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BUSINESS & BEST PRACTICE QUALITÄTSMANAGEMENT 92 l body LIFE 3 I 2016 www.facebook.com/bodylife Qualitätsmanagement in Fitnessunternehmen Lohnt sich eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015? Das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung ist in den vergan- genen Jahren gestiegen. Davon profitiert unsere Branche in besonderem Maße. So konnten wir vor geraumer Zeit den Deutschen Fußball-Bund bezüglich der Anzahl von aktiven Sportlern überholen und stehen nun mit fast 10 Millio- nen Mitgliedern an der Spitze der Sport- und Bewegungsanbieter (vgl. Eckdatenstudie 2015, DSSV). D iese Entwicklung hat einen gro- ßen Einfluss auf die einzelnen Akteure, also zum Beispiel die Studiobetreiber. Um die Nachfrage nach Fitnesstraining zu decken, benötigt es eine ausreichende Anzahl an Anbietern. Nicht zuletzt etablierten sich, um diese ständig steigende Nachfrage zu bedie- nen, in den vergangenen Jahren große Fitnessketten, insbesondere Discount- ketten, auf dem Fitnessmarkt. Kann man aktuell davon ausgehen, dass die Kapazitäten für Fitnessinteres- sierte in Deutschland grundsätzlich aus- reichen und die Sportler aus einem brei- ten Sortiment – von Discountfitness über Gesundheitstraining bis hin zu CrossFit – auswählen können, müssen sich die Fitnessanbieter um die nächste Herausforderung kümmern: dem stei- genden Qualitätsanspruch der Kunden und weiterer interessierter Gruppen (zum Beispiel Unternehmen, Kranken- kassen, öffentliche Hand). Um auf dem Markt langfristig bestehen zu können, werden zukünftig alle Anbieter gezwungen sein, sich klar zu positionieren und diese Positionierung durch die dazu passende Ausrichtung des Betriebes in- tern sowie extern umzusetzen. Eine Dis- countkette, die durch falsche Werbeaussa- gen Interessenten mobilisiert, deren Er- wartungen später aber nicht erfüllt, wird langfristig genauso scheitern wie ein inha- bergeführtes Fitnessstudio, das ohne ei- gene Linie auf externe Einflüsse reagiert Foto: Manczurov/shutterstock.com Teil 1:

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Qualitätsmanagement in Fitnessunternehmen

Lohnt sich eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015?

Das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung ist in den vergan-genen Jahren gestiegen. Davon profitiert unsere Branche in besonderem Maße. So konnten wir vor geraumer Zeit den Deutschen Fußball-Bund bezüglich der Anzahl von aktiven Sportlern überholen und stehen nun mit fast 10 Millio-nen Mitgliedern an der Spitze der Sport- und Bewegungsanbieter (vgl. Eckdatenstudie 2015, DSSV).

Diese Entwicklung hat einen gro-ßen Einfluss auf die einzelnen Akteure, also zum Beispiel die

Studiobetreiber. Um die Nachfrage nach Fitness training zu decken, benötigt es eine ausreichende Anzahl an Anbietern. Nicht zuletzt etablierten sich, um diese ständig steigende Nachfrage zu bedie-nen, in den vergangenen Jahren große Fitnessketten, insbesondere Discount-ketten, auf dem Fitnessmarkt.

Kann man aktuell davon ausgehen, dass die Kapazitäten für Fitnessinteres-sierte in Deutschland grundsätzlich aus-reichen und die Sportler aus einem brei-ten Sortiment – von Discountfitness über Gesundheitstraining bis hin zu CrossFit – auswählen können, müssen

sich die Fitnessanbieter um die nächste Herausforderung kümmern: dem stei-genden Qualitätsanspruch der Kunden und weiterer interessierter Gruppen (zum Beispiel Unternehmen, Kranken-kassen, öffentliche Hand).

