukunft

genug zu essen haben. Hunger und Mangeler-

nährung sind unter anderem Folge des mangeln-

den Zugangs armer Menschen zu Land, Kapital

und Bildung.

Page 43: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

43

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Menschenrecht auf Nahrung

Lange wurde nicht hinreichend berücksichtigt,

dass Nahrung ein Menschenrecht ist, zu dessen

Wahrung und Verwirklichung sich die meisten

Staaten der Welt völkerrechtlich verbindlich ver-

pflichtet haben. Das hat sich mit der Verabschie-

dung der freiwilligen Leitlinien zum Recht auf

Nahrung durch alle Mitgliedsstaaten der Ernäh-

rungs- und Landwirtschaftsorganisation der

Vereinten Nationen (FAO) im Jahr 2004 geändert.

Dieses international anerkannte Regelwerk gibt

Staaten konkrete Empfehlungen, wie sie das

Recht auf Nahrung verwirklichen können. Die

Bundesregierung hat dazu einen entscheidenden

Beitrag geleistet, unter anderem durch die teil-

weise Finanzierung der Arbeitsgruppe, die die

Leitlinien ausgearbeitet hat.

Heute unterstützt die Bundesregierung ihre Part-

nerländer bei der Verwirklichung des Rechts auf

Nahrung. Dazu gehört zum Beispiel die Beratung

von Regierungen bei Landreformen. Dabei reicht

es nicht aus, wenn Land an Landlose und Bäuerin-

nen und Bauern verteilt wird. Vielmehr benöti-

gen diese auch das Wissen und die Produktions-

mittel, um ihre Flächen ertragreich bewirtschaf-

ten und ihre Erzeugnisse gewinnbringend am

Markt verkaufen zu können. Teil solcher Refor-

men sollte darum der Bau von Straßen sein, der

Ausbau des Bildungssystems sowie die Unterstüt-

zung von demokratischen Gemeindestrukturen

und zivilgesellschaftlichen Gruppen, wie Berufs-

verbänden. Bei solch umfassenden Vorhaben be-

rät Deutschland beispielsweise die Regierungen

von Namibia, Kambodscha, Peru, Ecuador und

Kolumbien.

In der Maputo-Erklärung von 2003 haben sich

die Länder der Afrikanischen Union verpflich-

tet, mindestens 10 % ihres nationalen Haushalts

für ländliche Entwicklung auszugeben. Bisher

haben nur sieben Länder diese Marke erreicht,

doch der Trend ist steigend. Die Bundesregie-

rung unterstützt das Comprehensive African

Agricultural Development Programme (CAADP)

der NEPAD – das Umfassende Afrikanische

Landwirtschaftsprogramm, das die Maputo-Er-

klärung präzisiert. CAADP baut auf vier strate-

gische Säulen:

• Ausweitung der nachhaltig genutzten und

bewässerten landwirtschaftlichen Fläche,

• Ausbau ländlicher Infrastruktur und

Vermarktung,

• Erhöhung der Nahrungsmittelverfügbarkeit

durch Steigerung landwirtschaftlicher

Produktivität der Kleinbauern sowie

• Ausweitung der Agrarforschung.

Viele Entwicklungsländer sahen in den vergange-

nen Jahrzehnten die Entwicklung der Landwirt-

schaft und der ländlichen Räume als nachrangig

an. Die Deckung der Bedürfnisse der wachsenden

städtischen Bevölkerung, Industrieentwicklung

und niedrige Nahrungsmittelpreise hatten Prio-

rität. Die subventionierten Agrarexporte der In-

dustrieländer unterstützten dies. Deshalb sanken

die Preise für lokale Agrarprodukte teilweise so

stark, dass die örtlichen Erzeuger vom Erlös ihrer

Waren nicht mehr leben können. Ein ehrgeiziger

und ausgewogener Abschluss der Doha-Entwick-

lungsrunde und ggf. der Schutz vor dem Import

subventionierter Agrarprodukte sowie die Förde-

rung lokaler Märkte in Entwicklungsländern sind

notwendig, damit insbesondere Kleinbauern ihre

Existenz sichern können.

Page 44: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

44

Versuchsfarm mit Ölpflanze Jatropha für Biodiesel

Agrartreibstoffe

Bei manchen Produkten hat sich die Entwicklung

in den vergangenen zwei Jahren umgekehrt: Die

Preise von Pflanzen, die sich zu Agrartreibstoff

umwandeln lassen, steigen seit einiger Zeit konti-

nuierlich. Für die Entwicklungsländer liegen hie-

rin Chancen und Risiken. Staatliche Mehreinnah-

men und private Profite können zur Bekämpfung

von Armut und für die ländliche Entwicklung ein-

gesetzt werden. Ein großes Potenzial für Entwick-

lungsländer liegt hierbei in der lokalen, dezentra-

len Energieversorgung. Wenn landwirtschaftli-

che Produkte vor Ort in Agrartreibstoffe umge-

wandelt und auch dort quasi für den »Hausge-

brauch« eingesetzt werden können, gewinnen

Erdöl importierende Länder Unabhängigkeit von

teuren Importen. Lokale Wirtschaft und Haus-

halte können mit erneuerbarer und verlässlicher

Energie versorgt werden.

Der mit veränderten Essgewohnheiten und ge-

stiegener Nachfrage verbundene Preisanstieg ver-

ursacht aber in vielen Regionen Armut. Besonders

betroffen sind Grundnahrungsmittel: Getreide,

Mais und Zucker. In einigen Ländern kam es

schon zu Hungerrevolten.

Die Ausweitung industrieller Landwirtschaft hat

soziale und ökologische Folgen. Auf vielen Planta-

gen werden die Menschenrechte der Arbeiter ver-

letzt, die Erschließung neuer Flächen führt in eini-

gen Ländern zu Vertreibungen und Umsiedlun-

gen von kleinbäuerlichen Familien. Um Flächen

für die industrielle Bewirtschaftung zu gewinnen,

werden zudem häufig Wälder abgeholzt. Das

muss vermieden werden. Statt CO2 einzusparen,

wird durch Entwaldung der Abbau von CO2 ver-

mindert. In anderen Fällen müssen Flächen stark

Globale Nahrungsmittelproduktion 1961 – 2003Quelle: Le Monde diplomatique, 2007

Unterernährte Menschen (Mio.)Index ( 1961 = 100)

300 1200

Unterernährte Menschen Nahrungsmittelproduktionin Entwicklungsländern

250 1000

200 800

Nahrungsmittel-150 600produktion pro Kopf

100 400

50 200Index der Nahrungsmittelpreise

0 0

Jahr 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000

Preisanstieg seit 2006Quelle: FAO

$ 800

$ 700

$ 600

$ 500

$ 400

$ 300

Reis$ 200

Weizen$ 100

Mais

0

Jul 0

7Ju

l 06

Jan 07

Jan 06

Mrz 07

Sep 07

Jan 08

Mai 08

Mrz 06

Mai 06

Sep 06

Nov 06

Nov 07

Mrz 08

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

| |Äthiopien: Dürreresistentes Getreide schafft Ernährungssicherheit

In den äthiopischen Pro-

vinzen Amhara, Oromia

und Tigray wissen 40

Millionen Menschen

nicht, ob die nächste Ernte

sie satt machen wird. Das

ist mehr als die Hälfte der

Bevölkerung. Ein Wechsel

der Getreidesorte könnte ihnen helfen: Triticale

ist eine Kreuzung aus Weizen und Roggen. Sie ist

so ertragreich wie Weizen und zugleich so wider-

standsfähig wie Roggen gegenüber Dürren, nie-

driger Bodenfruchtbarkeit und Hagelschäden.

Die Förderung des Anbaus dieser Pflanze ist Teil

des deutschen Programms zur nachhaltigen

Nutzung der natürlichen Ressourcen in Äthio-

pien. Dabei werden kleine Mengen Saatgut kos-

tenlos an Bauern verteilt. Aufgrund ihrer guten

Erfahrungen tauschen die Bauern das Saatgut

nun untereinander. Während im Jahr 2004 rund

25.000 Bauern Triticale kultivierten, wird ge-

schätzt, das im Jahr 2005 schon 150.000 bis

200.000 Bauern sie angebaut haben. Damit ist

die Ernährung von fast einer Million Menschen

gesichert.

Triticale-Versuchsfeld in Süd-Gondar

Page 46: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

46

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

gedüngt oder bewässert werden, um sie für die

Bewirtschaftung nutzbar zu machen. So wird die

durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum

ohnehin zunehmende Wasserknappheit zusätz-

lich verschärft.

Für die damit skizzierten Konflikte müssen politi-

sche Lösungen gefunden werden. Die EU-Mit-

gliedsstaaten haben sich 2003 zum Ziel gesetzt, bis

2010 mindestens 5,75 % Agrartreibstoffe den her-

kömmlichen Kraftstoffen an den Tankstellen bei-

zumischen. Ziel dieser Richtlinie ist die CO2-Sen-

kung. Da dieses Ziel aber nicht bei jeder Art von

Agrartreibstoffen gesichert ist und auf dem Weg

dorthin die Versorgung der Bevölkerung mit Nah-

rungsmitteln nicht gefährdet werden darf, werden

verbindliche Nachhaltigkeitsstandards und effek-

tive Zertifizierungssysteme benötigt. Die Bundes-

regierung strebt im EU-Rahmen die Festlegung

entsprechender Nachhaltigkeitskriterien für Bio-

kraftstoffe an. Eine eigens eingesetzte Brüsseler

Ad-Hoc-Ratsarbeitsgruppe ist mit der Ausarbei-

tung befasst. Ziel der Bundesregierung ist, dass die

Kriterien ökologische und soziale Aspekte wie

auch die Frage der Flächenkonkurrenz umfassen

und für Biomasse insgesamt gelten. Bei einer An-

wendung auf Importe aus Drittstaaten muss WTO-

Konformität gewährleistet sein.

Klimawandel

Eine große Gefahr für die Ernährung erwächst aus

den Folgen des Klimawandels. Das überlieferte

bäuerliche Wissen verliert an Wert, wenn etwa

Zeitpunkt und Menge der jährlichen Nieder-

schläge sich stark verändern und nicht mehr vor-

hersehbar sind. Daher gilt es, landwirtschaftliche

Beratungssysteme zum Vorrats- und Risikomana-

gement zu entwickeln. Es muss erforscht werden,

welche Pflanzen und Tiere unter den veränderten

Standortbedingungen zukünftig für die menschli-

che Ernährung zur Verfügung stehen.

Für die Bundesregierung ist die Sicherung der

Welternährung ein zentrales Anliegen. Sie setzt

sich daher mit Nachdruck für die Verwirklichung

des Rechts auf Nahrung ein und unterstützt Maß-

nahmen der globalen Ernährungssicherung und

Armutsbekämpfung sowohl im Rahmen der bila-

teralen Entwicklungszusammenarbeit als auch

auf europäischer und multilateraler Ebene. 2008

stellt sie bilaterale Hilfen in Höhe von 500 Millio-

nen Euro zur Förderung von Landwirtschaft,

ländlicher Entwicklung und sozialer Maßnahmen

bereit. Sie wird diese Hilfen weiter ausbauen.

G8 2007Die G8-Staaten haben in Heiligendammbeschlossen, das von der Afrikanischen Unionund NEPAD aufgelegte Programm zurEntwicklung der afrikanischen Landwirtschaft(CAADP) zu unterstützen und Investitionen innachhaltige Landwirtschaft zu fördern.

Page 47: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

47

Palmölfrüchte in Ghana: Agrartreibstoffe schaffen armen LändernEinkommen, treiben aber die Nahrungsmittelpreise.

Die Bundesregierung hat am 18.06.2008 einen Bericht mit Handlungsempfehlungen zur

»Globalen Ernährungssicherung durch nachhaltige Entwicklung und Agrarwirtschaft«

beschlossen.

Sofortmaßnahmen wie Nahrungsmittelhilfe müssen mit Maßnahmen einhergehen, die vor allem

in Entwicklungsländern die Produktivität in der Landwirtschaft steigern. Dazu zählen Armutsbe-

kämpfung, Intensivierung der Agrarforschung, aber auch der Abschluss der Welthandelsrunde.

Für die Nutzung von Bioenergie müssen Nachhaltigkeitsstandards entwickelt werden. Die Ernäh-

rungssicherung hat Vorrang vor der Produktion von Agrartreibstoffen.

Diese Position hat die Bundeskanzlerin in den G8-Gipfel 2008 in Toyako, Japan, eingebracht.

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Erhalt der biologischen Vielfalt

Der fortschreitende Verlust biologischer Vielfalt

war noch nie so hoch wie zu Beginn dieses Jahr-

hunderts. Wenn Tier- und Pflanzenarten ausster-

ben, ohne dass neue Arten im gleichen Maß ent-

stehen, gefährdet das unser aller Lebensgrund-

lage. Das betrifft besonders die arme Landbevöl-

kerung. Durch das Aussterben von Pflanzenarten

oder auch die Abnahme des Bestands von Tieren,

von deren Jagd sie leben, sind sie gezwungen,

ihren Wohnort zu wechseln. Damit verlieren sie

häufig auch soziale und kulturelle Grundlagen.

Gleichzeitig zwingt ein Leben in Armut die Men-

schen häufig zur Übernutzung der Natur und

damit zur Zerstörung der sie umgebenden biolo-

gischen Vielfalt.

Doch die biologische Vielfalt und insbesondere

die Vielfalt der Nutzpflanzen wird nicht nur durch

den allgemeinen Raubbau an der Natur bedroht,

sondern auch durch intensive und einseitige

Landwirtschaft. Wenige hochgezüchtete Saaten

verdrängen die Vielfalt lokaler Sorten. Diese Sor-

tenvielfalt gewährleistet jedoch die bestmögliche

Anpassung an örtliche und wechselnde Umwelt-

bedingungen. Zudem erschweren neue Patentge-

setze von Drittstaaten die Nachzüchtung und den

Austausch von Saatgut – und damit den weiteren

Erhalt der pflanzlichen Vielfalt durch Nutzung

(siehe Seite 178 f).

Chamäleon auf Madagaskar

Im Internationalen Vertrag über pflanzengeneti-

sche Ressourcen für Ernährung und Landwirt-

schaft (Plant Genetic Resources for Food and

Agriculture) ist niedergelegt, dass die Realisie-

rung der diese pflanzengenetischen Ressourcen

betreffenden Bauernrechte, »Farmers’ Rights«, in

der Verantwortung der nationalen Regierungen

liegt. Die Bundesregierung unterstützt Entwick-

lungsländer bei der Erarbeitung von Vorschlägen

zur Umsetzung dieser Bauernrechte. Mit der

Unterstützung des Globalen Fonds für die Nutz-

pflanzenvielfalt (GCDT, Global Crop Diversity

Trust) trägt sie wesentlich zur langfristigen Absi-

cherung von Genbanken bei, in denen die Vielfalt

pflanzengenetischer Ressourcen gesammelt und

erhalten wird. Des Weiteren ist die Bundesregie-

rung ein wichtiger Förderer der Beratungsgruppe

Internationale Agrarforschung (CGIAR, Consulta-

tive Group on International Agricultural Rese-

arch), in der 16 internationale Forschungszentren

zusammengeschlossen sind, die ein weltweites

Netz von Pflanzengenbanken unterhalten und zu

Nutzung und Weiterzüchtung vernachlässigter

Kulturpflanzen mit Bedeutung für Entwicklungs-

länder forschen. In bilateralen Projekten mit

China und Afghanistan unterstützt die Bundes-

regierung die nachhaltige Nutzung von Kultur-

pflanzen und lokaler, zur Ernährung und Ver-

marktung geeigneter Wildpflanzen.

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Katalogisieren von Nutzpflanzen: ein Angestellter des Forschungsinstituts für Agrobiodiversität in Abidjan, Elfenbeinküste

G8 2007In der Potsdamer Initiative zur biologischen Viel-falt verständigten sich die G8-Umweltminister undihre Kollegen aus Indien, China, Brasilien, Mexikound Südafrika auf ein Bündel von Maßnahmen inden Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Handelund Finanzierung, das dazu beitragen soll, denVerlust an biologischer Vielfalt bis zum Jahr 2010erheblich zu reduzieren.

Um den Entwicklungsländern einen Anreiz zu ge-

ben, ihre biologische Vielfalt zu erhalten, sollte es

einen Vorteilsausgleich geben, wenn Inhaltsstoffe

und Erbinformationen wild lebender Arten oder

traditioneller Sorten von Kulturpflanzen und

Nutztieren kommerziell genutzt werden. Gewäh-

ren die Ursprungsländer der Arten Zugang, soll-

ten sie an den Vorteilen beteiligt werden.

Die Bundesregierung unterstützt die Anstrengun-

gen der EU im Rahmen der Biodiversitätskonven-

tion von 1992 zur Erarbeitung eines internationa-

len Regimes bis zum Jahr 2010, um den gerechten

Vorteilsausgleich im Sinne der Biodiversitätskon-

vention zu gewährleisten. Ein multilaterales

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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System des erleichterten Zugangs und Vorteils-

ausgleichs für die genetischen Ressourcen von

über 60 wichtigen Nahrungs- und Futterpflanzen-

arten besteht bereits unter dem Internationalen

Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für

Ernährung und Landwirtschaft.

Biologische Vielfalt ist zugleich Querschnitts-

thema und eigenständiger Sektor der deutschen

Entwicklungszusammenarbeit: Bei allen relevan-

ten Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit

sollen Schutz, nachhaltige Nutzung und gerech-

ter Vorteilsausgleich berücksichtigt werden.

Gleichzeitig ist der Erhalt der biologischen Viel-

falt ein eigenes Arbeitsfeld, wenn es darum geht,

Strategien und Arbeitsweisen zu entwickeln, um

Ökosysteme in ihrer Gesamtheit und Funktions-

fähigkeit zu bewahren und die nachhaltige Nut-

zung von Pflanzen und Tieren sicherzustellen.

Deutschland unterstützt derzeit in rund 150 Pro-

jekten Partnerländer in ihren Bemühungen, die

biologische Vielfalt zu schützen. Ein großer Teil

der Unterstützung konzentriert sich auf das nach-

haltige Management von Schutzgebieten.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,…dass das Recht auf Nahrung

verwirklicht wird.

…den Verlust an biologischer Vielfalt bis2010 signifikant zu reduzieren. (Johannesburg 2002)

1992 wurde in Rio de Janeiro die Biodiversitätskonvention (CBD) verabschiedet.

Ziel des Übereinkommens ist es,

– die biologische Vielfalt zu schützen,

– ihre Bestandteile nachhaltig zu nutzen und

– die Ursprungsländer am Nutzen (»den Vorteilen«) aus der Verwendung

genetischer Ressourcen gerecht zu beteiligen.

Auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 hat sich die

Staatengemeinschaft mit Unterstützung Deutschlands darauf geeinigt, bis zum Jahr

2010 den Biodiversitätsverlust signifikant zu reduzieren.

Als völkerrechtlich verbindliche Zusatzregelung zur CBD ist im September 2003 das

Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit in Kraft getreten. Ziel dieses

Übereinkommens ist die Regelung des grenzüberschreitenden Verkehrs gentechnisch

veränderter Organismen (GVO). Entsprechend dem Vorsorgeprinzip dürfen Staaten

auch ohne endgültige wissenschaftliche Beweise Einfuhrverbote für GVO verhängen,

wenn sie Gefahren für die biologische Vielfalt oder die menschliche Gesundheit sehen.

Im Arbeitsprogramm Schutzgebiete der Biodiversitätskonvention (CBD) haben die

Vertragsstaaten der CBD 2004 vereinbart, bis zum Jahr 2010 ein globales Netzwerk von

zusammenhängenden, ökologisch repräsentativen terrestrischen Schutzgebieten zu

etablieren (für marine Schutzgebiete soll dies bis 2012 erfolgen).

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Brasilien / Argentinien: Iguaçu-Wasserfälle

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Wasser ist Leben

Spielen neben der Kloake: Die Abwasser-entsorgung in Megacities wie hier in Manilastellt eine enorme Herausforderung dar.

Das wichtigste Lebensmittel überhaupt ist das

Wasser. Das wenigste davon wird getrunken. Die

Bewässerung in der Landwirtschaft macht 70 %

des weltweiten Verbrauchs aus. Die Industrie

braucht Wasser als Kühlmittel, es dient zur Ener-

giegewinnung, und Menschen brauchen es für

ihre Hygiene.

Durch Bevölkerungswachstum und Industrialisie-

rung steigt der Wasserbedarf. Benötigte die

Menschheit vor 100 Jahren noch rund 300 Kubik-

kilometer jährlich, so waren es im Jahr 1998 be-

reits 2.100 Kubikkilometer. In 30 Jahren könnte es

das Vierfache sein. In vielen trockenen und

niederschlagsarmen Regionen wird heute schon

mehr Wasser verbraucht, als durch Niederschläge

und Versickerung regeneriert wird. In manchen

Regionen Subsahara-Afrikas ist die Lage drama-

tisch. Der Pegel des Tschadsees sinkt stetig, seine

Oberfläche ist in den vergangenen 30 Jahren um

90% zurückgegangen. In ähnlicher Weise hat

Übernutzung den zwischen Usbekistan, Kasach-

stan und Turkmenistan gelegenen Aralsee getrof-

fen. Seit 1960 hat er 56 % seiner Fläche verloren,

sein Volumen hat sogar um 78 % abgenommen.

Sein Wasser ist heute fast so salzig wie das der

Weltmeere.

Heute haben weltweit 1,1 Milliarden Menschen

keinen ausreichenden Zugang zu sauberem

Wasser. Etwa 80 % aller vermeidbaren Krankhei-

ten haben ihre Ursache in verseuchtem Wasser.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt,

dass jedes Jahr 3,1 Millionen Menschen an den Fol-

gen verunreinigten Wassers sterben. Frauen und

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Mädchen verbringen oft viele Stunden am Tag

mit Wasserholen – in Senegal und Mosambik sind

es im Durchschnitt 16 Stunden pro Woche: Zeit,

die sie nicht für Bildung oder produktivere Arbeit

nutzen können.

Als einer der drei weltweit größten bilateralen

Geber im Wassersektor arbeitet Deutschland mit

den Entwicklungsländern an umfassenden Lösun-

gen, die die politische und wirtschaftliche Situa-

tion der Region einbeziehen. Die deutsche Ent-

wicklungszusammenarbeit konzentriert sich

dabei auf die Beratung von Ministerien, Fach-

behörden und Wasserunternehmen in Entwick-

lungsländern. Außerdem unterstützt sie die

Zusammenarbeit zwischen den Ländern einer

Region.

Dabei gilt der Ansatz des Integrierten Wasser-

ressourcen-Managements (IWRM). Dieser hat zum

Ziel, ein optimales Gleichgewicht zwischen den

verschiedenen Wassernutzern herzustellen: den

Haushalten, der Industrie, der Landwirtschaft, aber

auch den Ökosystemen. So entfaltet das knappe

Gut Wasser den größten Nutzen und bleibt für

folgende Generationen erhalten.

Pilotprojekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in einemsüdchinesischen Dorf der Miao: Am neu gebauten Brunnen waschen die Bewohner Kleidung undGemüse, holen Wasser zum Kochen und Trinken und tränken ihr Vieh.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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In manchen Ländern verbraucht die Landwirt-

schaft wegen veralteter Bewässerungssysteme

und schlechten Ressourcenmanagements bis zu

90 % des Wassers. Hier kann verbesserte Technik

helfen. Auf manchen Flächen kann der Anbau auf

Pflanzen umgestellt werden, die weniger Wasser

benötigen. Möglicherweise erzielt ein Teil des

Wassers aber den höchsten Nutzen für ein Land,

wenn es zur Energiegewinnung eingesetzt wird.

Bei solchen Abwägungen und Berechnungen be-

raten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der

GTZ und der Bundesanstalt für Geowissenschaf-

ten und Rohstoffe (BGR) im Auftrag der Bundesre-

gierung die Regierungen unserer Partnerländer.

Die Versorgung der Menschen steht im Mittelpunkt.

Wasser ist ein öffentliches Gut, zu dem jeder

Zugang haben sollte.

Auch Arme müssen sich Trinkwasser leisten kön-

nen. Gleichzeitig müssen staatliche oder private

Unternehmen in der Wasserversorgung betriebs-

wirtschaftlich effizient arbeiten, damit Geld für

Unterhalt und Aus- und Neubau von Leitungen,

Pumpstationen, Brunnen und anderem zur Verfü-

gung steht. In vielen Ländern ist die Zuständigkeit

im Wassersektor über verschiedene Behörden

verteilt und das Angebot geht an den Bedürfnis-

sen der Bevölkerung vorbei. Die Beratung durch

deutsche Fachleute hilft, effiziente und kunden-

freundliche Versorger aufzubauen. Dafür müssen

die Nutzer in Entscheidungsprozesse eingebun-

den werden. Außerdem unterstützen die deut-

schen Beraterinnen und Berater den Aufbau und

die fachliche Weiterentwicklung von Aufsichts-

behörden, die die Entnahme und optimale Vertei-

lung des Wassers überwachen oder die Wasser-

unternehmen kontrollieren.

Auf der Wasserkonferenz in Bonn 2001

wurden in fünf »Bonner Schlüsseln« vordringli-

che Ziele der Entwicklungszusammenarbeit im

Wassersektor gesetzt:

1. Sichere Wasserversorgung für die Armen

2. Dezentralisierung

3. Neue Partnerschaften zur Einbindung

aller Beteiligten

4. Entwicklung kooperativer Regelungen

in Wassereinzugsgebieten

5. Verbesserte politische

Rahmenbedingungen

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| |

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

Neue Wasserpolitik in Tansania

Noch 1990 hatten in

Tansania nur 38 % der Be-

völkerung Zugang zu

Trinkwasser. Heute sind

60 % der Haushalte an das

Wassernetz angeschlossen.

Das ist auch der Erfolg

beharrlicher und partner-

schaftlicher Zusammen ar-

beit der tansanischen Regierung mit Deutschland

und anderen Gebern. Seit Anfang der 90er-Jahre

konzentrieren sich GTZ, KfW und DED auf den

Aufbau vom Staat unabhängiger, betriebswirt-

schaftlich effizienter und kostendeckend arbei-

tender Wasserversorger. 1993 begannen deutsche

Fachleute in der Region östlich des Kilimandscha-

ros, Gemeinden bei der Neuordnung der Wasser-

wirtschaft zu beraten. Alte Leitungen und Ge-

bäude wurden saniert und Wassertarife einge-

führt. Mit der Kiliwater Company Ltd. entstand

erstmals eine kommunale Wassergesellschaft in

Tansania. Im Jahr 2002 formulierte die Regie-

rung, unterstützt von der deutschen Entwick-

lungszusammenarbeit, eine neue Wasserpolitik.

Darauf aufbauend entstand ein von der tansani-

schen Regierung und den Gebern gemeinschaft-

lich finanziertes Wassersektor-Entwicklungspro-

gramm (SWAP). Als Sprecher der Gebergemein-

schaft moderiert Deutschland den Dialog und die

Umsetzung mit der Regierung.

Wasserpumpe eines Regenwasserspeichers in Tansania

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Ökosystem Nil

Ökosysteme

Eine wachsende Bedeutung kommt dem Erhalt

von Ökosystemen zu. Entnimmt man Flüssen,

Seen oder Sumpfgebieten Wasser, muss man da-

für sorgen, dass die gleiche Menge Wasser wieder

zurückgeführt wird. Dafür braucht man unter

anderem eine gute Abwasseraufbereitung und

Schutzmaßnahmen für Erneuerungsgebiete.

Doch es geht nicht nur um Nachhaltigkeit. Öko-

systeme haben über die Wasserversorgung und

Fischerei hinaus einen Wert für den Tourismus,

für das Klima und die Artenvielfalt. Zudem kön-

nen intakte Ökosysteme helfen, Hochwasser auf-

zufangen, wie es im Zuge des Klimawandels in be-

stimmten Regionen häufiger zu erwarten ist.

Oft versorgen sich mehrere Länder aus denselben

Flüssen, Seen und Grundwasserreservoirs. Regeln

zur Nutzung solcher grenzübergreifenden

Wasserkörper fehlen in vielen Fällen, in anderen

werden sie als ungerecht empfunden. So kritisie-

ren die Anrainer der Quellflüsse Weißer Nil und

Blauer Nil, dass Ägypten und Sudan unter briti-

schem Mandat zu weit gehende Rechte am Nil-

wasser zugesprochen wurden. Die vom Bundes-

ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

und Entwicklung unterstützte Nilbecken-Initia-

tive bringt alle zehn Anrainer an einen Tisch mit

dem Ziel, sich gemeinsam auf ein nachhaltiges

Wassermanagement zu verständigen. Auch die

internationalen Flusskommissionen für den

Orange-Senqu und den Limpopo im südlichen

Afrika, die schon 1964 gegründete Tschadsee-

Kommission sowie weitere grenzüberschreitende

Kooperationen zu Wasser und Grundwasser in

Afrika werden von Deutschland gefördert. Im

Nahen Osten setzt sich die deutsche Entwick-

lungszusammenarbeit für eine gerechtere und

kooperative Nutzung der Wasserressourcen ein.

Dies betrifft hier vor allem die grenzüberschrei-

tenden Grundwassersysteme. Nur durch friedli-

che Zusammenarbeit aller Anrainer wird die

Wasserversorgung für alle Menschen der Region,

auch für die ärmsten, sicherzustellen sein.

Deutschland unterstützt den Wassersektor in

29 Partnerländern mit insgesamt 350 Millionen

Euro durchschnittlich pro Jahr.

Ziel der Bundesregierung ist… die Halbierung des Anteils der Menschen

ohne sichere Trinkwasserversorgung bis 2015. ( MDG 7 )

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

| |Ecosan: mehr als Öko-Toiletten

Jährlich werden weltweit Düngestoffe im Wert

von 15 Milliarden US-Dollar die Toiletten hinunter

gespült. Das ist eines der Forschungsergebnisse zu

»ecosan«, einem innovativen Ansatz, der das

Management von Wasser und Abwasser als nach-

haltige Kreislaufwirtschaft entwickeln will.

2,6 Milliarden Menschen auf der Welt haben

keine ausreichende Sanitärversorgung. Vor allem

in den wachsenden Städten führt das zu einer

hygienischen Katastrophe. Slumbewohner ver-

richten ihre Notdurft auf der Straße oder leiten die

Abwässer ungeklärt in Flüsse und Kanäle ein,

deren Wasser sie zum Waschen und Kochen ver-

wenden. Das ist einer der Gründe, warum jährlich

1,9 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Durch-

fallerkrankungen sterben. Die internationale

Gemeinschaft hat sich das Ziel gesetzt, den Anteil

der Menschen, die keinen Zugang zu sanitären

Anlagen haben, bis 2015 zu halbieren. Doch dabei

bleibt ein Problem ungelöst: Wohin mit dem

Abwasser ?

Grundgedanke von »ecosan« ist, dass Abwasser

Geld wert ist. Weltweit befinden sich darin jähr-

lich nicht nur rund 50 Millionen Tonnen Dünger

mit einem Marktwert von 15 Milliarden Dollar,

sondern man kann es nach Aufbereitung auch zur

Bewässerung und Energieerzeugung nutzen.

Abwasser zu sammeln und zu nutzen ist Ziel der

innerhalb des ecosan-Ansatzes entwickelten Tech-

nologien. Zum Beispiel mittels der Urin-Separa-

tion: Dabei werden in den Toiletten Urin und

Fäkalien getrennt und der Urin in einen Sammel-

behälter geleitet. Von dort kann er direkt oder

nach einer keimreduzierenden Lagerung auf die

Felder kommen, während die Fäkalien erst ge-

trocknet oder behandelt werden müssen, um sie

als Dünger verwenden zu können. Andere Techni-

ken trennen Grau- und Schwarzwasser: Küchen-

und Waschwasser werden in einer Pflanzenklär-

anlage gereinigt, der entstehende Schlamm wird

zu Dünger, das gereinigte Grauwasser zur Bewäs-

serung verwendet. Das Toilettenwasser hingegen

lässt man von anaeroben Bakterien zersetzen, die

daraus Biogas zur Energiegewinnung produzie-

ren.

Die GTZ unterstützt im Auftrag des BMZ seit 2001

ein überregionales ecosan-Vorhaben mit knapp

vier Millionen Euro. Darüber hinaus werden in

vielen bilateralen Wasser-, Umwelt- und Stadt-

entwicklungsprogrammen ecosan-Maßnahmen

unterstützt.

Bau einer Urinseparation-Dehydratations-Toilette in Purok auf den Philippinen:Dank ihrer erhöhten Lage sind sie leicht zuentleeren und gegen Überschwemmungengeschützt.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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Kampf gegen wachsende Müllberge

Eine funktionierende Müllabfuhr kennen nur

wenige Entwicklungsländer. Vor allem in den

wachsenden Städten ist das ein Problem: Abfall

wird in Hinterhöfen verbrannt oder an Straßen

und auf Brachflächen abgeladen. Haus- und

Industrieabfälle auf ungesicherten Müllkippen

können Boden, Luft und Wasser vergiften. Vor

allem Kinder leiden unter den freiwerdenden

Schadstoffen. Krankheiten breiten sich aus.

Die örtliche Verwaltung ist mit der Entsorgung

häufig überfordert. Darum holen vielfach private

Müllsammler und -sortierer, die auf eigene

Rechnung arbeiten, den Hausmüll ab. Sie halten

sich selten an die geltenden Abfallgesetze, wenn

es überhaupt welche gibt.

Ohne Gesetze aber kann eine menschen- und um-

weltgerechte Abfallwirtschaft nicht funktionie-

ren. Darum berät Deutschland Regierungen bei

der Abfassung von Gesetzentwürfen, zum Beispiel

in Mexiko und Mosambik. In Marokko verabschie-

dete das Parlament 2006 ein mit deutscher Unter-

stützung entstandenes Abfallgesetz.

»Mit dem steigenden Welthandel und scharfenKontrollen in den Industrieländern steigt die Gefahr,dass der illegale Export von Giftmüll zunimmt«

Achim Steiner, Generaldirektor des UNEP, am 8. September 2006

Brasilien: Angestellte der Stadt Rio de Janeiro sortieren Müll.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Vorsicht Gift: Frauen und Kinder sortieren Altbatterien in Bangladesch.

Bei der Umsetzung der Gesetze müssen nicht nur

die Gemeindeverwaltungen und private Unter-

nehmen einbezogen werden, sondern auch Müll-

sammler und Bevölkerung. Damit sich der Um-

gang mit Abfall schon bei den Verursachern

ändert, unterstützen wir Informationsveranstal-

tungen, Hausbesuche sowie Stadt- oder Strand-

reinigungskampagnen.

Mit der Industrie erarbeiten wir verbesserte Tech-

nologien und Produktionsabläufe. Dazu gehören

Sammlung, Transport, Verwertung, Behandlung

und Deponierung. Die Behandlung der Abfälle

und Deponiegase kann CO2-Emissionen vermin-

dern und leistet somit auch einen Beitrag zum

Klimaschutz.

Einen wichtigen Stellenwert muss künftig der

Bereich Sonderabfälle und Elektroschrott einneh-

men. Immer mehr ausgediente elektrische Geräte

aus den Industrienationen landen zur Wieder-

verwertung in den Entwicklungsländern. Doch

manches Recycling ist gefährlich. Das sogenannte

Platinenrösten – die Erhitzung von Plastikbau-

teilen über offener Flamme zur Rückgewinnung

des aufgelöteten Metalls – kann gerade bei

Kindern dauerhafte Gesundheitsschäden verur-

sachen.

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

| |Costa Rica: Vermülltes Ökoparadies wird sauber

Ökotouristen kennen

Costa Rica als Naturpara-

dies mit mehr als einem

Dutzend Nationalparks.

In der Hauptstadt San José

sieht es hingegen wenig

nach Naturliebe aus. Nur

die Hälfte des Mülls wird

auf Deponien gelagert –

der Rest landet in der

freien Natur. Giftmüll aus

Krankenhäusern, Industrie und Landwirtschaft

wird mit dem normalen Hausmüll entsorgt. Es

fehlen Know-how im Abfallmanagement, Tech-

nik und langfristige Kredite für Umweltinvestitio-

nen. Defizite, die Deutschland durch die Unter-

stützung der regionalen Beratungsorganisation

für betrieblichen Umweltschutz, CEGESTI, beseiti-

gen will. Kleine und mittlere Unternehmen in der

Industrie, im Dienstleistungsbereich und im

Tourismus erhalten aus deutschen Mitteln lang-

fristige Kredite, um in den Umweltschutz investie-

ren zu können. Deutschland unterstützt Costa

Rica auch dabei, diese Erfahrungen anschließend

an andere, weniger entwickelte Länder der

Region weiterzugeben.

Know-how weitergeben: Recyclingzentrum San Rafael de Heredia

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Drei Säulen der Bildung: Schule, Beruf und Hochschule

Grundbildung ist ein Menschenrecht und eine

notwendige Voraussetzung für Entwicklung. Da-

rum fordert das zweite Millenniumsentwicklungs-

ziel, dass bis zum Jahr 2015 alle Mädchen und

Jungen überall auf der Welt eine Grundschulbil-

dung erhalten. Noch kann jeder fünfte Erwach-

sene auf der Welt nicht lesen und schreiben. Rund

103 Millionen Kinder zwischen sechs und zwölf

Jahren besuchen keine Schule, zwei Drittel davon

sind Mädchen.

Bildungschancen sind in den Entwicklungsregio-

nen sehr unterschiedlich. Im südlichen Afrika ge-

hen nur 70 % der Kinder in die Schule, in Latein-

amerika sind es dagegen 97,7 %. Die Gründe dafür

sind vielfältig. In vielen Ländern kostet die Grund-

schule Geld, sodass selbst weniger arme Familien

sich entscheiden, nur einigen Kindern, meist den

Jungen, die Ausbildung zu ermöglichen. Die

Ärmsten können häufig nicht einmal die indirek-

ten Bildungskosten für Bücher, Stifte, Uniformen

und Prüfungsgebühren aufbringen. Lange und

unsichere Wege halten Eltern davon ab, ihre Kin-

der zur Schule zu schicken. Oder sie glauben, dass

bei oftmals unzureichend ausgebildeten Lehrern

und in überfüllten Klassen nichts »Richtiges« ge-

lernt wird. Darum brechen viele Kinder die Schule

frühzeitig ab, da sie im Haushalt, auf dem Feld

oder bei einer sonstigen Beschäftigung benötigt

werden.

Die deutsche bilaterale Entwicklungszusammen-

arbeit im Bereich Grundbildung ist darauf gerich-

tet, dass alle Kinder eine Schule in der Nähe ihres

Wohnorts besuchen können, dass Lehrerinnen

und Lehrer einzelne Kinder nicht wegen ihrer

Herkunft oder ihres Geschlechts schlechter be-

handeln und dass die Qualität des Unterrichts

verbessert wird. Für einen guten Unterricht

helfen wir, Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien

zu entwickeln, die sich am Leben und Alltag der

Schülerinnen und Schüler orientieren und brauch-

bare Kenntnisse für ihre Zukunft vermitteln.

Auf dem Weltbildungsforum der Vereinten

Nationen 2000 in Dakar hat sich die internatio-

nale Gebergemeinschaft verpflichtet, Entwick-

lungsländer, die ein gutes Konzept für ihre

Grundbildungspolitik haben, zu unterstützen,

wenn ihre eigenen Mittel nicht ausreichen. Die

daraufhin gegründete »Education for All – Fast

Track Initiative« (FTI) (Bildung für alle – Beschleu-

nigte Initiative) übernimmt diese Aufgabe: Für

Länder, deren Armutsminderungsstrategie freie

Grundbildung für alle sowie die Gleichheit der

Geschlechter im Bildungsbereich anstrebt, stellt

sie Geld bereit und organisiert Beratung durch

Bildungsfachleute. Deutschland fördert im Rah-

men dieser Initiative Guinea, Honduras, Jemen,

Mosambik und Tadschikistan.

Deutschland hat im Jahr 2005 die Förderung der

Grundbildung in seinen Partnerländern mit ins-

gesamt 56,7 Millionen Euro unterstützt.

G8 2007Die G8-Staats- und Regierungschefs bekräftigtenin Heiligendamm das Ziel »Bildung für alle«, demsich die Fast-Track-Initiative verschrieben hat.Insbesondere verständigten sich die G8 darauf,gemeinsam mit anderen Gebern die Finanzie-rungslücke für 2007 in Höhe von 500 MillionenUS-Dollar zu schließen.

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Naturwissenschaftsunterricht in Indonesien: Um auf dem Arbeitsmarktzu bestehen, braucht man mehr als Grundbildung.

Entwicklung braucht jedoch mehr als Grund-

bildung für alle. Arbeitslosigkeit und schlecht

bezahlte Gelegenheitsarbeit, sogenannte Unter-

beschäftigung, stellen ein großes Problem in Ent-

wicklungsländern dar. Weltweit waren im Jahr

2006 laut Angaben der Internationalen Arbeitsor-

ganisation (ILO) 195 Millionen Menschen arbeits-

los, davon überproportional viele in Entwick-

lungsländern, besonders im Nahen Osten und

Nordafrika sowie in den Ländern südlich der

Sahara. Mehr Menschen Zugang zu angemessen

bezahlter Arbeit zu ermöglichen, ist eine Schlüs-

selaufgabe bei der Armutsbekämpfung. Be-

sonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind

Frauen und Jugendliche. 18,9% der Bevölkerung in

Entwicklungsländern sind zwischen 15 und 24

Jahren – das sind eine Milliarde Menschen. In

Industrieländern leben nur 166 Millionen Jugend-

liche: 13,7 % der Bevölkerung. In den kommenden

Jahren werden immer mehr junge Menschen in

Entwicklungsländern auf den Arbeitsmarkt

drängen. Ziel der Bundesregierung ist es deshalb,

die Arbeitsmarktchancen dieser Jugendlichen wie

auch die der Frauen zu verbessern.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass

…bis zum Jahr 2015 alle Kinder eine

Grundschule abschließen. ( MDG 2 )

…bis zum Jahr 2015 Mädchen und

Jungen auf allen Bildungsebenen

gleichgestellt sind. ( MDG 3 )

…alle Kinder eine Schule in der Nähe

ihres Wohnorts besuchen können, dass

Lehrerinnen und Lehrer einzelne

Kinder nicht wegen ihrer Herkunft

oder ihres Geschlechts schlechter

behandeln und dass die Qualität des

Unterrichts verbessert wird.

…die Zahl der Analphabeten bis 2010

halbiert wird. ( Weltbildungsforum 2000)

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Deutschland engagiert sich besonders beim

Aufbau von leistungsfähigen beruflichen Ausbil-

dungssystemen. Das vorhandene Angebot wird

durch enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

stärker am Bedarf ausgerichtet, um auf dem

Arbeitsmarkt nachgefragte Fertigkeiten zu ver-

mitteln. Dabei unterstützt das BMZ die Verbesse-

rung der Berufsbildung in Verbindung mit Ge-

werbefördermaßnahmen, etwa Existenzgründun-

gen und Kleinkreditvergabe. Um das vielfältige

Angebot deutscher Anbieter von Aus- und Weiter-

bildung international bekannter zu machen, ha-

ben das Bundesministerium für Bildung und For-

schung und das BMZ Anfang 2008 gemeinsam die

Initiative EDVANCE gestartet. Die Bundesrepublik

gab 2005 für die berufliche Bildung in Entwick-

lungsländern 85,9 Millionen Euro aus.

Aber auch akademische Fachkräfte werden in

vielen Entwicklungsländern dringend benötigt –

beispielsweise als Ärztinnen und Lehrer oder um

Lösungen für Entwicklungsprobleme zu finden.

Darum fördert Deutschland auch den Hochschul-

bereich. Deutsche Experten beraten beim Auf-

und Ausbau von Studiengängen sowie bei der

Ausbildung von künftigen Fach- und Führungs-

kräften. Deutschland fördert zudem die wissen-

schaftliche Zusammenarbeit in Entwicklungs-

ländern und auch mit deutschen Universitäten.

Im Rahmen der Strategie zur Internationalisierung

von Wissenschaft und Forschung vom Februar

2008 werden das Bundesministerium für Bildung

und Forschung (BMBF) und das BMZ auch diesen

Bereich ausbauen. Das BMBF wird die Forschung in

Entwicklungs- und Schwellenländern stärken. Bei-

spielsweise in der Umwelt- und Gesundheitsfor-

schung können Forschungspartnerschaften zu

lokal angepassten Lösungen zu einer dauerhaften

wirtschaftlichen Entwicklung beitragen, die ökolo-

gisch nachhaltig und sozial gerecht ist.

Zudem bietet Deutschland Studienplätze an deut-

schen Hochschulen. Diese hochwertige und bis-

her kostenlose Ausbildung hat so einen wichtigen

Beitrag zur Verringerung des Fachkräftemangels

in Entwicklungsländern geleistet. Der Deutsche

Akademische Austauschdienst (DAAD) unter-

stützt mit Mitteln des BMZ die fachliche Weiter-

qualifizierung der Absolventen deutscher Hoch-

schulen. Die in ihre Herkunftsländer zurückge-

kehrten Akademikerinnen und Akademiker kön-

nen so häufig als Partner für die deutsche Ent-

wicklungszusammenarbeit und die deutsche

Wirtschaft gewonnen werden. Durch die Einfüh-

rung von Studiengebühren ist nun allerdings zu

befürchten, dass die Zahl der ausländischen

Studierenden in Deutschland zurückgeht. Die

Bundesregierung will gemeinsam mit den

Bundesländern Lösungen für Studierende aus

Entwicklungsländern finden.

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M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

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Kinder und Jugendliche gestalten die Zukunft

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

nimmt das gesamte Lebensumfeld von Kindern

und Jugendlichen in den Blick, die in vielen Part-

nerländern mehr als die Hälfte der Bevölkerung

ausmachen. Etwa eine Milliarde wächst in armen

Verhältnissen auf. 80 % der Kinder, die weltweit

nicht zur Schule gehen können, leben in Krisen-

gebieten. In Nachkriegszeiten beginnt Bildung

mit Traumabewältigung und Versöhnungsarbeit.

In Subsahara-Afrika geht jedes dritte Kind einer

Erwerbsarbeit nach. 2005 lebten über 50 % der in

Entwicklungsländern aufwachsenden Kinder in

Armut. Mädchen werden häufig an einer Ausbil-

dung gehindert, weil sie im Haushalt mithelfen

sollen, die Eltern traditionellen Rollenvorstellun-

gen verhaftet sind und Mädchen noch vor dem

Erwachsenenalter verheiratet werden – das sind

auf dem Land in Subsahara-Afrika 48 %.

Darum müssen Kinder und Jugendliche ganzheit-

lich gefördert werden. Das heißt, dass sie zugleich

Schutz erfahren müssen sowie ihre Bedürfnisse

befriedigen und ihre Rechte verwirklichen kön-

nen. Die Bundesregierung verfolgt diesen Ansatz

bereits seit Mitte der Neunzigerjahre und nahm

damit innerhalb der EU und auch weltweit in der

Entwicklungszusammenarbeit eine Vorreiterrolle

ein.

Nicht nur muss Kinderarbeit, die eine Ausbildung

verhindert und Körper und Seele zerstört, be-

kämpft werden, Jugendliche sollen auch an der

Gestaltung ihrer Belange sinnvoll beteiligt und an

demokratische Prozesse herangeführt werden.

Das konnte zum Beispiel in Kenia erreicht werden.

Dort beriet Deutschland unter Mitwirkung von Ju-

gendlichen bei der Überarbeitung der nationalen

Kindergesetzgebung, die 2001 das Recht auf freie

Grundbildung eingeführt hat, sowie weibliche

Genitalverstümmelung und Frühehen verbietet.

Für uns ist klar: Kinder und Jugendliche gestalten

die Zukunft der Welt. Investitionen in ihre Lebens-

verhältnisse und Chancen werden die Gesellschaf-

ten als Ganzes positiv verändern.

Wer Hunger hat, kann nicht lernen: Auf derOrango-Insel in Guinea-Bissau gehören nebenStiften auch Teller zu den Schulmaterialien.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass

…die Arbeitsmarktchancen von Frauen

und Jugendlichen verbessert werden.

(MDG 3, MDG 2)

…Kinder und Jugendliche an ihren

Belangen beteiligt und an demokrati-

sche Prozesse herangeführt werden.

(Kinderrechtskonvention der VN)

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Gesundheit schützt vor Armut

Während ein Mensch in den Industrienationen

heute im Schnitt 76 Jahre alt wird, liegt die Le-

benserwartung in den am wenigsten entwickel-

ten Regionen bei 51 Jahren. In den Entwicklungs-

ländern sterben jährlich Millionen von Menschen

an leicht behandelbaren oder vermeidbaren

Krankheiten, weil sie keinen Zugang zu einer

Gesundheitsversorgung haben. Kinder trifft es

besonders. Mehr als sechs Millionen Menschen

sterben jährlich an Malaria, Tuberkulose oder

HIV/AIDS.

Krankheit ist nicht nur Folge von, sondern oftmals

auch Ursache für Armut. Ein niedriger Gesund-

heitsstand der Bevölkerung hemmt die wirtschaft-

liche, soziale und politische Entwicklung eines

Landes. Aus diesem Grund nimmt Gesundheit

auch in der Millenniumserklärung der Vereinten

Nationen einen herausgehobenen Platz ein. Drei

der acht Millenniumsentwicklungsziele sind

direkt gesundheitsbezogen.

Ärztliche Versorgung und gesunde Lebensbedin-

gungen sind Menschenrechte – so hat es die

Weltgemeinschaft in der Universalen Menschen-

rechtserklärung festgelegt. Gesundheit ist ein

Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusam-

menarbeit, ein menschenrechtsbasierter Ansatz

im Gesundheitssektor steht im Zentrum unseres

Engagements.

Kernelement ist dabei die Verbesserung des Zu-

gangs zu Gesundheitsdiensten für arme Bevölke-

rungsgruppen sowie deren verbesserter Schutz

gegen finanzielle, gesundheitliche und gesell-

schaftliche Risiken von Krankheit. Ziel der

Tode durch vermeidbare oder leicht behandelbare Krankheiten

Fast ein Drittel aller Tode weltweit werden durch leicht vermeidbare und behandelbare Krankheiten verursacht. Dazu zählen Infektionen des Magen-Darm-Trakts und der Atemwege, Komplikationen während der Schwangerschaftoder Geburt, Erkrankungen von Säuglingen in der ersten Woche nach der Geburt und Mangelernährung.

Quelle: http://www.worldmapper.org/display_extra.php?selected=371

Page 67: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

67

Kostenlose Medikamentenabgabe in einem Gesundheitszentrum für Frauen in Indien

Bundesregierung ist es, eine für alle zugängliche,

hochwertige und gerecht finanzierte Gesund-

heitsversorgung zu fördern, die sich bedarfsge-

recht an den wichtigsten Gesundheitsproblemen

der Menschen orientiert und das Recht auf Ge-

sundheit auch für die Armen und Benachteiligten

gewährleistet.

Die deutsche Entwicklungspolitik konzentriert

sich auf horizontale Programme, die die Gesund-

heitsversorgung insgesamt verbessern. Partner-

länder werden darin unterstützt, Gesundheits-

systeme aufzubauen und Systeme der sozialen

Sicherung im Krankheitsfall zu entwickeln.

