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VERTRIEBENE
FLUCHTLINGE
KRIEGSGEFANGENEHEIMATLOSEAUSLANDER
1949-1952
BERICHT
DES BUNDESMINISTERS FDR VERTRIEBENE
BONN 1953
JAN 26 1954
. f ; C
VERTRIEBENE
FLUCHTLINGE
KRIEGSGEFANGENE
HEIMATLOSE AUSLANDER
1949-1952
BERICHT
DES BUNDESMINISTERS FDR VERTRIEBENE
BONN 1953
ABGESCHLOSSEN IM FEBRUAR 1953
PRINTED IN GBRMANY
Inhaltsverzeichnis
1. Die Entstchung des Bundesministeriums fiir Vertricbenc und seine
Aufgaben 3
2. Die Aufklarung im In- und Ausland 4
3. Die hcimatlosen Auslander und sonstigen auslandischen Fliichtlinge . 9
4. Die Aussiedlung von Deutschen (Operation Link) und die Rudt-
fiihrung von Vertriebenen aus dem Ausland . . . . . .11
5. Die Zuwanderer aus der sowjetisch-besetzten Zone 15
6. Die Umsiedlung der Vertriebenen zwischen den Bundeslandern . . 19
7. Der Wohnungsbau fiir Vertriebene 23
7a. Unterbringung der Sowjetzonenfluchtlinge 26
8. Die landliche Sicdlung fiir Vertriebene 2*
9. Die Arbcitsbesdiaffung fiir Vertriebene 29
10. Die Kredite fiir Vertriebene . • 35
11. Der Lastenausglcich und Vertriebenenbank 39
12. Die sozialrechtliche Betreuung der Vertriebenen 39
13. Das Bundesvertriebenengesetz 43
14. Die Kriegsgefangencn und Heimkehrer .44
15. Die kulturelle Betreuung der Vertriebenen sowie Fragen der wissen-
schaftlichen Forschung 46
16. Die Organisationcn der Vertriebenen 50
Charta der deutschen Heimatvertriebenen 55
853063
f(**i 1. Die Entstehung des Bundesministeriums ffir Vertriebene
£ und setae Aufgaben
Als die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 gcbildct wurde, befanden sich
auf ihrcm Gcbict aufier dcr einheimischen Bevolkerung rund ncun MiUioncn Heimat-vertriebene, Fliichtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone, heimaclose Auslander(vorwiegend DP's) und politische Fliichtlinge aus dem Auslande. In dem durch Kriegund die Kricgsfolgen verwusteten Gcbiet bedcuretc die Eingliederung dicser Menschen,
die zum ganz iiberwiegenden Tcil jeden Bcsitz verloren hatten, einc ganz aufierordent-
Hch schwierige Aufgabe.
Die DP's und andere politischen Fliichtlinge waren bis 1947 Ton der UNRRA,seither von der IRO betreut worden. Die Fiirsorge fur die deutschen Heimatver-triebenen sahen die Besatzungsmachte zunachst als rein deutsche Angelegenheit an.
Sie lag in den Handen der Lander des jetzigen Bundcsgebiets. Diese hatten sich schonim Jahre 1947 bemiiht, in der Bizone durch cine Arbeitsgemeinschaft der Lander-Fliichtlingsverwaltungen in Stuttgart die Aufgabe mit einheitlidien Pianungcn zu losen.
Die schweren Bombenschaden in den Industriegebicten hatten es zunachst unmog-lich gemacht, die Heimatvertriebenen dorc unterzubringen, wo potentielle Arbeits-
statten fiir sie vorhanden waren. Es muKten vielmehr Gegenden gewahlt werden,
in denen mehr Wohnraum erhalten gcblieben war, also landliche Gcbiete. Am meisten
belastet waren die Lander Schleswig-Holstein, Niedersadisen und Bayern. Dort fehlten"
aber Arbeitsplatze in ausreichender Zahl.
,• Die Vertriebenen erwarteten Wohnung und Arbeit, MogHchkeit dcr Existenz-
griindung, sozialrechtliche Betreuung und Entschadigung fiir ihre Vcrluste. BesondererFiirsorge bedurften vor allem die Frauen und Kinder. Es Hcgt auf der Hand, dafi diesc
^ Aufgaben die organisatorische Zusammenfassung aller Anstrengungen im ganzen Gc-bict der heutigen Bundesrepublik verlangte. Es wurde daher schon zu Bcginn des
Jahres 1949 innerhalb des Verwaltungsrats des vereinigten Wirtschaftsgebiets in Frank-furt/Main ein Amt fiir Fragen der Heimatvertriebenen geschaffen.
Bei der Bildung der Bundesrepublik Deutschland wurden diese Aufgaben einembesondcren Bundesministerium fiir Vertriebene ubertragen. Es iibernahm auch die
Aufgaben der Geschaftsstelle der Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Lander fiir
Kriegsgefangenen- und Heimkehrerfragen. Im Jahre 1951 wurde ihm eine Verbin-
dungsstelle zu dem Lande Berlin angeschlossen.
Das Bundesministerium fiir Vertriebene hatte zum ganz iiberwiegenden Teil die
Interessen der Vertriebenen auf Sachgebieten zu vertreten, fiir die ihm selbst die
Federfiihrung nicht zustand. Dadurch wurde die Arbeit sehr erschwert. In Unkenntnisder Regelung des Grundgesetzes, das die Durchfiihrung der Gesctze grundsatzlich
den L'andern iibertragt, wendeten sich zahllose Vertriebene und Fliichtlinge mit ihren
Einzelanliegen an den Bundesminister, bei dem sie alle Vollmachten vermuteten. Auchbei solchen Einzelantragen wurde, zum mindesten durch Beratung, geholfen.
Die unter diesen Umstanden in den abgelaufenen drei Jahren eingetretenen Ent-
wicklungen sind nadistehend fiir die einzelnen Sachgebiete dargestellt. Vereinzelte
Wiederholungen konnten nicht vermieden werdcn, urn die Sachdarstellung nicht zu
durchbrechen.
2. Die AufltI3rung im In- und Ausland
Eine wichtige Aufgabe des Bundesministeriums fiir Vertriebene war die Aufklarung
des In- und Auslands uber die Grofie dcs Fluchtlingsproblems. Hcute befinden sich
noch etwa 200 000 heimatlose Auslander oder sonstige auslandisdie Fluchtlinge imBundesgcbiet. Fcrner leben hier etwa 8,2 Millionen heimatvertriebene Deutsche undetwa 1,8 Millionen Zuwanderer aus dcr sowjetisch-besetzten Zone.
Duroh mehr als Hunderttausend Druckschriften, Zeitungsartikel, Statistiken undKartenmaterial, besonders audi in fremden Sprachen, sowie durch Vortrage, Rund-funk und Film wurde der Orient I ichk cut im In- und Ausland eine Vorstcflung von
der Grofie und Vielfalt des Fliichtlingsproblcms vermittck. Dabei wurde audi auf
Wortlaut und Geisc der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen" verwiesen. Sie
hale den Rechtsansprudi auf die angestammte Heimat aufrecht, spridic aber ausdriick-
lidi den Verzicht auf Vergcltung aus. Sie bekennt sidi zur Mitarbeit am Wiederaufbau
Deutschlands und bei der Schaffung eines geeinten Europas.
Im Inland wurde die Bedeutung der Tatsache, dafi der Anteil aller Fluchtlinge
an der Einwohnerzah! des Bundesgebietes mehr als 20o/o betragt, in ihrer vollen
Tragwcitc mehr und mehr gewiirdigt. Das Ausland hatte, entsprechend der politischen
Situation des Jahres 1945, zunadist als Fluchtlinge nur die Angehorigen der Vereinten
Nationen anerkannt, die bei Kriegsende in Deutschland lebten. Die Statuten der
UNRRA und der IRO unterstutzten diese Auffassung und schlossen ausdriicklich die
deutschen Vertriebenen von jeder Betreuung aus. Daher war das Ausland nach Ein-
stellung der IRO-Tatigkeit der Auffassung, es gabe in Zentraleuropa kein FluchtHngs-
problem mehr. General Clay hatte noch im Jahre 1948 erklart, das Vertriebenen-
problem sei eine rein deutsdie Angclegenheit. Das Bundesministerium fiir Vertriebene
war unablassig bemiiht, hier Aufklarungsarbeit zu leisten, und fand dabei die Unter-
stiitzung zahlreicher in- und auslandischer Wohlfahrtsorganisationen, Privatpersonen,
kirchlicher und amtlicher Stellen. Erfreulichcrweise haben inzwisdien fast alle verant-
wortlichen Stellen der Welt erkannt: Das deutsdie Vertriebenenproblem ist nicht nur
fiir die Bundesrepublik ein Problem crster Ordnung. So erklarte der UNO-Fliicht-
lingskommissar am 3. 9. 1951, das deutsdie Vertriebenenproblem gche wegen seiner
Auswirkungen die gesamte freie Welt an.
Das Ausland war zunachst nur bereit, durch Erleichterung der Auswanderung zu
helfen. Durch sta'ndige Aufklarungsarbeit gelang es aber, das Ausland audi davon zu
iiberzeugen, daS angesichts der Alters- und Gcsdileditsstruktur der Bevolkerung undder hemmenden Bestimmungen der Einwanderungslander nicht die Auswanderung —wie noch im ,,Walterbericht" im Februar 1 950 dargelegt — sondern die EingHederungder Vertriebenen im Bundesgcbiet die beste Losung des Vertriebenenproblems sei.
Die BSonne-Kommission", die aus unabhangigen amerikanischen Sachverstandigen
und deutschen Fachleutcn bestand, die nicht Vertriebene waren, bestatigte in ihremGutaditen die deutsdie Auffassung. Sie befurwortete eine Eingliederung der Ver-
triebenen im Bundesgebiet durch Wohnungsbau, landliche Siedlung, Arbeitsplatz-
beschaffung, Griindung selbstandiger Existenzen sowie Umsiedlung und kam daruber
hinaus zu dcm Ergebnis, dafi diese Aufgaben die Kraft der Bundesrepublik iiberstcigen
und dahcr auslandische Hilfc notwcndig sei.
Im Dezember 1950 beschlofi die UNO die Schaffung eines Fliichtlingsstatuts unddie Ernennung eines Hohen Kommissars fur Fliichtlinge. Zwar wurdcn die deutschen
Vertriebenen nicht in dieses Statut einbezogen, weil es sich nur auf solche Fliichtlinge
bezichen sollte, denen vom Aufenhaltsland nicht die gleidien Rechte und Pflichten
zuerkannt werden, wie sie dessen Staatsbiirger geniefien. Das Statut weist jedoch kcine
Diskriminierung deutscher Vertriebencr mehr auf.
Veranlafit durch den Hinweis des Hohen Kommissars der UNO auf die Inter-
nationale Bedeutung des Fliichtlingsproblems in Deutschland, lenkte Konigin Juliane
der Niederlande durch ein Schreiben an den Prasidentcn der USA dessen besondereAufmerksamkeit auch auf das deutsche Vertriebenenproblem. Die beratende Ver-sammlung und der Ministerrat des Europarates in Strafiburg beschaftigten sich mehr-fach mit dem Vertriebenenproblem. Erne Sachverstandigenkommission aller Mitglieds-
lander erstellte im Jahre 1951 einen ausfiihrlichen Bericht iiber die europaischen Be-volkerungs- und FluchtHngsprobleme. Auch der Europarat erkannte die Notwendig-keit internationaler Hilfe an. Eine SonderabteUung des Sekretariats bearbeitet jetzt
ausschliefilich Bevolkerungs- und Fliichtlingsiragen. Der Ministerrat der OEEC, das
Internationale Arbeitsamt und das ZwischenstaatHchc Komitee fiir Auswanderung aus
Europa bcfafiten sich ebenfalls wiederholt und anhaltend mit dem deutschen Ver-triebenenproblem. Fast an alien diesen Vorgangen war das Bundesministerium fiir
Vertriebene aktiv und maSgeblich beteiligt.
Die Entwiddung der Vertriebenen-Bevdlkerung
und der Zugewanderten aus der sowjetisdien Besatzungszone und Berlin
vom 29. 10- 1946 bis 1. Oktober 1952
Anlage 2/1
Bcvolkcrunginsgesamt
davon
DerkhtszcitEinheimische 1
)
Zahl v. H.Vertricbc
Zahlnc»)
v.H.Zugewanderte *)
Zahl v. H.(Sp. 1) (Sp. 1) (Sp. 1)
1 2 3 4 5 6 7
29. Oktober 1946 43942200 36 965 782 84,1 5955 404 13,6 1021014 2,3Juli 1948 46958 000 40 011017 85,2 6 946 983 14,8
31.Dczcmbcr 1949 47 679 000 38 715114 81,2 7674 739 16,1 1 289 147 2,713. September 19501. Oktober 1951
47 695 672 38 264 386 80,2 7876 211 16,5 1 555 075 3,348 195 000 38 393 502 79,6 8 082 598 16,8 1718 900 3,6
1. April 1952 48 370 900 38 441600 79,5 8143 600 16,8 1785 700 3,71. Oktober 1952 48 593 500 38 522000 79,3 8 214 400 16,9 1 857 100 3,8
*) Juli 1948 Einheimische einsclil. Zugewanderte
Zu- (+) bzw. Abnahme (—
)
Bcvolkcrung insgesamt Einheimische Vcrtriebene Zugewanderte
Absolut v.H. Absolut v.H. Absolut v.H. Absolut v.H.
13. 9. 50 zum 29. 10.46....1.10.52zum29. 10.46....1.10. 52 zum 13. 9.50....
+3 753 472+4 651 300+ 897828
8,5
+10,6+ 1,9
+1298 604+1 556 218
+ 257614
+3,5+4,2+0,7
+1 920 807
+ 2 258 996
+ 338189
+32,3+37,9+ 4,3
+534061+836086+302 025
+52,3+81,9+ 19,4
l) Vertriebene: Pcrsoncn, die am 1. September 1939 in den deutschen Ostgebieten unter tremder Vcrwaltung, m Saargcbict oder im Ausland gc-wohnt haben, letztere soweit sie Deutsch als Muttersprache haben.
3) Zugewanderte: Pcrsoncn mit Wohnsitz am 1. September 1939 in Berlin sowie im Gebict der sowjetischen Besatzungszone.
Die Bevolkerung nach Altersgruppen(Ergcbnissc dcr Volks- und Berufszahlung vom 13. 9. 1950)
Anlage 2/2
Bevolkerunffdavon
Altersgruppen(Jahrc)
Vcrtricbcnc Ubrige Bevolkerunginsgesamt Anteil Zahl v.H. Anted Zahl 1 v. H. Anteil
(Sp.D l(Sp-l)
1 2 3 4 5 6 7 8
A. mannlich
bis untcr 6 . .
.
2006 256 9,0 343 273 17,1 9,3 1662983 82,9 8,96„ „ 14... 3323724 14,8 593 185 17,8 16,0 2730539 82,2 14,714 „ „ 18... 1500913 6,7 256019 17,1 6,9 1 244 894 82,9 6,718 „ „ 21... 1 047 075 4,7 185 722 17,7 5,0 861353 82,3 4.621 „ „ 25... 1403090 6,3 267 861 19.1 7,2 1 135 229 S0.9 6,125 „ „ 30... 1 520 538 6,8 309 551 20,4 8,3 1 210 987 79,6 6,530 „ „ 40... 2611426 11,7 479 786 18,4 12,9 2131640 81,6 11.440 „ „ 50... 3 504 753 15,7 ' 548 760 15,7 14,8 2955 993 84,3 15,950 „ „ 60... 2499 641 11,2 367082 14,7 9,9 2 132 559 85,3 11,460 „ ,. 65... 940797 4,2 124 963 13,3 3,4 815 834 86,7 4.465 „ ., 70... 790 932 3,5 95 523 12,1 2,6 695 409 87,9 3.770 und alter 1 201 547 5.4 137 675 11.5 3,7 1 063 872 88,5 5.7
Summc :. 22 3506921100,0 3 709 400
|16,5 100,0 18641292 83,4 100,0
B. weiblich
bis unter 6 . .
.
1 912 671 7,5 326 165 17,1 7.8 1 586 506 82,9 7,56„ „ 14... 3192739 12,6 570 102 17,9 13,7 2 622637 82.1 12,414 ,. , 18... 1 447 187 5,7 247466 17,1 5.9 1 199 721 82,9 5,718 „ , 21... 1004 840 4,0 177858 17,7 4,3 826 982 82,3 3,921 „ , 25... 1 450 075 5,7 261156 18,0 6,3 1 188 919 82,0 5,625 „ , 30... 2 026 193 8,0 380011 18,8 9,1 1 646 182 81,2 7,830,. . 40... 3 470010 13,7 578 788 16,7 13,9 2891222 83,3 13,640.. . 50... 4 041 702 15,9 626 057 15,5 15,0 3 415 645 84,5 16,150., . 60... 3 158 189 12,5 481531 15,2 11,6 2 676 658 84,8 12,660.. , 65... 1209 980 4,8 181136 15,0 4,3 1028844 85,0 4,965 ., , 70... 971903 3,8 138150 14,2 3,3 833753 85,8 3,970 und alter 1459491 5,8 198 391 13,6 4,8 1 261 100 86,4 6,0
Summe 25 344980 100,0 4 166 811 16,4 (100,0 21 178 169 83,6 100,0
C. Insgesamt
bis untcr 6 . .
.
3918 927 8,2 669 438 17,1 8,5 3 249 489 82,9 8,26.. „ 14... 6 516463 13,7 1 163 287 17,9 14.8 5 353 176 82.1 13,514.. , 18... 2 948 100 6,2 503 485 17.1 6,4 2 444615 82,9 6,118 ., . 21... 2 051 915 4,3 363 580 17.7 4,6 1 688 335 82.3 4,221 .. , 25... 2 853 165 6,0 529 017 18,5 6,7 2 324 148 81,5 5,825 ., , 30... 3 546 731 7,4 689 562 19,4 8,7 2857169 80,6 7.230 „ , 40... 6 081 436 12,7 1 058 574 17,4 13,4 5 022 862 82,6 12,640 „ , 50... 7 546 455 15,8 1 174 817 15,6 14,9 6 371 638 84,4 16,050 „ , 60... 5 657 830 11,9 848 613 15,0 10,8 4 809 217 85,0 12.160 „ . 65... 2 150 777 4.5 306 099 14,2 3,9 1844678 85,8 4,665 „ . 70... 1 762 835 3,7 233 673 13,3 3,0 1 529 162 86,7 3,970 und alter 2661038 5,6 336 066 12,6 4.3 2 324 972 87,4 5,8
47 695 672 100,0 7876 211 16,5 100,0 39 819 461j
83,5 100,0
Quelle: Statist.Jahrbuch 1952 fur die Bundcsrcpublik Deutschland, Seite 26/27.
Anlagc 2/3
Die Bevdlkerung nach Familienstand und Geschlecht
(Ergcbnissc dcr Volks- und Bcrufszahlung vom 13. 9. 1950)
BcvoJkemnt* davon
Familien-
standinsgesamt Anteil
Vertriebene
Zahl v. H.(Sp.l)
Anteil
Ubrigc BevolkerungZahl v. H. Anteil
(Sp.l)
1 2 3 4 5 6 7 8
LcdigVcrhciratet (1) . .
.
VerwitwetGeschieden
10 664 506
10 721 355751 115213716
47,7
48,0
3,4
0,9
A
1 894 5801 663 982113 65037188
mannl
17,8
15,5
15,1
17,4
ich
51,1
44,8
3,1
1,0
8 769 9269 057 373637 465176 528
82,2
84,5
84,9
82,6
47,1
48,6
3,4
0,9
Sum;::*.'
(1) davon:
zusammenlebendv.H.d.Vcrhcirat. .
LcdigVerheiratct(l) ...
22 350 692
10 341 38396,5
10 874 143
110511903 032 716386929
100,0
42,9
43,6
12,0
1,5
3 709400
1 542 27692,7
B
1 862 268
1 681 824563 28559 434
16,5
wcibl
17,1
15,2
18,6
15,4
100,0
ich
44,7
40,4
13,5
1,4
18 641 292
8 799 107
97,1
90118779 3693662 469 431
327 495
83,4
82.9
84,8
81,4
84,6
100,0
42,6
44,2
11,7
1,5
(1) davon:zusammenlebendv.H.d.Vcrhcirat. .
Verheiratet (1) ...
VerwitwetGeschieden
25 344 980
10 341 38393,6
21 538 65121 772 5453783 831
600645
100,0
45,2
45,6
7,9
1,3
4166 811
1 489 105
88,5
C.