Um auf dem Markt langfristig bestehen zu können, werden zukünftig alle Anbieter gezwungen sein, sich klar zu positionieren und diese Positionierung durch die dazu passende Ausrichtung des Betriebes in-tern sowie extern umzusetzen. Eine Dis-countkette, die durch falsche Werbeaussa-gen Interessenten mobilisiert, deren Er-wartungen später aber nicht erfüllt, wird langfristig genauso scheitern wie ein inha-bergeführtes Fitnessstudio, das ohne ei-gene Linie auf externe Einflüsse reagiert

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Teil 1:

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nen, koordinieren und kontrollieren. Das System kann zur Verbesserung des Ge-schäftsergebnisses und damit zum Un-ternehmenserfolg beitragen. Zu den ver-besserten Geschäftsergebnissen zählen nicht nur verbesserte Umsätze oder Ge-winne. Managementsysteme können un-abhängig von verbesserten Qualitäts-leistungen, wie geringeren Reklamatio-nen oder einer Reduktion der Fluktuationsrate, auch andere Diszipli-nen strukturiert steuern.

So gibt es neben dem Qualitätsma-nagement (QM) auch Systeme für Ener-gie, Umwelt oder Arbeitsschutz. Auch die später noch ausführlich beschriebe-nen Anforderungen der Fitness-DIN-Norm 33961 können problemlos in ein Managementsystem integriert werden (siehe Abbildung 2 oben).

Ihr Team ist immer und grundsätzlich in die Überlegungen des Management-systems mit einzubeziehen. In diesem Zusammenhang spielt die Beziehungse-bene der Mitarbeiter untereinander im Studio eine wichtige Rolle. Ein gutes Managementsystem berücksichtigt so-wohl Kompetenzen und Fähigkeiten von Mitarbeitern als auch Beziehungen zwi-schen Hierarchieebenen und innerhalb des Teams. Moderne Managementsyste-me beinhalten zudem auch die systema-tische Berücksichtigung von individuel-len Talenten, persönlichen Verhaltens-strukturen und andere Elemente des „Faktors“ Mensch in den Prozessen und täglichen Tätigkeitsausübungen. Die besten formalen Regelungen helfen nicht weiter, wenn Beziehungen von Menschen in einem Projekt oder zwi-

Wie bei einem Menschen, spielen im System verschiedene Teilsysteme (Orga-ne) und Prozesse (z.B. Blutfluss) zusam-men. Es gibt eine Struktur. Tätigkeiten und Prozesse werden von Menschen aus-geführt, um Ziele zu erreichen. Der Mensch muss seine Umgebung wahrneh-men, um entsprechende Ziele definieren zu können und Risiken zu bewerten. Und wenn nun ein Mensch sein System opti-mieren und verbessern möchte, wird er zielgerichtet trainieren und die Ergebnis-se überprüfen. Dies ist vergleichbar mit dem kontinuierlichen Verbesserungspro-zess im Managementsystem.

Funktion von ManagementsystemenMit der Einführung eines (Qualitäts-)Managementsystems kann ein Fitness-studio seine Abläufe systematisch pla-

und die eigenen Prozesse nicht auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ausrichtet – oft deswegen nicht, weil diese nicht ein-mal bekannt sind.

Durch die Integration eines individu-ellen, an die konkreten Bedürfnisse ei-nes Fitnessclubs angepassten Qualitäts-managements in den Unternehmen schaffen Sie als Betreiber die Strukturen, um die Erwartungen Ihrer Kunden vollumfänglich zu erfüllen und sich stän-dig zu hinterfragen und zu verbessern. Dabei ist es nicht entscheidend, ob Sie ein Discountunternehmen betreiben oder ein Gesundheitszentrum. Entschei-dend ist, dass Sie Ihre Unternehmens-philosophie kommunizieren und die Er-wartungen Ihrer Kunden kennen, diese erfüllen und dabei den Anspruch an sich selbst haben, sich ständig zu verbessern.