Verschiedene Maßnahmen sollten dabei in einer

nationalen Gesundheitsstrategie ineinander-

greifen. Dazu gehören Aufklärungskampagnen,

die Einrichtung von Gesundheitszentren und

Mutter-Kind-Stationen, Ausbildung von Ärzten

und Krankenschwestern, Betreuung von AIDS-

Waisen und der Aufbau einer Krankenversiche-

rung.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,

… dass alle Menschen Zugang zu einer ge-

recht finanzierten Gesundheitsversor-

gung erhalten, die sich bedarfsgerecht

an den wichtigsten Gesundheitsproble-

men der Menschen und an internationa-

len Qualitätsstandards orientiert.

… dass Malaria bis 2015 um 75 % zurückge-

drängt wird.

(Weltgesundheitsversammlung 2005)

… dass bis zum Jahr 2015 die Rate der Kin-

der, die vor ihrem fünften Lebensjahr

sterben, um zwei Drittel im Verhältnis zu

1990 sinkt. (MDG 4)

… dass bis zum Jahr 2015 die Müttersterb-

lichkeitsrate um drei Viertel im Verhält-

nis zu 1990 sinkt. (MDG 5)

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Kondomaufziehen beim Projekt Menschenkinder in Kenia: Sexualaufklärung kannFrauen das Leben retten, ob es um Verhütung geht oder um Schutz vor HIV.

Sexuelle Gesundheit

Einen inhaltlichen Schwerpunkt der deutschen

Entwicklungszusammenarbeit bildet die sexuelle

und reproduktive Gesundheit. Der Bereich se-

xuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte

bezieht sich auf das körperliche, seelische und so-

ziale Wohlbefinden in Bezug auf Sexualität und

Fortpflanzung. Leistungen im Bereich der repro-

duktiven Gesundheit zählen zu den wirksamsten

Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit

von Frauen und Kindern. Jedes Jahr sterben noch

immer eine halbe Million Frauen weltweit bei der

Geburt oder in der Schwangerschaft – 99 % von

ihnen in Entwicklungsländern. Eine Ärztin oder

Hebamme könnte in vielen Fällen Leben retten,

doch bei der Hälfte aller Geburten weltweit ist

keine geschulte Hilfe anwesend. Neben einer

besseren Gesundheitsversorgung senkt auch der

bessere Zugang zu Verhütungsmitteln die Müt-

tersterblichkeit. Zum Beispiel für Mädchen unter

20: Ihr Risiko bei einer Schwangerschaft zu ster-

ben, ist doppelt so hoch wie das von Frauen zwi-

schen 20 und 30. Darum unterstützt die Bundes-

republik zahlreiche Projekte, deren Ziel die Prä-

vention ungeplanter und früher Schwangerschaf-

ten ist, wie etwa den kostengünstigen Verkauf

von Verhütungsmitteln und Kondomen. Zudem

leistet Deutschland einen Beitrag an den Bevölke-

rungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und

die Familienplanungsprogramme der Inter-

national Planned Parenthood Federation.

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HIV/AIDS

Die Bekämpfung von HIV/AIDS ist ein weiterer

Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusam-

menarbeit. Weltweit sind 38 Millionen Menschen

mit dem HI-Virus infiziert. 30 Millionen Menschen

sind seit dem Beginn der Pandemie an der Krank-

heit gestorben. Mehr als 15 Millionen Kinder

wurden durch AIDS zu Waisen. Weltweit steigt

die Infektionsrate von Frauen überproportional

an: Inzwischen machen sie die Hälfte der Betroffe-

nen aus, in Subsahara-Afrika sind es sogar 60 %.

Unter- und Mangelernährung führen in den von

extremer Armut besonders betroffenen Regionen

der Welt zu einer stärkeren Anfälligkeit gegenü-

ber dem Virus. In Asien und Osteuropa steigt die

Zahl der Neuinfektionen. Doch nach wie vor leben

zwei Drittel der weltweit Infizierten in Subsahara-

Afrika. In einigen Ländern im Südosten des Konti-

nents sind 30 % der Bevölkerung zwischen 15 und

49 Jahren infiziert.

Damit brechen große Teile derjenigen Generation

weg, die den Wohlstand einer Gesellschaft erar-

beiten und ihr Wissen an ihre Kinder weitergeben

sollen. Kinder erkrankter Eltern müssen arbeiten.

Lehrer fallen aus. Bildungsniveau und Arbeitspro-

duktivität sinken, die Stabilität der Gesellschaft ist

gefährdet und damit auch die Entwicklungschan-

cen, selbst in stabilen Staaten mit hoher Produkti-

vität wie Südafrika oder Botswana. In anderen

Ländern des südlichen Afrikas kann nicht einmal

mehr die Versorgung der Bevölkerung mit Lebens-

mitteln gesichert werden. Zudem breiten sich in-

folge der Immunschwäche andere ansteckende

Krankheiten wie Tuberkulose aus.

Aus Sicht der Bundesregierung kann nur umfas-

sende Aufklärung und Prävention, die auch sexuelle

Minderheiten berücksichtigt, verhindern, dass sich

immer mehr Menschen anstecken.

Mehr Mittel durch den GFATM

Der Globale Fonds zur Bekämpfung von HIV,

Malaria und Tuberkulose ist eine gemeinsame

Initiative von Regierungen, Privatwirtschaft

und Zivilgesellschaft. Das 2001 geschaffene

Finanzierungsinstrument finanziert Maßnah-

men zur Verhütung und Bekämpfung der drei

Krankheiten über Regierungs- oder auch

Nichtregierungsorganisationen bzw. über

den Privatsektor in den Partnerländern. Als

zentrale Anlaufstelle für Anträge kann der

Fonds den organisatorischen und finanziellen

Aufwand für Gesundheitsprogramme dras-

tisch senken. Zugleich garantieren die Prinzi-

pien des GFATM einheitliche Vergabekrite-

rien. Dazu gehören gute Regierungsführung,

Eigenverantwortung, Transparenz, Gleich-

berechtigung verschiedener Regionen sowie

eine Balance zwischen Prävention und Be-

handlung von Krankheiten. Über Prinzipien,

Grundsätze und Regeln stimmen sich Geber,

Entwicklungsländer, NRO und Privatsektor in

den Gremien des Fonds regelmäßig ab.

Schmuck mit HIV-Symbol bei einer Konferenz in Nairobi

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G8 2007Die Staaten der G8 haben beim Gipfel in Heiligendammbeschlossen, 60 Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung vonHIV/AIDS, Malaria, Tuberkulose und zur Stärkung der Gesund-heitssysteme bereitzustellen. Deutschland trägt vier Milliar-den Euro bis 2015 bei. Die G8-Staaten bekräftigten, dass sie dieGesundheitssysteme und ihre gerechte Finanzierung (sozialeAbsicherung im Krankheitsfall) stärken sowie bi- und multi-laterale Partnerschaften in Form der »Providing for Health« (Für Gesundheit sorgen)-Initiative besser koordinierenwollen. Besonders wollen sie den Globalen Fonds zur Bekämp-fung von HIV, Malaria und Tuberkulose (GFATM) stärken. Aufder GFATM-Konferenz im September 2007 in Berlin machtendie Geber für die Jahre 2008 bis 2010 Zusagen von 9,7 Milliar-den US-Dollar.

Entscheidend bei der Bekämpfung von HIV/AIDS

ist: Sexualaufklärung muss pragmatisch und

lebensnah organisiert sein. Denn nur so kann sie

die Menschen erreichen und positive Veränderun-

gen bewirken. Hierin sind sich auch die EU-Mit-

gliedstaaten einig. Die Bundesregierung unter-

stützt daher Regierungen und NRO darin, eigene

Präventionskampagnen zu entwickeln, die kultu-

rell und sozial den Zielgruppen angemessen sind.

Beispielsweise fördert die KfW im Auftrag des BMZ

Radiohörspiele und Jugendzeitschriften, die über

HIV und ungewollte Schwangerschaften aufklä-

ren. Das Institut für Internationale Zusammen-

arbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes

(IIZ/DVV) organisiert in Usbekistan gemeinsam mit

den islamischen Nachbarschaftsgemeinden, den

sogenannten Mahallahs, Präventionsveranstaltun-

gen zu HIV/AIDS und reproduktiver Gesundheit.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,

… dass bis zum Jahr 2015 die Ausbreitung

von HIV/AIDS, Malaria und anderen

schweren Krankheiten gestoppt und

umgekehrt wird. (MDG 6)

… dass bis zum Jahr 2010 Menschen mit

HIV-Infektionen so weit möglich Zugang

zu antiretroviraler Therapie haben.

(Gleneagles 2005)

… dass Menschen in den Entwicklungs-

ländern Zugang zu anonymen und

kostenlosen HIV-Tests bekommen.

… dass bis zum Jahr 2010 die Menschen

in Entwicklungsländern allgemeinen

Zugang zu Prävention, Behandlung

und Pflege haben.

(St. Petersburg 2006 und UNGASS+5 New York 2006)

… dass die Forschung zu HIV/AIDS

vorangetrieben wird.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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Schutz von Frauen

Insbesondere muss das Recht der Frauen auf

sexuelle Selbstbestimmung und ihr Schutz vor ge-

schlechtsspezifischer Gewalt gefördert werden.

Häufig weigern sich Männer, Kondome zu benut-

zen. In vielen Ländern bestimmen allein sie,

wann, wie und mit wem sie Sex haben.

Erst wenn Frauen politisch und wirtschaftlich eine

größere Rolle spielen und nicht mehr auf Gunst

und Geld ihrer Männer angewiesen sind, können

sie ihre Rechte durchsetzen. Das schützt auch ihre

Kinder. Deshalb gehören Programme für mehr

Teilhabe von Frauen und Mädchen am politischen

und wirtschaftlichen Leben und die Verbesserung

des Gesundheitswesens zusammen. In den Part-

nerländern der deutschen Entwicklungszusam-

menarbeit werden darum beide Bereiche zusam-

men bearbeitet.

Ziel deutscher Entwicklungszusammenarbeit ist

es auch, die Ansteckungsrate von der Mutter zum

Kind zu verringern. Bei der Geburt oder durch

Stillen stecken sich ein Drittel der Kinder von HIV-

positiven Müttern mit dem Virus an. Die Rate

sinkt, wenn Mutter und Kind vor und nach der

Geburt antiretrovirale Medikamente erhalten.

Diese Therapie unterdrückt die Vermehrung der

Viren im Körper. Verursachten die Medikamente

zu Beginn des Jahrtausends noch massive Neben-

wirkungen, sind sie in den vergangenen Jahren so

weit verbessert worden, dass Infizierte damit nun

noch viele Jahre fast beschwerdefrei leben kön-

nen. Doch rund drei Viertel der HIV-Infizierten

auf der Welt können sich diese Medikamente

nicht leisten. Die Bundesregierung unterstützt

deshalb das auf dem G8-Gipfel in Gleneagles 2005

beschlossene und in Heiligendamm 2007 bestä-

tigte Vorhaben, den allgemeinen Zugang zu anti-

retroviraler Therapie – soweit möglich – bis zum

Jahr 2010 zu erreichen. Damit das gelingt, fördert

Deutschland in den betroffenen Ländern bei-

spielsweise die Produktion von Generika, also

preisgünstigen Kopien von teuren patentge-

schützten Medikamenten.

Wissen kann Leben retten: HIV-Beratung beim Arzt

Für die globale Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuber-

kulose und Malaria sowie entsprechende Gesund-

heitssystemförderung hat die Bundesregierung

seit 2002 rund 300 Millionen Euro jährlich bereit-

gestellt. Dieser Beitrag wurde im Jahr 2007 auf

400 Millionen Euro erhöht. Ab 2008 wird Deutsch-

land dafür jährlich rund 500 Millionen Euro zur

Verfügung stellen.

Seit September 2007 fördert Deutschland zudem

die Debt2Health-Inititiative des GFATM. Als erstes

Geberland unterstützt Deutschland damit Ge-

sundheitsprogramme über Schuldenumwand-

lung. Als Pilotland wurde Indonesien ein Schul-

denerlass über 50 Millionen Euro gewährt. Im

Gegenzug stellt Indonesien dem Globalen Fonds

die Hälfte der Erlasssumme für Gesundheits-

programme im eigenen Land zur Verfügung.

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Gesundheit für die Demokratische Republik Kongo

Die Lebenserwartung

lag in der Demokrati-

schen Republik Kongo

im Jahr 1970 bei 46 Jah-

ren. Heute sind es nur

noch 43. Bürgerkrieg,

AIDS, Malaria und ein

kollabierendes Ge-

sundheitssystem sind

die Ursachen. Für Gesundheit kann die Regierung

derzeit nur einen US-Dollar pro Einwohner im

Jahr ausgeben. An einheimischen Universitäten

ausgebildete Ärzte und Ärztinnen verlassen das

Land, um sich in Europa und Nordamerika Arbeit

zu suchen. Jungen Medizinern fehlen erfahrene

Kollegen und Kolleginnen. Heute kommen auf

einen Arzt 11.000 Patienten – in Deutschland sind

es 350.

Die protestantische Kirche Christi im Kongo will

das ändern: In vier Krankenhäusern hat sie schon

110 Fachärzte ausgebildet, 40 weitere sollen bis

2010 ihren Abschluss machen. Dabei hilft der

Evangelische Entwicklungsdienst, die Bundesre-

gierung stellt Geld zur Verfügung. Das Besondere:

Erfahrene Ärzte und Ärztinnen aus Südafrika be-

gleiten die kongolesischen Medizin-

studenten. Das Ausbildungsniveau ist

deshalb hoch. Viele der Absolventen

arbeiten heute als Chefärzte. Mindes-

tens drei Viertel von ihnen sind in der

DR Kongo geblieben.

Die GTZ berät im Auftrag des BMZ das

Gesundheitsministerium in Kinshasa

zur AIDS-Bekämpfung. Bisher half sie

bei der Einrichtung von Beratungs-

und Diagnosezentren und der Vertei-

lung von antiretroviralen Medika-

menten. Ein weiteres Projekt sicherte

die Reinheit von Transfusionsblut.

Gefördert wird auch ein Malaria-Pro-

gramm sowie die Einrichtung von

Sozialkrankenkassen. Inzwischen hat

die Regierung ein umfassendes Ge-

sundheitsprogramm aufgestellt. Bei

der Umsetzung wird die GTZ noch bis

2014 helfen.

Lange Wartezeiten wegen Ärztemangel

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Entwicklung durch soziale Sicherheit

Hohe Ausgaben im Krankheitsfall sind der welt-

weit häufigste Verarmungsgrund: Sie treiben je-

des Jahr mehr als 100 Millionen Menschen in die

Armut. Das betrifft insbesondere Subsahara

Afrika. Armut und Krankheit verhindern, dass die

Menschen sich an der Entwicklung von Wirt-

schaft und Gesellschaft beteiligen können. Die

wirtschaftliche Produktivität eines Landes wird

dadurch erheblich geschwächt. Umgekehrt zeigt

sich, dass Länder, die in soziale Sicherungssys-

teme investieren, wirtschaftlich erfolgreich sind.

Doch vier von fünf Menschen auf dieser Welt müs-

sen ohne jegliche soziale Sicherung gegen grund-

legende Lebensrisiken wie Krankheit, Arbeitslosig-

keit, Alter, Armut und Verlust der Einkommens-

grundlagen leben. Mehr als 1,3 Milliarden Men-

schen haben keinen Zugang zu einer ausreichen-

den oder bezahlbaren Gesundheitsversorgung.

Gerade die Ärmsten haben ohne soziale Siche-

rung keinen Zugang zu Bildung und medizini-

schen Leistungen. Auf der anderen Seite steigt mit

der Einführung von Instrumenten der sozialen

Sicherung, wie Sozialversicherungen oder Sozial-

transfers, in armen Ländern die Einschulungsrate,

während die Krankheitsrate sinkt. Soziale Siche-

rung kann somit nicht nur schnell Armut ver-

ringern, sondern ist auch eine Investition in die

nächste Generation.

Soziale Sicherungssysteme sind kein Luxus.

Auch in Niedrigeinkommensländern sind sie

notwendig und finanzierbar.

Deutschland hat deshalb schon viele Partner-

länder dabei unterstützt, Krankenversicherungs-

systeme aufzubauen. In rund 30 Entwicklungs-

ländern bietet die deutsche Technische Zu-

sammenarbeit Beratung bei der Einführung

sozialer oder gemeindebasierter Krankenversi-

cherungssysteme an. Ein besonders erfolgreiches

Beispiel ist Ruanda, wo noch vor wenigen Jahren

fast niemand gegen Krankheit versichert war.

Inzwischen haben 70 Prozent der Bevölkerung

eine gemeindebasierte Krankenversicherung.

Damit werden Gesundheitsdienste wesentlich

umfangreicher genutzt.

Kinder als Altervorsorge? Auch inEntwicklungsländern ist das keine Lösung mehr.

G8 2007Die Bundesregierung hat in Heiligendammdeutlich gemacht, dass sie ihr Engagement imBereich soziale Sicherung künftig ausbauenwird. Mit der »Providing for Health Initiative«sollen die Entwicklungsländer beim Aufbaunachhaltiger Strukturen der Gesundheits-systemfinanzierung (soziale Absicherung imKrankheitsfall) koordiniert unterstützt werden.

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Das deutsche Engagement für die Grundsiche-

rung ist hingegen noch recht neu. Erste Vorhaben

gibt es in Sambia, El Salvador, Paraguay und

Indonesien. Grundsicherungsprogramme sollen

überwiegend extrem armen Haushalten sowie

besonders gefährdeten Gruppen wie Frauen,

Kindern, Menschen im Alter oder auch Menschen

mit Behinderungen zugutekommen. Beispiele für

solche Ansätze sind Sozialtransfers, die, wo es

möglich und sinnvoll ist, an Bedingungen ge-

knüpft sind wie die Nutzung von Gesundheits-

und Bildungsangeboten. Solche Transfers stärken

die Selbsthilfefähigkeit und ermöglichen es

Menschen, wieder eine bezahlte Beschäftigung zu

finden. Sie tragen damit nachhaltig zu breiten-

wirksamem Wachstum und zur Überwindung der

Armut bei. Eine wachsende Bedeutung kommt

ihnen auch für die Stützung von (erweiterten)

Familienstrukturen zu, wenn die traditionellen

gesellschaftlichen Netze durch die Auswirkungen

von HIV/AIDS geschwächt und überlastet sind.

Sambia: Sozialtransfers von acht Dollar im Monat können reichen

Im Distrikt Kalomo im süd-

afrikanischen Sambia ist

die Anfälligkeit für Krank-

heiten um ein Sechstel

gesunken. Waisenkinder

gehen häufiger zur Schule.

87% der Ärmsten essen

nun mehr als eine Mahl-

zeit am Tag. Das ist vor

allem Ergebnis eines Sozialtransfer-Programms,

bei dem die GTZ im Auftrag des BMZ staatliche

und zivilgesellschaftliche Organisationen beraten

hat. Traditionell kümmern sich in Sambia – einem

der am wenigsten entwickelten Länder der Welt –

Verwandte um verarmte Familienangehörige,

auch Dorf- und Stadtteilgemeinschaften helfen

Nachbarn in Notlagen. Doch seit die HIV/AIDS-

Epidemie einen großen Teil der mittleren Gene-

ration im erwerbsfähigen Alter tötet, bleiben viele

der Ärmsten – vor allem Kinder und Ältere –

unversorgt. Mehr als 73 % der Einwohner leben in

Armut. Die Haushalte, die sich nicht mehr selbst

aus ihrer extremen Armut befreien können,

erhalten nun im Rahmen des Sozialtransfer-

Programms acht bis zehn Dollar monatlich. Die

Wirkung dieser Transfers ist enorm. Neben der

unmittelbaren Verbesserung der Lebensverhält-

nisse konnten viele der Ärmsten sich Kleintiere

oder Saatgut kaufen und können nun für ihren

eigenen Lebensunterhalt sorgen.

Zwiebelernte bei Lusaka: Sambia gehört zu denam wenigsten entwickelten Ländern der Welt.

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Mikrofinanzierung – kleine Beträge, große Wirkung

Muhammad YunusTräger des Friedensnobelpreises 2006

Die Vergabe von Kleinkrediten zu verträglichen

Zinsen kann ein wichtiger Entwicklungsmotor

sein. Darum hat Muhammad Yunus aus

Bangladesch für den Aufbau seiner Mikrofinanz-

bank »Grameen Bank« den Friedensnobelpreis

2006 erhalten. Geschäftsbanken lehnen es meist

ab, Kreditanträge von unter 500 Euro zu bearbei-

ten. Benötigten arme Menschen dringend Geld,

blieb ihnen früher nur, sich zu Wucherzinsen zu

verschulden. Mikrofinanzinstitute dagegen ha-

ben Kunden im Blick, die ihr Leben oft schon mit

20 Euro nachhaltig ändern können. Eine Werk-

zeugkiste oder ein paar Hühner können aus ex-

trem armen Menschen Unternehmerinnen und

Unternehmer machen. Aber Mikrofinanzbanken

bieten Armen nicht nur Kredit, sondern auch alle

anderen Finanzdienstleistungen im kleinen For-

mat: Sie können ihr Erspartes bei einer Mikro-

finanzbank sicher anlegen, Geld an Familien oder

Geschäftspartner überweisen oder bei einer

Mikrofinanzinstitution eine Versicherung gegen

elementare Risiken wie Krankheit oder Ernteaus-

fall abschließen. So klein die Beträge auch sein

mögen, sie bedeuten doch einen großen Schritt

hinaus aus Abhängigkeit und Unsicherheit.

Frauen haben sich als besonders kreditwürdig

erwiesen. Sie wirtschaften oft erfolgreicher und

zahlen Kredite pünktlicher und zuverlässiger

zurück als Männer. Darum bilden sie heute die

G8 2007Die G8 beschlossen in Heiligendamm dieAuflegung eines regionalen Investitionsfonds, umkleine und mittlere Unternehmen in SubsaharaAfrika zu unterstützen (REGMIFA). Er wird durchdie Refinanzierung von Mikrofinanzinstitutionendazu beitragen, der wirtschaftlich aktiven, armenBevölkerung leichteren Zugang zu Finanzdienst-leistungen zu verschaffen und die wirtschaftlicheTeilhabe von Frauen zu erhöhen.

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Für jede ein Häuschen mit Garten? Indische Frauen aus der Kaste der Unberührbaren diskutieren, wie sie ihre Mikrokredite einsetzen.

Mehrheit der Mikrofinanzkunden, bei manchen

Banken 90 %. Mikrofinanzierung stärkt so auch

Rechte und Stellung von Frauen.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

unterstützt seit langem Mikrofinanzbanken und

hilft bei der Entwicklung eines verlässlichen Bank-

wesens. Dazu gehört die rechtliche Beratung von

Regierungen. Wo Kredite fließen, muss es auch

Spareinlagen geben. Diese aber müssen durch

Gesetze und eine wirksame Bankenaufsicht gesi-

chert sein, damit die Menschen Zutrauen in die

Institute fassen. Die Bundesregierung förderte

zwischen 2000 und 2006 den Bereich Mikrofinan-

zierung mit ca. 750 Millionen Euro und unter-

stützt in 58 Entwicklungsländern Finanzinstitu-

tionen mit insgesamt 50 Millionen Kunden. Ne-

ben der KfW und der GTZ beraten auch die

Sparkassenstiftung für internationale Koopera-

tion und der Deutsche Genossenschafts- und Raiff-

eisenverband im Auftrag des BMZ. Einer umfas-

senden Förderung des Finanzwesens in Afrika gilt

die Initiative »Making Finance Work for Africa

(MFWA – Finanzdienstleitungen in Afrika ermög-

lichen)«. Diese wird durch das BMZ zusammen mit

der Weltbank und weiteren Gebern durchgeführt.

Was kann ich tun?Spenden und wissen, dass das

Geld ankommt: Das Deutsche

Zentralinstitut (DZI) für soziale

Fragen vergibt ein Siegel an

Organisationen, die mit Spen-

den verantwortungsvoll um-

gehen. Unter www.dzi.de

können Sie im Spenden-Siegel-

Bulletin nach Ihrer gewünsch-

ten Organisation suchen.

»Mikrofinanzierung ist keine Wohltätigkeit.Sie ist die Anerkennung, dass arme Menschennicht das Problem, sondern die Lösung sind.«

Kofi Annan

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Energie schafft Entwicklung

Zwei Milliarden Menschen – ein Drittel der

Weltbevölkerung – haben keinen Zugang zu mo-

derner Energie. Sie verfeuern Holz, Dung und

Pflanzenreste häufig an offenen Feuerstellen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sterben je-

des Jahr anderthalb Millionen Frauen und Kinder

an Krankheiten, die der Rauch verursacht. Abhilfe

bringt schon ein moderner Holzherd, eine kleine

Biogasanlage oder ein Solarkocher.

Die Energiearmut zu beseitigen, gehört zum

Kampf gegen die Armut: Ohne Strom fließt kein

Trinkwasser in Wohnhäuser. Vor Naturkatastro-

phen kann nur gewarnt werden, wer außer dem

Empfangsgerät auch den Strom hat, es zu betrei-

ben. Energie ist Vorausetzung einer modernen ar-

beitsteiligen Wirtschaft. Darum setzt sich die

Bundesregierung für eine sichere, bezahlbare

und umweltverträgliche Energieversorgung für

die Menschen in den Entwicklungsländern ein.

Weltweit steigende Energiepreise treffen die

Erdöl importierenden Entwicklungsländer be-

sonders hart und machen ihre Anstrengungen

zur Armutsbekämpfung häufig zunichte. Die

Mehrausgaben für Erdöl waren für diese Länder

in den letzten Jahren höher als die gesamte

öffentliche Entwicklungshilfe der Geberländer.

In Subsahara-Afrika lagen diese Mehrausgaben

2005 bei durchschnittlich 2,7 % des Nationalein-

kommens. Entwicklungspolitische Anstrengun-

gen und Initiativen zum Schuldenerlass für arme

Länder werden so konterkariert. Die Erdöl im-

portierenden Länder sitzen in der Energieschul-

denfalle: Ohne Öl können sie kein Wachstum

erzielen, um ihre Schulden abzubezahlen und die

Lebensbedingungen zu verbessern. Kaufen sie

aber Öl, steigen ihre Schulden.

Mühsame Energiebeschaffung

Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaftwurde die auf dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon imDezember 2007 gegründete Energiepartnerschaftzwischen Afrika und Europa auf den Weg gebracht.Wesentliche Punkte sind:

• Dialog zur Energiesicherheit,

• Zugang zu umweltverträglicher, nachhaltigerEnergieversorgung,

• Förderung günstiger Bedingungen fürInvestitionen im Energiebereich,

• Steigerung der Investitionen in ErneuerbareEnergien und Energieeffizienz,

• Verwendung der Einnahmen aus Öl- und Gasexporten für Entwicklung,

• Steigerung der Transparenz bei der Verwendungvon Einnahmen aus Öl- und Gasexporten fürEntwicklung,

• Anpassung an den Klimawandel.

Page 79: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

M e n s c h e n L e b e n s p e r s p e k t i v e n e r ö f f n e n

| |Nepal: Kochen mit Rinderdung

Hira Shresta hat

mit einer Biogas-

anlage ihr Leben

verändert. Wie

überall in den

ländlichen Ge-

bieten Nepals

gab es auch in ihrer Küche nur eine offene Feuer-

stelle ohne Rauchabzug. Um kochen zu können,

musste sie mit ihren Kindern täglich bis zu drei

Stunden nach Brennmaterial im Wald suchen.

Wegen des ständigen Rauchs plagten sie tränen-

de Augen und starke Atembeschwerden. Seit sie

ihren Mann vom Kauf einer Biogasanlage über-

zeugen konnte, hat sich das geändert. Der vergä-

rende Dung ihrer beiden Rinder reicht nun aus,

um Energie fürs Kochen zu erzeugen. Seither

lernen ihre Kinder für die Schule, statt in den Ber-

gen nach Holz zu suchen, und ihr geht es nicht

nur gesundheitlich besser.

Für bäuerliche Haushalte wie den von Hira Shresta

hat die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des

BMZ in Nepal bislang rund 100.000 Biogasanla-

gen gefördert. Etwa doppelt so viele sollen es bis

2009 werden.

Gesund für Mensch und Umwelt: Biogas aus der Wand

Page 80: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

80

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Solarkocher in Malawi

Die Bundesrepublik setzt in ihrer Energiepolitik

auf die Förderung von verbesserten rechtlichen

und administrativen Rahmenbedingungen, auf

Zusammenarbeit der Staaten untereinander bei

grenzüberschreitenden Vorhaben, auf Erneuer-

bare Energien und die Steigerung der Energie-

effizienz.

Die Bundesregierung fördert Energievorhaben

besonders dort, wo sie der Verbesserung der wirt-

schaftlichen Möglichkeiten für die Armen, dem

Zugang der Armen zu Energie, der Schaffung

sozialer Sicherheit, der Stabilität der Partner-

länder und dem Schutz der Umwelt dienen.

Die Bundesregierung fördert keine Kernenergie

und nur unter bestimmten Voraussetzungen den

Bau großer Wasserkraftwerke. Bei Vorhaben im

Bereich Wasserkraft überprüfen wir die Folgen

für Mensch und Umwelt besonders genau. Denn

beim Fluten großer Gebiete für Stauseen verlieren

viele Menschen ihre Heimat und landwirtschaftli-

che Nutzfläche. Unter Umständen fallen zudem

Ernte und Fischfang am Flussunterlauf nach

Errichtung von Staumauern geringer aus

(siehe Seite 146 ff).

Ziel der Bundesregierung ist… eine sichere, bezahlbare und umwelt-

verträgliche Energieversorgung inEntwicklungsländern.

Page 81: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

81

|| Vietnam: Aufbau einer Bergaufsicht

In Vietnam trägt der Berg-

bau mit 6,3 % wesentlich

zum Bruttoinlandspro-

dukt bei. Über 200.000 Be-

schäftigte arbeiten im

Bergbau. Weitere 600.000

Menschen arbeiten in

abhängigen Bereichen.

Derzeit stellen Arbeits-

schutz und Umweltverträglichkeit erhebliche

Probleme im vietnamesischen Bergbau dar. Ein

1996 verabschiedetes Berggesetz sollte das

ändern. Für eine effektive Überwachung der Be-

triebe fehlten jedoch bisher Fachkräfte, Ausrüs-

tung und entsprechende Befugnisse der jeweili-

gen Institutionen.

Nun soll eine Bergaufsicht alle bergbaulichen

Bereiche, z.B. Arbeits-, Gesundheits- und Umwelt-

schutz, überwachen. Beim Aufbau einer entspre-

chenden Abteilung unterstützt die Bundesanstalt

für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im

Auftrag des BMZ den geologischen Dienst Viet-

nams. Mitarbeiter der neuen Bergaufsicht werden

im Inspektionswesen für den Bergbau aus- und

fortgebildet. Dabei arbeitet das Vorhaben eng mit

nationalen und internationalen Bergbaubetrie-

ben, Wissenschaftlern und Gewerkschaften sowie

der Internationalen Labour Organisation (ILO)

zusammen.

In lokalen Veranstaltungen wird die in der Nähe

von Bergwerken lebende Bevölkerung über Um-

welt- und Gesundheitsschutz sowie über ihre

Rechte und die Pflichten der Bergbaubetriebe

informiert. Schon nach den ersten Inspektionen

haben sich die Arbeitsbedingungen in den Berg-

werken verbessert, beispielsweise erhalten

Bergleute nun Schutzkleidung. Auch die durch

Bergwerke verursachte Umweltbelastung nimmt

ab – eine Verbesserung der Lebensbedingungen

vor allem für die Anwohner.

Vietnamesinnen bei der Backsteinproduktion

Page 82: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

82

Rohstoffreichtum nachhaltig nutzen

Rohstoffe können erheblich zur wirtschaftlichen

Entwicklung eines Landes beitragen. Für den

Wohnungs- und Wegebau braucht man Bau-

rohstoffe; Dünger aus mineralischen Rohstoffen

können die Nahrungsmittelproduktion erhöhen.

In vielen Fällen sind Rohstoffe die wichtigsten

Wirtschafts- und vor allem Exportgüter von Ent-

wicklungsländern. Wegen weltweit wachsender

Nachfrage verzeichnen rohstoffreiche Entwick-

lungsländer seit einigen Jahren hohe Einnahmen.

Privatwirtschaftliche und staatliche Unterneh-

men könnten die Gewinne aus dem Rohstoffsek-

tor (Export und Produktion) für Investitionen in

eine wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung nut-

zen. Doch ist das bisher nicht immer der Fall.

Damit der Rohstoffreichtum der gesamten Bevöl-

kerung zugutekommt, müssen die Rahmenbedin-

gungen für eine nachhaltige Nutzung verbessert

und ein verantwortungsbewusster Umgang mit

Ressourcen gefördert werden. Bei beidem unter-

stützt die Bundesregierung Entwicklungsländer.

Der Schutz der Umwelt sowie Fragen der sozialen

Gerechtigkeit, Konfliktprävention und der politi-

schen Partizipation bzw. Transparenz werden da-

bei besonders berücksichtigt.

G8 2007Die G8 Staaten haben in Heiligendamm eine»Pilotstudie zu Zertifizierung von Handels-ketten von ausgewählten mineralischenRohstoffen« beschlossen. Die Studie wird vonDeutschland umgesetzt. BMZ und BMWIfinanzieren die Studie hälftig, sie wird inRuanda durchgeführt werden.

Eine wichtige Grundlage für verantwortliches

Handeln im Rohstoffsektor ist Transparenz.

Deshalb fördert die Bundesregierung Transpa-

renzinitiativen, wie z.B. die »Extractive Industries

Transparency Initiative« (EITI) (siehe Seite 142 ff).

Auch Zertifizierungen erhöhen die Transparenz

bei Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen

und tragen damit zur Minderung von Armut und

zur Konfliktvermeidung bei.

Soziale und ökologische Standards, wie Arbeits-

und Gesundheitsschutz, sollten sowohl bei Gewin-

nung und Verarbeitung von Rohstoffen als auch

im Handel gesichert sein. Regelwerke dafür gibt

es in den meisten Entwicklungsländern. Bei der

Umsetzung besteht jedoch noch Unterstützungs-

Zertifikate für mineralische Rohstoffe:

Im Auftrag des BMZ entwickelt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) einen

analytischen Herkunftsnachweis für Coltan (Minerale der Columbit-Tantalit-Gruppe). Damit soll die

Herkunft gehandelter Coltanerze überprüft und Lieferungen aus Konfliktregionen vermieden werden.

Der illegale Abbau von Coltan in den Ostprovinzen der DR Kongo gilt als ein wichtiger Grund für das

Andauern des bewaffneten Konflikts. Bisher konnten geeignete Laborverfahren entwickelt werden,

die die Herkunft von Coltanerzen aus verschiedenen Abbaugebieten in Zentralafrika eindeutig

belegen, allerdings kann der Nachweis je nach Herkunftsgebiet sehr aufwendig sein, daher wird die

Entwicklung und Standardisierung der Verfahren fortgesetzt.

Page 83: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

83

Indonesien: Ein Klein-wasserkraftwerk liefertauch in abgelegenenGegenden Strom.

und Beratungsbedarf. Die Bundesregierung

unterstützt die Einhaltung international aner-

kannter Mindeststandards und Konventionen in

den Bereichen Umwelt-, Arbeits- und Gesund-

heitsschutz. Dabei werden die Verantwortung des

privaten Sektors im Sinne des UN-Global-Compact

und der OECD-Leitsätze für multinationale Unter-

nehmen (siehe Seite 168 »Private Unternehmen in

die Verantwortung nehmen«) miteinbezogen.

Einen weiteren Beitrag leisten freiwillige Initiati-

ven der Industrie in diesem Bereich, z. B. über den

International Council on Minerals and Metals

(ICMM), oder Selbstverpflichtung von Finanzie-

rungsinstitutionen (Äquator-Prinzipien).

Ziel der Bundesregierung ist,… Partnerländer dabei zu unterstützen, den

Rohstoffsektor im Sinne der Nachhaltigkeitzu gestalten und seinen Beitrag zurArmutsminderung zu optimieren.

Page 84: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

84

Den Planeten Erde und seine Lebewesen schützen

Page 85: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

85

Hauptverursacher des Klimawandels sind die Industrienationen,größte Leidtragende werden die Entwicklungsländer sein. Deshalbtragen die Industrieländer eine besondere Verantwortung.

Die Umwelt zu schützen, den Klimawandel zu verlangsamen und den Ärmsten bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen, ist Aufgabe der Weltgemeinschaft.

Page 86: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

86

3. Der Klimawandel trifft alle …

Wüsten, wo einst Felder blühten, überflutete

Küstenstriche und Inseln, Millionen Menschen

auf der Flucht vor Dürre, Sturm und Überschwem-

mung: Solche Szenarien sind möglich, wenn sich

die Erdatmosphäre weiter aufheizt.

Schon heute spüren wir Folgen des Klimawandels.

Dabei ist die Durchschnittstemperatur auf der

Erde seit Beginn der systematischen Temperatur-

erfassung im Jahr 1850 erst um 0,76 Grad gestie-

gen. Als sicher gilt, dass wir im Jahr 2100 mindes-

tens mit einer Erderwärmung von 1,1 Grad rech-

nen müssen – im schlimmsten Fall mit 6,4 Grad.

Nach verschiedenen Szenarien des Zwischen-

staatlichen Ausschusses für Klimawandel (IPCC),

veröffentlicht 2007 in seinem Vierten Sachstands-

bericht, könnte sich der Meeresspiegel bis Ende

des Jahrhundert im Vergleich mit dem Zeitraum

1980 – 1999 im globalen Mittel zwischen 0,18 m

und 0,59 m erhöhen; für viele Inselstaaten und

Siedlungsgebiete in Flussmündungen bedeutet

dies den sprichwörtlichen Untergang. Im Ver-

gleich zu den 1960er-Jahren gibt es bereits heute

mehr als dreimal so häufig schwere Wirbelstürme

und Überschwemmungen. Es fliehen mehr Men-

schen vor Umweltkatastrophen als vor Kriegen.

Aufgrund der Erwärmung sterben Tier- und Pflan-

zenarten aus, ganze Ökosysteme gehen verloren.

Page 87: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

87

»Um die Klimakatastrophe abzuwenden, müssten bis 2050 dieKohlendioxid-Emissionen um 25 % niedriger liegen als heute. DieIndustrienationen könnten mit nur 1 % ihres jährlichen Brutto-inlandsprodukts (BIP) die katastrophalen Folgen des Klimawandelsabwenden«

Sir Nicholas Stern, Berater der britischen Regierung und früherer Chefökonom der Weltbank

Page 88: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

88

… aber vor allem die Ärmsten

Während etwa Australiens Regierung erwägt,

Korallenriffe mit Sonnensegeln zu schützen,

haben die armen Länder nicht einmal die finan-

ziellen und technischen Mittel, um ihre von der

Erwärmung bedrohten Lebensgrundlagen – wie

etwa die Trinkwasserversorgung – zu retten. Dazu

kommt, dass die meisten Entwicklungsländer in

den tropischen und subtropischen Zonen liegen,

wo sich der Klimawandel voraussichtlich verhee-

render auswirken wird als in den gemäßigten

Zonen, wo die meisten Industrieländer liegen.

Schon heute wächst die Sahelzone in Nordnigeria

jährlich um 2.000 Quadratkilometer – annähernd

die Fläche des Saarlands. Im Osten und Süden

Afrikas sind die Regenzeiten unberechenbar ge-

worden. Gerade dort aber ist die Landwirtschaft

auf regelmäßige Regenfälle angewiesen, da die

Bewässerungssysteme jahreszeitlichen Wasser-

mangel nicht ausgleichen können.

Auch Krankheiten nehmen durch den Klima-

wandel zu. Malaria breitet sich in vormals dafür

zu kühlen Regionen aus, die immer häufiger wer-

denden Überschwemmungen bieten eine Brut-

stätte für Mücken, die die Krankheit übertragen.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass

dadurch die Zahl der Erkrankungen in einigen

Ländern bereits um 6 % gestiegen ist.

Allein um die Schäden durch Naturkatastrophen

zu beheben, müssen arme Länder einen immer

größeren Teil ihres Nationaleinkommens aufbrin-

gen: Geld, das nicht in Bildung, Gesundheit und

wirtschaftliche Entwicklung investiert werden

kann. So wird der Klimawandel zur Entwicklungs-

bremse und gefährdet die Erreichung der Millen-

niumsziele.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

In Äthiopien haben schonheute 80 % der Menschen

kein Trinkwasser. BesondersMädchen müssen beim

Wassertragen helfen.

Page 89: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

89

Es trifft vor allem die Südhalbkugel: Gefährdung durch ausgewählte Folgen des Klimawandels

UmweltbedingteMigration

KlimabedingteZunahme vonSturm- und Flut-katastrophen

KlimabedingteDegradationvon Süßwasser-ressourcen

KlimabedingterRückgang derNahrungsmittel-produktion

PotenzielleKrisenherde

TropischeWirbelstürme:zunehmendeIntensität und Anzahl

Quelle WBGU, 2006. Karte MediaCompany GmbH

G8 2007Die Staats- und Regierungschefs haben sich in Heiligendamm darauf geeinigt,vor dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls unter dem Dach der VereintenNationen bis Ende 2009 ein neues Abkommen auszuhandeln.

Page 90: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

90

Gemeinsam die Erwärmung bekämpfen

Verursacht wird der Klimawandel durch die Zu-

nahme von sogenannten Treibhausgasen wie

Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre.

Während sie das kurzwellige Sonnenlicht unge-

hindert zur Erdoberfläche strahlen lassen, reflek-

tieren diese Gase die langwellige Wärmestrah-

lung der Erdoberfläche. Die Wärmeenergie kann

nicht in den Weltraum abgestrahlt werden und

heizt – wie in einem Gewächshaus – die Atmos-

phäre immer weiter auf. Zum Stillstand kommt

dieser Prozess erst dann, wenn die Konzentration

an Treibhausgasen in der Atmosphäre sinkt.

Deutschland und Europa nehmen im Kampf ge-

gen den Klimawandel eine Vorreiterrolle ein. Die

Bundesregierung drängt auch international dar-

auf, den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch zu

mindern sowie Entwicklungsländer bei der An-

passung an den Klimawandel zu unterstützen.

Gemeinsam mit der EU will Deutschland erreichen,

dass die weltweite Durchschnittstemperatur um

nicht mehr als 2°C im Vergleich zum vorindustriellen

Zeitalter ansteigt. Die Folgen eines solchen Anstiegs

gelten als gerade noch beherrschbar.

Page 91: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

91

Investitionen in erneuerbareEnergien lohnen sich: Auf diesePhotovoltaikanlage im indischenBrahma Kumari Ashram scheint an300 Tagen im Jahr die Sonne.

Die Bundesrepublik gehört zu den Erstunterzeich-

nern des Kyoto-Protokolls, in dem sich die meisten

Industrienationen verpflichtet haben, ihren Aus-

stoß von Treibhausgasen bis 2012 zu senken: die

EU insgesamt um 8 %, Deutschland sogar um 21 %

im Vergleich zum Jahr 1990.

Während der deutschen EU- und G8-Präsident-

schaften 2007 hat Deutschland den Klimawandel

zu einem zentralen Thema erklärt. Entschiedenes

Handeln ist gefragt: Denn seit der Verabschie-

dung des Kyoto-Protokolls 1997 wurde weltweit

nicht etwa weniger CO2 ausgestoßen, sondern im

Gegenteil jährlich 500 Millionen Tonnen mehr.

Ein wichtiger Schritt zur Umkehrung dieser Ent-

wicklung war die Klimakonferenz der Vereinten

Nationen in Bali im Dezember 2007. Dort hat sich

die Weltgemeinschaft darauf geeinigt, bis Ende

2009 ein umfassendes Folgeabkommen für das

2012 auslaufende Kyoto-Protokoll auszuhandeln.

Besondere Bedeutung hat die Tatsache, dass sich

alle wichtigen CO2-Verursacher dem Kompromiss

von Bali angeschlossen haben; das Kyoto-Proto-

koll hatten die USA nicht ratifiziert. Erstmals ha-

ben auch die Schwellen- und Entwicklungsländer

zugestimmt, auch ihrerseits Maßnahmen zur

Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes zu ergrei-

fen. Der Großteil der Emissionsminderungen wird

dennoch von den Industrieländern erbracht

werden müssen.

Page 92: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Hochwasserschutz in den indischenSundarbans: Der größte Mangroven-

wald der Welt droht durch den Anstiegdes Meeresspiegels zu versalzen. Das

Weltnaturerbe ist letztes Rückzugs-gebiet des bengalischen Tigers.

Auf der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992

wird die Klimarahmenkonvention der Vereinten

Nationen (UNFCCC) verabschiedet, die als erstes

internationales Abkommen den Klimawandel als

ernstes Problem beschreibt. Sie trat 1994 in Kraft.

Das Kyoto-Protokoll von 1997 ist das Zusatzproto-

koll der Klimarahmenkonvention. Die Vertrags-

staaten verpflichten sich in dem Abkommen, den

Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 weltweit um

5,2 % unter das Niveau von 1990 zu senken. Das

Protokoll trat im Februar 2005 in Kraft.

Die Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007

hat den Rahmen abgesteckt für die Zeit nach 2012,

wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft. Der dort verab-

schiedete »Bali-Fahrplan« umfasst vier Elemente:

Minderung von Treibhausgas-Emissionen, Anpassung

an den Klimawandel, Technologiekooperation,

Finanzierung von Minderungs- und Anpassungs-

maßnahmen. In Bali wurde ebenfalls beschlossen,

für Industriestaaten bis 2020 eine Minderung der

Emissionen von 25 % bis 40 % gegenüber 1990 anzu-

streben. Bis 2050 soll eine globale Verringerung der

Treibhausgas-Emissionen von 50 % erreicht werden.

Die Global Environment Facility (GEF) wurde gebe-

ten, bis Mai 2008 ein Programm zur Technologie-

kooperation zu entwickeln. Die in Bali verabschie-

dete Wald-Klima-Partnerschaft (FCPF) soll pilothaft

Ansätze testen, wie Entwicklungsländer dafür ent-

schädigt werden können, wenn sie ihre Wälder

langfristig schützen, statt sie für andere Nutzungs-

arten (z.B. Palmölplantagen) abzuholzen.

92

Page 93: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

93

Global Environment Facility

Die Globale Umweltfazilität (Global Environment

Facility/GEF) ist das zentrale Finanzierungsinstru-

ment zur Umsetzung der internationalen Umwelt-

konventionen. Sie stellt Mittel für Maßnahmen zum

Schutz des Klimas, der Gewässer, der Ozonschicht

und der Artenvielfalt, zum Kampf gegen Entwaldung

und Versteppung sowie zur Chemikaliensicherheit

zur Verfügung. Seit 1991 hat die GEF sich mit 6,2 Mil-

liarden US-Dollar an 1.800 Projekten in 140 Entwick-

lungsländern beteiligt. Deutschland ist mit durch-

schnittlich 11 % Anteil ihr drittgrößter Geber.

Page 94: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

94

Emissionen stoppen, Entwicklung ermöglichen …

Kohlendioxid wird insbesondere bei der Nutzung

fossiler Brennstoffe wie Öl, Gas oder Kohle frei-

gesetzt. Dies geschieht vor allem in den Industrie-

nationen – in der Produktion, beim Heizen und

Kühlen, im Verkehr. Die Zunahme des von Men-

schen verursachten CO2-Gehalts in der Atmos-

phäre geht zu 75 % auf das Konto der Industrie-

länder. Damit sind sie maßgeblich für den bisher

messbaren Temperaturanstieg verantwortlich

und tragen somit eine besondere Verantwortung

beim Kampf gegen den Klimawandel. Dieser

Emissionstrend wird sich aktuellen Studien zu-

folge in den kommenden Jahrzehnten ausglei-

chen – ein Großteil des Anstiegs der Treibhaus-

gase wird dann auf das Konto der Schwellenländer

gehen. Vor diesem Hintergrund ist es dringend

notwendig, dass die Industrienationen die Ent-

wicklungs- und Schwellenländer im Kampf gegen

Klimagipfel in Nairobi 2006

Energiegewinnung (in Prozent) geordnet nach Rohstoffen

Kohle, Gas, Öl Wasserkraft Atomkraft

Ostasien und Pazifik

81,9

15,6

1,8

Europa undZentralasien

66,0

17,516

Lateinamerikaund Karibik

37,0

57,6

2,5

Nahost undNordafrika

92,5

7,4

0

Südasien

79,9

16,7

2,4

SubsaharaAfrika

76,1

20,1

3,2

Eurozone

52,2

8,4

33,6

Welt

66,2

16 15,2

Quelle: Weltbank

Page 95: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

95

Macht das Leben leichter: Energiesparherd in Uganda

den Klimawandel unterstützen. Etwa durch den

Transfer moderner Technologien, die eine klima-

freundliche Energieversorgung ermöglichen.

Am meisten CO2 verursachen die USA: Sie sind für

21,8 % des weltweiten Ausstoßes verantwortlich.

Seit 2006 hat China die EU überholt und folgt nun

auf dem zweiten Platz mit 17,9 %.

Der steigende Energiebedarf der Entwicklungs-

länder und vor allem der aufstrebenden Wirt-

schaftsmächte wie China, Indien und Brasilien

wird den Klimawandel stark beschleunigen. Bis

2010 dürfte China die USA als größter CO2-Ver-

ursacher ablösen. Pro Kopf verursachen die

Chinesen allerdings auch dann noch weit weni-

ger CO2-Emissionen als die Menschen in Europa

und Nordamerika. Heute verbraucht ein Deut-

scher viermal so viel Energie wie ein Mensch in

China, ein US-Bürger sogar achtmal so viel.

Zu Recht bestehen die Entwicklungsländer dar-

auf, dass sie ihren Energieverbrauch steigern dür-

fen. Denn Energie ermöglicht Wirtschaftswachs-

tum und damit Entwicklung. Deutschland trägt

durch eine umfangreiche Kooperation im Tech-

nologiebereich dazu bei, dass dieses Wachstum so

klimaverträglich wie möglich stattfindet.

Ziel der Bundesregierung ist…eine Verringerung der weltweiten

CO2-Emissionen. (MDG 7)

…bis 2020 die eigenen Treibhaus-

emissionen um 40 % zu senken unter

der Voraussetzung, dass die EU ihre

Emissionen im selben Zeitraum um

30 % gegenüber 1990 reduziert und

andere Staaten vergleichbar ehr-

geizige Ziele übernehmen.

Ziel der EU ist,…bis 2020 ihre Treibhausemissionen um

mindestens 20 % zu senken und sogar

um 30 %, sofern sich die USA und

Australien zu einer vergleichbaren

Senkung verpflichten und Indien und

China zumindest einen kleinen Beitrag

leisten. (EU-Gipfel März 2007)

…dass die globale Mitteltemperatur

nicht mehr als um zwei Grad steigt.

