Bundessprecherkreis beriet über Aufgabenverteilung Wie weiter? · Hannes Heers Lesung aus sei-nem...

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AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 antifa 1 Wie weiter? Bundessprecherkreis beriet über Aufgabenverteilung Der Bundessprecherkreis der VVN- BdA traf sich am 13. Juli zu seiner konstituierenden Sit- zung in Berlin. Personelle Verän- derungen in diesem Gremium und die Ergebnisse des Bundes- kongresses (siehe antifa vom Juli/August) machten es not- wendig, die inhaltlichen Aufga- bengebiete neu abzugrenzen, und Arbeitsteilung und Arbeits- weise generell zu überdenken. Bisher wurden für vier politische Themenfelder personelle Verant- wortlichkeiten festgelegt. Das Aufgabengebiet »Geschichte/Ge- denkstätten« übernimmt Susan- ne Willems, für das Thema »Neo- faschismus« zeichnet Axel Holz verantwortlich, »Frieden/Antimili- tarismus« bearbeitet Ulrich San- der und für den Bereich »Entschä- digung/Soziales« wurde Regina Elsner benannt. Weitere wichtige Festlegungen betreffen die Organisationsarbeit. Regina Girod (Pressearbeit) und Jürgen Gechter (Internet) über- nehmen künftig die Öffentlich- keitsarbeit, die internationale Ar- beit koordiniert Ulrich Schneider. Neu geschaffen wurde der Ar- beitsbereich »Organisationsent- wicklung«, der sich mit den Fragen Mitgliederwerbung, Qualifizierung und Bildungsarbeit beschäftigt. Hierfür ist nunmehr Jürgen Gech- ter zuständig. Wie bisher bedeutet die Über- nahme derartige Verantwortungs- bereiche nicht, dass die Bundes- sprecherinnen und Bundesspre- cher dabei auf hauptamtliche Un- terstützung zurückgreifen kön- nen. Sie werden zwar im Rahmen des Möglichen (und nicht selten auch des Unmöglichen) von der Bundesgeschäftsstelle unter- stützt, aber im Wesentlichen ar- beiten doch ehrenamtliche Bun- dessprecher mit anderen Ehren- amtlichen zusammen. Es kann deshalb auch nur Aufgabe der Ge- nannten sein, aus der Lage das je- weils Beste zu machen: Diskus- sionen voranzubringen, die Unter- stützung weiterer qualifizierter Mitglieder der VVN-BdA zu organi- sieren, Arbeitsstrukturen zu festi- gen oder zu schaffen und so die Arbeit der Bundesorganisation Schritt für Schritt voran zu brin- gen. Ohne Festlegungen zu treffen beschäftigte sich der Bundes- sprecherkreis auf seiner Beratung auch mit der Fortführung der »nonpd«-Kampagne und der Fra- ge, welche Themen künftig vorran- gig in der Bildungsarbeit behan- delt werden sollten. Das Gremium erklärte sich solidarisch mit Ulrich Sander, der stellvertretend für die ganze VVN-BdA juristischen An- griffen des Traditionsverbandes der Gebirgsjäger ausgesetzt ist (siehe unten und Kommentar auf Seite 7). Entscheidend für alle Vorhaben des Verbandes sind und bleiben die Finanzen unserer Vereinigung. Die damit verbun- denen Probleme bildeten einen weiteren Schwerpunkt der Diskus- sion. Mittelfristig müssen hier neue Lösungen gefunden werden, da wir auf der bundespolitischen Ebene ohne ein Minimum an hauptamtlicher Bürotätigkeit und Fonds nicht handlungsfähig blei- ben können. Thomas Willms Dem VVN-Sprecher und Journali- sten Ulrich Sander wurde vom Landgericht Nürnberg-Fürth mit einer Einstweiligen Verfügung unter Androhung hoher Geld- strafen untersagt, dem »Kame- radenkreis der Gebirgstruppe« vorzuwerfen, er veranstalte »Kriegsverbrechertreffen«. An- tragsteller der Verfügung war der »Kameradenkreis«. Das Ganze hat eine Vorgeschichte: Der »Kameradenkreis« organisiert in Mittenwald jährliche Treffen von Gebirgsjägern, an denen so- wohl ehemalige Angehörige der Gebirgstruppe der Nazizeit als auch Angehörige der Gebirgstrup- pe der Bundeswehr teilnehmen. Nun war die Gebirgstruppe der Nazizeit nicht irgendein Teil der Nazi-Wehrmacht, sondern eine Elitetruppe, die sich einer Reihe von Kriegsverbrechen schuldig ge- macht hat. Darüber heißt es z.B. in einer Veröffentlichung der Frank- furter Allgemeinen Zeitung vom 10.06.08: Die Truppe praktizierte »eine Kampfweise, deren Extreme zu Recht als ‘Kriegsverbrechen’ qualifiziert werden«. Genannt wer- den u.a.: »unverantwortliches Vor- gehen gegen die Zivilbevölke- rung«, »Niederbrennen von Dör- fern«, »Massenerschießungen« »auch von Frauen und Kindern« (FAZ, 10.6.08). Unbestreitbar ist, dass an den jährlichen Treffen Angehörige der Gebirgstruppe der Nazizeit teil- nehmen, darunter auch solche, die der Beteiligung an Kriegsverbre- chen beschuldigt und z.B. in Italien in Abwesenheit verurteilt wurden. Gegen einen der Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft München nach jahrzehntelangem Zögern nunmehr Anklage wegen mehrfa- chen Mordes erhoben. Bei den Treffen wird den ehema- ligen Gebirgsjägern der Nazizeit »ehrend« gedacht. Der ehemalige Kommandeur der Gebirgstruppe der Nazizeit, General Hubert Lanz, fungierte mehrere Jahre als Ehren- vorsitzender des »Kameradenkrei- ses«. Er war nach 1945 von einem alliierten Gericht wegen Kriegs- verbrechen zu einer langen Haft- strafe verurteilt, jedoch wie in vie- len solchen Fällen vorzeitig freige- lassen worden. Gegen die Treffen treten seit mehreren Jahren Antifaschisten und Antimilitaristen mit Protesten auf. In diesem Zusammenhang schrieb VVN-Sprecher Ulrich San- der über diese Treffen und ihren Charakter. Er nannte sie »Kriegs- verbrechertreffen«, die vom »Ka- meradenkreis« veranstaltet wür- den. Der Sprecher des »Kamera- denkreises«, Bundeswehr-Oberst a.D. Manfred Benkel, wiederum erklärte, der »Kameradenkreis« sei keine »Vereinigung von Kriegsver- brechern«, kein »Kameradenkreis der (NS-)Gebirgstruppe« und ver- anstalte keine »Kriegsverbrecher- treffen«. Das Gericht folgte der Haarspalterei. P.C.Walther Treffen der Beteiligten an Kriegsverbrechen Sie gehören zur Geschichte der Gebirgstruppe der Nazizeit Ulrich Sander schrieb zum Vorge- hen der Gebirgstruppe gegen ihn an die Freundinnen und Freunde der VVN-BdA: »Da ich namens der VVN-BdA die bewusste Erklä- rung abgab und die Sache nicht auf sich beruhen lassen möchte, gestatte ich mir, auf das Spen- denkonto hinzuweisen: Bankver- bindung der VVN-BdA NRW: Kon- to 28 212 - 435 bei Postbank Es- sen (BLZ 360 100 43).« Der Bundesausschuss der VVN-BdA hat sich am 6. Septem- ber einstimmig hinter Ulrich San- der gestellt und zur Solidarität aufgerufen. Es wurde festge- stellt: Alle Antifaschisten sollen getroffen werden. Es sei dem Kameradenkreis zwar gelungen, die Auseinander- setzung auf die Person Ulrich Sanders zuzuspitzen, aber was erreicht werden soll, sei eindeu- tig: Das Verbot, die Wahrheit über den deutschen Militaris- mus, seine Geschichte und Kon- tinuitäten zu sagen; es soll Revi- sionismus betrieben werden und es sollen – mit Blick auf die neue Versammlungsgesetzgebung in Bayern – künftige Proteste ge- gen die Gebirgstruppe und ihre »unangreifbare Traditionspflege« (so Edmund Stoiber) unterbun- den werden. »Alle Antifaschisten sollen getroffen werden!«

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AUS DEM VERBAND

VOM RHEIN BIS ZUR ODER

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 1

Wie weiter?Bundessprecherkreis beriet über Aufgabenverteilung

Der Bundessprecherkreis derVVN- BdA traf sich am 13. Julizu seiner konstituierenden Sit-zung in Berlin. Personelle Verän-derungen in diesem Gremiumund die Ergebnisse des Bundes-kongresses (siehe antifa vomJuli/August) machten es not-wendig, die inhaltlichen Aufga-bengebiete neu abzugrenzen,und Arbeitsteilung und Arbeits-weise generell zu überdenken.

Bisher wurden für vier politischeThemenfelder personelle Verant-wortlichkeiten festgelegt. DasAufgabengebiet »Geschichte/Ge-denkstätten« übernimmt Susan-ne Willems, für das Thema »Neo-faschismus« zeichnet Axel Holzverantwortlich, »Frieden/Antimili-tarismus« bearbeitet Ulrich San-der und für den Bereich »Entschä-

digung/Soziales« wurde ReginaElsner benannt.

Weitere wichtige Festlegungenbetreffen die Organisationsarbeit.Regina Girod (Pressearbeit) undJürgen Gechter (Internet) über-nehmen künftig die Öffentlich-keitsarbeit, die internationale Ar-beit koordiniert Ulrich Schneider.Neu geschaffen wurde der Ar-beitsbereich »Organisationsent-wicklung«, der sich mit den FragenMitgliederwerbung, Qualifizierungund Bildungsarbeit beschäftigt.Hierfür ist nunmehr Jürgen Gech-ter zuständig.

Wie bisher bedeutet die Über-nahme derartige Verantwortungs-bereiche nicht, dass die Bundes-sprecherinnen und Bundesspre-cher dabei auf hauptamtliche Un-terstützung zurückgreifen kön-nen. Sie werden zwar im Rahmen

des Möglichen (und nicht seltenauch des Unmöglichen) von derBundesgeschäftsstelle unter-stützt, aber im Wesentlichen ar-beiten doch ehrenamtliche Bun-dessprecher mit anderen Ehren-amtlichen zusammen. Es kanndeshalb auch nur Aufgabe der Ge-nannten sein, aus der Lage das je-weils Beste zu machen: Diskus-sionen voranzubringen, die Unter-stützung weiterer qualifizierterMitglieder der VVN-BdA zu organi-sieren, Arbeitsstrukturen zu festi-gen oder zu schaffen und so dieArbeit der BundesorganisationSchritt für Schritt voran zu brin-gen.

Ohne Festlegungen zu treffenbeschäftigte sich der Bundes-sprecherkreis auf seiner Beratungauch mit der Fortführung der»nonpd«-Kampagne und der Fra-

ge, welche Themen künftig vorran-gig in der Bildungsarbeit behan-delt werden sollten. Das Gremiumerklärte sich solidarisch mit UlrichSander, der stellvertretend für dieganze VVN-BdA juristischen An-griffen des Traditionsverbandesder Gebirgsjäger ausgesetzt ist(siehe unten und Kommentar aufSeite 7).

Entscheidend für alle Vorhabendes Verbandes sind und bleibendie Finanzen unserer

Vereinigung. Die damit verbun-denen Probleme bildeten einenweiteren Schwerpunkt der Diskus-sion. Mittelfristig müssen hierneue Lösungen gefunden werden,da wir auf der bundespolitischenEbene ohne ein Minimum anhauptamtlicher Bürotätigkeit undFonds nicht handlungsfähig blei-ben können. Thomas Willms

Dem VVN-Sprecher und Journali-sten Ulrich Sander wurde vomLandgericht Nürnberg-Fürth miteiner Einstweiligen Verfügungunter Androhung hoher Geld-strafen untersagt, dem »Kame-radenkreis der Gebirgstruppe«vorzuwerfen, er veranstalte»Kriegsverbrechertreffen«. An-tragsteller der Verfügung warder »Kameradenkreis«.

Das Ganze hat eine Vorgeschichte:Der »Kameradenkreis« organisiertin Mittenwald jährliche Treffenvon Gebirgsjägern, an denen so-wohl ehemalige Angehörige derGebirgstruppe der Nazizeit alsauch Angehörige der Gebirgstrup-pe der Bundeswehr teilnehmen.

Nun war die Gebirgstruppe derNazizeit nicht irgendein Teil derNazi-Wehrmacht, sondern eineElitetruppe, die sich einer Reihevon Kriegsverbrechen schuldig ge-macht hat. Darüber heißt es z.B. ineiner Veröffentlichung der Frank-furter Allgemeinen Zeitung vom10.06.08: Die Truppe praktizierte»eine Kampfweise, deren Extremezu Recht als ‘Kriegsverbrechen’qualifiziert werden«. Genannt wer-

den u.a.: »unverantwortliches Vor-gehen gegen die Zivilbevölke-rung«, »Niederbrennen von Dör-fern«, »Massenerschießungen«»auch von Frauen und Kindern«(FAZ, 10.6.08).

Unbestreitbar ist, dass an denjährlichen Treffen Angehörige derGebirgstruppe der Nazizeit teil-

nehmen, darunter auch solche, dieder Beteiligung an Kriegsverbre-chen beschuldigt und z.B. in Italienin Abwesenheit verurteilt wurden.Gegen einen der Beschuldigten hatdie Staatsanwaltschaft Münchennach jahrzehntelangem Zögernnunmehr Anklage wegen mehrfa-chen Mordes erhoben.

Bei den Treffen wird den ehema-ligen Gebirgsjägern der Nazizeit»ehrend« gedacht. Der ehemaligeKommandeur der Gebirgstruppeder Nazizeit, General Hubert Lanz,fungierte mehrere Jahre als Ehren-vorsitzender des »Kameradenkrei-ses«. Er war nach 1945 von einemalliierten Gericht wegen Kriegs-verbrechen zu einer langen Haft-strafe verurteilt, jedoch wie in vie-len solchen Fällen vorzeitig freige-lassen worden.

Gegen die Treffen treten seitmehreren Jahren Antifaschistenund Antimilitaristen mit Protestenauf. In diesem Zusammenhangschrieb VVN-Sprecher Ulrich San-der über diese Treffen und ihrenCharakter. Er nannte sie »Kriegs-verbrechertreffen«, die vom »Ka-meradenkreis« veranstaltet wür-den. Der Sprecher des »Kamera-denkreises«, Bundeswehr-Obersta.D. Manfred Benkel, wiederumerklärte, der »Kameradenkreis« seikeine »Vereinigung von Kriegsver-brechern«, kein »Kameradenkreisder (NS-)Gebirgstruppe« und ver-anstalte keine »Kriegsverbrecher-treffen«. Das Gericht folgte derHaarspalterei. P.C.Walther

Treffen der Beteiligten an KriegsverbrechenSie gehören zur Geschichte der Gebirgstruppe der Nazizeit

Ulrich Sander schrieb zum Vorge-hen der Gebirgstruppe gegen ihnan die Freundinnen und Freundeder VVN-BdA: »Da ich namensder VVN-BdA die bewusste Erklä-rung abgab und die Sache nichtauf sich beruhen lassen möchte,gestatte ich mir, auf das Spen-denkonto hinzuweisen: Bankver-bindung der VVN-BdA NRW: Kon-to 28212-435 bei Postbank Es-sen (BLZ 36010043).«

Der Bundesausschuss derVVN-BdA hat sich am 6. Septem-ber einstimmig hinter Ulrich San-der gestellt und zur Solidaritätaufgerufen. Es wurde festge-stellt: Alle Antifaschisten sollen

getroffen werden. Es sei dem Kameradenkreis

zwar gelungen, die Auseinander-setzung auf die Person UlrichSanders zuzuspitzen, aber waserreicht werden soll, sei eindeu-tig: Das Verbot, die Wahrheitüber den deutschen Militaris-mus, seine Geschichte und Kon-tinuitäten zu sagen; es soll Revi-sionismus betrieben werden undes sollen – mit Blick auf die neueVersammlungsgesetzgebung inBayern – künftige Proteste ge-gen die Gebirgstruppe und ihre»unangreifbare Traditionspflege«(so Edmund Stoiber) unterbun-den werden.