Was sind Managementsysteme?Ein Managementsystem hat die Aufga-be, das Unternehmen bei der Erreichung seiner Zielsetzungen zu unterstützen und damit zum Unternehmenserfolg und zur Erreichung der Qualitätsansprü-che beizutragen. Ein Managementsys-tem leistet als Steuerungs- und Opti-mierungsinstrument und als Kommuni-kationsmittel bei der Zuordnung von Verantwortungen und Befugnissen so-wie durch Übernahme einer Sicherungs-funktion eine wertvolle Hilfestellung.

In Anlehnung an die ISO 9000:2015 kann man den Begriff Managementsys-tem ganz anschaulich mit dem uns be-kannten „System“ Mensch vergleichen (siehe Abbildung 1 unten):

Abbildung 1: Das „System“ Mensch agiert und führt Prozesse/Tätigkeiten aus, um Ziele zu erreichen

Umwelt (Umfeld)

Teilsysteme(Muskel)

Prozesse(Verdauung)

b höhere Gewinneb Mehr Umsatzwachstumb Weniger Kostenb Geringere Geschäftsrisiken

b Kundenbindungb Geringere Fluktuationb Neue Kundengruppenb Höhere Preisakzeptanz beim Kunden

b Hoher Kundennutzenb Kompetente Durchführung der Dienstleistungb Zuverlässigkeit bei der Ausführungb Fehlerfreie, vollständige und pünktliche Erbringung der DL

b Effektivität und Effizienz der Unternehmensabläufeb Optimale Ausnutzung der Ressourcenb Integration der Anforderungen aus DIN 33961

Erfolg

Kunden- zufriedenheit

hohe Dienstleistungsqualität

QM-System Fitnessunternehmen

Abbildung 2: Nutzen von Qualitätsmanagement in Fitnessunternehmen

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Preisniveau hat der Anbieter einer Dienstleistung mit QM-System bessere Absatzchancen als der Mitbewerber oh-ne QM-System. Die folgende Aufzählung ermöglicht einen Überblick über die wichtigsten Motive:W Erfüllung von Kundenanforderungen,W Vertrauen seitens der öffentlichen Ak-

teure im Gesundheitswesen (z.B. Krankenkassen) gewinnen,

W Sicherung der Arbeitsplätze,W Transparenz,W DIN-EN-ISO-Zertifikat als Marketin-

ginstrument und USP,W Wettbewerbsvorteil,W Verbesserung der Dienstleistung,W Verbesserung der betrieblichen Orga-

nisation sowieW Risikoreduzierung in Bezug auf Haf-

tung und Umsetzung rechtlicher An-forderungen.Die Integration eines QM-Systems ist

kein Garant für das Erlangen einer ho-hen Qualität – ein funktionierendes Sys-tem bietet aber die Voraussetzungen

finiert sind, die Abläufe klar geregelt sind und die Kompetenz und Ausbil-dung der Trainer den definierten Anfor-derungen entsprechen. Darüber hinaus wird die Leistungserbringung in einem ständigen Prozess gemessen, überprüft und verbessert.

Die sieben QM-GrundsätzeDas sind die sieben Qualitätsmanage-ment-Grundsätze: 1. Kundenorientierung beziehungswei-

se Kundenzufriedenheit2. Führung3. Engagement von Personen (Integrati-

on der Mitarbeiter)4. Prozessorientierter Ansatz5. Kontinuierlicher Verbesserungspro-

zess (KVP) und Verbesserung des PD-CA-Zykluses (vierphasiger Problem-lösungsprozess). Siehe Abbildung 3

6. Auf faktengestützte Entscheidungs-findung

7. BeziehungsmanagementWichtig: Auch wenn ein Fitnessstudio

kein formelles oder zertifiziertes QM-System besitzt oder integrieren möchte, kann es durch Verfolgung dieser Grundsätze die Qualität der Leistungs-erbringung optimieren.

Motive zur Einführung von QM-SystemenDer aus Sicht der Unternehmer wohl wichtigste Aspekt ist die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Bei gleichem

schen Ihrem Unternehmen und den Mit-gliedern kritisch sind.