(EU-Gipfel März 2007)

Page 96: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Johannesburg 2002 Auf dem Nachhaltigkeitsgipfel von Johannesburg 2002 verabschiedete die

internationale Gemeinschaft einen Aktionsplan, der unter anderem darauf zielt,

den Anteil Erneuerbarer Energien weltweit »dringend« zu erhöhen.

Deutschland und die EU konnten sich nicht damit durchsetzen, den Anteil der

Erneuerbaren bis 2010 weltweit auf 15 % zu erhöhen. Die Bundesrepublik schloss

sich daraufhin mit Gleichgesinnten zur Johannesburg Renewable Energy

Coalition (JREC) zusammen, die sich klare Zeitpläne für die Erhöhung des Anteils

gab.

Bonn 2004 Auf der Renewables 2004 in Bonn beschlossen Regierungen und zivilgesellschaft-

liche Gruppen ein internationales Aktionsprogramm mit rund 200 Einzelmaßnah-

men. Ab 2015 könnten so jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden.

Das entspräche 5 % des globalen CO2-Ausstoßes. Die Weltbank verpflichtete sich,

ihre Kreditzusagen für Investitionen in neue Erneuerbare Energien (ohne große

Wasserkraft) bis 2009 jährlich um mindestens 20 % zu erhöhen. China erklärt seine

Absicht, den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung auf 10 % zu steigern.

Gleneagles 2005 Auf dem G8-Gipfel in Gleneagles 2005 verpflichteten sich die Regierungschefs

zur weltweiten Förderung nachhaltiger Energiepolitik. Der Aktionsplan beinhaltet:

– den Ausbau Erneuerbarer Energien,

– Finanzierungshilfen für den Übergang zu sauberer Energie,

– die Stärkung von Marktmechanismen im Klimaschutz,

– Maßnahmen gegen illegalen Holzeinschlag auf der Angebots-

wie auf der Nachfrageseite.

St. Petersburg 2006 Auf dem G8-Gipfel in St. Petersburg 2006 erklärten die Regierungschefs,

gemeinsam mit der Wirtschaft innovative Technologien voranzutreiben und

insgesamt größere Energiesicherheit zu erreichen.

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D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

97

…durch Erneuerbare Energien

Wenn wirtschaftliche Entwicklung nicht zur

Zerstörung der Umwelt führen soll, müssen Alter-

nativen zu den fossilen Brennstoffen entwickelt

werden – auch und gerade in Ländern, die heute

geringe Emissionen haben. Gerade weil ein

Mensch in Afrika nur ein Zwanzigstel der Energie

eines Amerikaners verbraucht, müssen wir die

Chance nutzen, heute die Weichen für eine nach-

haltige umweltverträgliche Energieversorgung in

allen Teilen der Welt zu stellen.

Auch hierin weist die Bundesrepublik den Weg.

Deutschland ist Weltmarktführer bei Anlagen,

die mit Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme

Energie erzeugen. Durch die Entwicklung dieser

Technologien sind bisher 170.000 Arbeitsplätze in

Deutschland entstanden. Heute stammen schon

rund 10 % des deutschen Stroms aus erneuerbaren

Quellen.

Darum arbeitet die deutsche Entwicklungszusam-

menarbeit im Bereich Energie eng mit der deut-

schen Wirtschaft zusammen. Deutsche Unterneh-

men gewinnen regelmäßig mehr als die Hälfte

der internationalen Ausschreibungen von Ener-

gievorhaben der Entwicklungspolitik. Dadurch

entsteht eine Triple-Win-Situation: Die Vorhaben

nutzen der Bevölkerung, der Umwelt und deut-

schen Unternehmen.

Gerade Afrika bietet enorme Potenziale für Er-

neuerbare Energien. Die Sonne ist aufgrund der

klimatischen Verhältnisse weit stärker als Energie-

quelle nutzbar als in nördlichen Breitengraden.

Auch Windkraft und Erdwärme fängt man gerade

erst an, als Energiequelle zu nutzen. Hier wird die

Bundesregierung ihr Engagement verstärken.

Eine besondere Herausforderung stellt die Gestal-

tung nachhaltiger Energieversorgung in den be-

völkerungsreichen Entwicklungsländern Asiens

mit starkem Wirtschaftswachstum dar, insbeson-

dere China, Indien und Indonesien. Hier gilt es,

den Energiehunger der schnell wachsenden Wirt-

schaft in Zukunft so weit wie möglich mit saube-

ren und effizienten Technologien zu stillen.

Darum ist in vielen asiatischen Ländern Energie-

versorgung ein Schwerpunkt unserer Zusammen-

arbeit. Unter anderem unterstützt die deutsche

Entwicklungszusammenarbeit die chinesische

Regierung in ihrem Plan, bis 2010 etwa 23 Millio-

nen Menschen in ländlichen Regionen mit Strom

aus Sonnen-, Wind- oder Wasserenergie zu ver-

sorgen. Im Auftrag des BMZ finanziert die KfW

300 Photovoltaik-Systeme, und die GTZ berät

Institutionen beim Aufbau eines Marktes für Er-

neuerbare-Energien-Technologien.

Im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare

Energien unter Federführung des Bundeswirt-

schaftsministeriums können sich deutsche Unter-

nehmen mithilfe des GTZ-Projektentwicklungs-

programms (PEP) über Geschäftsmöglichkeiten

im Erneuerbare-Energie-Markt von Entwicklungs-

ländern informieren und Kontakte zu potenziel-

len Geschäftspartnern knüpfen. Ein Pilotprojekt

wurde 2007 im Senegal erfolgreich abgeschlos-

sen. Mehrere der daran beteiligten deutschen

Unternehmen haben bereits klare Signale für ein

stärkeres Engagement im senegalesischen

Energiemarkt gezeigt, beispielsweise zur Dorf-

elektrifizierung. Weitere Projekte mit Fokus auf

Afrika und Südostasien sind geplant.

Unter deutscher EU-Ratspräsidentschaftbeschlossen die EU-Mitglieder eine bes-sere Koordinierung bei der Umsetzungder VN-Umweltkonventionen zu Klima-schutz, Erhalt der biologischen Vielfalt,Walderhalt und Wüstenbildung.

Page 98: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Kochen ohne Holzsammeln: Eine Inderin gießt Wasser und Kuhdung in ihre Biogasanlage.

Neben dem Klimaschutz können Erneuerbare

Energien auch zu Stabilität und Frieden beitra-

gen. Vor allem die Erdöl importierenden Länder

werden dadurch politisch unabhängiger.

Regierungskrisen, Korruption und Misswirtschaft

betreffen die Verbraucher von Erneuerbaren

Energien weniger, denn Strom und Heizwärme

aus Wind oder Sonne werden lokal erzeugt, bei-

spielsweise auf dem eigenen Dach.

Zudem helfen Erneuerbare Energien, die Welt

sicherer zu machen. Fast zwei Drittel der Erdöl-

reserven lagern im Nahen Osten, einer der insta-

bilsten Regionen der Welt. Der Hunger nach Öl

schürt die dortigen Konflikte. Auch diese Region

könnte in Zukunft von Erneuerbaren Energien

profitieren, denn nicht nur Sonne, sondern auch

Wind gibt es dort reichlich.

Sonderfazilität für Erneuerbare Energien

und Energieeffizienz

Auf dem Nachhaltigkeitsgipfel von Johannesburg rief

die Bundesrepublik das Programm »Nachhaltige

Energie für Entwicklung« mit einem Volumen von

einer Milliarde Euro bis 2007 ins Leben. Bereits 2005

war die Summe verplant. Das Programm wurde un-

befristet verlängert und finanziell ausgebaut. Dafür

schuf Deutschland bei der Renewables-Konferenz

2004 eine Sonderfazilität für Erneuerbare Energien

und Energieeffizienz. Diese stellt jährlich mindestens

200, derzeit sogar 300 Millionen Euro für zinsgüns-

tige Kredite bereit. 37.000 Haushalte in Marokko

konnten dadurch beispielsweise mit Solarstrom

versorgt werden. Bis 2010 will die marokkanische

Regierung mit deutscher Hilfe das Land vollständig

elektrifizieren.

98

Page 99: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

99

| Kenia: Energie aus dem »Tor zur Hölle« |

Im Rift Valley – dem in

Kenia gelegenen Teil des

»ostafrikanischen Gra-

benbruchs« – mitten in

einem der vielen Natio-

nalparks des Landes

steht Olkaria II. Aus den

Schloten dampft es weiß, doch weder Tiere

noch Touristen stören sich daran. Das Kraft-

werk speist sich aus Erdwärme: Wasser wird

durch Bohrlöcher in zweitausend Meter Tiefe

geleitet und kommt als 300 Grad heißer

Dampf zurück an die Oberfläche und ins

Kraftwerk. Weil die Erde in dieser Gegend

dampft, nennen sie die Einheimischen »Tor

zur Hölle« – es ist eine Erdspalte, die sich vom

Jordan bis Mosambik zieht. 2.000 Megawatt

könnten in diesem Boden stecken – doppelt

so viel, wie Kenia derzeit verbraucht.

Erst jeder vierte Kenianer hat Zugang zu

Strom, 11 % davon stammen aus Erdwärme,

62 % aus Wasserenergie und nur 13 % aus fossi-

len Energien. Olkaria II ist das größte Erdwär-

mekraftwerk Afrikas und liefert etwa 430.000

Personen zuverlässig Strom. Die KfW Ent-

wicklungsbank hat sich mit 17 Millionen Euro

vor allem an der Erkundung und Erschlie-

ßung des Erdwärmefeldes beteiligt. Die

Bundesanstalt für Geowissenschaften und

Rohstoffe (BGR) unterstützt über das Pro-

gramm GEOTHERM die Bewertung und Er-

schließung weiterer geothermischer Stand-

orte im ostafrikanischen Rift Valley.

Ein Massai und sein Sohn betrachten eines der Erdwärmekraftwerke im Rift Valley.

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

Page 100: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

| Ägypten: Windpark am Roten Meer |

In Ägypten stammen

80 % der elektrischen

Energie aus thermi-

schen Kraftwerken. Der

Rest wird in Wasser-

kraftwerken am Nil

produziert. Um den

stark wachsenden Energiebedarf des Landes

zu decken, will die Regierung den Anteil re-

generativer Energiequellen ausbauen. Dabei

wird sie von der KfW Entwicklungsbank im

Auftrag des BMZ unterstützt. Die KfW fördert

den Bau eines riesigen Windparks an der

Küste des Roten Meeres, denn die Region um

Zafarana gilt als einer der besten Standorte

für die Nutzung von Windkraft weltweit. Der

Windpark Zafarana hat ein Gesamtleistungs-

potenzial von bis zu 600 Megawatt (MW). Das

reicht aus, um 170.000 Haushalte mit Strom

zu versorgen. Die deutsche Entwicklungs-

zusammenarbeit unterstützt den Ausbau mit

149 Millionen Euro. Die ersten drei Ausbau-

stufen mit einer Gesamtenergieleistung von

80 MW sind bereits abgeschlossen. Mit einem

vierten Teilbetrag sollen in Zukunft weitere

80 MW Leistung installiert werden. Allein

durch diesen deutschen Beitrag können jähr-

lich etwa 110.000 Tonnen CO2-Ausstoß ver-

mieden werden.

Idealer Wüstenwind: Ägypten ist mit seinem ambitioniertenWindkraftprogramm führend auf dem afrikanischen Kontinent.

Page 101: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

… durch Energieeffizienz

Großes Potenzial zur Vermeidung von Treibhaus-

gasen liegt in der Energieeffizienz. Ein veraltetes

Kraftwerk wandelt Kohle oder Gas in nur halb so

viel Energie um, wie es ein Kraftwerk mit neues-

tem Standard könnte; schlecht isolierte Leitungen

verlieren viel Strom auf dem Weg zu den Haus-

halten, und schließlich vergeuden auch die End-

verbraucher viel durch veraltete Haushaltsgeräte

oder schlecht gedämmte Häuser. Rund 70 % der

weltweit eingesetzten Primärenergie gehen un-

genutzt verloren. Die Förderung von Erneuerba-

ren Energien und Energieeffizienz müssen darum

Hand in Hand gehen.

G8 2007Die Verbesserung der Energieeffizienz beiGebäuden, Verkehr und Kraftwerken warein zentrales Thema der deutschen G8-Präsidentschaft 2007. Im Heiligendamm-prozess wird dieses Thema nun auch mitBrasilien, Mexiko, Südafrika, Indien undChina diskutiert, um Fortschritte bei derSenkung des CO2-Ausstoßes zu erreichen.

Dienstlich reisen –

Das Modell der Bundesregierung:

Seit 2008 werden alle Dienstfahrten und -flüge

der Bundesregierung – neben Kanzlerin und allen

Ministerinnen und Ministern auch die der

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundes-

ministerien – klimaneutral gestellt. Für CO2-Emis-

sionen, die durch dienstliche Flüge und Auto-

fahrten verursacht werden, zahlt die Regierung

Geld an Organisationen wie Atmosfair, die Klima-

schutzprojekte durchführen. Dazu gehören bei-

spielsweise die Verbreitung von Solarküchen in

Indien oder Biogasanlagen in Thailand.

101

Page 102: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

102

Tansania: Eine Energiesparlampe hilft bei den Hausaufgaben.

Deutsche Entwicklungsexperten beraten Regie-

rungen beim Ausbau der Energieversorgung und

analysieren, wo Energie »versickern« könnte. Das

BMZ fördert die Modernisierung von Kraftwerken

sowie die Reparatur von Leitungen. Auch ein-

fache Maßnahmen können helfen, die Energie-

effizienz zu erhöhen. So finanzieren die Nieder-

lande und Deutschland gemeinsam ein Pro-

gramm im südlichen Afrika, das die Massenpro-

duktion von Ton- und Metallherden für die Land-

bevölkerung zum Ziel hat. Im Vergleich zu offe-

nen Feuerstellen können damit bis zu 90 % Brenn-

holz eingespart werden – nebenbei steigt die

Lebensqualität der Menschen.

China und Deutschland haben nach einem Be-

such der Bundeskanzlerin im Frühjahr 2006 ver-

einbart, bei der Gebäudeenergieeffizienz ver-

stärkt zusammenzuarbeiten. Das Bundesministe-

rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

unterstützt das Projekt »Förderung von Energie-

effizienz im Bauwesen der Volksrepublik China«.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Die EU-Energie-Initiative EUEI

Im Vordergrund der von der EU ausgerufenen

Energy Initiative for Poverty Eradication and

Sustainable Development (EUEI) steht das Ziel, den

mehr als zwei Milliarden »Energie-Armen« der Welt

einen Zugang zu nachhaltiger Energieversorgung

zu ermöglichen. Dabei setzt die EUEI auf eine enge

Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, der

Privatwirtschaft, Finanzinstitutionen und der

Zivilgesellschaft.

Page 103: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

| Kohlekraft in China |

Schon heute sind zwei

Drittel aller modernen

Kohlekraftwerke in

China mit deutscher

Technologie ausgestattet. Während her-

kömmliche Kraftwerke eine durchschnittli-

che Energieeffizienz von 28 % haben, schafft

der deutsche Industriestandard 43 bis 58 %.

Die Branche könnte mit der neuen Technik

ihren Effizienzgrad um 30 % steigern; damit

gäbe es in China 20 % weniger CO2-Emissio-

nen als ohne diese Technologie. Allerdings

sind neue Kraftwerke teuer. Manche Betrei-

ber setzen deshalb auf die Nachrüstung vor-

handener Kraftwerke. Die Bundesregierung

hat darum die Modernisierung von Turbinen

in sechs chinesischen Kraftwerken mit

38,1 Millionen Euro unterstützt. Daneben

lieferte die deutsche Industrie 14 Fahrzeuge

mit mobiler Messtechnik. Damit können Ver-

brennungsbedingungen optimiert werden.

Die GTZ unterstützte die Aus- und Fortbil-

dung zur Nutzung dieser Messwagen. Alle

modernisierten Turbinen zusammen vermei-

den ca. 600.000 Tonnen Kohlendioxid jähr-

lich. Das Einsparungspotenzial der Mess-

wagen beträgt bis zu sieben Millionen Ton-

nen Kohlendioxid im Jahr.

103

Deutsche Fachkräfte erläutern die neue Technik: Die Messwagen kommen in 400 Großkraftwerken zum Einsatz.

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

Page 104: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

104

Menschenkette für den Walderhalt: Thailändische Mönche protestieren gegen Abholzung.

… und durch Walderhalt

Überall auf der Welt sind die Wälder – insbeson-

dere in den Tropen – bedroht. Allein im brasiliani-

schen Amazonasbecken gehen täglich knapp

4.000 Fußballfelder an Wald verloren. Kurzfristige

Profite locken Holzunternehmer, Rinderzüchter

und Sojaproduzenten, den Wald zu roden, aber

auch Armut treibt Bauern dazu. Gerade Brand-

rodungen setzen gewaltige Mengen an CO2 frei.

Die Vernichtung von Waldgebieten trägt zu rund

20 % des globalen CO2-Ausstoßes bei. Emissionen

durch die Degradierung von Wäldern sind dabei

noch nicht einmal berücksichtigt. Verkleinert

sich die Waldfläche so massiv wie in den vergan-

genen Jahren, geht auch die Verdunstung zurück,

vor Ort entstehen weniger Wolken. Das kann so-

gar Folgen für das Weltklima haben.

Lokale Umweltfolgen sind Erosion und das

Sterben vieler Tier- und Pflanzenarten. Damit

aber wird die Lebensgrundlage der lokalen und

mit dem Wald verbundenen Bevölkerung zer-

stört. Ein Teufelskreis: Wirft der Boden weniger

Ertrag ab, roden die Bauern weitere Waldflächen.

Damit nehmen auch die Bestände an Jagdwild ab,

und medizinische Pflanzen sterben aus. Schließ-

lich sind die Bauern gezwungen, das Land zu ver-

lassen und in die wachsenden Städte zu ziehen.

G8 2007Die G8-Staats- und Regierungschefs haben in Heiligendammdie Weltbank darin bestärkt, eine Wald-Kohlenstoff-Partner-schaft (Forest Carbon Partnership) zu gründen, die untersucht,wie Emissionen aus Entwaldung in Entwicklungsländerndurch finanzielle Anreize vermieden werden können. DasBMZ wird für dieses Projekt 40 Millionen Euro bereitstellenund übernimmt bei der Ausgestaltung eine Führungsrolle.

Page 105: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

105

Deutsche Entwicklungspolitik setzt sich neben

der Förderung der nachhaltigen Waldbewirt-

schaftung darum auch für Schaffung und Erhalt

von Naturschutzgebieten ein, zum Beispiel beim

Internationalen Pilotprogramm zum Schutz des

Brasilianischen Tropenwaldes – dem weltweit

größten derartigen Programm innerhalb eines

Landes: 12 % des Amazonasgebiets wurden bisher

unter Schutz gestellt.

Besondere Bedeutung haben dabei die Rand-

zonen der Wälder, denn hier steht das Ziel des

Naturschutzes häufig gegen die Interessen der

Anwohnerinnen und Anwohner. Bezieht man sie

jedoch in die Planung des Schutzgebiets ein,

können nicht nur Konflikte vermieden, sondern

auch die Lebensbedingungen der Menschen ver-

bessert werden. So erstellten etwa in Nepal die

Anwohner der Churia-Berge im Rahmen eines

vom BMZ unterstützen Projekts einen Forstbe-

wirtschaftungsplan. Während zuvor die Polizei

Wilderer und Holzsammlerinnen davonjagte,

wurden sie nun offiziell als Besitzer des Waldes

registriert und fühlen sich seither verantwortlich

für dessen nachhaltige Bewirtschaftung. Weil

der Forstbewirtschaftungsplan auf ihre Bedürf-

nisse abgestimmt ist, erzielen sie gleichzeitig

mehr Einkommen.

Zu- und Abnahme von Wald (in den 50 meistbewaldeten Ländern)

Länder mit Waldzunahme

keine Veränderung

Waldabnahme

keine Daten vorhanden

Quelle: Universität Helsinki 2008/PNAS

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

Page 106: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

106

Aktionsprogramm Klima und Entwicklung 2007

Das BMZ wird die Zusagen für Maßnahmen

im Bereich Klima von jährlich 520 Millionen

Euro auf 710 Millionen Euro in 2008 steigern.

Die Haushaltsmittel für die Sonderfazilität für

Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

werden auf 50 Millionen Euro pro Jahr ver-

doppelt. Ab 2008 werden 20 Millionen Euro

pro Jahr für den Ausbau Erneuerbarer Ener-

gien in Afrika bereitgestellt. Eine neue Fazi-

lität für eine klimafreundliche Stadtentwick-

lung soll mit zunächst 300 Millionen Euro

ausgestattet werden. Innerhalb des interna-

tionalen Programms zur Anpassung der

Landwirtschaft wird das BMZ die Forschung

zur afrikanischen Landwirtschaft mit zehn

Millionen Euro unterstützen. Die GEF erhält

25 Millionen Euro für Maßnahmen zur An-

passung an den Klimawandel. Ein Klima-

beauftragter wird im BMZ die Leitung bei der

klimafreundlichen Gestaltung der Entwick-

lungspolitik unterstützen.

CDM: Der Mechanismus für umweltverträg-liche Entwicklung und Anpassungsfonds

Der Mechanismus für umweltverträgliche Ent-

wicklung (Clean Development Mechanism) ist

eines der im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen

Instrumente zur Senkung des Ausstoßes von Treib-

hausgasen. Danach erhalten Firmen aus Industrie-

ländern Emissionsgutschriften, wenn sie in einem

Entwicklungsland Projekte finanzieren, die zu

Emissionsminderungen führen. Diese Gutschrif-

ten können sie dann an »Umweltsünder« verkau-

fen, die mehr Treibhausgase ausstoßen als ihnen

zusteht. Auf der Klimakonferenz in Bali im Dezem-

ber 2007 wurde ein Fonds eingerichtet, der eine

2%ige Abgabe auf diesen Handel mit Emissions-

gutschriften erhebt; aus diesen Erlösen werden

Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in

Entwicklungsländern bezahlt. Dieser Anpassungs-

fonds ist der erste Entwicklungsfonds, der aus

einem Marktmechanismus finanziert wird und

somit als innovatives Finanzierungsinstrument

ein Pilotvorhaben (siehe Seite 193 ff).

Klimaschutz durch Emissionszertifikate

Seit Anfang 2008 erprobt die Bundesregierung

mit einer Klimaschutzinitiative ein weiteres inno-

vatives Finanzierungsinstrument (siehe auch Seite

193 »Entwicklung finanzieren«): Von den Erlösen

aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten

stehen in 2008 insgesamt 120 Millionen Euro für

Projekte in den Bereichen Erneuerbare Energie,

Energieeffizienz, Anpassung an den Klimawandel

und Biodiversitätsschutz mit Klimarelevanz in

Entwicklungsländern zur Verfügung.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 107: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

107

Aber auch Aufklärung ist notwendig. Schulungen

von Waldmanagern wie auch der allgemeinen

Bevölkerung gehören bei allen deutschen Natur-

schutzprojekten dazu. Das fängt schon in der

Grundschule an: Die Bundesregierung finanziert

beispielsweise in Madagaskar Umweltfibeln und

Umwelttheaterstücke, die schon die Kleinsten

lehren, warum sie ihren Wald schützen müssen.

Unter deutscher EU-Ratspräsidentschaftbeschlossen die EU-Mitglieder eine bessereKoordinierung bei der Umsetzung der VN-Umweltkonventionen zu Klimaschutz,Erhalt der biologischen Vielfalt, Wald-erhalt und Wüstenbildung.

Ziel der Bundesregierung ist,… den Verlust von Waldgebieten

zu stoppen. (MDG 7)

… mehr Schutzflächen für den Erhalt derBiodiversität zu schaffen. (MDG 7)

… dass vermiedene Emissionen durchWalderhalt in den Handel mitEmissionsrechten einbezogen werden.

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

| Deutsch-spanische Zusammenarbeit in Tunesien |

Ein mit Computern

und Informationsstän-

den bestückter Um-

weltbus wird in den

nächsten Jahren von einer tunesischen

Schule zur nächsten reisen und so junge

Tunesierinnen und Tunesier für den Schutz

der Umwelt gewinnen. Jeden Tag soll

irgendwo im Land ein Umwelttag stattfin-

den, wünscht sich der Leiter des GTZ- Um-

weltprogramms in Tunesien. Im Auftrag des

BMZ arbeitet die GTZ gemeinsam mit der

spanischen Agentur für Internationale Zu-

sammenarbeit (AECI) und dem tunesischen

Umweltministerium an dieser Sensibilisie-

rungskampagne.

Der Umweltbus bringt Spiel- und Lernmaterial in die Dörfer.

Page 108: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

108

Anpassen an die Folgen

Der Klimawandel findet bereits statt. Auch bei

entschlossenem Gegensteuern sind Anpassungs-

maßnahmen erforderlich. Vor allem die ärmsten

Länder brauchen dabei Unterstützung.

Die Anpassung an den Klimawandel und der

Schutz vor Naturkatastrophen müssen heute bei

allen entwicklungspolitischen Projekten bedacht

werden. Wird die neugebaute Brücke in zehn

Jahren vom Meer umspült werden? Wird das Dorf

verlassen sein, weil die Gegend verwüstet ist?

Werden die Süßwasserreserven einer Region aus-

reichen, um die Menschen auch in Zukunft zu

versorgen? Wird der Fluss, an dem ein Staudamm

zur Energieerzeugung und Wasserversorgung

gebaut werden soll, auch in Zukunft genug Was-

ser führen?

In einigen Ländern werden langfristig Städte und

Dörfer mitsamt Schulen und Krankenhäusern,

Straßen, Eisenbahnen und Flughäfen, Kraft-

werken und Fabriken, buchstäblich die gesamte

Infrastruktur, auf höher gelegene Gebiete verla-

gert werden müssen, um dem ansteigenden

Meeresspiegel auszuweichen. Schon heute sollten

Brunnen gegen eindringendes Meerwasser dicht

gemacht, Gebäude gegen Wirbelstürme verstärkt

und Schutzdämme gegen den Ausbruch von

Gletscherseen gebaut werden. Zudem müssen

Vorkehrungen für zunehmende Dürreperioden

getroffen und Frühwarnsysteme verbessert wer-

den. Dabei geht es in Entwicklungsländern auch

darum, wie Informationen in entlegene Gebiete

gelangen. Für die Evakuierung und Versorgung

von Katastrophenopfern müssen Pläne erstellt

werden, die die Bevölkerung selber umsetzen

kann. Bei alldem muss die Fähigkeit der betroffe-

nen Gesellschaft gestärkt werden, den Wandel

gerecht und friedlich zu bewältigen.

Page 109: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

| Katastrophenschutz in Mosambik |

Im Frühjahr 2000 reg-

nete es am Buzi-Fluss in

Mosambik so stark wie

seit 50 Jahren nicht

mehr. Vier Wirbel-

stürme taten das

Übrige, um eine Jahr-

hundertflut auszulö-

sen. 800 Menschen starben, 4,5 Millionen

mussten ihre Häuser verlassen. Einen Zyklon

Anfang 2007 überstanden die Bewohner der

Gegend hingegen weitestgehend unbescha-

det. Es war die erste erfolgreiche Probe eines

Frühwarnsystems, dessen Aufbau die GTZ im

Auftrag des BMZ von 2001 bis 2006 unter-

stützte. Dazu gehören Karten, die gefährdete

Gebiete sowie sichere Anhöhen ausweisen.

In neun Gemeinden gründeten Bewohner

Katastrophen-Komitees. Deren Aufgabe ist

es, jemanden abzustellen, der die portugie-

sischsprachigen Radionachrichten hört und

im Falle einer Sturmwarnung alle Nachbarn

in ihrer Sprache Ndau informiert. Das Komi-

tee erstellt auch Pläne für die Evakuierung

und Versorgung und ist dafür verantwort-

lich, dass sich im Ernstfall alle Helfer daran

halten. Zusätzlich werden nun täglich

Niederschlag und Flussstand gemessen und

an die nächste größere Messstation über-

mittelt.

Die Jahrhundertflut im Jahr 2000 zerstörte Straßen und Brücken – hier bei der Hauptstadt Maputo.

D e n P l a n e t e n E r d e u n d s e i n e L e b e w e s e n s c h ü t z e n

Page 110: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

110

Frieden sichern und Demokratie fördern

Page 111: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Wer Armut bekämpfen will, muss Frieden und Demokratie fördern.

Frieden in der Welt dient auch der Sicherheit in Deutschland.

Soziale Gerechtigkeit und verantwortliche Staatsführung sind eingutes Fundament für eine friedliche Gesellschaft.

111

Page 112: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

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Viele Konflikte sind innerstaatlich: Das Denkmal »Flamme des Friedens« in Timbuktuerinnert an den Friedensschluss zwischen dem Staat Mali und den Tuareg im Jahr 1996.

4. Konflikte lösen und überwinden

Die Berichte über den Krieg im Irak, weltweit zu-

nehmende Terrorgefahr und die bewaffneten

Konflikte in Afghanistan, Kongo, Somalia oder

Sudan erwecken den Eindruck, als sei die Welt

heute unsicherer denn je. Doch das ist nicht der

Fall. Die Zahl der bewaffneten Konflikte hat im

vergangenen Jahrzehnt weltweit abgenommen.

Gab es seit 1945 einen steten Anstieg von Kriegen

und Konflikten, konnten in den 1990er-Jahren

zahlreiche Kriege beendet werden. Seit der

Jahrtausendwende nimmt dieser Trend zu. Nach

Erhebungen des kanadischen Instituts für

menschliche Sicherheit gab es 2005 etwa 15 %

weniger Konflikte als 2002. Vor allem in Sub-

sahara-Afrika nahm die Zahl der Konflikte ab:

Noch 2002 gab es 37 staatliche und nichtstaatli-

che Konflikte, 2005 waren es 17.

Doch davon sind einige verheerend, wie der Krieg

in Darfur, in dem in nur vier Jahren 400.000 Men-

schen ums Leben gekommen sind. Nach wie vor

gibt es eine große Anzahl gewalttätiger Konflikte

von sogenannter niedriger Intensität, die zwar

weniger Tote fordern, aber doch Staat und Gesell-

schaft so weit schwächen, dass Entwicklung und

Armutsbekämpfung schwer möglich sind. Laut

einer Oxfam-Studie liegen allein in Afrika die

jährlichen Kosten durch bewaffnete Konflikte bei

18 Milliarden US-Dollar. Seit 1990 beziffert sich der

direkte volkswirtschaftliche Verlust durch Kriege

für den Kontinent auf 284 Milliarden US-Dollar.

Das entspricht dem, was die großen Geberländer

im gleichen Zeitraum für Entwicklungszusammen-

arbeit in Afrika ausgegeben haben.

Weltweit können neue Aufrüstung und Verschie-

bungen im Kräftegleichgewicht der Nationen die

gewonnene Stabilität gefährden.

Page 113: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

113

Krisen vorbeugen

Konflikte haben vielfältige Ursachen. Sie zu

erkennen und schon vor dem Ausbruch eines

Konflikts anzugehen, ist wichtige Aufgabe der

Entwicklungspolitik.

In vielen Kriegen bekämpfen sich Anhänger

unterschiedlicher Ethnien oder Religionen. Doch

selten geht es dabei tatsächlich um Religion oder

Herkunft. Zu den häufigsten Ursachen gehören

wirtschaftliche und soziale Ungleichheit – eine

Ethnie ist womöglich wohlhabender als andere,

hat besseren Zugang zu Bildung und übt die ent-

scheidenden gesellschaftlichen Funktionen aus.

Oft sind dafür politische Strukturen verantwort-

lich: Konflikte entstehen dort, wo der Staat Grup-

pen benachteiligt oder gar verfolgt oder nicht

einschreitet, wenn die Gesellschaft eine Minder-

heit ausgrenzt. Korruption, Menschenrechtsver-

letzungen und Parteilichkeit von Justiz und Be-

hörden können die Menschen gegen die Staats-

gewalt und gegeneinander aufbringen, vor allem

dann, wenn sie keine Möglichkeit sehen, die

Verhältnisse zu ändern.

Soziale Gerechtigkeit und verantwortliche Staats-

und Regierungsführung tragen zu einem stabilen

Frieden bei. Armutsbekämpfung, die Förderung

von verantwortlichem Staatshandeln und Frie-

denssicherung gehen Hand in Hand. Friedenser-

ziehung und Abbau sozialer Ungerechtigkeit ver-

ringern die Akzeptanz terroristischer Gruppen in

der Bevölkerung und entziehen dem Terrorismus

somit langfristig den Nährboden.

Auch Streit um Rohstoffe, Land und Wasser kann

Auslöser von Kriegen sein. Umweltzerstörung ver-

schärft die Knappheit dieser Ressourcen. Umwelt-

schutz kann also auch Krisenprävention sein.

Die Bundesregierung legt in ihrer Friedensarbeit

einen umfassenden Begriff menschlicher Sicherheit

zugrunde. Menschliche Sicherheit umfasst dem-

nach soziale, politische, wirtschaftliche und ökolo-

gische Aspekte.

Alle Maßnahmen der Entwicklungszusammen-

arbeit im Bereich der Krisenprävention, der

Konfliktbearbeitung und der Stabilisierung in

der Nach-Konflikt-Phase sind darauf gerichtet,

menschliche Sicherheit zu erreichen.

Page 114: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

114

VN-Friedensmission in derDemokratischen Republik Kongo

Verhandlungen haben Erfolg

Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es einen

Richtungswechsel in der Außenpolitik vieler

Nationen. Die Großmächte hörten auf, Kriegs-

parteien in sogenannten Stellvertreterkriegen zu

unterstützen. Die Weltgemeinschaft übte erst-

mals nachhaltige Friedenssicherung und brachte

beispielsweise Kriegsparteien ungeachtet ihrer je-

weiligen Ideologien an den Verhandlungstisch.

Tatsächlich brachen in den 1990er-Jahren doppelt

so viele Konflikte aus wie in den 1980er-Jahren.

Aber anders als zuvor wurden sie nicht bis zum

bitteren Ende ausgefochten, sondern in ihrer

Mehrzahl auf dem Verhandlungsweg frühzeitig

beendet. Dadurch ist die Zahl der bewaffneten

Konflikte seit Anfang der 1990er-Jahre insgesamt

um 40 % zurückgegangen. Das ist in vielen Fällen

dem Engagement der internationalen Gemein-

schaft zu verdanken. Deutschland hat durch sei-

nen Einsatz in multilateralen Organisationen, ins-

besondere in den Vereinten Nationen, diese Ver-

handlungen häufig entscheidend voranbringen

können. Die 1990er-Jahre sind die erste Dekade

der uns bekannten Menschheitsgeschichte, in der

mehr Kriege durch Diplomatie beendet wurden

als durch militärischen Sieg. Die Welt ist also auf

dem richtigen Weg. Internationale Konfliktbear-

beitung war in vielen Fällen erfolgreich.

Beschlüsse für den Frieden

Die Vereinten Nationen beschlossen 1980 das Überein-

kommen über besondere konventionelle Waffen (CCW).

Die Protokolle der Konvention regeln den Einsatz von Minen

und Sprengfallen und beschränken den Einsatz von Brand-

waffen wie Phosphorbomben und Flammenwerfern. Ein im

November 2003 verabschiedetes Zusatzprotokoll verpflich-

tet die Vertragsstaaten, Blindgänger vor Ort zu markieren

und zu beseitigen.

Page 115: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

115

Bei der Erarbeitung der Ottawa-Konvention vom Dezember 1997,

die Antipersonenminen weltweit verbietet, spielte Deutschland

eine Vorreiterrolle. Für humanitäre Minen- und Kampfmittelräumung

hat Deutschland seit 1992 Projekte in 38 Ländern unmittelbar mit

rund 170 Millionen Euro gefördert. Somit gehört Deutschland zu den

größten und verlässlichsten Gebern weltweit. Allein im Jahr 2008

wird die Bundesregierung Kampfmittelräumprojekte in 21 betroffe-

nen Ländern mit rund 17,5 Millionen Euro unterstützen.

Auf der Oslo-Konferenz zu

Streubomben im Februar

2007 einigten sich 46 Staa-

ten, darunter Deutschland,

auf Initiativen für ein

weltweites Verbot von

Streumunition.

Page 116: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

116

Frieden muss langfristig gefestigt werden

Doch bringen ein Verhandlungserfolg und selbst

ein Friedensvertrag nicht unbedingt dauerhaften

Frieden.

Die meisten Kriege finden inzwischen nicht mehr

zwischen Staaten statt, sondern zwischen bewaff-

neten Gruppen innerhalb eines Staates oder einer

Region. Diese sogenannten Bürgerkriege ziehen

in der Regel die Zivilbevölkerung stark in Mitlei-

denschaft. Die Kämpfer zerstören bewusst Schulen,

Wohn- und Krankenhäuser. Kinder werden in vie-

len Fällen als Kindersoldaten zu Tätern gemacht.

Es entstehen komplexe Konfliktsysteme, wenn

etwa Nachbarstaaten oder mit den Kriegsparteien

sympathisierende Gruppen von außen eingreifen.

So kann eine ganze Region destabilisiert werden,

wie etwa bei vielen Konflikten in Afrika und im

Nahen Osten.

Nicht immer nehmen alle beteiligten Parteien am

Friedensprozess teil. Der eine Konflikt mag beige-

legt werden, während ein anderer noch schwelt

und dann wieder ausbricht. Vor allem aber schaf-

fen Kriege zwischen unterschiedlichen Gruppen

in der Gesellschaft tiefes Misstrauen, das Jahr-

zehnte nach dem Friedensschluss bleibt.

Hier setzt die Friedenskonsolidierung ein. Dazu

gehört die Friedenserziehung. Workshops, in de-

nen Toleranz zwischen befeindeten Gruppen ver-

mittelt wird, leisten diese Aufgabe genauso wie

Initiativen, die mit den Menschen ihre Traumata

und Geschichte aufarbeiten.

Eine der größten Herausforderungen der Friedens-

konsolidierung ist die Wiedereingliederung von

ehemaligen Kämpfern und Kämpferinnen in die

Gesellschaft. Nach der Entwaffnung und Demobi-

lisierung müssen Ex-Kombattanten sozial und

wirtschaftlich wieder Fuß fassen können.

Aus einem Friedensworkshop in Kambodscha: Nur wer gelernt hat, Konflikte friedlich zu lösen,wird dauerhaft auf Waffen verzichten.

Eine Voraussetzung für dauerhaften Frieden ist

es, dass die Nachkriegsgesellschaft ein neues

Gleichgewicht findet. Das wird unter anderem

durch juristische und politische Aufarbeitung von

Kriegsverbrechen und Entschädigung der Opfer

gefördert.

Die Bundesregierung unterstützt unter anderem

das nationale Demobilisierungs- und Reintegra-

tionsprogramm in der Demokratischen Republik

Kongo. Teil des Programms ist die medizinische

und psychosoziale Betreuung von vergewaltigten

Frauen und Mädchen. In anderen Post-Konflikt-

staaten unterstützt Deutschland zudem die Arbeit

von Wahrheitskommissionen, Menschenrechts-

kommissionen und die juristische Aufarbeitung

während kriegerischer Auseinandersetzungen

begangener Unrechtstaten.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 117: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

117

Ziviler Friedensdienst

Ein zentrales Instrument in der friedenspoliti-

schen Entwicklungszusammenarbeit ist der Zivile

Friedensdienst. Es ist das in Deutschland wichtigs-

te Instrument zur zivilen Krisenprävention. Das

Besondere daran ist, dass zivilgesellschaftliche

Gruppen und staatliche Organisationen zusam-

menarbeiten. Die gewaltfreie Bearbeitung von

Konflikten steht dabei im Vordergrund der Arbeit.

Ziel ist im Idealfall, dass die Konfliktparteien nicht

zu den Waffen greifen. Diese Herangehensweise

an Konflikte ist wesentlich effizienter als der Ein-

satz militärischer Mittel nach Ausbruch von krie-

gerischen Auseinandersetzungen – auch in Anbe-

tracht der Kosten, die militärische Einsätze im

Ausland erzeugen. Frieden kann Konfliktparteien

auch langfristig nicht aufgezwungen werden,

sondern muss durch zivile Mittel entwickelt werden.

Im Zivilen Friedensdienst werden berufserfah-

rene Frauen und Männer drei Monate bis zwei

Jahre in einer Konfliktregion eingesetzt. Dort

bauen beispielsweise Psychologinnen und Päda-

gogen Beratungsstellen für traumatisierte Kriegs-

opfer auf. Sozialwissenschaftler und Geographin-

nen veranstalten Workshops zu Konfliktbearbei-

tung. Journalisten beraten Menschenrechtsorga-

nisationen, wie sie Medien für sich nutzen kön-

nen. Dafür erhalten sie einen Unterhalt entspre-

chend dem Entwicklungshelfergesetz. Auswahl

und Entsendung übernehmen nichtstaatliche

Entwicklungsdienste wie die Arbeitsgemeinschaft

für Entwicklungshilfe, der Evangelische Entwick-

lungsdienst oder der Weltfriedensdienst sowie als

staatlicher Träger der Deutsche Entwicklungs-

dienst. Die Kosten trägt das BMZ. Durch diese

Aufgabenteilung können speziell qualifizierte

und hochmotivierte Experten als Entwicklungs-

helfer in Krisenregionen eingesetzt werden. Bis

Mitte 2007 wurden für mehrjährige Einsätze

insgesamt rund 380 Stellen von Friedensfach-

kräften in 43 Ländern mit einem Volumen von

rund 127 Millionen Euro bewilligt.

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

Mitrovica: Fachkräftedes ZFD plakatierenmit Jugendlichen fürden internationalenTag des Friedens.

Page 118: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

118

| Licht und Schatten in Afghanistan |

Seit dem Sturz der Taliban

Ende 2001 engagiert sich

die internationale Ge-

meinschaft in Afghanistan

in erheblichem Umfang beim Wiederaufbau: Für

den Zeitrahmen 2002 – 2010 wurden bereits rund

30 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Die Bundes-

regierung trägt dazu mehr als 900 Millionen Euro

bei und ist damit viertgrößter bilateraler Geber.

Seit 2002 ist viel erreicht worden und dies unter

schwierigsten Bedingungen. Neben dem Präsi-

denten wurde auch das Parlament, in dem 25 %

der Sitze für Frauen reserviert sind, frei gewählt.

Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich innerhalb der

letzten fünf Jahre mehr als verdoppelt. Die

Analphabetenrate der über 15-Jährigen konnte

auf 67 % gesenkt werden. 2002 gingen nur 22 % der

schulpflichtigen Kinder zur Schule – davon so gut

wie keine Mädchen; 2007 waren es mit mehr als

sechs Millionen Kindern schon über 50%, davon

knapp 40 % Mädchen. Die bisherigen Ergebnisse

der afghanisch-deutschen Entwicklungszusam-

menarbeit sprechen für sich:

• Durch Rehabilitierung von Stromleitungen, Bau

von Umspannstationen und Wiederaufbau von

Wasserkraftwerken sowie Beratung des Energie-

ministeriums konnte die Energieversorgung für

bislang 2,5 Millionen Menschen verbessert wer-

den.

• Die Trinkwasserversorgung wurde für mehr als

850.000 Menschen in Kabul, Kunduz und Herat

(95 % der Einwohner) wiederhergestellt, geplant

sind weitere Maßnahmen für insgesamt zwei

Millionen Menschen.

• Weiterhin unterstützt Deutschland den landes-

weiten Aufbau der »First Micro Finance Bank«,

deren Filialen bislang mehr als 28.000 Klein- und

Kleinstkredite vergeben haben, davon 15 % an

Frauen.

• Von Maßnahmen zur Alphabetisierung, Aus-

und Fortbildung und Schaffung von Einkom-

mensmöglichkeiten profitieren landesweit über

200.000 Frauen und Kinder.

• Durch Bau und Ausstattung von Grundschulen

können 250.000 Schülerinnen und Schüler wie-

der zum Unterricht gehen. Deutschland hat zu-

dem vom afghanischen Bildungsminister die

Führungsrolle bei der Lehrerinnen- und Lehrer-

ausbildung übertragen bekommen und trägt so-

mit maßgeblich zur Umsetzung des Nationalen

Bildungsplans bei.

• Die Bundesregierung ist bei der Richterausbil-

dung am Obersten Gericht engagiert und finan-

ziert »Fair Trial«-Seminare für Richter, Staats-

anwälte und Juristen. Bis Ende des Jahres 2007

wurden insgesamt 210 Richteranwärter sowie

653 Juristen ausgebildet.

• Mit deutschem Beitrag konnten seit 2003 über

drei Millionen Kleinwaffenmunition sowie 3.300

Kleinwaffen und 613 schwere Waffen vernichtet

werden.

• Die Bundesregierung ist einer der wichtigsten

Geber im von den Vereinten Nationen geführten

Minenräumprozess. Ziel ist es, alle Anti-Perso-

nenminen bis 2013 zu räumen.

• Afghanistan ist das wichtigste Partnerland im

Rahmen des weltweiten Kulturerhalt-Pro-

gramms der Bundesregierung.

• Die Bundesregierung hat seit 2002 jährlich ca.

zwölf Millionen Euro in die Reform des Sicher-

heitssektors und den Aufbau der afghanischen

Polizei (ANP) investiert. Für 2008 wird die

Bundesregierung im Rahmen der seit Juni 2007

bestehenden europäischen Polizeimission EUPOL

ihren bilateralen Beitrag auf 35,7 Millionen Euro

aufstocken.

Trotz aller Fortschritte gibt die Gesamtlage in

Afghanistan Anlass zur Sorge. Die Drogenökono-

mie verzeichnete im Jahre 2007 einen erneuten

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 119: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

119

Die Einschulungsrate von Mädchen nimmt zu. Heute stellen sie ein Drittel der Grundschüler.

Rekordgewinn. Korruption in Verwaltung und

Justiz unterminieren die Glaubwürdigkeit der

Regierung.

In der Folge werden Rufe nach einer weiteren

Intensivierung des deutschen und internationa-

len Engagements laut. Entwicklungszusammen-

arbeit ist kein Allheilmittel gegen Extremismus,

aber sie kann im Rahmen eines umfassenden

Stabilisierungs- und Aufbaukonzepts dazu beitra-

gen, der afghanischen Bevölkerung eine Perspek-

tive auf eine friedliche und bessere Zukunft zu

geben und das Vertrauen der Bevölkerung in

funktionierende staatliche Strukturen herzustel-

len. Deutschland wird seine Bemühungen hier

verstärken.

Die Ereignisse von 2007 zeigen auch, wie wichtig

ein gut abgestimmtes Zusammenwirken der Geber

untereinander aber auch der zivilen und militäri-

schen Akteure in einem Konfliktland ist. Ein Bei-

spiel für die gute ressortübergreifende Zusammen-

arbeit vor Ort sind die Regionalen Aufbauteams

(PRT). Deutschland hat nach den USA und Großbri-

tannien als dritter Staat 2003 mit der PRT-Arbeit in

Afghanistan begonnen und dabei einen besonde-

ren Akzent auf die zivile Komponente gelegt. Die

deutschen PRTs haben keine rein militärische Füh-

rung, sondern eine zivil-militärische Leitung, die

aus drei eigenständigen Säulen besteht: Militär,

Diplomatie und Entwicklung. Die zivilen und mili-

tärischen Vertreter in den PRTs stimmen sich eng

ab, führen ihre Maßnahmen aber jeweils eigenver-

antwortlich durch. Die zentrale Aufgabe der deut-

schen Soldaten ist es, durch Präsenz und Zusam-

menarbeit mit den afghanischen Sicherheitsbe-

hörden die Sicherheit in den Provinzen zu verbes-

sern. Im Umfeld der PRTs arbeiten die entwick-

lungspolitischen staatlichen Durchführungsorga-

nisationen und Nichtregierungsorganisationen

unabhängig von den Aktivitäten der ISAF. Alle Ak-

teure vor Ort tauschen sich regelmäßig vor allem

zur Sicherheitslage aus.

Das deutsche PRT-Konzept ist von der afghani-

schen Bevölkerung ebenso wie von der internatio-

nalen Gemeinschaft als positiv gewertet worden.

Im Verantwortungsbereich des von Deutschland

geführten Regionalkommandos Nord arbeiten

derzeit fünf PRTs in insgesamt neun Provinzen,

zwei davon unter deutscher Führung. Die Bundes-

regierung wird ihr Konzept weiter ausfächern

und strebt an, in den Provinzen, die über kein PRT

verfügen, eine kleine, aber sichtbare permanente

Präsenz durch zivil-militärische Regionale Bera-

terteams (Provincial Advisory Teams, PATs)

sicherzustellen. Ein erstes deutsches PAT wurde

im Februar 2008 in der Provinz Takhar eingerich-

tet. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber

den Partnern dafür ein, diesem Beispiel zu folgen.