»Alle Antifaschisten sollen getroffen werden!«

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AUS DEM VERBAND

VOM RHEIN BIS ZUR ODER

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 20082 antifa

Das Antifa-Camp entstand ausder Notwendigkeit, die 1990 einkleiner Kreis von Antifaschistin-nen und Antifaschisten bei den»Gedenkfeiern zur Selbstbefrei-ung« erkannte: Auf dem Gelän-de des ehemaligen KZ Buchen-wald musste durch aktive Ar-beit der Verfall der Gedenkstät-te aufgehalten werden und da-mit dem Vergessen entgegenge-wirkt werden.

Bis heute steht jedoch nicht nur dieArbeit auf der Gedenkstätte imVordergrund, sondern auch dieAuseinandersetzung mit der Poli-tik der Gedenkstättenleitung unddem Geschichtsrevisionismus so-wie mit aktuellen politischen The-men.

Das Antifa-Camp ist ein gleich-berechtigter Zusammenschlussvon antifaschistischen Gruppen,Organisationen und Einzelperso-

nen auf der Grundlage des»Schwurs von Buchenwald«. Indiesem Jahr nahmen 180 Teilneh-

merinnen und Teilnehmer aus demgesamten Bundesgebiet und einigeaus dem europäischen Ausland teil.Neben dem Wirken gegen den Ab-bau des Gedenkens und die Verfäl-schung der Geschichte stand die inden letzten Jahren wieder erstar-kende Weimarer Neonazi-Szenesowie die gleichgültigen bis igno-ranten Bevölkerungsteile der sogenannten »Dichter und Denker-Stadt« im Mittelpunkt der Aktivi-täten.

Neben den täglichen prakti-schen Arbeitsprojekten auf demGelände der Gedenkstätte, die ge-legentlich durch fehlendes Werk-zeug behindert wurden, und dentäglichen öffentlichen Lesungenantifaschistischer Texte auf demTheaterplatz, fanden auch in die-sem Jahr wieder interessante Ver-anstaltungen wie Konzerte, Lesun-gen und Diskussions- und Zeitzeu-genveranstaltungen statt.

Ein beeindruckendes Zeitzeu-gengespräch führten wir mit Otto-mar Rothmann durch, dem wir andieser Stelle besonders dankenmöchten. Er schilderte nicht nurden »Alltag« im KZ, sondernbrachte uns auch die emotionaleSituation der KZ Häftlinge, insbe-sondere derer die sich im illegalen

politischen Lagerwiderstand be-fanden, nahe.

Hannes Heers Lesung aus sei-nem Buch »Hitler war’s«, fand alsöffentliche Veranstaltung statt undlockte auch interessierte Bürger,einen Blick hinter die Kulissen vonEichinger, Knopp und Co. zu wer-fen.

Weitere Veranstaltungen be-schäftigten sich u.a. mit Faschis-mustheorien, der Geschichte desrevolutionären Antifaschismusund der aktuellen Neonazi-Situati-on in Thüringen.

Höhepunkte der Aktivitäten desAntifa-Camps waren drei Spontan-demonstrationen, die sich gegenden Naziüberfall auf das »Solid-Sommercamp«, die staatliche Ver-schleppung und Vertuschung desProzesses um den Tod Oury Yal-lohs in einer Dessauer Polizeizelleund gegen den täglichen Straßen-terror der Nazis in Apolda richte-ten.

Das Antifacamp hat auch in die-sem Jahr wieder bewiesen, dass esein erfolgreiches antifaschistischesProjekt ist, welches antifaschisti-sche Gedenkarbeit, politische Bil-dung und kommunikativen Aus-tausch sowie antifaschistische Ak-tionen miteinander verbindet.

Danke an alle, die dies möglichgemacht haben!

PressegruppeAntifa-Camp

Weimar/Buchenwald

DDaass AAnnttiiffaa--CCaammpp iinn WWeeiimmaarr//BBuucchheennwwaallddZum 20. Mal erfolgreich durchgeführt

Seit den 1990er Jahren gehörtdas »Lied der Moorsoldaten« zuden Sammelschwerpunktendes Dokumentations- und Infor-mationszentrums (DIZ) derEmslandlager in Papenburg.Dieser Fundus, bestehend ausunzähligen Tonträgern, Lieder-büchern, Textquellen und priva-ten Dokumenten, bildete dasAusgangsmaterial einer von derGedenkstätte 2002 veröffent-lichten CD-Edition zum Lied.

Was die Auswahl der Tonträgerangeht, konnte dabei zusätzlichauf Klangschätze aus dem Deut-schen Rundfunkarchiv zurück-griffen werden. In 32 bekanntenund unbekannten, deutschenund internationalen Aufnahmennimmt die DIZ-Edition die Hörermit auf eine akustische Reisedurch die Wirkungsgeschichtedes Lieds von seinen Anfängenbis in die Gegenwart. Ergänztwerden die Liedversíonen durchein Rundfunkgespräch, das1974 mit dem LiedkomponistenRudi Goguel geführt wurde, eine

Lesung von Wolfgang Langhoffaus seinem Buch »Die Moorsol-daten« sowie die Szene »Moor-soldaten« aus einer Hörspielfas-sung von Bertolt Brechts »Furchtund Elend des Dritten Reiches«.

Die zwei CDs umfassende Boxwurde 2002 und 2003 regenachgefragt. Entsprechend warsie recht bald vergriffen. Aus An-lass der Entstehung und »Urauf-führung« des »Moorsoldaten-lieds« vor 75 Jahren hat das DIZEmslandlager seine Edition indiesem Sommer überarbeitetund eine Neuauflage auf denWeg gebracht. Mit einem etwasreduzierten, aber immer noch 64Seiten starken Beiheft zeigt dieProduktion, dass das Lied durchalle Bearbeitungen hindurch bisheute »lebendig« geblieben ist.Die 2-CD-Box kann zum Preis von18 EURO (zzgl. Versandkosten)bestellt werden.

Kontakt: DIZ Emslandlager,Postfach 1132, 26851 Papenburg,Tel. (04951) 916306,E-Mail: mail@diz-emslandlager

»Lied der Moorsoldaten« in 31 VersionenCD-Neuauflage des Infozentrums Emslandlager

Hannes Heer las aus Buch »Hitler war’s«

Es wurde auchmit bloßenHänden gear-beitet – undmanchmalauch demon-striert.

Bild: VVN-BdA

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SACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 3

Bei seiner Konstituierung be-schloss der neu gewählte Kreis-tag des Vogtlandkreises, dassfür die Bildung einer Fraktionvier Abgeordnete Voraussetzungsind. Damit wurde den drei ge-wählten Vertretern der NPD derFraktionsstatus verwehrt. Eineinhaltliche Auseinandersetzungmit Auftreten und Zielen derNeofaschisten fand jedoch nichtstatt. Der wieder gewählte CDU-Landrat Dr. Tassilo Lenk sagtezur Begrüßung, dass er die bis-herige »Koalition der Vernunft«fortsetzen werde und Sachfra-gen über Parteipolemik stelle.

In den letzten Jahren sind wachsen-de Strukturen und zunehmendeAktivitäten der Rechtsextremen imVogtland zu beobachten. Diesewerden jedoch von den etabliertenParteien wie auch den staatlichenStellen teils ignoriert oder gar tot-geschwiegen. So forderte zum Bei-spiel Plauens Stadtspitze anläss-lich eines Neonaziaufmarsches imFebruar dazu auf, den Rechten diekalte Schulter zu zeigen, an derUmzugsstrecke die Fenster ge-schlossen zu halten und zu warten,bis der Spuk vorüber sei. Eine imJuli angekündigte »Siegesfeier«der NPD anlässlich ihrer Erfolgezur Kreistagswahl war der Plaue-ner Stadtverwaltung zwar bekannt,wurde aber weder auf dem Verwal-tungsweg noch außerparlamenta-risch verhindert.

Auf eben dieser »Feier« konnteder rechtsextreme und vorbestrafteLiedermacher Frank Rennicke sei-ne braunen Lieder verbreiten, wie:»Deutschland, Deutschland überalles und das Reich muss neu erste-hen!« NPD BundesvorsitzenderUdo Voigt zeigte sein wahres Ge-sicht: »Wir sind stolz auf die deut-sche Vergangenheit und wir sindstolz darauf, Deutsche zu sein.«

Im vogtländischen Mylau befin-det sich seit Jahren ein rechter Sze-ne-Laden »Ragnarök«, dessen In-haber mit 8,6 Prozent Stimmanteilin den Kreistag einzog. Dieser La-

den sowie die Gaststätte »Rahne-feld« sind in Mylau beliebte Treff-punkte der Rechten. Diese werdenvon Teilen der Bevölkerung als»nette Jungs« eingestuft und seienintegrationsfähig.

Während eines Sommerfestesim August des Fußball-Sportver-eins Mylau mit Unterstützung derFreiwilligen Feuerwehr wurdenSpenden für ein Christliches Ju-genddorf gesammelt. In diesem be-finden sich straffällig gewordeneJugendliche. auch einer der Täter,die im Oktober letzen Jahres einenBrandanschlag auf das Wohnhauseiner Familie in Mylau verübten.Hintergrund: Rechtsextremistenbehaupten, die Familienmutter seiJüdin und Ausländerin. Auf denGedanken, für die geschädigte Fa-milie zu sammeln, kam niemand.Mittlerweile haben sich aber dieVeranstalter des Festes von derAussage einer engagierten, im Ju-gendhilfebereich aktiven Antifa-schistin distanziert, Mylau sei zumbraunen Herz Sachsens geworden.

In der Tat sind solche Pauschal-urteile nicht besonders dienlich.Sie polarisieren und helfen wenig,Menschen, insbesondere Jugendli-che, für Demokratie und Toleranzzu gewinnen und vor dem Abglei-ten in den braunen Sumpf zu be-wahren. Zu diesem Zweck hat auchder vogtländische DGB ein Bünd-nis gegen Rechts initiiert und alleParlamentsparteien eingeladen,darin mitzuwirken. Leider verwei-gern CDU und DSU ihre Mitwir-kung, weil ihnen das Bündnis zu

linkslastig erscheint. Umso höherist das antifaschistische Engage-ment der vogtländischen Jungso-zialisten zu werten, die über jegli-che Parteigrenzen hinweg immerwieder Aktionen gegen Rechts or-ganisieren und damit auch wach-senden Zuspruch finden.

Wenn auch von offiziellen Stel-len die braunen Umtriebe bagatel-lisiert und herunter gespielt wer-

den, ist jedoch Wachsamkeit gebo-ten. Gerade in den letzten Wochenwaren wieder erschreckende rech-te Aktivitäten zu verzeichnen: Inder Nacht zum 7. April verübtenJugendliche einen Brandanschlagauf eine Pizzeria in Reichenbach.In dem Haus wohnen mehrere ara-bisch-stämmige Familien. Am 26.Juni wurden in Lengenfeld Parolenwie »Anti-Antifa - Wir kriegenDich« und »Linksfaschist« ge-sprüht. Außerdem tauchen in derGemeinde zahlreiche Aufkleberdes »Nationalen Widerstandes«auf. Am 15. Juli hetzen rechte Ju-gendliche Schüler durch halb Plau-en, Passanten schauten furchtsamzu. Dabei wurden vier Schüler ver-letzt. Die Polizei bestätigte denVorfall erst nach Recherche der lo-kalen Presse.

Solche Fakten sollten ein stärke-res Engagement aller öffentlichenStellen herausfordern, die Ausein-andersetzung mit den braunen Pa-rolen durch alle demokratischenKräfte auslösen und das Miteinan-der aller politischen Kräfte übersonstige Befindlichkeiten und Un-terschiede hinaus verstärken. Imbenachbarten Greiz/Thür. könntendie Vogtländer in dieser Hinsichtviel lernen. Peter Giersich

BBrraauunnee KKoonnttuurreenn iimm ssääcchhssiisscchheenn VVooggttllaannddRechte Umtriebe von Verwaltungen totgeschwiegen

Auftritt des NPD-Vorsitzenden im Vogtland. Zu hören war Udo Voigt indesnicht. Hunderte lärmende Antifaschisten sorgten dafür.

Kurze Zeit nach der Macht-übergabe an die Faschisten inDeutschland entstanden auchin Sachsen zahlreiche Haftla-ger, die als Grundstein für denspäter einsetzendenTerror ge-gen Antifaschisten, Juden, Sin-ti und Roma, Sozialdemokra-ten und Kommunisten dienten.Mehr als 20 solcher Lager wur-den bis zum Sommer 1933 er-richtet.

Die frühen KZ Burg Hohnstein,Sachsenburg, Schloss Oster-stein/Zwickau und Schloss Col-ditz, um nur einige zu nennen,zeigten bereits den Weg, den dieFaschisten zu gehen beabsich-tigten. Nicht selten »verdienten«sich Bewacher und Kommandan-

ten erste Sporen für die Tauglich-keit in den späteren Vernich-tungslagern. Die Erinnerung andiese kleinen und frühen Kon-zentrationslager verblasste imLaufe der Jahre sicher auch des-halb, weil das Ausmaß der fa-schistischen Diktatur mit ihremüber ganz Europa getragenenTerror und dem Völkermord vorallem im Osten vieles in denSchatten stellte. Umso lobens-werter ist es, dass die StiftungSächsische Gedenkstätten eineWanderausstellung ins Lebenrief, die überschaubar an diesefrühen Konzentrationslager erin-nert. »Was dann losging, war un-geheuerlich...« – Frühe Konzen-trationslager in Sachsen 1933-

Die Braunen als »netteJungs« von nebenan

Gewalt der Nazis nimmt zu

(Fortsetzung auf Seite 4)

Eine Ausstellung mit LückenVerbrechen von Polizeieinheiten im Krieg

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NIEDERSACHSENSACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 4 antifa

1937, so der Titel, war jüngstauch im Chemnitzer Rathauszu sehen. Schade, dass derZeitpunkt in die Ferienzeit fiel,jedoch blättert man im Gäste-buch, haben sich dort trotz Ur-laub auch zahlreiche Schülerverewigt. Alle samt sprechensie sich lobend über die infor-mative Exposition aus.

Die Ausstellung informiertauf zahlreichen Tafeln über dieEinrichtung der KZ vor allemüber die Zeitzeugenberichteund Lebensläufe. Personalienwerden aufgelistet die erken-nen lassen, mit welchen krimi-nellen Energien Wachleute undKommandanten vorgegangensind. Aber auch Opfer kommenzu Wort: »Wir wurden im Hausdie Treppe emporgetrieben, dieSA bildete Spalier und schlugmit ihren Gummiknüppeln wahl-los über unsere Köpfe. Auf derzweiten Hälfte der Treppe fühl-te ich, daß mir Blut über denKopf in den Nacken lief… EinSA-Mann stellte mir auf jedegroße Zehe ein Stuhlbein, dannsetzte er sich auf den Stuhl,wiegte sich in und her, so daßich vor Schmerzen wimmerte.Dann schlugen sie mich wiederso lange, bis ich das Bewußt-sein verlor.« (Auszüge aus ei-nem im Exil verfassten Berichtvon Otto Meinel über seine Ein-lieferung in das KZ Colditz undüber die dortigen Verhöre).

Bei allem Lob für die Ausstel-lung bleibt fraglich warum sichderen Schöpfer nicht an den ei-gentlichen Titel hielten. Bei ei-nem ehemaligen Häftling im KZSachsenburg, dem eine ganzeTafel gewidmet ist, wird nichtetwa in der Hauptsache überdie Haftzeit berichtet, sondernin erster Linie über seine Tätig-keit nach dem Krieg. Wie könn-te es anders sein: Er wurde Of-fizier im Ministerium für Staats-sicherheit!