Alle getroffenen Festlegungen und Maßnahmen müssen vor dem Hinter-grund der Möglichkeiten (Finanzen, Per-sonal, Infrastruktur) betrachtet werden. Aus diesem Grund gilt das Ressourcen-management als wesentliche Säule ei-nes Managementsystems. Das Manage-mentsystem für ein Zwei-Personen-Un-ternehmen wird sich im Umfang der Dokumentationen, der Prozessbeschrei-bungen etc. sehr deutlich von einem Un-ternehmen mit 50 oder mehr Mitarbei-tern unterscheiden.

Ziele von QM-Systemen„Qualität ist die Erfüllung von Anforde-rungen und Erwartungen der Kunden (siehe Kasten). Daraus folgt. Qualität wird von den Kunden definiert.“

Um in modernen Unternehmen die Aufgaben im Bereich der Qualität bewäl-tigen zu können, sind zielgerichtete or-ganisatorische Maßnahmen zu treffen. Dies bedeutet, dass Qualität im Gegen-satz zu der vorwiegend auf Fehler reagie-renden Qualitätssicherung aktiv be-herrscht, das heißt gemanagt werden muss. Die Gesamtheit aller qualitätsbe-zogenen Aktivitäten und Zielsetzungen wird als Qualitätsmanagement bezeich-net. Der Umgang mit dem Begriff Quali-tät und die Implementierung in das Stu-dio ist zuallererst eine Aufgabe der Ge-schäftsführung. Die Aufgaben im Qualitätsmanagement sind: W Festlegen der Qualitätspolitik,W Festlegen der Qualitätsziele,W Qualitätsplanung,W Qualitätslenkung,W Qualitätssicherung undW Qualitätsverbesserung.

Ziel des Qualitätsmanagements ist es, die Qualität zu beherrschen. Für un-sere Branche konkret heißt dies, dass die Qualität zum Beispiel der Trainingsplan-erstellung nicht von Trainer zu Trainer variiert, sondern dass die Standards de-

PDCA-Zirkel

Plan(planen)

Do(durchführen)

Act(handeln)

Check(überprüfen)

Was ist Qualität?

Definition: Qualität ist die Erfüllung von Anforderungen und Erwartungen der Kunden. Daraus folgt, Qualität wird von den Kunden definiert.

Statements

Statements von Paul Eigenmann, der unter anderem als Obmann des DIN-Normungsausschusses für Fitnessstudios fungiert, und Paul Underberg, Geschäftsführer INLINE/INJOY, zum Thema „Normung und Zertifizierung“ können Sie auf Seite 97 lesen.

Abbildung 3: Veran-schaulichende Grafik, PDCA-Zyklus mit KVP für diesen Bereich. Der PDCA-Zirkel beschreibt die Grundsystematik des Managements, also Lenken und Steuern

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hierfür. Es kommt entscheidend darauf an, dass alle Mitarbeiter des Unternehmens das QM-System aktiv gestalten und die Ver-besserungspotenziale für das Studio in voller Breite erschließen.

Die Einführung eines QM-Systems muss gut durchdacht und vorbereitet sein. Wie jede Änderung im betrieblichen Alltag, so wird auch die Einführung eines QM-Systems nicht bei allen Mit-arbeitern auf freudige Aufnahme stoßen. Die notwendigen Ver-haltensänderungen wecken innere Widerstände. Typische Argu-mente gegen QM-Systeme sind zum Beispiel:W Die Dokumentation ist bürokratisch und für unser Geschäft

nicht sinnvoll.W Die Dokumentation ist Theorie und nicht umsetzbar.W Die Integration und Zertifizierung sind zu teuer.W Der Aufbau und die Pflege kosten viel Zeit.W Die Kunden werden das System nicht mit einem höheren

Preis honorieren.W Die Flexibilität im Tagesgeschäft geht verloren.W Das macht doch nur für große Firmen Sinn.