3 756 8403 345 806676 93596 622
16,4
Insgesc
17,4
15,4
17,9
16,1
100,0
mt
47,7
42,5
8,6
1,2
21 178 169
8 852 278
94,5
17 781 80318 426 7393106 896504 023
83,6
82,6
84,6
82,1
83,9
100,0
44,6
46,3
7,8
1.3
(1) davon:zusammenlebendv.H.d.Vcrhcirat. .
47 695 672
20 682 76695,0
100,0 7 876211
3 031 38190,6
16,5 100,0 39 819 461
17 651 38595,8
83,5 100,0
Quelle: StacistischesJahrbuch fur die Bundcsrepublik Dcutschland 1952, Scitc 26/27.
3. Die heimatlosen Ausliinder und sonstigen auslandisdien FlucMUnge
Zur Zcit der Kapitulation befanden sich etwa adit Millionen „Verschlcppter Per-
sonen und Fluchtlinge" (DP's) im Bundesgcbiet.
Dieser Pcrsoncn nahm sich zunachst die UNRRA und spater die IRO an. Die mei-
sten Auslander kehrren freiwillig in ihrc alte Hcimat zuriick. Vielc Ostcuropaer aber
glaubten aus politischen oder anderen Griinden diesen Sdiritt nidit wagen zu konnen.
Die IRO sctztc sich besonders fiir die Auswanderung nach Obersee ein und konnte
bis zum Herbst 1951 ctwa 900 000 DP's aus Deutschland zur Auswanderung ver-
helfen. Zu den Unkosten der UNRRA und IRO steuerte die Bundesregierung
2,5 Mrd. Mark bei. Am 31. 1. 1952 stellte die IRO ihre Tatigkeit im Bundesgcbiet
endgiiltig ein.
Bereits am 30. 6. 1950 hatte die Bundesregierung die Betreuung der im Bundes-
gebiet.befindlichen DP's ubernommen. Richtschnur fiir diese Arbeit wurde das Gesetziiber die Rechtsstellung heimatloser Ausliinder im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951.
Dieses Gesetz bat im Ausland groRe Anerkennung gefunden und geht zum Teil ubcrdie Bestimmungen der UNO-Fluchtlingskonvention vom 28. 7. 1951 hinaus.
Die Bundesregierung ist sich ihrcr besondcren Verantwortung gegeniiber den DP'sbewufit. Da die Massenauswanderung der DP's wegen der erschwerenden Bestimmun-gen der Aufnahmelander jetzt als nahezu beendet angesehen werden mufi, tritt nundas Ziel der Bundesregierung, die DP's in das dcutsdie "Wirtschaftslcben einzuglicdern,
starker in den Vordergrund. Es handelc sich zur Zeit um etwa 200 000 Personen, vondenen noch 45 000 in Lagern und Heimen untergebracht sind. VoraussichtHch werden80 000 bis 100 000 alte und erwerbsunfahige Auslander, die nicht mehr in das Wirt-
schaftsleben eingegliedert werden konnen, als sogenannter charter Kern* standig In
Deutschland bleiben.
Fiir Eingliederungszwecke werden Existenzaufbaudarlehen aus einem Fonds bei
der Lastenausgleichsbank gegeben. Die von der IRO zur Verfugung gestcllten 1,5 Mil-
lionen DM haben sich als unzurcichend crwicsen. Daher stellte die Bundesregierung
einen Zusatzbetrag von 2 Millionen DM zur Verfugung. Aus Restguthaben der IROsollen nodi eimge Millionen DM gegeben werden. Die Ausgaben fiir orlentliche Fiir-
sorgeunterstutzung betrugen 35 Millionen DM allein in den Haushaltsjahren 1950und 1951.
Es wird versucht, eine grSSere Zahl heimatloser Auslander zu ihrer eigenen besse-
ren Eingliederung in die deutsche Wirtschaft und zur Entlastung der Lander Bayern,Niedcrsachsen und Schleswig-Holstein auf Grund freiwilligcr Meldung in die ubrigen
Lander umzusiedeln. Fiir den mit der Umsiedlung verbundenen Wohnungsbau sind
von der Bundesregierung bisher 2 Millionen DM bcreitgestcllt. Ferner wurden bereits
fiir heimatlose Auslander als Ersatz fiir geraumte Kasernen und aufgelostc LagerWohnungcn im Werte von etwa 100 Millionen DM gesdiaffen.
Etwa 50 000 DM wurden der Vertretung des UNO-Fliichtlingskommissars zurkulturcllen Betreuung der unter seinem Mandat stehenden Fliichtlinge aus Bundes-mittcln iibcrwicscn. Sowcit die heimatlosen Auslander noch in Lagern wohnen,stehen ihnen audi dort Kindergarten und Schulcn zur Verfugung. Um den heimat-losen Auslandern das Einleben in Deutschland zu crlcichtcrn, gab das Bundcs-ministerium fiir Vertriebenc einen „Ratgcber fiir heimatlose Auslander heraus.
Auf Landesebene wurden DP-Beirate und Arbcitsgcmcinsdiaften gebildet, in denenneben Bchorden und karitativen Verbanden auch die heimatlosen Auslander ver-
treten sind.
Die Ausiander') im Bundesgebiet1)
f)vom 1. Januar 1951 — 1. Juli 1952
Anlage 3/1
Staatsangehorigkeit3)
Auslander imBundcsgc bice am:
1. Januar 1951Zahl v. H. Anteil
1. Juli 1951
Zahl v.H. I Anteil
1. Januar 1952Zahl v.H. Antcil
1. April 1952Zahl H. Antcil
1. Juli 1952Zahl v.H. Antcil
A. Ost-und Sudosteuropa(in der Hauptsache heirnatlose
Auslandcr)
Bulgaricn
JugoslawienPolen*)
RumanicnTschcchoslowakciUngarnUdSSR6
)
Ehemalige Baltische Staaccn
davon : Estcntcttcn
Litaucr
Summc
B. Obriges Europa
C. Obriges Ausland
D.Staatcnlosc (in dcr Hauptsachehcimatlose Auslandcr)
Insgesamt
Zu- (+) bzw. Abnahme (—
)
Januar 1951 gegen Juli 1952
168925 013119 6869 74915 6642055514 98943 0637 183
25 31110 569
0,7
10,0
47,8
3,9
6,2
8,2
6,0
17,2
163323 34310S7789 21514 83418 06814 660
36 9736 61520 5739 785
0,7
10,5
47,8
4,1
.6,5
7,9
6,4
16,3
250408
170 574
31935
56 374
100,0 49,1
33,5
6,3
11,1
227 504
185 514
23 019
56 691
100,0
509 291 100,0 492 729
148321465871018 43513 09415 53713 794
28 7235 34016 0167367
0,8
11,3
45,9
4,5
6,9
8,2
7,3
15,1
14432088978 3248 03212 31614 301
1409825 0984 62314 2106 265
0,8
12,0
14,9
4,6
7,0
8,2
8,1
14,4
156520 54977 3396 8451190814 03913 886
251334 462140006 671
0,9
12,0
45,2
4,0
6,9
8,2
8,1
14,7
46,2
37,6
4,7
11.5
189 632
188 216
22 892
55 652
100,0 41,6
41,2
5,0
12,2
100,0 456 392 100,0
174 501
195 584
21 152
54 453
100,0 32,2
43,9
4,7
12,2
445 690 100,0
171 264 100,0
199 340
22 360
53 005
445 969 —
-12.4%
*) Auslandcr in und auBerhalb von IRO-Lagern. - *) Die im Bundesgebiet wohnhaft polizcilich gemcldelen Auslandcr. - *) Ohne Land Baden. -a) In Zwcifclsfallen Staatsangehorigkeit am 1. 1. 1938. - *) Einschl. Ukraincr aus Polen. - *) Einschl. Ukrainer aus der UdSSR.
38,4
44,7
5,0
11.9
100,0
Die Kosten fur heimatlose Auslander werden zu 85 Prozent vQrn Bund getragen.
Einen besonders anerkennenwerten Beitrag zur Betreuung der DP's leistetcn
die auslandischen Hilfsorganisacionen zusammen mit den cntsprechenden deut-
schen Vcrbandcn. Die Bundesregierung gewahrte den wichtigsten vier auslandischen
Organisationen fiir diesc Zwecke nach Beendigung der IRO-Tatigkeit cine Ober-bruckungsbeihilfe von 150 000 DM.
Besonders begruBt wurde die Bereitstellung von 2,9 Millionen Dollar aus denMitreln der Ford-Stiftung, die den heimaelosen Ausl'andern und erstmals auch dendeutschen Vertriebenen zugute kommen.
Infolge der Spannungen zwischen Ost und West suchen auch jetzt noch zahlreiche
auslandischc politische Fluchtlinge Asyl im Bundesgebiet. Die Rechtsstellung dicser
Auslander wird durch das Abkommen iiber die Rechtsstellung der Fluchtlinge (UNO-Fliichtlingskonvention) vom 28. 7. 1951 bestimmt werden, an dcren Ausarbeitung
die Bundesregierung beteiligt war. Ein Gesetzentwurf zu seiner Ratifizierung licgt
zur Zeit dem Bundestag vor. Danach soil die UNO-Fluchtlingskonvention im Bun-desgebiet bereits vor der internationalen Inkraftsetzung angewendet werden.
Die Frage der Anerkennung und Verteilung der auslandischen Fluchtlinge, die imBundesgebiet Asyl suchen, ist durch eine Asylverordnung geregelt ^orden.
4. Die Aussiedlung von Deutschen (Operation Link) und die Rtickfuhrung
von Vertriebenen aus dem Ausland
In den polnisch und sowjetisch verwalteten Gebieten ostlich der Oder-Neisse-
Linie, in der Tsdiechoslowakei, in Ost- und Siidosteuropa befinden sich noch viele
Hunderttausende Deutscher unter fremder Verwaltung. Die Bundesregierung fiihlt
sich vcrpflichtet, sich dieser Personen besonders unter dem Gesichtspunkt der Familien-
zusammenfuhrung anzunehmen.
Bereits im Herbst 1949 erwirkte sie bei der Alliierten Hohen Kommission, dafi
Vcrhandlungen mit der polnischen und tschechoslowakischen Regierung wegen einer
Zusammenfiihrung der durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse getrennten Fami-
licnangchorigen aufgenommen wurden. Die Alliierte Hohe Kommission beschrankte
diesc Mafinahme allerdings auf Angehorige der cngeren Familie und begrenzte sie
zahlenmafiig auf 25 000 Personen aus den deutschen Ostgebieten unter polnischer Ver-
waltung (Operation Link) und auf 20 000 Personen (Sudetendeutsche) aus der
Tschechoslowakei.
Das Deutsche Rote Kreuz registrierte bis heute etwa 200 000 Aussiedlungswillige
aus den polnisch verwalteten Gebieten, 65 341 aus der Tschechoslowakei, 2164 aus
Ungarn, 5349 aus Rumanien und iiber 19 500 aus Jugoslawien.
Der vorlaufigen Unterbringung der Aussicdler dicnen scit 1950 die Lager Fried-
land bei Gottingen und Furth im Wald und seit 1952 auch die Lager Schalding bei
Passau und Piding bei Reichenhall. In diesen Grenzdurchgangslagern verteilen Beauf-
tragte der Bundesregierung die Neuaufgenommenen auf die Lander des Bundes-
gebietes. Das Verteilungsverfahren wurde zunachst durch die Verordnung vom 8. 2.
1951 und spater durch die Verordnung vom 28. 3. 1952 geregelt.
11
Dcr Vertcilungsschlusscl wurde vom Bundesrat wie folgt festgesetzt:
Baden 15%*Wurttemberg-Baden 9%,Wurttembcrg-Hohenzollcrn 15°/o
Baden-Wiirttemberg 39%Bremen 2%Hamburg 3%.Hessen 9%.Nordrhein-Westfalen 17%Rheinland-Pfalz 30%.
Die Aussiedler erhalten in den Grenzdurdigangslagern ein Oberbriickungsgcld von20,— DM fur den Haushaltsvorstand und 10,— DM fur jedes wcitere Famtlien-mitglicd.
Aus den deutsdien Gebieten unter polnischer Verwaltung und aus Polen wurdeninzwischen etwa 45 000 Deutsche ubernommen. Diese Zahl iiegc weit iiber dem vonder Alliierten Hohen Kommission zugelassenen Kontingent. Die polnischen Behordenhielten sich aber keineswegs an die deutsdien Vorschlagslisten. Daher blieb eine sehr
grofle Zahl dringlichcr Antrage aui Familienzusammenfiihrung unerfiillt. Ab Fe-bruar 1951 begannen die polnischen Behorden wieder damit, monatlich einen Trans-port zusammenzustcllen. Es wurden aber nur solche Personen crfafit, deren engsteFamilienangehorige in dcr sowjetisch besetzten Zone leben.
Aus der Tschechoslowakei wurden 17 000 Deutsche (vorwiegend Sudetendeutsche)ausgesiedelt. Die zunadist vereinbarte Zahl von 20 000 wurde somit von der tsehecho-
slowakischen Regierung nicht erfiillt. Auch hier war es nicht moglich, auf die Zusam-mcnstcllung dcr Aussicdlungstransporte wesentlichen EinfluG zu gewinnen.
Aus Ungarn ging ein einziger Transport nadi dcr sowjetisch besetzten Zone ab.
Aus Rumanien wurden in Sammeltransporcen iiber 1000 Personen in das Bundesgebietiiberfuhrt. Auch die rumanischen Behorden lassen jetzt nur noch eine Familienzusam-menfuhrung nach der sowjetisch besetzten Zone zu.
Aus Triest wurden in sechs Transporten 730 Personen, meist volksdcutsche Fliicht-
linge aus Jugoslawien, in das Bundesgebiet aufgenommen. Die Aussiedlung von etwa7200 Volksdeutschen aus Jugoslawien sclbst war nur im Wege der Einzelausreisemoglich. Erst nach langwicrigcn Verhandlungen konnten die hier entstandenenSchwierigkeiten beseitigt werden. Nur fiir die Kinderriickfiihrung wcrden Transportezusammengestellt. In bishcr sechs Transporten kamen auf diese Weise 1044 volks-dcutsche Kinder zu ihren Eltcrn in das Bundesgebiet.
Das Ergebnis der Rot-Kreuz-Konferenz in Toronto vom So/rmer dieses Jahrcslafit eine gewisse Hoffnung, daft neue Vereinbarungen iiber weitere Familienzusammen-fuhrung erreicht werden.
In Dsterreich leben in grofier Zahl heimatvertriebene deutsche Staatsangehorige,die mit ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage aufierst unzufrieden sind. Viele vonihnen haben den Wunsch, in das Bundesgebiet umzuziehen. Nach Klarung dcr Staats-
angehorigkeitsfragen werden jetzt monatlich mehrere 100 Personen in den Grenz-durdigangslagern Schalding und Piding ubernommen.
Auficr diesen neu aufgenommenen Veruiebenen werden in den Grenzdurdigangs-lagern audi deutsche Staatsangehorige, die in geringer Zahl aus dem Ausland zuruck-gefuhrt werden und hilfsbcdiirftig sind, vorlaufig untcrgebracht. Sie wcrden auf Grundeiner Landervereinbarung den einzelncn I.iindern des Bundcsgebi:>:es zugewicsen.
12
AnIa B ft 4/1
Zugang In den Grenzdurchgangslagern1. Aussiedler
Hcrkunftsland 1950 1951 1952 i Summe
Deutsche Ostgebicte
antcr fremder Vcr-waltung und Polen(Operation Link) ....
Tschcchoslowakei ....
3176113 308
17913
3392
1509
125123 52436681031158124
50
257146
34072630181
1
44 53016 978
7 254m1070191
6971560Sorutige
47 165 21067 4048 72 280")
*) Hierunter befinden sich in gewisser Zahl deutsche Staatsangehorige, die erst nach 1945 als Fach-arbeitcr nach Jugoslawien gegangen sind.
*) AuBerdem wurden 1044 Kinder in 6 Transporten aus Jugoslawien zu ihrcn Eltern nach Deutsch-Jand gebracht.
2. Vertriebene,
die sich nach der Vertreibung im Ausland aufgehaken hattcn und von dort zuruckgefuhrt wurden
Aufenthaltsland
nach der Vertreibung1950 1951 1952 Summe
Italien
Spanien
5780113335
31
15191240167149
107493
6 845
1617130
74124521
84212937410256236
1045
319 3 675 9311 13 305')
') Hierunter befinden sich in geringer Zahl auch deutsche Staatsangehorige, die nicht Vertriebene sind,
aber aus dem Ausland rcpatriicrt wurden und hufsbedurftig sind.
3. Ausgewiesene undZuwandererausdem Saargebiet
1950 1951 1952 Summe
13 23
Zusammenstellung
10 -16
1950 1951 1952 Summe
1. Aussiedler 47165
319
13
21067
3 675
23
4048
9311
10
72 2802. Ruckgcfuhrtc
3. Ausgewiesene undZuwandercr aus dem
13305
46
Insgcsamt 47 497 24765 13369 85631
13
Anlage 4/2
Verteilung der Aussiedler und neu aufgenommenen Vertriebenen
in den Grenzdurchgangslagern
Lander
Direktc Weiterleitung
(Familicnzusammenfuhrung)
1950 1951 1952 iSummc
Verteilung
nach dem SchlusscI
1950 1951 1952 Summc
Gc-samt-Summe1+2
BadenWurttembcrg-BadcnWiittemberg-HohenzoUcrn
Baden-WiirttembcrgBaycrnBremenHamburgHesscnNicdersachsenNordrhcin-WcstfalenRheinland-PfalzSchleswig-Holstcin
Summe
Berlin-West
Sowjetische Besatzungszonc
Sonstigc
Insgesamt
2951675419
229
654312
295216207
819
2 545938
2 576
15512 532
218712512193
2129748
1 150
6 8923 550
5 875
7 711
60956 813
23896498202433
24828 341
7 339581
1977
1 195 7181935 650140 76275 36667 183
2 270 1242716 332435 161749 30
4 3029083418744
3 33210 735
10 38711772 756
665976328268
15635
30405098
3
30242
493
163
10382
16810
294
30457 10 854
2310
5524
389
42 934
27237457
437001
)
17 040
17 040
5 631
26268554
11874
21484 093
4 027
247421
987
18983400
16317102843
12433737
97 08612 591
3
20 619
91851261198770691074417 47313 7682759
13 911 10980
13 911 10 980
41 931 84 865
27237
457
41931 85631')
*) AuCerdem wurden 1044 Kinder in 6 Transporten aus Jugoslawicn in das Bundcsgcbict gcbrachtund zu ihrcn bcrcits hier lebenden Eltern weitergelcitet.
14
5. Die Zuwanderer aus der sowjetlsdi besetzten Zone
Der anhaltende Zustrom von Fluchtlingen aus der sowjetisch besetzten Zone hat
die Bundesregierung vor besonders schwere Aufgaben gestellt.
Eine Lenkung dieses Zustroms war erstmals in einer Landervereinbarung vom11. 7. 1949 versucht worden. Auf Gmnd dieser „Uelzener Enrscbliefiung" wurden
die Zuwanderer durch Liinderkommissionen unter Aufsicht von Bundesbeauf-
tragten in den zentralen Durchgangslagern Uelzen und Giefien iiberpriift und nach
Aufnahme auf die Lander des Bundesgebietes verteilt.
Am 22. 8. 1950 erliefi die Bundesregierung das Notaufnahmegesetz, das den Flucht-
lingen, die die sowjetisch besetzte Zone wegen einer drohenden Gefahr fiir Leib undLeben, fiir die persbnliche Freiheit oder aus sonstigen zwingenden Griindcn verlassen
mufiten, ein Anspruch auf Gewahrung der standigen Aufenthaltserlaubnis zusteht.
Die Durchfiihrungsverordnung vom 11. 6. 1951 bestimmt die Notaufnahmelager,
regelt das Verfahren und unterstellt es der Aufsicht des Bundesministers fiir Ver-
triebene. Durch Bundesgesetz vom 21. 7. 1951 in Vcrbindung mit dem Berliner Gesetz
vom 21. 12. 1951 wurde das Notaufnahmegesetz audi auf Berlin ausgedehnt.
Das Ausmafi der den Notaufnahmedicnststellen iibertragenen Aufgaben ergibt sich
aus folgenden Zahlen iiber die in den Notaufnahmelagern Giefien, Uelzen und Berlin
gestellten Notaufnahmeantrage seit 1. 9. 1949:
Zeitraum Gicfien Uelzen Berlin insgesamt
1949 22 487 36 758 — 59 245
1950 58 808 7S 583 — 137 391
1951 45 621 60 758 — 106 379
1952 23 405 48 097») 128 906 2
)182 393 3)
Summe 150 321 224 196 128 906 2) 485 408 3)
i) davon: 30 082 Antragsteller aus Uelzen,
18 015 alleinstchende Jugendliche unter 25 Jahrcn aus Berlin.