Da beschleicht einem dasGefühl, hier würde der Versuchunternommen, den Faschis-mus mit einer antifschisti-schen und sozialistischen Ge-sellschaftsordnung gleichzu-setzen. Jonny Michel

Während ihres erneuten Besu-ches in Niedersachsen hat eineDelegation aus Dieppe, gemein-sam mit ihren Freunden von derVVN-BdA, der elf am 4. Juli1933 in Rieseberg ermordetenGewerkschafter gedacht.

Wie immer hatten wir ein abwechs-lungsreiches Programm erarbeitet,das diesmal auch die Teilnahme ander Protestdemo am 5. Juli gegendie Einlagerung von Atommüll indas Salzbergwerk in der Asse (beiWolfenbüttel) vorsah. Bereits amDonnerstag, den 3. Juli kamen Da-niel und Pierette Evrard undJacques Halingre, die Organisatio-nen FNDRIP und ANACR vertre-tend, abends am Bahnhof an. AmFreitag stand nach einem kleinenEmpfang durch den DGB Braun-schweig gleich die Rieseberg-Ge-denkfeier im Mittelpunkt. Begrü-ßenswert ist dabei die Neuerung,dass zusätzlich zur gewohnten Re-

de in Rieseberg selbst diesmal auchan den jeweiligen Gedenkorten inBraunschweig (Heinrich Jasper-Ehrenmal am Ruhfäutchenplatzund Rieseberg-Gedenksteine aufdem Hauptfriedhof HelmstedterStr.) thematisch bezogene Redengehalten wurden anstatt nur kom-mentarlos Kränze niederzulegen.Die Rede für die elf Opfer hielt fürdie VVN-BdA Stefan Hölzer.

Nach der Teilnahme an der De-mo am Salzbergwerk Asse II am

Samstag mittag, bei der wir durchunsere Intervention verhinderten,dass die ÖDP bei der Podiumsdis-kussion dort öffentlich auftretenkonnte, folgten wir der Einladungdes Motoradclubs Kuhle Wampenach Hannover zu Diskussionenund gemeinsamen Grillen im Gar-ten. Der Besuch endete am Sonn-tag mit vielen spannenden Gesprä-chen, Montag früh fuhren unsereFreunde dann wieder zurück.

Stefan Hölzer

Der Lüneburger Landeszeitungvom 7. Juni berichtete, dassnach zehnmonatiger Bauzeit dieSanierung der Fassade des Ka-landhauses abgeschlossen seiund das »Baudenkmal« nun »inneuem Glanz« erstrahlt. MitBlattgold überzogene Holzfigu-ren, eine Wetterfahne und mitSilberlack verzierte Beschlägefinden in der Berichterstattungüber Sanierung des Hauses Er-wähnung.

Doch das Kalandhaus ist nicht nurein mittelalterliches Baudenkmalin der Innenstadt, sondern hat aucheine ganz andere Geschichte. VonAugust bis November 1944 wurdeim Kalandhaus ein Außenkom-mando des KonzentrationslagersNeuengamme untergebracht. Biszu 150 KZ-Häftlinge litten und ar-beiteten in Lüneburg. Zusammenmit sowjetischen Kriegsgefange-nen und Zwangsarbeitern aus Ost-europa mussten sie Luftschutzein-richtungen, wie Deckungsgräben,errichten. Bis zum 10. März 1933

unterhielt die Sozialistische Arbei-terjugend Deutschlands (SAJ) indrei Räumen im Obergeschoss ih-ren Treffpunkt. Danach übernahmdie Hitler-Jugend die Räumlich-keiten. Mit dem Verbot der SPD am22. Juni 1933 und aller ihrer Ne-benorganisationen war somit auchdie SAJ verboten.

Das »Lager Kaland« widerlegtdie Behauptungen, mit denen sichviele Deutsche aus der Verantwor-tung stahlen, dass man von denVerbrechen der Nazis, von denKonzentrationslagern, nichts ge-wusst hätte. Das Kalandhaus liegtin der direkten Innenstadt, imSchatten der St. Johannis Kirche.Tagtäglich gingen dort hunderteMenschen vorbei.

Das dort ein Außenlager des KZ-Neuengamme untergebracht war,ist heute zumeist unbekannt.Nichts erinnert an die Menschen,die dort litten und ihrer Freiheit be-raubt waren. Eine bemerkenswerteAusnahme stellt die Dokumentati-on »Lager Kaland« von Dr. WernerPreuß dar, die die Geschichtswerk-

statt Lüneburg e.V. im Januar 2008neu aufgelegt hat.

Die VVN-BdA Lüneburg nahmden Artikel in der Landeszeitungzum Anlass, um sich an den Ober-bürgermeister und die Fraktionenim Lüneburger Stadtrat zu wendenund anzuregen, dass an der Fassa-de des Kalandhauses eine Gedenk-tafel angebracht wird, die auch diegrausame Geschichte des Hausesdarstellt und an die Opfer erinnert.Zusätzlich wurde vorgeschlagen,im Kalandhaus eine Gedenkstätteeinzurichten, in der u.a. die Doku-mentation von Dr. Werner Preußals Dauerausstellung gezeigt wer-den könnte.

Der Lüneburger Oberbürger-meister teilte der Kreisvereinigungmit, dass in der nächsten Zeit eineentsprechende Gedenktafel ange-bracht wird. Einen genauen Terminnannte er allerdings nicht. Erfreu-lich ist aus Sicht der VVN-BdA,dass nun endlich an das Lager Ka-land erinnert wird.

Kontakt: www.vvn-bda-lg.de

GGeeddeennkkttaaffeell aamm KKaallaannddhhaauussLüneburgs Baudenkmal fungierte 1944 als »Lager Kaland«

Franzosen gedachten GewerkschafternDelegation aus Dieppe auf Gegenbesuch in Niedersachsen

Delegation aus Dieppe mit Anti-AKW-Aktivistin (links) und Stefan Hölzer(Mitte) an der Demo am Salzbergwerk Asse II. Bild: hfm

Ausstellung mit Lücken(Fortsetzung von Seite 3)

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NIEDERSACHSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 5

Bereits am 9. November 2002,organisierte der DGB-ChorHannover ein Chöretreffen un-ter dem Motto »Lieder gegenden rechten Ton«. Seitdem hatdie neofaschistische Bedro-hung eher noch zugenommen.Im Aufruf für das Chöretreffenheißt es deshalb:

»WIR BRAUCHEN Menschen-rechte - nicht Rechte im Anzug.LASST UNS protestieren gegenneue Rechte, Aufwiegler und Po-larisierer, gegen Hartherzigkeitund Gleichgültigkeit. WIR WOL-LEN uns wohlfühlen in diesemLand und etwas dafür tun.Schluss damit, Ausländern un-sere Probleme in die Schuhe zuschieben! LASST UNS nicht län-ger schweigen - sondern auf dieBühne gehen! WIR WOLLEN einstarkes Chöre-Bündnis bilden.

»Aufstehen und Widersetzen!«2. Chöretreffen gegen Rechts am 9. November erinnert an 70. Jahrestag der Reichspogromnacht

MACHT MIT beim Chöretreffen‘Aufstehen und Widersetzen’ inHannover am 9. November!Wir freuen uns auf vielfältige Chor-musik im Historischen Museumvon 11 Uhr bis 13 Uhr und im Kul-tur- und KommunikationszentrumPavillon von 14 Uhr bis 20 Uhr.«

Bisher haben bereits 29 Chöreaus ganz Niedersachsen ihreTeilnahme zugesagt (Stand EndeAugust). Weitere Infos gibt es un-ter www.choere-gegen-rechts.deund beim DGB-Chor Hannover(www.dgb-chor-hannover.de).

Alfred Hartung

Abfahrten: Winsen: 6.30 Uhr(Reichmeister), Celle: 7 Uhr(Parkplatz Hallenbad), Hanno-ver: 7.30 Uhr (Lahe, EckeRendsburger/KirchhorsterStr.), Peine: 7.45 Uhr (Autohof),Braunschweig: 8.15 Uhr (Park-platz A2 Watenbüttel)

Rückkehr: Braunschweig ge-gen 19 Uhr, Celle gegen 20 Uhr.

Kosten: 25 Euro pro Person

Anmeldung: Peter Baumeister,Tel.: (05171) 82618, E-Mail:[email protected] Anmeldung wird wirksam,wenn der Betrag auf das Kontoder VVN-BdA Peine (Konto-Nr.27871375, BLZ 25250001,Kreissparkasse Peine) einge-gangen ist. Ermäßigung auf An-frage.

Fahrt zum ehemaligenKZ SachsenhausenSonntag, 21. September

Die Landeshauptstadt Hannovernennt sich »Patin« der 1. Pan-zerdivision, einer Einheit , die»an vorderster Front« an denweltweiten Einsätzen der Bun-deswehr beteiligt ist. Jedes Jahrbedankt sich die Führung derDivision bei den örtlichen Hono-ratioren mit einem »Sommerbi-wak« im Stadtpark bei der Kon-gresshalle für diese Fürsorge.

Jedes Jahr bildet sich auch einBündnis der Friedenskräfte in Han-nover, um gegen dieses militaristi-sche Spektakel zu protestieren undzu demonstrieren, dass die Häupterder Stadt gegenüber der Bundes-wehr durchaus nicht alle Bürgerin-nen und Bürger vertreten. Dabeigeht es phantasievoll aber auchlautstark zu. Trotz aller polizeili-chen Bemühungen gelang bishernicht, den Veranstaltungsort gänz-lich davor abzuschirmen, sehr zumVerdruss der Organisatoren derFestlichkeit.

In diesem Jahr war geplant, De-monstrationszüge zum und Kund-gebungen am Stadtpark mit einem»Friedensbiwak«, einer kulturell-

politischen Veranstaltung im Saaleines städtischen Freizeitheimes zuverbinden. Nun gefiel es der Stadt-verwaltung, die zugesagte Nutzungdes Saals zu widerrufen, falls derZusammenhang mit den Demon-strationen nicht aufgegeben werde.Der »Antimilitaristischer Aktions-kreis Hannover« als Veranstalterprotestierte gegen die Zensurmaß-nahme und stellte in einer Presse-erklärung fest: »Es ist nicht das er-ste Mal, dass die Stadt versucht,friedenspolitisches und antimilita-ristisches Engagement zu behin-dern. In einer Nacht- und Nebelak-tion ließ sie erst jüngst die ‘Frie-denssteine’ des Künstlers WilfriedBehre am Opernplatz entfernen.Die Stadt Hannover macht ihremNamen als Patenstadt der 1. Pan-zerdivision alle Ehre.« Er kündigtean, gegen diese Maßnahme sowiegegen weitgehende Auflagen derPolizei für die Demonstrationenund die Kundgebung auch recht-lich vorzugehen. Zum Redaktions-schluss war der Ausgang der Aus-einandersetzung offen. Das Kultur-zentrum »Pavillon« am Raschplatzhat alternativ seine Räumlichkei-

Protest gegen Militarismus der HauptstadtHannover als Panzer-Patin superintendent Puschmann aller-

dings findet, »es wäre verheerend,wenn der Eindruck entstünde, dieStörer hätten ihr Ziel erreicht.« Erbesteht deshalb auf einer Strafan-zeige wegen »Hausfriedensbruch«.Eine Auseinandersetzung mit demInhalt der Proteste scheint ihm fernzu liegen. Für Dirk Wittenberg vonder »Roten Aktion Kornstraße« istes allerdings ein Ansporn, nun auchverstärkt gegen die militärischePropagandaveranstaltung »Som-merbiwak« vorzugehen. Auch dieKreisvereinigung der VVN-BdAwird dabei sein. Rwk

ten jedoch für das Friedensbiwakzur Verfügung gestellt.

Eine andere demonstrative Akti-on gegen die Militarisierung desöffentlichen Lebens in Hannoverhatte jüngst ein erfreuliches Echo:Seit sieben Jahren belegt die Bun-deswehr die ehrwürdige Marktkir-che zum ersten Advent mit einem»Wohltätigkeitskonzert« ihresHeeresmusikkorps. Im letzten Jahrentrollten »Autonome« ein Trans-arent mit der Aufschrift »Aufrü-stung mit Gottes Segen!« Als sievon der Polizei hinausgetriebenwurden, skandierten sie »Soldatensind Mörder!«. Um solche Unan-nehmlichkeiten künftig zu vermei-den, verlangte das Musikkorps ver-schärfte Einlasskontrollen, die sei-nen Auftritt zu einer geschlossenenVeranstaltung machen würden. Diezuständige Pastorin, Hanna Krei-sel-Liebermann, bestand jedochauf dem »gottesdienstähnlichenCharakter« der Veranstaltung, diegrundsätzlich jedem offen stehe.

Die militärischen, zivilen undkirchlichen Würdenträger schickesich notgedrungen in diese Absagein der Einsicht, es wäre »sicherlichgrotesk gewesen, ein Konzert miteiner Hundertschaft Polizistenschützen zu müssen,« so der zu-ständige Militärpfarrer. Der Stadt-

Artikel für die antifa-Niedersachsen-Seiten bitte bis zum 8. des Monatsin geraden Monaten an [email protected]. VVN-BdA Landesvereinigung Niedersachsen Rolandstraße 16, 30161 Hannover,Tel.: (0511) 331136Fax: (0511) 3360221E-Mail: [email protected]. Das Büro ist i. d. R. Montag bis Frei-tag von 10.00 bis 16.00 Uhr be-setzt.Wenn Ihr weiterhin Informationen derVVN-BdA erhalten wollt, teilt uns bit-te nach einem Umzug o.ä. Eureneue Adresse mit. Danke!Die Landesvereinigung freut sichüber Spenden für ihre Arbeit auf dasKonto 7510-307 bei der PostbankHannover, BLZ 250 100 30.

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HESSENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 6 antifa

Trotz aller verharmlosenden Er-klärungen des hessischen In-nenministers in der Vergangen-heit zeigt sich, dass die ländli-che Region in Nordhessen einSammelbecken neofaschisti-scher Strukturen ist. Besondersder Schwalm-Eder-Kreis ist da-bei trauriger Vorreiter.

Eine rechte Bürgerliste »ProSchwalm Eder« konnte in denKreistag einziehen. Auf der Listekandidierten der Frontmann derneonazistischen Band »Haupt-kampflinie (HKL)« Oliver Podjas-ki und Ingeborg Godenau (ehem.REP), die Frau des bekannten Ge-schichtsrevisionisten Roy Gode-nau. Zu den Leitfiguren der extre-men Rechten im Kreis gehört auchder verurteilte Holocaust-LeugnerManfred Roeder aus Schwarzen-born.

Die Naziszene ist in den vergan-genen Monaten nicht nur mitSchmierereien und Aufklebern,sondern provokant und aggressivin Erscheinung getreten, so bei ei-nem nicht angemeldeten Fackel-aufmarsch von 30 Neonazis Silve-ster 2006 in einem Ortsteil von BadEmstal, ebenso bei einem Auftritteiner kleinere Gruppe Anfang Fe-bruar 2007 vor einer Informations-veranstaltung über extrem rechteStrukturen in Nordhessen in Kas-sel.Öffentliche Stellen versuchtenimmer wieder, das Problem zu

ignorieren. So konnte die NPD imHerbst 2007 in der KreisstadtHomberg/ Efze im Rahmen desLandtagswahlkampfs eine Kund-gebung abhalten, welche die Stadt-verwaltung in aller Stille, selbst oh-ne Information an die Polizei,schon Wochen vorher genehmigthatte.

Nachdem Anhänger der »FreienKameradschaften« seit Monatendas Jugendzentrum und den Ju-gendpfleger in Todenhausen terro-risieren, kam es Anfang Juni zu ei-nem Nazi-Überfall. Anfangs spra-chen Politiker von einem »Jugend-konflikt« ohne politischen Hinter-grund, jetzt wird wegen »Raub-überfall« ermittelt.