Qualitätssiegel in der Fitnessbranche QM-Systeme nach DIN EN ISO 9001 sind im öffentlichen Ge-sundheitswesen, also dem ersten Gesundheitsmarkt, Standard und sehr oft auch Voraussetzung, um überhaupt mit bestimmten Marktakteuren, z.B. der öffentlichen Hand, in Geschäftsbezie-hungen treten zu können. Im privatwirtschaftlichen Gesund-heitsmarkt, insbesondere in der Fitnessbranche, ist Qualitäts-management im oben beschriebenen Sinn bis heute kein Stan-dard. Gerade mal eine Handvoll Studios sind nach der ISO 9001 zertifiziert. Aufgrund der überarbeiteten Norm der Version 9001:2015 stehen die Chancen gut, dass zukünftig deutlich mehr Studios eine Zertifizierung anstreben. Die neue Norm macht es kleineren Betrieben und vor allem Dienstleistungsunternehmen deutlich einfacher, die Normanforderungen zu erfüllen.

Dennoch gab und gibt es in der Branche verschiedene Sie-gel, nach denen sich Betreiber zertifizieren lassen können.

Prae-Fit- und TÜV-Siegel Von 2002 bis zum Sommer 2009 konnten sich interessierte Studio betreiber mit dem Prae-Fit-Siegel schmücken. Prae-Fit war damals durch die drei Fachverbände DSSV, DFAV und DFLV eingeführt worden. Ziel war es, dass sich gesundheitsorientierte Fitnessstudios von reinen Fitnessanbietern abheben konnten. Bis 2009 waren rund 500 Studios in Deutschland Prae-Fit-zertifi-ziert. Diese Zertifizierung beinhaltete unter anderem die Über-prüfung von Ausstattung, Angeboten, Hygiene, Trainerqualifika-tion und Notfallmanagement mittels Checklisten. Die Einhal-tung der Standards wurde in zweijährlichen Audits überprüft.

Im Jahr 2009 verschmolz das Prae-Fit-Siegel mit dem Quali-tätszertifikat des TÜV Rheinland, welches in den Jahren zuvor parallel vergeben worden war. Inhaltlich war die TÜV-Zertifizie-rung nahezu identisch. Durch die Fusion der beiden Siegel sollte ein einheitliches Siegel für die Branche etabliert werden. Nach der Fusion waren rund 650 Fitnessstudios in Deutschland mit dem TÜV-Prae-Fit-Siegel ausgestattet. Laut Aussage des TÜV Rheinland aus dem Jahre 2010 entsprach das rund 50% der da-maligen Studiolandschaft, „da nur rund 1.200–1.400 Betriebe die Qualitätsanforderungen erfüllen würden, um das Siegel zu erhal-ten“. Die Kosten für die Zertifizierung lagen bei rund 900 Euro und 650 Euro für das nun jährliche Audit. Die Gültigkeit der Zer-

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nen Sie die Norm als Leitfaden nutzen. Fitnessbetriebe, welche konzeptionell auf Geräte verzichten, oder auch reine Kursstudios können die DIN-Anforderun-gen nicht erfüllen. Sie können sich gegen Gebühr auch eine Zertifizierungsstelle suchen, z.B. den TÜV Rheinland oder die BSA-Zert, und die Erfüllung der Norm durch externe Prüfer bestätigen lassen.

Wenn Sie als Zertifizierungsunter-nehmen den TÜV Rheinland wählen, er-halten Sie ein TÜV-Zertifikat, welches Ihnen die Einhaltung der DIN-Norm be-stätigt. Bei der BSA-Zert profitieren Sie neben einem Zertifikat zusätzlich von einem §20-Kurs (DSSV-Konzept), wel-cher von den Krankenkassen gefördert wird. Allerdings benötigen Sie dann auch einen ausgebildeten Lehrer für Prä-vention und Gesundheitsförderung.