Page 120: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

NigeriaFriedenspädagogik undDemokratisierungsarbeit, 1 FFK seit 1999, AGEH

KamerunFriedenspädagogik, 1 FFK seit 1999, EED

MexikoSchutz für Menschenrechtsorganisationen und psychosoziale Unterstützung für Opfer, 4 FFK seit 1999, EED, PBI/AGDF

GuatemalaStärkung des Zugangs zur Justiz, Schutz für Menschenrechtsorganisationen, Bearbeitung von Landkonflikten, 12 FFK seit 1999, DED, EED, PBI/AGDF

El SalvadorPsychosoziale Rehabilitation von Kriegstraumatisierten, 1 FFK bis 2004, EED

KolumbienSchutz und Fortbildung für zivilge-sellschaftliche Organisationen undFlüchtlinge, 12 FFK seit 1999, AGEH, PBI/AGDF

EcuadorSchlichtung von Landnutzungs- undUmweltkonflikten, Friedenspädagogikin Grundschule und zu Gender-aspekten, 6 FFK seit 1999, DED

PeruPsychosoziale Betreuung von Ge-waltopfern, Förderung traditionellerSchlichtungsinstanzen, Ausbildungvon Friedenspromotor/innen, Stärkung lokaler Rechtssicherheit, 8 FFK seit 1999, DED, EED

BolivienUnterstützung indigener Bevölke-rungsgruppen bei der Lösung vonLandkonflikten, Training in Methodenziviler Konfliktbearbeitung, 2 FFK seit 1999, DED

ChileSchlichtung von Landnutzungs-konflikten zwischen verschiede-nen Bevölkerungsgruppen, 2 FFK seit 1999, DED

BrasilienMenschenrechte, Landrechte, 1 FFK, seit 2000, EED

NicaraguaAufbau eines Netzwerkeszu sozialen Menschenrechten,1 FFK, EIRENE

TschadBearbeitung von lokalenRessourcenkonflikten, 8 FFK seit 1999, DED, EIRENE

NigerKommunale Bearbeitung von Ressour-cenkonflikten durch Qualifizierung inMethoden ziviler Konfliktbearbeitung,Aufbau eines Trainernetzwerks, Etablierung angepasster Kommunika-tionsmechanismen, 7 FFK seit 1999, DED, EIRENE

SenegalAufbau kommunalerFriedenskomitees, 1 FFK seit 1999, WFD

Guinea-BissauFriedensarbeit mit und durch Bürgerkriegsopfer, 1 FFK seit 2000, WFD

Sierra LeonePsychosoziale Rehabilitation von Gewaltopfern und Reinte-gration von Ex-Kombattanten, Einführung von Friedenspäda-gogik in Erwachsenenbildung,Ausbildung kommunaler Trainer/innen, 8 FFK seit 1999, AGEH, CFI, EED

120

Ziviler Friedensdienst weltweit

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 121: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

AngolaTraining für NGOs, Friedenspädagogikfür Jugendliche, kommunale Versöhnungsarbeit, 5 FFK seit 1999, AGEH, CFI und WFD

SüdafrikaTraining in Methoden der Gewalt-prävention, Erstellung von angepass-ten Trainingsmaterialien für Jugend-liche, Aufarbeitung von Erfahrungen zu lokalen Friedensprozessen, 7 FFK seit 1999, EED, WFD

BalkanInterethnische Jugend- und Dialogarbeit, Reintegration von Ex-Kombattanten und Flüchtlingen, Stärkung von zivilgesell-schaftlichen Netzwerken der Konfliktbe-arbeitung, Bosnien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien, 29 FFK seit 1999, AGEH, EED, EIRENE, forumZFD, Friedenskreis Halle und Kurve Wustrow/AGDF

PalästinaQualifizierung in Methoden ziviler Konfliktbearbeitung und Gewaltprä-vention mit Jugendlichen, psychosoziale Rehabilitation von Gewaltopfern, 19 FFK seit 1999, AGEH, DED, EED, forumZFD, Kurve Wustrow/AGDF, WFD

AfghanistanBildung und Versöhnungsarbeit durch Medien, Stärkung lokaler Konfliktregelungsstrukturen,strategische Beratung im Bereich Friedensentwicklung, 12 FFK seit 2004, DED

SudanReintegration von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, Aus-bildung in Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung, Aufbau lokaler Frühwarnsysteme, Friedensjournalismus, 12 FFK seit 1999, DED

UgandaPsychosoziale Ansätze in Norduganda, Unterstützung lokaler Friedensinitiativen und Ausbildung, Reintegration ehemaliger Rebellen, 12 FFK seit 1999, AGEH, DED, EED

KeniaStärkung kirchlicher Struktur im Demokrati-sierungsprozess und Trainingsarbeit mit Multiplikator/innen, 5 FFK seit 1999, AGEH, Kurve Wustrow/AGDF

RuandaMenschenrechtserziehung, Museums- und Friedenspädagogik, Versöhnungsarbeit für Jugendliche, 8 FFK seit 1999, DED

BurundiKommunale Versöhnungsarbeit, 1 FFK, WFD

DR KongoDemobilisierung, Rehabilitation, Traumabearbeitung, Gender Main-streaming zur Förderung gewalt-freier Konfliktlösungsmechanismen, 2 FFK seit 2005, EED

MosambikQualifizierung von Multiplikator/innen zu Menschenrechtsarbeit und Friedensjour-nalismus, psychosoziale Rehabilitation von Gewaltopfern, Aufbau kommunaler Friedenskomitees, 7 FFK seit 2000, AGEH, EED, WFD

SimbabweQualifizierung in Methoden ziviler Konfliktbearbeitung, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit zum Matabele-Landkonflikt, Aufbau von Friedensforen, 11 FFK seit 1999, DED, WFD

Sri LankaWeiterbildung in Methoden der Konfliktbearbeitung für kirchliche Multiplikator/innen in Jaffna, 1 FFK seit 2004, AGEH

KambodschaSensibilisierung zu Kleinwaffen und Gewalt gegen Frauen, Beratung zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit,Qualifizierung in Methoden ziviler Konfliktbearbeitung,15 FFK seit 2001, DED, EED

PhilippinenBearbeitung von Landkonflikten,Versöhnungsarbeit mit Anhängern militanter Gruppen, 4 FFK seit 1999, AGEH, DED, EED

Ost-TimorWeiterbildung lokaler Traumaberater/innen undTraining in Methoden ziviler Konfliktbearbeitung mit Lehrern, Frauenorganisationen und Multiplikator/innen in der Verwaltung, 7 FFK seit 2002, AGEH,Kurve Wustrow/AGDF

IndonesienSchutz von Menschenrechtsorganisationen, Qualifizierung in Methoden ziviler Konfliktbearbeitung und psychosozialen Ansätzen, 3 FFK seit 1999, EED, PBI/AGDF

AGDF Aktionsgemeinschaft Dienst für Frieden e.V.

AGEH Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe e.V.

CFI Christliche Fachkräfte International e.V.

DED Deutscher Entwicklungsdienst gGmbH

EED Evangelischer Entwicklungsdienst e.V.

EIRENE Internationaler Christlicher Friedensdienst

FFK Friedensfachkraft

forumZFD Forum Ziviler Friedensdienst

PBI Peace Brigades International

WFD Weltfriedensdienst e.V.

121

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

Weitere Informationen zum Zivilen Friedensdienst unter www.ziviler-friedensdienst.org

Page 122: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

122

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Ruanda: Berufsausbildung für Ex-Kombattanten

Page 123: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

123

Der Aktionsplan Zivile Krisenprävention

Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Frie-

denskonsolidierung gehören zusammen. Dieser

Erkenntnis trägt der Aktionsplan »Zivile Krisen-

prävention, Konfliktlösung und Friedenskonsoli-

dierung« der Bundesregierung vom 12. Mai 2004

Rechnung. Grundgedanke ist, dass eine nachhal-

tige Konfliktprävention und Konfliktbewältigung

darauf gerichtet sein muss, strukturelle Krisenur-

sachen zu beseitigen. Hierfür ist ein umfassender,

gleichzeitig aber kohärenter Ansatz erforderlich,

der alle für die jeweilige Konfliktsituation relevan-

ten Maßnahmen – entwicklungspolitische, außen-

und sicherheitspolitische, aber auch finanz-, wirt-

schafts-, sozial- und umweltpolitische – zu einem

Ganzen zusammenführt. Dabei bringen verschie-

dene Bundesministerien ihr Fachwissen in ein Ge-

samtkonzept für die jeweilige Region ein. Eine be-

sondere Bedeutung misst der Aktionsplan dabei

auch der Rolle der Zivilgesellschaft bei. Diese soll

bei ihrer friedensfördernden Arbeit unterstützt

werden. Der Aktionsplan stellt darüber hinaus die

Bedeutung der Vereinten Nationen, die Stärkung

globaler Partnerschaften und die Durchsetzung

internationalen Rechts heraus.

Suchen das direkte Gespräch mit den Menschen:Bayerische Gebirgsjäger auf Stadtteilpatrouille in Kabul

Ein Schwerpunkt in der Krisenprävention und

Konfliktbewältigung sind die Reformen des

Sicherheitssektors. In den vergangenen Jahren hat

sich international die Erkenntnis durchgesetzt,

dass die Sicherung des staatlichen Gewaltmono-

pols und die demokratische Kontrolle von Polizei

und Militär Voraussetzung für Frieden und nach-

haltige Entwicklung sind. Die internationale Ge-

meinschaft unterstützt deshalb in zahlreichen

Entwicklungsländern Reformen des Sicherheits-

sektors. Dazu gehören auch die Wiedereingliede-

rung von ehemaligen Kämpfern und Kämpferin-

nen und die Unterstützung des Parlaments bei der

Kontrolle von Polizei und Militär. Deutschland be-

gleitet solche Reformen unter anderem in Arme-

nien, Aserbaidschan, Indonesien, Afghanistan,

Vietnam, Irak, Angola, Burundi, Sierra Leone,

Bolivien, in der Demokratischen Republik Kongo

und der Elfenbeinküste.

Personalaustausch zwischen den Ministerien

stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts:

So arbeiten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des

Bundesverteidigungsministeriums oder des Aus-

wärtigen Amts für zwei bis drei Jahre im BMZ und

umgekehrt. Auch vor Ort arbeiten die Ministerien

eng zusammen.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,

… dass zivile Krisenprävention in der

gesamten deutschen Regierungs-

politik gestärkt wird.

Page 124: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

124

Durch regionales Handeln Frieden schaffen

Ein wichtiges Instrument zur Konfliktbearbeitung

ist die regionale Integration. Wenn sich Länder

unter dem Dach einer regionalen Institution

zusammenschließen, um verstärkt zusammenzu-

arbeiten, formulieren sie gemeinsame wirtschaft-

liche, politische und kulturelle Interessen. Sie

betonen Gemeinsamkeiten statt Gegensätze.

Sollte es zu Konflikten zwischen den Staaten kom-

men, können regionale Zusammenschlüsse ein

Forum bieten und Mechanismen entwickeln, um

friedliche Lösungen zu finden. Bei innerstaat-

lichen Konflikten beraten und unterstützen sich

die Mitgliedsstaaten gegenseitig oder können so-

gar Friedensmissionen zur Stabilisierung der Lage

schicken wie etwa die Afrikanische Union (AU) in

Sudan und Somalia.

Die von der AU geführte Bereitschaftstruppe ist

noch im Aufbau. Mit Hilfe der G8-Länder soll sie

bis zum Jahr 2010 in fünf Regionen Afrikas mit je

einer Brigade einsatzbereit sein. Die G8-Länder

haben auf dem Gipfel 2002 in Kananaskis ihre

Unterstützung dafür zugesagt.

Um Frieden auch langfristig zu sichern, wird

Deutschland die AU darin unterstützen, die zivile

Dimension ihres Arbeitsbereichs Frieden und

Sicherheit zu stärken – beispielsweise beim

Aufbau eines Pools aus zivilen Experten und Aus-

bildern. Neben der AU unterstützt Deutschland

regionale Kooperationen unter anderem im

Kaukasus, in Asien (Vereinigung südostasiatischer

Länder ASEAN) und in Afrika (z.B. EAC, ECOWAS).

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Der frühere Vorsitzende der Afrikanischen UnionAlpha Oumar Konaré spricht in Äthiopien zu den

Vertretern der 53 Mitgliedsländer.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,…dass regionale Organisationen

gestärkt werden.

…dass der Aufbau einer afrikanischenBereitschaftsarmee für Friedensmissio-nen bis 2010 vorangetrieben wird. (Kananaskis 2002)

Page 125: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

| Die Kaukasus-Initiative: Rechtssicherheit und Umweltschutz für den Frieden |

Der Südkaukasus ist

neben dem Balkan die

zweite Krisenregion am

Rande der EU. Nach

dem Zerfall der Sowjet-

union kämpften Arme-

nien und Aserbaidschan um die Region Berg-

Karabach. In Georgien kam es zu blutigen Ausein-

andersetzungen um die autonomen Republiken

Abchasien und Süd-Ossetien. Diese Konflikte der

1990er-Jahre kosteten Zehntausende das Leben

und machten über eine Million Menschen zu

Flüchtlingen. Obwohl die Kämpfe abgeflaut sind,

ist ein dauerhafter Frieden nicht in Sicht.

Die Bundesrepublik will durch ihr grenzüber-

schreitendes Engagement den Abbau von Feind-

bildern vorantreiben, das gegenseitige Vertrauen

und die Rechtssicherheit stärken, beispielsweise

durch Begegnungen zwischen Richtern, Wissen-

schaftlerinnen und NRO-Vertretern. Auch durch

einen gemeinsamen Nationalpark und überregio-

nale Zusammenarbeit im Energie- und Rechtsbe-

reich sollen sich die drei Länder näher kommen.

Das führt auch zu positiven wirtschaftlichen Effek-

ten in der verarmten Region. Als mit der Sowjet-

union auch die Zulieferer- und Absatzmärkte

wegbrachen, ging das Bruttonationalprodukt im

Südkaukasus um rund 70 % zurück. Darum

berät Deutschland alle drei Regierungen

bei ihren Armutsminderungsstrategien

und fördert Justiz- und Gesetzesreformen,

auch um das Investitionsklima in der

Region zu verbessern.

Obwohl im Kaspischen Becken große Erdöl- und

Gasvorkommen lagern, hat die Bevölkerung in

ländlichen Gebieten häufig nur wenige Stunden

Strom am Tag. Vor dem Ende der Sowjetunion

gab es ein Verbundsystem, teilweise wurde sogar

Strom nach Russland exportiert. Deutschland be-

rät und unterstützt die Regierungen dabei, das

Verbundsystem wieder aufleben zu lassen sowie

Erneuerbare Energien stärker zu nutzen. Damit

will die Bundesrepublik auch ermöglichen, dass

Armenien sein durch Erdbeben gefährdetes Kern-

kraftwerk Medzamor schließen kann.

Gemeinsam mit dem World Wide Fund for

Nature (WWF) unterstützt Deutschland die

Umweltministerien Georgiens, Armeniens und

Aserbaidschans bei der Einrichtung von Natur-

schutzgebieten. Die Ökoregion Kaukasus weist

die für einen Wald im gemäßigten Klima weltweit

größte Artenvielfalt auf. Doch durch Konflikte

und Wirtschaftskrisen ist die Natur gefährdet. Mit

anderen Gebern zusammen wird Deutschland die

Hälfte der Kosten der Schutzgebiete tragen sowie

Arbeitsplätze insbesondere im Tourismusbereich

schaffen.

Für Vorhaben im Südkaukasus gibt die deutsche

Entwicklungszusammenarbeit jährlich 50 Millio-

nen Euro aus.

Hohes Konfliktpotenzial infriedlicher Landschaft: Nationalpark

Borjomi-Kharagauli im Südkaukasus

125

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

Page 126: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Konflikte eindämmen durch Kleinwaffenkontrolle

126

In vielen Entwicklungsländern kann man problem-

los Revolver, Maschinengewehre und Panzerab-

wehrraketen auf Schwarzmärkten kaufen. Sie zäh-

len zu den sogenannten Kleinwaffen. Jährlich töten

sie eine halbe Million Menschen. Da sie leicht trans-

portiert und über Grenzen geschmuggelt werden

können, ist eine Kontrolle schwierig. Die leichte Be-

dienung ermöglicht es Kriegsparteien, Kinder im

bewaffneten Kampf einzusetzen.

Ziel Deutschlands und der OSZE ist es, die Ausfuhr

von Waffen in Krisenregionen zu unterbinden. Die

OSZE verpflichtet darum ihre Mitgliedsstaaten un-

ter anderem zu strengen Ausfuhrkontrollen.

Deutschland verfolgt darüber hinaus den Grund-

satz »neu gegen alt«: Polizei oder Armee von Ent-

wicklungsländern erhalten nur dann neue Klein-

waffen, wenn sie gewährleisten, dass sie ihre alten

Waffen nicht verkaufen, sondern verschrotten.

Page 127: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

127127

Appelle nützen wenig gegen Kleinwaffen:Verbotsschild in Somalia. Das Land befindetsich seit 1991 im Bürgerkrieg.

Kleinwaffenkontrolle spielt auch im Afrika-Aktions-

plan der G8 eine große Rolle. Viele afrikanische Re-

gionalorganisationen haben dazu Vereinbarungen

getroffen. Deutschland unterstützt die Entwick-

lungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) bei der

Umsetzung ihres Schusswaffenprotokolls, das seit

Juli 2004 für alle 14 Mitgliedstaaten gilt und unter

anderem Herstellung von und Handel mit Klein-

waffen verbietet. Auch die Ostafrikanische Gemein-

schaft (EAC) hat sich die verbesserte Kontrolle von

Kleinwaffen und die Eindämmung ihrer illegalen

Verbreitung zum Ziel gesetzt. Deutschland unter-

stützt das EAC-Sekretariat dabei.

Beschlüsse für den Frieden

Auf der ersten VN-Kleinwaffen-

konferenz im Juli 2001 beschloss die

Staatengemeinschaft ein Aktionspro-

gramm, das die Verabschiedung von

Waffengesetzen, die Einrichtung natio-

naler Koordinierungsstellen, die grenz-

überschreitende Zusammenarbeit,

Maßnahmen zur Exportkontrolle,

sichere Lagerung und die Unterstützung

von Programmen zur Demobilisierung

von Ex-Kombattanten und zur Waffen-

vernichtung anstrebt.

Im Dezember 2003 folgte die

Resolution gegen die Verbreitung

von Kleinwaffen. Deutschland arbeitet

seit 2004 in einer internationalen

Arbeitsgruppe daran, ein Instrument zur

Kennzeichnung und Verfolgung illegaler

Kleinwaffen zu entwickeln.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,…dass die Ausfuhr von Kleinwaffen

in Krisenregionen unterbunden wird.

…dass Streubomben weltweit verboten werden.

Page 128: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

128

Frauen lösen Konflikte anders

Mit der Resolution 1325 vom 31. Oktober

2000 fordert der VN-Sicherheitsrat die

Mitgliedsstaaten auf, für eine stärkere

Beteiligung von Frauen bei der Ver-

hütung, Bewältigung und Beilegung

von Konflikten zu sorgen.

Gerade in Krisen- und Konfliktzeiten werden viele

Frauen politisch oder sozial aktiv und sichern das

Überleben ihrer Familie. Sie organisieren Selbst-

hilfegruppen, engagieren sich in Friedensinitiati-

ven, leiten Dialoge ein und machen auf die Be-

dürfnisse und Nöte der gesamten Bevölkerung

aufmerksam. Über ihre eigenen Interessen und

Bedürfnisse hinaus vertreten sie auch die ihrer

Kinder. Solche Aktivitäten machen Frauen zu

glaubwürdigen und wichtigen Mitgestalterinnen

von Friedensprozessen. Auch die im Zuge des

Konflikts veränderten Geschlechterrollen können

langfristig einen positiven Wandel in der Gesell-

schaft bewirken. Frauen gehen an Konfliktlösun-

gen oft pragmatischer und konstruktiver heran.

Die Pekinger Weltfrauenkonferenz 1995 hat da-

rum die Regierungen aufgefordert, die führende

Rolle von Frauen in der Friedensbewegung zu

würdigen, ihr Engagement zu unterstützen und

die gleichberechtigte Mitwirkung und Teilhabe

an Entscheidungen auch in Sicherheitsfragen

umzusetzen.

Im Einklang mit der VN-Resolution 1325, die die

stärkere Beteiligung von Frauen in nationalen, re-

gionalen und internationalen Institutionen und

Mechanismen bei der Krisenprävention und Kon-

fliktbeilegung auf allen Entscheidungsebenen

fordert, fördert die Bundesregierung Projekte und

Programme zum Gender Mainstreaming (siehe

Seite 149 ff) in Konflikt- und Postkonfliktländern

und zur Stärkung von Frauengruppen und -netz-

werken, die sich für Friedensentwicklung und ge-

waltfreie Konfliktlösung einsetzen.

Deutschland hat sich für die Einbeziehung von

Frauen in allen wichtigen Bereichen der Kommis-

sionen für Friedenskonsolidierung in Sierra Leone

und Burundi eingesetzt. Ebenso unterstützen wir

den Einsatz von Gender-Beraterinnen und Men-

schenrechtsbeobachterinnen bei Friedensmissio-

nen. Erste Erfahrungen mit einer Gender-Berater-

stelle macht derzeit die EUFOR-Mission in der

Demokratischen Republik Kongo. Beratungen mit

Frauengruppen auf lokaler, nationaler und inter-

nationaler Ebene sollen aus Sicht des BMZ zu ei-

nem festen Bestandteil der Missionen werden.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,…dass Frauenorganisationen bei Frie-

densmissionen eingebunden werden.

Page 129: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

129

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

Acht Jahre nach Ende des Bürgerkriegs ist das Konfliktpotenzial in Burundiimmer noch hoch: In dem Versöhnungszentrum in Vumbi arbeiten zunehmendFrauen als Schlichterinnen – auch bei Familienkonflikten.

Page 130: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

130130

Kinderrechte verwirklichen

Kinder und Jugendliche sind überproportional

häufig Opfer kriegerischer Auseinandersetzun-

gen. Von den 5,8 Millionen Menschen, die sich

weltweit auf der Flucht befinden, sind schätzungs-

weise 44 % jünger als 18 Jahre und 12 % unter fünf

Jahren. In Afrika sind mehr als die Hälfte ( 53 %) der

Flüchtlinge Kinder.

Wenn Staat und Gesellschaft zerfallen, haben

kriminelle Banden und politische Gewalttäter

leichtes Spiel, Kinder und Jugendliche zu mobili-

sieren. Beispielsweise forderten Jugendunruhen

im Kosovo 2004 innerhalb von zwei Tagen 19 To-

desopfer, 900 Menschen wurden verletzt und

4.000 vertrieben. Weltweit gibt es schätzungs-

weise 250.000 Kindersoldaten, die meisten davon

in Afrika (100.000), doch auch in Lateinamerika,

Europa, Asien und dem Nahen Osten. Auch wenn

Minderjährige als Kindersoldaten oder Kleinkri-

minelle in Kriegssituationen zu Tätern werden,

sind sie Opfer und bedürfen des unbedingten

Schutzes der Gemeinschaft.

Deutschland ist es ein besonderes Anliegen, die

Rechte von Kindern zu verwirklichen. Dazu

gehört, dass Kindersoldaten bei der Wiederein-

gliederung von ehemaligen Kämpfern besonders

bedacht werden. Nur wenn Jugendliche auch eine

berufliche Chance in einer Nachkriegsgesellschaft

erhalten, kann Frieden stabil sein.

Die bilaterale staatliche Entwicklungszusammen-

arbeit fördert derzeit elf mehrjährige Vorhaben in

diesem Bereich, vorwiegend in Afrika. Friedens-

fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes (ZFD)

unterstützen die Maßnahmen zur sozialen

Wiedereingliederung von Kindersoldaten, zum

Beispiel durch Traumaarbeit.

Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung

finanziell oder politisch über den freiwilligen

deutschen Regelbeitrag und Projektmittel an

UNICEF Institutionen und Hilfsprogramme zur

Demobilisierung und Rehabilitierung von ehema-

ligen Kindersoldaten sowie die Verhütung von

Page 131: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

131131

K o n f l i k t e l ö s e n u n d ü b e r w i n d e n

Verstößen gegen das Zusatzprotokoll zur Kinder-

rechtskonvention betreffend Kinder in bewaffne-

ten Konflikten.

Die Verwirklichung von Kinderrechten setzt die

Sicherung von Frieden und die Förderung von

Demokratie voraus. Auch umgekehrt können sich

Gesellschaften nur nachhaltig friedlich und de-

mokratisch entwickeln, wenn die Rechte von Kin-

dern und Jugendlichen gewährleistet werden. Die

deutsche Entwicklungszusammenarbeit fördert

daher beispielsweise in Ruanda und Kosovo Vor-

haben, in denen Kinder und Jugendliche frühzei-

tig demokratische und friedliche Erfahrungen

machen. Ziel ist dabei, dass Kinder und Jugendli-

che ihr Gemeinwesen mitgestalten können und

so Fähigkeiten entwickeln und Werte erfahren,

die unabdingbar sind für Frieden und Demokra-

tie. Kinder und Jugendliche müssen die Men-

schenrechte verstehen, damit sie sie verteidigen

können.

Wichtigstes Ergebnis des 1. Weltkongress gegen kommerzielle sexuelle

Ausbeutung von Kindern in Stockholm war der von allen 122 beteiligten

Ländern verabschiedete Aktionsplan. Die Regierungen wurden aufgefordert,

bis zum Jahr 2000 nationale Arbeitsprogramme vorzulegen und die VN-Kinder-

rechtskonvention zu ratifizieren. Der 2. Weltkongress in Yokohama bestätigt

diese Verpflichtungen 2001 in den »Yokohama Global Commitments«.

Im Mai 2000 beschloss die VN-Generalversammlung ein Zusatzprotokoll zur

VN-Kinderrechtskonvention über die Beteiligung von Kindern in bewaffneten

Konflikten. Darin verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, keine Kinder und

Jugendlichen unter 18 Jahren als Soldaten einzuziehen.

Auf der von Frankreich und UNICEF ausgerichteten Konferenz »Befreit die

Kinder vom Krieg« im Februar 2007 nahmen die teilnehmenden Staaten

die »Pariser Prinzipien« an. Damit verpflichten sie sich, Kindersoldaten zu

entwaffnen und diejenigen, die sie rekrutiert haben, zu bestrafen.

Kindersoldat in Sierra Leone

Die Bundesregierung hat während ihrer Ratspräsidentschaft die Grundlagenfür eine systematische Erfassung der von EU-Staaten und der EU-Kommissionverfolgten Projekte im Bereich Kinder und bewaffnete Konflikte insbesonderein Schwerpunktländern erstellt. Die Liste dient zur Optimierung von Projekt-planungen innerhalb der EU, aber auch gegenüber externen Akteuren undumfasste Mitte 2007 bereits 183 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 287 Millionen Euro.

Page 132: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

132

Kultur als Stabilitätsfaktor

Kulturelle Freiheit gehört zu den menschlichen

Grundrechten. Wo sie nicht gegeben ist, wo Min-

derheiten und ihre Kultur unterdrückt werden,

entstehen leicht Konflikte. Wenn Staaten Teilen

ihrer Bevölkerung verbieten, die eigene Sprache

zu sprechen oder an ihre Kinder weiterzugeben,

kann es sogar zu kriegerischen Auseinanderset-

zungen kommen.

Die Bundesrepublik erkennt die Rechte verschie-

dener Ethnien, ihre eigene Sprache und Kultur zu

pflegen, an. Die Bundesregierung unterstützt

darum Schulunterricht in den Sprachen der Ur-

bevölkerung Lateinamerikas und stärkt indigene

Organisationen, insbesondere des Dachverbandes

von Indianerorganisationen im Amazonasraum

(COICA).

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Allerdings birgt die Zersplitterung der Kultur ei-

nes Staates auch Gefahren. Wenn viele einzelne

Kulturen in einem Land nebeneinander existie-

ren, es keine einheitliche Sprache und keinen ge-

meinsamen Bezug auf Geschichte und Kultur

gibt, kann ein Staat zerfallen. Die Autorität des

Staates wird angezweifelt, in der Folge kann er

seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Darum

gilt es neben den berechtigten Interessen von

Minderheiten auch das Zusammengehörigkeits-

gefühl innerhalb eines Staates zu fördern.

Dazu kann das kulturelle Erbe eines Landes bei-

tragen. Es stärkt das Selbstwertgefühl seiner

Bewohner und unterstützt das Nationbuilding.

Darum fördert Deutschland beispielsweise den

Erhalt von Kulturgütern in Afghanistan und von

Altstädten im syrischen Aleppo, in Shibam im

Jemen und Bhakhtapur in Nepal.

»Wie aus Lebkuchen«, so beschreiben manche die Architektur der jemenitischen Hauptstadt Sana’a. Die Bundesregierung unterstützt gemeinsam mit anderen Gebern den Erhalt dieses Weltkulturerbes.

Page 133: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Dorfschule in Ixcán, Quiché

| Guatemala: Wenn man die Lehrerin nicht versteht |

36 Jahre lang

kämpften die

indigene Land-

bevölkerung in

Guatemala und

demokratische

und sozialistische

Gruppen gegen rechtsextreme Milizen und

das autokratische Regime. Die Ureinwohner

stellen gut die Hälfte der Bevölkerung, doch

waren sie vom sozialen, kulturellen und poli-

tischen Leben weitgehend ausgeschlossen.

Im Jahr 1996 schlossen die Kriegsparteien

Frieden, die indigenen Völker erhielten zu-

mindest auf dem Papier gleiche Rechte. Der

Staat verpflichtete sich, in die ländliche Ent-

wicklung zu investieren. Dazu gehören auch

Schulen. Mindestens ein Drittel der Bevölke-

rung kann nicht lesen und schreiben. Die

Bundesregierung finanziert die neuen natio-

nalen Bildungsprogramme Guatemalas mit.

Darüber hinaus berät die GTZ im Auftrag des

BMZ Schulen im guatemaltekischen Hoch-

land bei der Einführung von zweisprachiger

Erziehung und der Vermittlung von demo-

kratischen Werten. Die Erstklässler auf dem

Land sprechen eine der 23 Mayasprachen.

Die Lehrer können hingegen meist nur Spa-

nisch. Da erstaunt es nicht, dass viele Schüler

nichts lernen. Inzwischen werden Unter-

richtsmaterialien in Mayasprachen übersetzt

sowie Indigene zu Lehrern ausgebildet.

Guatemala ist neben Kenia Pilotland für die

Umsetzung des Menschenrechtsansatzes der

deutschen Entwicklungszusammenarbeit auf

Programmebene. Für das Grundbildungs-

programm bedeutet das unter anderem, dass

Gewalt an Schulen, insbesondere seitens der

Lehrer, anders thematisiert wird, nämlich als

Verletzung eines grundlegenden Kinder-

und Menschenrechts.

133

Page 134: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

134

5. Demokratie als Entwicklungschance

Page 135: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Demokratie und gute Regierungsführung sind die besten Voraussetzungen für Entwicklung.

Gute Staatswesen aufzubauen braucht Zeit und kann nur mit den betroffenen Menschen geschehen.

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern beschleunigt Entwicklung.

135

Page 136: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

136

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Demokratie erlaubt wie keine andere Staatsform

eine selbstbestimmte Entwicklung der Menschen

und fördert somit auch wirtschaftliches Wachs-

tum. Demokratische Regierungen können die Be-

dürfnisse ihrer Bevölkerung bei ihren Entschei-

dungen nur schwer außer Acht lassen. In keinem

Land, in dem grundsätzliche demokratische Frei-

heiten verwirklicht waren, fiel jemals eine größere

Anzahl von Menschen einer Hungersnot zum

Opfer. Demokratische Kontrolle erschwert auch

Menschenrechtsverletzungen und Amtsmiss-

brauch. Darum ist Entwicklungszusammenarbeit

in demokratischen Ländern besonders erfolgreich.

Kenianerinnen informieren sich aufdem Weltsozialforum in Nairobi 2007.

Anlässlich des 50. Jahrestages der Unter-zeichnung der Römischen Verträge habendie EU-Mitgliedsstaaten in der BerlinerErklärung bekräftigt: »Die EuropäischeUnion wird auch weiterhin Demokratie,Stabilität und Wohlstand jenseits ihrerGrenzen fördern.«

Die Förderung von Demokratie und guter Regie-

rungsführung ist ein Leitprinzip deutscher Ent-

wicklungszusammenarbeit. Ihr Kennzeichen ist

es, die Bevölkerung an politischen, wirtschaft-

lichen und sozialen Entscheidungen und Prozes-

sen zu beteiligen. Mit der Hälfte unserer Partner-

länder haben wir vereinbart, Demokratie, Zivil-

gesellschaft und öffentliche Verwaltung als einen

Schwerpunkt zu behandeln.

Auf dem Weg zur Demokratie

Viele Staaten haben in den letzten Jahren wich-

tige Schritte zur Verwirklichung von Demokratie

eingeleitet: Sie gaben sich eine demokratische

Verfassung und halten Wahlen ab. Inzwischen

werden in 123 von insgesamt 192 Staaten der Erde

Wahlen durchgeführt. Vor 30 Jahren waren es

nur 41 von 150 Staaten. Zahlreiche Staatenbünde

bekennen sich zur Demokratie. Die Organisation

Amerikanischer Staaten (OAS) und die Wirtschaft-

liche Gemeinschaft Westafrikanischer Staaten

(ECOWAS) haben sich 2001 der Förderung demo-

kratischer Prinzipien in ihren Mitgliedsländern

verschrieben. Die Afrikanische Union (AU) verab-

schiedete im Januar 2007 die Afrikanische Charta

zu Demokratie, Wahlen und Regierungsführung.

Damit verpflichten sich ihre Mitglieder zu den

Prinzipien der Demokratie, zu Menschenrechten

und zur Förderung universeller Werte.

Page 137: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Journalistendemo in Nairobi, Kenia, im August 2007: Ohne Pressefreiheit kann Demokratie nicht funktionieren.

137

Doch auch die fairsten Wahlen und das ernsthaf-

teste Bekenntnis machen noch keine Demokratie.

Regierungen müssen transparent arbeiten, regel-

mäßig Rechenschaft ablegen und Korruption im

Staatswesen bekämpfen. Es muss eine echte Ge-

waltenteilung geben, die Amtszeit von Staats-

oberhäuptern muss begrenzt sein. Demokratie

braucht zudem einen funktionierenden Rechts-

staat: Gesetze müssen für alle gleich angewendet

werden. Alle müssen gleichermaßen Zugang zu

den Institutionen der Rechtsprechung haben.

Staatsanwälte, Richter und Beamte müssen unbe-

stechlich sein und ihre Aufgaben frei von Angst

ausüben können.

Auch bürgerliche Freiheiten müssen verwirklicht

sein. Denn Zivilgesellschaft, Opposition und

Presse sind die wichtigsten Kontrolleure der Re-

gierung und damit Garanten der Demokratie.

Viele junge Demokratien haben diese Grund-

lagen noch nicht voll umgesetzt. Deutschland

unterstützt seine Partnerländer auf dem Weg da-

hin. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

stärkt rechtsstaatliche Mechanismen, indem sie

beispielweise bei Reformen von Verfassung,

Justizwesen oder öffentlicher Verwaltung berät,

die Zivilgesellschaft fördert und regionale

Menschenrechtsinstitutionen unterstützt.

»Wir, die Mitglieder der Afrikanischen Union,bekennen uns, die universellen Werte undPrinzipien der Demokratie, guter Regierungs-führung, Menschenrechte und das Recht aufEntwicklung zu fördern.«

Afrikanische Charta zu Demokratie, Wahlenund Regierungsführung (2007)

Page 138: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

138

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

| Kolumbien: Nicht mehr warten auf Gerechtigkeit |

Wer in Kolumbien ein

Gericht anruft, braucht

vor allem Geduld. Die

Gerichtshöfe sind teil-

weise bis 2017 mit Ver-

fahren ausgebucht. Die

Justiz hat immer weniger

Personal, auf dem Land

gibt es oft weder Richter- noch Staatsanwalt-

schaft. Faktisch sind viele Bürgerinnen und

Bürger rechtlos. Abgeschlossene Fälle wer-

den zwar archiviert, aber nicht veröffentlicht.

Jede Richterin und jeder Richter beginnt bei

Null. Die Folge sind widersprüchliche Urteile.

Mit einem Projekt zur Stärkung des Rechts-

staats hat Deutschland bei den Obersten Ge-

richten angesetzt. Ziele waren der Abbau des

Verfahrensstaus und die Beschleunigung der

Verfahren. Erstmals wurden im Obersten

Verwaltungsgerichtshof alle Akten gesichtet

und nach Rechtsproblemen sortiert, um sie

gesammelt auf CD den Kammern vorzule-

gen. Allein 2004 konnten 300 Altfälle abge-

schlossen werden: Viermal mehr als in den

Jahren zuvor. Aufgrund des Erfolges des Vor-

habens und der großen Nachfrage von Unter-

gerichten, haben Deutschland und Kolum-

bien im Dezember 2007 vereinbart, das Vor-

haben weiterzuführen und auszuweiten.

Der Justizpalast in Bogotá

Page 139: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

139

Maßgeschneiderte Demokratieförderung

Demokratisierung ist ein innergesellschaftlicher

Prozess und braucht Zeit. Sie kann nicht von

außen »verordnet« werden, sondern muss von

den gesellschaftlichen Kräften in den Ländern ge-

tragen werden. Kulturen sind gewachsen, jeder

Staat hat seine eigene Geschichte. Ob Verhältnis-

oder Mehrheitswahlrecht, Parlament oder Loja

Dschirga – jedes Land muss seine eigene Demo-

kratieform finden.

Wie die Demokratie in einem Entwicklungsland

gefördert werden kann, hängt von dem Grad der

Demokratisierung, dem Willen der Regierung

und anderen Rahmenbedingungen ab.

In vielen Ländern gibt es Parteien, Wahlen und

offene Wirtschaftsordnungen. Doch fehlt es an

Kontrollorganen und an Rechtssicherheit oder

die Zivilgesellschaft ist nur wenig herausgebildet.

Solche »Demokratien« werden als hybride Sys-

teme bezeichnet. Hier ist eine Zusammenarbeit

erfolgversprechend, wenn Regierung und Bevöl-

kerung sich grundsätzlich für ein demokratisches

System entschieden haben.

Bei allen Kooperationsländern drängt die deutsche

Entwicklungszusammenarbeit auf einen Prozess,

der Demokratie, Partizipation und Reformen der

Verwaltung voranbringt.

Wir arbeiten mit zivilgesellschaftlichen Akteuren

zusammen, die sich für Bildung, Gesundheit,

Frauenrechte oder auch Umweltschutz einsetzen,

und stärken damit die Kräfte, die am ehesten eine

Demokratisierung von innen vorantreiben kön-

nen. Wo sich Deutschland in autoritären Staaten

Wahl in der D.R. Kongo 2006: Selbstgebastelte Urnen erfüllen ihren Zweck.

engagiert, achten wir darauf, dass dadurch nicht

die bestehenden Machtverhältnisse gegen die

Interessen der Bevölkerung gestützt werden.

Eine wichtige Rolle spielen die politischen Stiftun-

gen der deutschen Parteien. Sie können direkt mit

allen demokratischen Kräften zusammenarbei-

ten, gesellschaftskritische Eliten und Regierungs-

wie Oppositionsparteien fördern. Die Bundes-

regierung unterstützt diese Arbeit finanziell.

Page 140: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

140

Süd-Süd-Zusammenarbeit

Befürworter von Demokratisierung sehen sich

häufig im eigenen Land mit dem Vorwurf kon-

frontiert, Demokratie sei von den Industrielän-

dern verordnet. Dieser Vorwurf läuft ins Leere,

wenn sich Entwicklungsländer gegenseitig bei

der Demokratisierung ihrer Gesellschaften unter-

stützen. Deutschland setzt sich darum für eine

Stärkung der Süd-Süd-Zusammenarbeit ein. Eine

zentrale Rolle spielen dabei regionale Menschen-

rechtsinstitutionen wie der Afrikanische Gerichts-

hof für Menschenrechte, die Afrikanische Kom-

mission für Menschenrechte oder der Interameri-

kanische Gerichtshof für Menschenrechte.

Ein weiteres Beispiel ist der African Peer Review

Mechanism (APRM) – der Afrikanische Beurtei-

lungsmechanismus unter Gleichen. Bei diesem

Prozess bewerten sich die dazu bereiten Mitglieds-

staaten der Afrikanischen Union gegenseitig.

Staaten, die an dem Prozess teilnehmen wollen,

müssen einen Plan aufstellen, wie sie Demokratie

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

und Regierungsführung verbessern wollen. Alle

zwei bis vier Jahre beurteilt ein Gremium ihre

Fortschritte und spricht Empfehlungen aus. Dazu

kann auch der Rat gehören, Hilfe von außen in

Anspruch zu nehmen. Bei groben Verstößen ge-

gen die Empfehlungen können die Staaten der

Afrikanischen Union beschließen, selbst Schritte

in dem fraglichen Land einzuleiten.

26 afrikanische Staaten haben sich verbindlich

verpflichtet, den Peer Review durchzuführen:

Ägypten, Algerien, Angola, Äthiopien, Benin,

Burkina Faso, Gabun, Ghana, Kamerun, Kenia,

Demokratische Republik Kongo, Lesotho, Malawi,

Mali, Mauritius, Mosambik, Nigeria, Ruanda,

Sambia, São Tomé & Príncipe, Senegal, Sierra

Leone, Südafrika, Sudan, Tansania und Uganda.

Deutschland unterstützt mit anderen Gebern den

Prozess und richtet seine Entwicklungszusammen-

arbeit an den Empfehlungen des Gremiums aus.

Die EU-Kommission hat für afrikanische AKP-Länder (siehe Seite 180 f), dieam African-Peer-Review-Mechanism-Prozess vollständig teilnehmen,eine Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit um 5 % re-serviert. Hinzu kommt eine »Governance Incentive Tranche« – ein Anreizfür verantwortungsvolle Regierungsführung, sodass für das jeweiligeLand Erhöhungen um bis zu 30 % möglich sind.

Page 141: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

141

Einige Erfahrung in der regionalen Zusammenarbeit gibt es inLateinamerika: Der Interamerikanische Gerichtshof für

Menschenrechte wurde schon 1979 gegründet.

G8 2007Die G8 haben in Heiligendamm zugesagt, ihre Unterstützung für den African Peer ReviewMechanism zu verstärken.

Page 142: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

142

Demonstration in Nairobi nach Korruptionsskandal in der Regierung: »Wir, Kenias Jugend, lehnen es ab, ein bankrottes Kenia zu erben.«

Korruption bekämpfen durch Transparenz

Viele unserer Partnerländer leiden unter Korrup-

tion. Bestechung, Veruntreuung, Ämterpatronage

und Vetternwirtschaft in Verwaltung, Regierung

und Wirtschaft hemmen die Entwicklung und

verhindern eine echte demokratische Teilhabe

aller Bürger und Bürgerinnen.

Knappe öffentliche Güter, die für die Entwicklung

des Gemeinwesens, für Bildung oder Gesundheit

eingesetzt werden könnten, landen in privaten

Taschen. Auch die Kosten privater Unternehmen

können steigen, beispielsweise wenn sie behördli-

che Genehmigungen nur über »Schmiergeld«-

Zahlungen erlangen. Internationale Investoren

werden abgeschreckt.

Besonders diejenigen, die weder mit Geld noch an-

deren Privilegien bestechen können, leiden unter

Korruption, etwa dann, wenn sie ihr Recht durch-

setzen wollen. Nach Erhebungen der Nichtregie-

rungsorganisation »Transparency International«

zahlen in Afrika 21 % derer, die mit der Justiz zu tun

haben, Bestechungsgelder an Richter, Anwälte

oder Polizisten. In Lateinamerika sind es 18 %.

Wenn die Menschen kein Vertrauen in ihren Staat

haben, sinkt auch ihre Bereitschaft, sich politisch

zu engagieren. Demokratie kann so nicht funktio-

nieren.

Korruption wird begünstigt durch den Mangel an

Kontrollmechanismen, Transparenz und Rechen-

schaftspflicht. Darum unterstützt die Bundes-

regierung entwicklungsorientierte Partnerregie-

rungen dabei, ihren Staatshaushalt transparenter

zu gestalten.

In direktem Bezug auf die VN-Konvention gegen

Korruption (UNCAC) hat das BMZ Anfang 2005

das »Vorhaben zur Unterstützung von Partner-

ländern bei der Umsetzung der VN-Konvention

gegen Korruption« geschaffen. Innerhalb dieses

Vorhabens werden strategische Pilotmaßnahmen

gefördert, unter anderem zur Wiederbeschaffung

illegal erworbener Vermögenswerte und zur

Umsetzung der vom Büro der Vereinten Nationen

für Drogen und Verbrechen (UNODC) entwickel-

ten Bangalore Principles for Judicial Conduct –

ethischen Regeln für die Justiz. Die Bundesregie-

Page 143: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

143

rung unterstützt die Anti-Korrup-

tionsinitiative Asien und Pazifik der

Asiatischen Entwicklungsbank und

der OECD und arbeitet mit interna-

tionalen Organisationen wie »Trans-

parency International« und dem

»Utstein Anti-Corruption Resource

Centre« zusammen.

Im Bereich der technischen Zu-

sammenarbeit laufen weltweit rund

200 Projekte zur Reform des öffent-

lichen Sektors im Rahmen der VN-

Konvention gegen Korruption, dar-

unter Maßnahmen zur Verwaltungs- und Justiz-

reform, zum öffentlichen Finanzwesen, insbeson-

dere zum Aufbau von Rechnungshöfen sowie der

Zoll- und Steuerverwaltung.

»Korruption kauft die falschenEntscheidungen.«

Peter Eigen, Gründervon TransparencyInternational

Unverzichtbar zur Bekämpfung der

Korruption ist eine wachsame Zivil-

gesellschaft – in den Entwicklungs-

ländern, auf internationaler Ebene,

aber auch in Deutschland und Eu-

ropa. Deshalb werden Aktivisten

der Zivilgesellschaft geschult, Kor-

ruption zu erkennen, und gegebe-

nenfalls unterstützt, wenn sie Miss-

stände anprangern.

Durch aktive Mitarbeit bei den Ver-

einten Nationen, Weltbank, G8 und

OECD unterstützt die Bundesregie-

rung die Schaffung und Einhaltung internationa-

ler Standards gegen Korruption und setzt sich

dabei besonders für die Transparenz im Rohstoff-

sektor ein.

Korruption ist weit verbreitet: Der Korruptionswahrnehmungs-Index 2007

9.0 –10.08.0 – 8.97.0 – 7.96.0 – 6.95.0 – 5.94.0 – 4.93.0 – 3.92.0 – 2.91.0 – 1.9keine Daten

CPI 2007

Der Corruption Perception Index (CPI) bezieht sich auf das von erfahrenen Geschäftspersonen und Länderanalysten wahrgenommene Ausmaß der Korruption und rangiert zwischen 10 (frei von Korruption) und 0 (extrem von Korruption befallen).

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144

»Korruption heißt nichts anderes, als die Armen bestehlen.«

Heidemarie Wieczorek-Zeul

EITI: Rechenschaft über Rohstoffverkäufe

Der Reichtum an Rohstoffen führt nicht selten zu

einem besonders hohen Maß an Korruption.

Wegen ihres relativen Reichtums kann sich die

Regierung leicht unliebsamer Kritik entledigen.

Bildungseliten und Mittelstand, die Träger eines

gesellschaftlichen Wandels sein könnten, werden

mit Privilegien ruhig gestellt. Der Mittelstand

bleibt gerade wegen dieser materiellen Zuwen-

dungen unterentwickelt.

Bei Erdöl und -gas zeigt sich das deutlich: Wegen

der gestiegenen Weltmarktpreise haben die acht

wichtigsten Ölstaaten in Subsahara-Afrika im Jahr

2005 aus dem Verkauf von Öl 35 Milliarden US-

Dollar eingenommen. Gegen Armut haben die

Regierungen wenig getan, die Region ist die ärm-

ste der Welt.

Insbesondere in Staaten, deren Einnahmen stark

vom Rohstoffverkauf abhängig sind – sogenannte

Rentenökonomien – kann man Korruption nur

bekämpfen und die Verwendung öffentlicher

Mittel im Sinne nachhaltiger Entwicklung sichern,

wenn Einnahmen und Ausgaben der Regierung

offengelegt werden. Die Transparenzinitiative

der Rohstoffindustrie – Extractive Industries

Transparency Initiative (EITI) – leistet einen Bei-

trag dazu.

Die mitwirkenden Unternehmen, darunter einige

der weltweit größten Öl- und Bergbaufirmen, ge-

ben an, was sie den Regierungen in den Ländern,

die an der Initiative teilnehmen, gezahlt haben.

Die Regierungen wiederum legen Rechenschafts-

berichte über ihre Einnahmen vor. Eine unabhän-

gige Instanz überprüft die Berichte und macht

der Regierung gegebenenfalls Vorschläge zur Er-

höhung der Transparenz. Einige Staaten berich-

ten innerhalb dieses Prozesses darüber hinaus,

wie sie die Einnahmen entwicklungswirksam ein-

setzen wollen. Mit der Teilnahme an der Initiative

tragen die Unternehmen zu einer politischen

Stabilisierung der Länder bei und sichern somit

langfristig ihre Investitionen.

Deutschland arbeitet im internationalen EITI-Auf-

sichtsrat mit und leistet regelmäßige Zahlungen

an den EITI-Multi-Geber-Fonds bei der Weltbank.

Außerdem unterstützen wir einzelne Länder

direkt oder über Partnerschaften mit privaten

Unternehmen (Public Private Partnership) bei

ihrem EITI-Prozess.

Für diese Arbeiterin in Sierra Leonebedeutet Gold nicht gleich Reichtum.Die schwere Arbeit in den Minen wirdfast ausnahmslos von Frauen geleistet.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 145: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Arbeiter an einer Pipeline in Nigeria: Das Land ist zwar der größte Erdölproduzent Subsahara-Afrikas, doch 70% der Bevölkerung leben von weniger als einem US-Dollar am Tag.

G8 2007Die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten bekräftigten in Heiligendamm ihreUnterstützung für EITI.

Die Bundesregierung verpflichtete sich, das Thema Transparenz im Rohstoffsektor in internationalen Foren, einschließlich derG8, weiterzutransportieren.

Mitte Dezember 2007 setzte sie den unterdeutscher G8-Präsidentschaft neu angesto-ßenen Dialog auf einer internationalen Konferenz in Berlin fort.

Die VN-Konvention gegen Korruption

(UNCAC) regelt unter anderem Prävention,

Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung

von Korruption sowie das Einfrieren, die

Beschlagnahme und die Einziehung von

Erträgen aus korrupten Handlungen. Sie

wurde 2003 verabschiedet und trat 2005 in

Kraft. Bis Ende 2007 hatten 95 Staaten sie

ratifiziert.

145

Page 146: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

146

Menschenwürdige Arbeitsbedingungen sind ein Menschenrecht: Textilarbeiterinnen in Guatemala fordern Schutz durch Gesetze.

Bestimmend für unsere Arbeit: Der Menschenrechtsansatz

Im Juli 2004 hat die Bundesregierung den Men-

schenrechtsansatz in ihrer Entwicklungspolitik

verankert. Dies bedeutet, entwicklungspolitische

Arbeit und Ziele bereichsübergreifend und syste-

matisch an menschenrechtlichen Standards zu

orientieren. Diese sind: Nichtdiskriminierung

und Chancengleichheit, Empowerment und Par-

tizipation, Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Grundlagen für diesen Menschenrechtsansatz

sind die Allgemeine Erklärung der Menschen-

rechte, die Menschenrechtskonventionen der VN

und die Kernarbeitsnormen der Internationalen

Arbeitsorganisation (ILO) sowie die Europäische

Menschenrechtskonvention.

Zu den Menschenrechten gehören die politischen

und bürgerlichen Freiheitsrechte genauso wie

wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Der

Menschenrechtsansatz der deutschen Entwick-

lungspolitik betont, dass diese Rechte miteinan-

der zusammenhängen und verweist damit auf die

strukturellen Ursachen von Armut. Denn Armut

ist häufig zugleich Folge und Grund unzureichen-

der demokratischer Strukturen, von Mangel an

politischer Teilhabe und Diskriminierung von

Minderheiten oder Frauen.

Zugleich dient der Menschenrechtsansatz als

Prüfinstrument: Vor jeder Maßnahme soll nicht

nur festgestellt werden, ob sie tatsächlich die Ent-

wicklung des Landes fördern wird, sondern auch,

ob dabei Menschenrechte verletzt werden. So

kann beispielsweise die Entscheidung gegen die

Privatisierung eines Wasserwerks fallen, auch

wenn dadurch der Betrieb gewinnbringender

würde, falls zu befürchten ist, dass arme Menschen

von Grundleistungen ausgeschlossen werden.

In vielen Ländern können die Menschen sich

nicht wehren, wenn ihre Rechte verletzt werden.

In vielen Staaten verlaufen Verfahren im Sande.

Vor allem in Diktaturen nimmt kein Gericht und

keine Behörde solche Beschwerden an.

Page 147: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

147

Menschenrechte bei den Vereinten Nationen

1965 Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat mit der Antirassismus-

Konvention von 1965 die Vertragsstaaten verpflichtet, mit allen Mitteln jede

Form der Rassendiskriminierung zu beseitigen.

1966 Im Jahre 1966 hat die Generalversammlung den internationalen Pakt über

wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt) und den internationa-

len Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) angenommen.