') davon: 112 168 neue Antragsteller (seit Februar 1952)
und 16 738 im friiheren Berliner Anerkennungsverfahren behandeltc
Personen.
) Abzuglich 18 015 Jugendliche, die in Uelzen und Berlin nachgewiesen sind.
Davon wurden durch die Aufnahme- und Beschwerdeausschiisse aufgenommen:
Zeitraum GieBen Uelzen Berlin insgesamt
1949 3 625 5 971 — 9 596
1950 12011 15 662 — 27 673
1951 12 795 20 881 — 33 676
1952 18 478 37 475 57 658 113611
Summe 46 909 79 989 57 658 184 556
15
Der Prozentsatz der Aufgenommenen an der Zahl der von den Ausschiissen Ober-priiften betrug in 1950 1951 1952
Gicfien 33,2 V© 40,0% 81,9%Uelzen 29,4 V© 43,8 % 84,2 '/«
Berlin _— —_ _ _ 69,4 %Summe "
30,9 Vo 42,3 */o" 75~6~%
bzw. Durchschnitt
Dabei wurden die alleinstehenden Personen bis zum 24. Lebensjahr bis August1951 unmittelbar von den Landern aufgenommen. Ihre Zahl ist dcshalb in den Auf-nahmezahlen von 1949/1950 nicht und von 1951 nur teilweise enthaltcn, wahrcnd sie
die Aufnahmequote von 1952 wesentlich erhoht haben.
Der grofite Teil der Abgelehnten blieb trotz Versagung der Notaufnahme ira
Bundesgebiet und verscharfte dadurch die Lage auf dem Wohnungs- und Arbeits-
markt.
Audi von den nach dem Berliner Gesetz iiber die Anerkennung als politischer
Fliichtling vom 30. 9. 1950 in der Zeit von 1949 bis Januar 1951 abgelehnten etwa109 000 Zuwanderern ging ein grower Teil in das Bundesgebiet. Hinzu kommcn nodidie unmittelbar von den Landern aufgenommenen Personcn, d^ren Zahl auf etwa600 000 gesdiatzt wird, und die grofic Zahl der illegal in das Bundesgebiet gekom-mencn Personen, iiber die zuverlassige Schatzungcn nidit moglich sind.
Die Verteilung der in Uelzen und Giefien notaufgenommcnen Zuwanderer erfolgt
nach einem vom Bundesrat festgelegten Schlussel, nach dem seit 1. A. 1952 Nordrhein-Westfalen 64,2 %, Baden-Wurttemberg 21 %, Hcssen 5 °/o, Bayern und Rheinland-Pfalz je 3 %, Hamburg 2,6% und Bremen 1,2 °/o aufzunehmen hatten. Die LanderNicdcrsachscn und Schleswig-Holstein wurden von der Aufnahme von Fluchtlingen
aus der sowjetisch besetzten Zone freigestellt. Auf die besondcren Verhaltnisse in
Berlin wurde dadurch Ruoksicht gcnommcn, dafi nach Berlin nur 20 % der in Berlin
Aufgenommencn eingewiesen wurden, wahrend 80 % in das Bundesgebiet eingeflogenwurden.
Bci der Verteilung legte das Bundesministerium fur Vertriebcne Wert darauf,
dafi Aufgenommenc nur in Lander und in Gemeindcn eingewiesen wurden, in denensie nicht nur Unterkunft, sondern audi Arbeit erhalten konnten.
Die Sperrmafinahmen an der Zonengrenze und die gleichzeitig immer starker
werdenden Bestrebungen zur Sowjctisierung der sowjetisch beset/ten Zone fiihrtendazu, daft seit Juni 1952 sich der Zustrom uberwicgend nach Berlin verlagerte. Dortbeantragten seitdem durchschnittlich 15 000 Personen im Monat die Notaufnahme.Dieser neuen Situation trug die Bundcsregicrung sofort dadurch Rechnung, daft sie
crstmals 5 Millionen DM fiir die Errichtung eines NotaufnahmeUgcrs in Berlin zurVerfiigung stellte. Ferncr ordnete sie in der Verordnung vom 17. 8. 1952 an, daSZuwanderer zur vorlaufigen Unterbringung audi in die Lander eingewiesen werdenkonnen, die bisher von der Zuweisung ausgenommen waren. Der Anteil Berlins ander Einweisung der in Berlin aufgenommenen Zuwanderer wurde im November 1952vom Bundesrat von 20% auf 10% herabgesetzt. Ab 1. 1. 1953 ubernimmt die
Bundesrepublik 96 %, Berlin 4% der aufgenommenen Zuwanderer.Der stark anhaltende Zustrom von Zuwanderern aus der sowjetisch besetzten
Zone hat cine sehr ernste Lage geschaffen, die fiir Berlin zuerst und dann fiir die
Bundesrepublik einc schwerc Dauerbelastung darstellt. Mafinahmen der Bundesrepublikfiir den Wohnungsbau fiir Zuwanderer aus der Sowjetzone siehe audi Kapitel 7 (DerWohnungsbau).
16
Die Zugewanderten1)
aus der sowjctischen Besatzungszone und Berlin
im Buiidesgebiet
vora 29. Oktobcr 1946 bis 1. Oktober 1952
Anlage 5/1
Bcrichtszcit
29. Oktobcr 1946..
1. Oktober 1948 2)
1. April 1949 2)
l.Juli 1949..l.Januar 1950..1. April 1950..l.Juli 1950..
13. September 1950.
.
l.Januar 1951..1. April 1951..l.Juli 1951..
1. Oktober 1951..
l.Januar 1952..1. April 1952..
l.Juli 1952..
1. Oktobcr 1952..
Zugewandcrtc
insgesamt v. H.(1000 Pcrsoncn) der Bcvolkeruug
021,0832,9765,0
811,8
289,1
269,0322,7555,0
604,1
639,4673,4718,9758,5785,7
817,5
857,1
2,3
2,0
1.8
1,7
2,7
2,7
2,8
3,3
3,5
3,4
3,5
3,6
3,6
3,7
3,7
3,8
Zu- (+) bzw. Abnahmc (—) Oktober 1952 gegen 29. Oktobcr 1946 + 81,9 %•
*) Pcraonen mit Wohnsltz am 1. September 1939 in Berlin sowic im Gcbict der sowjctischen Be-satzungszone.
•) Ohnc franzosische Zone.
Anlage 5/2
Prozentualer Anteil der aus der Sowjetzone Zugewanderten
an der Gesamtbevolkerung
Land
Schleswig-Holstcin .
NicdcrsachscnBaycrnHessenBaden-WurttcmbcrgNordrhcin-WcstfalaiBremenHamburgRheinland-Pfalz
Bundcsgcbiet
Zugewanderte
Anzahl in %ami. 10. 1952 I
131500 5,4
382600 5,7
249 500 2,7
201500 4,6
191300 2,9
517 200 3.7
26600 4,5
85 300 5,1
71600 2,3
1 857 100 3,8
17
Anlagc 5/3
Der gesamte Personendurdigang in den Notanfnahmelagern
Uelzen, Giefien und Berlin
1950, 1951 und 1952
Bcrichtszcit
Gcsamtcrabgefcrt.
Personen-kreis 1
)
davon
vor Bchand-lung durch
I die Auf-; nahmcaus-
jschussc wci-Itergclcitct 1)
durch die
Aufnahme-ausschussc
gcpriift
Von den Gepriiften
wurden
abgclehnt
Aufsonstigc
Weiseerlcdigt*)
A. Jelzen
195019511952
78 5676107847358s
)
25207 I 53 36013452 47 6262853 1 44505
B. GicBen
1 15662! 20 881
|34728
3512925 511
6 683
2 56912343094
1950
19511952
589024564523387
2271813672
830
361843197322577
120111279516052
23718191295161
45549
1364
C. Berlin
1.2,-31.12.1952 .. 117646') 34 510J
83136
D. Zusammen(A-C
48812 32845 1470
195019511952
137 469106 723
170 376«)')
47 9252712420158
89 54479 599150 218
2767333 67699 592
58 84744 64044 689
3 02412835 937
SonderiaJIe
Aus der Spcrrzonc kamcn vom I. 6.-31. 12. 1952 nach Uelzen 3 202GicBen 5 166Berlin 2 539
Summc 10907
Aufdem Luftwege wurden aus Berlin von Fcbruar bis Dezember 1952in das Bundesgcbiet ubcrfuhrt 56 797 Personen
davon 18 405Jugendliche
l) D. h. Antragsteller {S. 17) untcr Bcrucksichtigumg des Jahresuberhangcs.
*) Diese Weiterleitungen betreffen: Griinde der Familienzusammcnfuhrung in landeseigener Zu-standigkeit (Zuzugsgenehmigung), Einweisung von Auslandern in anderc Lagcr t Hcimkchrer usw.
•) Aufgenommen wegen Gefahr fur Leib, Leben und andcrcn zwingenden Griindcn.
*) Vorzcitigcs Verlassen des Lagers, Riicknahme des Antrags usw.
*) EinschlieSUch 18015 aus Berlin ubcrnommene J ugcndlichc.
*) EinschlieBUch 16738 Antragsteller, die im fruhcrcn Berliner Vertahren behandelt wurden.
') Abziiglich 18015JugcndUche, die in Olzcn und Berlin nachgewiesen sind.
IS
6. Die Umsiedlung der Vertriebenen zwiscfcen den Bundeslandern
Wahrend die aus den Gebieten ostlich der Oder-Neifie-Linie, aus Polen, aus der
Tsdiechoslowakei (insbesondere den Sudetengebieten), aus Ost- und Sudosteuropa aus-
gesiedelten Deutsdien und die „aufgenommenena Zuwanderer aus der sowjetisdi-
besetzten Zone seit 1949 planmafiig auf das Bundesgebiet vertcilt werden, sind die vor
und nach Kriegsende (bis 1949) vertriebenen Deutsdien voliig ungeordnet in da*
jetzige Bundesgebiet hereingestromt. Der letzte Verlauf der Kampffronten und die
starken Zerstorungen in den westlichen Industriegebieten brachten es mit sich, daG
die Vertriebenen grofitenteils in den unzerstorten Bezirken der Lander Sdileswig-
Holstein, Niedersachsen und Bayern ein vorlaufiges Unterkommen fanden. Es han-
delt sich um etwa 6 Mio. (1. 10. 1946) von rund 7,7 Mio. im Jahre 1949 (jetzt 8,2 Mio.)
Heimatvertriebene.
Diese ungleichmafiige Verteilung (z. B. 1949 Schleswig-Holstein 35,3°/o und Rhein-land Pfalz 2,7 °/o Vertriebene an der Zahl der Gesamtbevolkerung) brachte es mit sich,
dafi in den Hauptfluchtlingsrandern fur viele Vertriebene keine Arbeitsmoglidikeiten
vorhanden waren. Da wegen der Wirtschaftsstruktur dieser Lander audi nicht ge-
niigend ArbeitsmogKdikeiten geschafTen werden konnten, wurdc einc Umsiedlungder Vertriebenen auf Grund freiwilhger Meldung notwendig. Das setzte in den
ubrigen Landcrn die vorherige Besdiaitiing von Wohnraum und fur die arbeits-
fahigen Vertriebenen die Mogtichkeit einer wirtschaftHchen EingUederung voraus.
Die Lander versuchten bereits seit 1947 zu einem Obereinkommen iiber die Durch-fiihrung dieser Umsiedlung zu gelangen und haben audi in geringem Ausmaft das
Anlaufen der Umsiedlung erreicht. Erst das Grundgesetz von 1949 sdiuf die Mog-lidikeit, nach Entstehen der Bundcsrepublik einen spiirbaren Bevolkerungsausgleich
aus den Hauptfliichtlingslandern (Abgabelandcrn) in die ubrigen Lander des Bundes-gebietes (Aufnahmelander) durdizufiihren.
Die Bundesregierung ordnete durch Verordnung vom 29. 11. 1949 in demErsten Umsiedlungsprogramm die Umsiedlung von 300000Vertriebenen an. Aus Schleswig-Holstein sollten 150 000 Vertriebene und aus
Bayern und Niedersachsen je 75 000 Vertriebene unter Anrechung der seit dem1. 4. 1949 von den Landern schon iibernommenen Vertriebenen wie folgt verteilt
werden:
Bremen 2 000
Hamburg 5 000
Hessen 8 000
Nordrhein-Westfalen 90 000
Rheinland-Pfalz 90 000Baden 48 000
Wiirttemberg-Baden 8 000
Wurttemberg-Hohenzollern 49 000
Nodi vor Beendigung dieses Programmes wurde durdi das Gesetz vom 22. 5. 1951ein Zweites Umsiedlungsprogramm in Angriff genommen. Es wurdedurch das Gesetz vom 23. 9. 1952 geandert und erganzt und sieht die Umsiedlungvon weiteren 300000 Vertriebenen vor. Dabei werden alle Personen-gruppen, insbesondere audi die Rcnten-, Pensions- und Fiirsorgeempfanger, in dieUmsiedlung einbezogen. Das Zweite Umsiedlungsprogramm war veranlafit durch denBeschlufi des Bundestagcs vom 4. 5. 1950, weitere 6C0 000 Vertriebene umzusicdeln.
19
Zuna'chst standcn der Durchfiihrung dieses Gesetzes Schwierigkeiten bei der Finan-
zierung des Wohnungsbaues entgegen. Sie konnten erst im Friihjahr 1952 restlos
iiberwunden werden. Am 26. 9. 1952 legte die Bundesregierung durch Verordnung
die Termine fiir die Umsiedlung von 2G0 000 Vertriebenen auf Ende 1952 und von
100 000 Vertriebenen auf Mitte 1953 test. Nach Mafigabe dieser Gesetze sollen 150 000
Vertriebene aus Schleswig-Holstein, 85 000 Vertriebene aus Niedersachsen und 65 000
Vertriebene aus Bayern umgesiedelt werden, und zwar nach:
Baden-Wiirttemberg 79 000
Bremen 4 000
Hamburg 11000Hessen 7 000
Nordrhein-Westralen 179 000
Rhciniand-Pfalz 20 000
Ein drittes Umsiedlungsprogramm zur Umsiedlung von w e i t e -
ren 300000 Vertriebenen ist im Anlaufen. Der erste Abschnitt dieses Pro-
gramms sieht die Umsiedlung von 150 000 Vertriebenen, vorzugsweise aus Fliicht-
lingslagern und Notwohnungen, vor. Die zur Forderung des Umsiedlungswohnungs-
baues zunachst notwendigen 200 Mio. DM wurden den Landern bereits vorschuilweise
zur Verfiigung gestellt, urn die rechtzeitige Verplanung zu gewahrleisten. Dadurch
isc sichergestellt, daS in der Abwicklung der Umsiedlung keine Unterbrechung eintritt
und sich das dritte Umsiedlungsprogramm im Jahre 1953 unmittelbar an das zweite
Programm anschliefit.
Es sind bis Ende 1952 insgesamt 470 000 Vertriebene umgesiedelt. Im Jahre
1953 ist die Umsiedlung von weiteren 230 000 bisher gesichert. Es ist vorgesehen,
nadi Sicherung der Finanzicrung die restlichen 200 000 Vertriebenen bis Ende 1954
umzusiedeln. Damit wurden entsprechend dem Bundcstagsbeschlufi vom 4. 5. 1950
insgesamt 900 000 Vertriebene umgesiedelt sein.
Die Durchfiihrung aller dieser MaGnahmen erfordert den Neubau von 225 000
Wohnungen. Bei einem Forderungsbeitrag von je 6000 bis 8000 DM ist hierfur die
Aufbringung von 1350 bis 1800 Mio. DM erforderlich.
Die durch finanzielle Schwierigkeiten mehrmals eingetretene Verzogerung der Um-siedlung hatte unter den Vertriebenen eine verstandliche Unruh; hervorgerufen. In
Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern waren mehrerc Treckvereinigungen ge-
griindet worden, die die Probleme selbst losen wollten. Nach eingehender Aufklarung
durch das Bundesministerium fiir Vertriebene iiber die von der Bundesregierung ge-
troffenen Mafinahmen (Finanzierung des Umsiedlungswohnungsbaues, Tatigkeit der
Auswahlkommissionen) nahmen die Treckvereinigungen jedoch jeweils von ihrem
Vorhaben Abstand.
Die Durchfiihrung der Umsiedlungsmafinahmen wird durch Bundesbeauftragtc
uberwacht. Sie iiberprufen, ob die Aufnahmelander ihren Verpflichtungen nach-
kommen.
Neben dieser Umsiedlung vollzieht sich gleichzeitig eine erhebliche Wanderungs-
bewegung im Bundesgebiet, deren Aiasmafi die Umsiedlung nodi wesentlich iibertrifft
und sie oft betrachtlich erschwert.
Insgesamt betrachtet, hat die bisher durchgefiihrte Umsiedlung zu einer wesent-
lichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der umgesiedelten Vertriebenen gefiihrt.
(Sondererhebung Nordrhein-Westfalen.)
20
Anlage
Antell der Heimatvertriebenen an der Gesamtbevdlkerungam l.Juli 1949 und am 1. Oktobcr 1952
6/1
Land
Zahl der Heimatvertriebenen
l.Juli 1949 Bevblk.insgesamt
am!.Oktobcr52
% der
Bevolk.
insgesamt
Zu-(+)bzw.
Abnahme (—
)
Schleswig-Holstcin .
HamburgNiedersachscnBremenNordrhein-Westfalcn
HessenRheinland-PfalzBaden-WiirttembergBayern
Bundesgebiec
956 08486525
181243430946
1094 69565672077000817 617
1913 687
35,25,6
26,4
5,7
8,5
15,3
2,7
12,9
20,7
742200146 600
1755 00061300
1626 400763100233 400993 300
1 893 100
7 445 708 15,8
30,4
8.7
26,3
10,4
11,8
17,3
7,4
14,9
20,6
8 214 400 16,9
— 22,4
+ 69,4— 3,2
+ 98.1
+ 48,6
+ 16,2
+203,1+ 21,5
— M+ 10,3
Dberslchtfiber die Umsledlungsprogramine
Anlage 6/2
1949-51 1951-52 1953 1954
Erstcs Programm 300 000 — — —
Zwcircs Programm . .
.
— 200000 100 000 —
Drittes Programm — — 300000
21
a) Aufnahmekontingente(geordnet nach der Hohc dcr Aufnahmekontingente
1., 2. und 3. Umsiedlungsprogramm)
Anlage 6/3
It, Umsicdlungs- It. Umsiedlungs- It. Umsicdlungs-verordnung gesetz vcrordnungvom 29. 11. 49 vom 22. 5. 51 vom 13. 2. 53 Zusammen
(1. Umsiedlungs- (2. Umsiedlungs- (3. ProgrammProcramm) programm) 1. Abschnitt)
Nordrhein-Wcstfalcu 90000 179 000 87000 356000Baden-Wurttemberg 105 000 79000 40 500 224 500Rhemland-Pfalz 90000 20000 6000 116000
5000 11000 6000 220008000 7 000 9000 24 0002000 4 000 1500 7500
300000 300 000 150000 750000
b) Abgabekontlngente(geordnctc nach dcr Hohc dcr Abgabekontingente
1., 2. und 3. Umsiedlungsprogramm)
It. Umsiedlungs-vcrordnung
vom 20. 11.49
(1. Umsiedlungs-programm)
It. Umsicdlungs-gesctz
vom 22. 5. 51
(2. Umsiedlungs-Proeramm)
It. Umsiedlungs-verordnungvom 13. 2. 53(3. Programm1. Abschnict)
Zusammen
Schlcswig-Holstein .
.
Niedersachsen
1500007500075 000
150 000 65 00085 0000 5000065 000 35 000
365000210000175000
300 000 300000 150000 750000
Umsiedlungsprogramm 1949/50 nnd 1951Umgesicdelt aus beiden Programmen bis 31. Dczcmber 1952
Nach den Berichten der Aufnahmeiander
Anlage 6/4
AbgabclandUmsiedlungssoll
aus beidenProgrammen
davou wurdeo umgcsiedcltbis 31. 12. 1952
Zahl v. H. des Solh
Schleswig-Holstein
Niedersachsen300 000160 200140 000
214 825137092119 561
71,6
85,6
85,4
Summe 600 200
16 000206 210600015 000
107 790149 700
471 478
155321657541162116746
108 644153 181
78,6
97,1
80,4
193,7
111,6
100,8
102.3
davon;
Umsiedlungssoll bis 31. Dezember 1952:
in die Aumahmelander
HamburgNordrhein-Westfalcn
Rhcinland-PfalzBadcn-Wurttemberg
500 700 471 478 94,2
22
7. Der Wohmmgsbau fttr Vertriebene und FldditUnge
In der Bundesrepublik fchlten im Jahre 1949 etwa fiinf Millioncn Wohnungen.