FazitDie Einführung eines QM-Systems in Fitnessclubs empfehle ich ausdrücklich. Hierbei können Sie auch stufenweise vorgehen. Eine Zertifizierung durch eine externe Zertifizierungsgesellschaft, wie TÜV oder DEKRA, kann auch erst mittel-fristig angestrebt werden. Das QM-Sys-tem muss auf Ihre Bedürfnisse und Ge-gebenheiten angepasst werden. Erfüllen Sie die strukturellen Voraussetzungen, welche die DIN-Norm 33961 fordert, können Sie diese direkt in Ihr QM-Sys-tem integrieren; das müssen Sie dann nicht mehr separat zertifizieren lassen.

Wenn Sie Ihren Fitnessclub nachhal-tig wettbewerbsfähig halten und sich umfänglich an den Anforderungen Ihrer Kunden ausrichten wollen, lohnt es sich, den Aufwand zu betreiben und das Geld in die Hand zu nehmen, um die Integra-tion eines QM-Systems und die Zertifi-zierung nach ISO 9001:2015 umzusetzen.

Achim Barth

Norm: „Es sind keine weiteren, über die gesetzlichen hinausgehenden Bestim-mungen einzuhalten.“ Allerdings liegen der Norm Musterverträge bei, aus denen die Empfehlungen hervorgehen.Hygiene:Die Norm besagt: „Trainingsräumlich-keiten sind regelmäßig im Ermessen des Betreibers zu reinigen.“ Fußboden, Sani-tär- und Barfußbereiche müssen min-destens einmal pro Tag gereinigt wer-den. Ein Reinigungsplan muss schrift-lich geführt werden.Notfallmanagement:Es müssen ein Notfallverantwortlicher sowie Ersthelfer und Brandschutzhelfer benannt werden. Dazu wird ein Notfall-konzept für medizinische und techni-sche Notfälle beschrieben. Die Forde-rungen entsprechen den gesetzlichen Anforderungen aus dem Arbeitsschutz.Betreuungskonzepte:In diesem Normabschnitt werden Vorga-ben für Eingangsgespräche, Trainingszie-le und -planung sowie Trainingsdurch-führung beschrieben. Weiter regelt die Norm, wie die Einhaltung der Norman-forderungen überprüft werden sollen.Gerätegestütztes Krafttraining:Als Geräteausstattung schreibt die Norm mindestens 16 separate Trainingsstatio-nen vor, an denen die Kunden in 19 un-terschiedlichen Bewegungsrichtungen trainieren können. Zudem wird in Teil 4 geregelt, welche Tätigkeiten ein Flächen-trainer zusätzlich zu seiner Betreuungs-aufgabe noch erfüllen darf.

Aufgrund der neuen Norm passte der TÜV Rheinland sein TÜV-Prae-Fit-Siegel, an die neuen Gegebenheiten an und in-teressierte Studios können sich nun zum „zertifizierten Fitness-Studio nach DIN 33961“ zertifizieren lassen.

Die BSA-Akademie bietet mit BSA-Zert ebenfalls eine entsprechende Zerti-fizierung gemäß den DIN-Anforderun-gen an. Dort können Sie die „Zert-Fit“-Dienstleistungszertifizierung nach DIN-Norm 33961 erwerben. Laut BSA handelt es sich bei dem Siegel um ein garantiertes Mindestmaß an „Sicher-heit und Qualität hinsichtlich Studio-ausstattung und -management“.

Die DIN-Norm 33961 definiert grund-legende Anforderungen, welche beim Be-trieb eines Fitnessstudios erfüllt sein müssen. Als Betreiber haben Sie nun die Möglichkeit, die Normanforderungen ei-genverantwortlich umsetzen; dazu kön-

tifizierung betrug fünf Jahre. Geprüft wurde durch Prüfer des TÜV Rheinland.