Zum Sozialpakt gehören beispielsweise das Recht auf Arbeit, das Recht zu streiken,

das Recht auf soziale Sicherheit, auf größtmögliche Gesundheit oder auf Bildung.

Der Zivilpakt beinhaltet die klassischen Freiheitsrechte, wie das Recht auf Leben,

das Verbot der Folter, der Sklaverei und der Zwangsarbeit, das Recht auf Freiheit,

die Gleichheit vor Gericht und die Meinungsfreiheit.

1979 Die VN-Frauenrechtskonvention von 1979 verpflichtet die Vertragsstaaten zur

unverzüglichen Ergreifung aller Mittel zur Beseitigung der Diskriminierung von

Frauen.

1984 Am 10. Dezember 1984 nahm die VN-Generalversammlung

das Abkommen gegen Folter an.

1989 Das Abkommen für Kinderrechte von 1989 garantiert allen Kindern eine

Schulbildung, Gesundheitsversorgung, Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch,

Registrierung und das Recht, zu ihren Belangen gehört zu werden.

1993/2005 Die 2. Weltmenschenrechtskonferenz in Wien 1993 hielt fest, dass Menschen-

rechte und Entwicklung sich gegenseitig bedingen und wechselseitig stärken.

Mit dem Weltgipfel 2005 wurden zusätzlich Sicherheit und Frieden als

Bedingungen aufgenommen.

2006/2007 Die 2006 von der VN-Generalversammlung verabschiedeten Übereinkommen

zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen und über die

Rechte von Menschen mit Behinderungen hat Deutschland im September

2007 unterzeichnet.

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148

Die Bundesrepublik stärkt in den Partnerländern

staatliche Stellen, die Menschenrechtsverletzun-

gen beobachten und anprangern, wie etwa

Ombudsmänner und -frauen und nationale Men-

schenrechtskommissionen. Wo es keine solchen

Stellen gibt, können Schattenberichte von Nicht-

regierungsorganisationen aufklären.

Doch das Anprangern der Situation reicht meist

nicht aus. Amtsinhaber müssen ihre Pflichten

kennen. Sie müssen wissen, dass sie nicht nur nie-

manden diskriminieren dürfen, sondern auch

einschreiten müssen, wenn Minderheiten etwa in

der Schule oder am Arbeitsplatz diskriminiert

werden. Die Bürger und Bürgerinnen müssen ihre

Rechte kennen und wissen, wie sie sie durchset-

zen können. Darum unterstützt die deutsche Ent-

wicklungszusammenarbeit Fortbildungen und

Aufklärung von Amtsinhabern und Bevölkerung.

Auf regionaler Ebene werden wir ab 2008 den

Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte

fördern, der 2006 als Ergänzung der seit Jahren

bestehenden Afrikanischen Kommission für

Menschenrechte eingerichtet wurde.

Die Erfahrung mit internationalen Beschwerde-

verfahren zeigt, dass die dort behandelten Fälle in

den betroffenen Ländern sehr ernst genommen

werden. Häufig reagieren nationale Regierungen

auf internationale Prozesse, indem sie die eige-

nen Rechtsstrukturen verbessern. Die Bundesre-

gierung setzt sich darum in der Arbeitsgruppe des

VN-Menschenrechtsrats für die Ausarbeitung ei-

nes Zusatzprotokolls zum Sozialpakt der VN von

1966 ein, das ein Individualbeschwerdeverfahren

für die Verletzung von wirtschaftlichen, sozialen

und kulturellen Menschenrechten einführt, wie

es für die bürgerlichen und politischen Rechte

schon seit Jahrzehnten besteht.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Der VN-Menschenrechtsrat löste im Juni

2006 die VN-Menschenrechtskommission ab.

Der Rat kann, wie bereits die Menschenrechts-

kommission, mit einfacher Mehrheit die Ent-

sendung von Beobachtern zur Überwachung

der Menschenrechtssituation in einem

Mitgliedsstaat beschließen. Er tritt häufiger

zusammen und hat weniger Mitglieder. Mit-

gliedsstaaten, die eklatant gegen Menschen-

rechte verstoßen, können ausgeschlossen

werden. Alle VN-Mitgliedsstaaten werden

künftig Gegenstand einer periodischen

Überprüfung ihrer Menschenrechtssituation

im Menschenrechtsrat sein (sog. »Universal

Periodic Review«), bei der jeder Staat an den

Standards gemessen wird, zu denen er sich

bekannt hat.

Kriegsverbrechergericht in Ruanda

Page 149: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Entwicklung braucht starke Frauen

Überall auf der Welt sind Frauen gegenüber

Männern benachteiligt. 70 % der Armen und zwei

Drittel aller Analphabeten sind weiblich. Frauen

besitzen nur 1 % des globalen Vermögens. In Ent-

wicklungsländern gehören ihnen nur 10 % der

Anbauflächen, obwohl sie bis zu 80 % der Grund-

nahrungsmittel erzeugen. Oft verhindert traditio-

nelles Familien-, Erb- und Landrecht, dass sie

Eigentum an Land und Produktionsmitteln

erwerben können.

Ein positiveres Bild ergibt ein Blick in die Parla-

mente der Welt: Waren 1987 nur 9 % aller Abge-

ordneten in Parlamenten Frauen, sind es heute

17 %. In Mosambik sind 35 %, in Südafrika 33 % der

Parlamentarier Frauen. Ruanda schafft es mit 49 %

auf den Weltspitzenplatz.

2003 verabschiedete die Generalversammlung

der Afrikanischen Union (AU) das Maputo-Proto-

koll – ein Zusatzprotokoll zur AU-Charta der Men-

schenrechte und Rechte der Völker, in dem die

Rechte der Frau in Afrika festgeschrieben sind.

2004 verpflichtete sich die AU dem Prinzip der

Geschlechterparität und besetzte ihre eigenen

Gremien gleichermaßen mit Frauen und

Männern. Das 2005 in Kraft getretene Maputo-

Protokoll verbietet unter anderem die weibliche

Genitalverstümmelung und schreibt das Recht

auf sexuelle Selbstbestimmung und gleiche

Land- und Besitzrechte fest. Die Bundesregierung

begrüßt und unterstützt diese Entwicklung.

Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist

ein Schlüssel zu Entwicklung. Eine gleichberech-

tigte Teilhabe von Frauen auf wirtschaftlicher, so-

zialer und politischer Ebene stärkt unter anderem

die Wirtschaftskraft eines Landes. So belegt etwa

eine Studie der Weltbank, dass Ugandas Wirt-

schaftswachstum um 2 % steigen könnte, wenn

Frauen dort ihre wirtschaftlichen Potenziale

entfalteten. Darum nennt die Weltbank ihren

Gender-Aktionsplan: »Gender Equality as Smart

Economics« – Gleichberechtigung als kluge

Wirtschaftspolitik. Die Bundesentwicklungs-

ministerin ist Schirmfrau dieses Aktionsplans und

149

Page 150: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

150

Frauendemo in Dhaka gegen häusliche Gewalt: In Bangladesch werden immer noch zahlreiche Frauen Opfer

von Gewalt, weil ihre Eltern die Mitgift nicht zahlen können.

unterstützt mit Nachdruck die Weltbank bei der

Stärkung wirtschaftlicher Teilhabe von Frauen.

Die Ratschlussfolgerungen der EU zu Gender und

die G8-Gipfelbeschlüsse bekräftigen die zentrale

Bedeutung der wirtschaftlichen Teilhabe von

Frauen für nachhaltige Entwicklung und wirk-

same Armutsbekämpfung.

Doch Gleichberechtigung hilft nicht nur, das

Wirtschaftswachstum zu steigern und damit die

Voraussetzung für Armutsbekämpfung zu schaf-

fen. Zahlreiche Untersuchungen kommen zu dem

Ergebnis, dass Gleichberechtigung auch direkt

Armut mindert. Ein Grund dafür liegt darin, dass

Frauen ihr Geld eher für die Familie und ihre Kin-

der ausgeben. Das Kinderhilfswerk der Vereinten

Nationen (UNICEF) hat errechnet, dass der Anteil

unterernährter Kinder in Südasien um 13 % sänke,

wenn Frauen entschieden, was mit dem Geld ge-

kauft wird. Eine Untersuchung in Brasilien kam zu

dem Ergebnis, dass Kinder erheblich höhere Über-

lebenschancen haben, wenn das Familieneinkom-

men in der Hand der Mutter liegt.

Das BMZ betrachtet die Gleichberechtigung der

Geschlechter als ein eigenständiges Ziel und

ebenso als sektorübergreifende Querschnitts-

aufgabe: Das heißt, alle Maßnahmen der Entwick-

lungszusammenarbeit müssen im Rahmen des

Möglichen auf die Bedürfnisse und Potenziale von

beiden Geschlechtern ausgerichtet sein und dazu

beitragen, geschlechterspezifische Benachteili-

gungen gezielt abzubauen.

Seit dem Millenniumsgipfel im Jahr 2000 sind

mehr als die Hälfte der Mittel des BMZ an Vorha-

ben gegangen, die positive Auswirkungen auf die

Gleichberechtigung der Geschlechter haben.

Darüber hinaus sind seitdem fast eine halbe

Milliarde Euro für Vorhaben zugesagt, die die

Gleichberechtigung der Geschlechter gezielt

fördern. Dazu gehören Projekte in Afghanistan,

Albanien, Armenien, Ägypten, Äthiopien,

Bangladesch, Brasilien, Burkina Faso, Chile,

China, Ghana, Guatemala, Jemen, Kambodscha,

Mali, Marokko, Mauretanien, Mexiko, Moldova,

Nigeria, Pakistan, Sambia und der Ukraine.

Mit den Ratsschlussfolgerungen »Gleichstellungund Teilhabe – die Rolle der Frauen in derEntwicklungszusammenarbeit« und denen zuBeschäftigung, HIV/AIDS und Handelshilfehaben der Europäische Rat und die Mitglieds-staaten ihre aktive Förderung der Gleichberech-tigung der Geschlechter weiter konkretisiert. Sie haben sich darüber hinaus verpflichtet, ihrEngagement sichtbar und nachvollziehbar zuerhöhen.

Page 151: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

151

| Marokko: Karikaturen für die Gleichstellung |

Das neue marokkani-

sche Familienrecht

kommt einer kleinen

Revolution im islami-

schen Raum gleich.

Polygamie, Früh- und

Zwangsverheiratungen sind darin verboten.

Mädchen erben genauso viel wie Jungen. Frauen

können sich genauso wie Männer scheiden lassen.

Doch viele Marokkaner und Marokkanerinnen

wissen gar nichts von der Gesetzesänderung.

48 % der Bevölkerung sind Analphabeten, auch

die 52 %, die lesen und schreiben gelernt haben,

können häufig keine Gesetzestexte auf Hoch-

arabisch verstehen. Gemeinsam mit dem marok-

kanischen Familienministerium hat die GTZ im

Auftrag des BMZ ein Buch erstellt, das die neuen

Gesetzestexte in allgemein verständlicher Sprache

darstellt und durch Karikaturen veranschaulicht.

Zusätzlich fördert die deutsche Entwicklungs-

zusammenarbeit Theaterstücke, die das Gesetz

vor allem der Landbevölkerung nahebringen sol-

len. Auch auf anderen Ebenen soll Gleichstellung

verwirklicht werden. Die GTZ hat die Regierung

daher bei der Erstellung einer nationalen Gender-

Strategie zur Umsetzung der neuen gesetzlichen

Vorgaben beraten. Ein Instrument sind Gender-

Audits. Dabei wird erfasst, inwieweit Gleich-

stellung in Organisationen oder Unternehmen

erreicht ist.

Marokkos Frauen werden nicht gehört, will der Karikaturist M’barek Bouali sagen. Er nahm an dem GTZ-Projekt teil.

© GTZ / sefeph – 2005

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

Page 152: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Tadschikistan: Einesvon zwei Mädchen der

Klasse. Seit der Unab-hängigkeit nimmt die

Bildung von Frauen undMädchen ab.

152

Frauenförderung oder Gender Mainstreaming?

1975 Bis 1975 fand Diskriminierung von Frauen als Thema in den Vereinten Nationen kaum

Beachtung. Es gab zwar eine Frauenrechtskommission, die sich damit befasste, sie

hatte aber anders als die Menschenrechtskommission keine Möglichkeit, Staaten, die

Frauen diskriminierten, abzumahnen. 1975 rief die VN die Dekade der Frauen aus, in

der dann die ersten drei Weltfrauenkonferenzen stattfanden. Auf Initiative der frühe-

ren deutschen Entwicklungsministerin Marie Schlei wurde Frauenförderung erstmals

als Instrument auf VN-Ebene durchgesetzt.

1995 Auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 wurde ein zweites Instrument, das

Gender Mainstreaming, eingeführt. Gender Mainstreaming basiert auf einer ge-

schlechtersensiblen Analyse und bedeutet, dass bei jedem politischen und gesell-

schaftlichen Handeln die Auswirkungen auf die unterschiedlichen Lebenssituationen

von Frauen und Männern bedacht werden. Um das Ziel der Gleichstellung der Ge-

schlechter zu erreichen und einen Beitrag zum Abbau geschlechterspezifischer Be-

nachteiligungen zu leisten, müssen die Folgen von Maßnahmen abgeschätzt werden.

So zählt beispielsweise nicht nur, dass Frauen Zugang zu Bildung und eine Ausbildung

erhalten. Sie müssen anschließend auch die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt

haben und für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn wie Männer erhalten. Frauenförde-

rung und Gender Mainstreaming ergänzen einander und stehen für den im Gleichbe-

rechtigungskonzept des BMZ beschriebenen dualen Ansatz.

In der Pekinger Aktionsplattform, die auf der 4. Weltfrauenkonferenz beschlossen

wurde, verpflichteten sich 189 Staaten, unter anderem die Armut von Frauen besonders

in Entwicklungsländern zu bekämpfen.

2000 Im Oktober 2000 beschloss der VN-Sicherheitsrat mit der Resolution 1325 zu Frauen,

Frieden und Sicherheit, dass bei allen Anstrengungen zur Wahrung und Förderung von

Frieden und Sicherheit stets die Geschlechterperspektive zu berücksichtigen ist und die

Förderung von Frauen und Mädchen als Schwerpunkt in allen Bereichen zu verankern ist.

Page 153: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

Gewalt gegen Frauen abschaffen

Neben der Gleichstellung ist die Bekämpfung von

Gewalt gegen Frauen ein Schwerpunkt deutscher

Entwicklungszusammenarbeit. Entsprechende

Maßnahmen sind wesentlicher Bestandteil des im

September 2007 veröffentlichten Aktionsplans II

der Bundesregierung zur Bekämpfung von Ge-

walt gegen Frauen. Weltweit wird mindestens

eine von drei Frauen im Laufe ihres Lebens miss-

handelt, vergewaltigt oder sexuell missbraucht.

In vielen Gegenden betrachten die Menschen

Gewalt gegen Frauen sogar als gerechtfertigt.

Das gilt auch für eine besonders grausame Form

der Gewalt gegen Mädchen: die Genitalverstüm-

melung. Pro Jahr müssen drei Millionen Mädchen

diese vor allem in Afrika verbreitete Praktik über

sich ergehen lassen und tragen häufig lebens-

lange Schäden davon. Dem Kampf dieser schäd-

lichen Praktik gilt das überregionale Projekt zur

»Förderung von Initiativen zur Überwindung der

weiblichen Genitalverstümmelung«, das die GTZ

im Auftrag des BMZ in mehreren afrikanischen

Ländern durchführt. In Äthiopien, Benin, Burkina

Faso, Guinea, Kenia, Mali, Mauretanien und

Senegal lernen Kinder in der Schule, warum diese

Praktik schädlich ist. Es werden Gesprächsrunden

in Dörfern initiiert und mit der Bevölkerung

alternative Rituale entwickelt.

| Benin: Festliches Ende der grausamen Tradition |

Seit Jahren bekämpft

die deutsche Nichtre-

gierungsorganisation

INTACT zusammen mit

lokalen Partnern die

weibliche Genitalverstümmelung in Westafrika.

Überzeugt werden müssen Priester und Beschnei-

derinnen, die mit dieser Arbeit ihren Lebens-

unterhalt verdienen. Um in diesem Zusammen-

hang einen nachhaltigen Effekt zu erzielen, nutzt

man die Spendengelder, um diesen Frauen einen

kleinen Kredit zur Verfügung zu stellen, damit sie

sich eine andere berufliche Perspektive aufbauen

können. Benin ist das erste Land der Region, in

dem Genitalverstümmelung nicht nur verboten,

sondern auch in einer nationalen Zeremonie für

beendet erklärt wurde. Heidemarie Wieczorek-

Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zu-

sammenarbeit und Entwicklung, nahm im April

2005 in Natitingou, im Norden des Landes, an der

nationalen Feier zur Beendigung der Tradition

der Beschneidung von Frauen und Mädchen teil.

Zeremonie zur Beendigung der Beschneidungin der Stadt Natitingou

153

Page 154: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

154

Ein Workshop von Malteser International in der D.R. Kongo: Vergewaltigungsopfer wie auch Soldaten der Kongolesischen Armee nehmen teil.

Nulltoleranz-Politik gegenüber Vergewaltigung

Angesichts der massenhaften Vergewaltigungen von Frauen durch alle militä-

rischen Gruppen im Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo forderten

die EU-Entwicklungsministerinnen und -minister im September 2007 auf

Initiative von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die

kongolesische Regierung auf, Gewalt gegen Frauen und Kinder zu verhindern

sowie die Täter zu verfolgen und vor Gericht zu stellen.

Eine weitere Forderung ist, dass der Chefankläger des Internationalen Straf-

gerichtshofs zum Kongo die jüngsten Fälle von Gewalt gegen Frauen in die

laufenden Ermittlungen aufnimmt. Nach dem Statut des Internationalen

Strafgerichtshofs sind derartige Vergewaltigungen als Kriegsverbrechen und

Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen. Die Entwicklungsminister

forderten weiter eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Vergewaltigung und ein

Maßnahmenpaket zum Schutz von Frauen und Kindern, wie es auch schon in

Liberia umgesetzt wurde. So sollen beispielsweise die Strafverfolgung von Ver-

gewaltigung verschärft, die medizinische Versorgung von Vergewaltigungs-

opfern verbessert und Anwältinnen und Anwälte besser geschult werden.

Page 155: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

155

Auch Zwangsheirat ist Gewalt gegen Frauen und

Mädchen, die international geächtet ist. Mehr als

eine Million Mädchen werden jährlich weltweit

während oder direkt nach der Pubertät verheira-

tet. Da sie deswegen meist nicht einmal die Schule

abschließen können, haben sie häufig keine

Chance, sich aus der finanziellen und sozialen Ab-

hängigkeit von der Familie ihres Ehemannes zu

befreien. Ihr Status ist dementsprechend niedrig,

gegen sexuelle Übergriffe, Misshandlungen und

frühe Schwangerschaften können sie sich kaum

wehren. Anfang 2007 hat die Frauenrechtskom-

mission in New York die Geber aufgefordert, Initi-

ativen zur Verhinderung von Zwangs- und Früh-

heiraten in ihre Entwicklungsprogramme aufzu-

nehmen. Das Bundesministerium für Familie,

Senioren, Frauen und Jugend hat darüber den

Dialog mit dem Gleichstellungsministerium der

Türkei aufgenommen und ein Projekt in Zentral-

anatolien unterstützt. In Zukunft sollen auch mit

anderen Ländern Aufklärungskampagnen erar-

beitet werden.

Demonstration in Kabul gegen Zwangsverheiratung, familiäre Gewalt und Kinderehen

Ziel der Bundesregierung ist,… dass Gewalt gegen Frauen sowie Frauen-

handel und weibliche Genitalverstümmelungweltweit geächtet und verfolgt werden.

Page 156: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

156

»Fast die Hälfte der Frauen, die einem Mordzum Opfer fallen, werden durch ihrenderzeitigen oder einen früheren Partnerumgebracht. Damit ist das eigene Zuhauseweltweit der gefährlichste Ort für Frauen.«

Clive Robinson, Entwicklungsberater, in »Wessen Sicherheit ?« (2005)

Ein besonderes Augenmerk deutscher Politik gilt

der Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflik-

ten. Grundsätzlich ist vor, während und nach

Konflikten ein Anstieg der Gewalt gegen Frauen

festzustellen. Zirkulation von Kleinwaffen, Un-

sicherheit, ein nicht oder schlecht funktionieren-

der Staat, sowie der Verfall von sozialen Werten

tragen dazu bei. Frauen werden Opfer von Verge-

waltigungen, erzwungenen Schwangerschaften

oder sexueller Ausbeutung durch Streitkräfte.

Solche Gewaltakte sind oft Teil einer Kriegsstrate-

gie, die die Erniedrigung der Kriegsgegner zum

Ziel hat.

Eine Slumbewohnerin in Kenia unterhältsich mit BundesentwicklungsministerinHeidemarie Wieczorek-Zeul.

Darüber hinaus steigt häufig die familiäre Gewalt

an. Solange die Männer fort sind, müssen Frauen

das Überleben ihrer Familie sichern. Sie überneh-

men dabei vormals »männliche« Aufgaben und

verändern dabei das Verständnis der Geschlech-

terrollen in ihrer Gesellschaft. Wenn die Männer

aus dem Krieg zurückkehren, reagieren sie oft auf

solche neuen Rollenvorstellungen mit Aggression.

Gerade wenn die früheren Kämpfer keine Arbeit

finden, kommen unverarbeitete Kriegstraumata

und Minderwertigkeitskomplexe zusammen und

entladen sich häufig als Gewalt gegen Frau und

Kinder.

Darum ist die Prävention von geschlechtsspezifi-

scher Gewalt Teil von Maßnahmen zur allgemei-

nen Konfliktprävention und Friedensförderung in

Nachkonfliktgesellschaften.

Ziel der Bundesregierung ist, … dass der Menschenrechts- und Genderan-

satz stärker in der internationalen Entwick-lungszusammenarbeit verankert wird.

...dass bei der Reform des Systems der Vereinten Nationen der Genderbereichsichtbar gestärkt wird.

Page 157: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Kein Wunschkind: Die Tochter eines Vergewaltigungsopfers ineinem Rehabilitationszentrum im Norden Ugandas

157

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

Page 158: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

158

Regierungsführung und Demokratie nach dem Bertelsmann-Transformationsindex 2007

EL SALVADOR

HAITIHONDURAS

NICARAGUA

JAMAIKA

KUBA DOMINIKANISCHEREPUBLIK

COSTA RICAPANAMA

BRASILIEN

KOLUMBIEN

MEXIKO

PERU

ECUADOR

GUATEMALA

ARGENTINIEN

BOLIVIEN

VENEZUELA

CHILE

PARAGUAY

URUGUAY

Politische Gestaltungsleistungen:

erfolgreich

erfolgreich mit Schwächen

mäßig

schwach

gescheitert oder nicht vorhanden

Nicht berücksichtigte Länder

(OECD-Länder mit Geberstatus / Länder mit

weniger als 2 Millionen Einwohnern)

Die Übergänge zwischen den Bewertungskategorien im

Bertelsmann Transformation Index sind (wie in der Tabelle

abgebildet) fließend. Zur besseren Anschaulichkeit sind in

dieser Grafik die einzelnen Länder jedoch eindeutig einer

Managementkategorie und damit einer Farbgebung zugeordnet.

Der Status-Index zeigtden Entwicklungsstand

eines Landes auf demWeg zu Demokratie und

Marktwirtschaft an,Indikatoren sind

beispielsweise Wahl-standards, Meinungs-

äußerung, Unabhängig-keit der Justiz und

Leistungsfähigkeit derVerwaltung.

Der Management-Indexbeurteilt die Qualität der

Steuerungsleistung derpolitischen Entschei-

dungsträger. Indikatorensind beispielsweiseMöglichkeiten der

Zivilgesellschaft,Reformbereitschaft,

sowie Bereitschaft zurinternationalen

Kooperation.

In diesem Überblick sind die

Länder innerhalb der sieben

Regionalgruppen des BTI nach

ihrem Ergebnis im Manage-

ment-Index angeordnet.

Status-IndexManagement-Index

Lateinamerika und Karibik

Chile

Uruguay

Brasilien

Costa Rica

El Salvador

Argentinien

Mexiko

Panama

Jamaika

Peru

Paraguay

Dominikanische Rep.

Nicaragua

Kolumbien

Guatemala

Honduras

Bolivien

Haiti

Ecuador

Kuba

Venezuela

8,99

8,90

7,90

8,73

6,99

7,34

7,30

7,42

7,65

6,60

6,14

6,80

6,08

6,21

5,43

6,09

5,75

4,08

5,75

4,37

5,15

7,52

6,93

6,70

6,70

6,27

5,81

5,81

5,79

5,76

5,76

5,73

5,65

5,57

5,11

5,05

4,99

4,73

4,49

3,75

2,94

2,15

West- und Zentralafrika

Ghana

Mali

Benin

Senegal

Mauretanien

Niger

Nigeria

Sierra Leone

Liberia

Zentralafr. Rep.

Burkina Faso

Republik Kongo

Togo

Kamerun

DR Kongo

Guinea

Tschad

Côte d’Ivoire

7,30

6,16

6,34

6,07

4,46

5,15

5,67

5,24

4,20

4,05

5,39

3,78

3,75

4,46

3,16

3,72

3,24

3,22

6,72

6,25

6,20

6,19

5,94

5,69

5,53

5,01

4,96

4,64

4,54

3,80

3,65

3,41

3,36

2,61

2,61

2,18

Östliches und Südliches Afrika

Botswana

Mauritius

Südafrika

Madagaskar

Namibia

Tansania

Sambia

Uganda

Malawi

Kenia

Mosambik

Burundi

Ruanda

Äthiopien

Angola

Eritrea

Simbabwe

Somalia

7,94

8,33

7,98

6,23

7,32

5,84

5,97

6,19

5,35

5,89

5,56

4,78

3,89

3,96

3,82

2,37

3,39

1,36

7,33

7,23

6,86

6,23

5,86

5,84

5,80

5,75

5,50

5,03

5,00

4,80

4,58

4,21

3,13

2,06

1,85

1,04

Quelle: Bertelsmann Stiftung

Page 159: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

ÄTHIOPIEN

SUDAN

IRAK IRAN

JEMEN

LIBANON

ERITREA

TOGOCÔTED’IVOIRE

SIMBABWE

SOMALIA

ANGOLA

DR KONGO

TSCHAD

RUANDA

TADSCHIKISTANTURKMENISTAN

SYRIEN

USBEKISTAN

ALBANIEN MAZEDONIENSERBIEN

MONTENEGRO

LAOS

VIETNAM

SINGA-PUR

TAIWAN

AFGHANISTAN

NORD-KOREA

SÜD-KOREA

SRI LANKA

PHILIPPINEN

MALAYSIA

MYANMAR

MAURITIUS

REPUBLIKKONGO

BHUTANALGERIEN LIBYEN

TÜRKEI

ÄGYPTEN

SAUDI-ARABIEN

JORDANIEN

KASACHSTAN

RUSSLAND

MONGOLEI

KIRGISISTANARMENIEN

MALI

BENIN

BURKINAFASO

KENIAUGANDA

LIBERIA

GUINEA

SENEGAL

SIERRALEONE

MALAWI MOSAMBIK

MADA-GASKARNAMIBIA

NIGERIA

SAMBIA

GHANA

BOTSWANA

SÜDAFRIKA

ZENTRALAFR.REPUBLIK

NIGER

MAROKKO

ASERBAI-DSCHAN

BAHRAIN

TUNESIEN

UKRAINE

GEORGIEN

WEISS-RUSSLAND

KAMERUN

TANSANIA

SLOWAKEITSCHECHIEN

SLOWENIEN UNGARN

ESTLAND

KROATIEN

LETTLANDLITAUEN

POLEN

BOSNIEN U. HERZEGOW. BULGARIEN

RUMÄNIEN

KAMBODSCHA

THAILAND

NEPAL

BANGLA-DESCH

NEUGUINEA

PAKISTAN

CHINA

INDIEN

PAPUA-

INDONESIEN

BURUNDI

VA EMIRATE

MAURETANIEN

KUWAIT

REPUBLIKMOLDAU

OMAN

Politisches Management weltweit

Naher Osten und Nordafrika

Türkei 7,17 6,33VAE 5,23 5,04Jordanien 5,12 4,81Oman 5,30 4,77Tunesien 5,37 4,75Bahrain 6,01 4,66Marokko 4,65 4,60Libanon 6,16 4,57Ägypten 4,88 4,15Jemen 3,91 3,97Kuwait 5,20 3,94Algerien 4,72 3,88Saudi-Arabien 4,36 3,81Libyen 4,24 3,15Sudan 3,00 2,88Iran 3,96 2,80Irak 3,28 2,54Syrien 3,39 2,47

Ostmittel- und Südosteuropa

Estland 9,42 7,43Slowakei 9,14 7,20Kroatien 8,57 6,87Lettland 8,60 6,86Slowenien 9,49 6,83Bulgarien 8,44 6,73Litauen 9,16 6,70Ungarn 9,18 6,67Tschechien 9,56 6,62Mazedonien 7,52 6,52Rumänien 8,31 6,49Montenegro 7,28 6,13Albanien 7,07 5,60Serbien 7,20 5,41Polen 8,76 5,27Bosnien u. Herzegowina 6,51 4,59

GUS und Mongolei

Georgien 6,60 6,36Mongolei 6,25 6,15Ukraine 6,93 5,21Armenien 6,41 5,14Kasachstan 5,53 4,69Kirgisistan 5,80 4,67Republik Moldau 5,93 4,48Tadschikistan 3,80 4,46Russland 5,94 3,84Aserbaidschan 4,51 3,83Weißrussland 4,47 2,89Usbekistan 3,68 2,24Turkmenistan 3,34 2,00

Asien und Ozeanien

Südkorea 8,89 7,09Taiwan 9,33 7,04Indien 7,35 6,63Singapur 7,47 6,03Malaysia 6,36 5,52Sri Lanka 6,61 5,38Indonesien 6,17 5,27Bhutan 3,71 5,14Nepal 4,43 5,00China 4,70 4,92Philippinen 6,15 4,89Thailand 6,07 4,78Vietnam 4,45 4,73Papua-Neuguinea 5,46 4,57Afghanistan 3,21 4,44Pakistan 4,41 4,38Bangladesch 5,53 4,14Laos 3,53 3,91Kambodscha 4,48 3,82Nordkorea 2,46 1,90Myanmar 1,96 1,78

D e m o k r a t i e a l s E n t w i c k l u n g s c h a n c e

159

Page 160: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

160

Globalisierung gerecht gestalten

Page 161: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

161

Fertig für den Export nach Europa:Frauen sortieren und verpacken Rosenfür das Fair-Trade-UnternehmenKiliflora in Tansania.

Die Globalisierung bietet Chancen für alle.

Eine gerechte Welt braucht faire Handelsregeln,

menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Umweltstandards.

Regierungen und multilaterale Organisationen können die

Bedingungen dafür schaffen, aber auch private Unternehmen und

Verbraucher müssen Verantwortung übernehmen.

Page 162: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

162

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

6. Die Eine Welt verwirklichen

Wenn Adidas in Thailand produziert und Volks-

wagen Autos in Mexiko montieren lässt, wenn

deutsche Textilunternehmen Kleidung in

Bangladesch oder China nähen lassen oder Nokia-

Werke von Bochum nach Rumänien umziehen,

dann sehen sich betroffene deutsche Arbeitneh-

merinnen und Arbeitnehmer als Globalisierungs-

verlierer. Gewinner scheinen allein die Unterneh-

men und Aktionäre zu sein.

Doch die Effekte der Globalisierung sind viel-

schichtiger. Die Vorteile, die durch das Zusam-

menwachsen der Märkte entstehen, können allen

Menschen zugutekommen. Und tatsächlich ge-

winnen nicht nur die weltweit agierenden Unter-

nehmen. Wenn mehr arme Bevölkerungsschich-

ten in effizientere Produktion und Wissensaus-

tausch einbezogen werden, entstehen – ähnlich

wie durch technischen Fortschritt – weltweite

Wachstumsgewinne, die sowohl den Schwellen-

und Entwicklungsländern als auch den alten In-

dustrieländern zugutekommen. So konnten in

den letzten Jahren viele Entwicklungsländer ih-

ren Lebensstandard deutlich erhöhen. Deutsch-

land gehört nicht zuletzt deswegen zu den reich-

sten Ländern der Welt, weil es

mit seiner starken Exportwirt-

schaft von der Integration dieser

Länder in die Weltwirtschaft

besonders profitiert.

Internationaler Handel und Investitionen haben

hierzu wesentlich beigetragen. Die Regierungen

der Schwellen- und Entwicklungsländer können –

mit der Unterstützung der internationalen Ge-

meinschaft und in Zusammenarbeit mit Nichtre-

gierungsorganisationen – die Voraussetzungen

dafür verbessern, dass Wachstumschancen in ih-

ren Ländern genutzt und soziale Bedingungen

armer Bevölkerungsschichten verbessert werden.

Allerdings ist auch richtig, dass in vielen Ländern

wachsende Ungleichheit Anlass zu Besorgnis ist.

In den rasch wachsenden Schwellenländern kön-

nen hohe Einkommensunterschiede zu sozialen

Spannungen führen, die eine kontinuierliche Ent-

wicklung gefährden. In den Industrienationen

hat zunehmender Wettbewerb dazu geführt, dass

sich Arbeitsbedingungen vielfach verändert, zum

Teil auch verschlechtert haben.

Die Integration der Arbeitskräfte aus Entwick-

lungsländern in den weltweiten Arbeitsmarkt ist

jedoch eine entscheidende Voraussetzung, um die

Einkommen in diesen Ländern zu steigern. Zu

diesem Prozess gehört auch, dass bestimmte

Arbeiten, die zuvor nur in fort-

geschrittenen Industrieländern

verrichtet wurden, nun auch in

Entwicklungsländern gemacht

werden und sich die Arbeits-

»Ich habe großen Respekt vorden Menschen, die ihre Sorgevor einem unregulierten, nurmarktorientierten Globalisie-rungsprozess kundtun undgewaltfrei zum Ausdruckbringen. Ihre Sorgen sind auchmeine Sorgen.«

Heidemarie Wieczorek-Zeul

Page 163: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

163163

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

Das Thema Globalisierung polarisiert die Menschen: Protest vor dem Kanzleramt während des G8-Gipfels in Heiligendamm.

bedingungen in aufholenden Entwicklungslän-

dern allmählich – mit zunehmendem Produktivi-

tätsfortschritt – angleichen. Es besteht jedoch auch

die Gefahr, dass Menschen in Entwicklungslän-

dern zu unmenschlichen Bedingungen arbeiten.

Deshalb ist es ein entwicklungspolitisches Anliegen

der Bundesregierung, dass die Kernarbeitsnormen

der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der

Vereinten Nationen durchgesetzt werden.

Am 1. November 2006 hat sich der Internationale

Gewerkschaftsbund gegründet. Damit ist aus dem

Internationalen Bund Freier Gewerkschaften und

dem Weltverband der ArbeitnehmerInnen eine

geeinte und schlagkräftige Vertretung aller

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der

Welt entstanden, deren erklärtes Ziel die Durch-

setzung der Kernarbeitsnormen der Internationa-

len Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Natio-

nen ist. Zugleich verpflichten sich viele, gerade

der global agierenden Unternehmen zu sozial

und ökologisch verantwortungsvoller Unterneh-

mensführung (Corporate Social Responsibiltiy;

CSR).

Page 164: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

164164

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Mädchen aus dem indischen Bagdora beim Steinebrechen: So mancher Pflasterstein in deutschen Fußgängerzonen stammt aus Kinderarbeit.

Soziales Vergaberecht

Das Europäische Parlament hat im März 2004 eine Richtlinie

verabschiedet, die Umwelt- und Sozialstandards für öffentliche Aufträge

vorsieht. Die Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

(GWB) wird dem Rechnung tragen.

Der bayerische Landtag hat im Juli 2007 beschlossen, dass die

öffentliche Hand keine Produkte, die aus ausbeuterischer Kinderarbeit

stammen, beschaffen darf. Solche Vergaberichtlinien gibt es auch in

vielen Kommunen. Bayern ist das erste Bundesland, das diese Richtlinien

übernimmt.

Page 165: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

165

Weltweit gerechte Arbeitsbedingungen schaffen

Es gilt die Globalisierung zum Nutzen der Mensch-

heit zu gestalten. Die Bundesregierung erarbeitet

gemeinsam mit den Staaten der Welt internatio-

nale Regeln und Gesetze, damit die negativen

Folgen der Globalisierung entschärft werden und

möglichst alle an den Chancen der Globalisierung

teilhaben können.

Dazu gehört unter anderem die weltweite Durch-

setzung sozialer und ökologischer Standards, der

Abbau von ungerechtfertigten Handels- und In-

vestitionsbeschränkungen sowie der Schutz von

Volkswirtschaften, die noch nicht stark genug für

den Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt sind.

Auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm konnten wir

wichtige Weichen auch in diese Richtung stellen.

Die G8-Staaten haben sich darauf geeinigt, die

»Decent Work Agenda« (Programm für zumut-

bare Arbeitsbedingungen) der ILO zu unterstüt-

zen. Dazu gehören:

– die Umsetzung arbeitsrechtlicher Normen,

insbesondere der Kernarbeitsnormen;

– die Schaffung produktiver Beschäftigung;

– die Weiterentwicklung sozialer Schutzsysteme

für alle

– und die Unterstützung des sozialen Dialogs

zwischen den verschiedenen Akteuren.

Zu den Kernarbeitsnormen zählen die Vereini-

gungsfreiheit und das Recht auf Kollektivver-

handlungen, also das Recht, Gewerkschaften zu

gründen und Löhne auszuhandeln. Die Normen

verbieten die Zwangsarbeit, die Diskriminierung

am Arbeitsplatz – etwa ungleichen Lohn von

Männern und Frauen – und die schlimmsten

Formen der Kinderarbeit.

Ziel der Bundesregierung ist,… die Kernarbeitsnormen der ILO

weltweit einzuführen.

Was kann ich tun?Rund 60 Euro kostet ein guter Fußball. Wahrschein-

lich stammt er aus einer Industriestadt in Pakistan: In

Sialkot werden 80 % aller Fußbälle der Welt genäht.

Pro Ball erhält dort ein Arbeiter rund 40 Cent – vier

bis fünf Bälle schafft er an einem 14-Stunden-Tag,

geht also mit einem Tageslohn von nicht einmal zwei

Euro nach Hause. Für Bälle, die in Deutschland als

fair gehandelt verkauft werden, erhalten die Näher

bis zu einem Dollar mehr. Unter dem Motto »Fair Pay

– Fair Play«, kicken inzwischen viele deutsche Ama-

teur- und Profimannschaften mit fair gehandelten

Bällen.

Page 166: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

166

Wer hart arbeitet, braucht Pausen: Arbeiterinnen einerSchuhfabrik in China ruhen nach dem Mittagessen.

Schon 1998, als die ILO die Kernarbeitsnormen in

einer Deklaration definiert hat, haben sich ihre

Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland,

verpflichtet sie einzuführen. Teilweise wurden die

Normen als Gesetze in den Ländern umgesetzt.

Ein wichtiges Instrument jedoch nutzten die Län-

der nicht: Kernarbeitsnormen könnten auch Be-

standteil internationaler Handelsabkommen sein.

Doch die meisten Länder weigerten sich bisher,

die Normen innerhalb der Welthandelsorganisa-

tion (WTO) zu behandeln.

In Heiligendamm haben sich nun die G8-Staats-

und Regierungschefs gegen diese Haltung ge-

wandt und die Mitglieder der WTO aufgefordert,

die Kernarbeitsnormen umzusetzen. Zudem

haben sich die G8 dazu verpflichtet, in eigenen

bilateralen Handelsabkommen die Kernarbeits-

normen zu beachten.

Innerhalb der internationalen Organisationen

der Entwicklungszusammenarbeit, wie der Welt-

bank und insbesondere der innerhalb der Welt-

bank für die Finanzierung des Privatsektors zu-

ständigen International Finance Cooperation,

dringt Deutschland gemeinsam mit dem IWF und

dem VN-Entwicklungsprogramm darauf, grund-

legende Arbeitsrechte in den Dialog mit Entwick-

lungsländern aufzunehmen. Die Weltbank achtet

inzwischen bei der Kreditbewilligung darauf, dass

die ILO-Vereinbarungen eingehalten werden.

Ziel der Bundesregierung ist,… die schlimmsten Formen der

Kinderarbeit bis 2016 zu beseitigen.

Page 167: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

Kinderarbeit abschaffen

166 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und

14 Jahren gehen einer Erwerbsarbeit nach. 74 Mil-

lionen von ihnen gefährden dabei ihr Leben oder

ihre Gesundheit, arbeiten unter unmenschlichen

Bedingungen, unter Zwang, als Prostituierte oder

werden zu illegalen Tätigkeiten benutzt – wie die

ILO die »schlimmsten Formen« der Kinderarbeit

definiert. Insbesondere Mädchen sind dabei

häufig sexuellen Übergriffen ausgesetzt.

Jährlich sterben 22.000 Kinder bei Arbeitsunfäl-

len. In Subsahara-Afrika arbeiten mit 48 Millionen

fast ein Drittel der Kinder unter 14 Jahren.

Bisher haben sich 30 Mitgliedsstaaten der ILO das

Ziel gesetzt, die schlimmsten Formen der Kinder-

arbeit bis 2016 zu beseitigen. Das Internationale

Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit der

ILO unterstützt seit Anfang der 1990er-Jahre

Regierungen in 86 Ländern. Deutschland war ers-

ter Geber des Programms und hat es bisher mit

64,7 Millionen US-Dollar unterstützt.

Kambodscha: Nach Verwertbarem im Müll zu suchen ist häufig Kinderarbeit.

Page 168: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

168

In Äthiopien wird Kaffee auch gern selber getrunken.Das Land ist der weltweit siebtgrößte Produzent.

Private Unternehmen in die Verantwortung nehmen

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben

in den vergangenen Jahrzehnten klargemacht,

dass sie nicht bereit sind, Menschenrechtsverlet-

zungen und Umweltzerstörung durch einige

weltweit agierende Unternehmen hinzunehmen.

Zunehmend verlangen die Menschen in Europa

und anderswo nach Waren, die ökologischen und

sozialen Standards entsprechen. Bürgerinitiativen

dokumentieren Menschenrechtsverletzungen

von Unternehmen und klären die Verbraucher

darüber auf. Doch lange fehlte es an echten Alter-

nativen: Zu wissen, welche Textilunternehmen

nicht davor zurückschrecken, ihre Produkte von

Kindern nähen zu lassen, hilft wenig, wenn sozial-

verträglich produzierte Kleidung für viele unbe-

zahlbar ist.

Die Bundesregierung erarbeitet deshalb gemein-

sam mit Unternehmen, Wirtschaftsverbänden,

Nichtregierungsorganisationen und Gewerk-

schaften freiwillige Verhaltenskodizes für Unter-

nehmen mit Produktionsstätten oder Zulieferern

in Entwicklungsländern; zum Beispiel in der

Kaffeewirtschaft:

Kaffee ist für die Entwicklungsländer nach Öl der

zweitwichtigste Exportrohstoff. Über 100 Millio-

nen Menschen leben von der Kaffeeproduktion.

Die meisten von ihnen sind abhängig beschäftigt.

Für ihre harte Arbeit in den Plantagen erhalten

manche nicht einmal zwei Dollar am Tag und sind

der Willkür der Plantagenbesitzer und -besitze-

rinnen ausgeliefert.

Page 169: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

169

Die Kaffee-Initiative des BMZ und des Deutschen

Kaffeeverbandes begann 2002 als Dialog inner-

halb Deutschlands. Zwei Jahre später stieg der

Europäische Kaffeeverband ein, das BMZ erhielt

Unterstützung vom Schweizer Staatssekretariat

für Wirtschaft und der Flämischen Agentur für

internationale Zusammenarbeit (FICA). Damit

wurde das Projekt international, 70 Vertreter aus

20 Ländern gründeten schließlich 2006 die 4C-

Vereinigung: Common Code for the Coffee

Community (Allgemeiner Kodex für die Kaffee-

wirtschaft). 4C vereinigt über 40 Kaffeeproduzen-

ten und Händler, darunter so große wie Nestlé,

Tchibo, Melitta und Kraft Foods. Sie haben sich in

einem ersten Schritt verpflichtet, »unannehm-

bare« Menschenrechtsverletzungen und Umwelt-

zerstörungen bei ihren Zulieferern nicht zu tole-

rieren, wie etwa Kinder- und Zwangsarbeit, das

Verbot von Gewerkschaften oder den Einsatz von

international geächteten Pestiziden. Die Unter-

nehmen stehen dafür ein, dass auch ihre Subun-

ternehmer und Zulieferer dafür sorgen, dass den

Arbeitern und Arbeiterinnen eine bezahlbare

menschenwürdige Unterkunft mit Trinkwasser-

versorgung zur Verfügung steht.

Die Vereinten Nationen haben schon 1999 eine

ähnliche Initiative angestoßen: den UN-Global

Compact (Globale Übereinkunft). Mehr als 3.000

multinationale Unternehmen haben sich inzwi-

schen zu den zehn Prinzipien dieses freiwilligen

Verhaltenskodex verpflichtet. Damit bekennen sie

sich zur Achtung von Menschenrechten, zu um-

weltfreundlichen Technologien und zum Kampf

gegen Korruption. Am deutschen Netzwerk des

Global Compact (GC) beteiligen sich über 80 Unter-

nehmen, darunter 18 der 30 DAX-Unternehmen.

Seit Oktober 2006 schließt der GC Mitglieder aus,

wenn sie die Prinzipien missachten.

Neben dem deutschen GC-Netzwerk unterstützt

die Bundesrepublik auch das Büro in New York

und das Regionale Lernforum im südlichen

Afrika, wo sich die Koordinatoren der nationalen

Netzwerke austauschen.

Ziel der Bundesregierung ist,… Instrumente zu entwickeln, die dazu

beitragen, dass multinationaleUnternehmen ihre menschenrechtlicheVerantwortung wahrnehmen.

Ökologische und soziale Standards wollen auch

die »OECD-Leitsätze für multinationale Unterneh-

men und verantwortungsvolle Unternehmens-

führung« erreichen, auf die sich alle 29 Mitglieds-

staaten sowie Argentinien, Brasilien und Chile

geeinigt haben. Nationale Kontaktstellen – in

Deutschland das Bundesministerium für Wirt-

schaft und Technologie – überprüfen die Einhal-

tung der Leitsätze und nehmen Beschwerden ge-

gen Unternehmen entgegen. Dabei arbeitet die

deutsche Kontaktstelle mit dem GC-Netzwerk

zusammen.

Was kann ich tun?Produkte kaufen, die unter Einhaltung sozialer

Standards hergestellt wurden: Kleidung, die

unter Beachtung der Kernarbeitsnormen der

ILO hergestellt wurde, Teppiche, die nicht von

Kindern geknüpft wurden. Ein Leitfaden zu

den verschiedenen Siegeln findet sich unter

www.label-online.de

Page 170: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Sambia: Baumwolle aus Afrika |

Baumwolle ist für sie ihr

Leben. Boniface Chintu,

seine Frau und seine sechs

Kinder verdienen ihr Geld

mit den weichen Watte-

bällchen – und inzwischen

leben sie sogar gut davon.

Im Manyiaga-Distrikt, 80

km östlich von Lusaka in

Sambia, pflanzt und pflegt Chintu seine Sträu-

cher. Er ist Koordinator der »Cotton made in

Africa«-Baumwollfelder – ein Projekt der »Stif-

tung für Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft

in Entwicklungsländern« des Hauptgesellschaf-

ters des Hamburger Textilhandelshauses Otto.

|

Michael Otto und seine Mitstreiter schufen da-

mit einen Verbund großer Einzelhändler, die

afrikanische Baumwolle nachfragen und dabei

auf soziale und ökologische Standards achten

wollen. Das BMZ unterstützt das Projekt im Rah-

men einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft

(PPP). So testen deutsche Berater in Pilotregio-

nen gemeinsam mit Baumwollgesellschaften

und Kleinbauern ein Indikatorensystem, das

Fortschritte bei sozialen und ökologischen Stan-

dards misst. Bisher hat das Projekt die Lebens-

grundlage von 100.000 Kleinbauern verbessert.

So auch die von Boniface Chintu. In diesem Jahr

erwartet er eine Ernte von 1,5 Tonnen Baum-

wolle pro Hektar. Er sagt: »Wenn die Preise so

bleiben, kann ich ohne Schwierigkeiten die

Schule für die drei jüngsten Kinder bezahlen«.

Auf der Website www.cotton-made-in-africa.com

stehen die Handelsunternehmen, die in Deutsch-

land Textilien aus dieser Baumwolle verkaufen.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

170

Tansanische Baumwolle aus ökologischem Anbau

Page 171: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

171

Das Fair-Trade-Siegel: Eine Erfolgsgeschichte

Mehr als ein Drittel der Deutschen kaufen gele-

gentlich fair gehandelte Produkte, 6 % kaufen sie

regelmäßig. Damit hat der Faire Handel sein

Nischendasein beendet. Schon in den 1970er-

Jahren entstanden die »Weltläden«, die sich dem

Konzept des Fairen Handels verpflichtet haben,

einer partnerschaftlichen Handelsbeziehung mit

Kleinproduzenten in Entwicklungsländern. Seit

1992 gibt es ein verbindliches Siegel, das solche

Produkte kennzeichnet. Das Siegel bedeutet mehr

als nur faire Arbeitsbedingungen. Der gerechte

Handel unterstützt kleine Unternehmen und för-

dert dadurch Eigeninitiative und Verantwortung

– also die Grundprinzipien der deutschen Ent-

wicklungszusammenarbeit. Darum fördert das

BMZ seit langem den Fairen Handel, in den Jahren

2003 – 2007 mit 8,3 Millionen Euro, unter ande-

rem für die bundesweite Informationskampagne

»fair feels good« und die Professionalisierung der

Weltläden. Praktische Unterstützung haben wir

bei der Einführung neuer Produkte geleistet und

bei der Gründung des »Forums Fairer Handel« als

gemeinsame Plattform der zahlreichen Fairhan-

delsorganisationen in Deutschland.

Das BMZ hat sich auch dafür eingesetzt, dass Fair-

Trade-Produkte in die Supermärkte kamen. Neben

Kaisers, tegut, Karstadt und Edeka vertreibt seit

Sommer 2006 auch der Discounter Lidl unter der

Eigenmarke »Fairglobe« fair gehandelte Produkte.

Damit ist der Einbruch in den Massenmarkt gelun-

gen. Die Verkaufszahlen haben sich allein 2006

verdoppelt, der Umsatz lag bei 110 Millionen Euro.

Doch ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass

wir noch mehr erreichen können. Dort verkaufen

einige der größten Supermarktketten bestimmte

Produkte wie Kaffee nur noch, wenn sie fair ge-

handelt sind. Der Umsatz im Jahr 2006 war mit

280 Millionen Pfund (ca. 480 Millionen Euro) vier-

mal so hoch wie in Deutschland. Aus diesen positi-

ven Erfahrungen können wir lernen und künftig

unsere Anstrengungen erhöhen.