Ende Juli hat sich nun ein weite-rer schwerer neofaschistischerÜbergriff ereignet. Vier bewaffne-te Mitglieder der »Freien KräfteSchwalm Eder« überfielen dasSommercamp von [solid]-Nord-hessen. Sie griffen mit Flaschen,einem Klappspaten und anderenHiebwaffen im Zelt schlafendeTeilnehmer an, verletzten ein 13-jähriges Mädchen schwer und ei-nen 21-jährigen Jungen leicht undzerstörten an mehreren Fahrzeugendie Frontscheiben. Durch die Auf-merksamkeit der Camp-Teilneh-

mer konnten die vier Täter noch amgleichen Tage gefasst werden. DerHaupttäter, Kevin Schnippkoweit(so der Name laut altermedia.de),blieb nach seinem Geständnis in U-Haft wegen versuchtem Totschlag.

Gegen das Auftreten von Neona-zis in der Region bildet sich seit ei-nigen Monaten im Schwalm-Eder-Kreis ein besonders von Jugendli-chen getragener Widerstand. InHomberg, fand im dortigen Gym-nasium eine sehr gut besuchte Ver-anstaltungen zum NPD-Verbotstatt, in Melsungen protestiertenJugendliche gegen NPD-Infotischeund – noch am Tag vor dem Über-fall auf das Jugendcamp – fand inTreysa eine Demonstration mit et-wa 200 Teilnehmenden gegen rech-te Strukturen statt.

Nach der Gewalttat und derenormen Presseresonanz auf die-sen Neonazi-Überfall sahen sichauch die Stadtoberen veranlasst,sich dem Protest anzuschließen.Am 27. Juli fand daher ein öffent-licher Protest statt. Dabei scheiter-te der Versuch, die antifaschisti-schen Initiativen bei dieser Veran-staltung an den Rand zu drängenund stattdessen ein Bündnis mit derCDU »gegen Links- und Rechtsex-tremismus« einzugehen – selbst einSprecher von Bündnis 90/DIEGRÜNEN wurde ausgeladen. Gut400 Menschen beteiligten sich ander Kundgebung des Bündnisses»Schwalmstadt bleibt bunt«, undetwa 250 zogen anschließend»spontan« durch Treysa, was dieStadtoberen Tage zuvor abgesagthatte. Hier sah man DGB- undver.di-Fahnen, Transparente linkerParteien und der VVN-BdA.

Nun reagierte auch der Staats-schutz. In den folgenden Tagenwurden bei gut einem DutzendNeonazis Haussuchungen durch-geführt. Es wurden Propaganda-material und Computer beschlag-nahmt. Damit ist natürlich das Pro-blem der neofaschistischen Struk-turen in Nordhessen nicht beseitigt,aber es steht zu erwarten, dass de-ren aggressives Auftreten etwaseingedämmt werden kann.

Bernd Kant

NNoorrddhheesssseenn:: RReecchhttee GGeewwaalltt uunnddaannttiiffaasscchhiissttiisscchheerr WWiiddeerrssttaannddVerletzte nach Nazi-Überfall auf Jugendcamp

Gedenken an Frankfurter PaulskircheWiderstand trotz WidersprüchlichkeitTraditionsgemäß legten Mitglie-der und Freunde der VVN-BdA inFrankfurt am Main am 20. Juliam Gedenkstein für die Opferdes Faschismus an der Frankfur-ter Paulskirche Blumen nieder.Zuvor fand in der Paulskirchedie von der Stadt Frankfurt ver-anstaltete Gedenkstunde an dieOpfer des 20. Juli 1944 statt.

Kulturdezernent und Stadtrat Dr.Felix Semmelroth wies in seinerGedenkrede am Beispiel des Ge-

nerals von Stülpnagel auf die Wi-dersprüchlichkeit der Haltung ei-nes Teils der am Attentat beteilig-ten Militärs hin. Einige von ihnenwaren zuvor an Kriegsverbrechendes Naziregimes beteiligt.

Dennoch sei ihre Teilnahme amAttentat auf Hitler unter Einsatz ih-res Lebens als Widerstand gegendas Naziregimes zu würdigen, wiejeder Widerstand überhaupt, der,so räumte Semmelroth ein, beianderen allerdings schon 1933begonnen habe. pcw

Ehrendes Andenkenan Elfriede KnorrMit großer Trauer müssen wirerneut den Tod einer verdien-ten Kameradin vermelden,nachdem wir in der letztenantifa Charlotte Wolf würdig-ten. Im Alter von 82 Jahrenstarb Elfriede Knorr. Die Lan-desvereinigung der VVN-BdAund die Kreisvereinigungenwerden ihnen ein ehrendesAndenken bewahren.

Unsere Kameradin und langjäh-rige Lebensgefährtin von Lo-renz Knorr verstarb am 29. Ju-ni 2008 in Frankfurt am Main.1945 war sie Mitbegründerinder Sozialistischen Jugend»Die Falken« in Mittelfrankenund Bezirkssekretärin der Or-ganisation bis 1949. In denfünfziger Jahren arbeitete siemehrere Jahre als Chefsekretä-rin in einem großen Automobil-unternehmen.

Später unterstützte sie Lo-renz Knorr, der auf Bundesebe-ne und international in der so-zialistischen Bewegung politi-sche Aufgaben hatte, war aberauch selber in der Friedensbe-wegung aktiv. So engagierte siesich für den Appell von Sozial-demokraten und ehemaligenSPD-Mitgliedern »Rettet dasdemokratische Grundgesetz«gegen die Notstandsgesetze.

Seit den 1980er Jahren un-terstützte sie die Arbeit derVVN-BdA und war Mitglied derFreidenker. In ihrer stillen undfreundlichen Art hat sie auf vie-len Ebenen die Arbeit der Orga-nisation unterstützt.

Wie Charlotte Wolf hindertenauch Elfriede Knorr nach jahre-langer politischer Arbeit für dieantifaschistische Sache in denletzten Jahren schwere Krank-heiten daran, am Leben der Or-ganisation teilzunehmen. DieTrauerfeier für sie fand aufWunsch von Lorenz Knorr in al-ler Stille in Frankfurt/M. statt.

Dr. Ulrich Schneider

CDU spricht von »linken wie rechten« Tätern

Redaktion: Peter AltmannLandesverband der VVN-BdA-Hessen,Eckenheimer Landstr. 93,60318 Frankfurt,Tel. und Fax: (069) 5970524.

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HESSEN NRWAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 7

Wir bitten um Spenden fürden Landesverband Hessen!Spendenkonto: VVN-BdA Hessen Kto-Nr. 49330-602, BLZ 5001006

Die 305 bisher in Frankfurtverlegten Stolpersteine, dievom Kölner Künstler GunterDemnig verlegt wurden, sindjetzt auf www.frankfurt.de mitBiographien und Bildern derOpfer zu sehen.

Bei den meisten Opfern handeltes sich um jüdische Bürger. Am3. September wurden eine Rei-he weiterer Stolpersteine ver-legt, unter anderem zur Erinne-rung an Karl Fehler, der seit März

1934 als Mitglied der illegalenFrankfurter KPD-Bezirksleitungden Vertrieb verbotener »Kom-munistischer Hetzschriften« or-ganisierte, darunter »Die jungeGarde«, »Braunbuch überReichstagsbrand und Hitler-Ter-ror«.

Karl Fehler wurde wegen hoch-verräterischer Betätigung zu fünfJahren Zuchthaus verurteilt undim Dezember 1941 im Konzen-trationslager Sachsenhausenumgebracht.

Stolpersteine im InternetBiographien der Opfer auf Frankfurts Portal

Gleich drei führende hessischeNPD-Politiker haben im Juli die-ses Jahres aufgegeben: MarcelWöll trat von seinen Ämtern zu-rück, Alfred und Doris Zöll ver-lassen Hessen.

Wöll, früherer Landesvorsitzenderder NPD in Hessen, legte seinMandat als Abgeordneter des Wet-teraukreises nieder, nachdem er be-reits als Landesvorsitzender zu-rück getreten war. Das LandgerichtGießen hatte Wöll im Juni zu vierMonaten Haft verurteilt, weil er ineiner Kreistagssitzung den Holo-caust geleugnet hatte. Die Zu-schüsse für Jugendgruppen undSchulklassen für Besuche an Stät-ten nationalsozialistischen Terrors

lehnte er als »Gehirnwäsche« ab.Zwei langjährige NPD-Aktivi-

sten legen nicht nur ihre Mandatenieder, sondern kehren Hessen denRücken: Alfred und Doris Zutt ausEhringhausen im Lahn-Dill-Kreis.Sie wandern aus nach Mecklen-burg-Vorpommern mit der für die-ses Bundesland nicht unbedingtschmeichelhaften Begründung, ineiner Umgebung leben zu wollen»wo man noch Deutscher unterDeutschen« sein könne. In Meck-pomm wird man an dem Zuzug ausHessen wenig Freude haben: DorisZutt gehörte dem NPD-Bundes-vorstand an und stand an der Spit-ze der Liste zur Landtagswahl; Al-fred Zutt wurde bereits wegenVolksverhetzung verurteilt. P. A.

NPD Hessen verliert ihre SpitzenWöll legt nach Urteil Mandate nieder

Nur wenige klammern sich nochan das »Vorbild« Friedrich FlickTagung klärt Rolle des Konzernchefs im 3. Reich

Der Magistrat der Stadt Darmstadthat der neonazistischen Gruppie-rung »Kameradschaft Darmstadt«die Verwendung des Stadtwappensuntersagt. OberbürgermeisterHoffmann (SPD) lässt weitere juri-stische Schritte prüfen. Die Grup-pe ist bereits in Alsbach-Hähnleinund an der Bergstraße mit auslän-derfeindlichen Flugblättern undAufklebern aufgetreten. Auf derInternetseite wird ein »nationalesDarmstadt« gefordert. Parolen wie»Verausländerung stoppen« und»Systemparteien auflösen« werdenverbreitet.

»Sonderzüge in den Tod – die De-portation mit der DeutschenReichsbahn« heißt eine Ausstel-lung, die die Transporte von Ju-den, Sinti und Roma in Ghettosund KZ dokumentiert. Gezeigtwird sie im Frankfurter Haupt-bahnhof, im Aufgang nahe denGleisen 17/18. Deutsche Bahnund Fritz Bauer-Institut haben hier-für kooperiert.

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Darmstadt

»Sonderzüge in denTod« im Hauptbahnhof

Ausstellung in Frankfurt

Das Wuppertaler Sozialforumund der ASTA der BergischenUniversität Wuppertal haben einöffentliches Tribunal gegen diePolitik der Landesregierung vonNordrhein-Westfalen gestartet.Darin wird u. a. ausgesagt:

Wir klagen die NRW-Landesregie-rung an:

durch ihre Migrations- und Ab-schiebepolitik die Menschen-rechte und die Würde mit denFüßen zu treten,den Erwerbslosen in NRW eineausreichende finanzielle Unter-stützung zu verweigern,bei der Polizei eine »Politik derharten Hand« zu forcieren, wo-durch Übergriffe bei Demosund Verletzungen in Kauf ge-nommen werden,durch Einsatz von V-Männern inder Naziszene und in der NPD

Nazistrukturen zu schützenund zu begünstigen,anstatt siezu zerschlagen. Stattdessenwerden AntifaschistInnen vonder Polizei gezielt drangsaliertund kriminalisiert.

VVN-Landessprecher Jochen Vog-ler nahm während des Tribunalszu V-Männern in der Naziszeneund zum NPD-Verbot Stellung.

Das Tribunal fand am »NRW-Tag« statt, der von der Landesre-gierung veranstaltet wird. Wie umdie Thesen des Tribunals zu be-kräftigen, kam es bei einer De-monstration im Rahmen des Tribu-nals zu Übergriffen von Polizeikräf-ten auf junge Menschen, die vonihrem demokratischen Recht Ge-brauch machen, ihren Protest ge-gen die unsoziale und undemokra-tische Politik der schwarz-gelbenLandesregierung auf die Strassezu tragen. D.K.

Nach den Ausführungen des Bo-chumer Historikers Dr. HaraldWixworth gab es wohl nur nocheine Handvoll Geschichtsrevisio-nisten, die sich an den Stand-punkt klammern, Flick sei einVorbild. Wixworth hatte auf Ein-ladung der Gesellschaft fürChristlich-Jüdische Zusammen-arbeit Siegerland, des DGB undder Bürgerinitiative »Flick-ist-kein-Vorbild« in der Weißen Villain Kreuztal die neue Studie »DerFlick-Konzern im Dritten Reich«(Oldenbourg Verlag) vorgestellt.

Er nahm detailreich die von Flickgepflegten Mythen, Lobbymetho-den gegenüber der Politik und dieinterne Entscheidungsstrukturender Flick KG auseinander. »KeinUnternehmer hat die Wirtschafts-politik der Nationalsozialisten soproduktiv genutzt wie FriedrichFlick.« In den zwölf Jahren der NS-Diktatur verzehnfachte er die Zahlder Beschäftigten und baute seinenKonzern zum zweitgrößten privat-wirtschaftlichen Stahlerzeuger des

Deutschen Reiches aus. Er suchteund gewann ab 1932/33 die Gunstder neuen Machthaber und profi-tierte in großem Ausmaß von »Ari-sierungen«, Zwangsarbeit und demimmensen Bedarf an Rüstungsgü-tern. Dafür wurden die Führungs-kräfte des Konzerns vor dem Inter-nationalen Militärtribunal in Nürn-berg zur Verantwortung gezogen,der Konzernchef Flick als Kriegs-verbrecher verurteilt.

In Kreuztal wurde Flick 1883geboren, nach dem zweiten Welt-krieg zum Ehrenbürger ernannt,das von ihm mitfinanzierte Gym-nasium trägt noch heute seinen Na-men. Bekräftigt wurde die Forde-rung, diese Schulbenennung end-lich zu korrigieren.

Der Siegerländer Historiker Dr.Ulrich F. Opfermann leitete in denAbend ein mit einem Beitrag zurErinnerungskultur an die NS-Dik-tatur im nördlichen Siegerland. Dr.Harald Wixforth sprach als einerder Autoren der umfassenden undhoch aktuellen Studie zur FlickKG. Pr.Mi.

Wuppertaler Sozialforum startet Tribunal gegen NRW-LandespolitikBeseitigung des V-Leute-Systems gefordert

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NORDRHEIN-WESTFALENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 8 antifa

An einer Kundgebung der NPD-nahen »SchutzgemeinschaftDeutsche Heimat« der »Deut-schen aus Russland e.V.« vordem Landtag nahmen knapp 80Rechtsextreme teil.

Neben Mitgliedern der neofaschi-stischen NPD waren einzelne Akti-visten aus dem Spektrum der mili-tant neonazistischen »Freien Ka-meradschaften« anwesend. Nebenden Vertretern rechter russland-deutscher Organisationen sprachender NPD-Landesvorsitzende ClausCremer, der Holocaust-LeugnerJoachim Schäfer aus Meerbuschund Thorsten Crämer, ein wegenKörperverletzung vorbestrafterRatsherr aus Schwelm.

Gegen die Kundgebung derNeonazis protestierten über 100Antifaschisten, hierzu hatte auchdie VVN-BdA aufgerufen. Dabeikam es zu Auseinandersetzungenmit der Polizei. Neun der Gegende-monstranten wurden teilweise bru-tal in Gewahrsam genommen.

NNPPDD uummggaarrnnttRRuussssllaannddddeeuuttsscchhee

Düsseldorf:

Nach dem antisemitischen Über-griff am 19.Juli auf einem Sport-platz im Gummersbacher Stadt-teil Rospe müssen Gummersba-cher Polizisten nun zur Fortbil-dung.

Sie sollen hinsichtlich der Merk-male einer antisemitischen oderfremdenfeindlichen Straftat sensi-bilisiert werden, so ein Polizeispre-cher.