Die aus diescm Mangel resultierende Wohnungsnot wird uberwiegend von den Hei-
matvertriebenen und Fliiditlingen gecragen. Nach den Ergebnissen der Wohnungs-
zahlung vom 13. 9. 1950 hatten bis dahin nodi nicht ein Viertel dcx mit 2,6 Millionen
ermittelten Vertriebenenhaushake eine eigene Wohnung. Zu fast 68% lebten die
Vertriebenenhaushalte zur Untermiete, zu nahezu 10% in Notwohuungen und Unter-
kiinften, die nicht mehr als Wohnungen anzuspredien sind. Dagcgen waien gut zwei
Drittel der einhetmischen Haushalte mit Normalwohnungen versorgt.
Die vor allcm von seiten des Bundes spcziell im Fluchtlingswohnungsbau unter-
nommenen Anstrengungen haben inzwischen zu einer fuhlbaren Verbesserung der Ver-
sorgung der Vertriebenen und Fluchtlinge mit Normalwohnungen gefuhrt.
Der Fluditlingswohnungsbau wurde systematise bereits 1949 im VereinigtenWirt-
sdiaftsgebiet eingeleitet. Das Hauptamt fiir Soforthilfe stellte unmittclbar nach seiner
Griindung 60 Mio. DM fiir die Fcrtigstellung von Fluchtlingswohnungen und die
ECA-Verwaltung durch Vermittlung des Amtes fiir Heimatvertriebene iiber 100 Mio.
DM fiir die sog. Pilot-Programme in den Hauptfluchtlingslandern zur Verfiigung.
Durch das Erste Bundeswohnungsbaugesetz vom 24. 4. 1950 wurden die Mittel,
die aus den Umstellungsgrundschuldcn aufkamen, fiir den Bau von Wohnungen fiir
Vertriebene und Kriegssachgeschadigte zweckgebunden. In dem Gesetz wurden Bundund Lander verpflichtet, den vordringlichen Bedarf der Heimaivertriebenen beim
sozialen V/ohnungsbau besonders zu beriicksichtigen. Aus Mitteln der Soforthilfe
einschlieSHch des Umstellungsgrundschulden-Aufkommens sind dem sozialen Woh-mmgsbau insgesamt rd. 2,384 Mrd. DM zugeflossen. Dabei wurden fiir die einzelnen
Lander folgende Mindestanteile fiir die Verwendung dieser Mittel zugunsten von Ver-
triebenen festgesetzt:
Bayern 70%Bremen 22%Hamburg 10%Hessen 65%Baden-Wiirttemberg 65%Niedersachsen 75%Nordrhein-Westfalen 26%Schleswig-Holstein 80%
In den Landern der franzosisdien Zone, die ihre eigene Sofortiiilfeverwaltung bc-
saBen, wurde entsprechend verfahren.
Eine besonderc Bedeutung innerhalb des sozialen Wohnungsbaues kommt der
Beschaffung von Wohnungen fiir die Umsiedlung von Land -zu Land zu. Der Bund
hat fiir diesen Zweck
im Jahre 1950 170,9 Mio. DM1951 299,2 Mio.DM1952 171,5 Mio.DM
bereitgestellt. Dazu kommen noch
fiir erststellige Hypotheken 30,0 Mio. DMInsgesamt wurden also allein hierfiir aufgebradit 671,6 Mio. DM,
23
die zu etwa zwei Dritteln aus Soforthilfe- und zu einem Drittel aus Bundeshaushalts-
mittcln stammcn. Damit ist das erstc und zweite Umsiedlungsprogramm (300 000 +300 000 Umsicdler) finanziert worden.
Fur die erstcn 150 000 Umsiedler des dritten Umsiedlungsprogramms, das im gan-
zcn nodi cinmal 300 000 Pcrsonen umfasscn soil, sind bcreits 200 Mio. DM aus Lasten-
ausgleichsmicteln vorfinanzicrt. Weitcre je 150 Mio. DM werden aus Bundeshaushalts-
mitteln und Wohnraumhilfsmitteln dcs Laustenausgleichs in den Rechnungsjahren 1953
und 1954 aufgebracht. Um die zusatzlich noch bcnotigten 200 Mio. DM sind die Ver-
handlungen im Gange. Inzwischen mufite wegen der gestiegenen Baukosten der nach-
stellige Forderungsbetrag, der fiir jede Umsiedlerwohnung in Ansatz zu bringen ist,
Ton durchschnittlich 6000 DM auf 8000 DM erhoht werden.
Fiir die Auflosung von Barackenlagern wurdcn aus Soforthilfcmitteln iiber 100
Mio. DM und aus dem Kriegsfolgelastenhaushak iiber 50 Mio. DM vom Bund zu-
satzlich zu den allgemeinen Wohnungsbaumitteln ausgeworfen.
In dem Gesetz iiber den Bergarbeitcrwohnungsbau wurde die bevorzugte Beriick-
sichtigung heimatvertriebener Bergleute vorgeschrieben, desgleichen werden diese im
MSA-Bergarbeiterwohnungsbauprogramm besonders beriicksichtigt. Im ECA-Entwick-
lungsbautenprogramm wurde die Beteihgung von Vertriebenen und FliichtHngen mit
einem Anteil von 65°/o an der Gesamtzahl der Wohnungen, die im iibrigen spatcr
ins Eigentum der Wohnungsbewerber iiberfiihrt werden sollen, sichergestellt.
Bei der nachhaltigen Mitwirkung des Bundesministeriums fiir Vertriebene an der
Gestaltung der Gesetzgebung und der Verwcndungsrichtlinien fiir die Mittel im sozia-
len Wohnungsbau richteten sich die Bemiihungen hauptsachlich aui: eine starkere Be-
rucksichtigung der besonders den Vertriebenen so am Herzen liegcnden Eigentums-
bildung im Zuge der Wohnungsbaupolitik.
Die spezifisch fiir Vertriebene getroffenen "Wohnungsbaumafinahmcn, insbesondere
durch Zweckbindung der eingesetzten Mittel, haben neben den allgemeinen Woh-nungsbaumitteln des Bundes, der La'nder und Gcmeinden naturgemaS in entsprechen-
dem Umfange auch Mittel dcs privaten Kapltalmarktes und sog. Fremdmittel, wie
Arbeitgebcrdarlchen, Micterdarlehen, Baukostenzuschusse usw. auf sich gezogen.
Mangels der noch von den Landern ausstehenden Meldungcn ubcr die Lcistungen
im Fluchtlingswohnungsbau lassen sich die Ergebnisse nur sorgfa'Jtig schatzen. Seit
Bestehen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes sind bis zum Ende des Jahres 1952 rd.
350 000 Neubauwohnungen fiir Vertriebene errichtet worden, d. h. es haben bei Zu-
grundelegung eines Durchschnittssatzes von vier Personen je Haushalt etwa 1,4 Mil-
lionen Vertriebene neue Wohnungen erhalten.
Etwa 2 Millionen Vertriebene diirftcn in den ihnen schatzungsweise zugeteilten
500 000 Altwohnungen untergebracht worden sein.
Demnach hat der Anteil der Heimatvertriebencn an den jahrlichen Programmcnder Bundesregierung fiir den s o z i a 1 e n Wohnungsbau durchschnittlich etwa 40%betragen, d. h. mehr als 100 000 Wohnungen jahrlich. Das Bestreben des Bundes-
ministeriums fur Vertriebene richtct sich darauf, den Anteil an den zukiinftigen Bau-programmen, die mindestens 300 000 soziale Wohnungen planen, noch zu stcigern.
Dem noch auficrordentlich grofien ungedecktcn Wohnraumbcdarf der Hcimatver-
triebenen tragt insbesondere das Lastenausgleichsgesetz durch Gewahrung von Wohn-raumhilfe in Hohe von jahrlich durchschnittHch 360 Mio. DM sugunsten Vertrie-
bener und Kriegssachgeschadigter Rechnung und zwar unter bevorzugter Bcriicksich-
24
tigung der Geschadtigten als Bauherrcn und dcr im Gesetz vorgeschricbenen vorzugs-
weisen Bildung von Eigcntum. Hierzu trite die jahrlich mit annaheind 250 bis 300
Mio. DM zu veranschlagende weitere Moglichkeit, zugunstcn Geschadigter Aufbau-
darlchen zum Bau von Wohnungen zu gewahren. Mit diesen Aufbaudarlehen wird
die vornehmlich auf Betrcibcn des Bundcsrninisteriums fur Vertriehene schon im Rah-
men dcr Soforthilfc geschaffene Moglichkeit durch das Lastenausgleichsgesetz in ver-
starktem Umfange fortgesetzt, Geschadigten, insbesondcre Verrriebenen, Finanzie-
rungshilfen zum Ersatz bzw. zur Erganzung des ihnen meist fehlenden Eigenkapitals
zu gewahren. Diese Eingliederungshilfe wird duroh die Zulassig'i.eit, Darlehen zur
ArbeitsplatzbeschafTung audi fur den Wohnungsbau einzusetzen, erganzt. Diese letz-
tere Hilfe fiir den Wohnungsbau ist jahrlidi mit 30 bis 50 Mio. DM zu vera nschlagen.
Aus Lastenausgleichsmitteln werden in Zukunft. auch Sowjetzone niiuditlinge im Rah-men des Hartefonds beim sozialen Wohnungsbau beriicksichtigt werden konnen.
Als im September 1950 die AuKenministerkonferenz in New York beschlofi, die
alliierten Streitkrafte im Bundesgebiet zu verstarken, muSte eine grofie Zahl vonKasernen, Truppeniibungsplatzen, Flugplatzen und ahnlichcn Anlagcn geraumt wer-
den. Da diese Objekte bevorzugt dazu verwandt worden waren, um Vertriebene
und heimatlose Auslander unterzubringen und Fliichtlingsbetriebe zu errichten, wurdehauptsachlich dieser Personenkreis von den unvermeidlichen RaumungsmaSnahmenbetroffen. Es ist jedoch crreidit worden, dafi in diesen Fallen vollwertige Ersatz-
wohnungen geschafFen wurden. In erfreulichem Umfange konnten die Betroffenen
sogar im Gebiete umgesiedelt werden, in denen der Arbeitsmarkt ihnen gunstigere
Aussichtcn bot. Die durch die Raumung betroffenen gewerblichen Betriebe wurdendurch Darlehen zu giinstigen Bedingungen in ihrem Fortbestand gesichert. Auch die
betroffenen landwirtschaftlichen Siedler konnten durch grofiziigige Umsiedlungsmafi-
nahmen an anderer Stelle wieder sefihaft gemacht werden.
Anlagc 7/1
Die Personen (HaushaltnngsvorstSnde mit Angehorigen)nach Art ihrer Uncerbringung in Wohnungen und UnterkUnften
(Ergebnisse der Wohnungszahlung vom 13. 9. 1950)
Art dec Unterbringungin
Insgesamtdavon
Vcctriebcnc
Zahl v.H. Zahl v.H.
Obrige
Zahl v.a
1 . Normalwofmungen
a) Inhaberb) Untermieter .
.
2. Notwohnungen
a) Inhaber ,
b) Untermieter ,
3. Unterkiinfteti
aufierhalb von Wohnungen
Summe ,
32 881 05012 184 050
1727 800196 650
305 650
69,5 2 223 20025,8 4394050
3,7
0,4
0,6
662 55084 300
174 200
29,5
58,3
8,8
1.1
2,3
30 657 8507790000
1065 250112350
131 450
77,1
19,6
2,7
0,3
03
47 295 200 100,0 7 538 300 100,0 39 756 900 100,0
25
Die Wohnraumdidite in NonnalwohnungenIn den Landern des Bundesgebietes
(Ergcbnissc dcr Wohnungszahlung vom 13. 9. 1950)
Anlagc 7/2
Laud
Personal je 100 Wohnriiumebei der
Bevoikerung Vcrtricbenai- ubrigeninsgesamt Bevolkerung Bevoikerung
135 196 120117 150 116129 175 119117 147 115127 165 124
122 170 116116 163 114114 167 109127 182 119
Schlcswig-Holscein . .
.
HamburgNiedersachsen
BremenNordrhcin-WcstfalcnHesscnRhcinland-Pfalz . .
.
Baden-Wurttemberg
.
Bayern
Bundcsgebiet 124 175 118
7a. Unterbringung der Sowjetzoneniliichtlinge
Fur Berlin wurdc im Zugc der Vorfinanzierung bereits 25 Mio. DM fur denWohnungsbau von Sowjetzonenfluchtlingcn bereitgestellt. Bisher konnten rd. 17 000der nadi Berlin eingestromten Sowjetzoncnfliichtlinge in das Gebici der Bundesrepu-
blik eingeflogen und hier in Lagern untergebracht werden. Durch Ausweitung dervorhandenen Lager und Heranzichung dcr noch verfugbaren im Besitz der orient-
lichen Hand stehenden Objekte, vor allem Kasernen, Bunker u. a. werden nach Durch-fiihrung der notwendigen Herrichtungsarbeiten bis Juni 1953 etwa weitere 30 000Platzc fur die einstweilige Unterbringung der Fliicntlinge geschartcn. Die Landes-regicrungen haben zugesagt, alle Moglichkeiten auszuschopfen, um weiteren in pri-
vatem und kommunalem Besitz befindlichen Raum zumindest voriibergehend fur
Unterkunfte zu nutzen. Da nach bisherigen Erfahrungen die vorhandenen gesetzlichen
Handhabcn fiir notfalls erforderliche ZwangsmaSnahmcn nicht ausreichen, hat die
Bundesregierung ein Gesetz vorbcrcitet, das den Landern das Recht gibt, geeignete
Raume zu schaffen oder durch die Gemeinden beschaffen zu lassen.
In Durchfuhrung der Beschliisse der Konferenz der Herrcn Ministerprasidenten derLander mit dem Herrn Bundeskanzler am 6. 2. 1953 hat die Bundesregierung zurErstellung von Wohnungcn des sozialen Wohnungsbaues fiir die Unterbringung derbis zum 31. 8. 1953 im Bundesgebiet voraussichtlich aufzunehmenden Sowjetzonen-fliichtlinge — soweit diese tatsadiiich in das Bundesgebiet uberfuhri werden und hiernicht auf andere Art und Weise zumutbar untergebracht werden konnen — zusatz-
liche Bundesmittel in Hohe von 180 Mio. DM zur Verfiigung gestellt und den Lan-dern zugeteilt. Die Verteilung dieses Betrages auf die Lander erfolgte nach dem so-
genannten modifizierten Uelzener Schliissel. Es stent zu hoffen, daS es mit Hilfe die-
ser und allenfalls notwendiger weitcrer Mafinahmcn moglich sein wird, die Unter-bringung der Sowjetzonenfliichtlinge ohne die sozial- und wohnungspolitisch hochstunerwiinschte Errichtung neuer Baracken durchfiihren zu konnen.
26
8. Die l&ndUche Sledlung fflr Vertriebene
Unter den Vertriebcncn befanden sich rund 450 000 Landarbcitcr. Da die Land-wirtschaft in der Bundesrepublik unter einem empfindlichen Mangel an Arbeitskraften
litt, sind diese Landarbeiter, soweit sie nicht in der Industrie Beschaftigung fanden,
sehr rasch aufgenommen worden. Sie sind zu einem wescntlichen Teil an dem Auf-stieg der landwirtschaftlichen Erzeugung in Westdeutschland seit 1945 beteiligt.
Anders ist die Lage der fast 300 000 bauerlichen Familien, die ala Vertriebene nachV/estdeutschland kamen. Ihr Hauptanliegen ist, wieder auf eigenem Grund und Bodensefihaft zu werden. Durch das schon 1949 geschaffene Fliichtlingssiedlungsgesetz ist derAnreiz gcschaffen worden, vertriebenen Bauern Land zur Verfugung zu stellen. Essind bis zum 31. Dezember 1952 iiber 35 000 landwirtschaftliche Betriebe mit einer
Gesamtflache von 265 000 ha an Heimatvertriebene verkauft oder langfristig verpach-
tet worden. Um diesen Erfolg zu erzielen, mufiten 564 Mio. DM an offentlichen Mit-teln aufgebracht werden. Davon leistete der Bund einschliefilich der hierfur bereit-
gestellten Soforthilfemitteln rund 343 Mio. DM. Durch die Aufbaudarlehen nach demLastenausgleichsgesetz und durch den Titel Landwirtschaft im Bundesvertriebenen-
gesetz sind die Voraussetzungen geschaffen worden, um weitere vertriebene bauerliche
Familien sefihaft zu machen. Beriicksichtigt man zum Ergebnis der durch das Fliicht-
lingssiedlungsgesetz geforderten Mafinahmen noch die vor seiner Geltung vorgenom-menen Existenzgriindungen in der Landwirtschaft, dann kommt man auf cine Zahlvon iiber 40 000 vertriebenen Bauern, die wieder — wenn auch oft in besdieidenen
Verhaltnissen — sefihaft gemacht worden sind.
Im Jahre 1952 ist diese Entwicklung dadurch verlangsamt worden, daft fiir die Ver-
starkung der alliifirten Truppen im Bereich der Bundesrepublik cin zusatzlicher Land-bedarf entstand. Hinzu kam die Ungewifiheit iiber die Auswirkungen des Lasten-
ausgleichsgesetzes auf die steuerlichen Vergiinstigungen, die nach dem Fliichtlingssied-
lungsgesetz den Landabgebern gewahrt wurden und die gleichfalls ungewisse Zukunftdes Fliichtlingssiedlungsgesetzes selbst. Das Bundesministerium fur Vertriebene hat da-
her besondere Sorgfalt darauf verwandt, die Bestimmungcn des Fiuchtlingssiedlungs-
gesetzes innerhalb des Bundesvertriebenengesetzes in geeigneter Weisc neu zu fassen.
Neben den steuerlichen Vergiinstigungen fiir die Landabgeber sieht das Bundesver-
triebenengesetz in seinem landwirtschaftlichen Titel fiir 5 Jahre die Bercitstellung
von jahrlich 100 Mio. DM an Haushaltsrritteln fiir die Neusiedlung vor, desgleichen
jahrlich 100 Mio. DM Darlehen des Lastenausgleichsfonds an die Lander, unbeschadet
der nach dem Lastcnausgleichsgesetz zu gewahrenden jahrlich auf 200 Mio. DM zu
veranschlagenden Eingliederungsdarlehen. Damit werden die Voraussetzungen fiir eine
verstarkte Forderung der Ansiedlung von heimatvertriebenen Landwirten gegeben
sein. In der Deutschen Siedlungsbank, die inzwischen wieder ihrc Tatigkcit aufgenom-
men hat, wurde der landlichen Siedlung neben der fiir die Refinanzicrung zustandigen
Deutschen Landesrentenbank die geeignetc Finanzierungsorganisation zur Verfugung
gestellt, welche insbesondere auch die Ansiedlung von Vertriebenen fordern wird.
Alle diese Mafinahmen tragen dem Umstand Rechnung, dafi gerade bei den
vertriebenen Bauern hochste Eile geboten ist, wenn sie und ihre Familien nicht demangestammten Beruf entfremdet werden sollen.
27
Anlage 8/1
Die Vertrlebenen-Betriebsinhaber In der LandwixtsdiaU
A. Ubernommenc Betriebe
aufGrund des Fluchtlingssiedlungsgesctzes
und anderer behoidlicner MaBnahnienB. Gcsamtfinanzicrung
Berichtszeit
Z alii der
ubemommenenBetricbc
Gesamtflache
hain 1000DM
I.juli49bis30.juni50l.Juli50bis31.Dez.50l.Jan.51bis30.Juni511.Juli 51 bis 31. Dez.51l.Jan.52bis30.Juni52l.Juli52bis31.Dcz.52
490957614 41081341
)
5 8336037
480645354431242531234168637 563
5272265 433
51657146425101005147 133
2708546 5293043083 61963 39391763
35084 265 222 564 375 342 819
*) Davon 1695 Betriebc auf Grund anderer behdrdlicher MaBnahnien (bis 31. 12. 1951),
28
9. Die Ajbeitsbesdiaifung fflr Vextriebene
Fur die Mehrzahl der Vertriebenen ist von grofiter Bedeutung, daS ihnen ein
neuer dauernder Arbcitsplatz besdiafft wird.
Wahrend die Vertriebenen rd. 17% der Bevolkerung der Bundesirpublik aus-
madien, waren sic im Jahre 1949 mit 36%, zeitweise mit einem noA groSeren Anteil,
an der Gesamtzahl der Arbeitslosen beteiligt. Dabei war die Zzhl derjenigen, die
dauernd (18 Monate und langer) arbeitslos waren, besonders grofi. In diesen Zahlen
driickte sidi die Tatsadie aus, dafi die Masse der Vertriebenen in Gebicten lebte, die
wegen Mangels an gewerblichen Arbeitsplatzen eine strukturelle Arbeitslosigkeit auf-
wiesen.