Die Fitness-DIN-Norm 33961-4:2015-11Seit 2009 arbeiteten Branchenexperten an der Entwicklung einer DIN-Norm für Fitnessstudios. Die Projektkoordinato-rin beschrieb das Vorhaben wie folgt:

„Diese Norm legt Anforderungen und Prüfverfahren für Ausstattung und Be-trieb von Fitnessstudios fest, die geräte-gestütztes, primär präventives Fitness-training sowie Unterstützung gesund-heitsfördernder Bewegung unter fachlicher Anleitung in speziell dafür vorgesehenen Räumlichkeiten anbieten. Die Norm gilt für Einrichtungen, deren Zugang und Aufsicht speziell vom Eigen-tümer geregelt werden.“ Weiter führte sie aus: „Die Norm wird Mindestanforde-rungen an Fitnessstudios festlegen, die die Qualität hinsichtlich Studioausstat-tung und -betrieb regeln. Es werden da-rüber hinaus Sicherheitsanforderungen bzgl. Notfallmanagement festgeschrie-ben. Da die Norm auf konsensorientier-ter Basis unter Mitwirkung der interes-sierten Kreise entsteht, kann sie als ‚an-erkannter Stand der Technik‘ als Zertifizierungsgrundlage dienen. Dies wird den Studiobetreibern eine Ver-gleichbarkeit hinsichtlich der Zertifizie-rungsangebote bieten.“

Zusätzlich würde bei Anwendung der Norm das Verbrauchervertrauen ge-stärkt, da „DIN“ eine in der Öffentlichkeit anerkannte Institution sei. Nicht zuletzt würden für die Krankenkassen die Krite-rien zur Einbindung von Studios in ihre Programme für präventiven Gesund-heitsschutz vereinfacht. Die Norm wurde dann als DIN-Norm 33961:2013 veröf-fentlicht. Aktueller Revisionsstand der DIN-Norm ist DIN 33961-4:2015-11 mit den Teilen1. Grundlegende Anforderungen2. Gerätegest. Herz-Kreislauftraining3. Gruppentraining4. Gerätegestütztes KrafttrainingQualifikation der Trainer:

Bezüglich der Ausbildung der Trainer enthält die Norm genaue Angaben. Trai-ner müssen eine Ausbildung gemäß den DQR-Niveaustufen 1–4 besitzen, um die Normanforderungen zu erfüllen.Kundenvertrag:Verträge mit Kunden müssen den recht-lichen Anforderungen genügen. Laut

Achim Barth ist Gründer und Ge-schäftsführer der Rehasport- und Verwaltungszentrale Sportplus in Stuttgart und der Unterneh-mensberatung BARTH Training & Coaching. Er ist Diplom-Be-

triebswirt (FH), Fitnessfachwirt, Manager für Betriebliches Gesundheitsmanagement und Qualitätsmanagement-Auditor (TÜV) für QM-Systeme gemäß ISO 9001:2015. Mit Sportplus berät und betreut er über 100 Ko-operationspartner in den Bereichen Rehas-port, Verwaltung und Qualitätsmanagement. www.agentur-sportplus.de; www.achim-barth.de; www.bgm-konzepte.de

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Bedeutung von Normen im Rahmen von Qualitätsmanagement

Statement von Paul Eigenmann als Obmann des DIN-Normungsausschusses für Fitnessstudios:

Normung, Qualitätsmanagement und Zertifizierung werden oft wenig trenn-scharf verwendet und nicht selten sogar verwechselt. Während das Qualitätsma-nagement Prozesse verbessert, damit ei-ne vorgegebene Qualität (Beschaffenheit) verlässlich und dauerhaft erreicht wird, ist die Zertifizierung eine Bestätigung – im Idealfall durch eine unabhängige und neutrale „dritte Partei“ – der Übereinstim-mung einer Dienstleistung bzw. eines Pro-duktes mit vorgegebenen Eigenschaften.

Eine Norm hingegen enthält eben solche Anforderungen an eine Dienstleistung be-ziehungsweise ein Produkt. Normen die-nen der Sicherheit, der Qualität und – wo

sinnvoll – der Harmonisierung, beispiels-weise bei Papiergrößen (DIN A4). Auch für Normen gibt es Anforderungen:

W Demokratische Legitimation Wie in einer Demokratie, müssen alle interessierten Kreise mitwirken können.