Was kann ich tun?Selber fair gehandelte Produkte verkaufen, z.B. in

der Pause an der eigenen Schule oder Universität !

Tipps wie’s geht, stehen auf: http://www.fairjob-

bing.net/

Page 172: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

172

Das Handelssystem gerecht gestalten

Handel ist eine Voraussetzung für Entwicklung.

Wenn Entwicklungsländer am Welthandel teil-

nehmen, können sie Devisen erwirtschaften, da-

mit Investitionen tätigen und so ihre Produkti-

vität steigern. Damit steigen auch Einkommen

und Beschäftigung der Bevölkerung und schließ-

lich auch die Einnahmen des Staates, der damit

Armut wirksam und nachhaltig bekämpfen kann.

Die Rahmenbedingungen des globalen Handels

werden entscheidend durch die über 150 Mitglie-

der zählende Welthandelsorganisation (WTO)

bestimmt. In der WTO erarbeiten die Mitglieds-

staaten verbindliche Regeln für ihre Handelsbe-

ziehungen. Handel funktioniert am besten, wenn

er so wenige Barrieren wie möglich überwinden

muss. Darum arbeitet die WTO daran, die Märkte

für Waren und Dienstleitungen zu öffnen,

Handelshemmnisse abzubauen und Marktver-

zerrungen zu beseitigen. Ziel ist die globale

Wohlfahrtssteigerung.

Das System der WTO garantiert, dass die Regeln

für alle gleichermaßen gelten und nicht die stär-

keren Wirtschaftsmächte ihre eigenen Regeln

durchsetzen. Diese Handelsregeln müssen stetig

der Entwicklung der Weltwirtschaft angepasst

werden. Beispielsweise bestehen in einigen

Ländern immer noch sogenannte Hochzölle und

Zollspitzen auf bestimmte landwirtschaftliche

oder Industrieprodukte, die insbesondere für Ent-

wicklungsländer den Marktzugang erschweren.

Die durchschnittlich höchsten Zölle im weltwei-

ten Warenhandel erheben jedoch gegenwärtig

die Entwicklungsländer untereinander, im soge-

nannten Süd-Süd-Handel.

Darum reicht es nicht, wenn die Entwicklungs-

länder einen fairen Zugang zu den Märkten der

Industrienationen erhalten. Sie müssen vor allem

ihre Märkte gegenüber anderen Entwicklungs-

ländern öffnen.

Die sogenannte Doha-Entwicklungsrunde ver-

folgt seit 2001 das Ziel, die im Welthandel weiter-

hin bestehenden Ungleichgewichte abzubauen

und neue Absatzmöglichkeiten für Güter und

Dienstleistungen zu eröffnen. Ein Hauptziel der

Page 173: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

173

Stark subventioniertes Gemüse aus Europa ist billiger als einheimisches: Zwiebeln aus den Niederlanden auf dem Gemüsemarkt von Dakar, Senegal

Doha-Runde ist die langfristige Reduzierung aller

welthandelsverzerrenden landwirtschaftlichen

Subventionen und die deutliche Senkung der

internen Unterstützungsleistungen in Industrie-

staaten. Davon ausgenommen sind allerdings

Maßnahmen, die sich nicht oder nur gering han-

delsverzerrend auswirken. Dazu zählen insbeson-

dere produktionsentkoppelte Einkommensunter-

stützungen wie Strukturanpassungshilfen, Hilfe

bei Naturkatastrophen, Agrarumweltprogramme

und Regionalbeihilfeprogramme.

Page 174: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

174

Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der

laufenden Doha-Runde dafür ein, dass die Indus-

trieländer, aber auch wirtschaftlich erfolgreiche

Entwicklungsländer, ihre Märkte für Importe öff-

nen, insbesondere für Produkte aus am wenigsten

entwickelten Ländern (LDC). Entsprechend ihrem

jeweiligen Entwicklungsstand sollten den Ent-

wicklungsländern Übergangsfristen für Liberali-

sierungsmaßnahmen zugestanden werden. Nach

Auffassung der Bundesregierung müssen zudem

handelsverzerrende Agrarsubventionen stetig

gesenkt und alle Formen von Exportsubventionen

ganz abgeschafft werden. Die Bundesregierung

hat bei der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong

unter anderem den Beschlüssen zur Senkung

handelsverzerrender Agrarsubventionen und Ab-

schaffung aller Exportsubventionen unter dem

Vorbehalt eines Gesamtabschlusses der WTO-

Runde zugestimmt.

Deutsche Beraterinnen und Berater helfen Regie-

rungen und Unternehmen in den Entwicklungs-

ländern, ihre Chancen auf dem Weltmarkt zu ver-

bessern. Ziel der handelsbezogenen Entwick-

lungszusammenarbeit (Aid for Trade) ist es, Ent-

wicklungsländer bei der Umsetzung ihrer inter-

nationalen Verpflichtungen in diesem Bereich zu

beraten und zu unterstützen, sowie regionale In-

tegration und Weiterbildungsmaßnahmen von

Regierungsangestellten, Unternehmern und ins-

besondere Unternehmerinnen zu fördern.

Hier wird Fair-Trade Bio Basmati Reisaus Indien verladen.

Der EU-Rat hat den inhaltlichen Rahmen fürdie im Oktober 2007 verabschiedetegemeinsame EU-Aid-for-Trade-Strategiepräzisiert. Die EU wird ihre gemeinsamenfinanziellen Ausgaben für handelsbezogeneEntwicklungszusammenarbeit bis 2010 aufjährlich zwei Milliarden Euro steigern – eineMrd. Euro von der EU-Kommission, eine Mrd.von den EU-Mitgliedsstaaten. Etwa 50 Pro-zent der Steigerung der Mittel wird für dieAKP-Partnerstaaten (siehe Seite 180) bereitgehalten.

Page 175: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

Ecuador: Kakao direkt für Schweizer Schokolade |

Im Amazonastiefland

Ecuadors wachsen Kakao-

sorten, die den einzigarti-

gen Geschmack des belieb-

ten Arriba-Kakaos aus-

machen. Rund 100.000

ecuadorianische Familien

leben vom Kakaoanbau. In

der Amazonasprovinz

haben sich 650 Familien der Kichwa-Indianer zur

Kleinbauern-Genossenschaft KALLARI zusammen-

geschlossen. Im Auftrag des BMZ unterstützten

die GTZ und weitere Organisationen die Genos-

senschaft dabei, den Prozess der Kakaoproduk-

tion und Nacherntebehandlung weiter zu ver-

bessern, ohne den Waldbestand zu gefährden.

Ziel war es, Produktqualität und -menge so zu stei-

gern, dass der Kakao über den internationalen

Markt abgesetzt werden kann und somit bessere

Preise als bei einem Verkauf an einheimische

Zwischenhändler erzielt. Die GTZ unterstützte

KALLARI bei der Kontaktaufnahme mit verschie-

denen internationalen Unternehmen und fädelte

so unter anderem eine langfristige Vereinbarung

der Indianerorganisation mit dem schweizeri-

schen Schokoladenverarbeiter Max Felchlin AG

ein, die die langfristige Vermarktung von mindes-

tens 25 Tonnen hochwertigen Spezialkakaos pro

Jahr besiegelt.

Die Kakaobohnen zum Trocknen auslegen

175

|

Page 176: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

176

Globaler Getreidehandel

24,8 MillionenTonnen

importiert

Nordamerika

130,2exportiert

0,1Zentralamerika 4,9

4,8

Südamerika

23,9

41,5

Karibik

ImportiertesGetreide

ExportiertesGetreide

WelthandelGetreideimporte und -exporte inMillionen Tonnen nach Regionen (2007)

Page 177: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

177

Nordafrika

1 29,5

2,6 19,6

2,9

7,9

32,6

6,6 27,6

5,4 47,2

14,8 20,3

10,2

1,1

Subsahara-Afrika

7,5

MittlererOsten Südasien

Südostasien

FrühereSowjetunion

14,8

26,4

Europa

Ozeanien

Ostasien

Quelle: FAO, Weltbank, U.S. Department of Agriculture, Renewable Fuels Association,Food and Agriculture Policy Research Institute, Bloomberg, Internationaler Getreiderat

Grafik von Karen Yourish und Todd Lindeman

Page 178: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

178

Recht auf den Schutz geistigen Eigentums für alle

Das Abkommen über handelsbezogene Aspekte

des geistigen Eigentums (Trade Related Aspects of

Intellectual Property – TRIPS), das für alle WTO-

Mitglieder verpflichtend ist, sieht Mindeststan-

dards des Schutzes geistigen Eigentums vor. So

verlangt es beispielsweise, dass Unternehmen,

Staaten oder Bauern, die patentgeschützte Pflan-

zensorten, Computerprogramme oder Medika-

mente verwenden, nachbauen oder vertreiben

wollen, den Rechteinhaber um Erlaubnis fragen

bzw. eine Abgabe an ihn zahlen müssen. Damit

soll ein Anreiz für neue Erfindungen geschaffen

werden. Doch zugleich können geistige Eigen-

tumsrechte in Ländern, deren Volkswirtschaften,

Unternehmen und Bewohner sich die Nutzung

patentgeschützter Produkte oder Verfahren nicht

leisten können, die Verbreitung von Wissen be-

hindern und damit neue Entwicklungen bremsen,

wenn diese auf geschützten Erfindungen auf-

bauen. Das ist vor allem im Bereich neuer Medika-

mente oder Informations- und Kommunikations-

technologien, zum Beispiel bei Computersoft-

ware, der Fall.

Noch schwieriger ist die Situation in der Land-

wirtschaft, da es viele Entwicklungsländer in der

vorgegebenen Zeit nicht geschafft haben, Gesetze

zu entwickeln, die ihre eigenen Erfindungen wie

etwa Pflanzenzüchtungen schützen.

Unternehmen der Saatgutwirtschaft entwickeln

neue Pflanzensorten, teilweise unter Verwen-

dung genetischen Materials aus Sorten, die Bau-

ern und Bäuerinnen in Entwicklungsländern häu-

fig seit hunderten von Jahren verwendet und wei-

ter entwickelt haben. Die Verwendung des geneti-

schen Materials war für die Züchter bislang weit-

gehend unentgeltlich. Bauern und Bäuerinnen er-

hielten also in der Regel bisher keine Entschädi-

gung, wenn die Nutzpflanzen züchterisch weiter-

entwickelt wurden.

Eigene Saatgut-vermehrung statt

teurem Saatgutvon Konzernen:

eine Genbank tradi-tioneller Reis-Sortenauf den Philippinen

Nachdem ein Staat ein gewerbliches Schutzrecht

(je nach Staat Sortenschutzrecht oder Patent) für

die neu gezüchtete Sorte erteilt hat, bedürfen die

Vermehrung und das Inverkehrbringen von Ver-

mehrungsmaterial des Einverständnisses des

Züchters, für das dieser in der Regel eine Lizenz-

gebühr erhebt. Diese Lizenzgebühr wird den Bau-

ern und Bäuerinnen, sofern sie Saatgut dieser Sor-

ten verwenden wollen, über den Saatgutpreis in

Rechnung gestellt. Es wird vielfach als ungerecht

kritisiert, dass Landwirte in Entwicklungsländern

keinen finanziellen Ausgleich für die Verwen-

dung des genetischen Materials ihrer traditionel-

len Nutzpflanzen erhalten, andererseits aber Li-

zenzgebühren für die Verwendung von Saatgut

der geschützten Pflanzensorten zahlen sollen, die

mittels solchen Materials gezüchtet worden sind.

Die Bundesregierung setzt sich für einen fairen

Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen

Page 179: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

179

beider Seiten ein: denen der Schutzrechtsinhaber

einerseits und denen der Betroffenen anderer-

seits. Geistiges Eigentum und Entwicklung sind

dementsprechend auch Dialogthemen im Heili-

gendamm-Prozess, den die Bundesregierung un-

ter ihrer G8-Präsidentschaft 2007 angestoßen hat.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit berät

zudem Regierungen bei der Nutzung vorhande-

ner Flexibilitäten des TRIPS-Abkommens in den

Bereichen biologische Vielfalt, Agro-Biodiversität,

Umgang mit dem gewerblichen Rechtsschutz für

Pflanzensorten und Zugang zu Medikamenten.

Internationale Regelungen dürfen es den

Entwicklungsländern nicht unmöglich machen,

ihre Verpflichtungen aus der Millenniumserklärung

zu erfüllen.

In dem 1992 während der Umweltkonfe-

renz in Rio verabschiedeten Übereinkom-

men über die biologische Vielfalt wird

indigenen Völkern das Recht auf Billigung

und auf Beteiligung an den Vorteilen

der Nutzung ihrer Kenntnisse zuge-

schrieben (das sogenannte Access-and-

Benefit-Sharing). Damit dieses Recht auch

in der Praxis eingefordert und umgesetzt

wird, fördert die Bundesregierung als

Unterzeichnerin des Übereinkommens die

aktive Teilnahme Indigener in internationa-

len Gremien. Beispielsweise trafen sich

Vertreter indigener Organisationen auf

regionaler Ebene in Afrika, Asien und

Lateinamerika zur Vorbereitung auf die

Vertragsstaatenkonferenz der Vereinten

Nationen zur Umsetzung der Biodiversi-

tätskonvention im Mai 2008.

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

180

Ladung aus China: Schiff der Reederei Hanjin im Hamburger Hafen

Sanfte Marktöffnung durch Wirtschaftspartnerschaften

Seit über 30 Jahren verbindet die Staaten der EU

eine Wirtschaftspartnerschaft mit den sogenann-

ten AKP-Ländern. Die 78 Staaten in Afrika, in der

Karibik und im Pazifischen Raum erhielten im Ab-

kommen von Lomé von 1975, später im Cotonou-

Abkommen einseitige Zollvergünstigungen beim

Zugang zum EU-Markt. Doch das Ziel, die AKP-

Länder dadurch stärker in den Welthandel zu in-

tegrieren, wurde nur in wenigen Fällen erreicht.

Zudem entspricht die Regelung nicht den Anfor-

derungen der Welthandelsorganisation (World

Trade Organisation, WTO), seit die von den ande-

ren WTO-Mitgliedern gewährte Ausnahmerege-

lung nicht mehr gilt. Vor allem andere Entwick-

lungsländer waren nicht mehr länger bereit, die

einseitige Begünstigung der AKP-Staaten hinzu-

nehmen. Deshalb verhandeln EU und AKP-Staaten

seit dem Jahr 2002 ihre Handelsbeziehungen neu.

Die Verhandlungen über den Warenhandel muss-

ten bis Ende 2007 abgeschlossen sein, weil die bis-

herigen Präferenzen nur noch bis Ende 2007 über

die Ausnahmegenehmigung gültig waren.

An die Stelle der einseitigen Präferenzen des

Cotonou-Abkommens treten daher Wirtschafts-

partnerschaftsabkommen (Economic Partnership

Agreements) mit sechs AKP-Regionalverbünden.

Diese Abkommen müssen im Wesentlichen den

gesamten Handel abdecken, um WTO-konform

zu sein. Dafür müssen die AKP-Staaten in gewis-

sem Maße Handelsschranken gegenüber der EU

abbauen – allerdings erheblich weniger als die EU

ihnen gegenüber und mit langen Übergangsfris-

ten. Bestimmte Produkte, die durch verschärfte

Konkurrenz mit EU-Produkten vom Markt ge-

drängt werden könnten, können ganz von der

Liberalisierung ausgeschlossen werden; weitere

Mechanismen bieten zusätzliche Sicherheit wäh-

rend der Liberalisierung. So profitieren die AKP-

Staaten von den positiven Wirkungen einer

Page 181: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

181

Marktöffnung wie sinkenden Preisen für die

Verbraucher. Gleichzeitig werden durch die lang-

same und schrittweise Öffnung die Risiken der

Liberalisierung verringert. Die Umsetzung der

handels- und entwicklungspolitischen Bestim-

mungen und Maßnahmen ist zudem einer steti-

gen Kontrolle unterworfen, sodass auf mögliche

ungewollte Wirkungen der Wirtschaftspartner-

schaftsabkommen reagiert werden kann.

Das eigentliche Entwicklungspotenzial der Wirt-

schaftspartnerschaftsabkommen liegt darin, dass

sie die regionale Integration zwischen den AKP-

Staaten stärken und Wirtschaftsräume im Süden

vergrößern. Die Behandlungen handelsbezoge-

ner Themen wie Investitionen oder Wettbewerbs-

regeln können zudem einen Impuls für gute Re-

gierungsführung geben und die Bedingungen für

Handel verbessern. Die enge Verknüpfung von

Handel und Entwicklung in den Abkommen er-

möglicht, dass beide Politikbereiche aufeinander

abgestimmt und handelspolitische Instrumente

entwicklungsförderlich ausgestaltet werden.

Einige Länder befürchten durch die Zollverluste

eine starke Abnahme ihres Staatshaushalts. Hier

wird die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

diese Länder während der Übergangsfristen

unterstützen, neue Besteuerungssysteme zu ent-

wickeln und bestehende zu stärken. Solche Unter-

stützung ist ausdrücklich Teil des Prozesses,

genauso wie die Beratung bei wirtschaftlichen

Reformen und der Aufbau von Produktions- und

Handelskapazitäten. Denn klar ist: Der Marktzu-

gang allein reicht als Entwicklungsimpuls selten

aus.

Marktfrau in Kinshasa: Noch merkt siewenig vom globalen Markt.

Deutschland hat die entwicklungsorientierte Aus-

gestaltung der Wirtschaftspartnerschaftsabkom-

men während der deutschen EU-Ratspräsident-

schaft maßgeblich mitgeprägt. Dabei geht es uns

um einen Dialog aller Beteiligten auf gleicher

Augenhöhe. Bei formellen und informellen Minis-

terräten und -treffen kamen Regierungsvertreter

der EU- und der AKP-Länder in direkten Kontakt.

Vertreter entwicklungspolitischer Nichtregie-

rungsorganisationen des Südens und des Nordens

beteiligten sich an mehreren Dialogveranstaltun-

gen.

Im Dezember 2007 wurde das erste Wirtschafts-

partnerschaftsabkommen mit der Karibikregion

unterzeichnet. Da sich die Verhandlungen in den

übrigen Regionen verzögerten, haben sich EU

und AKP-Staaten darauf verständigt, zunächst

vorläufige Abkommen abzuschließen, die den

AKP-Staaten ab Januar 2008 den wichtigen Markt-

zugang bei Waren sichern. 2008 werden die Ver-

handlungen fortgesetzt, um auch in den übrigen

Regionen zu regionalen und umfassenden Wirt-

schaftspartnerschaftsabkommen zu gelangen.

Ziel der Bundesregierung ist, … ungerechtfertigte Handelsbarrieren

abzubauen und die Integration derEntwicklungsländer in das Welthandels-system zu fördern, auch beim Süd-Süd-Handel.

Page 182: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

182

Entwicklung und Migration

Die Globalisierung beschleunigt nicht nur den

Strom der Waren. Sie erlaubt es auch zunehmend

den Menschen, sich über Grenzen hinwegzube-

wegen und sich im Ausland zeitweise oder dauer-

haft niederzulassen. Sinkende Reisekosten und

die Möglichkeit, sich umfassend und schnell über

das Zielland zu informieren, erleichtern vielen die

Auswanderung. Etwa 200 Millionen Menschen –

3% der Weltbevölkerung – leben heute als Migran-

ten und Migrantinnen seit mindestens einem Jahr

außerhalb ihres Herkunftslandes – die Hälfte da-

von in Europa und Nordamerika. So hoch war der

Anteil der Auswanderer an der Weltbevölkerung

bisher nur einmal: Um 1900, als vor allem Euro-

päer ihr Glück in Nordamerika suchten.

Schon immer haben die Menschen ihre Heimat

verlassen, um andernorts ein besseres Auskommen

oder größere Freiheit zu finden. So lange es reiche

und arme Regionen auf der Welt gibt, wird es

Menschen geben, die versuchen, in die reicheren

Regionen zu kommen.

Entwicklungszusammenarbeit hat zum Ziel, die

Lebensperspektiven der Menschen in den Her-

kunftsländern zu verbessern. Die EU hat sich im

September 2006 auf die Position geeinigt: »Ver-

antwortung der Staaten sollte sein, Gesellschaften

zu schaffen und zu erhalten, in denen Bürger,

insbesondere Jugendliche, ihren Lebensunterhalt

sichern und sich eine Zukunft aufbauen können.

In seinem eigenen Land zu bleiben, muss eine

wirkliche Alternative sein.«

Es wäre jedoch unrealistisch von diesen langfris-

tig angelegten Bemühungen kurzfristig eine Ver-

ringerung der Migration zu erwarten. Oftmals ist

es nicht allein Armut, die Menschen zu uns kom-

men lässt. Häufig sind es gerade gut ausgebildete

Menschen, die es auf der Suche nach besseren

Lebensperspektiven nach Europa zieht. Deshalb

geht es darum, das Potenzial von Migranten für

den Entwicklungsprozess zu nutzen.

Im Niemandsland zwischen der Grenzsta-tion Assamakka (Niger)

und dem algerischenGrenzposten In-Guezzam

Überweisungen fördern Entwicklung

Migration hat aus entwicklungspolitischer Sicht

positive wie negative Aspekte, wobei die positiven

erst in den letzten Jahren erkannt wurden.

Arbeitsmigranten überweisen erhebliche Sum-

men Geld in ihre Herkunftsländer; die Weltbank

schätzte die Summe 2007 auf 240 Milliarden US-

Dollar. Das ist mehr als doppelt so viel wie die ge-

samte staatliche Entwicklungshilfe (ODA=Official

Development Assistance). Damit leisten sie einen

erheblichen Beitrag zur Verminderung von

Armut, wenn sie etwa ihren Familien Geld für ei-

nen Krankenhausaufenthalt oder Schulbesuch

schicken. Sie tragen zum Wirtschaftswachstum

ihres Landes bei, wenn sie selber oder Verwandte

ein Unternehmen gründen oder ein Haus bauen.

Migranten-Vereine sammeln häufig für wohl-

tätige Einrichtungen in ihrem Herkunftsland.

Page 183: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

183

Viele Regierungen in Entwicklungsländern

haben die große Bedeutung der Auswanderer für

ihre Volkswirtschaften erkannt und werben

gezielt in der Diaspora um Unterstützung für

entwicklungspolitische Projekte.

Allerdings kann durch Rücküberweisungen eine

sozioökonomische Kluft zwischen denjenigen mit

ausgewanderten Verwandten und denen ohne

entstehen. Familien können abhängig von den

Überweisungen der ausgewanderten Verwand-

ten werden; ganze Volkswirtschaften können in

solche Abhängigkeit geraten: Sie zählen zu den

sogenannten Rentenökonomien, die kaum eigene

Produktivität entwickeln. Umso wichtiger ist es,

dass Rücküberweisungen für eine nachhaltige

Entwicklung eingesetzt werden.

Wir wollen die Entwicklungsländer darin unter-

stützen, Spenden von Migranten entwicklungs-

wirksam einzusetzen. Außerdem sollen Anreize

für Investitionen geschaffen werden, wo dies

noch nicht geschieht. Wo Migranten-Organisatio-

nen und die Entwicklungszusammenarbeit

gemeinsame Ziele verfolgen, wollen wir sie als

strategische Partner gewinnen. Seit 2007 läuft ein

Pilotprojekt, in dem gemeinnützige Vorhaben in

den Herkunftsländern der Migranten gemeinsam

finanziert werden, beispielsweise ein Open-

Source-Zentrum in Senegal, wo Computer zur

Nutzung bereitstehen, Computerkurse für die Be-

völkerung angeboten werden und zivilgesell-

schaftliche Gruppen sich bei ihrem Webauftritt

helfen lassen können.

Auslandsüberweisungen für Migranten müssen

billiger und sicherer werden. Seit November 2007

gibt es eine vom BMZ geförderte Internetseite, auf

der sich Migranten über Kosten und Konditionen

von Überweisungsdienstleistungen informieren

können (www.geldtransFAIR.de). Durch transpa-

rente Konkurrenz sinken die Kosten. Hier konnten

wir von Großbritannien und Spanien lernen. In

Spanien ist es gelungen, die Kosten für Überwei-

sungen nach Senegal, Marokko und Ecuador

drastisch zu senken. Die vom britischen Ent-

wicklungsministerium geförderte Seite

www.sendmoneyhome.org ging schon im März

2005 an den Start und erzielte vergleichbare

Erfolge.

Page 184: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

184

Wissensabfluss oder -zufluss?

Negativ wirkt sich Migration auf die Entwicklung

vieler Länder aus, wenn gut ausgebildete Arbeits-

kräfte abwandern. Dies schwächt die Volkswirt-

schaften insbesondere kleinerer Länder: 2004

wanderten rund eine Million Arbeitskräfte mit

höherer Ausbildung, darunter viele Kranken-

schwestern und Ärzte, aus den 50 ärmsten Län-

dern der Welt in die entwickelten Länder aus. Das

entspricht einem Anteil von 15 % der Menschen,

die in diesen Staaten über einen Universitäts- oder

Fachabschluss verfügen. Ein Grund dafür ist die

aktive Anwerbung von Fachkräften durch Unter-

nehmen in entwickelten Ländern.

Die EU hat dazu im Dezember 2006 einen Aktions-

plan vorgelegt, der auch die Entwicklung von

»Anwerbeprinzipien« anspricht, die die Abwer-

bung aus Bereichen, in denen Mangel an Arbeits-

kräften herrscht, verhindern sollen. Ein Regel-

werk für den Gesundheitssektor wird gerade

erarbeitet.

Erworbene Fähigkeiten nach der Rückkehr einsetzen: Facharbeiter in der Mercedes-Benz-Produktion in Pune (Indien)

Europa braucht qualifizierte Fachkräfte. Schon

heute ist in zahlreichen Mitgliedsstaaten in man-

chen Bereichen der Bedarf nur mit Bewerbern aus

Entwicklungsländern zu decken. Häufig finden

diese Fachleute in ihren Ländern keine angemes-

sene Arbeit. Trotzdem verschlechtert ihr Weg-

gang die Entwicklungschancen des Landes. Dieses

Dilemma würde teilweise aufgelöst, wenn qualifi-

zierte Fachkräfte nach einigen Jahren in Europa

wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehrten.

Darum fördert das BMZ seit langem Fortbildun-

gen für Rückkehrwillige und unterstützt Rück-

kehrer finanziell, wenn sie in entwicklungsrele-

vanten Bereichen arbeiten.

Allerdings schrecken viele Migranten vor einer

Rückkehr zurück, weil sie schon nach einem hal-

ben Jahr im Ausland ihren Aufenthaltsstatus in

Deutschland verlieren, bevor sie überhaupt wis-

sen, ob sie in ihrem Herkunftsland eine berufliche

Perspektive haben. Die Möglichkeit auch nach

längeren Aufenthalten hierher zurückzukehren,

würde vielen die Entscheidung erleichtern. Auch

könnten so Migranten, die nicht vorhaben,

Deutschland dauerhaft zu verlassen, dafür ge-

wonnen werden, kurze Zeit in ihren Herkunftslän-

dern zu arbeiten und dort Wissen und Erfahrun-

gen zu vermitteln etwa im Gesundheitsbereich.

Ob kurzzeitig oder dauerhaft, Rückkehrer leisten

häufig unschätzbare Dienste für die Entwicklung

ihrer Länder: Sie bringen Ideen für Unternehmun-

gen mit, kennen neueste Technologien und Medi-

kamente und können einschätzen, was davon in

ihrem Land gebraucht wird.

Page 185: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

D i e E i n e W e l t v e r w i r k l i c h e n

185

Matondo-Mazambi Ngankia aus der D.R. Kongo studiert Mechatronik an der FH Aachen.

Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten er-

arbeiten derzeit ein gemeinsames Konzept zur

zirkulären Migration. Vorschläge der EU für die-

ses Konzept sind beispielsweise: Partnerschaften

zwischen den Arbeitsmarktagenturen in den Part-

nerländern und den Mitgliedsstaaten mit dem

Ziel, das Angebot und die Nachfrage nach Arbeits-

kräften besser in Einklang zu bringen, Studenten-

austauschprogramme und die Unterstützung

zurückkehrender Forscher, damit sie in ihrem

Heimatland ihre wissenschaftliche Arbeit fort-

setzen können.

Deutschland plant die zirkuläre Migration von

bereits legal und länger hier wohnenden Dritt-

staatsangehörigen zu erleichtern, da insbeson-

dere dieser Pendelprozess zu Wissenstransfer und

zur Entwicklung des Herkunftslandes beitragen

kann. Auch nach längeren Aufenthalten im

Herkunftsland könnte eine Rückkehr in die EU

möglich sein.

Page 186: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

186

Die Digitale Kluft überwinden

Telefone, Handys, Computer und Internet sind

aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken. Ohne

die Informations- und Kommunikationstechnolo-

gien (IKT) wäre die rasante Globalisierung der

Wirtschaft, wie wir sie in den vergangenen Jahren

erlebt haben, kaum möglich gewesen. Mit der

leichten Verfügbarkeit von Wissen und der Fähig-

keit, über große Entfernungen zu kommunizie-

ren, rückt die Welt näher zusammen – davon pro-

fitiert auch der Einzelne. Wissen und schnelle In-

formationen werden immer wichtiger – für den

Einzelnen am Arbeitsplatz, für den Selbstständi-

gen, für Unternehmen, Verbände, Regierungen,

Wissenschaftler und Studierende.

Wer nicht gelernt hat, aus der Wissensflut des

Internets auszuwählen oder wer erst gar keinen

Zugang dazu hat, wird in der Informationsgesell-

schaft abgehängt. Dazu gehören sozial Benachtei-

ligte und Frauen in den Industrienationen, vor al-

lem aber große Teile der Bevölkerung in Entwick-

lungsländern. In Deutschland gibt es fast doppelt

soviel Internetanschlüsse wie in ganz Afrika. Doch

Siegeszug des Handys: hier in Marokko

die Digitale Kluft wird kleiner. 1994 kamen auf 73

Internetanschlüsse in den Industrienationen ein

einziger in den Entwicklungsländern, heute ist

das Verhältnis drei zu zwei. Am schnellsten

wächst die Zahl der Anschlüsse in Afrika: Es sind

heute siebenmal so viele wie im Jahr 2000.

Die Informationsgesellschaft bietet enorme

Chancen für Entwicklungsländer. Wer Dienstleis-

tungen im Internet oder per SMS im Mobilfunk

anbieten will, braucht wenig Startkapital und nur

einfachste Logistik. Wissensarbeiter können

leicht überall angeheuert werden für Projekte am

anderen Ende der Welt: Indische Call Center und

Softwarefirmen haben das vorgemacht. Mobil-

funknetze ermöglichen Bauern den Zugang zu

Marktinformationen und Finanzdienstleistungen.

Anhand aktueller und unzensierter politischer

Nachrichten können Bürger und Bürgerinnen

informierte Entscheidungen treffen.

Der sinnvolle Einsatz von IKT

ist notwendig für Entwicklung.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

unterstützt die Partnerländer bei der Umsetzung

ihrer IKT-Strategien, berät bei Regulierungsfra-

gen und bei der Einführung von IKT-Systemen in

Behörden und Verwaltungen sowie durch Aus-

und Fortbildung bei der Einführung neuer Tech-

nologien, zum Beispiel in kleinen und mittel-

ständischen Unternehmen.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 187: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

187

Sich im digitalen Zeitalter nicht abhängen lassen: Mädchentreff in einem Internetcafé in Kamerun

Damit möglichst viele Menschen davon profitie-

ren, unterstützt die deutsche Entwicklungszu-

sammenarbeit auch die Entwicklung und Verbrei-

tung von Software und Inhalten in der lokalen

Landessprache. Insgesamt fördert das BMZ Vorha-

ben mit IKT-Komponenten mit durchschnittlich

42,5 Millionen Euro im Jahr.

Ziel der Bundesregierung ist, … die Digitale Kluft zu überwinden.

(Weltinformationsgipfel Tunis 2005)

Page 188: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

188

7. Globale Politik besser organisieren

Page 189: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

189

In den letzten 15 Jahren hat sich die Welt rasant

verändert. Machtverhältnisse haben sich verscho-

ben, neue Spieler sind dazugekommen, alte Ideo-

logien haben sich aufgelöst, andere haben an

Bedeutung gewonnen. Auf den ersten Blick ist die

Welt vor allem unübersichtlicher geworden.

Darin liegt eine Herausforderung, aber auch eine

große Chance für die Weltgemeinschaft. Wo sich

Machtkonstellationen stetig verschieben, müssen

immer wieder neue Lösungen mit anderen Akteu-

ren gesucht werden. Das funktioniert nur im

Bund mit anderen. Darum setzt sich Deutschland

für die Stärkung multilateraler Ansätze ein.

Dazu gehört der sinnvolle Ausbau multilateraler

Organisationen wie der Vereinten Nationen und

der OECD. Insbesondere die EU als weltweit

größter Geber für Entwicklungshilfe muss ent-

sprechend ihrer wachsenden Bedeutung mehr

Verantwortung übernehmen.

Heiligendamm-Prozess

Das gleiche gilt für die aufstrebenden Wirt-

schaftsmächte Brasilien, China, Indien, Mexiko

und Südafrika. Als aufstrebende wirtschaftliche

und politische Mächte spielen sie in ihrer Region

und weltweit eine wichtige Rolle für die Entwick-

lung und Sicherheit anderer Länder sowie für den

weltweiten Verbrauch von Rohstoffen und den

Klimawandel. Dementsprechend müssen sie in

Entscheidungen von weltweiter Bedeutung ein-

bezogen werden und zugleich mehr Verantwor-

tung übernehmen.

Auf dem Deutschen Weltbankforum 2007: Rajendra K. Pachauri(IPCC), Heidemarie Wieczorek-Zeul, Muhammad Yunus (v.r.)

Deshalb brauchen wir einen intensiven und offe-

nen Dialog mit diesen Ländern. Um diesem Dialog

einen festen Rahmen zu geben, wurde auf dem

G8-Gipfel in Heiligendamm der so genannte

Heiligendammprozess ins Leben gerufen. Wäh-

rend dieses auf zunächst zwei Jahre angelegten

Prozesses wollen die G8 mit Brasilien, China,

Indien, Mexiko und Südafrika über die Themen

Investitionen, Innovationen, Energieeffizienz

und Entwicklungspolitik diskutieren. Logistische

Unterstützung leistet dabei die OECD. Auf dem

G8-Gipfel 2009 in Italien soll ein Abschlussbericht

vorgelegt werden. Danach gilt es zu entscheiden,

wie der Dialog der G8 mit diesen Schwellenlän-

dern fortzuführen ist.

Page 190: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

190

Das Ankerlandkonzept des BMZ

Neben Brasilien, China, Indien, Mexiko und Süd-

afrika gewinnen auch zahlreiche mittelgroße Ent-

wicklungsländer an politischer und wirtschaft-

licher Bedeutung. Beispielweise spielen Ägypten,

Indonesien, Nigeria und Pakistan in ihrer Region

eine wichtige Rolle. Wirtschaftlich können diese

Länder eine Lokomotivfunktion haben, politisch

eine Leitfunktion. Einige von ihnen bringen sich

entschlossen in internationale Prozesse ein und

tragen zu Frieden und Stabilität in ihrer Region

bei. Andererseits können politische und wirt-

schaftliche Krisen oder Stagnation in diesen Län-

dern die gesamte Region destabilisieren.

Einige dieser Länder sind aufgrund ihrer großen

Bevölkerungszahl entscheidend für die globale

Armutsminderung. 70 % der Menschen, die weni-

ger als zwei US-Dollar am Tag haben, leben in

Indien und China. Rund 130 Millionen Chinesin-

nen und Chinesen steht sogar weniger als ein US-

Dollar täglich zur Verfügung.

Bananenplantage in China: Wenn auch die meistenAnkerländer ihre Produktpalette stark ausbauen, spieltlandwirtschaftliche Produktion weiterhin eine große Rolle.

Wegen ihrer länderübergreifenden Bedeutung

für Armutsbekämpfung, Umweltschutz und wirt-

schaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen

bezeichnet das BMZ diese Gruppe von Ländern als

Ankerländer, für die schon 2004 ein eigenes

Konzept zur Entwicklungszusammenarbeit ent-

wickelt wurde. Das Ankerlandkonzept hat drei

Säulen:

1. Säule: Thematische Anpassung undWeiterentwicklung der Entwicklungs-zusammenarbeit

Die Entwicklungszusammenarbeit richtet sich in

Ankerländern besonders auf den Umwelt- und

Klimaschutz sowie nachhaltige Wirtschaftsent-

wicklung. Die Regierungen stehen dort vor einer

großen Herausforderung, wenn sie bei dem

schnellen Wachstum ihrer Volkswirtschaften die

nachhaltige Nutzung von Rohstoffen und den Er-

halt der Natur sichern wollen. Um globale Um-

weltgüter für die Menschheit zu sichern und zum

Beispiel die Menschen in Afrika südlich der Sahara

vor den Folgen des Klimawandels zu schützen,

müssen wir sie bei dieser Aufgabe unterstützen.

Länder wie China spielen auch bei einer nachhal-

tigen Energiepolitik eine entscheidende Rolle.

Hier können wir mit verhältnismäßig geringen

Mitteln der entwicklungspolitischen Zusammen-

arbeit einen großen Beitrag zum Klimaschutz

leisten.

Im Bereich Armutsbekämpfung passt die staat-

liche deutsche Entwicklungspolitik ihre Zusam-

menarbeit an die gestiegene Leistungsfähigkeit

Page 191: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

191

Slum in Mumbai: Obwohl Indien wichtige Wirtschaftsmacht ist,lebt ein großer Teil der Bevölkerung in bitterer Armut.

der Ankerländer an. Das heißt: Dialog und Bera-

tung sind wichtiger als direkte Mittel für die

Armutsbekämpfung. Deutschland unterstützt

Reformprozesse – den weitaus größeren Teil die-

ses Prozesses können und müssen diese Länder

aber aus eigener Kraft leisten. Anstöße zur Ände-

rung struktureller Rahmenbedingungen (z.B.

Landreform, Steuerreform, soziale Sicherungs-

systeme) oder auf fachlicher Ebene (Tarif- oder

Gebührenpolitik) können wesentlich zu einem

Abbau sozialer Ungleichgewichte und zur Be-

kämpfung der Armut beitragen.

Die neue Ausrichtung der Zusammenarbeit ver-

anschaulicht das Beispiel Indonesiens: Da die

Waldgebiete des Landes klimapolitisch zu den

bedeutendsten Regionen der Welt zählen, hat die

deutsche Entwicklungszusammenarbeit den Be-

reich Umwelt, Klima und Forstschutz dort zum

Schwerpunkt gemacht. Dies liegt nicht nur im

indonesischen Interesse, sondern dient zum Bei-

spiel gerade auch dem Schutz der den Folgen des

Klimawandels besonders ausgesetzten armen Be-

völkerung in anderen Ländern und Erdteilen.

2. Säule: Ausbau von Dialogprogrammen

Um Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilge-

sellschaft in den Ankerländern besser zu vernet-

zen, um Verständnis für die unterschiedlichen Po-

sitionen zu schaffen und Lösungen für Probleme

zu entwickeln, beginnt InWEnt 2008 unter Betei-

ligung weiterer Bundesministerien eine Dialog-

reihe zu globalen öffentlichen Gütern, mit den

Themenblöcken »Bewältigung des Klimawan-

dels« und »Stärkung der internationalen Finanz-

stabilität«. Zusätzlich wird eine Ad-hoc-Fazilität

vorbereitet.

Page 192: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

192

3. Säule: Globale Politik

Das »Managing Global Governance«- Programm

(MGG), durchgeführt von DIE und InWEnt und

der Akademie »Auswärtiger Dienst«, bringt seit

September 2006 erstmals junge Fach- und Füh-

rungskräfte aus politischen Think Tanks und Re-

gierungsinstitutionen in einem sechsmonatigen

Dialog- und Fortbildungsprogramm zu Themen

der Global Governance zusammen. Im Rahmen ei-

nes zweimonatigen Praxisaufenthalts in einer

deutschen Institution, einer EU- oder VN-Organi-

sation lernen sie Bereiche kennen, die in Zu-

sammenhang zu ihrer Arbeit im Heimatland ste-

hen. Vorgesehen ist zudem ein intensiverer Aus-

tausch der deutschen Forschungsinstitute. Das

BMZ und das Bundesministerium für Bildung und

Forschung werden den internationalen Bildungs-

und Forschungsdialog gemeinsam ausgestalten.

Noch hat der PKW nichtdas Zweirad abgelöst.Dennoch ist Chinainzwischen größter CO -2Emittent vor den USA.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Zusammenarbeit

mit China

China hat zugesagt, den Energieverbrauch je Einheit des Bruttonationaleinkom-

mens bis 2010 um 20% zu reduzieren und den Anteil der Erneuerbaren Energien an

der erzeugten Primärenergie bis 2020 auf 15% zu erhöhen. Dabei unterstützen wir

die Regierung durch gemeinsame Projekte zu nachhaltiger Stadtentwicklung,

energieeffizientem Gebäudemanagement sowie umwelt- und klimafreundlichen

Transportsystemen.

Zur Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in China engagiert sich

Deutschland bei der Beratung zu Wirtschafts- und Strukturreformen sowie zur

Reform des Finanzsystems, u. a. mit dem Ziel, den Zugang armer Bevölkerungs-

schichten zu Mikrokrediten sowie die Finanzmarktstabilität zu verbessern.

Das Bundesministerium der Justiz und das BMZ führen seit einigen Jahren

gemeinsam den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog. Damit unterstützt

Deutschland auch diejenigen, die in China Menschenrechte voranbringen wollen.

Page 193: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

193

Entwicklung finanzieren

Um Wachstum zu erzeugen und Armut zu verrin-

gern, müssen Entwicklungsländer ihre Haushalts-

mittel entwicklungsförderlich einsetzen. Zudem

brauchen sie Investitionen aus- und inländischer

Unternehmen und bessere Handelsbedingungen.

Denn nur wenn die Menschen ihr Auskommen

selbst erwirtschaften, kann Armutsbekämpfung

nachhaltig sein. Entwicklungszusammenarbeit ist

dabei eine wichtige Ergänzung. In vielen Fällen ist

sie sogar Voraussetzung, um die Bedingungen für

ausreichend private Investitionen in einem Land

zu schaffen und zugleich eine armutsreduzie-

rende Politik zu ermöglichen.

Entwicklungszusammenarbeit ist zudem notwen-

dig, um globale öffentliche Güter zu schützen. Zu

diesen Gütern zählen Sicherheit, das Klima und

der Schutz vor Krankheiten. Genauso wie das

Telefonnetz oder der Postverkehr schon lange

nicht mehr lokal geregelt werden können, müssen

heute auch andere Güter, die vormals in der

Verantwortung nationaler Politik lagen, global

geschützt werden. Wo diese Güter gefährdet sind,

wenn etwa der Regenwald schrumpft oder sich

eine Seuche ausbreitet, steht heute die Staaten-

gemeinschaft in der Verantwortung.

Entwicklung der deutschen ODA-Quote 1965 – 2006 1)

0,50

0,45

0,40

0,35

0,30

0,25

0,20

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

20002005

1) ODA-Quote = Anteil der ODA am Bruttonationaleinkommen (BNE)Quelle: BMZ Entwicklung selbst in die Hand nehmen

Page 194: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

194

»Das Zieljahr 2015 für dieMillenniumsentwick-lungsziele ist eine Marke,die wir nicht verschiebenkönnen. Zur Halbzeit tickt die Uhr jeden Taglauter. Um die Zielepünktlich zu erreichen,müssen wir inkonzertierte Aktiontreten. Lasst uns dasVersprechen halten.«

Ban Ki Moon, VN-Generalsekretär, Juli 2007

Geber im Vergleich 2007 1), 2)

Quelle: OECD / DAC

Mrd. US $

25

20

15

10

5

0USA

Deutsch

land

Frankre

ich

roßbrit

annienJa

pan

Niederlande

Spanien

Schweden

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Kanada

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Neuseeland

DAC insg

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t

G

103,63

21,75

12,27

9,94 9,92

7,696,22 5,74

4,33 3,93 3,92 3,732,56 2,47 1,95 1,80 1,68 1,19 0,97 0,50 0,40 0,36 0,32

Netto-ODA in Mrd. US $

1) Werte in jeweiligen Preisen und Wechselkursen2) vorläufige Werte

Geber im Vergleich 2007

%

0,10,20,30,40,50,60,70,80,91,0

0

Norwegen

Schweden

Luxe

mburg

Dänemark

Niederlande

Irland

Österre

ich

Belgien

Spanien

Finnland

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Deutsch

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Schweiz

Großbrit

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Kanada

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Italie

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esam

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0,950,93 0,90

0,81 0,81

0,540,49

0,43 0,41 0,40 0,39 0,37 0,37 0,360,30 0,28 0,27

0,19 0,19 0,17 0,16 0,16

0,28

Prozentualer Anteil am Bruttonationaleinkommen

Page 195: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

195

Budgeterhöhung

Im Konsens von Monterrey werden die Industrie-

länder nachdrücklich aufgefordert, ihre Ausga-

ben für Entwicklung zu erhöhen, angestrebtes

Ziel sind dabei 0,7 % des Bruttonationaleinkom-

mens. Selbstgesetztes Zwischenziel der EU bis

2006 waren 0,39 %, Deutschland hatte innerhalb

der EU zugesagt, seine Ausgaben auf 0,33% zu er-

höhen. Die Zusagen haben Deutschland und die

EU sogar übertroffen, die EU mit 0,42 % im Jahr

2006 und 0,40 % im Jahr 2007. Deutschlands ODA-

Quote (Official Development Assistance) lag schon

2005 bei 0,36 %, 2007 lag sie bei 0,37 %. Mit der

2007 beschlossenen Erhöhung des Budgets für

Entwicklungsausgaben bis 2011 um 750 Millionen

jährlich ist Deutschland auf dem richtigen Weg.

Allerdings haben auch einige Länder ihre Ent-

wicklungsausgaben leicht abgesenkt, sodass ins-

gesamt 2006 weniger zur Verfügung stand als im

Jahr zuvor. Es sind also weitere Anstrengungen

aller Geber nötig, damit die Zielmarke erreicht

wird.

Auch in Deutschland müssen politische Entschei-

dungen getroffen werden, die uns ermöglichen,

unsere internationalen Verpflichtungen weiter-

hin einzuhalten. Neben einer Erhöhung des Ent-

wicklungsetats müssen wir neue Wege gehen,

damit mehr Mittel für die Entwicklungszusam-

menarbeit zur Verfügung stehen.

Monterrey 2002 Auf der VN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Monterrey 2002

bestätigen die Industrieländer, dass sie an dem 1970 festgelegten Ziel, 0,7 % ihres

Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben

(ODA-Quote), festhalten.

Doha 2008 Ende des Jahres 2008 wird in Doha/Katar eine Monterrey-Folgekonferenz stattfin-

den, die das Erreichte überprüfen und neue Herausforderungen beleuchten soll.

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich 2002 verpflichtet, ihren durchschnittlichen

ODA-Beitrag von 0,33 % (2001) bis 2006 auf 0,39 % zu erhöhen; diejenigen Mit-

gliedsstaaten, die unter dem damaligen EU-Durchschnitt lagen (wie Deutsch-

land), sagten zu, bis 2006 mindestens 0,33 % zu erreichen.

ODA-Stufenplan Auf der Tagung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehun-

gen der EU im Mai 2005 haben die Regierungsvertreterinnen und -vertreter den

ODA-Stufenplan für die Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission beschlossen.

Danach soll Deutschland bis 2010 eine ODA-Quote von 0,51 % des Bruttonational-

einkommens (BNE) erreichen, wobei innovative Finanzierungsinstrumente einen

wichtigen Beitrag werden leisten müssen. Das ist ein Zwischenziel, ehe EU-Kom-

mission und Mitgliedsstaaten dann bis 2015 die 0,7 %-ODA-Quote erreichen sollen.

Page 196: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

196

Innovative Instrumente

Solchen neuen Lösungen widmet sich die inter-

nationale Arbeitsgruppe zu innovativen Instru-

menten der Entwicklungsfinanzierung (»Lula-

Gruppe«, benannt nach dem Präsidenten Brasi-

liens), in der Deutschland seit 2005 mitarbeitet.

Die ein Jahr zuvor von Brasilien, Frankreich,

Spanien und Chile gegründete Nord-Süd-Allianz

will für die Entwicklungsfinanzierung nicht nur

einfach mehr Ressourcen erschließen, sondern

»einen neuen Ressourcentyp« schaffen, der mehr

Stetigkeit und damit Planungssicherheit in die

Entwicklungsfinanzierung bringt. Damit Entwick-

lungsprogramme nicht mehr unmittelbar abhän-

gig von nationalen Haushaltsentscheidungen der

Geberländer sind, hat die Gruppe sich zum Ziel

gesetzt, internationale Entwicklungsabgaben zu

entwickeln und zu fördern.

Ein innovatives Finanzierungsinstrument in die-

sem Sinne ist der Emissionshandel innerhalb der

EU. Seit 2005 regeln die EU-Mitgliedsländer, wie

viel Treibhausgase die großen Industrieanlagen

jedes Landes ausstoßen dürfen. Diese Emissions-

rechte versteigert die jeweilige Regierung an die

Unternehmen. Ein Teil des Erlöses wird seit 2008

für internationale Klimaschutzprojekte einge-

setzt. Ab 2012 werden auch die Betreiber von Flug-

zeugen in das EU-System für den Handel mit

Treibhausgasemissionen eingebunden.

Entwicklung durch Flüge finanzieren: Die EU will dazu den Emissionshandel nutzen.Frankreich und andere Geber erheben eine Solidaritätsabgabe auf Flugtickets.

Page 197: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

197

Könnte der Jemen sich für einen Schuldenerlass qualifizieren, dann gäbe es auch für diese Mädchen vielleicht bald eine Dorfschule.

Schuldenerlasse

Schuldenerlasse können dazu beitragen, Regie-

rungen der Partnerländer dringend benötigten fi-

nanziellen Handlungsspielraum zur Bekämpfung

von Armut zu verschaffen. Denn Haushaltsmittel,

die sonst für die Rückzahlung von Schulden hät-

ten eingesetzt werden müssen, können nach dem

Schuldenerlass zur Erhöhung von armutsreduzie-

renden Ausgaben und Investitionen genutzt wer-

den.

Zu diesem Zweck wurden im vergangenen Jahr-

zehnt zwei internationale Entschuldungsinitiati-

ven ins Leben gerufen:

Auf Betreiben der Bundesregierung beschlossen

die G7-Staaten auf ihrem Kölner Gipfel 1999 eine

umfassende Entschuldung der ärmsten Länder.

Sie schufen dazu die sogenannte Kölner Entschul-

dungsinitiative (Erweiterte »Heavily Indebted

Poor Countries [HIPC]«-Initiative). Als Ergänzung

dazu initiierten die G8-Staaten auf ihrem Gipfel in

Gleneagles im Juli 2005 einen zusätzlichen Erlass

multilateraler Schulden im Rahmen der multila-

teralen Entschuldungsinitiative (Multilateral Debt

Relief Initiative, MDRI).