Diese unhaltbare Lage ist auf zwei Wegen bekampft worden. F.inmal sind bei derUmsiedlung die arbeitspolitischen Gesiditspunkte mehr und mehr in den Vordergrundgeschoben worden. Zum anderen wurden besondere Anstrengungen unternommen, umin den Hauptfluchtlingslandern neue Arbeitsplatze zu sdiaffen. Als besonders wirksara
erwiesen sidi die von der Bundesregierung durchgefiihrten und vom Bundesministe-
rium fiirVertriebene beeinflufiten Mafinahmen, wic dasSdiwerpunktprogrammdesJah-res 1950 (300 Mio. DM), die Programme fur dieSanierung der Notstandsgebiete unddie Soforthilfedarlehen zur Schaffung von Dauerarbeitsplatzen. Fiir die letzte Aktionwurden im Jahre 1952 150 Mio. DM gegeben. Es wurden hiervon bis zum 31. 12. 1952insgesamt 35 461 Arbeitsplatze geschaffen. Etwa zwei Drittel davon wurden von Ver-triebenen besetzt.
Das Ergebnis aller dieser Mafinahmen ist, dafi Ende 1952 der Anteil der Vertrie-
benen an der Zahl der Arbeitslosen nur nodi 29,5% betragt (1949; 36%). Damit ist
zwar das ZicI, ihren Anteil auf die gleiche Hohe zu bringen wie den Anteil an derBevolkerung, nodi nidit erreidit. Es ist aber eine Entwicklung eingeleitet und es sindMafinahmen erprobt, die erwarten lassen, dafi bei Anspannung aller Krafte in abseh-barer Zeit der angestrebte Erfolg erreidit wird. Ein anderes Ziel besteht darin, denVertriebenen diejenige Arbeit zu besdiaffen, die ihrer Eignung und Vorbildung ent-
spridit. Bisher haben die Vertriebenen unter dem Zwang der Verhaltnisse sehr emp-findlidie strukturelle Veranderungcn in der Gliederung ihrer Erwerbstatigkeit hin-
nehmen miissen. In ihren Heimatgebieten waren rd. 35% wirttdiaftlich selbstandig
oder halfen in der Familie mit. Heute ist der Anteil der wirtsdia*tlidi Selbstandigenauf 7% gesunken. Der Anteil der Unselbstandigen ist dagegen von etwa 65% auf 93%angestiegen. Dieses Absinken in die wirtsdiaftlidie UnselbstandigLeit ist unerwiinschtund mufi weiter gemildert werden. Die dabei beschrittenen Wege werden in dem Ab-sdinitt uber die Kredite fiir die Existenzgriindung im einzelnen dargestellt.
Die in unselbstandiger Arbeit besdiaftigten Vertriebenen sind zu etwa einem Vier-tel berufsfremd besdiaftigt. Dieser Tatbestand bedeutet einen weiteren sehr empfind-lichen sozialen Abstieg. Er stellt darum besondere Aufgaben.
Die Vertriebenen leben hauptsadilidi in Gebieten, in denen die larifliaSen WoaSen-IShne unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Sie sind aufierdem in der Hauptsache inBerufsgruppen tatig, in denen die Lohne am niedrigsten sind. Ihr Anteil an der Ge-samtzahl der Besdiaftigten in den einzelnen Berufsgruppen ist also um so hoher, jeniedriger die Tariflohne sind. Das Bundcsfinanzministerium sdiatzte fiir die Jahre
29
Die Erwerbspersonen 1m Bundesgeblet
(Ergebnissc der Volks- und Berufszahlung vom 13. 9. 1950)
Anlage 9/1
Bcvolkerung Erwerbspersonen Von den Erwerbspersonen (Sp. 3) warcn
Bevolkerungsgruppe Insgesamtdavon
von 14-65
Jahre alt
Insgesamt v.H.(Sp.l)
v.H.(Sp.2)
erwerbstatig
ZaUUp")
arbeitslos
1 2 3 4 5 6 7 8 9
A, Manner
InsgesamtHeimatvertriebene .
.
Oblige Bevolkcrung
Insgesamt
Heimatvertriebene .
.
Obrige Bevolkcrung
InsgesamtHeimatvertriebene .
.
Obrige Bevolkcrung
47 695 6727 876 211
39 819461
32 836 409547374727 362 662
C. Insgesamt
22074 007 I 46,3
3 346101 42,5
18727 906 ( 47,0
67,2
61,1
68,4
20624 2252 84061217 783 613
93,4
84,9
95,0
1449782505 489
944 293
22 350 6923709 40018641292
15 028 2332 539 74412488 489
141254132 275 85311849560
63,261,4
63,6
94,0
89,6
94,9
13 217009194000411277005
93,6
85,2
95,2
908 404
335 849572 555
6,4
14,84,8
B. Frauen
25 344 9804166811
21 178 169
178081762934 00314 874 173
7 948 59410702486878 346
31,4
25,7
32,5
44,6
36,5
46,2
7 407 216900608
6506608
93,2
84,1
94,6
541378169640371 738
6,8
15,9
5.4
6,6
15,1
5.0
Die Erwerbspersonen im Bundesgebletnadi der Steliung im Beruf
(Ergcbnissc der Volks- und Berurszahlung vom 13. 9. 1950)
Anlagc 9/2
Bevolkerungsgruppc
I Erwcrbs-
Ipersoncninsgesamt
von den Erwerbspersonen (Sp. 1) waren
Selbstiindigc
Zahl v.H.(Sp.l)
Mith.Fam.Angeh.Zahl v.H.
(Sp-1)
BeamteZahl v.H.
(Sp-1)
Aneestellie
Zahl v.H.(Sp-1)
Arbeiter
Zahl
10
v.H.(Sp.l)
11
InsgesamtHeimatvertriebene .
Obrige Bevolkerung
Insgesamt
Heimatvertriebene .
Obrige Bevolkerung
Insgcsamt
Heimatvertriebene .
Obrige Bevolkerung
14125 4132 275 85311 849 560
7 94S 594
1 070 248
6878 346
22 074 0073 34610118 727 906
2 652 284144244
2 508 040
60603131103574 928
3 258 315175 347
3 082968
18,8
6,3
21,2
7.6
2,9
8,3
14,7
5,2
16,5
A. Manner
642 31011336
630974
4,5
0,5
5,3
B. Frauen
2 542 08047 629
2 494 451
32,0
4,5
36,3
C. Insgesamt
3184 39058 965
3125425
14,4
1,8
16,7
784 713110188674 525
9381813 84579 973
878 531
124 033754 498
5,6
4,9
5/7
4,0
3.7
4,0
2 011474271587
1739 887
1512046205545
1306 501
3 523 520477132
3 046 388
14,2
11.9
14,7
19,0
19,2
19,0
16,0
14,3
16,3
8 034 6321 738 4986296134
3 194 619772126
2422493
11229 251
2 510 6248 718 627
56,9
76,453,1
40,272,1
35,2
50,9
75,0
46,5
1949/1950 das Lohnsteueraufkommen je Beschaftigten bei den Vcrtricbcncn auf39,— DM, wahrend es bei den Einhcimischen 181,— DM betrug.
Die Vcrtricbcncn haben — das ist der Schlufi aus dicscn Tatsauien — cinen uber-durchsdinittlichen Willen zur Arbeit erwiesen. Sie haben zum Wicdcraufbau der deut-sdicn Wirtschaft in besonders hohem Mafie dadurch beigetragen, dafi sic sidi — schonvor der Wahrungsreform — bercitfanden, zunachst die am wenigsten lohnenden Stel-
len im ArbeitsprozeG etnzunehmen.
Die Entwicfclung der Arbeltslosigkeit im BundesgebletAnlage 9/3
Bcrichtszeit
Arbcitslosc
insgesamt
davonHeimatvcrtricbcnc
Zahl I v. H.
I(Sp.l)
Zahl
Ubrigcv.H.
5
A. Manner
30. 9. 1949 1)
28.2.1950")30. 9. 195028. 2. 1951
30. 9. 1951
29. 2. 195230.9.195231.12.1952Antcil an der mannl. Bevolk.
30. 9. 1949 1)
28.2.1950")30. 9. 195028. 2. 195130. 9. 195129.2.195230.9.195231.12.1952Anteil an der weibl. Bevolk. .
30.9. 1949 1)
28.2.1950')30. 9. 195028. 2. 1951
30. 9. 195129. 2. 195230.9.195231.12.1952ynteii an der Bevolkerung
879 438
1412812863 520
1207057795 932
1 365 524
6412541214902
320370489068306323412 867269 525421685205 323
369740
B. Franco
381 559489 200408 327455 405
439 047527360409211472817
132113165 151
127 772144 378119096146666104 538128 963
1 260 997
1902 0121 271 8471662 4621234 979189288410505651687719
C. Insgesamt
452483654 219
434095557 245388 621568 351309 861
498 703
36,4
34,635,534,2
33,930,932,0
30,4
17,0
34,633,831,331,7
27,1
27,8
25,5
27,3
16,8
35,9
34,4
34,1
33,5
31,5
30,0
29,5
29,5
16,9
559 068 63,6923744 65,4
557197 643794190 65,8526407 66,1943 839 69,1436 031 68,0
845162 69,6
83,0
249446 65,4324049 66,2280 555 68,7
311 027 68,3319 951 72.9380 694 72,2304673 74,5
343 854 72,7
83,2
808 514 64,1
1 247 793 65,6
837752 65,91 105 217 66,5846 358 683
1 324 533 70,0740704 70,5
1189016 70,5
83,1
') Nur Vereinigtes Wirtschaftsgcbict.
») Ohne Rhejnland-Pfidz.
32
Anlage 9/4
Die Verlrlebenen nacii Gewerbegruppen und LohnhOhe
Die Industricarbcitcrlohnc einiger Gruppen im Marz 1950 (Brutto-Wochenverdienste)
und dcr Anteil dcr Vcrtricbcncn an den Beschaftigten im Juli 1949 im Vercinigtcn Wirtschaftsgebiet
Gewerbegruppen Lcistungsgruppen
StcinkohlenbcrgbauBuchdruckergewerbcFlachdruckgewerbe
Chcmische Industrie
Lcdcrcrzcugende Industrie . .
.
BaugewerbcSteinindustrie;
Glasindustrie
Textilindustrie
Musik- u. Spiclwarenindustric
alle Arbcitcr
Brutto-Wochcnlohnc
in DM
74,8071,00
61,70
60,7059,4061,6059,20
57,90
48,50
45,00
Anteil
der Vertriebcncno/
10
11
11
12 -
13
2224243234
33
Anteil der Erwerbspersonen nach Berafsstellung
an der Gesamtzahl der einzelnen Wirtsdiaftsgruppen(Berufszahlung 1939 und 1950)
Anlage 9/5
Volks- und Berufszahlung vom17. Mai 1939 13. September 1950
Erwerbspersonen
lmheutigen
Bundes-gebiet
in denGcbictcnostl. derOder-Neisse-Linic
im Sude-
tenland
Erwerbspersonen
imBun-desgebiec
davon
Vertrieb.ObrigeBe-volkerung
Insges. (in Zahlm)
A. Insgesamt
20 064 94514 491498 1526816 22074 007 3 346101 18 727 906
davon in %Selbstandige
Mithelf. Fam.AngehBeamte ,
Angestcllte ,
Arbcitcr ...........
Insges.'{in ZaMen)
14,8
18,4
5,1
13,2
48,5
14,8
20,3
5,4
10,3
49,2
17,7
17,1
1,9
10,3
53,0
14,7
14,4
4,0
16,0
50,9
B. Land- und Forstwirtschaft
5 398929 1828 266 438 976 5113 652
26,3 24,5
50,4 53,4
0,1 0,2
1,0 0,6
22,2 21,3
5,2
1,8
3,7
14,3
75,0
451 372
16,5
16,7
4,0
16,3
46,5
4 662280
davon in%Selbstandige
Mithelf. Fam.Angeh.BeamteAngestcllteArbcitcr ...........
Insges. (in Zahlen)
23,6
59,4
0,2
0,6
16,2
19,7
44,60,2
1.1
34,4
3,2
7,7
0,3
1.5
87,3
C. Industrie und HandwerkJ 430 707 1349 318 644 957 9339 546 1627792
26,6
57,9
0,1
0,5
14,9
7711754
davon in%Selbstandige
Mithelf. Fam.Angeh.BeamteAngestellte
Arbcitcr
Insges. (in ZaMen)
10,0
1,8
0,2
11,3
76,7
11,2
2.6
0,28,4
77,6
10,4
0,6
0,2
4,2
84,6
10,1
1,8
0,0
11,8
76,3
4,3
0,5
0,0
7,2
t8,0
D. Handel und Vcrkehr3445 6431 667 473 332 909 4 837 611 668 340
19,6 11,3
5,7 2,2
7,3 6,4
27,7 24,439,7 55,7
11,3
2,0
0,0
12,8
73.9
4169271
davon in%Selbstandige 19,7 18,3
Mithelf. Fam.Angeh 8,9 8,5
Beamte 9,6 10,3
Angestellte 29,1 27,6
Arbcitcr 32,7 35,3
E. Offcntlichc Dienstc und private Dienstleistungcn
Imge$.(inZahUn) |1 989787|464395
16,2
10,4
3,7
32,8
36,9
|75472 2299 363 453 084
44,0 5,2 3,5
1,5 0,5 0,3
20,9 22,5 17,7
21.5 43,4 39,3
12,1 28,4 39,2
20,9
6,3
7,4
28,3
37,1
1846 279
davon in %Selbstandige
Mithelf. Fam.AngehBeamteAngestellte
Arbeiter
F. Hausl. Dienstc und ohnc Angabc der Betriebszugehorigkcit
8,3
1,1
33,9
33,1
23,6
6,5
1,0
36,1
30,8
25,6
5,7
0,5
23,7
44,4
25,7
Insges. (in ZaMen) 799 879 182046 34 502 483835 145 513 338 322
davon in%Selbstandige
Mithelf. Fam.Angeh
1,3
98,7
1,6
98,40,3
99,7
0,2
9,3
90,5
0,1
7,3
92,6
0,2
10,2
89,6
10. Die Kredite fiir Vertriebene
Die Bundesregierung stand im Hcrbst 1949 dcr Tatsache gcgeniiber, dafi von denVcrtricbcncn nur ein verschwindend geringer Prozentsatz (etwa 5 %) wirtschaftlich
sclbstandig war, wahrend vor der Vertreibung 35°/o Selbst'andige oder mithelfende
Familicnmitglicdcr gezahlt wurden. Sie mufite dahcr ihre Bestreben datauf richten,
die seit 1945 begriindeten selbstandigen Existenzen zu festigen und dariiber hinaus
moglichst vielen Venriebenen zur Selbstandigkeit zu verhelfen. Bei den Gewerbe-
treibenden und freiberuflich Tatigen mufite fur eine besondere, moglichst umfang-
reiche Kredithilfe gesorgt werden. Ober die landlichen Siedlungen ist bcreits im Ab-schnitt 8 beriditet worden.
Angesichts der Entwicklung, die die Krcditwirtsdiaft seit Jahrzehnten genommenhat, stellte sich als das Kernproblem die Notwendigkeit heraus, fiir die Vertricbenen
Personalkredite zu beschaffen, da sie ja in der Regel iiber Sidicrheiten fiir Real-
kredite nicht verfugten. Eigenkapita! war nur ausnahmsweise und in ganz unzu-
reichender Hohe vorhanden. Um diese Gesichtspunkte zu verwirklichen ergriff das
Bundesministerium fiir Vertriebene die Initiative, eine besondere Bank fiir Vertrie-
benenkredite zu griinden. Sie konntc am 12. 5. 1950 errichtet werden.
Vor der Errichtung der Bundesrepublik hatten die Lander den Kreditbedarf der
Vertricbenen nur zu einem geringen Teil decken konnen. Audi die Bundesrepublik
konntc zunachst bei wcitem nicht alle Bediirfnisse dcr Kreditsuohenden befriedigen.
Seitdem jedodi die Marshallplan-Verwaltung iiberzeugt werden konnte, den Kredit-
bedarf dcr Vertriebenen in seiner wirtsch aftlichen Bedeutung positiv zu beurteilen,
wuchsen allmahlich audi die Betragc, die der Vertriebenen-Bank zur Weitergabe an-
vcrtraut wurden.
Im einzelnen wurden folgende Kredit- und Burgschafts-MaiSnahmen durchgefiihrt:
Aus den ECA-Invcstitionsprogrammen I und II wurde 1950 und 1951 ein Bctrag
von 75,5 Mio. DM frcigegeben, aus dem 2050 gewcrblichc Untcrnehmer Kredite
zwisdien 5000 bis 100 000 DM erhiclten. Im Rahmen des Arbeitsbeschaffungspro-
gramms 1950 wurden 62 Mio. DM Kredite an Vertriebene gewahrt. Ober die Halfte
entfiel auf 4174 Kleinkrcdite bis zu 30 000 DM. Aus dcr Existenzaufbauhilfe bekamen77 741 Vertriebene bis zum 31. 12. 1952 Darlehen zur Begriindung oder Festigung
sclbstandiger gewerblicher oder freiberuflichcr Existenzen in cinep Hohe von 287,3
Mio. DM. Zur Sdiaffung von Dauerarbehsplatzen wurden bis zum 31. 12. 1952 899
gewerblichen Bctricben von Vertricbenen 46,7 Mio. DM Darlehen fiir H566 ncu zusdiaffcnde Arbeitsplatzc bewilligt. Fiir Kredite an Vertriebene und anerkannte poli-
tischc Fliichtlingc aus dcr sowjetischen Besatzungszone wurden in Berlin aus Mittcln
des ERP-Sondervermogens 5,5 Mio. DM bereitgestellt, aus denen Kleinkrcdite bis zu5000 DM gewahrt wurden.
Aus dem ECA-Investitionsprogramm II wurden der Lastenausgleichsbank 17 Mio.
DM fiir einen Garantiefonds iiberwiesen, mit dessen Hilfe sie 90°/oige Ausfallbiirg-
schaften fiir Bctricbsmittelkrcditc iibcrnahm. Auf Grund des Gcsctzes iiber die
Obcrnahme von Sicherhcitsleistungcn und Gewahrleistungen zur Fordcrung der
deutschen Wirtsdiaft vom 21. 7. 1951 wurde eine Riickbiirgschaft gegeniibcr dcr
Lastenausgleichsbank iibernommen, die ihr die Gcwahrung wcitercr Biirgschaftcn cr-
mdglidite. Schliefilich hat audi das Hauptamt fiir Soforthilfe der Lastenausgleichsbank
65 Mio. DM zur Verfugung gestellt, die als Liouiditatshilfen fiir Kredite gegen Obcr-
nahme dcr Ausfallbiirgschaftcn verwendet wurden.
35
Die industriellen Vertriebenen- und Zugewandertenbetriebe1) im Vergleich
zu den einheimischen Betrteben und zu den Betrieben insgesamtim Bundesgebiet am 30. November 1951
(Betriebe mit 10 und mchr Bcschaftigtcn)
Anlagc 10/1
Land
Industrie-
betriebeinsges.
Bund= 100
davon
Hinhcimischc Betriebe
ZahlBund ) v. H.= 100 I (Sp.l)
Vcrtricbcncn-Be triebe
ZahlBund= 100
v.H.(Sp.l)
Zugcwandertcn Betriebe
ZahlBund
J
v.H.= 100
J(Sp.l)
10 11
A. Nach LandernSchlcswig-Holstein .
.
HamburgNicdcrsachscnNordrhein-Wcstfalcn8
)
BremenHessenRheinland-PfalzBaycrn*)liadcn-Wiirttcmbcrg .