W Konsens Über die wesentlichen Inhalte muss Einigkeit herrschen.

W Verabschiedung durch eine überge-ordnete, anerkannte Organisation Diese Organisation sollte keine Interes-senvertretung sein.

Diese drei Punkte waren bei der Schaffung der DIN 33961 für Fitness- und Gesund-

heitsstudios erfüllt. Die Entwürfe der DIN 33961 wurden außerdem einem öffentli-chen Einspracheverfahren unterzogen und jede Einsprache wurde einzeln behandelt! Die große Errungenschaft ist aber die Tatsache, dass es sich um eine DIN-Norm handelt. Das Deutsche Institut für Nor-mung (DIN) ist eine der weltgrößten und erfahrensten Normungsorganisationen, die als übergeordnete, anerkannte Instituti-on in keiner der Branchen und Bereiche, in denen Normen verabschiedet werden, ein Eigeninteresse hat und einen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland hat. Eine DIN-Norm ist ein wirkungsvoller Schutz gegen Regulierung und auf eine DIN-Norm kann auch der Gesetzgeber verweisen.

Statement von Paul Underberg, Geschäftsführer INLINE/INJOY und Mitbegründer FID:

Im Juni 2015 wurde im Deutschen Bun-destag bekanntlich das neue Präventi-onsgesetz für die Bürger Deutschlands verabschiedet. Im Zuge des Verfahrens ist die FID (Fitness-Initiative Deutschland) – an die Gesundheitspolitik herangetre-ten und hat mithilfe von Expertisen von Medizinern und Wissenschaftlern zur unzweifelhaft, gesundheitsfördernden Wirkungsweise des betreuten Muskeltrai-nings aufgeklärt. Diese Beweisführung zur „Volksgesundheit mit Muskeltraining“ wur-de bei der Anhörung zum Gesetzentwurf vorgetragen und hat die verantwortlichen Politiker überzeugt. Damit wurde das „qualitätsgesicherte Training“ Bestandteil des Gesetzes.

Abgeordnete des Deutschen Bundesta-ges unterstützen das Engagement „Volks-gesundheit mit Muskeltraining“ über diese Gesetzesregelung hinaus. Die Politik will im Sinne der Bürger mehr und bessere Lösungen als die der §20-Kurse. Mit ei-ner branchenspezifischen Zertifizierung (wie z.B. einer DIN ISO 9001) wäre das möglich. Wir sind nah dran. Die FID hat im Verbund mit dem BVGSD, dem DFAV und dem DIFG ein Büro in Berlin und steht mit Gesundheits-, Sport- und Bildungspoliti-kern im engen Dialog.

Ausführliche Statements zur Sachlage und zur möglichen Freigabe von Präventions-mitteln gaben drei namhafte Bundespoliti-

ker im Rahmen des INLINE-Kongresses im November 2015 auf der Bühne. Auch der Branchenexpertenbeirat unter Leitung von Prof. Dr. Ingo Froböse unterstützt diese Vorgehensweise.

Um Bürgern, Arbeitgebern, Kostenträgern etc. eine Orientierung im Qualitätsseg-ment des deutschen Fitnessmarktes zu geben, fordert die Politik zur Einhaltung der Vorgaben des Präventionsgesetzes eine nachvollziehbare Zertifizierung der Unternehmen mit branchenbezogenen, sinnvollen Qualitätskriterien, die aktuell in den zuständigen Gremien erarbeitet werden. Eine geschlossene Haltung der Branche wäre dabei hilfreich.

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Überblick über die 5-teilige Serie

Teil 1: Lohnt sich eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015?

Teil 2: Aufbau des QM-Systems in Fit-ness- und Gesundheitsbetrieben

Teil 3: Effektive QM-Werkzeuge im Fitnessstudio

Teil 4: Effektive QM-Werkzeuge im Fitnessstudio 2

Teil 5: Zertifizierung nach DIN ISO 9001:2015