Unsensibel zeigten sich Gum-mersbacher Polizisten, als amAbend des 19. Juli die Schwesterdes 17-jährigen Opfers den Über-griff melden wollte. Erst nachmehrmaligem Anrufen und nachüber 30 Minuten erschien ein ersterStreifenwagen am Tatort. Da hattendrei junge Männer den 17-jährigenSohn eines CDU-Kreistagsabge-ordneten am Rande einer Geburts-tagsfeier bereits brutal zusammen-geschlagen und einen Abhang hin-unter geworfen. Als »dreckige Ju-densau« hatten diese den Jungenbeschimpft. Auch der Hitlergrußsei gezeigt worden. Einer der Täterhatte ein Eisernes Kreuz auf demUnterarm und den Schriftzug »Blutund Ehre« auf dem Bauch täto-wiert.

Erschienen waren die drei Nazis,nachdem der Junge auf der Feiermit einem Mädchen über seine jü-dische Herkunft gesprochen hatte.Der Vater des Opfers, seit 1999 fürdie CDU im Kreistag des Oberber-gischen Kreises, schrieb mittler-weile eine Dienstaufsichtsbe-schwerde an den Leiter der Kreis-polizeibehörde. Bei einem der dreimutmaßlichen Täter habe es vorJahren schon einmal eine Strafsa-che mit politischem Hintergrundgegeben, so der Kölner »Staats-schutz«, der in dem Fall ermittelt.Damals war die Strafsache wegen»Geringfügigkeit« eingestellt wor-den. Nun wird wegen gemein-schaftlicher gefährlicher Körper-verletzung und der Verwendungvon NS-Symbolen ermittelt. hma

»Es muss endgültig verhindertwerden, dass jemals wieder vonDeutschland eine Bedrohungdes Weltfriedens ausgehenkann.« So Kaplan Dr. J.C. Ros-saint 1947, Präsident der VVNbis 1990. Der Kampf um die Si-cherung des Friedens, gegen dieRestauration der alten Besitz-und Machtverhältnisse, gegenRemilitarisierung waren seineHauptanliegen.

Auf dem VVN-Bundeskongressder VVN 1959 in Frankfurt wähl-ten ihn die Delegierten zum Vize-präsident. 1967 wurde er ge-schäftsführender Präsident derVVN. Bis 1990 nahm er dieseFunktion wahr. Am 16. April 1991verstarb Jupp Rossaint im Altervon 88 Jahren in Bad Neuenahr.

Kaplan Dr. J.C. Rossaint wurdeam 29. Januar 1936 nach der Hei-ligen Messe sozusagen von derKanzel der Düsseldorfer Marien-

kirche weg wegen seiner Wider-standsarbeit gegen die Nazis ver-haftet. Im berüchtigten Katholi-ken-Prozess in Berlin am 28. April1937 wurde Dr. J.C. Rossaint zu elfJahren Zuchthaus verurteilt.

Am 13. April 1945 entging Ros-saint um Haaresbreite den Mord-kommandos, die aus dem Zucht-haus Remscheid-Lüttringhausen(in dem Rossaint zuletzt inhaftiertwar) 71 Häftlinge in der Wenzeln-bergschlucht bei Leichlingen er-mordeten.

Nach seiner Haftentlassung imMai 1945 wurde die Rückkehr insein Priesteramt an zwei Bedin-gungen geknüpft: Keine politischeBetätigung und keine Kontakte zuNazigegnern aus dem Widerstandund dem Zuchthaus. Rossaint ak-zeptierte diese Bedingungen nicht,da sie in völligem Gegensatz zuseinen Erfahrungen in der Nazi-Zeit standen. Er widmete sich jour-nalistischer Tätigkeit. Schloss sichim März 1947 mit ihrer Gründungder VVN an.

Rossaint-Ehrung in MarienkircheTafel am Ort seines Wirkens

Am Sonntag, dem 26. Oktoberwird die Gedenktafel für JuppRossaint (wie ihn seine Kamera-den nannten) um 11.30 Uhr ander Düsseldorfer Marien-Kirche(Pfarrkirche St. Maria Empfäng-nis), Oststraße 42 enthüllt.

Verbunden mit der Enthüllungund Weihung der Gedenktafel isteine Ausstellung aus Oberhau-sen zu seinem 100. Geburtstag.Im Rahmenprogramm wird derWDR-Film von Wilfried Viebahnüber Rossaints Wirken gezeigt.

Einweihung der Gedenktafel für Jupp Rossaint

PPoolliizzeeii mmuussss nnaacchhssiittzzeenn

Gummersbach:

Redaktion: Ulrich SanderLandesbüro der VVN-BdA NRW,Gathe 55, 42107 Wuppertal,Tel.: (0202) 450629Unser Spendenkonto: Pbk Essen,Konto 28212-435, BLZ 36010043

Zeichen gegen Nazi-Spuk in BonnPolizeieinsatz beschädigt Demonstrationsrecht

Eine beeindruckend große Be-teiligung an der Demonstrationgegen den Naziaufmarsch inBonn-Duisdorf am 13. Juli kon-statierten die Veranstalter, dievon 3000 Teilnehmerinnen undTeilnehmern, darunter die mei-sten Jugendliche, sprachen.»Diese Generation ist politischengagiert, hellwach und wehrtsich gegen den braunen Spuk«,so Manfred Stenner von derFriedenskooperative.

Auch die breite Zusammensetzungdes Bündnisses »Kein Fußbreit denFaschisten« sei sehr ermutigendfür Bonn als internationale Stadtund Sitz vieler UNO-Institutionen.Die Protestaktionen rund um dieMarschroute der Neonazis hättendafür gesorgt, dass diese währenddes ganzen Weges mit Spottlie-dern, Protestrufen und Pfeifkon-zerten konfrontiert gewesen seien.

Dieses Recht hätten sich die De-monstranten aber nach einschnei-denden Behinderungen durch diePolizei allerdings selbst zurücker-

obern müssen. Nach einem kurzenScharmützel an anderer Stelle hat-te die Bonner Einsatzhundertschaftdie Demonstration zur Mahnwacheam Duisdorfer Bahnhof in der ge-planten Form unterbunden, Perso-nenkontrollen und Durchsuchun-gen verfügt und letztlich den Laut-sprecherwagen und mehrere hun-dert Personen mehr als sechs Stun-den lang eingekesselt. Eine Kund-gebung und lautstarke »Begrü-ßung« der Neonazis am DuisdorferBahnhof konnte so nicht stattfin-den.

»Damit«, so Stenner, »hat dieBonner Polizei das Grundrecht aufVersammlungsfreiheit schwer be-schädigt und unnötig gerade beivielen Jugendlichen Feindbildergegen die Polizei bestätigt oder er-zeugt.« Viele der Eingekesseltenhätten nicht gewusst, wie ihnen ge-schah. Sie seien nur zur falschenZeit am falschen Platz gewesenund dann während der überlangenProzedur der Personalienfeststel-lung stundenlang ihrer Freiheit be-raubt gewesen. M.S.

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NORDRHEIN-WESTFALENAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 9

Am Antikriegstag am 1. Sep-tember forderte der DGB NRW,den Geschichtsunterricht anden allgemeinbildenden Schulendes Landes »trotz aller Berufs-bezogenheit« nicht zu kürzen.

In seiner Rede zum Antikriegstagbetonte der DGB-Vorsitzende fürNRW, Guntram Schneider in Dort-mund, dass die aktuelle Auseinan-dersetzung mit den unterschied-lichsten Formen des Rechtsextre-mismus nur zu gewinnen sei, wenn»niemand und nichts vergessenwird«. Dies setze eine ausgeprägteErinnerungskultur, die besondersan den Schulen gepflegt werdenmuss, voraus. Schneider appellier-te deshalb an die Landesregierung,»trotz aller Berufsbezogenheit«des Schulunterrichtes den Ge-schichtsunterricht nicht zu ver-nachlässigen. Es sei skandalös,wenn z.B. in Bayern die Zeit desNationalsozialismus nur noch anmaximal sieben Schulstunden be-handelt werden soll. »Dies ist einNegativbeispiel, dem NRW nichtnacheifern darf«, so der DGB-Vor-sitzende.

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DGB am Antikriegstag

Gedenkstättenpolitik und Tota-litarismusthese sind seit Jah-ren Themen des JournalistenHans Canjé. An vielen Beispie-len zeigte er, wie und wo die ge-schichtsrevisionistische Um-widmung bereits in vollem Gan-ge ist.

Bei einer Veranstaltung inDüsseldorfwird er einen kurzenÜberblick über die Geschichteder Gedenkstättenpolitik ge-ben, sich mit der sächsischenGedenkstättenstiftung ausein-andersetzen und das Konzeptdes neuen Entwurfes vonStaatsminister Naumann kri-tisch hinterfragen und anhandeiniger Beispiele die bereits er-folgte Umsetzung darstellen.

Termin: 3. November 2008,19:00 Uhr, im ZAKK,Fichtenstr. 40, Düsseldorf

Veranstaltung vonZAKK und VVN-BdA

Der Widerstand gegen den von»pro Köln« für den 20. Septem-ber vollmundig angekündigtenRassistenkongress wird immerstärker. Die Zahl derjenigen, dieden Aufruf unterstützen, die ge-plante rechte Zusammenrot-tung durch massenhafte Blocka-den zu verhindern, wird täglichgrößer. Ein Erfolg: Auf dem Ron-calliplatz wird nicht »pro Köln«stehen, sondern die Auftakt-kundgebung des DGB und sei-ner Bündnispartner wird dortstattfinden.

Den Aktionen angeschlossen ha-ben sich u.a. verschiedene Rats-mitglieder der Grünen, Stefan Peil(Kölner Kreisvorsitzender derGrünen), verschiedene Abgeord-nete des Europaparlaments und desBundestages, eine Reihe promi-nenter Kölner Künstler wie z.B.Jürgen Becker, Wilfried Schmick-ler, Klaus der Geiger sowie einegroße Anzahl von Kneipen und Ca-fés, welche die Aktion mit einer ei-genen Kampagne unterstützen.Unter dem Motto »Kein Kölsch fürNazis« rufen sie auf, den Rassistennicht die Straßen und Plätze zuüberlassen.

Flugblätter mit dem Titel »Auf-gestanden! Hingesetzt! Blockiert!Kein Rassist(inn)enkongress inKöln« wurden massenhaft verbrei-tet, in denen die Bevölkerung infor-miert und zur aktiven Gegenwehraufgerufen werden. Mit Blockade-trainings bereiten sich die Akti-vist(inn)en darauf vor, die Versu-che der Rechten zu verhindern, ih-ren Kommunal- und Europawahl-kampf in Köln mit Hilfe fast der ge-samten europäischen Rassisten-prominenz zu eröffnen.

»pro Köln« will den Widerstandder demokratischen Öffentlichkeitin Köln dadurch unterlaufen, dasswichtige Programmteile ins Um-land ausgelagert und verstecktwerden. O-Ton: »... werden in dergesamten Region geschlossene de-zentrale Saalveranstaltungen mithochkarätigen Referenten mit is-lam- und überfremdungskritischenBeiträgen stattfinden«.

Die Kölner VVN-BdA erklärte:Trotz kritischer Stellungnahmenauch aus dem Regierungslager»tun Demokrat(inn)en gut daran,sich nicht auf die Hilfe der Regie-rung, sondern auf die eigene Mobi-lisierungsfähigkeit und Stärke zuverlassen.«

Aufgerufen hat auch die Interna-tionale Föderation des Widerstan-des (FIR), deren Präsident MichelVanderborght aus Belgien auf demRoncalliplatz sprechen wird.

Die FIR hat auch die Teilnahmevon Antifaschisten aus Belgien undden Niederlanden an dem Protestangekündigt, um sich am 19. und20. September den europäischenRechten in den Weg zu stellen.

Der VVN-BdA-Landesaus-schuss rief dazu auf, aus den Krei-sen mit der DB nach Köln zu reisenund sich am 20. 9. ab 9 Uhr auf demRoncalli-Platz einzufinden. Dortbeginnt um 9 Uhr das Musikpro-gramm und um 10 Uhr die Kund-gebung. Um 11.30 Uhr dann dieDemonstration als Kette um denHeumarkt, wo sich die Rassistentreffen wollen. Die Auftaktkundge-bung des Bündnisses »Aufgestan-den-Hingesetzt-Blockiert« ist für9.00 Uhr in der Gürzenichstraßeangemeldet, war aber Anfang Sep-tember noch nicht »genehmigt«.

Die VVN-BdA: »Sinnvoll er-scheint, sich mit möglichst vielenFahnen und Transparenten derVVN-BdA zusammenzufindenund dann abzustimmen, was weiterzu machen ist.« tri

»»AAnnttii--IIssllaammiissiieerruunnggss--KKoonnggrreessss««ggeemmeeiinnssaamm vveerrhhiinnddeerrnn!!Aufrufe zum Protest in Köln am 19. und 20. September 2008

Eine Stadtmacht mobil:Die KölnerKnei-penkultur mobi-lisiert mit Pla-katwänden ge-gen den Rassi-stenkongress.Bild: arbeiterfoto-

grafie.com

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BAYERNAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 10 antifa

350 Polizisten schützten am28. Juni in Murnau einen Auf-marsch von 80 Neonazis undschirmten sie gegen meist ju-gendliche Demonstranten ab,die mit Sprechchören »Nazisraus!« und einem Transparent»Murnau sagt nein zu Neonazis«gegen den Aufmarsch prote-stierten.

Vor einem Jahr war in Murnau einNPD-Kreisverband Oberland ge-gründet worden. Jetzt hatte derbayerische Landesvorsitzende derJungen Nationaldemokraten, Nor-man Bordin, den Aufmarsch mitKundgebungen unter dem Motto»Gegen linke Gewalt – Kriminel-len das Handwerk legen« bei derMarktgemeinde am Staffelsee an-gemeldet. Die bedauerte, »dass mitden gegebenen rechtlichen Mög-lichkeiten der geplante Aufmarschnicht unterbunden werden« könne.Der Polizei war daran gelegen,dass die Neonaziaktion »zügig undstörungsfrei verläuft«.

Die Gemeinderatsfraktionen –CSU, ÖDP, Freie Wähler und SPD– erklärten in einer gemeinsamenResolution, den Neonazi-Aktivitä-ten »geschlossenen Widerstand«entgegen setzen zu wollen. Sie ap-pellierten an die Bürger, der Auf-marschstrecke fernzubleiben. Ge-

schäfte und Lokale folgten einemAufruf des Wirtschaftsförderver-eins und blieben während des Na-ziumzugs geschlossen.

Solch passiver Widerstand alleinwar dem »Werdenfelser Bündnisgegen Rechts« zu wenig. Nachdemdas zuständige Ordnungsamt ein»Fest für die Demokratie« nichtgenehmigen wollte, entschlosssich das Bündnis um den DGB-Re-gionsvorsitzenden Manfred Neu-pfleger zu einer »Kehraktion« un-ter dem Motto »Wir kehren den

brauen Dreck aus Murnau weg«.Mehrere hundert Menschen ausMurnau und Umgebung kamen da-zu mit Besen »bewaffnet«, zusam-men und zogen durch die Fußgän-gerzone, um sie symbolisch zu säu-bern.

Der Kehraktion schlossen sichneben Gemeinderäten auch Land-rat Harald Kühn (CSU) und dieBundestagsabgeordneten KlausBarthel (SPD) und Alexander Dob-rindt (CSU) an. Vor dem Rathausgab es eine Abschlusskundgebung.Der Rathauseingang war mitschwarzem Tuch verhängt. Davoreine große Vase mit einem Straußweißer Rosen und auf dem TuchBilder von Mitgliedern der Wider-standsgruppe um Hans uns SophieScholl, die von den Nazis ermordetwurden. Auch einige Geschäftsleu-te hatten ihre Schaufenster mit wei-ßen Rosen geschmückt und verteil-ten sie an die Passanten.