1803 3,7
1680 3,54 752 9,9
14949 31,0
490 1,1
4 383 9,1
2730 5,7
8 207 17,0
9166 19,0
48193 100,0
14901567417514 329
4903909262171008 600
3,4 82,6
3,6 93,3
9,4 87,9
32,4 95,91,1 93,7
8,8 89,2
5,9 96,0
16,0 86,519,4 93,8
100,0 91,9
201
51
29733018
24061
727342
8,9 11,2
2,2 3,0
13,1 6,2
14,6 2,2
0,8 3.4
10,6 5,5
2,7 2,2
32,0 8,9
15,1 3,7
100,0 4,7
1126228029015
23448380224
6,8 6,2
3,8 3.7
17,1 b,9
17,6 1,9
0,9 2,9
14,2 5,3
2,9 1,8
23,1 4,613,6 2.5
100,0 3.4Bundesgebiet 44 281 2 267 1645
1. Bergbau2. Steine und Erdcn3. Metallindustric
4. Elcktrotcchnik
5. Wciterverarb. Metallind. .
6. Musik, Sport usw7. Chemie8. Kcramik, Glas
9. Holz, Papier
10. Kunststoffc
11. Lcdcr und Schuhe12. Chemische Reiiugung13. Textilindustric
14. Nahrungs- u. GcnuBmittel
8034 7656 33615315103712
1956726
9 587565
1852331
73906 536
48193
1,7
9,9
13,1
3,2
10,6
1,5
4,0
1.5
19,9
1,2
3.8
0,7
15,3
13,6
B. Nach Industriegruppen
7774 5105 92913134 869637
1810505
9176487
1703315
59676283
1,8 96,8 16 0,7 2,0 10 0,610,2 94,7 192 8,5 4,0 63 3,813,4 93.6 200 8,8 3,1 207 12,63,0 85,8 74 3,3 4,8 144 8.811.0 95,4 96 4,3 1,9 138 8,41,4 89,5 46 2,0 6,4 29 1,8
4,1 92,5 66 2,9 3.4 80 4,91,1 69,6 157 6,9 21,6 64 3,9
20,7 95,7 263 11,6 2,7 148 9,01.1 86,2 39 1,7 6,9 39 2,4
3,8 91,9 107 4,7 5,8 42 2,5
0,7 95.2 12 0,5 3.6 4 0,213.5 80,7 825 36,4 11,2 598 36,314,2 96,1 174 7.7 2,7 79 4,8
100,0 91,9 2267 100,0 4.7 1645 100,0
1,2
1,3
3,3
9,4
2,7
4,1
4,1
8.8
1,6
6,9
2,3
1,2
8.1
1.2
Insgesamt 100,0 44 2S1 3,4
x) AJs Vertriebenenbetrieb gilt cin Betrieb, dessen Inhabcr Heimatvertriebener ist, oder (bei Personen- und Kapitalgesellschaften) an dessen Kapitalzu mehr als 50% Heimatvcrtriebcne beteiligt sind.
Als Zugewandcrtenbetrieb gilt ein Betrieb, dessen Inhabcr aus der so-wjerischen Besatsungseone oder aus Berlin zugewandert i«, oder (bei Per-sonen- und KapitalgeseUschaften) an dessen Kapital zu mehr als 50% Zugcwanderte beteiligt sind. '
*) EinschlieBIich Kohlenbergbau *) EimchlicBHcb Lindau
Ankgc 10/2
Dla Bescnaftigten in den industrlellen Betriebeo im Bundesgeblet em 30. November 1051
(Betricbe mit 10 und mehr Beschaftigten)
a) nach Landern
Land
Bcschafrigtc
insgcsamt
(1000)
Bund= 100
davon
Beschaftigte Vertriebene
AiizaM
(1000)
Bund= 100
v.H.(Sp-1)
Ubrigc Bcschafrigtc
Anzahl(1000)
Bund= 100
v.H.(Sp.l)
Schlcswig-Holstein
HamburgNicdersachscnNordrhcin-Wcstfalen1
)
BremenHessenRheinJand-PfalzBayern*)Baden-Wurttcmberg
Bundcsgcbiet*) *
*) darunter:
a) In Vertriebencn-Bctrieben
Bcschafrigtc
b) In Zugewanderten-Bctricbcn
Beschaftigte
Summc a) und b)
118
155475
2 207
64436253767948
5 423
120
148
268
2,2
2,9
8,7
40,7
1,2
8,0
4,7
14,1
17,5
100,0
2,2
2,7
4,9
38
13133206
88015
180173
846
59
43
4,4
1.6
15,7
24,3
1.0
9.5
1.8
21,320,4
32,08,6
28,0
9,3
13,3
18,4
6,0
23,5
18,2
80142342
200156356238587
775
102
100,0
6.9
5,1
15.6
48,9
29,0
4 577
61
105
12,0 37,9 166
1,8
3,1
7,5
43,7
1.2
7,8
5,2
12,8
16,9
100,0
1.3
2,3
3,6
68,090,4
72,0
90,7
86,7
81,6
94,076,5
81,8
84,4
51,1
71,0
62,1
') EinschlicSlich Kohlenbergbau
') EinschlieBlich Lindau
Anlage 10/3
Die Beschdftigten in den industriellen Betrieben
im Bundesgebiet am 30. November 1951
(Betricbe mit 10 und mclir Beschaftigtcn)
b) nach Industriegruppen
Industriegruppcn insgcsamt
(in 1000)
Bcschaftigte
Bund= 100
davon
bcschaftigte Vertriebene ubrige Bcschaftigte
Zahl(in 1000)
Bund= 100
v.H.(Sp.l)
Zahl
(in 1000)
Bund= 100
v.H.(Sp.l)
1. Bcrgbau2. Stcinc und Erdcn3. Metal]Industrie
4. Elcktrotechnik
5. Weiterverarb. Metallindustrie
6. Musik, Sport usw7. Chcmic8. Kcramik, Glas
9. Holz, Papier
10. Kunststoffe
11. Leder und Schuhe12. Chemische Rcinigung13. Tcxtil
14. Nahrungs- u. GcnuCmittel—Bundesgebiet
,
631
216135332148337310121
5208215019800380
11,6
4,0
24,9
5.9
8,9
0,7
5,7
2,2
9,6
1.5
2.8
0,4
14,8
7.0
59
5017852706
4230
9316
222
168
58
6,9
5.9
21.1
6,2
8,2
0,7
5,0
3.6
11.0
1.9
2.5
0,3
19,8
6.9
9,3
23.1
13,2
16,2
14,4
16,2
13.7
25.1
17.8
19,4
14,3
12.7
21,0
15,3
572166
117526941331
268
91
42766128
17632322
12,5
3,6
25,7
5,9
9.0
0,7
5.9
2.0
9.3
1,4
2,8
0.4
13,8
7,0
90,7
76,1
86,8
83,8
85,6
83.8
86,3
74,9
82,2
80,6
85,7
87.3
79.0
84,7
5 423 100,0 846 100,0 15,6 4 577 100,0 84.4
11. Lastenausgleich und Vertriebenen-Bank
Das grofie Problem des Lastenausgleichs fiir die Vercriebencn und Kriegssach-
geschadigten hatte zuglcich mit der Wahrungsreform gelost werden miisscn. Die Bun-desregierung fand das Problem ungcldst vor. Bereits Ende 1950 war der Regierungs-
entwurf des Lastenausgleichsgesetzes fertiggestellt. Am 18. 8. 1952 wurde das Gesctz
verkiindet. Damic wurde das bis dahin in Kraft belassene Soforthiifcgesetz von 1949
abgelost. Wahrend seiner Geltungsdauer waren ungefahr 6,5 MilHardcn DM auf-
gebracht und in Hilfen verschiedener Form fiir die Vertriebenen und Kriegssach-
geschadigten verwendet worden.
Das Lastenausgleichsgesctz gewahrt den Anspruch auf eine Kriegsschadenrente,
welche die Unterhaltshilfe und die Entschadigungsrente umfafit, auf eine Hauptent-schadigung, auf Eingliederungsdarlehen, auf Hausratentschadigung und auf Wohn-raumhilfe. Es stellt audi Mittel fiir sonstige ForderungsmaSnahmcn und fiir Harte-
falle zur Verfiigung. Bereits im April 1952 wurde das Feststellungsgesetz fur Ver-treibungsschaden, Kriegssachschadcn und Ostschaden erlassen, das im Zusammcnhangmit dem Lastenausgieichsgesetz entsprechend angepaSt wurde. In Vcrbindung mit demLastenausgieichsgesetz wurde das Gesetz iiber die Fcststellung von Vertreibungsschaden
und Kriegssachschaden (April 1952) neu gefafit.
Fiir die Sparguthaben der Vertriebenen wurde in einem besonderen Gesetz iiber
einen Wahrungsausgleich fiir Sparguthaben Vertriebener ein Entschadigungsanspruch
gewahrt. Das Gesetz istunter dem 14. 8. 1952 in neuer Fassung vercflentlicht worden.Die schon friiher fiir Vertriebenenkredite errichtete Vertriebeicn-Bank A.G. hat
sich sehr giinstig entwickelt. Die Bilanzsumme ist gcgeniiber rund 122 Mio. DM imerstcn Rumpfgeschaftsjahr 1950 auf iiber 750 Mio. DM (Ende 1952) angestiegen. Schondas Hauptamt fiir Soforthilfe hat sich der Bank fiir seine Zweckc bedient. Im April
1952 wurde die Bank umgcwandclt in die Bank fiir Vcrtriebene und Geschadigte
(Lastenausgleichsbank) A.G. Sie steht bereit, nunmehr alle Bankaufgaben zu uberneh-
men, die sich im Zusammenhang mit dem Lastenausgieichsgesetz entwickeln.
Im November 1952 wurde unter Beteiligung der Vertriebenen-Bank A.G. die
Treuhandgesellschaft der Vertriebenen GmbH, gegriindet. Sie har die Aufgabe, die
Errichtung und die Fcstigung von Betrieben Vertriebener durch Sereitstcllung vonBetciligungskapital zu ermoglichen.
12. Die sozialrechtliche Betreuung der Vertriebenen
Das Bundesministerium fiir Vertriebene vertrat audi auf dem Gebiet der sozial-
reditlichen Betreuung die Intcrcssen der Vertriebenen und Fluchtlinge. In dem Ge-setz iiber die Vcrsorgung der Opfer des Krieges vom 20. 12. 1950 wurde erreicht,
dafi Schadigungen, die auf der Flucht, bei der Besetzung der deutschen Ostgebiete
und durch die Vcrtreibung aus der Heimat cntstanden sind, beriicksichtigt werden.
Die Rechtsanspriiche aus der Sozialversicherung, die Vertriebene in ihren Heimatlan-
dern erworben haben, werden in dem Bundcsvertriebcnengcsetz grundsatzlich aner-
kannt. In dem Frcmdrcntcngcsctz sind die notwendigen Einzelbestimmungen enthalten.
Audi durch das Gesetz iiber die Beschiiftigung Schwerbeschadigter und durch die No-velie zu dem Gesetz iiber Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenver&icherung wird die
Lage vielcr Hcimatvertriebener verbessert werden.
Im Verwaltungsrat der seit Mai 1952 in Nurnbcrg bestehenden Bundesanstalt fiir
Arbeitsvermittlung und Arbcitsloscnversichcrung hat das Bundesministerium fiir Ver-triebene als stellvertretendes Mitglied Sitz und Stimme. Durch die von der Bundes-
regierung am 17. 10. 1951 erlasscnen Richtlinien wurden audi die Ansprud»e. aus
39
betrieblichen Altcrsversichcrungseinrichtungen, die von den Wahrungsgcsetzen niche
erfafit sind und zum groBen Teil Vertricbencn zustehen, in einem gewissen Ausmafi
gesichert.
Vor allcm suchte das Bundesministerium fur Vertriebenc fiir die durch die Vcr-
treibung besonders schwer getroffenen Frauen und Mutter bestmog:iche Bctreuung zu
sichern. Auf zahlreichen Arbeits- und Schulungstagungen sozialer FachkraRe wurde auf
eine einheitliche Durchfuhrung dcr Fiirsorge innerhalb der cinzclncn Lander des Bun-
desgebietes hingewirkt. Das Muttergenesungswerk, das durch Gewahrung von Kur-
und Erholungsaufenthalten vielen heimatvertriebenen Muttern zur Wiederherstellung
ihrer Gesundheit und Arbeitskraft verhilft, wurdc von dcm Bundesministerium fiir
Vertriebenc gefordert. Durch Verbindung mit den Wohlfahrtsverbandcn und Frauen-
organisationen gelang es, bei besonderen Notstanden einzugreifen und durch Vermitt-
lung von Arbeitsplatzen den hcimatvertriebenen Frauen die Moglickkcit zu geben, sich
den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Ebenso trat das Bundesministerium fui Vertriebenc fiir die Bchebung der Berufs-
not und Arbcitslosigkeit dcr Jugend besonders ein(die auf der heimatvertriebenen
Jugend auSergewohnlich schwer Iasten. Dies gilt besonders fiir d*e Zusammcnarbeitmit dem Bundesministerium des Innern im Rahmen des Bundesjugendplancs und die
Zusammenarbeit mit dcm Bundesministerium fiir Arbeit in der Frage der Aufnahmedeutschcr Jugendlicher in Lehrstellen des Auslandes. Grofitc Auf»7icrksamkcit wurdcdem Ausbau der den Notaufnahmelagern angeschlossenen Jugendnebenlagern gewid-
met. Sic diencn der Unterbringung dcr jugendlichen Einwandcrcr aus der sowjetisch
besetzten Zone wahrend der Dauer des Aufnahmeverfahrcns.Vor allem nahm sich das Bundesministerium fiir Vertriebene der 1800 deutschen
Kinder und Jugendlichen an, die in den letztcn drci Jahren aus den polnisch be-
setzten Gebieten und dem Ausland, insbesondere aus Jugoslawien, in das Bundesgcbiet
ausgesiedck wurden. Fiir Kinder, die die dcutsche Sprache nicht beherrschten, wurdenim Zusammcnwirken mit den Wohlfahrtsverbandcn Forderschulen mit Heimcharaktereingerichtet. Mit den drei fiihrenden Organisationen der heimatvertriebenen Jugend,
der Deutschen Jugend des Ostcns, dcm Hcimatlosenlagerdienst der CVJM und der
Aktion hcimatvertriebener katholischer Jugend wurde standig zusammengearbeitet.
Die im Bundesministerium fiir Vertriebene mitarbeitende Vcrtretung der UNICEF-Verbindungsstellc war an den Mafinahmen des Kinderhilfswerksfonds dcr Vcreintcn
Nationen betciligt. Diescr spendete scit 1949 Rohstoffe (Leder, Baumwolie, Wolle) imWerte von 11,5 Mio. DM fiir deutsche Kinder. Mit cincm Bctrage von 16 Mio. DM,der von den deutschen Landern, dem Soforthilfefonds und dem Bund zur Verfugunggcstellt war, wurden diese Rohstoffe von deutschen Betrieben zu Schuhen, Manteln,
Unterwasche und Bettwasche verarbeitet. Auf diese Weise konnten Fertigwaren imWerte von iiber 35 Mio. DM hcrgestcllt wcrden. Nach Abschluft des IV. UNICEF-Hilfsprogrammes werden etwa 2 Mio. Kinder, vorwicgend aus Kreisen der Heimat-vertriebenen, mit neuen Kleidungsstiicken versehen sein. Aufier den genannten Roh-stoffen stelltc die UNICEF auch Streptomycin im Werte von 500 000 DM sowieLebertran und Vitaminkapseln im Wertc von 3,1 Mio. DM zur Verfugung, die an
den gleichen Empfangerkreis verteilt wurden.Eine weitere Hilfe fiir Hcimatvcrtriebene stellte die vom Bundesministerium fiir
Vertriebene erwirkte 50prozentige FahrpreisermafSigung der Bundesbahn dar. In denJahren 1949 bis 1951 wurden Fahrpreisermaftigungsscheine fiir rund 25 Millionen
Fahrten ausgegeben. Fiir die Jahre 1952 und 1953 sind Fahrpreiscrmafiigungsscheine
fiir rund 9 Millionen Eisenbahnfahrten vorgesehen.
40
Untersttitzte Personen tm Bundesgebiet 1950, 1951 und 1952
Anlagc 12/1
Bevolkerungdavon wurdcn untcrstiitzt in
Offcne Fiitsorgc Unterhaltshilfc1; Alu und Alfu*) Insgesamt
Berichts-
zeitpunkt
msgcsamt(in 1000)
Antcil Personen
(in 1000)
v.H.(Sp.l)
Ameil Personen' v. H.(in 1000) (Sp.l)
AntcilPersonen
(in 1000)
v.H.(Sp. 1)
AntcilPersonen
(in 1000)
v.H.(Sp.l)
Antcil
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
30. 9. 195030. 9. 1951
30. 6. 1952
30.9.195030. 9. 1951
30. 6. 1952
30. 9. 1950
.
30. 9. 1951
.
30. 6. 1952
.
7876 a)
80838 174b)
39 820a)
4011240 304b)
47 696a)
4819548 478b)
16,5
16,8
16,9
100,0
100,0
100,0
358269225
4,5
3,3
2,7
A. Vcrtriebene
28,0
25,6
24,0
B. ubrigc Bevolkerung
1227 15,6 73,7 646 8,2 33,0 2 231
1016 12,6 68,6 663 8,2 34,2 19481025 12,6 69,5 542 6.6 33,0 1792
12791051936
2,7
2,2
1,9
100,0
100,0
100,0
C. Insgesamt
1666 i 3,5
1481I
3,1
1476 ' 3,1
100,0100,0
100,0
1957 4,1 100,0
1938 4,0 100,0
1643 3,4 100,0
490244704 055
28,3
24,1
21,9
83,5 921 2,3 72,0 439 U 26,3 1311 3,3 67,0 2671 6.7
83,2 782 1,9 74,4 465 1,2 31,4 1275 3,2 65,8 2 522 6,3
83,1 711 1,8 76,0 451 14 30,5 1101 2,7 67,0 2263 b,6
10,3
9,3
8,4
45,5
43,6
44,2
54,5
56,4
55,8
100,0
100,0
100,0
x) 1950: Stand 31. 10. 1950 *) Nach Mitteilung des Bundesarbeitsministeriums sind etwa y3 aller Unterstiitzungsempfanger Vertriebene. DerAntcil an dcr Untcrstutzungspartci bctragt im Durchschnitt etwa 1,9 Personen.
a) Bevolkerung vom 13. 9. 1950b) Bevolkerung vom 1.7.1952
NJ
Die jugendlidxe Bevfilkerung im Bundesgebiet
(Ergcbnisse dcr VoLks- uiid Bcrufszahlung vom 13. 9. 1950)
Anlagc 12/2
Bcvolkerungsgruppc
Bevolkerung
davonJugcndlichc bis
insgesamt unter 18Jahrcn
insgcsamt*p ^
Von den Jugendlichen (Sp. 2) standen im Alter von
unter 1 bis unter 6Jahien
Zahlv.H.
(Sp.l)
v.a
(Sp.2)
6bisunterl4Jahrcn
Zahlv.H.
(Sp.l)
S
v.H.
(Sp.2)
14 bis unter 18Jahrcn
Zahlv.H.
(Sp.l)
10 11
v.H.
(Sp.2)
12
A. mannlicli
Insgesamt
Heimatvertriebene .
.
Obrige Bevolkerung
InsgesamtHeimatvertriebene .
.
Obrige Bevolkerung
Insgesamt
Heimatvertriebene .
.
Obrige Bevolkerung
22 350 6923709 40018 641292
25344 9804166 811
21 178 169
47 695 6727 876 211
39 819 461
6 830 893 30,6 2 006 256 9,0 29,4 3323 724 14,9 48,6 1 500 913 6,7 22,0
1192 477 32,1 343 273 9,2 28,8 593 185 16,0 49,7 256019 6,9 21,5
5 638 416 30,2 1662983 8,9 29,5 2730 539 14,6 48,4 1 244 894 6.7 22,1
6 5525971 143 7335 408 864
13 383 4902 336 210
11047 280
25,9
27,4
25,5
28,1
29,7
27,7
B. wciblich
1912 671326 165
1 586 506
C. Insgesamt (A+B)
7,6 29,2
A8 28,5
Ab 29,3
3 918 927 | 8,2
669 438 8,5
3 249489 8,2
29,3
28,7
29,4
3192 739
570 1022 622 637
6 516 463
1 163 287
5 353 176
12,6
13,7
12,4
48,7
49,8
48,5
13,7 48,7
14,8 49,8
13,4 48,5
1 447 187247 466
1 199 721
2948100503 485
2444 615
5,7
5,9
5,6
6,2
6,4
6,1
22,1
21,7
22,2
22,0
21,5
22,1
13. Das Bundesvertriebenengesetz
Bcrcits das Grundgcsetz hatte in Art. 116 Abs. 1 die rechtliche Gleichstcllung der
dcutschen Vertriebencn odcr Fluchtlinge im Grundsatz anerkannc. Weiterc Gcsetzc,
z. B. das Gesetz zu Art. 131, das Soforthilfcgesetz und das Lastenausgieichsgesetz,
batten ihre Rechtsstellung welter ausgebaut.
Das Bundesvertriebenengesetz wird nunmehr den Vertriebencnbegriff bundesein-
heitlich festlegen. Es schafft damit fiir die weitere Vertriebenengesetzgebung eine
Grundlage, deren Fehlen sich bishcr sowohl fiir die Vertriebenen als audi fiir die
Vcrwaltung unangenehm bemerkbar machte.