Beide Initiativen haben zum Ziel, die Auslands-

verschuldung der ärmsten Staaten auf ein lang-

fristig tragfähiges Niveau zu senken und finan-

ziellen Spielraum für die Bekämpfung von Armut

zu schaffen. Die Initiativen verknüpfen Entschul-

dung, Armutsbekämpfung und politische Refor-

men. Insgesamt haben die Geber bisher 105 Mil-

liarden US-Dollar Schulden erlassen.

Damit Entschuldung einen spürbaren Beitrag zur

Entwicklung eines Staates leisten kann, müssen

Armutsbekämpfung und gute Regierungsführung

im Zentrum der Politik stehen.

Page 198: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Die Kölner Initiative sieht vor, dass sich alle inter-

nationalen Gläubiger eines Landes an den Schul-

denerlassmaßnahmen beteiligen. Neben einem Er-

lass bilateraler Schulden, durch die im Pariser Club

vereinten staatlichen Gläubiger aus den Industrie-

ländern, gewähren auch die multilateralen Institu-

tionen (wie Weltbank, IWF und die regionalen Ent-

wicklungsbanken) einen Schuldenerlass. Des Wei-

teren ist auch eine Beteiligung privater Gläubiger

(z. B. Banken) und nicht im Pariser Club organisier-

ter Staaten vorgesehen. Während fast alle Mitglie-

der des Pariser Clubs (darunter Deutschland) den

ärmsten Ländern die bilateralen Schulden vollstän-

dig erlassen (100 %-Erlass), wird von den anderen

Gläubigern erwartet, dass sie sich in einem Um-

fang beteiligen, der zur Erreichung eines tragfähi-

gen Schuldenniveaus erforderlich ist.

Um für eine umfassende Entschuldung in Frage

zu kommen, darf das Pro-Kopf-Einkommen in ei-

nem Land 895 US-Dollar (2006) im Jahr nicht über-

steigen. Zudem muss das Land hochverschuldet

sein. Voraussetzung für die tatsächliche Gewäh-

rung des Schuldenerlasses ist dann die Umset-

zung wirtschafts- and sozialpolitischer Reformen.

Es muss sichergestellt sein, dass Haushaltsmittel

auch tatsächlich für den Kampf gegen Armut ein-

gesetzt werden.

Von derzeit 41 Ländern, die sich für die Kölner

Initiative qualifiziert haben, wurden bisher 22 um-

fassend entschuldet. Deutschland hat im Rahmen

der HIPC-Initiative bis Ende 2007 Schulden in

Höhe von 4,4 Milliarden Euro erlassen, insgesamt

könnten es bis zu 7 Milliarden Euro werden. Durch

Bild ?

Page 199: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

199

die multilaterale Schuldenerlassinitiative werden

den entschuldeten Ländern dann auch noch die

verbliebenen Restschulden bei Weltbank, IWF,

Afrikanischer Entwicklungsbank und Interameri-

kanischer Entwicklungsbank erlassen. Deutsch-

land beteiligt sich an den Kosten dieser Initiative

mit knapp 3,5 Milliarden Euro.

Inzwischen zeigen die Entschuldungen deutliche

Wirkung: Die entschuldeten Länder geben durch-

schnittlich 3 % mehr für Armutsreduzierung aus.

Gerade in Afrika hat sich in einigen Ländern die

Lage der Bevölkerung dadurch entscheidend ver-

bessert.

Eine große Herausforderung besteht nun darin,

zu verhindern, dass die entschuldeten Länder

durch neue Kreditaufnahme erneut in eine Schul-

denspirale geraten. Dazu muss das Schuldenma-

nagement in den Kreditnehmerländern weiter

verbessert werden. Gleichzeitig müssen Entwick-

lungsgelder zu Konditionen zur Verfügung ge-

stellt werden, die nicht erneut zu Überschuldung

führen. Deshalb erhalten jetzt überschuldungs-

gefährdete Länder von Weltbank and Afrikani-

scher Entwicklungsbank Zuschüsse anstelle von

Krediten. Zudem ist es wichtig, mit den sogenann-

ten neuen Gebern wie China gemeinsame Min-

deststandards für die Kreditvergabe festzulegen.

Grundschule in Mosambik

Entwicklung durch Entschuldung:

• Mosambik hat seine Ausgaben für

Armutsbekämpfung zwischen 1999 und

2006 mehr als verdoppelt. Die Einschu-

lungsrate in Grundschulen stieg da-

durch zwischen 1997 und 2004 von 43 %

auf 76 %, was insbesondere Mädchen

zugutekommt. .

• In Tansania hat die Regierung nach der

Entschuldung die Grundschulgebühren

abgeschafft. Daraufhin ist die Einschu-

lungsquote von 57 % im Jahr 2000 auf

95 % im Jahr 2005 gestiegen.

Page 200: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

200

Vertreter der Geberländer wollen empfangen werden: Begrüßung des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog in Äthiopien

Die Arbeitsteilung verbessern

Im Jahr 2005 haben 34 Entwicklungsländer 10.500

Geberdelegationen empfangen, jedes Land also

durchschnittlich mehr als eine Delegation pro

Tag. Eine Geberdelegation will mit Entscheidungs-

trägern sprechen, möglicherweise mit einem

Minister oder sogar dem Staatschef. Folglich ver-

bringen die Regierungen mancher Entwicklungs-

länder viel Zeit mit Gebern statt mit Regierungs-

geschäften. Die Europäer, USA, Kanada, Japan

und Australien finanzieren in denselben Ländern

jeder für sich Programme mit ganz ähnlichen

Schwerpunkten. Beispielsweise waren bisher

allein in Nicaragua 16 EU-Länder als Geber aktiv.

In Tansania finanzieren acht Regierungen von

EU-Mitgliedsstaaten Projekte im Bereich Bildung.

Hinzu kommen noch die VN-Organisationen,

Weltbankprogramme, Nichtregierungsorganisa-

tionen, private Stiftungen und neue Geber, wie

China oder Saudi Arabien.

In der Vergangenheit untersuchten die Geber-

länder nur selten die langfristige Wirkung ihres

Handelns. Ein weiteres Problem bestand darin,

dass die Partner sich nicht auf gleicher Augen-

höhe begegneten. So mancher Vertreter der In-

dustrienationen vermittelte, dass er am besten

wisse, was gut für die Entwicklungsländer sei. Die

Partnerländer ließen sich in dieser Situation die

»Gaben« gefallen, entwickelten aber wenig Initia-

tive, selbst an der eigenen Situation etwas zu

ändern.

Nach Ende des Kalten Krieges kam eine breite

Diskussion über diese Missstände in Gang. Insbe-

sondere auch deutsche Politikerinnen und Exper-

ten haben darauf gedrängt, dass Deutschland und

andere Geberländer ihre Entwicklungspolitik neu

ausrichten. Ein Meilenstein dieser Entwicklung

kam 2005.

Page 201: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

201

Die Pariser Erklärung

Im März 2005 einigten sich in Paris Vertreter und

Vertreterinnen aus etwa 100 Geber- und Entwick-

lungsländern sowie multilateraler Organisatio-

nen auf die »Pariser Erklärung über die Wirksam-

keit der Entwicklungszusammenarbeit«. Sie

schreibt fünf Prinzipien fest:

1. Die Eigenverantwortung der Partnerländer

soll gestärkt werden.

2. Die Geber sollen Institutionen der Partner-

länder nutzen und ihre Programme an den

Strategien und Verfahren der Partnerländer

ausrichten.

3. Die Geber sollen ihre Programme und

Verfahren untereinander abstimmen und

harmonisieren.

4. Die Maßnahmen sollen auf Ergebnisse aus-

gerichtet sein. Das heißt, wir wollen uns an

den Ergebnissen unseres entwicklungspoliti-

schen Handelns messen (z.B. Verringerung

der Analphabetenquote) und nicht an den

erbrachten Leistungen (z.B. 10 Mio. Euro für

neue Schulen).

5. Geber- und Partnerländer sollen gemeinsam

über ihr entwicklungspolitisches Handeln

gegenüber der Öffentlichkeit und den Parla-

menten Rechenschaft ablegen.

Die Einhaltung der Prinzipien wird anhand von

zwölf Indikatoren überprüft und durchgesetzt.

Damit sollen folgende Ziele erreicht werden:

– Unter anderem sollen die Partnerländer eigene

Entwicklungsstrategien erarbeiten. Die Geber

sollen sich an diesen Strategien orientieren.

– Entwicklungszusammenarbeit soll programm-

orientiert sein: Die Projekte und Maßnahmen

der Geber sollen sich in ein Gesamtkonzept ein-

fügen. Dabei können und sollen verschiedene

Geber zusammenarbeiten und beispielsweise

ihre jeweiligen Projekte im Rahmen eines schon

bestehenden Programms eines anderen Gebers

ausführen.

– Die Geber unterstützen die Partnerländer darin,

eine funktionierende Finanzverwaltung aufzu-

bauen, damit Zahlungen im Rahmen der Ent-

wicklungszusammenarbeit künftig über die

Haushaltssysteme der Partnerländer laufen kön-

nen. So wird staatliches Handeln in den Partner-

ländern leichter planbar und für Parlamente, die

Öffentlichkeit und die Regierung selbst über-

prüfbar. Es kostet zudem weniger Zeit und Geld,

Der damalige Weltbank-präsident James Wolfensohnbeim High Level Forum in Paris

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

Page 202: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

202

wenn die Geber ihre Unterstützung über leis-

tungsfähige Finanzverwaltungen der Partner-

länder abwickeln können.

– In fast allen Partnerländern arbeiten Geber mit

Projektbüros, anstatt die vorhandenen Struktu-

ren der Partnerländer zu nutzen. Dies mag für

die Projektarbeit kurzfristig wirksamer sein,

schafft jedoch mittelfristig Parallelstrukturen,

die nicht nachhaltig sind und somit den Projekt-

erfolg gefährden. Bis 2010 sollen deshalb zwei

Drittel dieser Projektbüros abgeschafft werden.

Die EU will auf diese Parallelstrukturen gänzlich

verzichten.

– Damit die Partnerländer ihre Ausgaben für die

Armutsbekämpfung besser planen können, sol-

len die Geber frühzeitig Zusagen machen und

diesen auch fristgerecht nachkommen. Deutsch-

land macht schon seit einiger Zeit seine Zusagen

über Zeiträume von zwei, in einigen Fällen sogar

von drei Jahren, um die Planbarkeit für die

Partnerländer zu erleichtern.

Gemeinsam Handeln: Merkel und Wieczorek-Zeul begrüßenNgozi Okonjo-Iweala, geschäftsführende Direktorin der Weltbank.

– Bei der Lieferaufbindung sollen weitere Fort-

schritte erzielt werden – das heißt: Die Gewäh-

rung von Entwicklungsunterstützung soll nicht

an den Kauf von Waren aus dem jeweiligen

Geberland gebunden sein.

– Die Missionen und Länderanalysen der Geber

sollen koordiniert und nach Möglichkeit ge-

meinsam durchgeführt werden, um Doppel-

arbeit zu vermeiden.

Die Paris-Prinzipien gelten grundsätzlich für die

gesamte staatliche Entwicklungszusammenarbeit

Deutschlands. Sie werden unter Berücksichtigung

der jeweiligen länderspezifischen Gegebenheiten

umgesetzt. Einschränkungen gibt es beispiels-

weise in fragilen Staaten, etwa wenn dort nach

Kriegen oder Bürgerkriegen Regierung und Be-

hörden nur eingeschränkt handlungsfähig sind.

Die Pariser Erklärung hat mit ihren fünf Prinzi-

pien und den zwölf Fortschrittsindikatoren einen

Prozess angestoßen, der bereits Früchte trägt.

Zunehmend finanzieren Geber Programme ge-

meinschaftlich. Auch für viele Missionen und Län-

deranalysen tun sich mehrere Geber zusammen,

die Abstimmung funktioniert immer besser. Die

Arbeitsteilung klappt indes noch nicht so gut.

Immer noch besetzen zahlreiche Geber die glei-

chen Bereiche in denselben Ländern.

Hieran müssen wir arbeiten. Der im Rahmen der

deutschen EU-Ratspräsidentschaft verabschiedete

Verhaltenskodex für die Entwicklungszusammen-

arbeit der EU ist ein wichtiger Schritt in diese

Richtung. Im September 2008 werden Partner-

länder und Geber erneut zu einem »Hochrangigen

Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusam-

menarbeit« zusammenkommen, um aus den Er-

fahrungen mit der Umsetzung der Paris-Deklara-

tion zu lernen und den Prozess voranzutreiben.

Page 203: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Der Staat muss seine Aufgaben wahrnehmen können: Für Bildungs- und Gesundheitsprogramme braucht er Haushaltsmittel.

Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung (PGF):

Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierungen sind die allgemeine und

sektorale Budgethilfe und sogenannte Korbfinanzierungen. PGF unterstützt

die Reformstrategie des Partnerlandes. Dabei führen wir einen Politikdialog mit

der Partnerregierung und anderen Gebern, unter anderem zu Auszahlungsvoraus-

setzungen oder einem bestimmten Ausgabenplan.

Bei der allgemeinen Budgethilfe leisten die Geber nach einem ausführlichen

Dialog über Ziele und Maßnahmen der Reformstrategie einen direkten Beitrag in

den Haushalt des Partnerlandes. Die Budgethilfe wird nur in Partnerländern einge-

setzt, in denen bestimmte Mindestkriterien zur guten Regierungsführung gelten,

sodass das Risiko, dass Mittel veruntreut werden, deutlich reduziert werden kann.

Bei der sektoralen Budgethilfe müssen die Beiträge, die in den Haushalt gezahlt

werden, für vorher vereinbarte Sektorprogramme verwendet werden, beispiels-

weise in den Bereichen Wasser, Grundbildung oder Gesundheit.

Bei der Korbfinanzierung finanzieren mehrere Geber gemeinsam ein

Entwicklungsprogramm über einen Korb außerhalb des Staatshaushalts.

203

Page 204: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 205: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

205

Europas Stärke nutzen

Die EU stellt gemeinsam mit ihren Mitgliedsstaa-

ten mehr als die Hälfte der globalen staatlichen

Mittel für Entwicklungszusammenarbeit. Mit dem

größten Binnenmarkt der Welt ist sie wichtigster

Handelspartner vieler Entwicklungsländer. Da-

rum sieht die EU es als ihre Aufgabe, die interna-

tionale Entwicklungspolitik voranzutreiben.

Sie hat sich 2005 mit dem Europäischen Konsens

über die Entwicklungspolitik einen Handlungs-

rahmen mit gemeinsamen Werten, Grundsätzen

und Zielen gegeben. Damit gibt es eine Grund-

satzerklärung zur Entwicklungspolitik, die so-

wohl die Europäische Union als auch ihre Mit-

gliedsstaaten bindet.

Höchstes Ziel der europäischen Entwicklungszu-

sammenarbeit ist die Beseitigung der weltweiten

Armut. Der Entwicklungskonsens beinhaltet da-

rüber hinaus das Bekenntnis zur Verantwortung

für die gerechte Gestaltung der Globalisierung,

für nachhaltige Entwicklung, Gleichberechtigung

der Geschlechter, Umweltschutz und Friedens-

sicherung. Er betont die Partnerschaftlichkeit in

der Zusammenarbeit und benennt gute Regie-

rungsführung als entscheidenden Entwicklungs-

faktor. Er unterstreicht den Stellenwert der Betei-

ligung der Zivilgesellschaft. Im »Europäischen

Konsens« werden für die gemeinschaftliche Ent-

wicklungszusammenarbeit neun Schwerpunkt-

sektoren genannt, auf die die Kommission ihre

Beiträge konzentrieren soll. Diesen Entwicklungs-

konsens haben Vertreterinnen und Vertreter der

Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommis-

sion in der Petersberger Erklärung vom März 2007

zur europäischen Entwicklungspolitik als ver-

bindlichen Handlungsrahmen bekräftigt.

Im Sinne der Pariser Erklärung stellt die EU ihre

Entwicklungszusammenarbeit kontinuierlich auf

den Prüfstand, verbessert die Zusammenarbeit

zwischen den Mitgliedsstaaten und versucht,

Konkurrenzsituationen zu vermeiden.

Die EU hat einen für die internationaleGemeinschaft beispielhaften Verhaltens-kodex für bessere Arbeitsteilung undKomplementarität verabschiedet.Wesentliche Elemente sind:

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

– Konzentration der Geber auf weniger Partnerländer,

– Konzentration innerhalb derPartnerländer auf maximal drei Themenfelder,

– verstärkter Informationsaustausch.

Page 206: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

206

Wichtige Beiträge für die Nachbarstaaten der EU

leistet die Europäische Nachbarschaftspolitik, die

die Stabilität, Sicherheit und den Wohlstand in

diesen Regionen fördert. Das dazugehörige Finanz-

instrument ENPI (Europäisches Nachbarschafts-

und Partnerschaftsinstrument) deckt sämtliche

Aspekte der EU-Außenhilfe für die 17 EU-Nachbar-

staaten ab – davon sind 15 Entwicklungsländer.

Vereinbarte Schwerpunkte der Europäischen

Nachbarschaftspolitik sind progressive wirtschaft-

liche Integration, engere politische Zusammen-

arbeit, Angleichung der Rechtsvorschriften und

der Aufbau von Institutionen. Zudem soll die

grenzüberschreitende Zusammenarbeit die Re-

gionen der Mitgliedstaaten und ihre jeweiligen

Nachbarn verbinden.

Das ENPI verfügt im Zeitraum 2007– 2013 über

finanzielle Mittel in Höhe von ca. 11,2 Milliarden

Euro, 69 % der Mittel gehen in die südlichen ENP-

Länder, 31 % in den Osten.

Von großer Bedeutung für die Entwicklung der

Länder in der Region ist die Finanzhilfe der EU für

die Beitrittskandidaten und potenziellen Beitritts-

kandidaten. Das Instrument für Heranführungs-

hilfe (IPA – Instrument for Pre-Accession Assistance)

ermöglicht den Ländern des westlichen Balkans

und der Türkei, sich den Herausforderungen der

europäischen Integration zu stellen und die not-

wendigen Reformen umzusetzen. Der Umfang

der Zahlungen ist erheblich: Für den Zeitraum

von 2007– 2011 stellt die EU 7,58 Milliarden Euro

zur Verfügung. Die EU-Heranführungshilfe IPA

umfasst grundsätzlich fünf Komponenten. Für po-

tenzielle Beitrittskandidaten (Albanien, Bosnien-

Herzegowina, Montenegro, Serbien und Kosovo)

besteht eine Förderung nach den beiden Kompo-

nenten Ȇbergangshilfe und Aufbau von Institu-

tionen« sowie »grenzübergreifende Zusammen-

arbeit«, die Beitrittskandidaten (Kroatien, EJR Ma-

zedonien, Türkei) werden darüber hinaus auch

noch in den drei Komponenten »regionale Ent-

wicklung«, »Entwicklung der Humanressourcen«

und »Entwicklung des ländlichen Raums« geför-

dert. Die EU-Kommission unternimmt derzeit

verstärkte Bemühungen zur Unterstützung des

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

Page 207: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

207

Treffen der EU-Entwicklungsminister/innen auf dem Petersberg 2007

Kosovo und zur Verbesserung der Koordinierung

der Hilfsleistungen zwischen EU und bilateralen

Gebern, weitere Schwerpunkte sind eine Verbes-

serung der grenzüberschreitenden Zusammen-

arbeit sowie eine eingehende Unterstützung

zivilgesellschaftlicher Aktivitäten.

Auch zwischen der EU und den Organisationen

der Vereinten Nationen (VN), der Weltbank, den

regionalen Entwicklungsbanken und weiteren

Akteuren ist eine verstärkte Koordinierung not-

wendig. Dies gilt insbesondere im Fall von Krisen,

Katastrophen und Notsituationen, denen Ent-

wicklungsländer häufig schutzlos und unvorbe-

reitet ausgeliefert sind. Beispiele dafür sind krie-

gerische Auseinandersetzungen im Sudan, Erdbe-

ben in Pakistan, Dürrekatastrophen und Hungers-

nöte in der Sahel-Region oder der verheerende

Tsunami, der 2004 Südostasien traf. Die Tsunami-

Hilfe ist ein gutes Beispiel dafür, dass die EU

schnell Hilfsgelder mobilisieren und sie koordi-

niert mit den internationalen Institutionen in den

betroffenen Regionen einsetzen konnte.

Eine gemeinsame europäische Haltung zu den Re-

formprozessen in der VN-Entwicklungszusam-

menarbeit wurde politisch verankert. Die europä-

ischen Länder haben in der Weltbank verstärkt

gemeinsame Positionen eingebracht. Ebenso

konnte die EU-Koordinierung in den regionalen

Entwicklungsbanken intensiviert werden.

Page 208: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

208

Reform der Vereinten Nationen unterstützen

Die Vereinten Nationen sind das zentrale Forum

für die globale Diskussion wirtschafts- und ent-

wicklungpolitischer Fragen. Sie sind die einzige

weltumspannende Organisation, in der diese De-

batte gleichberechtigt zwischen den Entwick-

lungsländern und den Industrieländern geführt

werden kann. Im Ergebnis dieser Diskussionen ist

es gelungen, bedeutende internationale Verein-

barungen, wie etwa im Bereich des Klimaschutzes

das Kyoto-Protokoll, abzuschließen und über viele

entwicklungspolitische Fragen einen Konsens zu

erzielen, zum Beispiel in der Millenniumserklä-

rung.

Willkommen in Sierra Leone: Wenn Ihr uns nichthelfen könnt, korrumpiert uns wenigstens nicht!

Darüber hinaus sind die Vereinten Nationen auch

operativ in der Entwicklungszusammenarbeit

tätig. Rund ein Drittel der multilateralen Entwick-

lungsunterstützung wird über die Vereinten

Nationen, vor allem über das VN-Entwicklungs-

programm UNDP, das Welternährungsprogramm

WEP, den Weltbevölkerungfonds UNFPA und das

Kinderhilfswerk UNICEF abgewickelt.

Bei der Entwicklungszusammenarbeit vor Ort

zeigen sich jedoch Schwächen:

– Zur Bewältigung neuer Aufgaben haben die

Mitgliedsstaaten im Laufe der Jahre eine Vielfalt

von Organisationen gegründet, deren Arbeits-

bereiche sich zum Teil überlappen. Dies stiftet

Verwirrung und Doppelarbeit.

– Zugleich leidet die Entwicklungszusammen-

arbeit der Vereinten Nationen unter einer

unsicheren Finanzierung: Jeder Mitgliedsstaat

entscheidet Jahr für Jahr neu über die Höhe

seiner Beiträge, nur wenige machen Mehr-

jahreszusagen.

– Viele Geber binden ihre Beiträge zudem an ei-

nen bestimmten Zweck und drängen die VN auf

diese Weise dazu, in bestimmten, von ihnen

favorisierten Bereichen aktiver zu sein als in an-

deren. Das entspricht nicht der Idee des Multi-

lateralismus, die ein gleichberechtigtes Mit-

bestimmungsrecht aller beinhaltet.

Insgesamt ergibt sich ein fragmentiertes, wenig

einheitliches Bild. Die VN-Mitgliedsstaaten wie

auch die VN-Organisationen müssen daher ge-

meinsam an Reformen arbeiten.

Page 209: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

209

Die VN der Zukunft: Viele Stimmen, eine Richtung

Ein hochrangiges Expertengremium hat im Jahr

2006 Lösungsvorschläge erarbeitet. Sein Bericht

mit dem Titel »Delivering as One« (ungefähr:

»Handeln als eine Organisation«) empfiehlt unter

anderem eine einheitliche Strategie und kohären-

tes Auftreten auf Länderebene. Vorgeschlagen

wird ein gemeinsames, organisationsübergreifen-

des VN-Länderprogramm (»One UN Programme«),

ein gemeinsamer Repräsentant und Ansprech-

partner (»One UN Leader«), ein transparenter

Finanzierungsrahmen (»One UN Budgetary

Framework«) und, soweit möglich, gemeinsame

Bürogebäude (»One UN Office«).

Außerdem schlägt das Gremium vor, drei beste-

hende VN-Einrichtungen für Frauen- und Gleich-

stellungsfragen zu einer zusammenzufassen und

auch hier die Finanzierungsgrundlage zu verbes-

sern.

Nun kommt es auf den Reformwillen der Mit-

gliedsstaaten an, denn: Die Vereinten Nationen

sind nur die Summe ihrer Mitglieder. Von den Ge-

berländern wird verlangt, die derzeitige Finanzie-

rung der VN-Entwicklungszusammenarbeit zu

verbessern und stabiler zu gestalten, ohne das

Prinzip der Freiwilligkeit in Frage zu stellen. Die

Entwicklungsländer müssen ihre Skepsis bezüg-

lich der Zusammenlegung von Einheiten über-

winden. Gemeinsam müssen wir uns dafür einset-

zen, dass Regeln und Verfahren vereinfacht und

vereinheitlicht werden. Nur so können die Verein-

ten Nationen ein starker Akteur in der internatio-

nalen Entwicklungszusammenarbeit bleiben und

ihrer einzigartigen Rolle gerecht werden. Dafür

wird sich die Bundesregierung einsetzen.

Page 210: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

210

Stärkung der Mitsprache bei IWF und Weltbank

Entwicklungsländer fordern seit Jahren mehr Mit-

spracherechte in Weltbank und IWF. Die Bundes-

regierung unterstützt diese Forderungen. Kapital-

und Stimmrechtsstrukturen müssen an die sich

rasant ändernden Verhältnisse in der Weltwirt-

schaft angepasst werden. Aus diesem Grund soll-

ten Schwellen- und Ankerländer in den Bretton-

Woods-Institutionen mehr Gewicht erhalten, ihre

Vertretung muss verbessert werden.

Bei der gemeinsamen Jahrestagung von Welt-

bank und IWF 2006 in Singapur wurden China

und den Schwellenländern Korea, Mexiko und

Türkei daher bereits höhere Quoten im IWF zuge-

sprochen. Reformen der Kapitalanteile und

Stimmrechte werden auch für die Weltbank dis-

kutiert. Dabei setzt sich Deutschland dafür ein,

dass mehr Stimmrechte aufgrund höherer Kapi-

taleinlagen mit mehr Verantwortung für die

internationale Entwicklung verknüpft werden.

Schwellen- und Ankerländer sollten ihre gewach-

sene Verantwortung zeigen, indem sie Sozial- und

Umweltstandards einhalten oder Beiträge an IDA,

den Weltbankfonds für die ärmsten Länder, leisten.

Schließlich sollten auch die armen und ärmsten

Entwicklungsländer angemessen an den Ent-

scheidungen von IWF und Weltbank teilhaben.

Dies kann durch eine Erhöhung der Basisstimmen

erreicht werden. Auch hier sind im kommenden

Jahr in beiden Institutionen Fortschritte in der

Reformdiskussion zu erwarten.

Page 211: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

211

Neue und nicht so neue Geber

Wenn von den Gebern die Rede ist, sind damit

meist die Länder gemeint, die sich im Entwick-

lungsausschuss (DAC) der Organisation für wirt-

schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

(OECD) zusammengeschlossen haben. Bisher sind

das nur die alten Industrienationen. Der DAC er-

arbeitet mit seinen Mitgliedern Richtlinien, wie

und wo Entwicklungszusammenarbeit sinnvoll

geleistet werden sollte und entscheidet, was als

Entwicklungszusammenarbeit oder Official

Development Assistance (ODA) angerechnet wird

– danach bemühen sich die Mitglieder, ihre Ver-

pflichtungen zu erfüllen und überprüfen sich

gegenseitig.

Doch auch die großen aufstrebenden Wirtschafts-

mächte Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika und

insbesondere China engagieren sich entwick-

lungspolitisch in anderen Ländern. Nach eigenen

Angaben hat die chinesische Regierung Afrika

mit 280 Millionen US-Dollar im Jahr 2005 unter-

stützt und will diese Summe auf 1,9 Milliarden

steigern. Und auch kleinere Ankerländer wie

Thailand oder Saudi-Arabien führen eigene Pro-

jekte durch oder beteiligen sich finanziell an Ent-

wicklungsfonds. Das kann problematisch sein,

wenn sie damit Diktaturen stützen oder Kredite

an gerade entschuldete Länder vergeben, deren

Wirtschaftsprognosen eine Rückzahlung unwahr-

scheinlich erscheinen lassen. Deshalb wollen wir

diese Länder in einen Dialog über nachhaltige

Entwicklungszusammenarbeit einbeziehen und

dabei auch von ihren Erfahrungen lernen.

Gipfel des Forums für chinesisch-afrikanischeKooperation im November 2006 in Peking

Dreieckskooperationen

Im Sinne der neuen strategischen Partnerschaft

mit Ankerländern gilt es zudem, die konkrete Zu-

sammenarbeit zu stärken. Das soll künftig zuneh-

mend im Rahmen von Dreieckskooperationen

geschehen. Häufig können Regierungs- und Fach-

kräfte aus diesen Ländern die Situation in ihrer

Region besser einschätzen, verfügen über spezifi-

sche Kenntnisse und genießen in einigen Fällen

größere Akzeptanz als europäische Geber. In der

gemeinsamen Arbeit können wir uns über Prinzi-

pien der Entwicklungszusammenarbeit austau-

schen und darauf hinwirken, dass die neu entste-

henden Geberinstitutionen wirksam arbeiten.

Erste Erfolge zeigt die Zusammenarbeit mit

Mexiko. Hier berät Deutschland beim Aufbau ei-

ner eigenen Entwicklungsagentur. Gemeinsam

führen Mexiko und Deutschland ein Vorhaben

zur Abfallwirtschaft in Guatemala durch.

G l o b a l e P o l i t i k b e s s e r o r g a n i s i e r e n

Page 212: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

GAVI: Partnerschaft privater und öffentlicher Geber

Ein Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Gebern ist die im Jahr

2000 gegründete GAVI-Allianz (ehemals: Global Alliance for Vaccines and Immunization). Darin

arbeiten Regierungen von Industrie- und Entwicklungsländern, UNICEF, WHO, die Weltbank, Nicht-

regierungsorganisationen, Stiftungen, Hersteller von Impfstoffen sowie Forschungsinstitutionen

mit. Größter Finanzier der Allianz ist mit 75 % (750 Millionen US-Dollar) die »Bill und Melinda Gates

Stiftung« – die mit einem Kapitalgrundstock von rund 31,9 Milliarden US-Dollar und 300 Mitarbeitern

größte private Stiftung der Welt. Im Kampf gegen Infektionskrankheiten unterstützt GAVI Entwick-

lungsländer auf Antrag bei ihren Routineimpfungen und bei der Einführung neuer oder wenig ge-

nutzter Impfstoffe. Seit ihrer Gründung hat die GAVI-Allianz mit ihren Partnern nach eigenen Berech-

nungen in über 70 Ländern durch Impfungen insgesamt mehr als 1,7 Millionen Todesfälle verhindert.

Damit hat sich GAVI zu einem »big player« der internationalen Gesundheits-Entwicklungszusammen-

arbeit entwickelt.

Zusammenarbeit innerhalb der OECD

Neben solchen gemeinsamen praktischen Vorha-

ben braucht eine gute Entwicklungszusammen-

arbeit auch den internationalen Dialog. Alte und

neue Geber müssen gemeinsam Lösungen finden.

Gerade vormalige Entwicklungsländer können

mit einer neuen Sichtweise Entwicklungsarbeit

wirksamer machen. Für eine langfristige Zu-

sammenarbeit hat sich die OECD als Institution

bewährt. Der OECD-Ministerrat hat im vergange-

nen Jahr beschlossen, formelle Beitrittsverhand-

lungen mit Chile, Estland, Israel, Russland und

Slowenien aufzunehmen. Darüber hinaus wurde

beschlossen, mit den Schwellenländern Brasilien,

China, Indien, Indonesien und Südafrika (EE 5)

sowie mit der Region Südostasien vertieft zu-

sammenzuarbeiten.

Der Kreis der OECD-Mitglieder wird sich vergrö-

ßern, gleichzeitig sind eine Reihe von OECD-Mit-

gliedern im DAC bislang nur als Beobachter

vertreten. Allerdings beteiligen sich die Beitritts-

kandidaten Chile und Israel und die Länder der

vertieften Zusammenarbeit Brasilien, Indien und

Südafrika sowie die Nicht-OECD-Länder Ägypten,

Rumänien, Thailand und Vietnam am Entwick-

lungszentrum der OECD (DEV). Diese Dialogplatt-

form ist Schnittstelle der internationalen ent-

wicklungspolitisch orientierten Forschungs-

gemeinde und Politikverantwortlicher und

dient als »Frühwarnsystem« für neue Themen

mit Bezug zur globalen Entwicklung. Da auch

Nicht-OECD-Länder Mitglied werden können,

festigt die Plattform die OECD-Zusammenarbeit

mit Entwicklungsländern. Auch die Arbeitsgrup-

pen des DAC sollen künftig für Nicht-OECD-Län-

der verstärkt geöffnet werden. Zudem bietet auch

der Heiligendamm-Prozess einen guten Rahmen,

in dem die G8 und Brasilien, China, Indien,

Mexiko und Südafrika gemeinsam u.a. über die

aktuellen Herausforderungen der Entwicklungs-

zusammenarbeit sprechen können.

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

212

Page 213: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

213

Masernimpfung in Pakistan: 21.000 Kinder sterben dortjährlich an dieser leicht vermeidbaren Krankheit.

Private Geber

Auch der Dialog mit den privaten Gebern wird

intensiviert. Denn die Summen, die sie einbrin-

gen, sind enorm: Die Ausgaben für Entwicklung

der »Bill und Melinda Gates Stiftung« sind fast so

hoch wie die ODA mittelgroßer Industrienatio-

nen. Darum beziehen wir auch sie in einen neuen

Dialog über nachhaltige Entwicklung ein. Denn

wenn wir die Wirksamkeit von Entwicklungszu-

sammenarbeit weiter verbessern wollen, müssen

wir unsere Arbeit auch mit privaten Stiftungen

koordinieren. Erste Schritte dazu sind getan. So

fand in Lissabon im März 2007 eine gemeinsame

Konferenz der OECD mit privaten Stiftungen und

anderen Gebern statt.

Ziel sollte es sein, mit allen Gebern zu einem neuen

gemeinsamen Verständnis zu gelangen.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein,…bis 2010 mindestens 50 % der

technischen Zusammenarbeit in mit anderen Gebern koordinierteProgramme einzubringen, die mit den Entwicklungsstrategien derPartnerländer übereinstimmen.(koordinierte Programmansätze)

…bis 2010 mit 66 % ihrer Geberleistun-gen Programme zu finanzieren, dievon den Partnerländern ausgeführtwerden.

…bis 2010 die Anzahl parallelerProjektbüros um zwei Drittel zuverringern.

…bis 2010 den Partnerländern 85 % dergeplanten Unterstützung im Vorausanzukündigen, damit sie ihre Haus-haltsplanung darauf abstimmenkönnen.

…bis 2010 die Hälfte aller Zusagen ge-mäß einem mit den Partnerländernvereinbarten Zeitplan auszuzahlen.

…bis 2010 40% aller Feldmissionen und66 % der Landesanalysen mit mindes-tens einem weiteren Geber durch-zuführen.

Page 214: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

214

8. Gemeinsam für die Eine Welt

Page 215: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

… mit allen gesellschaftlichen Kräften in Deutschland

Ob Millenniumserklärung, Monterrey-Konsens

oder Aktionsplan von Johannesburg, alle wichti-

gen internationalen Vereinbarungen fordern die

Regierungen der Geberländer auf, mit Zivilgesell-

schaft und Privatwirtschaft in der Entwicklungs-

politik zusammenzuarbeiten. Nicht ohne Grund:

Nichtstaatliche Akteure haben häufig einen direk-

teren Zugang vor Ort und können in Ländern oder

zu Themen arbeiten, die für die staatliche Ent-

wicklungszusammenarbeit problematisch sind.

Zudem bereichern sie die dortige Zivilgesell-

schaft. In Deutschland tragen sie zur konstrukti-

ven Diskussion über Entwicklungspolitik bei und

erreichen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit breite

Bevölkerungskreise.

Kirchen

Die Kirchen stützen sich bei ihrer Entwicklungs-

zusammenarbeit auf ein über einen langen Zeit-

raum gewachsenes weltweites Netz von Partnern.

Sie unterstützen deren eigenständige Vorhaben

in den Entwicklungsländern und folgen dem

Prinzip einer eigenverantwortlichen Entwick-

lung. Da sie häufig an der Basis in Stadtvierteln

und Gemeinden arbeiten, haben sie einen

direkten Bezug zu den Ärmsten.

G e m e i n s a m f ü r d i e E i n e W e l t

215

Die Entwicklungsdienste der Kirchen erhal-

ten für bewilligte Projekte bis zu 75 % des

Gesamtvolumens aus dem BMZ-Etat. Projekte

mit missionarischem Charakter werden nicht

gefördert. Kooperationspartner des BMZ:

Evangelische Zentralstelle

für Entwicklungshilfe e. V. /

Evangelischer Entwicklungsdienst

Katholische Zentralstelle

für Entwicklungshilfe e. V. /

Misereor

Ökumenischer Kirchentag in Berlin 2003

Page 216: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

216

Junge Gewerkschafterin an derFES-Sommeruni in Benin

Politische Stiftungen

Die Arbeit der politischen Stiftungen gilt dem Auf-

bau und der Festigung demokratischer Struktu-

ren. Sie fördern Parteien, Gewerkschaften und

freie Medien, beraten Abgeordnete und unter-

stützen den Aufbau einer unabhängigen Justiz.

Auch die Stärkung von zivilgesellschaftlichen

Organisationen, die sich mit Menschenrechten,

Gleichberechtigung der Geschlechter, Ökologie

und sozialer Gerechtigkeit befassen, gehört dazu.

Wie andere nichtstaatliche Organisationen kön-

nen die politischen Stiftungen auch dort arbeiten,

wo staatliche Zurückhaltung geboten ist.

Wie die Kirchen sind sie langfristig vor Ort und

können langfristig auf gesellschaftliche Verände-

rungen hinarbeiten. Sie sind in der Lage, vertrau-

ensvolle Beziehungen zu politischen und gesell-

schaftlichen Akteuren aufzubauen und damit

auch in schwierigen politischen Situationen poli-

tisch Einfluss zu nehmen und zu vermitteln. Auf

internationaler Ebene organisieren die politi-

schen Stiftungen über ihr weltweites Netzwerk an

Auslandsbüros und Partnern den Dialog zwischen

unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren in

den Partnerländern sowie zwischen Nord und Süd

und sind somit eine Ergänzung der staatlichen

Zusammenarbeit.

Die politischen Stiftungen teilen mit jeweils

einer im Bundestag vertretenen Partei politi-

sche Grundwerte und Zielvorstellungen, sind

aber rechtlich und finanziell unabhängig. Das

BMZ fördert eine politische Stiftung, wenn

eine ihr nahestehende Partei mindestens

zwei aufeinanderfolgende Legislaturperio-

den im Bundestag vertreten ist. Die Zuwen-

dungen an die politischen Stiftungen werden

nach einem Schlüssel, der ihrer politischen

Bedeutung in Deutschland Rechnung trägt,

verteilt.

Förderung der politischen Stiftungen 2007 in

Euro (gerundet):

Friedrich-Ebert-Stiftung 63 Mio.

Konrad-Adenauer-Stiftung 57 Mio.

Friedrich-Naumann-Stiftung 20 Mio.

Hanns-Seidel-Stiftung 20 Mio.

Heinrich-Böll-Stiftung 20 Mio.

Rosa-Luxemburg-Stiftung 8,5 Mio.

Page 217: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

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G e m e i n s a m f ü r d i e E i n e W e l t

217

FES unterstützt Gewerkschaften in Afrika

Auf den ersten Blick sind Gewerkschaften in

Afrika schwache Organisationen. Zwischen infor-

meller Ökonomie und »neoliberaler Globalisie-

rung« werden ihnen nicht selten Zukunftschan-

cen abgesprochen. Von Trägern des antikolonia-

len Befreiungskampfes in den 1940er- und 50er-

Jahren mutierten die meisten Gewerkschaften

nach der Unabhängigkeit zu Staatsgewerkschaf-

ten mit Pfründen für die Führung und sicheren

Jobs für Mitglieder.

Wie nötig unabhängige Gewerkschaften sind,

machte die durch die Schuldenkrise erzwungene

wirtschaftliche Liberalisierung der 1980er-Jahre

deutlich. Viele Regierungen reformierten im

Zuge von Strukturanpassung ihre Arbeitsgesetze

zulasten der Beschäftigten. Die vom Staat abhän-

gigen Gewerkschaften konnten nicht gegensteu-

ern und verloren viele Mitglieder. Die anschlie-

ßende politische Liberalisierung schuf allerdings

neue Freiräume: Einige Gewerkschaften nabelten

sich vom Staat ab. Unabhängige Gewerkschaften

wurden neu aufgebaut. Mit den derzeit zuneh-

menden Investitionen in Afrika steigt auch der

Bedarf für gewerkschaftliche Arbeit. Vor allem

sind die Gewerkschaften eine der wenigen mobili-

sierbaren gesellschaftlichen Gruppen mit landes-

weiten Strukturen. Sie sind daher in vielen afrika-

nischen Staaten ein politischer Machtfaktor.

Seit 2003 organisiert die Friedrich-Ebert-Stiftung

alljährlich in Benin eine Sommeruniversität für

gewerkschaftliche Nachwuchsführungskräfte aus

den westafrikanischen Ländern Niger, Nigeria,

Mali, Burkina Faso, Senegal, Togo, Ghana, Elfen-

beinküste und Benin. Westafrikanische Wissen-

schaftler, Politiker und Vertreter der Zivilgesell-

schaft bearbeiten mit den Gewerkschaftern und

Gewerkschafterinnen Themen wie internationaler

Handel oder regionale wirtschaftliche Integration.

Teilnehmer des Sommerlehrgangs 2006

Page 218: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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Unterschriften für die NRO-Kampagne »Deine Stimme gegen Armut« in Bonn 2007

Nichtregierungsorganisationen

Neben den Kirchen und politischen Stiftungen

gibt es in Deutschland eine Vielzahl weiterer ent-

wicklungspolitisch engagierter Nichtregierungs-

organisationen (NRO). Viele von ihnen arbeiten

direkt an der Basis. Dabei achten sie besonders auf

das Prinzip der Eigenverantwortung. In der Regel

werden die Projekte mit ortsansässigen Partner-

NRO geplant und durchgeführt, gegebenenfalls

entsenden die deutschen NRO Fachkräfte zur

Beratung und Mitarbeit. Einige deutsche NRO

konzentrieren sich stark auf die entwicklungs-

politische Öffentlichkeitsarbeit. Sie setzen sich

hierbei kritisch mit der deutschen Regierungs-

arbeit auseinander und können uns so immer

wieder auf Fehlentwicklungen hinweisen.

Das BMZ unterteilt die Nichtregierungsorganisationen in Sozialstrukturträger,

private Träger und weitere Initiativen. Zu den Sozialstrukturträgern gehören:

Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO)

Bildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) e.V.

Bremer Arbeitsgemeinschaft für Überseeforschung und Entwicklung e.V. (BORDA)

Deutscher Caritasverband e.V.(DCV)

Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV)

Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V. (IIZ/DVV)

Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes e.V. (SEK)

Als Private Träger gelten Vereine, kirchliche Gruppierungen, Städtepartnerschaften etc., wie etwa die

Andheri-Hilfe, Deutsche Welthungerhilfe, Kindernothilfe, Terre des Hommes, Jugend Dritte Welt.

Sie erhalten eine Teilförderung.

Page 219: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G e m e i n s a m f ü r d i e E i n e W e l t

219

Partnerschaften mit der Wirtschaft

In den vergangenen Jahren hat sich zunehmend

die Erkenntnis durchgesetzt, dass es eine große

Schnittmenge zwischen entwicklungspolitischen

Zielen und unternehmerischen Interessen gibt.

Wirtschaft und Entwicklungspolitik sind gleicher-

maßen an stabilen Rahmenbedingungen und

rechtsstaatlichen Strukturen in den Partnerlän-

dern interessiert. Eine nachhaltige soziale und

ökologische Entwicklung ist der Grundstein für

nachhaltige Unternehmensgewinne.

Darum liegen Entwicklungspartnerschaften zwi-

schen der öffentlichen Hand und Unternehmen

oder Verbänden einzelner Branchen (Public-

Private-Partnerships) im Eigeninteresse der Unter-

nehmer. Für die Bundesregierung ist die Zusam-

menarbeit mit der Wirtschaft nicht nur deshalb

interessant, weil die entwicklungspolitischen Pro-

jekte von Unternehmen häufig kostengünstiger

sind, sondern auch, weil Unternehmen in ihren

Bereichen spezifisches Fachwissen mitbringen.

Das gilt beispielsweise bei der Förderung neuer

Technologien oder landwirtschaftlicher Anbau-

methoden. Bei der Einführung sozialer Standards

in Betrieben ist die Mitarbeit deutscher und inter-

nationaler Unternehmen genauso wichtig wie die

der Gewerkschaften.

Bei Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt-

schaft trägt das Unternehmen mindestens 50 %

der Kosten und darf sich durch das Projekt

keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber einem

anderen deutschen Unternehmen verschaffen.

2005 und 2006 unterstützte das BMZ 618 Pro-

jekte mit insgesamt 926,3 Mio. Euro.

| |SAP fördert Transparenz

Die Transparenz-Initiative der Rohstoffindustrie

(EITI) dient der Korruptionsbekämpfung in roh-

stoffreichen Entwicklungsländern. Sie setzt sich

dafür ein, dass Regierungen ihre Einkommen aus

der Förderung von Öl, Gas oder Bergbau offen-

legen. Das EITI-Sekretariat in Oslo muss dafür eine

Fülle von Daten und Berichten beschaffen, stan-

dardisieren und auswerten. Die notwendigen

Programme entwickelt der Softwarehersteller

SAP im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partner-

schaft gemeinsam mit der GTZ. Für die nationalen

EITI-Gremien und Behörden entwickelt SAP eine

weitere Softwarelösung und schult die Mitarbei-

ter in ihrer Anwendung. Sperrgebiet in Sierra Leone: Nur in seltenen Fällen profitiert dieBevölkerung von den Gewinnen aus der Diamantenförderung.

Page 220: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

220

Forschungslabor des indischen Salz- und Meeres-forschungsinstituts in Gujarat Bhavnagar

Zusammenarbeit mit der Wissenschaft

Neue Herausforderungen auf internationaler

Ebene (z.B. globale Strukturpolitik, die Pariser

Agenda oder der Klimawandel) haben dazu ge-

führt, dass in den letzten Jahren ein wachsender

Bedarf an wissenschaftlicher Beratung entstan-

den ist, um einerseits besser auf die vielfältigen

und komplexen globalen Herausforderungen rea-

gieren zu können und andererseits zukünftige

Entwicklungen mitzugestalten.

Die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft wird

über das Deutsche Institut für Entwicklungspoli-

tik (DIE) unterstützt, welches sowohl dem kurzfris-

tigen Beratungsbedarf Rechnung trägt als auch

mehrjährige Beratungsvorhaben für das BMZ

durchführt. Neben dem DIE, das als Ressortfor-

schungsinstitut eine wichtige Schnittstelle zwi-

schen Wissenschaft und Politik darstellt, arbeitet

das BMZ auch eng mit dem Leibniz-Institut für

Globale und Regionale Studien (GIGA) zusammen,

das aufgrund seiner regionalen Expertise regel-

mäßig länderbezogene Studien für das BMZ

erstellt, sowie mit weiteren Instituten und Univer-

sitäten. Das BMZ kann auch auf die Expertise sei-

nes Wissenschaftlichen Beirats zurückgreifen,

dem zurzeit 21 Wissenschaftlerinnen und Wissen-

schaftler aus entwicklungspolitisch relevanten

Disziplinen angehören. Darüber hinaus ist das

BMZ im Rahmen seiner Entwicklungszusammen-

arbeit vor allem an der Förderung der internatio-

nalen Agrarforschung beteiligt.

2007 wurden größere Forschungs- und

Beratungsvorhaben beschlossen und in Auftrag

gegeben, die sich mit folgenden

Themenkomplexen auseinandersetzen:

– Klimawandel und Entwicklung,

– Ankerländer in der regionalen

und globalen Politik,

– europäische Politik für globale Entwicklung,

– Menschenrechte, Entwicklung und

Unternehmensverantwortung,

– Zukunftsthemen der Entwicklungspolitik.

Die Bundesregierung wird… entsprechend dem Koalitionsvertrag

vom November 2005 die Zusammen-arbeit mit Nichtregierungsorganisatio-nen, Kirchen, Stiftungen und Wirtschaftweiter ausbauen und verbessern.

Page 221: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

221

Die deutsche Ärztin Christiane Tiss im Indianerdorf Sossego in Brasilien

Sich ergänzende Partner

Nichtregierungsorganisationen und staatliche

Entwicklungszusammenarbeit ergänzen sich im

Idealfall optimal. Den Vorzügen der Arbeit der

NRO – wie der starken Basisnähe oder der Flexibi-

lität in politisch schwierigen Situationen – stehen

auch einige kritische Punkte gegenüber. So ga-

rantieren in manchen Entwicklungsländern prak-

tisch allein ausländische NRO die Versorgung der

Bevölkerung mit Grundsozialdiensten. In den

1990er-Jahren war das Engagement der NRO so-

gar ein willkommener Vorwand für viele Regie-

rungen, sich aus der Finanzierung der Sozialsys-

teme zurückzuziehen. Da Nichtregierungsorgani-

sationen häufig nicht im Dialog mit den Regie-

rungen der Partnerländer stehen, haben sie auf

solche unerwünschten Folgen ihrer Arbeit keinen

Einfluss. Staatliche Entwicklungszusammenarbeit

kann hier gegensteuern.

Die Bundesregierung hat ihre Zuwendungen an

Nichtsregierungsorganisationen in den letzten

Jahren erheblich gesteigert und steht im intensi-

ven Dialog mit ihnen, um Bewilligungsverfahren

weiter zu verschlanken und die Zusammenarbeit

strategisch auszurichten. Dabei geht es auch um

die Umsetzung der Prinzipien der Pariser Erklä-

rung: verbesserte Qualitätsstandards, Wirkungs-

kontrolle und eine bessere Koordination vor Ort.

Was kann ich tun?Sie arbeiten in einer Nichtregierungsorganisation

und benötigen Fördermittel für ein Projekt in

einem Entwicklungsland ? Das Aktionsgruppen-

programm (AGP) fördert Vorhaben entwicklungs-

politisch tätiger Vereine und Aktionsgruppen mit

einem Zuschuss von bis zu 510 Euro, wenn diese

Aktivitäten geeignet sind, die deutsche Öffentlich-

keit für die Notwendigkeit der Zusammenarbeit

mit Entwicklungsländern zu sensibilisieren.

Ansprechpartnerin bei InWEnt: Melanie Büchel

E-Mail: [email protected]

Page 222: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

222

Der Ball ist rund: Ein Globalisierungskrimi im GRIPS-Theater, Berlin

… mit den Bürgerinnen und Bürgern

Die Menschen in Deutschland nehmen großen

Anteil an der Armut in der Welt. Das Interesse an

Themen wie Afrika, Klimawandel oder gerechten

Handelsbedingungen wächst. Viele Menschen in

Deutschland wollen selbst einen Beitrag leisten.