Nach der erfolgreichen Kehrak-tion wollte die Junge Union das»Werdenfelser Bündnis gegenRechts« in »Werdenfelser Bündnisgegen Links- und Rechtsextremis-mus« umbenennen. Ihr Antragwurde von den übrigen Bündnis-mitgliedern mit der Begründungeinhellig abgelehnt, dass es keine

WWeerrddeennffeellsseerr WWiiddeerrssttaannddBündnis gegen Naziprovokationen im Oberland

»Kehraus« in Murnau. Bild: ele

»Achtung, Ihr Nachbar ist einLinksextremist!« Solche Flug-blätter haben Unbekannte denNachbarn von Mitgliedern des»Werdenfelser Bündnis gegenRechts« um Murnau in dieBriefkästen gesteckt.

Die Pamphlete enthalten Name,Adresse, Telefonnummer undein Portrait der Nazigegner. Übersich selbst verraten die anony-men Verfasser nur, dass sie »an-ständige und unbescholteneBürger« seien und: »Wir werdendas Oberland nicht den Feindenunseres Volkes überlassen!«

Ein Betroffener wird als »unbe-lehrbarer Kommunist und Deut-schenhasser« beschimpft. Er ist

Mitglied der Partei Die Linke,auch sein Elternhaus war vorherbereits mit Farbeiern beworfenworden. In einer »Gegendarstel-lung«, die er an seine Nachbarnverteilte, verwahrt er sich gegenden Vorwurf , Linksextremist undDeutschenhasser zu sein, undentlarvt die Hetzer als auslän-derfeindlich, antisemitisch, anti-demokratisch und rechtsextre-mistisch, die politisch motivierteStraftaten begehen.

Auf einer neonazistischen In-ternetseite werden Mitgliederdes Werdenfelser Bündnissesals »Zielpersonen« attackiert.Darunter auch der Sprecher desBündnisses, DGB-VorsitzenderManfred Neupfleger. ele

Neonazi-Hetze gegen Bündnis

Gräfenberg steht inzwischenbundesweit als ein Vorbild fürmutiges und kreatives Auftretengegen Nazi-Provokationen. Ge-würdigt wurde dies jüngst auchdurch die Auszeichnungen mitdem Würzburger Friedenspreisund mit dem bundesdeutschenPreis für Demokratie und Tole-ranz. Ein unlängst entstandenesStädtenetzwerk gegen Rechts-extremismus in der Metropolre-gion Nürnberg, zu dessen Grün-dung auch Vertreter der VVN-BdA eingeladen waren, will inSachen Zivilcourage künftigweitere Zeichen in der Regionsetzen.

Das ist erfreulich. Ebenso, wie eserfreulich ist, dass der MünchnerStadtrat der NPD-Tarnliste »Bür-gerinitiative Ausländerstopp«,Karl Richter, zu einer größerenGeldstrafe verurteilt wurde. DasGericht sah es als erwiesen an,dass er bei seiner Stadtratsverei-digung provokativ den verbotenenHitlergruß gezeigt hatte. Ein Aus-schluss aus dem Stadtparlamentsei allerdings rechtlich nicht mög-lich.

Aus der Zunahme der braunenProvokationen und den angebli-chen oder tatsächlichen politi-schen und juristischen Möglich-keiten, diesen zu wehren, wächstdie Erkenntnis: Es kann nicht aus-reichen, bürgerschaftliches Enga-gement gegen Rechtsextremis-mus zu loben, ohne gleichzeitig al-les dafür zu tun, dass die NPD undihr Umfeld endlich verboten undaufgelöst werden. A.K.

linksextremistischen Bestrebun-gen in Murnau gebe. Daraufhin tra-ten die JU-Vertreter aus dem Bünd-nis aus.

Die Marktgemeinde Murnau hatsich inzwischen mit dem Bündnisdarauf geeinigt, »bei künftigenAuftritten der Neonazis mit einergemeinsamen Stimme und einemgemeinsamen Handeln in der Öf-fentlichkeit« aufzutreten. Bündnis-sprecher Manfred Neupfleger:»Wir haben ein gemeinsames Ziel:Murnau von Neonazis freizuhal-ten.« ele

NPD Grenzen aufgezeigt

Ehrungen für Gräfenberg

Protest mit Besen und der Weißen Rose

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BAYERNAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 11

DDiiee AArrrrooggaannzz ddeerr MMaacchhttVersammlungsgesetz: CSU treibt den Demokratieabbau voranWie zu befürchten war, konntedie CSU noch vor Sommerpauseund Landtagsneuwahlen ihr Ver-sammlungsgesetz im Schnell-verfahren verabschieden. Peti-tionen und Einwendungen vonmehr als 250 Organisationenund Einzelpersonen wurden mitder Arroganz der Macht ohneDiskussion beiseite geschoben.Dieses Vorgehen unterstreichtletztlich die in der Einwendungder bayerischen VVN-BdA formu-lierten Bedenken:

»Die Versammlungsfreiheit gehörtzu den wesentlichen Freiheitsrech-ten überhaupt; im Grundgesetzsind diese an vorderster Stelle ver-ankert. Die verfassungsmäßigeHervorhebung von Grund- und

Freiheitsrechten war eine Konse-quenz der Erfahrungen mit demNS-Regime, das freie Meinungs-äußerung und Versammlungsfrei-heit zwölf Jahre lang unterdrückekonnte. Jede Einschränkung vondemokratischen Rechten schwächtauch heute die Demokratie undstärkt letztlich die Neonazis. Un-verzichtbar bleibt es daher auchheute, die Grundrechte zu sichern.

Dies schließt ein konsequentesVorgehen gegen Naziparteien und -organisationen keineswegs aus.Die Väter und Mütter von Grund-gesetz und Bayerischer Verfassunggingen damals davon aus, dass Na-ziorganisationen ein für allemalden Anspruch verwirkt hatten, sichauf Grundrechte zu berufen unddass sie – wie etwaige Nachfolge-organisationen – zu verbieten sei-en. Dafür gibt es Wege und Mög-lichkeiten, derer sich auch dieBayerische Staatsregierung bedie-nen sollte, anstelle Grundrechteaußer Kraft zu setzen.«

Die Abwehr von Angriffen aufdemokratische Rechte und Freihei-ten, der Kampf um deren Siche-rung und – wo bereits nötig – derenWiedereinführung und Ausbaubleiben also dringliche Aufgaben.Juristische Interventionen könnenhier nützlich sein, politischerDruck muss weiterhin entwickelt

... natürlich allen unseren »Ge-burtstagskindern«. Sie sämt-lich aufzuführen, würde aller-dings den Rahmen der antifasprengen. Stellvertretend sei-en deshalb hier die Kameradin-nen und Kameraden zwischen60 und 80 genannt, die einen»runden« Geburtstag habenbzw. hatten – und alle über 80.Herzlichen Glückwunsch!

September: Praxedis Aehlig,Deisenhofen, 86 Jahre; RuthSteinführer, München, 82 Jah-re; Martin Ermer, Veitsbronn,80 Jahre; Hans-Jürgen Nibbe,München, 80 Jahre; Hugo Höl-lenreiner, Ingolstadt, 75 Jahre;Hubert Söllner, Rieden, 70 Jah-re; Sybille Hirschberger, Augs-burg, 65 Jahre; Klaus Reichel,Moosburg, 65 Jahre; JosefZintl, Krailling, 65 Jahre; Sieg-linde Miedaner, München, 60Jahre; Günther Gerstenberg,München, 60 Jahre; Franz Tobi-asch, Westendorf, 60 Jahre.Oktober: Gisela Freudenthal,Füssen, 82 Jahre; Jutta Franke,Bamberg, 81 Jahre; Karl Hof-mann, Wald, 75 Jahre; Brunhil-de Bullinger, München, 60 Jah-re; Peter Hinterberger, Mün-chen, 60 Jahre; Marian Janka,Fürth, 60 Jahre.

Wir gratulieren ...

werden. Der von CSU-Chef Huberim Zuge des Landtagswahlkamp-fes angekündigte »Kreuzzug« ge-

gen Links lässt Schlimmstes be-fürchten, sollte dieses Gesetz Be-stand haben. Ernst Antoni

»Die NPD sucht ihr Heil in derProvokation« überschrieb dieSüddeutsche Zeitung unlängsteinen Bericht über den »Kampfum die Straße« in Bayern.

Der Artikel berichtete von der ma-kabren Trauerfeier für FriedhelmBusse in Passau. Ein Bild zeigte dieums Grab versammelte NPD- undsonstige Nazi-Prominenz, die er-griffen zuschaut, wie ein Neofa-schist die verbotene Reichskriegs-flagge über den Sarg des mit lan-gen Gefängnisstrafen bedachtenAltnazis Busse breitet. »Ein großerKämpfer für Deutschland wurdezur großen Armee abberufen«, zi-tiert die SZ eine NPD-Erklärung.

Im Anschluss an die Beerdigungverprügeln die Neonazis einen Fo-tografen, schlagen eine auslän-disch aussehende Frau und mar-schieren durch die Passauer Innen-stadt. Diese Ereignisse Ende Julisind nur ein Beispiel für das ge-walttätige Auftreten der NPD und

ihrer Umfeldgruppen. In Wunsie-del und im benachbarten Warmen-steinach, wo die NPD einen Gast-hof kaufen will, bewiesen MitteAugust wieder Tausende von Bür-gerinnen und Bürger aus allen po-litischen Lagern, dass sie das nichtwiderstandslos hinnehmen. Und inGräfenberg waren es eine Wochedarauf schon wieder über 500Menschen, die dafür sorgten, dasseine Wahlkampfprovokation derNPD zum Rohrkrepierer wurde.

Hitlergruß und NazifahneMit Zivilcourage gegen NPD-Provokationen

Wir freuen uns immer sehr überSpenden für die Arbeit unseresLandesverbandes.Unser Konto: VVN-BdABayern,Nr. 10532-807, Postbank Mün-chen, BLZ 700 100 80.

Spenden an die VVN-BdA Bayern

Redaktion: Ernst AntoniVVN-BdA Bayern

Frauenlobstr. 24, 80337 MünchenTel.: (089) 531786

E-Mail: [email protected]

Auch Mitglieder derVVN-BdA waren beider von ver.di initiier-ten mehrtägigenRund-um-die-Uhr-Mahnwache für Ver-sammlungsfreiheitam Max-II-Denkmal inMünchen dabei. Ob-wohl der Protest letzt-lich noch nicht ausge-reicht hat: Ein wichti-ges Stück Öffentlich-keitsarbeit vor derParlaments-Abstim-mung im benachbar-ten Landtagsgebäu-de. Bild: Guttenberger

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BERLINAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 12 antifa

Der Überwachungswahn greiftum sich. Staat und Unterneh-men registrieren und kontrollie-ren uns immer vollständiger.»Verdachtsunabhängig« wie esso schön heißt.

Egal, was wir tun, mit wem wirsprechen oder telefonieren, wohinwir uns bewegen oder fahren, mitwem wir befreundet sind, wofürwir uns interessieren, in welchenGruppen wir engagiert sind, der»große Bruder« Staat und die»kleinen Brüder und Schwestern«aus der Wirtschaft wissen es immergenauer.

Der daraus resultierende Man-gel an Privatsphäre und Vertrau-

lichkeit gefährdet Meinungsfrei-heit, Pressefreiheit, Koalitionsfrei-heit, Unternehmensintegrität, dieArbeit von Ärzten, Beratungsdien-sten und Rechtsanwälten. Die Re-form des Sicherheitssektors mit derAufhebung der Trennung von Poli-zei, Geheimdiensten und Militärgefährdet Gewaltenteilung und de-mokratische Balance in der Gesell-schaft.

Unter Einsatz von Massenüber-wachungstechnologie führt diegrenzenlose Zusammenarbeit zumAufbau von »Festungen« inEuropa und anderen Kontinenten.Sie richtet sich u.a. gegen Flücht-linge, politische Aktivisten, auchaus antifaschistischen und antiras-sistischen Initiativen.

Menschen, die sich ständig be-obachtet und überwacht fühlen,können nicht unbefangen und mu-tig für ihre Rechte und eine gerech-te Gesellschaft eintreten. Massen-überwachung setzt damit die Basis

einer demokratischen und offenenGesellschaft aufs Spiel, gefährdetauch das zivilgesellschaftliche En-gagement. Überwachung, Miss-trauen und Angst verändern schritt-weise unsere Gesellschaft. Unkri-tische Verbraucher, die »nichts zuverbergen haben«, geben zur ver-meintlichen Gewährleistung tota-ler Sicherheit ihre Freiheitsrechteauf.

Eine solche Gesellschaft wollen

wir nicht! Wir wissen, dass der Re-spekt vor unserer Privatsphäre ei-nen wichtigen Teil unserermenschlichen Würde darstellt. Ei-ne freie und offene Gesellschaftkann ohne bedingungslos privateRäume und Kommunikation nichtexistieren.

Die zunehmende elektronischeErfassung und Überwachung dergesamten Bevölkerung bietet kei-nen verbesserten Schutz vor Kri-minalität. Sie kostet Millionen vonEuro und gefährdet die Privatsphä-re unschuldiger Bürger. Wo Angstund Aktionismus regieren, bleibengezielte und nachhaltige Maßnah-men zur Stärkung der Sicherheitebenso auf der Strecke wie ein An-gehen der wirklichen, alltäglichenProbleme der Menschen; zum Bei-spiel Arbeitslosigkeit und Armut.

Michael KappesBdA Berlin-Pankow

www.vorratsdatenspeicherung.de

Im Alter von vierundneunzig Jah-ren verstarb in Berlin am 26. Ju-li 2008 Reinhold Lochmann, derehemalige politische HäftlingNummer 2455 aus dem Konzen-trationslager Buchenwald. Erwar es, der, verborgen vor denSS-Schergen, im KZ 1942 einRadiogerät baute, mit demNachrichten empfangen werdenkonnten, die für Entscheidungendes illegalen Internationalen La-gerkomitees von größter Bedeu-tung waren.

Bevor er nach Buchenwald ge-zwungen wurde, hatte er seit April1933 Gestapo-Höllen, Zuchthausund die berüchtigten Moorlagererdulden müssen.

Mit dem aus Miniaturbauteilengeschaffenen Kleinstempfängerließ sich der unabhängige Nach-richtenempfang im Lager sichern.Die beachtenswerten Leistungenseines Genossen und Kampfge-

fährten hervorhebend, sagte Wal-ter Bartel, ab 1943 Vorsitzenderdes illegalen Lagerkomitees: »...verständlich, dass wir hauptsäch-lich zuerst interessiert waren anden unmittelbaren politischenNachrichten und besonders Front-nachtrichten, denn jeder – auchder kleinste Erfolg an der Front –war oft wichtiger als ein Stück Brotoder eine Zigarette...«

Reinhold Lochmann gehörte zuden Häftlingen, die am 19. April1945 nach der Selbstbefreiungden Schwur von Buchenwald zurMaxime ihres Lebens machten. Inder DDR sah er die Möglichkeit»die Vernichtung des Nazismusmit seinen Wurzeln« und »den Auf-bau einer neuen Welt des Frie-dens und der Freiheit« Wirklichkeitwerden zu lassen. Wie im antifa-schistischen Widerstand gehörteReinhold Lochmann zu jenenKommunisten, die sich mit ganzerPersönlichkeit einbrachten.

Den ersten Vers des Buchen-waldliedes »Buchenwald, ich kanndich nicht vergessen...« interpre-

tierte er für sich dahingehend,dass er bis ins hohe Alter Jugend-lichen aus seinem Leben Erfah-

rungen weitergab. Über viele Jah-re war er Gesprächspartner derPädagoginnen und Pädagogenwährend der Lehrerkurse an dernationalen Gedenkstätte Buchen-wald.

Besondere Verdienste erwarbsich Reinhold Lochmann als Vor-sitzender der Lagerarbeitsge-meinschaft Buchenwald–Doraund im Internationalen KomiteeBuchenwald–Dora/Kommandos.Beharrlich setzte er sich für dieBewahrung antifaschistischer Tra-ditionen ein und wies Verleumdun-gen und Geschichtsrevisionismusnachdrücklich zurück.

Für Reinhold Lochmann wardas Vermächtnis des antifaschi-stischen Widerstands: »Nie wie-der Faschismus! Nie wiederKrieg!« stets Gebot für verantwor-tungsbewusstes Handeln im Sin-ne der Menschen.

Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald–Dora

Er baute den Rundfunkempfänger im Konzentrationslager BuchenwaldNachruf auf den jüngst verstorbenen Kameraden Reinhold Lochmann

Zum Protest aufgerufenGegen Sicherheitswahn und ausufernde Überwachung

An diesem Tag demonstrierenwir durch Berlin unter dem Mot-to »Freiheit statt Angst – Stopptden Überwachungswahn!«

Treffpunkt ist der Alexander-platz um 14 Uhr.

Demo gegen Überwachungswahn

Samstag, 11. Oktober

Redaktion: Dr. Hans CoppiFranz-Mehring-Platz 1, 10243 BerlinTel.: (030) 29784178Fax: (030) 29784378Internet: http://berlin.vvn-bda.orgE-Mail: [email protected]

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BERLINAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 13

»Dennoch ging ich diesen Weg«VVN-BdA trauert um Wolfgang Szepansky

In der Nacht zum 23. August2008 verstarb der längjährigeVorsitzende des WestberlinerSachsenhausen-Komitees undstellvertretende Vorsitzendeder Westberliner VVN, Wolf-gang Szepansky, im Alter von97 Jahren.

Am 9. Oktober 1910 im BerlinerWedding geboren, wuchs er in ei-nem sozialdemokratischen El-ternhaus in Mariendorf auf underlernte das Malerhandwerk.

Schon mit 17 Jahren begei-sterte er sich für das Arbeiter-theater, trat drei Jahre später –1930 – in den kommunistischenJugendverband ein, wo er als Or-ganisationsleiter des Unterbe-zirks Tempelhof tätig war.

Wegen seiner Beteiligung aneiner Mal-Aktion: »Nieder mit Hit-ler! KPD lebt! Rot Front!« wurdeer bereits am 11. August 1933zum ersten Mal verhaftet. Nachseiner Entlassung setzte er sei-ne politische Arbeit fort. AnfangJanuar 1934 entschied er sich,erneut bedroht, zur Emigration indie Niederlande. Nach der Be-setzung der Niederlande im Mai1940 geriet Wolfgang erneut indie Fänge der Gestapo. Über einholländisches Internierungsla-ger wurde er im Oktober 1940erst in die Steinwache Dortmundund schließlich in das Konzen-trationslager Sachsenhausendeportiert.

Nach seiner Befreiung enga-gierte er sich im Antifaschisti-schen Jugendausschuss vonTempelhof, berlin-West, und ar-beitete als Zeichenlehrer. Er er-hielt jedoch 1951 als SED-Mit-glied Berufsverbot. Nach langerArbeitslosigkeit fand er endlicheine Anstellung als Klubhauslei-ter bei der Deutschen Reichs-bahn. Gegen die willkürliche Ab-erkennung des Status als Ver-folgter des Naziregimes durch

den Westberliner Senat prozes-sierte Wolfgang fast 20 Jahre,bis ein Richter ihm die aberkann-te Entschädigung wieder zu-sprach.

Jahrzehntelang war WolfgangSzepansky als Zeitzeuge aktiv.Ob in der Gedenkstätte Sach-senhausen, in Berliner Schulen,Universitäten oder Volkshoch-schulen: seine Schilderungenvermittelten den Schülern undStudenten stets eine Ge-schichtsstunde »von unten«.Diese Arbeit als Zeitzeuge be-trachtete er als seine persönli-che Pflicht – auch in Erinnerungan seine im Lager und auf demTodesmarsch verstorbenen Ka-meraden.

Wolfgang unterstützte 1977die Öffnung der VVN zum »Ver-band der Antifaschisten«. Ge-meinsam mit den neuen jünge-ren Mitgliedern war er bei Aktio-nen gegen Nazitreffen, gegenausländerfeindliche und rassi-stische Übergriffe aktiv. Mit derBand »Sorgenhobel« und seinemKameraden Emil Ackermann trater in den 80er Jahren auf zahlrei-chen Friedensveranstaltungenmit Liedern gegen Krieg und Fa-schismus auf.

Für seine Lebensleistung wur-de 1996 Wolfgang gemeinsammit seiner Frau Gerda mit demBundesverdienstkreuz am Ban-de geehrt.

Mit Wolfgang Szepansky ver-lieren die Berliner VVN-BdA unddas Sachsenhausenkomitee ei-nen aufrechten, kämpferischenund bescheidenen Freund.

»Dennoch ging ich diesenWeg« ist der Titel seiner bewe-genden Autobiographie.

Die Trauerfeier findet am Mitt-woch, den 17. September 2008,11 Uhr, in der Kapelle des Kirch-hofs Mariendorf II in der Frie-densstr. 12-14 in Tempelhofstatt.

Von der Verfolgung...

...zum Bundesverdienstkreuz

Auch in Weißensee wurdennach 1990 Gedenktafeln für Op-fer der Naziherrschaft entfernt.Eigentümerwechsel und Erneue-rungsarbeiten an den Fassadenführten zur Demontage undschließlich zum Verlust von Me-talltafeln. Auch durch die Arbeitder Gedenktafelkommission desBezirkes konnten nun viele derverschwundenen Tafeln wiederangebracht wurden.

Das Aktive Museum Faschismusund Widerstand brachte in zweiFällen Ersatztafeln an – von deneneine sehr schnell erneut abgenom-men wurde. Andere Tafeln bliebenverschwunden.

Die Berliner Bezirksreform von2000 änderte nun einiges. Die frü-heren Bezirke Pankow und Prenz-lauer Berg hatten eine andere Hal-tung zu den Gedenkzeichen. AufGrundlage der vomBdA eingereichtenAnträge kam es nunauch zu Veränderun-gen in Weißensee: Ei-ne Stele, die auf einemehemaligen Betriebs-gelände an drei kom-munistische Wider-standskämpfer ausdieser Firma erinner-te, konnte bei der Um-wandlung der Flächenin ein Wohngebiet er-halten werden. Der In-vestor ließ den Zugangzu der Gedenksäule inder Liebermannstraße30 so gestalten, dass sie wieder ei-nen zentralen Platz einnimmt.

Das Bezirksamt Pankow küm-merte sich um die Wiederherstel-lung zuvor beschädigter Texte, undder Weißenseer Heimatvereinübernahm die Pflege der Fläche imUmfeld der Stele. Damit entstandauf privatem Grund für Fritz Sie-dentopf, Gustav Widrinna und Er-win Nöldner eine würdige Gedenk-stätte.

Später konnte bei der Hausreno-vierung durch eine Bank in derBerliner Allee eine Tafel für ElseJahn, die mutig die einrückendensowjetischen Truppen unterstützt

hatte und dabei ihr Leben verlor,erneuert werden. Ein Kommentarbegleitet die Ursprungstafel zumbesseren Verständnis.

In weiteren Fällen konnte derBdA Weißensee/Hohenschönhau-sen erfolgreich verloren gegangeneTafeln ersetzen lassen. Anfang Maidiesen Jahres wurden zwei weitereOrte neu gestaltet. In der Lehder-straße 61 fand eine erneuerte undmit erläuterndem Kommentar er-gänzte Tafel Platz. Der aus einer jü-dischen Familie stammende ArnoNacher, sofort nach dem Reichs-tagsbrand verhaftet und wegen sei-ner Arbeit für einen kommunisti-schen Verlag zu acht Jahren Zucht-haus verurteilt, wurde nach Verbü-ßung der Strafe in »Schutzhaft« ge-nommen und nur wenige Wochennach seiner Einlieferung in das KZMauthausen ermordet. In der Gür-telstraße 11 schließlich wurde für

den Widerstandskämpfer ErichNeumann eine neue Tafel instal-liert, auf der nach Recherchen feh-lerhafte Angaben aus früherer Zeitkorrigiert sind.

Den Mitarbeitern des Kommu-nalen Museumsverbundes Pankowgebührt Anerkennung für die Er-neuerung der Gedenktafeln undGedenkstätten. Hervorzuheben ist,dass in allen Fällen die Hauseigen-tümer für die Zustimmung zur In-stallation gewonnen werden konn-ten.

Joachim BennewitzBdA Weißensee/

Hohenschönhausen

AAnnttiiffaasscchhiissttiisscchhee GGeeddeennkkzzeeiicchheenn eerrhhaalltteennEntfernte Gedenktafeln wieder erneuert

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HAMBURGAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 14 antifa

Bei zahlreichen NPD-Aufmär-schen erschallt in letzter Zeitdas Hitler-Jugend-Lied von Wer-ner Altendorf »Ein Junges Volksteht auf«. Darin werden dasSoldatentum, nationale Kamera-dengemeinschaft, Opferbereit-schaft und Heldentod stark glo-rifiziert. Die Reaktionen staatli-cher Stellen sind regelmäßigverhalten.

So geschah es auch am 1. Dezem-ber 2007 bei der Abschlusskundge-bung des jährlichen Aufzugs vonKameradschaftskreisen für ein na-tionales Jugendzentrum in BerlinNeukölln. Zum Abschluss derKundgebung wurde nach Berich-ten von Beobachtern des Lied an-gestimmt, ohne dass die BerlinerPolizei einschritt.

Nach der Bewertung des Verfas-sungsschutz Berlins und anderer

Bundesländer erfüllt das Singenoder Abspielen dieses Liedes denTatbestand des § 86 a StGB , wo-nach das Verwenden von Kennzei-chen verfassungswidriger Organi-sationen strafbar ist. Und als sol-ches Verwenden gilt auch das Ab-singen des HJ-Liedes »Ein JungesVolk steht auf«, wie auch andererLieder von SA und NSDAP. Nach-zulesen in der aktuellen Broschüre»Symbole und Kennzeichen desRechtsextremismus« des BerlinerVerfassungsschutzes. Demnachhaben sich die Teilnehmer des Auf-marsches durch das Absingen desLiedes »Ein Junges Volk steht auf«strafbar gemacht.

Wie der Berliner InnensenatorDr. Körting nun auf eine KleineAnfrage bekannt gab (Anfrage desAbgeordneten Behrendt,Nr.16/12162), habe die Polizei dasAbsingen vor Ort wegen der Ge-

räuschkulisse nicht wahrnehmenkönnen. Das auf die erfolgten Hin-weise dennoch eingeleitete Straf-verfahren verlief im Sande. Es seivon der Berliner Staatsanwalt-schaft nach § 170 Abs. 2 StPO ein-gestellt worden. Eine solche Ein-stellung erfolgt, wenn keine Straf-tat vorliegt oder kein Täter ermit-telt werden kann.

Beides überrascht nun sehr,denn im aktuellen Berliner Verfas-sungsschutzbericht 2007 ist aus-drücklich festgehalten, dass amEnde der Demonstration von denTeilnehmern das HJ-Lied gesun-gen wurde (Seite 25). Zudem ga-ben die Autonomen NationalistenNord-West offen bekannt, das HJ-Lied »Ein junges Volk steht auf«vor Ort gesungen zu haben. Auchdas Bundesvorstandmitglied derNPD, Frank Schwerdt berichtetvom Absingen des Liedes auf einer

Demonstration Anfang Dezember2007.

Daher ist das Nichteinschreitender Berliner Polizei sowie die Ein-stellung des Strafverfahrens nichtnachvollziehbar. Es ist zudem we-nig überzeugend, wenn der Verfas-sungsschutz ein Verhalten eindeu-tig als rechtswidrig brandmarkt,die Berliner Staatanwaltschaft aberkeine Straftat zu erkennen vermag.Solche Unklarheiten werden ge-nüsslich von den Nazis ausgenutzt,um die Wirkungslosigkeit der Be-kämpfung des Rechtsextremismuszu kennzeichnen. Neben der Frage,ob die Berliner Polizei auf demrechten Ohr taub ist, ist die Staats-anwaltschaft Berlin deshalb drin-gend aufgerufen, die Einstellungdes Verfahrens noch einmal zuüberdenken. Dirk Behrendt

Bündnis‘90/DieGrünen im Abgeordnetenhaus

Defizite staatlicher Antifa-ArbeitBerliner Nazis singen HJ-Lied und nichts passiert

BERLIN

Im Juni wurde ein Platz an derBernhard-Nocht-Straße in St.Pauli nach den jüdischen Gebrü-dern Wolf benannt. Sie waren,wie man heute sagen würde, diegrößten Entertainer Hamburgs,auch in Plattdeutsch.

Von ihnen stammen bekannte Lie-der wie »Snuten un Poten, dat iseen fein Gericht« oder »An de Ecksteiht een Jung mit'n Trünnel-band«. Das »Trünnelband“ war einReifen aus den Alu-Beschlägen al-ter Fässer. Als es diese Reifen nicht

mehr gab, wurde daraus ein »Tü-delband« (Bindfaden), was eigent-lich keinen rechten Sinn ergibt.

Die Gebrüder Wolf begannen1895 als Gesangs-Terzett Ludwig,James und Leopold Wolf, später alsDuo Ludwig und Leopold. Nach

Leopolds Tod trat dessen SohnJames Iwan an seine Stelle, die»Gebrüder« waren nun in WahrheitOnkel und Neffe, aber das sah mannicht so eng. Sie sangen nicht nur,sondern traten auch als Hafenar-beiter-Originale Tetje und Fietjeauf.

1933 bekamen sie Auftrittsver-bot. Die Wolfs waren jüdisch undhießen mit Nachnamen eigentlichIsaac, bevor ihr Künstlername indie Pässe eingetragen wurde DerVater des Terzetts war ein Schlach-termeister aus der Hamburger Neu-stadt mit Namen Isaac JosephIsaac. Die bekannten Lieder derWolfs wurden als »deutsche Volks-kunst« vereinnahmt, die Künstlerselbst gerieten mit der Zeit in Ver-gessenheit.

Während des Krieges wurdenviele der Wolfs in »Judenhäusern«zusammengepfercht. Ein Teil derFamilie wurde nach Theresienstadtdeportiert, darunter ein zweijähri-

»»TTüüddeellbbaanndd«« wwiirrdd SSttrraaßßeennsscchhiillddGebrüder Wolf dem Vergessen entrissen

Sonntag, 28. SeptemberAntifa-Film im »Metropolis«Der Leidensweg durch KoloFu. 17.00 Uhr Achtung, neue Adresse:Steindamm 54 (ehem. SAVOY)

Donnerstag, 6.NovemberMahnwache zum 70.Jahrestagder Reichspogromnachtvon VVN-BdA Hamburg, JüdischeGemeinde Hamburg, UniversitätHamburg, Bürgerinitiative Grin-delhof, Pax-Christi. 15.30 - 17.00 UhrJoseph Carlebach Platz

Termine der Hamburger VVN-BdA von September bis NovemberSonntag, 9. November»Gegen das Vergessen«Veranstaltung des Auschwitz-Komitees zur Erinnerung an diePogromnacht.Mit Esther Bejarano und Hans Hei-se. Anschließend: Konzert mitEsther, Edna und der Gruppe Coin-cidence.19.30 Uhr, Uni Hamburg, DWP,Von-Melle-Park 9, Hörsaal 1

Sonntag, 9. November»Empfänger unbekannt«Szenische Lesung mit MichaelAltmann aus dem Briefroman

von Kathrine »Kressmann« Tay-lor, 1938 erstmals in der NewYorker Zeitschrift »Story« er-schienen.20.00 UhrPolittbüro, Steindamm 45

Donnerstag, 13. NovemberSeminar und Diskussion: DiePlanungen nach dem Pogrom.Die interministerielle Konfe-renz im Reichsluftfahrtministe-rium am 12. November 1938 Veranstalter: Auschwitz-Komitee 18.00 Uhr (Ort bitte im VVN-Büro erfragen)

(Fortsetzung auf Seite 15)

Page 15: Bundessprecherkreis beriet über Aufgabenverteilung Wie weiter? · Hannes Heers Lesung aus sei-nem Buch »Hitler war’s«, fand als öffentliche Veranstaltung statt und lockte auch

HAMBURGAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008antifa 15

AArrbbeeiittssggrruuppppee »»DDeeppoorrttaattiioonneenn//1111000000 KKiinnddeerr«« aauussggeezzeeiicchhnneettver.di Hamburg verleiht Herbert-Wehner-MedailleIm Saal der Kultur-Bühne Bugen-hagen in Barmbek saßen gela-dene Gäste aus Gewerkschaftund Politik. Und auf der Bühnenahmen Elsa Werner (Gewerk-schafterin seit 1925!), SteffiWittenberg, Helga Obens, MarutPerle und Moritz Terfloth für dieHamburger Arbeitsgruppe »De-portationen/11000 Kinder« ausden Händen des ehemaligenBürgermeisters Ortwin Rundedie Herbert-Wehner-Medaille2008 entgegen.