Im Bundesvertriebenengesetz werden aufierdem die besonderen MaGnahmen zu-
sammengefafit, die fiir die Eingliederung der Vertriebenen von wesentiicher Bedcu-
tung sind. Dies geschieht fiir die vertriebenen Bauern und Landwirte durch eine
erhebliche Intensivierung der bisherigen Fliichtlingssiedlung, fiir die selbstandig Er-
werbstatigen durch Gewahrung von steuerlichen Erleichterungcn und Kredithilfen,
fiir die vertriebenen Arbeitnehmer durch Bestimmungen uber bevorzugtc Vermittlung
und Einstellung sowie die Schaffung von Dauerarbc it splat zen, fiir freie Berufe, z. B.
Xrzte, dadurch, dafi sie ohnc Riicksicht auf die bereits Zugelassencn einen Tatigkeits-
bereich zugewiesen erhalten, und schliefilich fiir Handwerker durch ein erleichtertes
Verfahren bei der Eintragung in die Handwerksrolle. Alle Beschiankungen, die imgeltenden Landes- odcr Gemeinderecht fiir Vertriebene darin bestehen, dafi die Aus-iibung von Rechten an besondere Bcziehungen zu einem Land oder einer Gemeindegeknupft sind (Geburtsort, Wohnsitz, Dauer), entfallen kiinftig fiir die Vertriebenen.
Auf dem Gebiete der Sozialversichcrung wird die grundsatzliche Glcichstellung mit den
Einheimischen normiert, wobei Einzelheiten einem besonderen Fremdrentengesetz
uberlassen werden. Wciterhin sind Bestimmungen iibcr die Anerkennung von Prii-
fungen und den Ersatz von Urkunden, die zur Berufsausbildung eriorderlich sind, mitdem Ziele einer schnellen Ersatzbeschaffung vorgesehen.
Von besonderer Bedeutung ist die Regclung der vor der Vertreibung begriindetcn
Verbindlichkeiten. Sie lehnt sich an das Vertragshilfegesetz an, mit dem Unterschied,
diils nicht der Schuldner, sondern der Glaubiger den Vertragshilferichter anrufenmull, um zu verhindern, dafi seine Forderung nach Abiauf einer bestimmten Aus-schluSfrist zur Nacuralobligation wird. Aufierdem mufi der Vertragshilferichter bei
seiner Entscheidung grundsatzlich die Vermdgcnsverhaltnisse der BeteiHgten, nicht imZeitpunkt der Entscheidung, sondern am 21. 6. 1948 zugrunde legen. Die vorge-
sehene Schuldenrcgelung wird gleidizeitig eine Schuldenbereinigung darstellen, die fiir
die wirtschaftliche Eingliederung der Vertriebenen von aufierordentlichcr Bedeutung ist.
Schliefilich wird im Bundesvertriebenengesetz den Vertriebenen ein Rechtsanspruch
auf Zusammenfuhrung mit ihren Angehorigen eingeraumt, um die durch die Ver-treibung verlorengegangencn Familiengemeinschaftcn wieder herzustellen.
Ferncr werden im Bundesvertriebenengesetz zwei Grundsatze von allgemciner
Bedeutung aufgestellt. Die Sonderrechte und Vergiinstigungen sollen durch Verwal-tungsakt dann entzogen werden konnen, wenn die Eingliederung des Vertriebenen in
das wirtschaftlidie und soziale Leben der neuen Umgebung in einem seiner fruheren
wirtschaftlichen und sozialen Verhaltnissen entsprcchenden Mafie erfolgt ist. Begiin-
stigende Mafinahmen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, sollen an Vertriebene nursolange gewahrt werden, bis die Paritat mit den Einheimischen errcicht ist. Untcr
43
Paritat wird hierbei das Verhaltnis in einem bestimmten Berufs- oder Wirtschafts-
zweig eines Landes verstanden, das dcm Verhaltnis entspridit, in dcm die Gesamtzahlder Bevolkerung zur Gesamtzahl der Vertricbcnen in diesem Lande steht
Die Vertriebenen werdcn also nunmchr im Grundsatz wie in den Einzelheiten
die Reditsstellung eines voll gleichberechtigten Staatsbiirgers in der BundesrepublikDeutschland erhaltcn. Ihnen wird nicht ira Vergleich zu anderen Staatsbiirgern ein
bevorzugter Status eingeraumt, sondern lediglidi die notwendige gesetzliche Hilfe
gcwahrt, damit sie in der Ausiibung ihrer staatsbiirgerlichen Recht? und in der Wahr-nehmung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Belange den gleichen Start und die glei-
dien Moglichkeiten erhalten, wie sie ttiren einheimischen Mitbiirgern trotz der kriegs-
bedingten Verluste geblieben sind.
Es wird jedoch weiterer angestrengter Arbeit des Bundesministeriums fur Ver-triebene bediirfen, um die Rechtsstellung der Vertriebenen tatsachiich zu sidiern undLiicken in der bisherigen gesetzlidien Rcgelung zu schliefien.
14. Die Kriegsgefangenen and Heimkehrer
Durch Kabinettsbeschlufi vom 25. 11. 1949 wurde dem Bundesministerium fiir
Vertriebene mit Wirkung vom 1. 12. 1949 die Bearbeitung der allgemeinen Ange-Icgenheiten von Kriegsgefangenen und Heimkehrern iibertragen. Die „Geschaftsstelle
der Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Lander fiir Kriegsgefangenen- und Heim-kehrerfragen" wurde aufgelost.
Im Mittelpunkt aller Bemiihungen des Bundesministeriums fur Vertriebene umdas Schicksal der Kriegsgefangenen sowie der Zivilverschleppten und Zivilinternierten
stand das Bestreben, die Ruckfuhrung dieser in auslandischem Gewahrsam festge-
haltenen Personen moglidist schnell zu erreichen. Als Grundlage fiir diese Arbcitenwurde im Mara 1950 im gesamten Bundesgebiet und in West-Berlin eine Registrierung
der Kriegsgefangenen und Vermiflten durchgefuhrt, die einen — wenn audi liicken-
haften — Oberblick iiber diesen Personenkreis brachte. Die Ergebntsse dieser Regi-strierung werden laufend durch die von dem Bundesministerium fiir Vertriebene
hiermit beauftragten Sudidicnststellen in Miinchen und Hamburg erganzt. Aus diesen
Unterlagen wurden die Namenslisten der nodi in Kriegsgefangenschaft befindlidien
deutschen Wchrmachtsangehorigen, der WehrmachtsvcrmiSten sowie der versdilepp-
ten, internierten oder verurteilten deutschen Zivilpersonen zur Vorlage bei der UN-Kommission fiir Kriegsgefangenenfragen zusammcngestellt.
Diese Kommission, die von der Generalversammlung der UN durch Beschlufi
vom 14. 12. 1950 beauftragt wurde, den Versuch einer fried lichen Losung des
Kriegsgefangenenproblems zu unternehmtn, hielt unter Mitwirkung einer deutschen
Delegation bisher drei Sitzungen ab. Auf der letzten Sitzung im August/September1952 in Genf wurde ihr dokumentarisches Material, das unter der Anleitung des
Bundesministeriums fiir Vertriebene durch den Sudidienst des Deutschen RotenKreuzes erarbeitet worden war, in 14 Banden vorgelegt. Aus ihnen ergibt sich die
dokumentarische Erfassung von rd. 1,3 Mio. Wehrmaditsvermifiten und 100 000Kriegsgefangenen. Fcrner wurden in 36 Banden vorgelegt etwa 18 000 amtliche odernotariell beglaubigte Abwcsenhcitserklarungen iiber Kriegsgefangene, die aus derSowjetunion noch nicht zuriickgekehrt sind. Aufierdem wurde der zahlenmaSige
44
Nachwcis uber 750 000 Zivilverschleppte und Zivilinternierte erbradit. Dieses in
sorgfaltiger Kleinarbeit zusammcngestellte dokumentarischc Material machte grofiten
Eindruck.
Die UN-Kriegsgefangenen-Kommission wird dem Wunsche der deutschcn Dele-
gation entsprediend ihre Arbeit fortsctzen und sich insbesondere bei den wcstlichcn
Gewahrsamslandern urn weiterc Feststeilungen, urn Nachforschungen und die Obcr-lassung von Listen bemuhen. Ferner wird die UN-Kriegsgefangenen-Kommission er-
neut versuchen, die Regierungen der Sowjetunion, Polens und der Tschcchoslowakci
doch noch fur eine Mitarbeit an der Ldsung des Kriegsgefangenenproblems zu ge-
winnen.
Seit Dczember 1949 wurden insgesamt uber 100 000 deutsche Knegsgefangcne aus
alien Gewahrsamslandern in das Bundcsgebiet entlassen. Ein crhcblicher Teil diescr
Heimkehrer wurde von dem Bundesminlsterium fiir Vertriebene schriftlich odcr
miindlich in Fragen der Wiedereingliederung beraten. Soweit die entlasscncn Ge-fangenen in geschlossenen Transporten in den Entlassungslagcrn des Bundcsgcbietcs
eintrafen, wurden sie durch einen Vertreter des Bundesministeriums fiir Vertriebene
namens der Bundesregicrung begriifit. Einige Heimkehrertransporte wurden durchBeauftragte des Bundesministeriums fiir Vertriebene auch im Gewahrsamsland iiber-
nommen und in die Heimat zuruckgefuhrt. Durch sofortige Befragung der Heim-kehrer in den Entlassungslagern wurde erreicht, dafi neue Erkenntnissc sofort der
weiteren Arbeit zugute kamen.
Um die Lage der noch in den westlichen Gewahrsamslandern zuriickgchaltencn
etwa 900 Gefangenen zu erleichtern, wurden sic laufend aus Bundesmitteln mitGeldsendungen unterstutzt. Diese Betragc ermdglichcn es ihncn, die eintonigc Vcr-pflegung zu verbessern. Daneben erhalten die Gefangenen kostenlos Gcbrauchsartikcl
und Bekleidung. Ferner wird in Zusammenarbeit mit den Spitzenverbanden der freien
V/bhlfahrtspflege den Angehorigen durch Gewahrung von Bcihilfen die Moglichkeit
zu einem Besuch bei den Gefangenen gegeben. Diese Hilfsmafinahmcn wirken sich
auf die Stimmung der Gefangenen sehr giinstig aus.
Durch Finanzierung von Fernunterrichtskursen werden viele Gefangene auf einen
spateren Beruf vorbereitet. Daneben konnen sie durch Fachbucher und Fachzeitschrif-
ten, die ihnen zur Verfiigung gestellt werden, ihre beruflichen Kenntnisse auf-
frisdien und erweitern oder sich in ihrer Freizeit mit Arbeiten, die ihrer personlichen
Neigung entsprechen, beschaftigen. Soweit cine unmittelbare und standige Verbindungmit den Gefangenen in den westlichen Gewahrsamslandern moglich war, ubcrnahmenEinzelpersonlichkeiten oder Organisationen, die das Bundesministcrium fiir Ver-triebene beauftragte, individuell die soziale und kulturelle Betreuung dicser Gefan-genen. Die Kosten dieser zusatzlichen Arbeit trug das Bundcsministerium fiir Ver-triebene.
In den ostlichcn Gewahrsamslandern erhielten die Gefangenen durch Wohlfahrts-verbande monatlichc Paketsendungcn. Diese Sendungen enthalten in erster Linie
Lebensmittel, aber auch Unterwasche, warme Bekleidung und Gebrauchsartikel allcr
Art. Diese Zuwendungen konnten inzwischen auf alle Gefangenen :n ostlichem Ge-wahrsam ausgedehnt werden, uber deren Aufenthalt in der Gefangenschaft eincncuere Nachricht vorliegt und soweit ihre Betreuung durch das Gewahrsamsland zu-
gelassen 1st.
Um die Lage der Angehorigen von Kriegsgefangenen zu verbessern, wurde dasGesetz uber die Unterhaltsbeihilfc fiir Angehorigc von Kriegsgefangenen vom
45
13. 6. 1950 erlasscn, das diesem Personcnkreis die gleichen Leistungen sichcrt, wie sic
im Bundcsvcrsorgungsgesetz fiir Kriegshinterbliebene vorgesehen sind.
Als beratendes Organ ist cin Beirac fur Angelegenheiten der Kriegsgefangencn
und Zivilvcrschlepptcn, der Zivilinternierten- und Kriegsgefangenen-Angehorigen ge-
bildet worden, dem Vertreter der an der Losung der Kriegsgefangcnenfrage beteilig-
ten Organisationen und Verbande angehoren.
Am 1. 10. 1952 ubernahm das Bundesministerium fiir Vcrtriebene aus dem Arbeits-
gebiet des Bundesministeriums des Inncrn den Suchdienst und die Suchdienstaufsicht.
15. Kultur- und HelmatpHege der Vertriebenensowie Fragen wissensdiaftlidier Forschung
Die Eingliederung der Vertriebenen kann keincswegs mit der Losung materieller
Fragen allcin als beendet angesehen werden. Es gilt audi, das grofie ostdeutsche
Kulturerbe zu pflegen. Dieser Aufgabe hat sich das Bundesministerium fiir Vertricbene
in cnger Zusammenarbeit mit Bundesministerien, Landern und zahlreichen Organi-
sationen verschiedenster Art angenommen.
Insbcsondere konnten folgende Einrichtungen gefordert werden:
1. der Ostdeutsche Kulturrat in Bonn, der eine kulturelle Representation samtlicher
Vertriebcner aus dem Osten darstellt,
2. das Nordostdcutsche Kulturwerk, das -ich in der Nordostdeutschen Akademie in
Liineburg cinen Mittelpunkt fur die kulturellen Bestrebungen aus dem nordost-
deutschen Raum geschaffen hat,
3. das Kulturwerk Schlesien in Neumarkt/Opf., in dem samtKche kulturellen An-
liegen der schlesischen Heimatvertriebenen koordiniert sind,
4. der Adalbert-Stifter-Vercin in Miinchen, der sich der kulturellen Fragen der
Heimatvertriebenen aus dem Sudetenraum annimmt,
5. die Sudostdeutsche Kultur- und Forschungsstelle (Siidostdeutsches Kulturwerk) in
Miinchen, die zum kulturellen Sammelpunkt fiir die deutschen Heimatvertriebenen
aus dem Siidosten Europas geworden ist und6. der Gottinger Arbeitskreis, der durch publizistische Tatigkeic eine standige Ver-
bindung mit dem Ausland aufrecht erhalt.
Eine mehr oder weniger enge Verbindung besteht mit folgenden wissenschaft-
lichen Instituten:
1. dem Herder-Institut in Marburg/Lahn, das der Forschung iiber die Gebiete ost-
Hch der Oder-Neifie-Linie dient,
2. dem Sudost-Institut in Miinchen, das Fragen des , siidosteuropaisclien Raumes
wissenschaftlich bearbeitet,
3. dem Osteuropa-Institut in Berlin, das in enger Zusammenarbeit mit der Freien
Universitat stent,
4. dem Osteuropa-Institut in Miinchen,
5. dem Institut fiir empirische Soziologie in Hannover,
6. dem Soziographischen Institut in Frankfurt a. M.,
7. der Forschungsstelle fiir Volkspsychologie in Wiesbaden,
8. der Soziologisch-historischen Forschungsstelle im padagogischen Institut in Kassel.
9. dem Institut fiir Raumforschung in Bad Godesberg,
1 0. der Arbeitsgcmeinschaft der wirtschaftswisscnschaftHchcn Institute in Koln a. Rh. und
11. der Arbeitsgemeinschaft sozialwissenschaftlicher Institute in Dortmund.
46
Anlagc 14/1
Vermifite der ehemaligen deutschen Wehrmacht
geoidnet nach dcm Land der lctzten Nachricht
(Stand 1.7. 1952)
Land der ktzten Nachricht Anzahl
Abessinien 5Albanicn 902Agyptcn 304Algcricn 66Afrika 736Argentinien 1
Australicn 1
Bclgicn 2 303Bulgarien 1 202Bundesrepublik Dcutschland 30 908China 1
Dancmark 1 608Finnland 1 614Frankreich 24 698Franz. Marokko 2GroBbritannien 864Gricchcnland 3 686Iran 3Itaiien 16 5%Japan 2ugoslawien 28 662Libycn 324Luxemburg 435Niederlande 3 820
Norwcgen 1 937
Die Namcn dicscr VcrmiBtcn wu
Land der letzlcn Nachricht Anzahl
Osterreich 11870Polen nut polnisch verwalteten deut-
schen Gebictcii 272 444Portugal 1
Rumanien 83 604Saudi-Arabien 6Sowjctische Besatzungszone
Deutschlands 76 002Spanicn 11Schweden 5Schweiz 5Syrien 1
Tricst 1247Tschcchoslowakci 43 843Tunesien 824Tiirkei 6UdSSR mit sowjetisch verwalteten
deutschen Gcbicten 5830%Ungarn 34 119Ostlicher Kriegsschauplatz 37 833Westlicher Kriegsschauplatz 2 277VcrmiBtcaufSce 2 356Ohnc nahcrcBczcichnung des Landcs 50 736
1 320 966
sion der Vcrcintcn Nationcn iabergeben.
rden im August/September 1952 der Kricgsgefangencn-Kommis-
Anlage 14/2
Als lebend ermlttelte und verschollene deutsdie Kriegsgefangene
soweit sie in auslandischcm Gcwahrsam bekundet wurden
(Stand 1.7. 1952)
Gewahrsamsland Attzahl
Albanien 14Bclgicn 91Bulgarien 92CSR 1529Dancmark 42Frankreich 1705Griechenland 28GroBbritannien 1 440Itaiien 119
Jugoslawicn 1 599
Kanada 26
Gewahrsamsland Anzahl
Luxemburg 22Niederlande 102Norwcgen 75Osterreich 41Polen 2 566Rumanien 95Sowjctische Besatzungszone
Deutschlands 1 757Ungarn 938USA 2 170
UdSSR 85405
99 856
Die Namen dieser Gefangenen wurden im August/September 1952 der Kriegsgcfangenen-Kommis-
sion der Vcrcintcn Nationen ubergeben.
47
Helmkehrer aus der Kriegsgefangenstiiaft
Anlage 14/3
vom 1. 12. 1949 bis 31. 12. 1952, sowcit sie durch deutsche Heimkehrcr-Entlassungslager
crfafit werdcn konntcn
GewahrsamslandDezember
1949
Kalender-
jalir
1950
Kalcndcr-
jahr
1951
Albanien,
Bclgien,
CSRFrankrdchFrankreich (Wittlich)
GroBbritannienGro8britannien(Werl)
JugoslawicnLitauen
,
Nicderlandc,
Norwegen,
Osterreich ,
PolcnRxunanicnSowjetunionSowjetische Besatzungszonc
,
USA (Landsbcrg)
Sonsrigc lender
25
66
1265
58 099
32
59487 42676
251045387
757
16
1818 353- 1
38087 24723 8
14 35502 77
8
22326187
954
4306366
2 399
Kalendcr-
jahr
1952
z us ammen
974920
1
38161
11
1
290
1
1706955
117
8
5614036232012
921414636331
23 526
296 603
100
104
728
801 10S363
48
Anlagc 15/!
Die heimatvertriebenen Schuler und Studierenden im Bundesgebiet
Stand: Mai 1951
Heimatvcriricbcnc
Schulcninsgcsamt
v. H. dcr
Schiilcr
insgcsamt
Verteilung
auf die Schularten
Heimat-vcrtrieb.
ObrigcSchiilcr
A. Schuler
1. Volksschulcn 1
)
2. Sondcrschulcn3- Mittelschulen *)
4. Hbhcrc Schulcn')
5. Einheitsschulcn 2)
6. Frcie Waldorfschulcn
7. Berufsschulcn*) a)
8. Berufsfachschulcn
9. Fachschulcn3)
SummeAnteildcr6-bisl8jahrigcnVertriebcncn-Bcv6lke-rung an dcr 6- bis 18janrigcnBcv6lkerung insges.
1 113420 19,0 70,3 64,310907 11,2 0,7 1,248 856 20,7 3,1 2,5112665 17,5 7,1 7,223566 8,2 1,5 3,6
355 7,5 0,0 0.1
247 816 15,1 15,6 19,012312 15,0 0,8 0,913941 13,3 0,9 1,2
1 583 838 17,7 100,0 100.U
17,6
B. Studicrendc im Wintcrscmcstcr 1950/51
Hochschulen
Heimatvcrtricbcne
v. H. dcr j Antcilinsgcsamt Studierenden an den
insgesamt Schularten
Universitatcn
Technische HochschulenSonstiec wisscnschaftliche HochschulenLchrcrbildungsanstalt
SummcAntcil der 18- bis 25jahrigen Vcrtriebenen-Bevol-
kcrung an dcr 18- bis 25jahrigen Bevolkerunginsgesamt
9 5652 89315982 076a)
16132
13,7
13,1
17,9
19,9
14,5
18,2
59,3
17,9
9.9
12,9
100,0
C. Schuler und Studierendezusam:
HcimatvertricbcncSchulcn und Hochschulen v. H. der
insgcsamt Schuler
insgesamt
Antcil der 6- bis 25jahrigen Vcrtricbcncn-Bevolkerung an dcr6- bis 25jahrigen Bevolkerung insgesamt 1 599 970
*) Ohnc Hamburg und Bremen, dcren Angaben bci den Einheitsschulcn cnthaltcn sind.a) In Scljeswig-Holstcin, Hamburg und Bremen (olinc frcie Waldorfschule).