Rund 2,4 Milliarden Euro spenden sie jährlich für

soziale Zwecke. Die OECD schätzt, dass davon

mehr als eine Milliarde Euro an entwicklungs-

politische Organisationen gehen. Viele Menschen

wollen sich aber auch darüber hinaus engagieren.

Was kann ich tun?Möchten Sie in einem Museum, einer Bibliothek

oder als gemeinnütziger Verein eine Kampagne,

Ausstellung, Tagung oder ein Seminar zu entwick-

lungspolitischen Themen veranstalten? Das

Förderprogramm Entwicklungspolitische Bildung

unterstützt solche Veranstaltungen.

Ansprechpartnerin bei InWEnt: Anita Reddy

E-Mail: [email protected]

Darum unterstützt die Bundesregierung mit viel-

fältigen Initiativen bürgerschaftliches Engage-

ment und leistet Informations- und Bildungs-

arbeit. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der

Bundesregierung suchen regelmäßig das Ge-

spräch mit den Bürgerinnen und Bürgern und

beantworten mehrere tausend Bürgerbriefe pro

Jahr. Das BMZ organisiert regelmäßig Eine-Welt-

Informationsveranstaltungen auf zentralen

Plätzen und einmal im Jahr den Tag der offenen

Tür mit einem breiten Unterhaltungs- und Infor-

mationsprogramm: 2007 kamen 11.400 Besuche-

rinnen und Besucher zum Bonner Ministeriums-

sitz und über 3.000 Besucherinnen und Besucher

zum Sitz in Berlin. Während der Fußball-Welt-

meisterschaft organisierte das BMZ ein internatio-

nales Künstlerfest auf der Hauptbühne des FIFA-

Fanfestes. Gemeinsam mit Jürgen Klinsmann

übernahm die Bundesministerin Heidemarie

Wieczorek-Zeul die Schirmherrschaft des Projekts

»WM-Schulen«: In 205 deutschen Schulen be-

schäftigten sich die Schüler über zwei Jahre mit

jeweils einem FIFA-Partnerland, davon 137 Ent-

wicklungsländer.

Page 223: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

G e m e i n s a m f ü r d i e E i n e W e l t

223

Das Schulaustauschprogramm ENSA ermöglicht

Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren einen

Aufenthalt an einer Partnerschule in einem Ent-

wicklungsland. In einer Pilotphase nahmen schon

400 Schülerinnen und Schüler daran Teil und

setzten sich in der Vor- und Nachbereitung mit

entwicklungspolitischen Zielen auseinander. Im

September 2007 ging das Programm offiziell an

den Start.

Das BMZ fördert zudem entwicklungspolitische

Bildungsveranstaltungen in allen Teilen Deutsch-

lands. Auf der BMZ-Webseite werden alle wichti-

gen entwicklungspolitischen Themen verständ-

lich erklärt, zahlreiche Publikationen zu speziel-

len Themen können dort heruntergeladen oder

bestellt werden.

Was kann ich tun?Einen Antrag für das Entwicklungspolitische

Schulaustauschprogramm können Nichtregie-

rungsorganisationen, die mit deutschen Schulen

kooperieren, sowie Schulen oder Schul- und

Elternvereine, die eine Partnerschaft mit einer

Schule in einem Entwicklungsland unterhalten,

stellen. Teilnehmen können Schülerinnen und

Schüler von Haupt-, Real- und Berufsschulen sowie

Gymnasien zwischen 15 und 24 Jahren sein.

Ansprechpartnerin bei InWEnt:

Christine Blome

E-Mail: [email protected]

Austausch zwischen der Staatlichen Gewerbeschule 6 in Hamburg und der Escola secundaria de Moambain Mosambik. Das Projekt »Handwerk verbindet Hamburg und Maputo« wurde Siegerteam 2006.

Page 224: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

224

Weltwärts: Freiwilliger Dienst für junge Menschen

Besonders junge Menschen interessieren sich für

Entwicklungszusammenarbeit, viele von ihnen

gehen aus diesem Grund eine Zeit ins Ausland.

Der Einsatz junger Menschen in Entwicklungslän-

dern stärkt die zivilgesellschaftlichen Strukturen

vor Ort und bereichert den Erfahrungshorizont

beider Seiten. Doch bei Weitem nicht alle, die sich

gern engagieren würden und dafür die Fähigkei-

ten mitbringen, können sich einen solchen Auf-

enthalt leisten. Denn meist werden die Einsätze

nicht bezahlt. Zusätzlich müssen die Freiwilligen

häufig Reise und Verpflegung selbst tragen.

Deshalb startete im Januar 2008 der Freiwilligen-

dienst »Weltwärts«. Junge Menschen zwischen

18 und 28 Jahren können damit für sechs Monate

bis zwei Jahre eine Förderung für ihren Einsatz in

einem Entwicklungsland erhalten. Mit jährlich

70 Millionen Euro sollen mittelfristig bis zu 10.000

Plätze im Jahr geschaffen werden. Mit dieser Ziel-

größe ist »Weltwärts« das größte derartige Projekt

weltweit.

Über 5.000 junge Menschen haben sich bereits

seit dem Start des Programms beworben. 70 % da-

von waren Frauen, was besonders erfreulich ist,

denn »weltwärts« richtet sich besonders an junge

Frauen. 142 Organisationen haben bereits die An-

erkennung als Weltwärts-Entsendeorganisation

beantragt. 57 Organisationen konnten schon an-

erkannt werden.

Die Jugendlichen werden über Nichtregierungs-

organisationen vermittelt und eingesetzt. Das

BMZ kommt für Unterkunft, Verpflegung, Taschen-

geld sowie fachliche und pädagogische Betreu-

ung auf. Neben der sozialen Tätigkeit sollen die

Freiwilligen Fähigkeiten erlernen, die in einer

globalisierten Welt von Vorteil sind: interkultu-

relle Zusammenarbeit und soziale Kompetenz.

Mit »Weltwärts« ermöglicht die Bundesregierung

auch einkommensschwächeren Männern und

Frauen, die sonst keine Möglichkeit haben, einen

freiwilligen Dienst im Ausland zu leisten, sich

international zu engagieren.

Die Bundesregierung unterstützt parallel dazu

das entwicklungspolitische Engagement aner-

kannter Kriegsdienstverweigerer, die einen Frei-

willigendienst im Ausland als Anderen Dienst im

Ausland (ADiA) oder Freiwilliges Soziales bzw.

Ökologisches Jahr absolvieren, durch den Ver-

zicht auf eine Heranziehung zum Zivildienst. Die

Träger erhalten für ein an Stelle des Zivildienstes

abgeleistetes Freiwilliges Soziales oder Ökologi-

sches Jahr einen finanziellen Zuschuss.

Page 225: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

225

Verabschiedung der ersten 50 weltwärts-Freiwilligen in Berlin im Januar 2008

Was kann ich tun?Das ASA-Programm bietet dreimonatige Stipen-

dien für Arbeits- und Studienaufenthalte in einer

entwicklungspolitischen Organisation in Afrika,

Asien, Lateinamerika oder Südosteuropa. Ziel-

gruppe sind Studierende und junge Berufstätige

zwischen 21 und 30 Jahren.

Ansprechpartner bei InWEnt: Albrecht Ansohn

E-Mail: [email protected]

Mehr Informationen zum Freiwilligen Dienst

Weltwärts (6 Monate bis 2 Jahre) gibt es beim

Weltwärts-Sekretariat.

E-Mail: [email protected]

Im Rahmen von ASA drehen Nicola Hens undAnne Dorth Kurzfilme im Senegal.

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226

Der Senior-Experte Dieter Merz aus Bad Saulgau bildet KFZ-Techniker in Madagaskar aus.

Friedensfachkräfte und Senior Experten

Doch nicht nur junge Menschen können durch

ihren persönlichen Einsatz einen wichtigen Bei-

trag zur Bekämpfung der Armut in der Welt leis-

ten. Viele Männer und Frauen arbeiten als Ent-

wicklungshelfer oder Friedensfachkräfte für eine

begrenzte Zeit in einem Entwicklungsland.

Notwendig ist dafür in der Regel ein Hochschul-

abschluss und Berufserfahrung.

Beim Senior Experten Service (SES) der Stiftung

der deutschen Wirtschaft für internationale Zu-

sammenarbeit leisten aus dem Berufsleben aus-

geschiedene Fachleute Entwicklungsarbeit. Seit

mehr als 24 Jahren stellen Senior-Expertinnen

und -Experten ihr Fachwissen ehrenamtlich zur

Verfügung: Senior-Experten haben geholfen,

Solartechnik in Kenia einzuführen, neue Brot-

sorten in Vietnam zu backen oder Abwässer ei-

ner chinesischen Papierfabrik zu klären. Im Mai

2008 waren beim SES mehr als 7.400 hoch moti-

vierte Senior-Expertinnen und -Experten aus

über 50 Branchen registriert, die bei Anfragen

aus dem In- und Ausland helfen können.

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227

Kommunen in der Einen Welt

Auch deutsche Kommunen werden zunehmend

international aktiv. Sie erhalten dabei Unterstüt-

zung von der Servicestelle Kommunen in der

Einen Welt (SKEW). So berät die SKEW Rathäuser

beim Ausbau des Fairen Handels, beim Erwerb

interkultureller Kompetenzen und bei der Beteili-

gung von Bürgerinnen und Bürgern in der Haus-

haltspolitik. Im Auftrag des BMZ fördert die

Servicestelle auch sogenannte Dreiecksstädte-

partnerschaften zwischen Deutschland, Frank-

reich und Westafrika und Städtekooperationen

mit Südafrika, dem Fußball-WM-Gastgeber im

Jahr 2010. Ziel ist es, die »Eine Welt« und den Leit-

gedanken der nachhaltigen Entwicklung in

möglichst vielen Gemeinden Deutschlands zu

verankern.

Kommunen im Borussia-Stadion Dortmund feiern Düsseldorf als »Hauptstadt des Fairen Handels 2007«.

Was kann ich tun?Betriebsausflug oder Klassenfahrt zum BMZ:

Besuchergruppen können an den Dienstsitzen in

Bonn und Berlin an Vorträgen über die Aufgaben

und Arbeitsweisen des BMZ oder über entwick-

lungspolitische Fachthemen teilnehmen und

darüber mit den Referentinnen und Referenten

diskutieren.

Melden Sie sich unter:

Telefon (02 28) 99 535-37 67

Fax (02 28) 99 10 535 – 37 67

G e m e i n s a m f ü r d i e E i n e W e l t

Page 228: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

228

Statistischer Anhang

Page 229: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

229

Entwicklungsländer und -gebiete

EuropaAlbanienBosnien-HerzegowinaKroatienMazedonienMoldau, Rep.Montenegro 1

Serbien 2

UkraineTürkei

Weißrussland

Afrikanördlich der SaharaÄgyptenAlgerienLibyenMarokkoTunesien

südlich der SaharaAngolaÄquatorialguinea ÄthiopienBeninBotsuana Burkina FasoBurundiCôte d’IvoireDschibuti EritreaGabunGambiaGhanaGuinea Guinea-Bissau KamerunKap Verde KeniaKomorenKongoKongo, Dem. Rep. Lesotho Liberia

MadagaskarMalawi Mali Mauretanien MauritiusMayotteMosambikNamibiaNigerNigeriaRuanda SambiaSâo Tomé und PrincipeSenegal SeychellenSierra Leone SimbabweSomalia St. HelenaSudan Südafrika SwasilandTansania Togo Tschad UgandaZentralafrikan.Republik

AmerikaNord-/ MittelamerikaAnguillaAntigua und BarbudaBarbadosBelizeCosta RicaDominicaDominikan. RepublikEl SalvadorGrenadaGuatemalaHaiti HondurasJamaika

KubaMexikoMontserratNicaraguaPanamaSt. Kitts und NevisSt. LuciaSt. Vincent und die

GrenadinenTrinidad und TobagoTurks- u. Caicosinseln

SüdamerikaArgentinienBolivienBrasilienChileEcuadorGuyanaKolumbienParaguayPeruSurinameUruguayVenezuela

AsienNaher/ Mittlerer OstenIrakIranJemen JordanienLibanonOmanPalästinens. GebieteSaudi-ArabienSyrien

Süd- u. ZentralasienAfghanistan ArmenienAserbaidschanBangladesch Bhutan

GeorgienIndienKasachstanKirgisistanMaledivenMyanmar Nepal PakistanSri LankaTadschikistanTurkmenistanUsbekistan

OstasienChinaIndonesienKambodscha Korea, DVR Laos MalaysiaMongoleiPhilippinenThailandTimor-Leste Vietnam

OzeanienCookinselnFidschiKiribati MarshallinselnMikronesienNauruNiuePalauPapua-NeuguineaSalomonen Samoa Tokelau TongaTuvalu VanuatuWallis und Futuna

1 neu ab Berichtsjahr 20072 bis 2006 Serbien und Montenegro

Quelle: OECD/DAC

Page 230: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

Deutsche Netto-ODA 2001–2006 in Mio. Euro

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

230

2001 2002 2003 2004 2005 2006

Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit 5.571,3 5.649,8 6.004,7 6.064,3 8.112,1 8.313,4

1. Bilateral 3.186,1 3.531,2 3.593,3 3.076,8 5.991,7 5.604,1

Zuschüsse 3.191,5 4.142,3 4.193,1 3.632,5 6.636,0 6.035,9 – Technische Zusammenarbeit ( TZ) 1.773,5 1.889,8 2.035,3 2.001,0 2.305,1 2.482,5 – Zuschüsse der Finanziellen Zusammenarbeit 681,7 594,7 532,7 514,6 659,0 610,0 – Entwicklungsorientierte Nahrungsmittelhilfe 20,4 24,1 22,8 19,0 18,3 19,7 – Not- und Flüchtlingshilfe (AA und BMZ ) 262,4 237,3 161,1 166,4 268,8 299,4 – Schuldenerlasse 194,1 1.100,8 1.183,4 655,6 3.142,3 2.401,8 – Verwaltungskosten 249,5 259,1 210,2 198,9 166,0 181,2 – Sonstige 10,0 36,5 47,8 76,9 76,5 41,4 Darlehen / Beteiligungen – 5,3 – 611,1 – 599,8 – 555,7 – 644,3 – 431,9

2. Multilateral 2.385,2 2.118,6 2.411,4 2.987,5 2.120,4 2.709,4

Zuschüsse sowie Einzahlungen auf Kapital- und Fondsanteile 2.385,2 2.118,6 2.411,4 2.987,5 2.120,4 2.709,4 – Vereinte Nationen 523,3 462,5 232,4 263,6 159,9 176,9 – Europäische Union (EEF, EU-Haushalt) 1.281,2 1.335,8 1.419,3 1.513,9 1.774,0 1.711,5 – Weltbankgruppe 389,8 23,7 434,6 923,9 0,0 471,2 – Regionale Entwicklungsbanken 87,9 211,2 129,4 136,9 43,3 241,8 – Sonstige 103,0 85,3 195,6 149,3 143,2 108,0

1)ODA-Anteil am BNE in % 0,27 0,27 0,28 0,28 0,36 0,36

BNE in Mrd. Euro 2.065,6 2.108,8 2.118,2 2.196,7 2.251,2 2.335,0

1) Bruttonationaleinkommen (Bruttosozialprodukt)

Hinweis: Die multilateralen Zwischensummen können z.T. von anderen Veröffentlichungen abweichen, da die Zuordnung der Organisationen zu den einzelnen Kategorien (z.B. VN-Organisationen) den aktuellen Vorgaben der OECD entspricht ( Vorjahre wurden angepasst ).

Page 231: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

231

Deutsche Netto-ODA 2001–2006 in %

2001 2002 2003 2004 2005 2006

Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

1. Bilateral 57,2 62,5 59,8 50,7 73,9 67,4

Zuschüsse 57,3 73,3 69,8 59,9 81,8 72,6 – Technische Zusammenarbeit ( TZ ) 31,8 33,4 33,9 33,0 28,4 29,9 – Zuschüsse der Finanziellen Zusammenarbeit 12,2 10,5 8,9 8,5 8,1 7,3 – Entwicklungsorientierte Nahrungsmittelhilfe 0,4 0,4 0,4 0,3 0,2 0,2 – Not- und Flüchtlingshilfe (AA und BMZ ) 4,7 4,2 2,7 2,7 3,3 3,6 – Schuldenerlasse 3,5 19,5 19,7 10,8 38,7 28,9 – Verwaltungskosten 4,5 4,6 3,5 3,3 2,0 2,2 – Sonstige 0,2 0,6 0,8 1,3 0,9 0,5 Darlehen / Beteiligungen – 0,1 – 10,8 – 10,0 – 9,2 – 7,9 – 5,2

2. Multilateral 42,8 37,5 40,2 49,3 26,1 32,6

Zuschüsse sowie Einzahlungen auf Kapital- und Fondsanteile 42,8 37,5 40,2 49,3 26,1 32,6 – Vereinte Nationen 9,4 8,2 3,9 4,3 2,0 2,1 – Europäische Union (EEF, EU-Haushalt) 23,0 23,6 23,6 25,0 21,9 20,6 – Weltbankgruppe 7,0 0,4 7,2 15,2 0,0 5,7 – Regionale Entwicklungsbanken 1,6 3,7 2,2 2,3 0,5 2,9 – Sonstige 1,8 1,5 3,3 2,5 1,8 1,3

0,0 = 0 – 0,049

Entwicklung der Anteile bi- und multilateraler ODA 1986 – 2006

bilaterale ODA

multilaterale ODA

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

90 %

100 %

19861987

19881989

19901991

19921993

19941995

19961997

19981999

20002001

20022003

20042005

2006

Quelle: BMZ

Page 232: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

232

Mittelherkunft der bi- und multilateralen ODA 2005–2006 in Mio Euro

Herkunft der Mittel 2005 2006

Insgesamt in % davon Insgesamt in % davonbilateral multilateral bilateral multilateral

Leistungen insgesamt 8.112,1 100,0 5.991,7 2.120,4 8.313,4 100,0 5.604,1 2.709,4

BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 3.505,3 43,2 2.654,4 851,0 4.251,8 51,1 2.768,8 1.483,0

Auswärtiges Amt (AA) 278,5 3,4 223,1 55,4 345,3 4,2 290,1 55,2

Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) 49,2 0,6 49,2 — 72,9 0,9 72,9 —

BM für Bildung und Forschung (BMBF) 45,4 0,6 44,9 0,5 43,8 0,5 43,3 0,5

BM der Verteidigung (BMVG) 12,7 0,2 12,7 — 26,7 0,3 26,7 —

BM für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) 28,5 0,4 12,6 15,8 26,7 0,3 12,2 14,6

BM der Finanzen (BMF) 1,5 0,0 0,6 0,9 26,5 0,3 1,9 24,6

BM für Gesundheit (BMG) 19,7 0,2 — 19,7 22,2 0,3 0,4 21,8

BM für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 16,2 0,2 2,8 13,4 17,4 0,2 4,7 12,7

BM des Innern (BMI) 8,7 0,1 6,3 2,3 7,6 0,1 5,4 2,2

BM für Wirtschaft und Technologie (BMWi) 1) 6,4 0,1 2,1 4,3 5,7 0,1 2,0 3,7

BM für Arbeit und Soziales (BMAS) — — — — 3,1 0,0 — 3,1

BM für Familie, Senioren,Frauen und Jugend (BMFSFJ) 3,5 0,0 3,5 — 2,5 0,0 2,5 —

BM der Justiz (BMJ) 0,8 0,0 0,8 0,0 0,5 0,0 0,5 0,0

BM für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) 0,1 0,0 — 0,1 0,1 0,0 — 0,1

Deutscher Bundestag 0,0 0,0 0,0 — 0,1 0,0 0,1 —

ODA-anrechenbarer Anteil aus dem EU-Haushalt 1.156,9 14,3 — 1.156,9 1.087,8 13,1 — 1.087,8

Bundesländer 782,8 9,7 782,8 — 764,2 9,2 764,2 —

Bundesvermögen 3.175,6 39,1 3.175,6 — 2.417,0 29,1 2.417,0 —

Marktmittel 126,9 1,6 126,9 — 160,4 1,9 160,4 —

Sonstige 110,6 1,4 110,6 — 317,1 3,8 317,1 —

Tilgungen –1.217,1 –15,0 –1.217,1 — –1.286,3 –15,5 –1.286,3 —

1) Aufgrund der Änderung in der Organisationsstruktur der Bundesministerien sind die Daten für 2005 vom BMAS im BMWi enthalten.BM = Bundesministerium— = kein Wert vorhanden0,0 = 0– 0,049

Page 233: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

233

Geber im Vergleich – Veränderung gegenüber 2006 1) in Mio. US-Dollar

DAC-LänderRanking nach ODA-Leistungen 2007

2007 2) 2006 VeränderungAnteil am Netto-ODA Anteil am gegenüber 2006

Netto-ODA BNE 3) in % BNE 3) in % absolut in %

DAC Insgesamt 103.655 0,28 104.421 0,31 –766 –0,73

USA 21.753 0,16 23.532 0,18 – 1.779 – 7,56

Deutschland 12.267 0,37 10.435 0,36 1.832 17,56

Frankreich 9.940 0,39 10.601 0,47 – 660 – 6,23

Großbritannien 9.921 0,36 12.459 0,51 – 2.538 – 20,37

Japan 7.691 0,17 11.187 0,25 – 3.496 – 31,25

Niederlande 6.215 0,81 5.452 0,81 764 14,01

Spanien 5.744 0,41 3.814 0,32 1.930 50,62

Schweden 4.334 0,93 3.955 1,02 379 9,59

Italien 3.929 0,19 3.641 0,20 288 7,90

Kanada 3.922 0,28 3.684 0,29 238 6,46

Norwegen 3.727 0,95 2.954 0,89 773 26,17

Dänemark 2.563 0,81 2.236 0,80 327 14,62

Australien 2.471 0,30 2.123 0,30 348 16,37

Belgien 1.953 0,43 1.978 0,50 – 25 – 1,25

Österreich 1.798 0,49 1.498 0,47 300 19,99

Schweiz 1.680 0,37 1.646 0,39 34 2,05

Irland 1.190 0,54 1.022 0,54 168 16,46

Finnland 973 0,40 834 0,40 139 16,67

Griechenland 501 0,16 424 0,17 77 18,12

Portugal 403 0,19 396 0,21 6 1,55

Luxemburg 365 0,90 291 0,84 74 25,44

Neuseeland 315 0,27 259 0,27 57 21,96

nachrichtlich:

EU-Mitglieder 62.095 0,40 59.035 0,43 3.060 5,18

G7-Länder 69.422 0,23 75.539 0,27 –6.117 –8,10

1) Werte in jeweiligen Preisen und Wechselkursen2) vorläufige Werte3) Bruttonationaleinkommen (Bruttosozialprodukt)Quelle: OECD / DAC

Page 234: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

234

Stichwortverzeichnis

Page 235: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

235

A Abfallwirtschaft: 22, 58 ff., 211

Access and Benefit Sharing (ABS): siehe Vorteilsausgleich, gerechter

Afghanistan: 29, 39, 48, 112, 118 f., 121, 123, 132, 150, 155, 159, 229

African Peer Review Mechanism (APRM): siehe AfrikanischerBeurteilungsmechanismus

African Union (AU): siehe Afrikanische Union

Afrika südlich der Sahara: siehe Subsahara-Afrika

Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB): 25

Afrikanische Union (AU): 26, 43, 46, 124, 136 f., 140 f., 149

Afrikanischer Beurteilungsmechanismus (APRM): 140 f.

Agrarforschung: 43, 48, 220

Agrarsubventionen: 47, 173 f.

Agrartreibstoffe: 7, 44 ff.

Ägypten: 56, 100, 140, 150, 159, 190, 212, 229

AIDS: 25, 26, 28, 68 ff., 75, 150

AKP-Staaten: 140, 174, 180 f.

Aktionsplan 2015 siehe Aktionsprogramm 2015

Aktionsplan für zivile Krisenprävention, Konfliktlösung undFriedenskonsolidierung: 123 ff.

Aktionsprogramm 2015: 14

Albanien: 150, 159, 206, 229

Algerien: 140, 159, 182, 229

Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen(OCHA): 39 f.

Am wenigsten entwickelte Länder (LDC): 75, 174

Angola: 32, 121, 123, 140, 158 f., 229

Ankerländer: 28, 190 ff., 210 f., 220

Antiretrovirale Therapie (ART): 70, 72 f.

Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe e.V. (AGEH): 120 f., 136

Arbeitslosigkeit: 20, 63, 74

Armenien: 123, 125, 150, 159, 229

Armutsbekämpfung: 17, 19, 33 f., 36 ff. 63, 78, 112 f., 150, 190 f., 193, 197, 199, 202

Artenschutz: siehe Biodiversität

ASA-Programm (Programm für Arbeits- und Studienaufenthalte): 225

Aserbaidschan: 123, 125, 159, 229

Asiatische Entwicklungsbank (AsDB): 25, 143

Asien: 6, 12 f., 18, 23, 26, 29, 69, 94, 97, 124, 164, 177, 179, 190, 225

Äthiopien: 36, 45, 88, 124, 140, 150, 153, 158f., 168, 200, 229

Association of Southeast Asian Nations (ASEAN): siehe Vereinigungsüdostasiatischer Länder

Auswärtiges Amt (AA): 123, 230 ff.

B Bali: siehe Klimakonferenz

Bangladesch: 19, 60, 76, 150, 164

Benin: 7, 32, 140, 153, 158 f., 216 f., 229

Beteiligung, politische: siehe Partizipation

Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA): 25, 68, 208

Bevölkerungswachstum: 18, 21, 46, 52

Bilaterale Zusammenarbeit: 24, 26, 62, 130

Bildung: 7, 17, 20, 42, 53, 62 ff., 65, 74, 88, 113, 121, 139, 142, 147, 152, 200, 203, 222

Bildung für alle – Beschleunigte Initiative (FTI): 62 f.

Bildungsarbeit: 222

Biodiversität: 48 ff., 106 f., 178

Biofuels: siehe Agrartreibstoffe

Bolivien: 120, 123, 158, 229

Bosnien und Herzegowina: 121, 159, 206, 229

Botswana: 69, 158, 229

Brasilien: 15, 28, 49, 51, 58, 95, 101, 120, 150, 158, 169, 189 f., 196, 211 f., 221, 229

Budgethilfe: 203

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR): 24, 54, 81, 82, 99

Bundesländer: 24, 232

Bundesministerium der Verteidigung (BMVg):232

Bundesministerium des Inneren (BMI): 232

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): 64, 232

Bundsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz(BMELV): 232

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): 155, 232

Bundesministerium der Justiz (BMJ): 192, 232

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi): 82, 232

Page 236: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

236

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ):24, 38, 57, 64, 70, 73, 75, 77, 79, 81 f., 97, 100,102, 106 f., 109, 117, 128, 133, 142, 150 ff., 169 ff.175, 184, 187, 190, 192, 215 f., 218 ff., 222 f.,227, 230 ff., 247

Burkina Faso: 33, 36, 140, 150, 153, 158, 217, 229

Burundi: 121, 123, 128 f., 158, 229

C Caribbean Development Bank (CDB): siehe Karibische Entwicklungsbank

Clean Development Mechanism (CDM): 106

Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM): 24

China: 14, 15, 20, 29, 48 f., 53, 95 ff., 101 ff., 150, 159, 162, 166, 180, 189, 190 ff., 199 f., 210 ff.,228 f.

Comprehensive African Agricultural Development Programme (CAADP): 43, 46

Consultative Group on International Agricultural Research (CGIAR): siehe Konsultativgruppe für Internationale Agrarforschung

Costa Rica: 14, 61, 158, 229

CO2-Emissionen: 60, 90 ff., 95, 101, 103, 106, 189, 192, 195

Corporate Social Responsibility (CSR): 163

D Demokratieförderung: 139

Desertifikation: siehe Wüstenbildung

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): 24, 41, 49, 54 f., 57, 73, 75, 77, 97, 103, 107, 109, 133,151, 153, 175, 190, 219

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG): 24

Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD): 64

Deutscher Bundestag: 232

Deutscher Entwicklungsdienst (DED): 24, 55, 120 f.

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE): 192, 220

Development Assistance Committee (DAC): siehe Entwicklungsausschuss der OECD

Dezentralisierung: 54

Doha: siehe WTO-Ministerkonferenz

Doha: siehe Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung

E Economic and Social Council of the United Nations (ECOSOC): siehe Wirtschafts- und Sozialrat derVereinten Nationen

Ecuador: 43, 120, 158, 175, 183, 229

Education for All – Fast Track Initiative (FTI): siehe Bildung für alle – Beschleunigte Initiative

Eigenverantwortung: 26, 69, 201, 218

Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI): 206

Extractive Industries Transparency Initiative (EITI): siehe Transparenzinitiative derRohstoffindustrie

Elfenbeinküste: 49, 123, 217

El Salvador: 75, 120, 158, 229

Emissionshandel: 196

Energie: 28, 44, 46, 78 ff., 95 ff., 106

Entschuldungsinitiative (HIPC): 34, 197

Entwicklungsausschuss der OECD: 211

Entwicklungsbanken: 24 f., 27, 198, 207, 230 f.

Entwicklungsberaterinnen und -berater: 156

Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für Frauen (UNIFEM): 25

Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC): 127

Entwicklungshelferinnen und -helfer: 24, 117, 226

Entwicklungsländer: 7, 10 f., 14 f., 17, 21, 23 f., 33 f., 36, 43 f., 48 f., 53, 58, 60, 62 ff., 68 ff.,74, 77 f., 78, 80, 82, 85, 88, 90 f., 92 f., 95, 97,102, 104, 106, 108, 123, 126, 139 f., 143, 149,152, 162 f., 166, 168, 170 ff., 174, 178 ff., 183 f.,186, 190, 193, 200 f., 205 ff., 212, 215, 219, 221 ff., 226, 229

Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft (PPP): 25, 28 f., 144, 170, 219

Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP): 25, 208

Eritrea: 14, 158, 229

Ernährungssicherheit: 45

Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO): 12, 25, 43 f.

Erneuerbare Energien: 13, 17, 22, 26, 28, 37, 44, 78, 80, 91, 96 ff., 101, 106, 125, 192

Estland: 159, 212

EUFOR: 128

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE): 25

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1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

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Europäische Kommission: 131, 140, 174, 185, 195, 205 f.

Europäische Union (EU): 19, 24 ff., 49, 65, 91, 95 f., 102, 125, 136, 150, 180, 182, 184 f., 189,195 f., 202, 205 ff., 230 f.

Evangelischer Entwicklungsdienst (EED): 73, 117, 120 f., 215

F Fachkräfte: 24, 37, 64, 81, 103, 117, 184, 211, 218

Fair-Trade: siehe Fairer Handel

Fairer Handel: 161, 171 ff., 227

Finanzielle Zusammenarbeit (FZ): 24, 230 f.

Finanzierungsinstrumente, innovative: 106, 195 f.

Finanzwesen: 17, 143

Flüchtlinge: 40, 120f. 125, 130

Flüchtlingshilfe: 230 f.

Flutkatastrophe: 41, 89, 207

Food and Agricultural Organization of the United Nations (FAO): siehe Ernährungs-und Landwirtschaftsorganisation derVereinten Nationen

Fragile Staaten: 23, 38, 202

Frauen: 6 f., 12, 14, 16 ff., 23, 25, 27, 33, 35, 52, 60, 63, 65, 68 f., 72, 75 ff., 116 ff., 121, 128 f.,135, 146 f., 149 f., 151 ff., 165, 186, 209, 224, 226

Freiwilligendienst: siehe Weltwärts

Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen (UNV): 25

Friedenspolitik: 15, 17, 112 ff.

Friedrich-Ebert-Stiftung (FES): 216 f.

Friedrich-Naumann-Stiftung (FNSt): 216

G G7 / G8: 34, 36, 46, 49, 62, 70, 74, 76, 82, 89, 101, 127, 141, 143, 145, 166, 197, 212, 233

G8-Gipfel in Heiligendamm: 26, 29, 163, 165, 189

Gabun: 140, 229

Gemeinsames Programm der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS (UNAIDS): 12, 25

Gemeinschaftsfinanzierungen: 203

Gender: 28, 120 f., 128, 149 ff., 157

Genetische Ressourcen: 48 ff.

Georgien: 125, 159, 229

Gesundheit: 12, 15, 26, 29, 50, 66 ff., 73, 88, 139, 142, 147, 167, 203, 213

Gewerkschaften: 81, 163, 165, 168 f., 216 f., 219

GFATM (Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria): siehe GlobalerFonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS,Tuberkulose und Malaria

Ghana: 36, 47, 140, 150, 158, 217, 220

Global Crop Diversity Trust (GCDT): siehe Globaler Fonds für die Nutzpflanzenvielfalt

Global Environment Facility (GEF): siehe Globale Umweltfazilität

Globale Öffentliche Güter (GPG): 15, 193

Globaler Pakt der Vereinten Nationen (GC): 169

Globale Umweltfazilität (GEF): 92 f., 106

Globaler Fonds für die Nutzpflanzenvielfalt (GCDT): 48

Globaler Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS,Tuberkulose und Malaria (GFATM): 25 f., 69 f., 72

Globalisierung: 10, 19 f., 160 ff., 182, 186, 189, 205, 217

Good Governance: siehe Gute Regierungsführung

Grundbildung: siehe Bildung

Guatemala: 120, 133, 146, 150, 158, 211, 229

Guinea: 153, 158, 229

Gute Regierungsführung: 19, 26 f., 29, 69, 135 ff., 181, 197, 203, 205

H Handelsbezogene geistige Eigentumsrechte (TRIPS): 178

Handelspolitik: siehe Welthandel

Hanns-Seidel-Stiftung (HSS): 216

Heiligendammprozess: 29, 101, 189

Heavily Indebted Poor Countries (HIPC): siehe Entschuldungsinitiative

Heiligendamm: siehe G8-Gipfel in Heiligendamm

Heinrich-Böll-Stiftung (HBS): 216

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA): 39 f.

HIV: siehe AIDS

Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR): 39 f.

Honduras: 36, 62, 158, 229

Humanitäre Hilfe: 39 f., 115

Hunger: 12, 42

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W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

238

I Indien: 15, 29, 34, 42, 44, 49, 67, 77, 91 f, 95, 97 f.,101, 159, 164, 174, 184, 189 ff., 211 f., 220, 229

Indigene Völker: 28, 120, 132 f., 179

Indonesien: 14, 41, 63, 72, 75, 83, 97, 121, 123, 159, 190 f., 212, 229

Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT): 178, 186 f.

Inselstaaten: 86

Institut für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulverbandes(IIZ/DVV): 70, 218

Inter-American Development Bank (IDB): siehe Interamerikanische Entwicklungsbank

Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB): 25, 27, 199

Intergovernmental Panel on Climate Chance (IPCC): siehe Zwischenstaatlicher Ausschussfür Klimawandel

Internationale Arbeitsorganisation (ILO):25, 63, 81, 146, 163, 165 ff., 169

International Labour Organization (ILO): siehe Internationale Arbeitsorganisation

International Planned Parenthood Federation (IPPF): siehe Internationaler Familienplanungsverband

Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien in Bonn (Renewables 2004): 96, 98

Internationale Konferenzen über Entwicklungsfinanzierung in Monterrey /Mexico 2002 und in Doha / Qatar 2008: 195, 215

Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWEnt): 24, 191 f., 221 ff., 225

Internationaler Familienplanungsverband (IPPF): 68

Internationaler Währungsfonds (IWF): 24 f., 34, 166, 198 f., 210

Investitionen: 19, 46, 61, 65, 78, 82, 91, 96, 144, 162, 172, 181, 183, 189, 193, 197, 217

International Stability Assistance Force (ISAF):119

Irak: 39, 112, 123, 159

J Jemen: 62, 132, 150, 159, 197, 229

Johannesburg: siehe Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung

Joint United Nations Programme on HIV/AIDS (UNAIDS): siehe Gemeinsames Programmder Vereinten Nationen zu HIV/AIDS

Jugendarbeitslosigkeit: siehe Arbeitslosigkeit

K Kambodscha: 43, 116, 121, 150, 159, 167, 229

Kamerun: 120, 140, 158, 187, 229

Karibische Entwicklungsbank (CDB): 25

Kasachstan: 52, 159, 229

Katastrophenvorsorge: 39 ff.

Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e.V.: 215

Kenia: 65, 68, 99, 121, 133, 136, 140, 142, 153, 156, 158 ff., 211, 226, 229

Kernarbeitsnormen: 146, 163, 165 ff.

Kinderarbeit: 65, 164 ff.

Kindergesundheit: 12 ff.

Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF): 12, 25, 116, 130 f., 150, 208, 212,

Kindersoldaten: 116, 130 f.

Kindersterblichkeit: siehe Kindergesundheit

Kirchen: 24, 118, 121, 126 f., 155, 215 f., 218, 220

Kleinwaffen: 118, 121, 126 f., 155

Klimakonferenz der Vereinten Nationen, Bali 2007: 91 f., 106

Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC): 92

Klimaschutz: 13, 23, 27 f., 60, 85 ff. 96 ff., 101, 106 f., 190, 196, 208

Kolumbien: 43, 120, 138, 158, 229

Kommunen: 24, 164, 227

Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED): 50, 92, 179

Kongo, Demokratische Republik: 39, 73, 82, 112, 114, 116, 121, 123, 128, 140, 154, 158, 185, 229

Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS): 216

Konsultativgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR): 48

Konvention gegen Korruption der Vereinten Nationen: 142 f., 145

Korruption: 19, 38, 82, 98, 113, 118, 137, 142 ff., 169, 208, 219

Kosovo: 117, 121, 130 f., 206

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1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

239

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): 24, 41, 55, 70, 77, 79, 97, 99 f., 113, 117, 123, 128

Krisenprävention: siehe Friedenspolitik

Kroatien: 121, 159, 206, 229

Kultur: 17, 38, 48, 70, 118, 124, 132 f., 139, 146 ff., 224, 227, 232

Kyoto-Protokoll: 89, 91 f., 106, 208

L Länderkonzepte: 26

Ländliche Entwicklung: 7, 43 f., 133

Landwirtschaft: 7, 12, 23, 42 ff., 46 ff., 50, 52 ff., 61, 80, 88, 106, 172 ff., 178, 219, 232

Lateinamerika: 12 f., 18, 26 ff., 62, 94, 130, 132, 142, 158, 179, 225

Least Developed Countries (LDC): siehe Am wenigsten entwickelte Länder

Lebenserwartung: 18, 21, 66, 73

Lesotho: 140, 229

Lula-Gruppe: 196

M Madagaskar: 48, 107, 158, 226, 229

Malaria: 12, 25 f., 66 f., 69 f., 72 f., 88

Malawi: 14, 35 f., 80, 140, 158, 229

Mali: 112, 140, 150, 153, 158, 217, 229

Marokko: 7, 58, 98, 150 f., 159, 183, 186, 229

Mauretanien: 150, 153, 158, 229

Mauritius: 140, 158, 229

Mazedonien: 121, 159, 206, 229

Menschenrechte: 13, 19, 23, 26 f., 43 f., 46, 62, 66, 80, 113, 116 f., 120 f., 128, 131, 133, 136 f.,140, 146 ff., 152, 157, 168 f., 192, 216, 220

Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (HRC): 148

Mexiko: 15, 28, 49, 58, 101, 120, 150, 158, 162, 189 f., 210 ff., 229

Migration: 21, 23 f., 89, 182 ff

Mikrofinanzierung: 17, 76 ff.

Millennium Development Goals (MDG): siehe Millenniums-Entwicklungsziele

Millenniums-Entwicklungsziele: 6, 11 ff., 23, 26,29, 32, 36, 37 f., 56, 62 f., 65 ff., 70, 88, 95,107, 194

Millenniumserklärung: 11, 13 ff., 32, 66, 179, 208, 215

Misereor: 215

Moldova: 150

Monterrey: siehe Internationale Konferenz über Entwicklungsfinanzierung

Mosambik: 14, 36, 53, 58, 62, 99, 109, 121, 140, 149, 158, 199, 223, 229

Multilateral Debt Relief Initiative (MDRI): sieheMultilaterale Entschuldungsinitiative

Multilaterale Entschuldungsinitiative (MDRI): 197

Multilaterale Institutionen: 15, 19, 24 ff., 38, 114,161, 189, 198 ff., 201, 230 ff.

Multilaterale Zusammenarbeit: 15, 24 ff., 49, 70, 189, 195, 208, 212, 230 ff.

Müttergesundheit: 7, 12, 17, 67 ff., 72, 79

N Nachhaltigkeit: 11 f., 46, 56, 83

Naher Osten: 56, 63, 98, 116, 130, 159

Nahrungsmittel-, Not- und Flüchtlingshilfe: 39 f., 230 f.

Namibia: 43, 158, 229

New Partnership for Africa’s Development (NEPAD): siehe Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung

Nepal: 29, 79, 105, 132, 159, 229

Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD): 26, 43

Nicaragua: 120, 158, 200, 229

Nichtregierungsorganisationen (NRO): 24 f., 41, 69 f., 125, 119, 142, 148, 153, 162, 168, 181,

200, 212, 218, 220 f., 223 f.

Niger: 120, 158, 182, 229

Nigeria: 120, 140, 145, 150, 158, 190, 217, 225

Non-governmental Organizations (NGO): sieheNichtregierungsorganisationen

Nothilfe: siehe Nahrungsmittel-, Not- und Flüchtlingshilfe

O ODA-Stufenplan: 195

Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA): 24, 182, 193 ff., 211 ff., 230 ff.

Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA): siehe Amt für die Koordinie-rung humanitärer Angelegenheiten

Official Development Assistance (ODA): siehe Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit

Ökosystem: 23, 50, 53, 56, 86

Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur undKommunikation (UNESCO): 12, 25, 132

Page 240: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

240

Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO): 25

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE): 126

Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): 143, 158, 169, 189, 194, 211 ff., 222, 229 f., 233

Osteuropa: 69, 159

Ottawa-Konvention: 115

Ownership: siehe Eigenverantwortung

Oxfam: 10, 112

Ozonschicht: 93

P Pakistan: 150, 159, 165, 190, 207, 213, 229

Palästina-Flüchtlinge: 40

Paraguay: 79, 158, 229

Pariser Erklärung: 11, 14, 201 ff., 221

Partizipation: 82, 139, 146

Partnerländer: 11, 17, 24 f., 26 ff., 33, 36, 38, 43, 46, 50, 54, 56, 62, 65, 67, 69, 72, 74, 80, 83,136 f., 142, 148, 185 f., 197, 200 ff., 213, 216,219, 221

Partnerschaft: 15, 19, 22, 29, 211

Peru: 43, 120, 158, 229

Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB): 24

Private Geber : 15, 213

Private Träger: 218

Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung (PGF): 203

Pro Poor Growth: 17, 33

Provincial Reconstruction Teams (PRT): 119

Public Private Partnership (PPP): siehe Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft

R Rat der Europäischen Union: 39, 150, 174

Rechtsstaatlichkeit / Rechtssicherheit: 120, 125, 134 ff.

Remittances siehe Rücküberweisungen

Renewables 2004: siehe Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien inBonn

Reproduktive Gesundheit: 68 ff.

Rio-Konferenz: siehe Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen(UNCED)

Rohstoffe: 20, 82 f., 144, 189, 190

Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS): 216

Ruanda: 7, 14, 74, 82, 121, 122, 131, 140, 148 f., 158, 229

Rückkehrer: 184 f.

Rücküberweisungen: 183

Rumänien: 121, 159, 162, 212

Rüstung: 22, 112

S Sambia: 36, 75, 140, 150, 158 f., 170, 229

Saudi Arabien: 159, 200, 211, 229

Schuldenerlass: 36, 72, 78, 197 ff., 230 f.

Schutzgebiete: 14, 18, 50, 105, 125

Schwerpunktsetzung: 205

Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC): 92

Senegal: 53, 97, 120, 140, 153, 158 f., 173, 183, 217,225, 229

Senior Experten Service (SES): 226

Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC): 128, 152

Sierra Leone: 120, 123, 128, 131, 140, 144, 158, 208, 219, 229

Slumbewohner: 12, 22, 57, 156

Somalia: 39, 112, 124, 127, 158, 229

Southern African Development Community (SADC): siehe EntwicklungsgemeinschaftSüdliches Afrika

Soziale Sicherheit: 31, 46, 74 f., 147, 191

Sozialstandards: 164

Stiftungen, politische: 24, 139, 216 ff.

Strukturanpassung: 173, 217

Studierende aus Entwicklungsländern: 24, 64, 184 f.

Subsahara-Afrika: 6, 12 f., 15, 18, 23, 26, 52, 63, 65, 69, 74, 76, 78, 94, 112, 144 f., 167, 177, 190, 229

Südafrika: 15, 49, 69, 73, 101, 121, 140, 149, 158, 189, 190, 211 f., 227 ff.

Südkaukasus: 125

Südosteuropa: 159, 225

Sudan: 39 f., 56, 112, 121, 124, 140 f., 159, 210, 229

Page 241: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

1 3 t e r B e r i c h t z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

241

T Tadschikistan: 62, 152, 159, 229

Tansania: 15, 36, 55, 102, 140, 158, 161, 170, 199, 200, 229

Technische Zusammenarbeit (TZ): 24, 74, 230 f.

Technisches Hilfswerk (THW): 39, 41

Terrorismus: 23, 112 f.

Thailand: 101, 104, 159, 162, 211 f., 229

Togo: 158 f., 217, 229

Trade Related Intellectual Property Rights (TRIPS): siehe Handelsbezogene geistigeEigentumsrechte

Transparenzinitiative der Rohstoffindustrie (EITI): 82, 144 f., 219

Treibhausgase (THG): siehe CO2-Emissionen

Tschad: 39, 52, 56, 120, 158, 229

Tsunami: siehe Flutkatastrophe

Tuberkulose: 26, 66, 69, 70, 72

Tunesien: 107, 159, 229

Türkei: 155, 159, 206, 210, 229

Turkmenistan: 52, 159, 229

U Uganda: 13, 16, 36 f., 95, 121, 140, 149, 157 f., 229

Ukraine: 150, 159, 229

Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP): 25, 58

Umweltschutz: 13, 29, 33, 61, 81, 85 ff., 113, 125, 139, 190, 205

United Nations (UN): siehe Vereinte Nationen

United Nations Children’s Fund (UNICEF) sieheKinderhilfswerk der Vereinten Nationen

United Nations Conference on Environment and Development (UNCED): sieheKonferenz für Umwelt und Entwicklung derVereinten Nationen

United Nations Convention against Corruption(UNCAC): siehe Konvention gegenKorruption der Vereinten Nationen

United Nations Development Fund for Women(UNIFEM): siehe Entwicklungsfonds derVereinten Nationen für Frauen

United Nations Development Programme (UNDP): siehe Entwicklungsprogramm derVereinten Nationen

United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO): sieheOrganisation der Vereinten Nationen fürBildung, Wissenschaft, Kultur undKommunikation

United Nations Environment Programme (UNEP): siehe Umweltprogramm derVereinten Nationen

United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC): siehe Klima-rahmenkonvention der Vereinten Nationen

United Nations Global Compact (GC): siehe Globaler Pakt der Vereinten Nationen

United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR): siehe Hoher Flücht-lingskommissar der Vereinten Nationen

United Nations Human Rights Council (HRC): siehe Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen

United Nations Industrial Development Organization (UNIDO): siehe Organisationder Vereinten Nationen für industrielleEntwicklung

United Nations Population Fund (UNFPA): siehe Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen

United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East(UNRWA): siehe Hilfswerk der VereintenNationen für Palästina-Flüchtlinge imNahen Osten

United Nations Security Council (UNSC): siehe Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

United Nations Volunteers (UNV):siehe Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen

Usbekistan: 52, 70, 159, 229

Utstein-Gruppe: 143

V Vereinigung Südostasiatischer Länder (ASEAN): 124

Vereinte Nationen (VN): 12, 19, 25, 32, 40, 62, 76, 78, 89, 91, 114, 118, 123, 142 f., 147, 152, 157,163, 169, 179, 189, 207 ff., 230 f.

Verschuldung: 197

Vietnam: 36, 81, 123, 159, 190, 212, 226, 229

Vorteilsausgleich, gerechter (ABS): 49 f., 179

W Walderhalt: 104

Washingtoner Konsens: 34

Wasser / Wassermanagement: 14, 23, 26, 32, 37, 52 ff., 55 ff., 88, 98 f., 108, 113, 203

Weltbank: 12, 16, 18, 24 f., 34, 36 f., 77, 87, 94, 96,104, 143 f., 149 f., 166, 182, 189, 198 f., 201, 207,210, 212, 230 f.

Page 242: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - 2008 - Weißbuch Entwicklungspolitik

W e i ß b u c h z u r E n t w i c k l u n g s p o l i t i k

242

Welternährungsprogramm (WEP): 25, 40, 208

Weltgesundheitsorganisation (WHO): 12, 25, 52, 88, 212,

Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung (WSSD) in Johannesburg / Südafrika 2002:50, 96, 98, 215

Welthandel: 7, 58, 172, 174, 180 f.

Welthandelsorganisation (WTO): 166, 172 f., 178, 180 f.

Weltwährungsfonds: siehe Internationaler Währungsfonds

Weltwärts: 224 f.

Wirtschaftsförderung: 17, 29

Wirtschaftswachstum: 11, 13, 15 f., 20, 23, 33, 95,97, 149 f., 182

World Food Programme (WFP): siehe Welternährungsprogramm

World Health Organization (WHO):siehe Weltgesundheitsorganisation

World Trade Organization (WTO): siehe Welthandelsorganisation

Wüstenbildung: 97, 107

Z Zentralasien: 18, 94, 229

Ziviler Friedensdienst (ZFD): 117, 120 f., 130

Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimawandel (IPCC): 86, 189

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Bildnachweis

Titel: Karin Kortmann

S. 6: Presse- und Informations-

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S. 22: UNICEF

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S. 145: Lineair / Das Fotoarchiv

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M’barek Bouali

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S. 153: photothek

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S. 209: Thomas Koehler /

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S. 210: photothek

S. 211: Xinhua / Das Fotoarchiv

S. 213: Muzammil Pasha / UNICEF

S. 214, 5: BMZ

S. 215: bpa, Lopata

S. 216 & S. 217: Friedrich-Ebert-

Stiftung

S. 218: Welthungerhilfe

S. 219: Ludger Schadomsky /

Das Fotoarchiv

S. 220 & S. 221: Jörg Böthling /

agenda

S. 222: Jörg Metzner

S. 223: Forum zum Austausch

zwischen den Kulturen an

der Staatlichen Gewerbe-

schule 6 in Hamburg

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S. 225: Nicola Hens /

ASA-Programm

S. 226: Senior Experten Service

S. 227: Joe Kramer (oben);

Karl-Heinz Hick / Joker

(unten)

S. 228, 5: Xinhua / Das Fotoarchiv

S. 234, 5: Karin Kortmann

243

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Herausgeber

Bundesministerium für wirtschaftlicheZusammenarbeit und EntwicklungReferat »Grundsätze, Konzeption und politische Planung der Entwicklungspolitik«

Dienstsitz BerlinStresemannstr. 94D-10963 BerlinTel. +49 (0) 30 18 535- 0Fax +49 (0) 30 18 535- 2501

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