Mit diesem Preis würdigt dieGewerkschaft ver.di alle zwei Jah-re »Institutionen und/oder Perso-nen, die engagiert gegen rechtsex-treme Aktivitäten, Fremdenfeind-lichkeit und Gleichgültigkeit an-kämpfen, durch ihr Engagementund ihren persönlichen Mut zumVorbild werden und sich so um dieDemokratie in unserem Land ver-dient machen«, so heißt es in denStatuten der Preisverleihung. Dermit 4000 Euro dotierte Preis gingjeweils zur Hälfte an die Arbeits-gruppe, in der neben dem Ausch-witz-Komitee, der VVN-BdAHamburg, der Gewerkschaft ver.diHamburg und dem DGB Hamburgnoch weitere Initiativen und Orga-nisationen mitarbeiten, und an denehemaligen Betriebsrat Lothar Da-niel, der trotz aller Repressalien aufdie unmöglichen Arbeitsbedingun-gen der Briefzusteller innerhalbder Firmengruppe PIN AG hinge-wiesen und den Mindestlohn ein-

gefordert hatte. In ihrer Laudatio machte Renate

Schmidt, die ehemalige Bundesfa-milienministerin, deutlich:»Rechtsextremismus, Fremden-feindlichkeit und Antisemitismushaben in den letzten Jahren inDeutschland neue Dimensionenerreicht. (..) Die geschichtlicheLehre aus den Erfahrungen desDritten Reichs, aus den Erfahrun-gen des Holocaust hat ein Volk of-fensichtlich nicht ein für alle Malgezogen und gelernt; diese Ein-sicht muss immer wieder neu, Ge-neration für Generation, vermittelt,angeeignet, gelernt werden. (...)Demokratie ist in Gefahr, wenn In-tegration nicht gelingt, wenn dieinnere Beteiligung und die Leiden-schaft ihrer Teilnehmer zuneh-

mend fehlt, denn die Demokratielebt nicht nur von der Idee allein,wenn Rechtsextremismus bis in die‘erodierenden’ Mittelschichtenhinein gesellschaftsfähig wird,wenn Eliten versagen.«

Wolfgang Rose, der Hamburgerver.di-Vorsitzende, stellte fest:»Die Initiative ‘Deportatio-nen/11000 Kinder’mit ihrer Arbeitgegen das Vergessen und der un-beugsame und couragierte Kollegeund Betriebsrat Daniel werden alsVorbilder für lebendige Demokra-tie von ver.di mit der Herbert-Weh-ner-Medaille ausgezeichnet undgewürdigt.« Die Arbeitsgruppefreut sich über den Preis und wirddas Preisgeld für Aktionen und Do-kumentationen nutzen. Steffi Wittenberg, Helga Obens

In gemeinsamer Trägerschaftder VVN-BdA Hamburg, desDGB, des Stadtteilarchivs Otten-sen, des Vereins »Gegen dasVergessen-Für Demokratie« fandam 1. August 2008 anlässlichdes 75. Jahrestages der Ermor-dung von August Lütjens, KarlWolff, Walter Möller und BrunoTesch am 1. August 1933 eineGedenkveranstaltung auf demGelände hinter dem AltonaerAmtsgericht statt.

Die vier Opfer des Prozesses umden Altonaer Blutsonntag warengenau dort als erste Opfer der NS-Justiz mit dem Handbeil ermordetworden. Vor einigen Jahren wurdean dieser Stätte, nachdem der Ortder Hinrichtung zweifelsfrei nach-vollzogen werden konnte, eine Ge-denkstele errichtet.

Die Veranstaltung wurde einge-leitet und moderiert von DetlefBaade, »Verein gegen das Verges-sen-Für Demokratie«, er ist derSohn des verstorbenen VVN-Lan-desvorsitzenden Herbert Baade.Weitere RednerInnen waren Cor-nelia Kerth, Landesprecherin derVVN-BdA, Erhard Pumm, Landes-vorsitzender des DGB, und Kar-sten Albers, stellvertr. Leiter desBezirksamtes Altona. Im Laufeder Veranstaltung trug Rolf Beckeden Abschiedsbrief von BrunoTesch an seine Mutter vor, der zumZeitpunkt seiner Hinrichtung 20Jahre alt war; außerdem las derSchauspieler einen Text von BertBrecht, - auf seine eigene,unnach-ahmliche Art durch Anmerkungenmit Gegenwartsbezug kommen-tiert. Die Veranstaltung, an derüber 100 Menschen aller Alters-gruppen teilnahmen, wurde mitKlezmer-Musik der Gruppe TwoTroubadoura beeindruckend abge-rundet. Traute Springer-Yakar

Veranstaltung zum Altonaer Blutsonntag

75 Jahre nach Justizmord

Redaktion: W. Siede Nächster Redaktionsschluss: 7.10.

Zuschriften bitte an die Landesgeschäftsstelle VVN-BdA

Landesvereinigung HamburgHein-Hoyer-Str. 41, 20359 Hamburg,

Tel.: (040) 314254E-Mail: [email protected]

Festrednerin, Jury-Mitglieder und die Preisträger/innen. Bild: HO

ger Junge. Sie kamen entwederdort oder im Ghetto von Riga um.Andere wanderten auf abenteuerli-chen Wegen zuerst nach Schanghaiund dann in die USA aus. LudwigWolf überlebte die Nazizeit inHamburg wohl nur deshalb, weil ermit einer nichtjüdischen Frau ver-heiratet war.

Seit einigen Jahren wurden dieGebrüder Wolf aus der Vergessen-

heit geholt. Die Verdienste habenvor allem der Buchautor DieterGuderian und der FilmemacherJens Huckeriede mit seinem Film»The Return of the Tüdelband«.Hauptperson des Films ist DanWolf, ein Urenkel von LudwigWolf und Hiphop-Sänger aus SanFrancisco. Er begab sich in Ham-burg auf Spurensuche seiner be-rühmten Vorfahren.

Natürlich legte er auch den platt-deutschen Rap mit dem »Tudel-band« hin, als Amerikaner gelingtihm das – nicht so gut. Und er er-

zählte von seinem jüdischen Le-ben, von seiner Bar Mitzwah undfreute sich, dass es in Hamburg ei-ne Synagoge und eine jüdische Ge-meinde gibt. Er meinte, es seiwichtig zu zeigen, dass es trotz derSchoah Hitler nicht gelungen sei,Deutschland »judenrein« zu ma-chen. Hans Joachim Meyer

Dieter Guderian: Die Hamburger Origi-nale Tetje und Fietje. Cardamina-Ver-lag. Darin: Hans-Joachim Meyer: DatTüdelband is na de Elv trüggkamen –Plattdeutsche Besprechung des Films

»Tüdelband« wird Straßenschild(Fortsetzung von Seite 14)

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HAMBURGAUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN

BEILAGE · SEPTEMBER/OKTOBER 2008 16 antifa

Am 21. Juli 2008 beschied dasHamburger Verwaltungsgerichtdie Teilnahme von Neonazis aneiner Veranstaltung der DGB-Ju-gend anderthalb Jahre zuvor als»rechtmäßig«. Eine Entschei-dung, die von falsch verstande-ner Toleranz gegenüber Neona-zis zeugt und Konsequenzenbirgt für alle, die ohne Störungdurch Nazis tagen möchten.

Am 16. November 2006 veranstal-tete die DGB-Jugend Hamburg ei-nen Infoabend zum Thema »Struk-turen der rechten Szene in Ham-burg-Wandsbek« – wohl wissendum die so genannte »Wortergrei-fungsstrategie« der Neonazis, mit-tels derer linke Veranstaltungenvereinnahmt, gestört und gegebe-nenfalls auch gesprengt werdensollen. Die Veranstalteter publi-zierten ein Ausschluss gemäß Para-graf 6 Versammlungsgesetz. In derEinladung hieß es: »Mitglieder undAnhänger rechtsextremer Parteienund Organisationen wie NPD,

DVU, REP und der ‘Freien Kame-radschaften’haben keinen Zutritt.«

Trotzdem kamen an dem Abendzirka 20 Neonazis unter Führungdes stellvertretenden NPD-Lan-desvorsitzenden Karl-Heinz Göbelund begehrten zum Teil handgreif-lich Einlass. Die anwesenden Ord-ner verwehrten den Nazis den Zu-tritt – wenig später kamen sie mitder Polizei zurück. Diese verlang-te die Nazis einzulassen, da dieVeranstaltung öffentlich angekün-digt sei. Andernfalls müsse die Ver-anstaltung abgebrochen werden,was schließlich auch geschah.

Der Vorgang sorgte für bundes-weite Empörung. In der Hambur-ger Bürgerschaft gab es eine De-batte und zwei Anfragen zum The-ma. Der örtliche DGB-Vorsitzende

Erhard Pumm erklärte dazu: »Esdarf nicht sein, dass Rechtsextremeihre Teilnahme an politischen Ver-anstaltungen gegebenenfalls mit-hilfe der Polizei durchsetzen undsie damit de facto verhindern kön-nen.«

Mittels einer Klage wollte dieDGB-Jugend im Nachhinein dieUnrechtmäßigkeit des polizeili-chen Handelns feststellen lassen.Sie scheiterte an der fast grenzen-losen Toleranz des Hamburger Ver-waltungsgerichts. Zwar sei derAusschluss bestimmter »Personenund Personenkreise« durch dasVersammlungsgesetz gedeckt, al-lerdings müsse der Ausschluss »fürjedermann erkennbar« sein. Göbelund seine Kameraden hätten je-doch einen Zeitungsartikel vorwei-sen können, in dem die besagteVeranstaltung ohne den Aus-schluss-Zusatz angekündigt wor-den. Zwar habe der Veranstalterkeinen Einfluss auf redaktionelleKürzungen. Aber die DGB-Jugendhätte nach Ansicht des Vize-Präsi-denten des Hamburger Verwal-tungsgerichts, Joachim-MathiasRoggentin, die Medien dahinge-hend prüfen und notfalls auf demvollständigen Abdruck des Presse-textes insistieren müssen. Völligpraxisfremd, wenn man weiß, dassVeranstaltungshinweise in Zeitun-

gen üblicherweise immer sehrkurzfristig erscheinen.

Die Entscheidung des Hambur-ger Verwaltungsgericht betritt da-mit »absolutes Neuland« so Rich-ter Roggentin, »dazu gibt es bisherkeine Rechtssprechung«. Trotz-dem wurden hier Möglichkeitenneofaschistischer Kräfte, öffent-lich aufzutreten, entschieden ge-stärkt. Für das Gericht ist Faschis-mus anscheinend doch nur eineMeinung unter vielen – und keinVerbrechen.

Trotzdem sollten Antifaschistenan der bislang bewährten Praxisfesthalten. Wer Veranstaltungenohne unliebsamen Besuch machenmöchte, sollte diesen auch weiter-hin nach Paragrafen 6 Versamm-lungsgesetz ausschließen, den Zu-tritt entsprechend kontrollierenund sich gegebenenfalls juristi-schen Beistand sichern.

Werbung über eigene Mittel wieFlugblätter, Plakate oder eigeneInternetwerbung sind problem-los. Wer das Geld hat, kann na-türlich auch Anzeigen mit ent-sprechendem Zusatz in Zeitun-gen schalten.Pressemitteilungen mit Bitte umAbdruck oder Ankündigungmüssen zukünftiger vorsichtigergehandhabt werden. Sie solltenausdrücklich den vollständigenAbdruck der Einladung einfor-dern, sonst lieber gänzlich aufeine Ankündigung verzichten.Ein persönlicher Kontakt zur lo-kalen Presse erleichtert sicher-lich dieses Vorgehen. Solidari-sche Journalistinnen und Jour-nalisten sollten auf die neue,problematische Rechtslage auf-merksam gemacht werden.Generell ist weiterhin ein offen-siver Ausschluss von neofaschi-stischen Personen aus der Öf-fentlichkeit und aus öffentlichenVeranstaltungen zu fordern.Denn Faschismus ist keine Mei-nung – sondern ein Verbrechen.

Für den 5. Juli hatte die Kreis-vereinigung Harburg der VVN-BdA zu einem Besuch der Ge-denkstätte Sandbostel eingela-den. Bei ihrem ersten Besuchvor einigen Jahren war die stän-dige Ausstellung noch in engenRäumlichkeiten in Bremervördeuntergebracht. Nun ist sie in ei-nem Haus unmittelbar auf demLagergelände einige Kilometersüdlich Sandbostels zu sehen.Aber auch dieses Haus ist einProvisorium, endgültig wird siein eine der restaurierten Barak-ken kommen.

In Sandbostel befand sich dasgroße Kriegsgefangenenlager desWehrkreises X, das Stammlager(Stalag) X B. Gegen Kriegsendewurden hier auch KZ-Häftlinge ein-gesperrt, die meisten aus den auf-gelösten Außenkommandos desKZ Neuengamme. Durch die sach-kundige Führung von Herrn Ehres-mann erfuhren die Besucher dieschlimme Geschichte des Lagers.Es hat einen langen Kampf geko-stet, bis die Gedenkstätte errich-tet werden konnte – gegen die Ge-meinde Sandbostel und gegen ei-nen Privatbetrieb, auf dessen Ge-lände die Baracken stehen. Be-sonders dass hier auch KZ-Häft-linge untergebracht waren, wolltedie Gemeinde lange Zeit nichtwahrhaben.

Im Sandbostel selbst besuch-ten wir den Ehrenfriedhof. Davorsteht der irreführende Wegweiser»Kriegsgräberstätte« – als wärenhier »gefallene« Soldaten begra-ben. Hier ruhen aber ausschließ-lich Kriegsgefangene und KZ-Häft-linge aus dem Lager. Nach 1945stand mitten auf dem Friedhof eingroßes sowjetischen Ehrenmal. Inder Zeit des kalten Krieges wurdees im Auftrag der niedersächsi-schen Landesregierung gesprengtunter dem Vorwand, die Zahl derToten auf dem Denkmal sei zuhoch. An die Gräber der sowjeti-schen Soldaten wurde russisch-orthodoxe Balkenkreuze gestellt,obwohl die meisten vermutlichAtheisten und ein Teil auch Musli-me waren.

Natürlich ist es nicht einfach füreine Gemeinde, für immer mit ei-

EEiinnttrriitttt ffrreeii ffüürr NNeeoonnaazziiss??Hamburger Gericht stärkt »Wortergreifungsstrategie«

Aus Provisoriumwird Gedenkstätte

Besuch in Sandbostel

(1) Bestimmte Personen oderPersonenkreise können inder Einladung von der Teil-nahme an einer Versamm-lung ausgeschlossen wer-den.

(2) Pressevertreter könnennicht ausgeschlossen wer-den; sie haben sich demLeiter der Versammlunggegenüber durch ihrenPresseausweis ordnungs-gemäß auszuweisen.

Paragraf 6 VersG

Öffentliche Versamm-lungen in geschlosse-nen Räumen

nem Lager in Verbindung gebrachtzu werden. Das galt sicherlichauch für Dachau, Neuengamme,Ravensbrück und andere Orte.Aber inzwischen, so erfuhren wir,stellt sich Sandbostel seiner Ge-schichte und arbeitet auch mit derGedenkstätte gut zusammen.

Hans-Joachim Meyer

Der Prozess

Die Konsequenzen

Was ist zu beachten?