») Stand: 1950.
*) Nut Pflicht- und frciwilligc Schuler, ohnc crwerbstatige Schuler.
a) ohne Hamburg
17,7
49
Mit folgenden beruflichen Intcresscnvcrtrctungcn der heimatvertriebencn Kultur-
schaffenden ist eine rege Zusammenarbcit vorhandcn;
1. dcm Notverband vertriebener Hochsohullehrer in Bonn und2. der Kiinstlergilde in Efllingen.
Seit dem Jahre 1951 konntc das Bundesministerium fur Vcrtriebene auch einzel-
nen kulturell-schopferischen Kraften aus den Kreisen der Heimatvertriebenen Bei-
hilfen gewahren.
Aus dem Bestrebcn heraus, die Arbeit des Bundesministeriums fur Vcrtriebene
nicht nur auf die Erhaltung des ostdeutschen Kulturerbes zu beschranken, wurde die
Kommission fiir Volkskunde der Heimatvertriebenen im Verband dcutscher Vereine
fur Volkskunde gefordcrt. Sie ist bestrebt, das noch vorhandenc Volksgut der Ver-
triebenen zu sammeln und seine Umformungen und Neuformungen festzustellen. Die
Ergebnisse dieser Arbeiten werden in einer Zcntralstelle in Freiburg i. Br. zusammen-gefafit und von dort aus der wissenschaftlichen Forschung und der praktischen Volks-
tumsarbeit zur Verfiigung gestellt.
Aufierdem ist das Bundesministerium fiir Vertriebene audi an der Schulfrage inter-
essiert. So wurde mit seiner Hilfe ein Gutachten iiber die Frags ausgearbeitet „Welchc
Vorschlange konnen gemacht werden, um durch Neuorganisation der Hoheren undMittelschulen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die der Umsiedlung ent-
gegenstehenden Schwierigkeiten zu beseitigen?" Dieses Gutachten fand grofie Be-
achtung.
In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium fiir Vertriebene erlicfi der
Deutsche Stadtetag Richtlinicn ubcr die stadtische Kulturpolitik. Sie bcriicksichtigen
in verstandnisvoller Wcise die kulturellen Anliegen der Heimatvertriebenen.
Die auf Veranlassung des Bundcsministers fiir Vcrtriebene erhobene Sondersta-
tistik iiber den Schulbesuch der heimatvertriebenen Jugend zcigt, daK bei ausreichen-
der materieller Hilfe eine dem Anteil an der Gesamtbevolkerung entsprechende Betei-
ligung an alien Schularten errcicht werden kann.
16. Die Organisationen der Vertriebenen
Entsprechcnd den verschiedenen Aufgaben, die zu losen waren, entstanden zwei
grofie Gruppen von Organisationen.
Die eine Gruppe bildete sich um die wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben, die
sich den Vertriebenen in der neuen Heimat stellten. Sie pafke sich allmahlich demkommunalen und staatliohen Vcrwaltungsaufbau an und fand ihre Zusammenfassung
in einer Bundcsspitze, dem „Zentralverband der vertriebenen Deutschcn" (ZvD).
Die zweitc Gruppe widmete sich den Aufgaben, die in der verlorenen Heimatlagen, insbesondere den kulturellen und heimatpolitischcn Aufgaben. Sie war auf der
Grundlage der landsmannschaftlichen Zusammengehorigkeit aufgebaut und fiihrte
weitgehend zu einer Wiederherstellung des friiheren heimatlichen Zusammenhanges.Diese Landsmannschaftcn sind jetzt in dem „Vcrband der Landsmannschaften* (VdL)
zusammengeschlossen
.
In einigen Fallen ist die oben skizzierw Aufgabcnteilung fliefiend; im grofien ge-
sehen ist sie jedoch fiir die Arbeit der beiden Gruppen charaktcristisch.
Am 22. und 23. November 1952 haben in Wiesbaden die Prasidien des Zentral-
verbandes der vertriebenen Deutschen (ZvD) und des Verbandes der Landsmannschaf-
ten (VdL) beschlosscn, den Aufbau des Bundes der vertriebenen Dcuischcn (BVD) nach
50
gemeinsam festgelegten Grundsatzen zu vollcnden. Dcr BVD ist dcr ZusammenschluSder BVD-Landesverbande und der Landsmannschaftcn auf Bundcscbenc. Die notwen-digen Vorarbeiten zur Durchfuhrung der Beschlusse wurden von ZvD und VdL in
Angriff genommen. Zusammentritt der Bundsversammlung als oberstes Grcmium des
BVD wurde bis Ende April 1953 vorgesehen.
Neben diesen Gruppen haben sich berufsstandische Organisationcn gcbildet. Dievertricbenen Landwirte haben sich in dem „Bauernverband der Vertriebenen" zu-
sammengeschlossen. Neben ihm besteht eine wVertretung der heimatvercriebcnen
Wirtschaft mit einer Reihe von Landesstellen, die den gewerblichen Scktor umfafit.
Die vertriebenen Beamten und Behordenangestellten haben sich in dem „Verbandder Beamten und Angestellten der offentlichen Verwaltungcn aus den Ostgcbictcn
und dem Sudetenlanda(Verbaost) eine eigene Vertretung gegeben.
Der Vertretung der Interessen der West- und Oberseevertriebencn dient die
MArbeitsgemeinschaft der West- und Oberseevertriebenen" in Bonn.
Zahlreiche Zuwanderer aus der sowjetischen Besatzungszone haben sich in dcr„Arbeitsgcmeinschaft der Vertriebenen aus der sowjetischen Besatzungszone und Ber-
lin" in Bonn zusammengeschlossen. Die Landsmannschaftcn dcr Fluchtlingc aus dersowjetischen Besatzungszone haben beschlossen, eine Arbeitsgemcmschaft zu bilden.
Abschliefiendes dariiber liegt hier noch nicht vor. Der „K6nigsteiner Krcis" stellt eine
Vereinigung der Juristen und Beamten aus der sowjetischen Besatzungszone dar.
Schliefilich hat sich die heimatvertriebene Jugend eine eigene Organisation in der„Deut$chcn Jugend des Ostens" (DJO) geschaffen.
Die Kirchen haben sich schon im Sommer 1945 der Vertriebenen angenommenund ihnen auch die Mogliohkeit zum Zusammenschlufi geboten. So entstandendie „Hilfskomitees* der Vertriebenen-Kirchen im Rahmen des „Hilfswerkes derEvangelischen Kirchen in Deutschland*. Die Vertretung der vertriebenen Kir-
chen innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD; wird von dem„Ostkirchcnausschufi (Kirchlichen Hilfsausschufi fur die Ostvertriebcnen)" in
Hannover wahrgenommen. Die Hilfskomitees haben sich in dem „Konvent der zer-
streuten evangelischen Ostkirchen" in Bonn zusammengeschlossen, dem ferner Vcr-treter des Rates der EKD, der Kirchenkanzlei der EKD, des Hilfswerkes der EKD,der Landeskirchen, des Kirchendienstes Ost (Berlin), des Lutherischen Weltbundes,des Weltrates der Kirchen, der Kirchen der heimatlosen Auslander, der offentlichen
Vertriebenen-Arbeit, der Jugend und der Frauen angehoren.
Innerhalb der romisch-katholischen Kirche wirken vor allem:
1. der Papstliche Protektor fur das gesamte Fliichtlingswesen in Dcutschland, Kar-dinal-Erzbischof Frings in Koln,
2. dcr Beauftragte der Fuldaer Bischofskonferenz fur die Vertriebenenseelsorge
(Fluchtlingsbischof),
3. der katholische Fliichtlingsrat
— President: Bundesminister Dr. Lukaschek, Bonn. Der katholische Fliichtlings-
rat ist das Beratungsorgan des Papstlichen Protektors fiir das dcutsche Fliichtlings-
wesen und des Beauftragten der Fuldaer Bischofskonferenz fiir die Vertriebenen-
seelsorge. Er zahlt etwa 25 Mitglieder aus den Reihen der Einheimischen undVertriebenen,
4. die Katholischen Arbeitsstellen fiir Heimatvertriebene in Koln und Munchen.Von grundsatzlicher Bedeutung fiir die Arbeit der Vertriebenenorganisationen ist
die „Charta der deutschen Hcimatvertriebenen", die als Wort dcr Vertriebenen andie Weltoffentlichkeit zu werten ist. Untcrschricben und bekanntgegeben wurde die-
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Charta am S. 8. 1950 in Stuttgart-Bad Cannstatt im Rahmen einer gcmcinsamenKundgcbung des Zentralverbandes der vertriebenen Deutschen und der Vereinigten
Landsmannschaftcn in Gegcnwart von Vertretern der Bundesregierung, der "Wurttem-
bcrg-Badischen Landesregicrung, des Auslands und der Kirchen. Gleichzeitig wurdesic in einer Reihe anderer Stadte verkiindet. Oberall bekannten sich die Vercriebenen
zu ihr. Das Bundesministerium fur Vertriebene fordert die Veroffentlichung der
Charta und versendet sie in das In- und Ausland. Obersetzungen in Enghsdi, Franzo-
sisch und Spanisch sowic 16 Sprachen Ost- und Siidosteuropas Jiegen vor.
Bedeutsam ist audi die Zusammenarbeit zwischen den Landsmannschaften undden Westdeutschen Heimatbiinden. Sie hat eine Vertiefung des Heimatgedankenszum Zicl und halt gleichzeitig den Ruf nach den Heimatgebieten im Osten im ganzen
deutschen Volk wach. Der „Tag der Heimat" am ersten Augustsonntag (dieser Tag liegt
der Untcrzeichnung des Potsdamer Abkommens am 2. August [1945] am nachsten) hat
bereits Tradition. Die Veranstaltungen an dicsem Tage wurden in zunehmendemMafie von den Vertriebenenorganisationen und den westdeutschen Heimatbiindengemcinsam veranstaltet. Es wird angestrebt, den Tag der Heimat zum nationalen
Gedenktag zu erklaren. Die Obernahme von ostdeutschen Patenschaften durch west-
deutsche Stadte, Kreise, Lander und Universitaten belebte ebenfalls die Erinnerung
an die alte Heimat im Osten und verband zugleich die Vertriebenen mit ihrer neuenHeimat im Bundcsgebiet.
Das Bundesministerium fiir Vertriebene halt mit alien Vertriebenenorganisationen
standig enge Fuhlung. Es berat und fordert sie bei ihrer Arbeit. Die Organisationcn
berichten ihrerseits dem Bundesministerium fiir Vertriebene laufend uber ihre Tatig-
kcit im Intercsse der Vertriebenen und geben so dem Bundesministerium fiir Ver-
triebene wcrtvolle Anrcgung fiir die gesctzgeberisdie Arbeit.
Die Verbindung mit den Vertriebenen wird durch die hiiufige Teilnahme des
Bundcsministers fiir Vertriebene oder seiner Vertreter an Besprechungen, Tagungenund grofien TrefFen eng gestaltet. Der Sudetendeutschc Tag 1952 in Stuttgart mituber 200 000 Teilnehmer und das Schlesiertreffen 1952 in Hannover mit iiber 300 000Teilnehmcrn waren besonders eindrucksvolle Kundgebungen.
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Anlagc 16/1
Mitgliedsverbande des ZvD
1. Bund der vertriebenen Deutschen — Landesverband Badcn-Wiirttemberg,
2. ZvD-Landesverband Bayern,
3. Berliner Landesverband der Heimatvertriebcnen,
4. Landesverband Bremen der vertriebenen Deutsdien,
5. Aufbaugemeinschaft der Vertriebenen in Hamburg,
6. Landesverband der Heimatvertriebenen in Hessen,
7. Bund der vertriebenen Deutschen, Landesverband Niedcrsachsen,
8. Bund der vertriebenen Deutschen, Landesverband Nordrhein-Wcstfalen,
9. Bund der vertriebenen Deutschen, Landesverband Rheinland-Pfalz,
10. Landesverband der vertriebenen Deutschen — Vercinigtc Landsmannschaften —Schleswig-Holstcin,
Aufierhalb des ZvD'
Landesverband der vertriebenen Deutschen in Hamburg.
Anlage 16/2
Landsmannschaften der Vertriebenen im VdL
1. Landmannschaft der Banater Schwaben in Miinchen,
2. Gemeinschaft deutscher Umsiedler aus Bessarabicn und der Dobrudscha
in Stuttgart.
3. Landsmannschaft der deutschen Umsiedler aus der Bukowina in Miinchen,
4. Deutsch-Baltische Landsmannschaft in Marburg,
5. Landsmannschaft der Deutschen aus Jugoslawien in Ahrweiler,
6. Karpatendeutsche Landsmannschaft Slowakei in Stuttgart,
7. Landsmannschaft OstpreuBen in Hamburg,8. Arbeitsgemeinschaft der Ostumsiedler (Rufiland-Deutschen) in Stuttgart,
9. Landsmannschaft der Oberschlesier in Frankfurt/M.,
10. Pommersche Landsmannschaft in Hamburg,11. Landsmannschaft Schlesien in Bonn,
12. Landsmannschaft der Siebenbiirger Sachsen in Miinchen,
13. Sudetendeutsche Landsmannschaft in Miinchen,
14. Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn in Miinchen,
15. Landsmannschaft der Deutschen aus dem Wcichsel- und Wartheland in Hamburg,16. Landsmannschaft WestpreuiSen in Lubeck.
AuBerhalb des VdL
Landsmannschaft Berlin-Brandenburg in Bonn.
Bund der Danziger in Lubeck.
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Anlagc 16/3
Landesstellen der Vertretung der heimatvertriebenen Wirtschaft
1. Landesstelle Bayern,
2. Landesstcllc Bremen,
3. Landesstelle Hamburg,4. Landesstelle Hessen,
5. Landesstelle Nicdersachsen,
6. Landesstelle Nordrhein-Westfalen,
7. Landesstelle Schleswig-Holstein,
8. Landesstelle Baden-Wiirttemberg.
Anlage 16/4
Landsmannschaften der Fluchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszoneand Berlin
1. Landsmannschaft Mecklenburg,
2. Verband der Sachsisch-Thuringischen Landsmannschaften,
3. Landsmannschaft; Berlin-Brandenburg in Bonn.
Anlage 16/5
Hilrskomitees 1m Rahmen des Hilfswerks der Evangelisdien KirdieDeutsdilands
1. Das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Danzig und Westpreufien in
Lubeck,
2. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Ostpreufien in Beienrode uberHelmstedt,
3. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Pommern in Hornhcide uberMiinstcr,
4. das Hilfskomitee der Glieder der Posener evangelischen Kirchen in Hamburg,5. das Hilfskomitee der evangelischen-Iutherischen Deutsch-Balten in Bethel bei
Bielefeld,
6. das Hilfskomitee der Galizien-Deutschen A. und H. B. in Stuttgart-Bad Cannstatt.7. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Litauen in Hannover,8. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Bessarabien in Hannover,9. das Hilfskomitee der evangelischen Slowakei-Dcutschen in Stuttgart,
10. das Hilfskomitee der evangelischen Sudetendeutschen in Gerabronn/Wttbg,,
11. das Hilfskomitee fur die Umsiedler aus der Bukowina in Miinchen,
12. das Hilfskomitee der Sicbcnburgcr Sachsen und Banater Schwaben in Miinchen.
13. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Ungarn in Miinchen,
14. das Hilfskomitee der evangelischen Kirchen aus Jugoslawien in Stuttgart,
15. das Hilfskomitee der Ostumsiedler in Stuttgart,
16. das Hilfskomitee der evangelischen Deutschen aus Polen und17. die Gemeinschaft evangclischer Schlesier in Celle.
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Anlage 16/6
Einrichtungen innerhalb der xomlsdi-kathollsdien Klrche
1. Die katholisdie Arbeitsstclle (Nord) fur Heimatvertriebene in Koln,
2. die katholisdie Arbeicsscelle (Siid) fur Heimatvertriebene in Mundien,
3. die Ackermanngemeinde in Mundien,
4. die Freunde der Eichendorff-Gilde in Miinchen,
5. die Bisdiof Maximilian Kaller-Stiftung in Osnabriick-Haste,
6. der Arbeitskreis siidostdeutscher Katholiken in Mundien,
7. das St.-Hedwigs-Wcrk (Bildungswerk der katholisdien Ostvertriebenen)
in Lippstadt,
t. das Heimatwerk fiir die Danzigcr Katholiken in Iscrlohn,
9. die Interessengemeinsdiaft Donauschwabischer Katholiken in Miinchen,
10. der Hilfsbund Karpatendeutscher Katholiken in Parnkofen Kr. Landau/Bayern.
Anlage 16/7
Charta der deutsdien Heimatvertriebenen
Im Bewufitsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen,
im BewuRtsein ihrer Zugchorigkeit zum diristlich-abendlandischen Kulturkreis,
im Bewufitsein ihres deutschen Volkstums und in der Erkenntnis der gemein-
samen Aufgabe aller europaischen Volker
haben die erwahlten Vertreter von Millionen Heimatvertriebener nach reiflicher
Oberlegung und nadi Prufung ihres Gewisscns beschlossen, dem Deutschen Yolk und
der Weltdffentlichkeit gegeniiber eine
feierliche Erklarung
abzugeben, die die Pflichten und Rechte fcstlegt, welche die deutschen Heimatver-
triebenen als ihr Grundgesetz und als unumgangliche Voraussetzung fiir die Herbei-
fiihrung eines freien und geeinten Europas anschen.
1. Wir Heimatvertriebene verzichten auf Rache und Vcrgeltung. Dieser Entsdilufi
ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, weldies im beson-
deren das letzte Jahrzehnt uber die Menschheit gebradit hat.
2. Wir werden jedes Beginncn mit alien Kraften unterstiitzen, das auf die Schaffung
eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Volker ohne Furcht und Zwang
leben konnen.
3. Wir werden durch harte, unermudliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau
Deutschlands und Europas.
Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlosc sind Fremdlinge auf dieser Erde.
Gott hat die Menschen in ihrc Heimat hineingcstellt. Den Menschen mit Zwang von
seiner Heimat trennen, bedeutet ihn im Geistc toten.
Wir haben dieses Schicksal crlitten und crlebt. Daher fiihlen wir uns berufen zu
verlangen, dafi das
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R e c h t auf die Heimac
als eines der von Gotc geschenkten Grundredite der Menschheit anerkannt und ver-
wirklidit wird.
Solange dieses Recht fiir uns nicht verwirklicht ist, wollen wir aber nicht zur
Untatigkeit verurteilt beiseite stehen, sondern in neuen gelauterten Formen verstand-
nisvollen und briiderlichen Zusammenlebens mit alien Gliedern unseres Volkes sdiaf-
fen und wirkcn. Darum fordern und verlangen wir heute wie gestern:
1. Gleiches Redit als Staatsbiirger, nicht nur vor dem Gesctz, sondern audi in der
Wirklichkcit des Allcags.
2. Geredite und sinnvolle Verteilung der Lasten des letzten Krieges auf das ganze
deutsche Volk und cine ehrlichc Durchfiihrung dieses Grundsatzes.
3. Sinnvollen Einbau allcr Berufsgruppen der Heimatvertriebenen in das Leben des
deutschen Volkes.
4. Tatige Einschalcung der deutschen Heimatvertriebenen in den Wiederaufbau
Europas.
Die Volker der Welt sollen ihre Mitvcrantwortung am Sdiicksal der Heimatver-
triebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Bctroffenen empfinden.
Die Volker sollen handcln, wie es ihren christlichen Pflichten und ihren Gewissen
entspricht.
Die Volker miissen erkennen, dafi das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen,
wie aller Fluchtlinge, ein Weltproblem ist, dessen Losung hochste sittliche Verant-
wortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung fordert.
Wir rufen Volker und Menschen auf, die guten Willcns sind, Hand anzulcgen ans
Werk, damit aus Schuld, Ungliick, Leid, Armut und Elend fiir uns alle der Wcg in
einc bessere Zukunft gefunden wird.
bh
uh
aOfi-ri
^DOS^^lb
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